Gedichte 1950-2020 - Hans Magnus Enzensberger - E-Book

Gedichte 1950-2020 E-Book

Hans Magnus Enzensberger

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Beschreibung

Im gleichmäßig schönen Rhythmus von fünf Jahren erneuern Hans Magnus Enzensberger und sein Verlag ihr Angebot an den Lyrikfreund, sich auf das reiche lyrische Werk des Dichters einzulassen. Dabei nutzt dieser die Gelegenheit, seine Auswahl jeweils kritisch zu sichten und sie um Neuentstandenes, meist Ungedrucktes, zu bereichern. So auch bei diesem Jubiläumsband, rechtzeitig zu Enzensbergers 90. Geburtstag. Ein kurzweiliger, aber keineswegs sich überstürzender Durchgang durch sieben Jahrzehnte eines lyrischen Lebenswerks: sprachschöpferisch, doch niemals hermetisch, so sinnlich wie kritisch-subversiv: kurzum, so aufregend, wie nur Lyrik es sein kann.

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Seitenzahl: 122

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Hans Magnus Enzensberger

Gedichte

1950-2020

Suhrkamp

Inhaltsverzeichnis

Utopia

Geburtsanzeige

Verteidigung der Wölfe gegen die Lämmer

Blindlings

An alle Fernsprechteilnehmer

Schaum

Wortbildungslehre

Küchenzettel

Notizbuch

Mund

Rädelsführer

Bibliographie

Middle Class Blues

Weiterung

Die Verschwundenen

Leuchtfeuer

Flechtenkunde

Trigonometrischer Punkt

Mehrere Elstern

Windgriff

Schattenbild

Schattenreich

Das leere Haus

Über die Schwierigkeiten der Umerziehung

Poetik-Vorlesung

Vorschlag zur Strafrechtsreform

Lied von denen auf die alles zutrifft und die alles schon wissen

Die Scheiße

Die Macht der Gewohnheit

Hommage à Gödel

Das Blumenfest

Einführung in die Handelskorrespondenz

Das Einverständnis

Die Männer mit den hellen Hüten

Giovanni de' Dondi (1318-1389)

Niccolò Machiavelli (1469-1527)

Jacques de Vaucanson (1709-1782)

Michail Aleksandrovič Bakunin (1814-1876)

Ernesto Guevara de la Serna (1928-1967)

Apokalypse. Umbrisch, etwa 1490

Abendmahl. Venezianisch, 16. Jahrhundert

Die Ruhe auf der Flucht. Flämisch, 1521

Innere Sicherheit

Verlustanzeige

Der Aufschub

Schwacher Trost

Weitere Gründe dafür, daß die Dichter lügen

Erkenntnistheoretisches Modell

Erkennungsdienstliche Behandlung

Andenken

Der Angestellte

Die Dreiunddreißigjährige

Die Scheidung

Stadtrundfahrt

Das Falsche

Kurze Geschichte der Bourgeoisie

Finnischer Tango

Früher

Nicht Zutreffendes streichen

Gemeinschaftskunde

Die Kleider

Ein Traum

Kein Anschluß unter dieser Nummer

Der Fliegende Robert

Die Furie

Konsistenz

Chinesische Akrobaten

Zur Frage der Bedürfnisse

Alte Revolution

Verschwundene Arbeit

Der Eisenwarenladen

Zum Ewigen Frieden

Ein Hase im Rechenzentrum

Vorgänger

Kiosk

Der Krieg, wie

Privilegierte Tatbestände

Der blecherne Teller

Altes Europa

Audiosignal vom 15. Mai 1912 Störpegel 〉8 ‌μW, Störabstand 〉22 db

Schöner Sonntag

Auch eine Offenbarung

Der Neue Mensch

Altes Medium

Für Karajan und andere

Die Visite

Empfänger unbekannt – Retour à l'expéditeur

Optimistisches Liedchen

Kriegserklärung

Ein schwarzer Tag

Zahlungsmittel

Prästabilierte Disharmonie

Leichter als Luft

Aesculus hippocastanum

Leisere Töne

Alte Heimat

Unpolitische Vorlieben

Curriculum vitae

Ghasele zum Abschied

Eine zarte Regung

Woran ich es fehlen lasse

Abschiedsgruß an die Astronauten

Letzte Leerung

Die Große Göttin

Unterlassungssünden

Andenken an den prägnanten Moment

U-Bahn Wittenbergplatz

Die Vorzüge meiner Frau

Profane Offenbarung

Vor dem Techno und danach

Kindersoldaten

Interferenz

Sterne

Allerhand Ärger

Kleiner Abgesang auf die Mobilität

Haustier

Die Knöpfe

Ein erdfarbenes Liedchen

Creditur

Die Geschichte der Wolken

Gleichgewichtsstörung Hendrick Avercamp (Amsterdam 1585-Kampen 1634)

Unter der Hirnschale

Wo sich Pilatus die Hände wusch

Holiday Inn Blues

Haar

Rätsel

Probleme

Leviathan

Zur Erinnerung an Professor Kurzweil (1926-)

Eine Altersfrage

Schwere Koffer

Das waren Zeiten

Ein Berliner Empfang

Die Zerknirschung

Vor dem Rücktritt

Mehr oder weniger

Gäste

Nürnberg 1935

Die Seife

Blauwärts

Intimität

Reparaturen

Eventuell

Imagepflege

Anteilnahme

In der Fußgängerzone

Der Kranführer

Ohne mich, oder Die Lust am performativen Widerspruch

Chardin

Der Triumph war seine Sache nicht

Copyrightangaben

Alphabetisches Verzeichnis der Gedichttitel

Utopia

Der Tag steigt auf mit großer Kraft

schlägt durch die Wolken seine Klauen

Der Milchmann trommelt auf seinen Kannen

Sonaten: himmelan steigen die Bräutigame

auf Rolltreppen: wild mit großer Kraft

werden schwarze und weiße Hüte geschwenkt.

Die Bienen streiken. Durch die Wolken

radschlagen die Prokuristen,

aus den Dachluken zwitschern Päpste.

Ergriffenheit herrscht und Spott

und Jubel. Segelschiffe

werden aus Bilanzen gefaltet.

Der Kanzler schussert mit einem Strolch

um den Geheimfonds. Die Liebe

wird polizeilich gestattet,

ausgerufen wird eine Amnestie

für die Sager der Wahrheit.

Die Bäcker schenken Semmeln

den Musikanten. Die Schmiede

beschlagen mit Eisernen Kreuzen

die Esel. Wie eine Meuterei

bricht das Glück, wie ein Löwe aus.

Die Wucherer, mit Apfelblüten

und mit Radieschen beworfen,

versteinern. Zu Kies geschlagen,

zieren sie Wasserspiele und Gärten.

Überall steigen Ballone auf,

die Lustflotte steht unter Dampf:

Steigt ein, ihr Milchmänner,

Bräutigame und Strolche!

Macht los! mit großer Kraft

steigt auf

der Tag.

Geburtsanzeige

Wenn dieses Bündel auf die Welt geworfen wird

die Windeln sind noch nicht einmal gesäumt

der Pfarrer nimmt das Trinkgeld eh ers tauft

doch seine Träume sind längst ausgeträumt

es ist verraten und verkauft

wenn es die Zange noch am Schädel packt

verzehrt der Arzt bereits das Huhn das es bezahlt

der Händler zieht die Tratte und es trieft

von Tinte und von Blut der Stempel prahlt

es ist verzettelt und verbrieft

wenn es im süßlichen Gestank der Klinik plärrt

beziffern die Strategen schon den Tag

der Musterung des Mords der Scharlatan

drückt seinen Daumen unter den Vertrag

es ist versichert und vertan

noch wiegt es wenig häßlich rot und zart

wieviel es netto abwirft welcher Richtsatz gilt

was man es lehrt und was man ihm verbirgt

die Zukunft ist vergriffen und gedrillt

es ist verworfen und verwirkt

wenn es mit krummer Hand die Luft noch fremd begreift

steht fest was es bezahlt für Milch und Telefon

der Gastarif wenn es im grauen Bett erstickt

und für das Weib das es dann wäscht der Lohn

es ist verbucht verhängt verstrickt

wenn nicht das Bündel das da jault und greint

die Grube überhäuft den Groll vertreibt

was wir ihm zugerichtet kalt zerrauft

mit unerhörter Schrift die schiere Zeit beschreibt

ist es verraten und verkauft.

Verteidigung der Wölfe gegen die Lämmer

Soll der Geier Vergißmeinnicht fressen?

Was verlangt ihr vom Schakal,

daß er sich häute, vom Wolf? Soll

er sich selber ziehen die Zähne?

Was gefällt euch nicht

an Politruks und an Päpsten,

was guckt ihr blöd aus der Wäsche

auf den verlogenen Bildschirm?

Wer näht denn dem General

den Blutstreif an seine Hose? Wer

zerlegt vor dem Wucherer den Kapaun?

Wer hängt sich stolz das Blechkreuz

vor den knurrenden Nabel? Wer

nimmt das Trinkgeld, den Silberling,

den Schweigepfennig? Es gibt

viel Bestohlene, wenig Diebe; wer

applaudiert ihnen denn, wer

steckt die Abzeichen an, wer

lechzt nach der Lüge?

Seht in den Spiegel: feig,

scheuend die Mühsal der Wahrheit,

dem Lernen abgeneigt, das Denken

überantwortend den Wölfen,

der Nasenring euer teuerster Schmuck,

keine Täuschung zu dumm, kein Trost

zu billig, jede Erpressung

ist für euch noch zu milde.

Ihr Lämmer, Schwestern sind,

mit euch verglichen, die Krähen:

ihr blendet einer den andern.

Brüderlichkeit herrscht

unter den Wölfen:

sie gehn in Rudeln.

Gelobt sein die Räuber: ihr,

einladend zur Vergewaltigung,

werft euch aufs faule Bett

des Gehorsams. Winselnd noch

lügt ihr. Zerrissen

wollt ihr werden. Ihr

ändert die Welt nicht.

Blindlings

Siegreich sein

wird die Sache der Sehenden

Die Einäugigen

haben sie in die Hand genommen

die Macht ergriffen

und den Blinden zum König gemacht

An der abgeriegelten Grenze stehn

blindekuhspielende Polizisten

Zuweilen erhaschen sie einen Augenarzt

nach dem gefahndet wird

wegen staatsgefährdender Umtriebe

Sämtliche leitende Herren tragen

ein schwarzes Pflästerchen

über dem rechten Aug

Auf den Fundämtern schimmeln

abgeliefert von Blindenhunden

herrenlose Lupen und Brillen

Strebsame junge Astronomen

lassen sich Glasaugen einsetzen

Weitblickende Eltern

unterrichten ihre Kinder beizeiten

in der fortschrittlichen Kunst des Schielens

Der Feind schwärzt Borwasser ein

für die Bindehaut seiner Agenten

Anständige Bürger aber trauen

mit Rücksicht auf die Verhältnisse

ihren Augen nicht

streuen sich Pfeffer und Salz ins Gesicht

betasten weinend die Sehenswürdigkeiten

und erlernen die Blindenschrift

Der König soll kürzlich erklärt haben

er blicke voll Zuversicht in die Zukunft

An alle Fernsprechteilnehmer

Etwas, das keine Farbe hat, etwas,

das nach nichts riecht, etwas Zähes,

trieft aus den Verstärkerämtern,

setzt sich fest in die Nähte der Zeit

und der Schuhe, etwas Gedunsenes,

kommt aus den Kokereien, bläht

wie eine fahle Brise die Dividenden

und die blutigen Segel der Hospitäler,

mischt sich klebrig in das Getuschel

um Professuren und Primgelder, rinnt,

etwas Zähes, davon der Salm stirbt,

in die Flüsse, und sickert, farblos,

und tötet den Butt auf den Bänken.

Die Minderzahl hat die Mehrheit,

die Toten sind überstimmt.

In den Staatsdruckereien

rüstet das tückische Blei auf,

die Ministerien mauscheln, nach Phlox

und erloschenen Resolutionen riecht

der August. Das Plenum ist leer.

An den Himmel darüber schreibt

die Radarspinne ihr zähes Netz.

Die Tanker auf ihren Helligen

wissen es schon, eh der Lotse kommt,

und der Embryo weiß es dunkel

in seinem warmen, zuckenden Sarg:

Es ist etwas in der Luft, klebrig

und zäh, etwas, das keine Farbe hat

(nur die jungen Aktien spüren es nicht):

Gegen uns geht es, gegen den Seestern

und das Getreide. Und wir essen davon

und verleiben uns ein etwas Zähes,

und schlafen im blühenden Boom,

im Fünfjahresplan, arglos

schlafend im brennenden Hemd,

wie Geiseln umzingelt von einem zähen,

farblosen, einem gedunsenen Schlund.

Schaum

No le bastó después a este elemento conducir orcas, alistar ballenas, murarse de montañas espumosas, infamar blanqueando sus arenas con tantas del primer atrevimiento señas – aun a los buitres lastimosas –, para con estas lastimosas señas temeridades enfrenar segundas.

Góngora, Soledades i, 435-442.

Ich bin geblendet geboren, Schaum in den Augen,

brüllend vor Wehmut, ohne den Himmel zu sehen,

am schwarzen Freitag, heute vor dreißig Jahren.

Schaum vor dem Mund des Jahrhunderts! Schaum

in den Kassenschränken! Jaulender Schaum

in den Gebärmüttern und den Luxusbunkern!

Schaum in den rosa Bidets!

Dagegen hilft kein himmlischer Blitz! Das blüht,

das überzieht die Erde an Haupt und Gliedern

mit rasendem Rotz! Das reutet kein Feuer,

kein Schwert! Das endet nicht! Dagegen gibt es,

ehrlich gesagt, keinen Rat, kein Beil, kein Geheimnis.

Das ist zu süß! Das steigt aus dem Abgrund auf

und schäumt! und schmunzelt! und schäumt!

Reicht mir die Bruderhand, ihr Verräter,

übersät mit Warzen, Flaksplittern und Brillanten,

Bewohner schmutziger Nebensätze,

reicht mir den Adamsapfel zum Judasbiß,

das schäumende Seifenherz und den Kontoauszug,

rosig von Hämoglobin! Zieht mich zu Grund,

tiefer zu euch, zu den anderen Quallen,

in den freiberuflichen Schaum!

Hier stehe ich täglich, ein Feuerschlucker wie ihr,

wie alle andern, an meiner Straßenecke, von neun

bis fünf, und schlucke mühsam für zwanzig Mark

mein eigenes Feuer, knietief im schäumenden Status quo,

unter Vergasern und Ampeln.

Horch!

Wer ruft Grüßgott aus dem Schaum?

Wer heißt mich hoffen? und warum hoffen?

Wer reicht mir die klebrige Bruderhand?

Loslassen! Loslassen! Ich bin keiner von euch

und keiner von uns: ich bin zufällig geboren

unter schäumenden Wasserwerfern, zufällig brüllend,

ehrlich gesagt, allein, ohne Brüder, geblendet,

am schwarzen Freitag, in einem rosa Bidet.

Und warum allein? und warum rosa? und warum

nicht? und warum ehrlich gesagt?

Wer schluckt nicht sein eigenes Feuer? Wer

watet nicht durch abgemähte Fingernägel fürbaß?

Wer hat keine schmierige Klausel in seinem Vertrag?

Wer will erlöst werden und von wem? und wovon?

Wer frißt nicht unaufhörlich mit vorzüglicher Hochachtung?

Wer ist nicht veranlagt? Wer hat die Angstschreie

auf den Hauptversammlungen nicht vernommen?

Wer hat keine Bronchien aus Plastik? Na also!

Wer war schon in einer Fabrik? Wer

riecht nicht aus dem Hals? Wer

ist nicht geschieden, und warum nicht?

Wer schreibt keine Ansichtskarten aus Capri?

Wer hurt nicht mit der Geschichte herum?

Wen reut sein Leben nicht? und warum nicht?

und warum nicht? Wer sagt nicht: und so weiter?

und warum so weiter? Wer schreit Hilfe?

und warum Hilfe? und warum warum?

Wer weiß nicht daß er verreckt? Aber woher denn,

daran stirbt man nicht! Wer ist nicht Tachist?

Wer hat keine Handschellen vor dem Mund,

und kein desinfiziertes Gehirn? Aber woher,

aber woher denn die Honorare, und warum nicht?

Woher die Müllhaufen, aus denen Pfauen brechen

und mystische Rosen? und, ehrlich gesagt: woher,

woher dieser Schaum?

Gebt mir die Hand, erloschene Feuerschlucker!

Mumien, vermummt in rosigem Schaum, Grüßgott!

Reicht mir die schaumige Speiseröhre zum Gruß,

siehe, ich bin einer von euch,

ich will euch ersticken im eigenen Schaum!

Denn zufällig lebe ich noch!

Zufällig bin ich stark wie ein Krüppel,

der Niemand heißt, ehrlich gesagt,

daran stirbt man nicht, stark

und ohne Adresse und kalt wie der Himmel.

So geht doch! Geht! Worauf wartet ihr noch?

Auf die Hochbahn, auf die Niewiedergutmachung,

auf die steuerbegünstigte Sintflut?

Das Jüngste Gericht ist bestochen,

Leihwagen fahren die Päpste

in ihrer Tiara aus Schaum.

An glühenden Telefonen baumeln die Makler

im Schweiß ihrer schweinsledernen Gesichter:

Der Klassenkampf ist zu Ende, am Boden liegt

die Beute in ihrem Fett, liquide,

Schaum in den rosigen Augen. Verschimmelt

in den Vitrinen ruhn, unter Cellophan,

Banner und Barrikaden. Aus einer antiken Jukebox dröhnt

die Internationale, ein müder Rock.

Die Generalstäbe spielen Weltraumgolf.

Hinter der Schallmauer nimmt der Fortschritt

eine Parade von lenkbaren Lehrstühlen ab.

In den Staatsbanken singen kastrierte Kassierer

schaumige Arien, bis die begeisterten Damen

ihr Gefrierfleisch aus dem Chinchilla schälen.

Tränengas, Cadillacs und Baracken

für die Afrikaner! Rabattmarken her

für die Hungerödeme der Freien Welt!

Und warum nicht diese prämierten Euter?

Filmhintern in rosigem Schaum, Striptease

des Abendlandes von Bottrop bis San Diego?

Ehrlich gesagt: warum nicht? und warum

keine Rampen? Sollen es unsere Kinder vielleicht

besser haben als wir? Aber woher denn!

Woher die möblierten Herren, die unter die Teppiche kriechen

und das geflammte Furnier und die Stellenangebote zerbeißen?

Woher? und wohin mit ihnen? Wohin mit den Witwen?

Wohin mit den Kommunisten? Wohin mit dem,

was da Hölderlin sagt und meint Himmler, mit dem,

was da Raketen und Raten abstottert, was da filmt

und vögelt und fusioniert? Wohin mit den Erzbischöfen?

Wohin mit den abgeschabten Genies, die vor Angst

aus dem Fenster fallen? Hinaus, hinaus in den Regen!

In den tiefen ranzigen Schaum, in die Irrenhäuser,

in die Gefängnisse, in die Kongreßhallen,

wo der Speichel der Lügner von den Wänden rinnt,

wohin denn sonst? In die gußeisernen Krematorien,

und in die hundertfältig verfluchten Zollämter,

Hauptzollämter und Zollaufsichtsbehörden!

Und wohin mit uns? Wohin mit dem,

was die Fußballstadien schäumend füllt

und schreit nach Coca-Cola und Blut?

Wohin mit dem lieben Gott? Wohin

mit seinem glasscherbenfressenden Ebenbild?

Freiwillig in die Bundeswehr! in den Schaum!

in den rasenden schwarzen rosigen Schaum!

in den wiehernden schäumenden Schaum!

Loslassen! Finger weg! Zufällig lebe ich noch!

Zufällig bin ich geboren!

Und ich kenne diesen Geschmack nach Chlor und Blei:

schmeckt ihr es nicht im Sahnebaiser,

ihr unaufhörlichen fressenden Leichen bei Kranzler?

Heil Hitler! Vergelts Gott! diesen Geschmack

nach Auschwitz im Café Flore, im Doney,

nach Budapest, im Savoy, und nach Johannesburg?

Und warum so weiter? und warum dieses Gebären

alberner Fünflinge aus bloßem Zeitungspapier,

diese Ausbrüche rührender alter Vulkane,

diese Krönungen und Krawalle? Schluß damit!

Aufhören! Ehrlich gesagt, diese Springfluten,

daran stirbt man nicht! Man stirbt auf dem Stuhl,

wenn man bedenkt, daß sich die Menschen essen,

ein Mensch, ehrlich gesagt, den andern!

Und warum nicht? und warum kein Lebkuchenherz

und keine Gratisaktien für den Kultusminister?

Na und? und warum keinen Mokka? Warum kein Koma?

Warum kein Amok? Daran stirbt man nicht!

Man stirbt in der Nato, an Herzverseifung,

ehrlich gesagt, in einem Knäuel von Ministranten,

in einem Schaumgummihochhaus in Düsseldorf,

man stirbt auf dem Stuhl, ehrlich gesagt,

wenn man bedenkt, wer man ist!

Kauft euch Särge mit Klimaanlage und Wasserspülung,

wahrlich, wahrlich, die Preise steigen, ade!

Bald habt ihr Schmirgel im Hals.

Worauf wartet ihr noch? Stopft euch den Schmuck

in die Busen, den Büchsenöffner, das Cembalo,

bietet der Nemesis eine Pauschale an

und packt! Packt die Vergütungen ein,

die Gasmaske und den Unterleib!

Kauft Geigerzähler und alte Meister!

Kauft Knaben auf und verrichtet an ihnen,

solange Vorrat, euer Gesabber!

Kauft euch den Montag, das Meer!

Kauft euch Porridge und Bomben, kauft

vom Flugplatz weg das Genie!

Kauft euch das Gift, das ich euch

auf die käuflichen Zungen lege,

um euch zu töten, um euch zu erfrischen!

Kauft euch Kultur und wälzt sie wie einen Kaugummi