Herrn Zetts Betrachtungen, oder Brosamen, die er fallen ließ, aufgelesen von seinen Zuhörern - Hans Magnus Enzensberger - E-Book

Herrn Zetts Betrachtungen, oder Brosamen, die er fallen ließ, aufgelesen von seinen Zuhörern E-Book

Hans Magnus Enzensberger

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Beschreibung

Wer ist dieser rundliche Herr, der da fast ein Jahr lang jeden Nachmittag an derselben Stelle des Stadtparks erscheint und die Passanten in muntere Gespräche verwickelt? Ein Weiser, ein Sprücheklopfer, ein Clown, ein streitlustiger Philosoph? Viele schütteln den Kopf und gehen weiter, andere hören ihm zu, diskutieren mit ihm und finden sich immer wieder am selben Ort ein. Er selbst schreibt nichts auf, aber seine Hörer machen sich Notizen. Das kleine weiße Buch, das hier vorliegt und wie ein Taschenkalender aussieht, überliefert die Betrachtungen und Provokationen dieses sonderbaren Zeitgenossen, der genauso heißt wie der letzte Buchstabe des Alphabets. Mit subversiver Energie und wenigen Sätzen untergräbt Herr Zett Dünkel, Größenwahn und falsche Autorität. Den Institutionen vertraut er ungern, und für »alternativlos« hält er gar nichts. Aber nicht alles, was er sagt, mag man für bare Münze nehmen. Er räumt Irrtümer ein und mit Urteilen auf.

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Wer ist dieser rundliche Herr, der da fast ein Jahr lang jeden Nachmittag an derselben Stelle des Stadtparks erscheint und die Passanten in muntere Gespräche verwickelt? Ein Weiser, ein Sprücheklopfer, ein Clown, ein streitlustiger Philosoph? Viele schütteln den Kopf und gehen weiter, andere hören ihm zu, diskutieren mit ihm und finden sich immer wieder am selben Ort ein. Er selbst schreibt nichts auf, aber seine Hörer machen sich Notizen. Das kleine weiße Buch, das hier vorliegt und wie ein Taschenkalender aussieht, überliefert die Betrachtungen und Provokationen dieses sonderbaren Zeitgenossen, der genauso heißt wie der letzte Buchstabe des Alphabets.

Mit subversiver Energie und wenigen Sätzen untergräbt Herr Zett Dünkel, Größenwahn und falsche Autorität. Den Institutionen vertraut er ungern, und für »alternativlos« hält er gar nichts. Aber nicht alles, was er sagt, mag man für bare Münze nehmen. Er räumt Irrtümer ein und mit Urteilen auf.

Hans Magnus Enzensberger, geb. 1929 in Kaufbeuren, lebt in München.

Zuletzt sind von ihm im Suhrkamp Verlag erschienen: Blauwärts. Ein Ausflug zu dritt (2013), Gedichte 1950-2015 (st 4554) und Tumult (2014)

Hans Magnus Enzensberger

Herrn Zetts Betrachtungen,oderBrosamen, die er fallen ließ,aufgelesen von seinen Zuhörern

Suhrkamp

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2014

Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuchs 4553

© Suhrkamp Verlag 2013

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.

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Einband nach einem Entwurf von Hans Magnus Enzensberger

eISBN 978-3-518-73439-1

www.suhrkamp.de

Herrn Zetts Betrachtungen,oder Brosamen, die er fallen ließ, aufgelesen von seinen Zuhörern

Statt einer Vorrede

Man muß sich Herrn Zett als einen Menschen vorstellen, der seine Hintergedanken für sich behält, seine Sorgen mit Fassung trägt und auf das Gute ungern verzichtet. Von untersetzter, rundlicher Gestalt, wird er dem Betrachter nur durch seine Gelassenheit und dadurch auffallen, daß er verschwenderisch mit seiner Zeit umgeht. Falls er einen Beruf hat, so erwähnt er ihn nie.

Seine hechtgrauen Augen sind hellwach, doch wer ihn beobachtet, merkt ihm an, daß er kurzsichtig ist. Zu seinem altmodischen Anzug im Salz-und-Pfeffer-Muster trägt er eine braune Melone, die er gewöhnlich neben sich auf seine Bank legt.

Wenn das Wetter es zuließ, konnte man Herrn Zett fast ein ganzes Jahr lang nachmittags im Park antreffen, abseits von den Hauptwegen, an einem von Hainbuchenhecken geschützten Ort, an dem, abgesehen von ein paar hungrigen Staren, Ruhe herrschte.

Keiner von uns hätte erklären können, auf welche Weise wir zum ersten Mal mit Herrn Zett ins Gespräch gekommen waren. Wir soll hier eine zufällig zusammengewürfelte Menge von Passanten bedeuten, die ab und zu stehenblieben und ihm zuhörten. Die meisten gingen nach einer Weile kopfschüttelnd ihrer Wege. Andere stellten ihm Fragen oder verwickelten ihn in Diskussionen.

Am Ende waren nur noch drei von uns übrig. Warum haben wir beschlossen, einer Mitwelt, die nie von Herrn Zett gehört hat, von unseren Unterhaltungen Kunde zu geben? Er selber ist selbstverständlich der wirkliche Verfasser unseres Konvoluts, obwohl er, soweit wir wissen, nie einen seiner Sätze zu Papier gebracht hat. Freilich können wir uns für die Richtigkeit unserer Notizen nicht verbürgen. Zum einen, weil die Erinnerung, wie er uns mehr als einmal eingeschärft hat, trügt; zum andern aber, weil wir uns oft streiten.

War es die Schüchternheit oder der Hochmut, was bei Herrn Zetts Auftritten überwog? Hat er dies oder jenes wirklich gesagt? Das bildest du dir nur ein, sagt der eine. Ich weiß es genau, erwidert der andere, und der dritte schlägt einen Handel vor: Jeder von uns soll aufschreiben dürfen, was er will. Das hätte Herrn Zett gefallen; und darauf hat sich unsere Troika am Ende geeinigt.

1 Am ersten oder zweiten Tag unserer Begegnung, es war Anfang April und die Bäume schickten sich an, ihren langen Streik zu beenden, sagte Z., er frage sich, warum wir ihm eigentlich zuhörten. Er fühle sich nicht alt genug, um Jünger zu haben, und es liege ihm fern, sich für einen Meister zu halten. Um Mitbrüder könne es sich bei uns nicht handeln, da er mit denen, die sich hier eingefunden hätten, weder verwandt noch verschwägert sei. Auch sehe er sich nicht als Lehrer; denn das könnte bedeuten, daß er selbst nichts mehr zu lernen hätte. Man könnte ihn vielleicht für einen Redner halten, aber dazu fehle es ihm an Übung und an einer Tribüne. Er brauche kein Podium und sei bemüht, sich kurz zu fassen. Wer einen Anführer suche, sei hier ebenso fehl am Platz wie einer, der Anhänger um sich scharen wolle. Wir alle seien bloß Passanten, die sich in aller Freundschaft ein wenig unterhalten möchten.

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