15,99 €
Im gleichmäßig schönen Rhythmus von fünf Jahren erneuern Hans Magnus Enzensberger und sein Verlag ihr Angebot an den Lyrikfreund, sich auf das reiche lyrische Werk des Dichters einzulassen. Dabei nutzt dieser die Gelegenheit, seine Auswahl jeweils kritisch zu sichten und sie um Neuentstandenes, meist Ungedrucktes, zu bereichern. So auch bei diesem Jubiläumsband, rechtzeitig zu Enzensbergers 90. Geburtstag. Ein kurzweiliger, aber keineswegs sich überstürzender Durchgang durch sieben Jahrzehnte eines lyrischen Lebenswerks: sprachschöpferisch, doch niemals hermetisch, so sinnlich wie kritisch-subversiv: kurzum, so aufregend, wie nur Lyrik es sein kann.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 122
Veröffentlichungsjahr: 2019
Hans Magnus Enzensberger
Gedichte
1950-2020
Suhrkamp
Utopia
Geburtsanzeige
Verteidigung der Wölfe gegen die Lämmer
Blindlings
An alle Fernsprechteilnehmer
Schaum
Wortbildungslehre
Küchenzettel
Notizbuch
Mund
Rädelsführer
Bibliographie
Middle Class Blues
Weiterung
Die Verschwundenen
Leuchtfeuer
Flechtenkunde
Trigonometrischer Punkt
Mehrere Elstern
Windgriff
Schattenbild
Schattenreich
Das leere Haus
Über die Schwierigkeiten der Umerziehung
Poetik-Vorlesung
Vorschlag zur Strafrechtsreform
Lied von denen auf die alles zutrifft und die alles schon wissen
Die Scheiße
Die Macht der Gewohnheit
Hommage à Gödel
Das Blumenfest
Einführung in die Handelskorrespondenz
Das Einverständnis
Die Männer mit den hellen Hüten
Giovanni de' Dondi (1318-1389)
Niccolò Machiavelli (1469-1527)
Jacques de Vaucanson (1709-1782)
Michail Aleksandrovič Bakunin (1814-1876)
Ernesto Guevara de la Serna (1928-1967)
Apokalypse. Umbrisch, etwa 1490
Abendmahl. Venezianisch, 16. Jahrhundert
Die Ruhe auf der Flucht. Flämisch, 1521
Innere Sicherheit
Verlustanzeige
Der Aufschub
Schwacher Trost
Weitere Gründe dafür, daß die Dichter lügen
Erkenntnistheoretisches Modell
Erkennungsdienstliche Behandlung
Andenken
Der Angestellte
Die Dreiunddreißigjährige
Die Scheidung
Stadtrundfahrt
Das Falsche
Kurze Geschichte der Bourgeoisie
Finnischer Tango
Früher
Nicht Zutreffendes streichen
Gemeinschaftskunde
Die Kleider
Ein Traum
Kein Anschluß unter dieser Nummer
Der Fliegende Robert
Die Furie
Konsistenz
Chinesische Akrobaten
Zur Frage der Bedürfnisse
Alte Revolution
Verschwundene Arbeit
Der Eisenwarenladen
Zum Ewigen Frieden
Ein Hase im Rechenzentrum
Vorgänger
Kiosk
Der Krieg, wie
Privilegierte Tatbestände
Der blecherne Teller
Altes Europa
Audiosignal vom 15. Mai 1912 Störpegel 〉8 μW, Störabstand 〉22 db
Schöner Sonntag
Auch eine Offenbarung
Der Neue Mensch
Altes Medium
Für Karajan und andere
Die Visite
Empfänger unbekannt – Retour à l'expéditeur
Optimistisches Liedchen
Kriegserklärung
Ein schwarzer Tag
Zahlungsmittel
Prästabilierte Disharmonie
Leichter als Luft
Aesculus hippocastanum
Leisere Töne
Alte Heimat
Unpolitische Vorlieben
Curriculum vitae
Ghasele zum Abschied
Eine zarte Regung
Woran ich es fehlen lasse
Abschiedsgruß an die Astronauten
Letzte Leerung
Die Große Göttin
Unterlassungssünden
Andenken an den prägnanten Moment
U-Bahn Wittenbergplatz
Die Vorzüge meiner Frau
Profane Offenbarung
Vor dem Techno und danach
Kindersoldaten
Interferenz
Sterne
Allerhand Ärger
Kleiner Abgesang auf die Mobilität
Haustier
Die Knöpfe
Ein erdfarbenes Liedchen
Creditur
Die Geschichte der Wolken
Gleichgewichtsstörung Hendrick Avercamp (Amsterdam 1585-Kampen 1634)
Unter der Hirnschale
Wo sich Pilatus die Hände wusch
Holiday Inn Blues
Haar
Rätsel
Probleme
Leviathan
Zur Erinnerung an Professor Kurzweil (1926-)
Eine Altersfrage
Schwere Koffer
Das waren Zeiten
Ein Berliner Empfang
Die Zerknirschung
Vor dem Rücktritt
Mehr oder weniger
Gäste
Nürnberg 1935
Die Seife
Blauwärts
Intimität
Reparaturen
Eventuell
Imagepflege
Anteilnahme
In der Fußgängerzone
Der Kranführer
Ohne mich, oder Die Lust am performativen Widerspruch
Chardin
Der Triumph war seine Sache nicht
Copyrightangaben
Alphabetisches Verzeichnis der Gedichttitel
Der Tag steigt auf mit großer Kraft
schlägt durch die Wolken seine Klauen
Der Milchmann trommelt auf seinen Kannen
Sonaten: himmelan steigen die Bräutigame
auf Rolltreppen: wild mit großer Kraft
werden schwarze und weiße Hüte geschwenkt.
Die Bienen streiken. Durch die Wolken
radschlagen die Prokuristen,
aus den Dachluken zwitschern Päpste.
Ergriffenheit herrscht und Spott
und Jubel. Segelschiffe
werden aus Bilanzen gefaltet.
Der Kanzler schussert mit einem Strolch
um den Geheimfonds. Die Liebe
wird polizeilich gestattet,
ausgerufen wird eine Amnestie
für die Sager der Wahrheit.
Die Bäcker schenken Semmeln
den Musikanten. Die Schmiede
beschlagen mit Eisernen Kreuzen
die Esel. Wie eine Meuterei
bricht das Glück, wie ein Löwe aus.
Die Wucherer, mit Apfelblüten
und mit Radieschen beworfen,
versteinern. Zu Kies geschlagen,
zieren sie Wasserspiele und Gärten.
Überall steigen Ballone auf,
die Lustflotte steht unter Dampf:
Steigt ein, ihr Milchmänner,
Bräutigame und Strolche!
Macht los! mit großer Kraft
steigt auf
der Tag.
Wenn dieses Bündel auf die Welt geworfen wird
die Windeln sind noch nicht einmal gesäumt
der Pfarrer nimmt das Trinkgeld eh ers tauft
doch seine Träume sind längst ausgeträumt
es ist verraten und verkauft
wenn es die Zange noch am Schädel packt
verzehrt der Arzt bereits das Huhn das es bezahlt
der Händler zieht die Tratte und es trieft
von Tinte und von Blut der Stempel prahlt
es ist verzettelt und verbrieft
wenn es im süßlichen Gestank der Klinik plärrt
beziffern die Strategen schon den Tag
der Musterung des Mords der Scharlatan
drückt seinen Daumen unter den Vertrag
es ist versichert und vertan
noch wiegt es wenig häßlich rot und zart
wieviel es netto abwirft welcher Richtsatz gilt
was man es lehrt und was man ihm verbirgt
die Zukunft ist vergriffen und gedrillt
es ist verworfen und verwirkt
wenn es mit krummer Hand die Luft noch fremd begreift
steht fest was es bezahlt für Milch und Telefon
der Gastarif wenn es im grauen Bett erstickt
und für das Weib das es dann wäscht der Lohn
es ist verbucht verhängt verstrickt
wenn nicht das Bündel das da jault und greint
die Grube überhäuft den Groll vertreibt
was wir ihm zugerichtet kalt zerrauft
mit unerhörter Schrift die schiere Zeit beschreibt
ist es verraten und verkauft.
Soll der Geier Vergißmeinnicht fressen?
Was verlangt ihr vom Schakal,
daß er sich häute, vom Wolf? Soll
er sich selber ziehen die Zähne?
Was gefällt euch nicht
an Politruks und an Päpsten,
was guckt ihr blöd aus der Wäsche
auf den verlogenen Bildschirm?
Wer näht denn dem General
den Blutstreif an seine Hose? Wer
zerlegt vor dem Wucherer den Kapaun?
Wer hängt sich stolz das Blechkreuz
vor den knurrenden Nabel? Wer
nimmt das Trinkgeld, den Silberling,
den Schweigepfennig? Es gibt
viel Bestohlene, wenig Diebe; wer
applaudiert ihnen denn, wer
steckt die Abzeichen an, wer
lechzt nach der Lüge?
Seht in den Spiegel: feig,
scheuend die Mühsal der Wahrheit,
dem Lernen abgeneigt, das Denken
überantwortend den Wölfen,
der Nasenring euer teuerster Schmuck,
keine Täuschung zu dumm, kein Trost
zu billig, jede Erpressung
ist für euch noch zu milde.
Ihr Lämmer, Schwestern sind,
mit euch verglichen, die Krähen:
ihr blendet einer den andern.
Brüderlichkeit herrscht
unter den Wölfen:
sie gehn in Rudeln.
Gelobt sein die Räuber: ihr,
einladend zur Vergewaltigung,
werft euch aufs faule Bett
des Gehorsams. Winselnd noch
lügt ihr. Zerrissen
wollt ihr werden. Ihr
ändert die Welt nicht.
Siegreich sein
wird die Sache der Sehenden
Die Einäugigen
haben sie in die Hand genommen
die Macht ergriffen
und den Blinden zum König gemacht
An der abgeriegelten Grenze stehn
blindekuhspielende Polizisten
Zuweilen erhaschen sie einen Augenarzt
nach dem gefahndet wird
wegen staatsgefährdender Umtriebe
Sämtliche leitende Herren tragen
ein schwarzes Pflästerchen
über dem rechten Aug
Auf den Fundämtern schimmeln
abgeliefert von Blindenhunden
herrenlose Lupen und Brillen
Strebsame junge Astronomen
lassen sich Glasaugen einsetzen
Weitblickende Eltern
unterrichten ihre Kinder beizeiten
in der fortschrittlichen Kunst des Schielens
Der Feind schwärzt Borwasser ein
für die Bindehaut seiner Agenten
Anständige Bürger aber trauen
mit Rücksicht auf die Verhältnisse
ihren Augen nicht
streuen sich Pfeffer und Salz ins Gesicht
betasten weinend die Sehenswürdigkeiten
und erlernen die Blindenschrift
Der König soll kürzlich erklärt haben
er blicke voll Zuversicht in die Zukunft
Etwas, das keine Farbe hat, etwas,
das nach nichts riecht, etwas Zähes,
trieft aus den Verstärkerämtern,
setzt sich fest in die Nähte der Zeit
und der Schuhe, etwas Gedunsenes,
kommt aus den Kokereien, bläht
wie eine fahle Brise die Dividenden
und die blutigen Segel der Hospitäler,
mischt sich klebrig in das Getuschel
um Professuren und Primgelder, rinnt,
etwas Zähes, davon der Salm stirbt,
in die Flüsse, und sickert, farblos,
und tötet den Butt auf den Bänken.
Die Minderzahl hat die Mehrheit,
die Toten sind überstimmt.
In den Staatsdruckereien
rüstet das tückische Blei auf,
die Ministerien mauscheln, nach Phlox
und erloschenen Resolutionen riecht
der August. Das Plenum ist leer.
An den Himmel darüber schreibt
die Radarspinne ihr zähes Netz.
Die Tanker auf ihren Helligen
wissen es schon, eh der Lotse kommt,
und der Embryo weiß es dunkel
in seinem warmen, zuckenden Sarg:
Es ist etwas in der Luft, klebrig
und zäh, etwas, das keine Farbe hat
(nur die jungen Aktien spüren es nicht):
Gegen uns geht es, gegen den Seestern
und das Getreide. Und wir essen davon
und verleiben uns ein etwas Zähes,
und schlafen im blühenden Boom,
im Fünfjahresplan, arglos
schlafend im brennenden Hemd,
wie Geiseln umzingelt von einem zähen,
farblosen, einem gedunsenen Schlund.
No le bastó después a este elemento conducir orcas, alistar ballenas, murarse de montañas espumosas, infamar blanqueando sus arenas con tantas del primer atrevimiento señas – aun a los buitres lastimosas –, para con estas lastimosas señas temeridades enfrenar segundas.
Góngora, Soledades i, 435-442.
Ich bin geblendet geboren, Schaum in den Augen,
brüllend vor Wehmut, ohne den Himmel zu sehen,
am schwarzen Freitag, heute vor dreißig Jahren.
Schaum vor dem Mund des Jahrhunderts! Schaum
in den Kassenschränken! Jaulender Schaum
in den Gebärmüttern und den Luxusbunkern!
Schaum in den rosa Bidets!
Dagegen hilft kein himmlischer Blitz! Das blüht,
das überzieht die Erde an Haupt und Gliedern
mit rasendem Rotz! Das reutet kein Feuer,
kein Schwert! Das endet nicht! Dagegen gibt es,
ehrlich gesagt, keinen Rat, kein Beil, kein Geheimnis.
Das ist zu süß! Das steigt aus dem Abgrund auf
und schäumt! und schmunzelt! und schäumt!
Reicht mir die Bruderhand, ihr Verräter,
übersät mit Warzen, Flaksplittern und Brillanten,
Bewohner schmutziger Nebensätze,
reicht mir den Adamsapfel zum Judasbiß,
das schäumende Seifenherz und den Kontoauszug,
rosig von Hämoglobin! Zieht mich zu Grund,
tiefer zu euch, zu den anderen Quallen,
in den freiberuflichen Schaum!
Hier stehe ich täglich, ein Feuerschlucker wie ihr,
wie alle andern, an meiner Straßenecke, von neun
bis fünf, und schlucke mühsam für zwanzig Mark
mein eigenes Feuer, knietief im schäumenden Status quo,
unter Vergasern und Ampeln.
Horch!
Wer ruft Grüßgott aus dem Schaum?
Wer heißt mich hoffen? und warum hoffen?
Wer reicht mir die klebrige Bruderhand?
Loslassen! Loslassen! Ich bin keiner von euch
und keiner von uns: ich bin zufällig geboren
unter schäumenden Wasserwerfern, zufällig brüllend,
ehrlich gesagt, allein, ohne Brüder, geblendet,
am schwarzen Freitag, in einem rosa Bidet.
Und warum allein? und warum rosa? und warum
nicht? und warum ehrlich gesagt?
Wer schluckt nicht sein eigenes Feuer? Wer
watet nicht durch abgemähte Fingernägel fürbaß?
Wer hat keine schmierige Klausel in seinem Vertrag?
Wer will erlöst werden und von wem? und wovon?
Wer frißt nicht unaufhörlich mit vorzüglicher Hochachtung?
Wer ist nicht veranlagt? Wer hat die Angstschreie
auf den Hauptversammlungen nicht vernommen?
Wer hat keine Bronchien aus Plastik? Na also!
Wer war schon in einer Fabrik? Wer
riecht nicht aus dem Hals? Wer
ist nicht geschieden, und warum nicht?
Wer schreibt keine Ansichtskarten aus Capri?
Wer hurt nicht mit der Geschichte herum?
Wen reut sein Leben nicht? und warum nicht?
und warum nicht? Wer sagt nicht: und so weiter?
und warum so weiter? Wer schreit Hilfe?
und warum Hilfe? und warum warum?
Wer weiß nicht daß er verreckt? Aber woher denn,
daran stirbt man nicht! Wer ist nicht Tachist?
Wer hat keine Handschellen vor dem Mund,
und kein desinfiziertes Gehirn? Aber woher,
aber woher denn die Honorare, und warum nicht?
Woher die Müllhaufen, aus denen Pfauen brechen
und mystische Rosen? und, ehrlich gesagt: woher,
woher dieser Schaum?
Gebt mir die Hand, erloschene Feuerschlucker!
Mumien, vermummt in rosigem Schaum, Grüßgott!
Reicht mir die schaumige Speiseröhre zum Gruß,
siehe, ich bin einer von euch,
ich will euch ersticken im eigenen Schaum!
Denn zufällig lebe ich noch!
Zufällig bin ich stark wie ein Krüppel,
der Niemand heißt, ehrlich gesagt,
daran stirbt man nicht, stark
und ohne Adresse und kalt wie der Himmel.
So geht doch! Geht! Worauf wartet ihr noch?
Auf die Hochbahn, auf die Niewiedergutmachung,
auf die steuerbegünstigte Sintflut?
Das Jüngste Gericht ist bestochen,
Leihwagen fahren die Päpste
in ihrer Tiara aus Schaum.
An glühenden Telefonen baumeln die Makler
im Schweiß ihrer schweinsledernen Gesichter:
Der Klassenkampf ist zu Ende, am Boden liegt
die Beute in ihrem Fett, liquide,
Schaum in den rosigen Augen. Verschimmelt
in den Vitrinen ruhn, unter Cellophan,
Banner und Barrikaden. Aus einer antiken Jukebox dröhnt
die Internationale, ein müder Rock.
Die Generalstäbe spielen Weltraumgolf.
Hinter der Schallmauer nimmt der Fortschritt
eine Parade von lenkbaren Lehrstühlen ab.
In den Staatsbanken singen kastrierte Kassierer
schaumige Arien, bis die begeisterten Damen
ihr Gefrierfleisch aus dem Chinchilla schälen.
Tränengas, Cadillacs und Baracken
für die Afrikaner! Rabattmarken her
für die Hungerödeme der Freien Welt!
Und warum nicht diese prämierten Euter?
Filmhintern in rosigem Schaum, Striptease
des Abendlandes von Bottrop bis San Diego?
Ehrlich gesagt: warum nicht? und warum
keine Rampen? Sollen es unsere Kinder vielleicht
besser haben als wir? Aber woher denn!
Woher die möblierten Herren, die unter die Teppiche kriechen
und das geflammte Furnier und die Stellenangebote zerbeißen?
Woher? und wohin mit ihnen? Wohin mit den Witwen?
Wohin mit den Kommunisten? Wohin mit dem,
was da Hölderlin sagt und meint Himmler, mit dem,
was da Raketen und Raten abstottert, was da filmt
und vögelt und fusioniert? Wohin mit den Erzbischöfen?
Wohin mit den abgeschabten Genies, die vor Angst
aus dem Fenster fallen? Hinaus, hinaus in den Regen!
In den tiefen ranzigen Schaum, in die Irrenhäuser,
in die Gefängnisse, in die Kongreßhallen,
wo der Speichel der Lügner von den Wänden rinnt,
wohin denn sonst? In die gußeisernen Krematorien,
und in die hundertfältig verfluchten Zollämter,
Hauptzollämter und Zollaufsichtsbehörden!
Und wohin mit uns? Wohin mit dem,
was die Fußballstadien schäumend füllt
und schreit nach Coca-Cola und Blut?
Wohin mit dem lieben Gott? Wohin
mit seinem glasscherbenfressenden Ebenbild?
Freiwillig in die Bundeswehr! in den Schaum!
in den rasenden schwarzen rosigen Schaum!
in den wiehernden schäumenden Schaum!
Loslassen! Finger weg! Zufällig lebe ich noch!
Zufällig bin ich geboren!
Und ich kenne diesen Geschmack nach Chlor und Blei:
schmeckt ihr es nicht im Sahnebaiser,
ihr unaufhörlichen fressenden Leichen bei Kranzler?
Heil Hitler! Vergelts Gott! diesen Geschmack
nach Auschwitz im Café Flore, im Doney,
nach Budapest, im Savoy, und nach Johannesburg?
Und warum so weiter? und warum dieses Gebären
alberner Fünflinge aus bloßem Zeitungspapier,
diese Ausbrüche rührender alter Vulkane,
diese Krönungen und Krawalle? Schluß damit!
Aufhören! Ehrlich gesagt, diese Springfluten,
daran stirbt man nicht! Man stirbt auf dem Stuhl,
wenn man bedenkt, daß sich die Menschen essen,
ein Mensch, ehrlich gesagt, den andern!
Und warum nicht? und warum kein Lebkuchenherz
und keine Gratisaktien für den Kultusminister?
Na und? und warum keinen Mokka? Warum kein Koma?
Warum kein Amok? Daran stirbt man nicht!
Man stirbt in der Nato, an Herzverseifung,
ehrlich gesagt, in einem Knäuel von Ministranten,
in einem Schaumgummihochhaus in Düsseldorf,
man stirbt auf dem Stuhl, ehrlich gesagt,
wenn man bedenkt, wer man ist!
Kauft euch Särge mit Klimaanlage und Wasserspülung,
wahrlich, wahrlich, die Preise steigen, ade!
Bald habt ihr Schmirgel im Hals.
Worauf wartet ihr noch? Stopft euch den Schmuck
in die Busen, den Büchsenöffner, das Cembalo,
bietet der Nemesis eine Pauschale an
und packt! Packt die Vergütungen ein,
die Gasmaske und den Unterleib!
Kauft Geigerzähler und alte Meister!
Kauft Knaben auf und verrichtet an ihnen,
solange Vorrat, euer Gesabber!
Kauft euch den Montag, das Meer!
Kauft euch Porridge und Bomben, kauft
vom Flugplatz weg das Genie!
Kauft euch das Gift, das ich euch
auf die käuflichen Zungen lege,
um euch zu töten, um euch zu erfrischen!
Kauft euch Kultur und wälzt sie wie einen Kaugummi