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In „Gesellschaft ohne Vertrauen“ beschreibt der Intellektuelle und Top-Kreative Timothy Speed die innere Ordnung von dynamischen und hoch innovativen Gesellschaften und Systemen. Die von ihm als „Fixpunkte“ identifizierten Strukturen im Inneren menschlicher Gestaltungsprozesse führen zu völlig neuen Einblicken in die Art, wie die Evolution durch uns wirkt, den Menschen zu großartigen kreativen Leistungen antreibt und wie jeder Einzelne zum Ganzen beiträgt. Er zeigt, dass die aktuellen Krisen von Wirtschaft, Kultur, Justiz, Religion und Politik auf natürlichen Zyklen der Evolution beruhen, in denen ein System angesichts neuer Komplexität in einer Gesellschaft zu wenig Freiheit ermöglicht, und darum in die Krise gerät. Wird die Freiheit aus Angst erneut reduziert, werden die Probleme größer. Wird die Freiheit deutlich erweitert und neu definiert, gelingt es die nächste Stufe der Evolution zu erreichen. Speed beschreibt die zu erwartende neue Stufe, und macht erstaunliche Veränderungen auf allen Ebenen der Gesellschaft sichtbar. Es zeigt sich eine komplexere Ordnung, die zum einen zu mehr Selbstbestimmung des Einzelnen, zum anderen aber auch zu einem stärkeren „Wir“ führt.
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Seitenzahl: 301
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Der 1973 geborene britisch-österreichische Künstler und Schriftsteller Timothy Speed beschäftigt sich in seinen Essays, Performances, sozialen Projekten und literarischen Arbeiten mit der Rolle von selbstbestimmten, unangepassten und kreativen Menschen in wirtschaftlichen und staatlichen Strukturen. Er setzt sich mit Veränderungs- und Entwicklungsprozessen auseinander, löst diese mit ungewöhnlichen Ansätzen selbst aus, oder begleitet sie. Gerade in Zeiten, in denen Individualismus von Angst verdrängt wird und ein übertriebenes Sicherheitsbedürfnis die kreativen Potenziale und notwendigen, krisenhaften Bewusstwerdungsprozesse verhindert, bekommt seine Arbeit hohe Relevanz und Bedeutung.
Viele Jahre hat er die inneren Mechanismen von kreativen und freien Gesellschaftsordnungen untersucht und entwickelte 2003 in dem Buch »Gesellschaft ohne Vertrauen« eine eigene Theorie dazu, wie die Teilhabe vielfältiger, kritischer, unangepasster Menschen in einem System gefördert werden kann und weshalb dies für die Realitätskompetenz und Entwicklungsfähigkeit einer Gesellschaft entscheidend ist. Er zählt zu den Pionieren im Bereich der »systemkreativen« Gesellschaftsgestaltung und eines authentischen »Diversity-Managements«. In seinen Ansätzen wird die Gesellschaft nicht mehr aus von Eliten gesteuerten, halbbewussten, politischen Ritualen gestaltet, sondern in individuellen Prozessen ergründet und umfangreich diskutiert. Die Bedeutung kreativer und systemischer Intelligenz wird erlebbar. Dafür braucht es laut Speed IndividualistInnen und Menschen die sich subjektiven und inneren Impulsen hingeben, welche die Strukturen auf der Werte-, Wissens- oder Identitätsebene, durch neue Perspektiven oder Irritation ausreichend destabilisieren, um Entwicklung und echte, demokratische Prozesse zu fördern. Darum spricht er von einem Recht auf Krise und fordert ein positives Verständnis von abweichendem Verhalten, um komplexere Ordnungen entstehen zu lassen.
Wirtschaftswachstum tauscht er gegen Gestaltungskraft, weil die Frage was Menschen individuell im Leben gestalten können, mehr über den realen Wohlstand in einer Gesellschaft aussagt und negative Erfahrungen nicht entwertet, sondern integriert. Bereits im Jahr 2000 analysierte er in »Verdammt Sexy« die Probleme für Wirtschaft und Gesellschaft, die aus zu viel Konformismus und Zwang zum Harmlosen und Glücklichen resultieren. Mit dem amerikanischen Medienforscher Neil Postman diskutierte er die Frage, mit welchem Recht die Medienmacher die Realität gestalteten. Schon hier zeigte sich seine Suche nach der authentischen Gestaltung einer Gesellschaft und nach neuen Strukturen, welche diese begünstigten. Später entwickelte er mit dem Managerberater Markus Maderner eine der ersten Managementmethoden, welche bewusst die Komplexität nicht reduziert, um das Management scheinbar zu erleichtern, sondern die Vielfalt sucht und integriert, also lernt damit zu arbeiten. Dadurch kann näher an der Realität, näher am Menschen gestaltet werden und automatisierte Strukturen, die zu gigantischen Nebeneffekten, wie Umweltzerstörungen, Ignoranz oder sozialen Problemen führen, durch die in dem Buch »Inner Flow Management« entwickelten Haltungen von einer bewussteren Form der Unternehmensführung abgelöst werden. Speed zeigt auch auf, wie erst durch das Amateurhafte, Persönliche, Angreifbare und Subjektive echte Innovations- und Entwicklungsfähigkeit möglich wird, da die überprofessionalisierte Wirtschaft sich in ihrem Zwang zur Simplifizierung und zum normierten Verhalten selbst von der Quelle neuer und unmittelbar realistischer Einsichten abschneidet. Dies hat primitive Systemstrukturen zur Folge, die zunehmend Vielfalt entwerten und ausgrenzen. Für Bewegung notwendige Entwicklungsenergie geht in zu viel Ordnung verloren.
Seine Arbeit entlarvt jene Spielart des Kapitalismus, die Gesellschaft und innovative Wirtschaft nachhaltig zerstört und in einer falsch verstandenen Effizienzmanie mehr Freiheit, und damit die Grundlage von Fortschritt, verhindert.
Aus diesen Überlegungen heraus versuchte Speed 2010 selbstbeauftragt, als Künstler das Unternehmen Red Bull umzugestalten. Er drohte vor der Zentrale in Fuschl einen Stier zu töten, um einen subjektiven Prozess auszulösen, in dem die Beziehung zwischen Unternehmen und Mensch neu verhandelt werden sollte. Er wollte sehen was passiert, wenn ein Individuum sich mit allen Aspekten der eigenen Persönlichkeit in die Wirtschaft einbringt, diese komplizierter, komplexer, vielfältiger macht und sich zugleich im Dienst der Innovations- und Realitätskompetenz weigert, ein geschmeidiges, ein einordenbares Produkt zu werden. Weil er in der subjektiven Differenz, im Nicht- oder Missverstehen, im unangepassten Verhalten, die Chance der Erweiterung der Existenz und der Lebenswirklichkeiten sieht.
Zitat Speed: »Für eine Woche waren die Leute bei Red Bull gespalten. Sie wussten nicht, ob sie als Mensch oder als Funktion auf mein Handeln reagieren sollten. Ich hatte das Gefühl, dass der Mensch in ihnen mit mir den Stier töten wollte, während der Anwalt, der Milliardär, der Manager, der aus ihnen sprach, dies um jeden Preis verhindern musste. In dieser Woche gehörte das Unternehmen allein dem an der Welt zweifelnden Menschen. Der Gewissheit, dass jeder von uns einen Konzern bezwingen, gestalten und verändern kann.«
In einer Welt, in der sich Firmen durch einseitige Kommunikation in der Werbung und hierarchischen Machtstrukturen dem Bewusstwerden jener Verstrickungen, jener verborgenen Zusammenhänge, jener Auswirkungen verweigern, an denen immer mehr Menschen leiden, kann Arbeit, Staat und Gesellschaft vom Persönlichen nicht mehr getrennt werden, ist alles mit allem in Beziehung. Hier lebt Speed eine Form radikaler Beziehungsfähigkeit mit der Gesellschaft und den Unternehmen und stellt sich den sensiblen Wahrnehmungen, dem persönlichen Schmerz. Dabei entstehen neue Lebensräume aus subjektiver Kommunikation, in Welten kommerzieller Gleichschaltung. Für ihn ist dies die Grundlage innovativer Wertschöpfung, Authentizität und Menschlichkeit.
Somit wird durch die eigene Sperrigkeit mehr Entwicklungspotenzial in der Wirtschaft vorgelebt und dient so als Grundlage neuer Märkte.
Speed forderte den Konzern heraus, sich durch den Menschen hindurch komplexeren und freieren Ordnungen, Weltbildern, Möglichkeiten zu stellen. Er zeigt wie Prozesse richtig umgesetzt werden, damit beispielsweise auch die einzelne Person im individuellen Schmerz sein darf, sich nicht in der Anpassung als innovative und die Wirklichkeit reflektierende Ressource selbst zerstört und daraus neue Bedürfnisse und Märkte nicht entstehen können, die sich in einem bewussten Zusammenspiel zwischen Individuum, Struktur und Umwelt herausbilden würden. Das aber braucht Zeit und Raum. Eine Verantwortung der wir uns stellen müssen, wollen wir nicht die Krisen der Vergangenheit wiederholen oder zwanghaft an jetzt schon nicht mehr funktionierenden Strukturen festhalten.
Später schrieb Speed den Roman »Stieren des Weltdesigners«, in dem eine Gruppe von Individualisten in einem Bus zu Red Bull fahren, um selbst zur Krise zu werden. Damit sie wieder selbstbestimmt ihr Leben gestalten können, sich durch sie hindurch eine komplexere, vielfältigere Ordnung ausdrücken kann, in der auch Probleme sichtbar und Beziehungen gestaltbar werden. Sie eben nicht in Kommerzwelten ihre Integrität verlieren und von einer vermeintlichen Krise vor sich her getrieben werden. 2014 wurde der Roman ohne Zustimmung des Autors und vermutlich aus Angst vor Red Bull vom Verlag zensiert und vom Markt genommen.
Timothy Speed entspricht in seiner Arbeit nicht traditionellen Vorstellungen von Literatur. Er lebt in literarischen Kunstfiguren subjektive Beziehungen zu Unternehmen und Behörden, überhöht und verzaubert dadurch die Wirklichkeit und zeigt in seinen Texten die Zerrissenheit der menschlichen Seele, in Zeiten von Konformismus und dem Zwang zur Produkthaftigkeit. Im subjektiven Unbewussten entschlüsselt er tiefer liegende Zusammenhänge einer natürlichen Ordnung, auf der sich kreativere Wirtschaft und Gesellschaft begründen lässt. Speed erzeugt Irritation, macht bewusst dramaturgische Fehler, lebt Themen subjektiv aus, macht sich angreifbar, um den Blick für das Neue und Unmittelbare zu schärfen.
Da Speed mit seiner eigenen Existenz versuchte, eine neue ArbeiterIn vorzuleben, die sich der Simplifizierung und Effizienzsteigerung verweigert, um die Zerstörung der Vielfalt zu stoppen, war es nur logisch, dass er dabei pleite ging und somit auch für den Staat zu positivem Sand im Getriebe wurde. Vom Arbeitsamt schikaniert und völlig verarmt, schrieb er den Essay »Stärke in der Armut«, in dem er die zweifelhaften Hartz IV Gesetze im Namen der Kunstfreiheit aushebelte und seinen fehlenden Gehorsam für ein Wirtschaftsförderungsprogramm erklärte. Damit brachte er die amtierende Ministerin Andrea Nahles in Bedrängnis und gab den Armen eine Wirtschaftskompetenz zurück, die ihnen strukturell in der Armut genommen wird.
Der Vizepräsident des Europaparlaments und somit der ranghöchste Österreicher in Brüssel, Othmar Karas ließ über sein Büro ausrichten: »Herr Mag. Karas schätzt Ihren Text sehr, da Sie versuchen ein Verständnis bzw. ein Bewusstsein für Ihre Situation und die von vielen anderen, zu schaffen. Besonders den Aspekt – die volkswirtschaftliche Verantwortung und Wertschöpfung aus einem ganz anderen Gesichtspunkt heraus zu beobachten, ist ihm ins Auge gefallen…«
Die österreichische Armutskonferenz hingegen lehnte sein Buch ab und verweigerte dem Künstler den konstrukiven Dialog: »Wir haben Ihr Buch gelesen, der Inhalt, das Ziel entspricht nicht unserem Zugang von Armutsbekämpfung, wir können es daher nicht empfehlen und werden es folglich auch nicht in unserem Newsletter rezensieren.«
In dem literarischen Essay »Intima« befasst sich Speed 2014 erneut mit dem Thema von »Gesellschaft ohne Vertrauen«, den kreativen Kräften in Systemen, geht aber dieses Mal verstärkt auf den inneren Aufbau der Wirtschaft ein. Seine Kritik an der modernen Ökonomie erschließt neuartige Zusammenhänge, die helfen können der Krise ganz anders zu begegnen. Entstanden ist ein Aufruf die Urkräfte des Marktes, nämlich die Beziehung zwischen Menschen neu zu beleben. Vielfältiger und freier, als dies manchen Eliten lieb ist.
Speed zählt zu den wichtigen Querdenkern einer neuen Ökonomie und integrierenden Gesellschaftsgestaltung. Ja, eines mutigen und kreativen Menschen, der die Krise nicht scheut. Die NGO »Dropping Knowledge« lud ihn 2006, gemeinsam mit bedeutenden Intellektuellen wie Wim Wenders, Hans-Peter Dürr, Jonathan Meese, Masuma Bibi Russel oder Bianca Jagger, an den größten runden Tisch der Welt ein, um die 100 bedeutendsten Fragen der Menschheit zu beantworten.
Eine Zeit arbeitete er für die Organisation des amerikanischen Präsidentenberaters Don Edward Beck.
Als Speaker spricht er vor Top-Managern, hält Workshops, begleitet Prozesse, provoziert und regt zum Nachdenken an.
Einleitung
1. Die Gesellschaft im Inneren
1.1. Die Rolle der Angst im Schöpfungsprozess Zusammenfassung
2. Dissoziation und Differenzierung
2.1. Kernstrategien des fließenden Denkens in Kunst, Wissenschaft und Spiritualität
2.2. Der Aufbau einer neuen Gesellschaft
2.3. Don Beck und die inneren Hierarchien
2.4. Das Horizontale im Außen – Probleme mit Netzwerken
3. Die Fantasie des Äthers als dynamisches Weltbilder der Wissenschaft
3.1. Die experimentelle Realität in dynamischen Systemen und die Arbeit von Emoto und Jenny
4. Die Schule der Träume
4.1. Melancholie und die Suche nach der Form
4.2. Stanilsav Grof, C.G. Jung und die inneren Bilder höherer Ebenen
5. Die Bildung von Rahmen durch Spaltung, Abhängigkeit, Wertung, Distanz und Gleichschaltung
5.1. Die Fotografie als Beispiel für die Dominanz wenig komplexer Bilder in den Medien Zusammenfassung
6. Der innere Aufbau des Kosmos als Grundlage der Freiheit
6.1. Die Bran-Spirale als Struktur von Kultur und Bewusstsein
6.2. Die Morphologie aller Dinge
6.3. Die Entstehung von Lebensenergie in Natur und Kultur
7. Die Politik – Das Ende des Herrschaftsprinzips
8. Die Justiz – Das Ende des Schuldprinzips
9. Neue Medien – Das Ende werbefinanzierter Inhalte
10. Neue Wirtschaft – Das Ende der Erwerbsarbeit
11. Neue Produktentwicklung – Vertrauen in den Flow
12. Wie das Geldsystem den Wohlstand behindert
13. Schlussworte – innerer Wandel
Danksagung
Abbildungsverzeichnis und Quellenangaben
Literaturverzeichnis
Dieses Buch ist dem 27-jährigen Brasilianer Jean Charles de Menezes gewidmet, der am 22. Juli 2005 von Polizisten in einer Londoner U-Bahnstation, vor den Augen zahlreicher Passanten, mit fünf Kopfschüssen aus nächster Nähe hingerichtet wurde, weil man ihn irrtümlich für einen Selbstmordattentäter hielt. Dies soll uns als Beispiel in Erinnerung bleiben, für eine Gesellschaftsordnung, die im Kampf gegen den Terrorismus selbst zur Quelle des Terrors wurde.
Dieses Buch erschien erstmals im Oktober 2005, dann eine spätere Auflage unter dem Titel „Aufbruch zur inneren Freiheit“. Seitdem sind mehr als drei Jahre vergangen, in denen die Welt sich sehr stark verändert hat. Viele Prognosen, die ich in diesem Buch damals machte sind eingetroffen und manches erscheint heute auf einem besseren Weg zu sein als am Anfang dieses Jahrzehnts angenommen, als die Welt im Terror zu versinken schien.
Seit der Wirtschaftkrise 2008 ist wieder sehr viel vom Vertrauensverlust in der Gesellschaft die Rede. Vielleicht ist es nun an der Zeit sich die wirklichen Hintergründe anzusehen, die in diesem Buch beschrieben werden und zeigen wie man am effektivsten und nachhaltigsten das Vertrauen in einer Gesellschaft wieder aufbaut und die kreative Dynamik in den Systemen erhöht.
Die nun vorliegende Überarbeitung wird den Veränderungsprozessen der letzten Jahre und in meiner persönlichen Arbeit gerecht und verbessert besonders die Zugänglichkeit des Themas für ein breiteres Publikum.
Die Erforschung der kreativen, inneren Ordnung der Evolution von Systemen und ihre Auswirkung auf unsere menschlichen, wirtschaftlichen und politischen Systeme war in den letzten Jahren der Kern meiner Arbeit.
Die Suche nach einem Weg, um diese natürliche Ordnung des Lebendigen in unseren Arbeits- und Lebensumfeldern zu fördern, war immer mein Ziel. Ich versuchte zu verstehen, was dem Leben in seiner kreativen Entfaltung nützlich ist und was uns behindert. Ich habe mich schließlich vom Systemkritiker zum „Systemkreativen“ weiter entwickelt. Dies hat mich pragmatischer gemacht und in einem integralen Sinne auch erfolgreicher. Drei Jahre nach erscheinen dieses Buches entstand so die Managementmethode „Inner Flow Management“, die gewissermaßen das Endergebnis meiner praktischen Arbeit mit dem Thema von „Gesellschaft ohne Vertrauen“ war.
IFM ist ein konkretes Werkzeug des integralen und ganzheitlichen Managements, mit dem viele der Ideen und Konzepte dieses Buches in der Praxis umgesetzt werden können. Dazu zählen auch experimentelle Konzepte wie der „Moderationsstaat“, der durch IFM wesentlich konkreter geworden ist.
IFM entstand zusammen mit dem Managementstrategen Markus Maderner, dem ich im Sommer 2006 begegnete.
In der Zusammenarbeit mit Maderner konnte ich meine Arbeit in Bereiche tragen, die den Nutzen dieses Buches für die Praxis in Wirtschaft und Gesellschaft deutlich verbessert haben.
Mit dem vorliegenden Buch machte ich mich auf die Suche nach einer hinter der kreativen Dynamik von Gesellschaft und Wirtschaft liegenden Ordnung. Nach Prinzipien und Grundsätzen, an denen man sich orientieren könnte, um mehr Freiheit und kreative Dynamik zu erreichen und um die Wirtschaft, Kultur und Demokratie zu stärken. Dabei ging es nie darum, diese Ordnung in ihrer Existenz zu beweisen, was einerseits größenwahnsinnig und zugleich sehr engstirnig wäre, käme dies doch einer Weltformel gleich. Sondern ich suchte nach pragmatischen Konsequenzen in unseren Haltungen zum Leben und unseren Gewohnheiten, bei der Suche nach Innovationen, dem Umgang mit Krisen und dem Schaffen von Neuerungen in Systemen. Zugleich sah ich 2003 in den Entwicklungen des Kampfes gegen den Terror eine Gefahr für das Entwicklungspotenzial der westlichen Gesellschaften. Es drohte eine Zunahme der Angst und sehr viel Unheil hätte daraus resultieren können. Die Art wie wir systemisch mit Krisen umgehen wurde so zum Gegenpol der Suche nach kreativeren Strukturen.
Ich selbst bin ein Vertreter des kreativen und assoziativen Denkens. Es ist nicht mein Anliegen Gedanken zu sehr zu verfestigen, in Regeln zu betonieren, sondern Bewegung zu erzeugen, Inspirationen zu ermöglichen und Menschen zum Weiterdenken anzuregen. Ich bin ein Kreativer, was einen anderen Denkstil bewirkt als es beim klassischen Wissenschaftler der Fall wäre. Manches in diesem Buch ist heute aus wissenschaftlicher Sicht noch umstritten, dennoch benötigt auch die Wissenschaft Fantasie und ein kreatives Potenzial, um voranschreiten zu können. Es gilt Menschen an der Schaffung unserer kulturellen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Weltbilder mehr zu beteiligen. Kreatives Denken ist richtig eingesetzt, eine nicht zu unterschätzende Ressource. So ist dieses Buch vor allem als Anregung für das weitere Erforschen dieses Themas gedacht.
Dieses Buch beschreibt die Suche nach dieser inneren Ordnung der Dinge auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Bereichen. Darunter wissenschaftliche, gestalterische, politische und wirtschaftliche Ansätze und Konzepte. Zusammen ergeben sie eine neue Richtung des Umgangs mit gesellschaftlichen und systemischen Veränderungspotenzialen.
Diesen neuen Umgang nenne ich heute den „systemkreativen“ Ansatz. Ich verstehe darunter eine befreiende Haltung, die Menschen aus dem Dilemma ein Stück löst, stets zwischen dem äußerlich Anerkannten in der Welt und dem eigenen ganz individuellen Erleben gefangen zu sein. Also in der Differenz zwischen dem inneren Fluss der Eindrücke, Kreativität, inneren Wahrheiten, Gefühle, Gedanken einerseits und den äußeren Festlegungen durch Gesellschaft, normierte Realitätsvorstellungen, anerkannte Weltbilder, Medien, Staat, Wirtschaft aber auch Natur andererseits fest zu hängen, ohne das Innere angemessen nach außen in etwas Gemeinsames integrieren zu können. Es ist die Sehnsucht nach dem gestaltbaren „Wir“, die mich und viele Leser hier antreibt. Die Suche nach einer qualitativen Verbesserung der Mitgestaltungsfähigkeit und Integration des Menschen in die Entstehung seiner Systeme.
Der moderne Mensch ist heute sehr wenig ein gestaltender und überwiegend ein sich an die Außenwelt anpassender Organismus. Aber tief in seinem Inneren besteht, wie bei einem ausgeschalteten Gen, die Möglichkeit plötzlich zum bewussten Mitgestalter zu werden. In der Geschichte hat der Mensch immer weder bewiesen, dass er bestehende Ordnungen durch eigene Erfahrungen integrieren und erweitern kann. Dieses inaktive (geistige) Gen bezeichnete ich später als den inneren Fixpunkt, den es im Individuum zu aktivieren gilt. Als das was uns antreibt, was wir als innere Kraft und Erkenntnis empfinden und bei jedem Menschen anders gelagert ist. Gewissermaßen das innere Geschenk, dass jeder Einzelne für die Gesellschaft mitbringt und je nach Situation immer wieder neue Formen annimmt, der Veränderung gerecht wird, ohne sich einfach nur anzupassen.
Doch gerade darin liegt eine Herausforderung. Denn wie soll man etwas in eine Gemeinschaft integrieren, was so schwer greifbar und so relativ erscheint, wie die inneren Motive, Werte, Ideen, Visionen und Impulse einzelner Individuen innerhalb von großen Menschenmassen, Völkern oder Kulturen?
Mit Inner Flow Management haben Maderner und ich schließlich eine pragmatische Antwort darauf gefunden, einen Weg um genau das zu tun. Trotzdem bleibt aber ein kulturelles Hindernis, eine Schwierigkeit den Umfang dieser Möglichkeiten zu begreifen und zu akzeptieren.
Vor all dem steht nämlich das Verständnis was es wirklich heißt, das zu integrieren, was ich hier die Fixpunkte nenne. Dieses Bestreben ist vergleichbar mit der Suche des Physikers nach dem kleinsten Baustein der physischen Ordnungen. Einmal sehen wir ein Teilchen, dann eine Welle. Je nach dem welche Betrachtungsmethode, welchen Ansatz wir wählen, verändert dies das Ergebnis der Betrachtung. Sehen wir den Menschen nur als politischen Wähler oder als Marktfaktor, sehen wir nur einen Teil seines freien Willens. Nur einen Teil seiner Ideen und Beiträge für die Gesellschaft. Betrachten wir den Menschen als emotionales Wesen, sehen wir andere Motive und Kräfte am Werk, als wenn wir dessen Handeln beobachten. Was aber sind die entscheidenden Anteile?
Der Begriff der Fixpunkte ist ein Platzhalter für das Vorhandensein eines Prozesses der Bewusstwerdung dessen was wir wirklich, wirklich wollen, als Grundlage für die natürliche Ordnung von Gesellschaften. Weil die Fixpunkte wie Koordinaten einer dem Menschen innewohnenden, wenn auch rein geistigen oder weltbildbezogenen Ordnung sind, die, wie im Laufe des Buches noch beschrieben wird, Ordnungen der äußeren Natur ähneln oder sogar gleichen.
Die Fixpunkte sind nicht verallgemeinerbar, bleiben von außen betrachtet schwammig und schwer festlegbar, sind aber in der konkreten Praxis entscheidend. In diesem Moment kann ich beispielsweise nicht sagen, was Sie gerade als Mensch in Ihrem Leben besonders antreibt, was Sie gerade für die Welt bereit halten, was ihr Beitrag ist, welche Ihrer Erfahrung anderen Menschen und Systemen helfen könnten sich weiter zu entwickeln.
Richte ich mein Interesse aber darauf Ihnen direkt zu begegnen, mit Ihnen zu arbeiten, mich auszutauschen und eine Resonanz herzustellen, werden wir immer Dinge finden, die einzigartig und bereichernd sind.
Nehmen wir weitere Beispiele! Denken Sie an einen Mann, der sich in eine Frau verliebt, in etwas schwer Definierbares, dass er vielleicht in ihren Augen gesehen hat, was große Anziehungskraft auf ihn ausübt, was sein Leben verändern wird. Oder denken Sie an den Wissenschaftler, der plötzlich eine innere Tür öffnet und ganz neue Paradigmen seiner Forschung entdeckt. Wir alle kennen Momente in denen unser Bewusstsein einen Sprung macht, ein neues Element integriert, während sich dadurch alles in unseren Werten, Strukturen, Vorstellungen und Zielen verändert. All das sind die Fixpunkte von denen ich spreche. Sie sind die Ordnungen, die man aber anders als Rahmenstrukturen nicht wiederholen kann. Sie sind extrem momentbezogen, wirken aber dennoch unglaublich nachhaltig auf unseren Alltag, unsere Erkenntnisse, unsere Forschungen, Innovationen und Fortschritte ein.
Man kann diese Momente aber nicht wiederholen.
Wir können uns ihnen nur annähern. Dennoch tragen sie unsere inneren Motive, Überzeugungen, aus denen sich später Systeme, Organisationen, Unternehmen aufbauen.
Verstehen Sie das Problem?
Die Grundelemente auf denen unsere Kreativität, Innovationsfähigkeit, Integrität und unser Realitätsverständnis aufbaut, stehen außerhalb unserer systemischen Ordnungen. Sie sind ihnen gewissermaßen vorgelagert und werden später stets ausgeschlossen.
Ein Beispiel:
Ein Mensch wacht eines Morgens auf und erkennt einen Weg für die Entwicklung eines neuen Motors. In der daraus entstehenden Fabrik wird diese Qualität der Innovationsfähigkeit nie wieder bestehen. Sie ist nur in der Phase der Geburt einer neuen Struktur da, lässt sich aber selbst nicht strukturieren.
Ein anderer Mensch macht eine lange Krise durch, die ihn zur inneren Beweglichkeit und Veränderungsbereitschaft zwingt. Diese Kraft hilft ihm später erfolgreich zu werden. Im Zustand des Erfolges aber wird er satt, konservativ und unbeweglich.
Eine Bevölkerung entdeckt eines Tages für sich ein neues Lebensgefühl, dass mehr Freiheit gegenüber der Elterngeneration ermöglicht. Dieses neue Weltbild setzt sich durch, aber wird von der nächsten Generation als verklemmtes Dogma verflucht und in Revolten abgeschafft.
Zwar lassen sich von diesen Fixpunkten später neue Ordnungen, Ideen, Strukturen und Funktionsweisen ableiten, die eigentlichen Erkenntnismomente aber, also die Sekunden in denen das Bewusstsein sich erweiterte sind einmalig, hoch komplex und entziehen sich unserer direkten Kontrolle. Wir können das Erscheinen der Fixpunkte nur begünstigen, nicht aber erzwingen.
Niemals aber sollten wir vergessen, dass der Ursprung all unserer Ordnungen auf ihnen beruht und dass selbst jede noch so feste wissenschaftliche Theorie irgendwann von den Fixpunkten gestürzt wird, die sich durch einzelne Menschen ausdrücken werden.
Die Fixpunkte werden im Allgemeinen immer unkonkret/sehr individuell bleiben, aber in dem erlebten Moment, zählen sie zu den wichtigsten Erfahrungen, die ein Mensch in seinem Leben machen kann.
Sie sind ein Geheimnis, aber der eigentliche, wirkliche Garant für unsere Freiheit und die fortwährende Veränderung unserer Systeme.
Das Leben selbst, in dem Moment in dem wir einen neuen Fixpunkt integrieren, ist sehr konkret und klar – Systeme sind es in der Regel nicht. Sie sind abstrakt und verallgemeinern. Dies muss aber nicht generell der Fall sein. Es gibt Wege die Systeme näher an die Fixpunkte zu rücken. Dafür bedarf es Strukturen, die auf Bewusstseinswachstum ausgerichtet sind, statt den Menschen in Monotonie zu verwalten.
Von den Fixpunkten gehen nicht nur Motive aus, sondern sie sind auch die Drehpunkte zu neuen Wahrheiten und Innovationen. Somit ist ihre Integration durchaus auch ein Wirtschaftsfaktor. Die Fixpunkte sind innere Auslöser und Katalysatoren von Veränderungsprozessen.
Menschen sind keine Maschinen – auch ihre Systeme sollten keine sein. Es bedarf der ständigen Anpassung an die Lebendigkeit. Wir alle kennen die fatalen Entfremdungserscheinungen in Firmen und Organisationen, die zu Betriebsblindheit, menschlichen Fehlern, inneren Konflikten und Brüchen führen. Sie alle resultieren aus dem nicht hinsehen wollen, aus der Verweigerung gegenüber der Wichtigkeit der Fixpunkte.
So zerbrechlich und verschwommen sie auch im Theoretischen erscheinen mögen, sollte man sich nicht in der Erkenntnis täuschen, dass sie eine entscheidende Rolle in unseren Systemen spielen. Sie sind die Grundlage unserer inneren Ordnungen.
Darum befasste ich mich so umfangreich mit ihnen. Es ging mir wie gesagt nicht darum, ihre Existenz zu beweisen, sondern die Auswirkung unserer Annäherung an ihre Existenz in den Systemen zu beschreiben. Die Auswirkung auf unser Freiheitsempfinden und die Innovations- und Kreativitätsfähigkeit der Wirtschaft, denn gerade in schwierigen Zeiten wie diesen bietet das Verstehen der Dynamik der Fixpunkte einen wichtigen Schlüssel zur kreativen Lösung von Krisen in Wirtschaft und Gesellschaft.
Die Geschichte der Menschheit zeigt dies in vielen Beispielen. Die Evolution bricht durch diese Fixpunkte immer wieder mit der Regel des angepassten Menschen und so macht es Sinn sich einmal bewusst die andere Seite, nämlich die Eisbergspitzen dieser inneren Ordnungen anzusehen. Das ist der systemkreative Teil, der me iner Ansicht nach in westlichen Systemen zu kurz kommt, aber heute wieder stark gebraucht wird, weil wir vor einer Zeit großer kultureller und systemischer Wandlungsaufgaben stehen, in dem die Ressourcen eines jeden Einzelnen einen großen Unterschied machen. Wir bewegen uns von einer Zeit des gesättigten Wohlstandes in eine neue Phase des gemeinschaftlichen Kraftaktes. Vergleichbar mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa.
Also eine Verbesserung der Fähigkeit unserer Systeme Entwicklungsdynamik zu integrieren. Der systemkreative Ansatz ist gewissermaßen das „Web 2.0“ für gesellschaftliche Systeme, ja für unsere Weltbilder an sich. Der User wird aktiver Teil des Systems, statt nur dessen Konsument zu sein. Dabei bestimmt er selbst und kreativ wie er ein Teil werden will. Er gibt sich nicht damit zufrieden auf eine Stimme, eine Zielgruppe oder eine Rolle reduziert zu werden, sondern wählt selbst seine Rolle für das Ganze. Das ist für viele menschliche Systeme in Wirtschaft und Gesellschaft etwas sehr Neues, was unserem ganzen Denken gewisse Sprünge abverlangt. Schritte, die Sie in diesem Buch langsam und verständlich beschreiten können.
Das Entscheidende an den Fixpunkten ist die Erkenntnis, dass ein jeder den neuen Fixpunkt in sich tragen und zum Ausdruck bringen könnte. Fixpunkte orientieren sich weder am Vermögen eines Menschen, noch an seiner Stellung, seinem Berufsstand oder seiner Bildung. Sie relativieren die Vorstellung von Eliten, die unsere Gesellschaft tragen. Nein, es sind immer nur jene Individuen, die ihrem Inneren folgen. In welcher Art auch immer.
Die wenigsten Menschen erleben einen wirklichen Austausch, eine Form der Partizipation an der gesellschaftlichen und kulturellen Realität, sondern geben sich mit ihren persönlichen Ressourcen meist zu einem zu frühen Zeitpunkt geschlagen.
Dazu kommt eine seit der Aufklärung gewachsene Tendenz des rationalmodellhaften Denkens, dass unsere Systeme von Funktionsweisen der Maschinen ableitete und weniger vom organischdynamischen und ganzheitlichen Menschen. Selbst über 100 Jahre nach Sigmund Freud sind die psychologischen Erkenntnisse über die Dynamik der menschlichen Seele kaum systemisch, philosophisch oder kulturell in die Praxis der Systeme integriert worden. Sie haben kaum zu einer Weiterentwicklung der vom Rationalismus geprägten wirtschaftlichen und politischen Systeme geführt.
Ein weiterer Faktor ist der kulturelle Konflikt, einerseits zwischen der modernen Weltanschauung des hedonistischen Materialismus, durch den der moderne Mensch seine Freiheit stark in äußeren Dingen findet, das Innenleben in der Abkehr von Religion und idealistischen sowie politischen Dogmen weitgehend verdrängt hat und anderseits der Ausbreitung der postökologischen Selbstsuche in Bewegungen wie den „Kulturell Kreativen1“, die nach einer Integration von Wohlstand und Ideal, Karriere und Weltrettung, Kreativität und Industrie suchen. In dem Dilemma gefangen, dass die Medien überwiegend hedonistisch materiell geprägt sind, während der private Mensch mehr und mehr zum biedermeierlich isolierten, neuen Grünen ohne direkten Einfluss wurde. Erst durch den neuen Führungsstil eines Barack Obama wird in diesem Moment, Ende 2008 zumindest eine Verschmelzung dieser beiden Lager immer konkreter, was den Inhalt dieses Buches zu einem zentralen Thema macht. Neue Formen des integralen Leaderships tauchen allmählich auf.
Es gibt zwar heute einen starken Fluss (Mainstream) von der Welt zum Individuum, aber nur ein kleines Bächlein vom Individuum zur Welt. Das ist das integrale Thema überhaupt. Dies ist die natürliche oder weniger natürliche Begrenzung unserer persönlichen oder gesellschaftlichen Freiheit. Aus diesem Rinnsal einen wesentlich produktiveren Fluss zu machen, ist das Ziel des systemkreativen Ansatzes. Es geht darum mehr Menschen in kreativere Gestaltungsprozesse auf gesellschaftlicher Ebene zu integrieren.
Die Gefangenschaft des Geistes und der Herzen in einer Welt die so wenig in Resonanz mit diesen geht, ihr Potenzial so wenig zu nutzen versteht, hinterlässt bei so vielen Menschen außerhalb kulturellkreativer Bewegungen, jüngeren Mitbürgern das Gefühl nutzlos zu sein und ihrem eigenen Wert nicht vertrauen zu können. Sie sind die Materialismusopfer, die es mit neuen Ansätzen zu versöhnen gilt. Glücklicherweise braucht es dafür nicht so viel, denn es wächst in der westlichen Welt wieder das Bedürfnis des Individuums nach einem erfüllenden Leben, jenseits des Konsumglücks. Menschen wollen sich einbringen, gesellschaftliche Veränderungen der Wertelandschaft und Zielgruppen in Wirtschaft und Gesellschaft, wie die „Kulturell Kreativen“ oder die „Kreative Klass e2“ sind die natürliche Folge.
Der systemkreative Ansatz ist eine der großen Herausforderungen für die integrale Idee. Nämlich die Öffnung der Systeme für das Innere des Individuums in dessen gewaltiger und herausfordernder Vielfalt, für dessen ganz individuellen Beitrag, jenseits der reinen Stimmabgabe. Dieses Buch zeigt auf, wie viel mehr bereits heute möglich wäre und warum dies sinnvollist.
Die systemkreative Arbeit ist das fortwährende Bestreben, das Individuum so optimal wie technisch, kulturell, wissenschaftlich, politisch und wirtschaftlieh möglich in die gemeinsame Gestaltung der Welt zu integrieren. Intensiver, bewusster und umfangreicher, als dies bisher in den meisten gesellschaftlichen Systemen der Fall ist. Es geht um einen Weg der Verbesserung und Weiterentwicklung, nicht so sehr um den radikalen Umbau, sondern um das achtsame Mitgestalten und um die Partizipation des Menschen an seiner Gesellschaft, an den Lösungen für Probleme dieser Welt und an der Umsetzung von neuen Chancen für uns alle.
Um dies zu ermöglichen ist es erforderlich sich von einigen Paradigmen und Vorstellungen zu lösen, die uns heute noch an der Umsetzung hindern. Einige dieser neuen Konzepte werden in diesem Buch vorgestellt. Die konkrete Methode dazu ist IFM. Mehr darüber finden Sie in dem Buch „Inner Flow Management“.
1 Von dem Soziologen Paul Ray entdeckte Zielgruppe in Märkten (LOHAS) und Gesellschaften, die lebensbejahende Strategien mit einem hedonistischen und gesundheitsorientierten Materialismus verbindet. Derzeit durchschnittlich 45% der Bevölkerung in westlichen Ländern.
2 Vom Hirst Professor Richard Florida propagierte Veränderung in der amerikanischen Gesellschaft, in der Menschen mehr und mehr kreativere Formen des Lebens und Arbeitens für sich beanspruchen. „The Rise of The Creative Class“ Basic Books Verlag 2002
Viele Menschen zu Beginn des 3. Jahrtausends erleben ihre Umwelt als hektisch, befremdend und unpersönlich. Sie sind umgeben von großem Druck und der ständigen Angst ihren Job zu verlieren. Dazu kommt, dass die Welt unwirklich und von Terror und den vielfältigsten Krisen bedroht erscheint. Sogar die reichsten und mächtigsten Menschen werden von der leisen Existenzangst in Zeiten des Umbruchs nicht verschont.
Irgendwann bleiben viele hinter dem Rauschen der Welt zurück, lassen die Dinge wie sie sind, und verbergen was sie wirklich denken und fühlen in ihrem Inneren.
Sie spalten sich von der Außenwelt ab und verlieren die Fähigkeit, ihre Träume, Gedanken, Visionen und Gefühle in die Welt zu tragen. Somit drücken sie sich selbst nicht mehr unmittelbar und bewusst aus. Sie spiegeln sich nicht mehr in der Welt des Äußeren, sondern diese spiegelt sich viel mehr in ihnen. In dem, was sie tun, was sie denken, was sie zu fühlen glauben. Mit der Zeit verstehen sie darum jene leisen und verdrängten Töne des Inneren nicht mehr und ihre wahren Motive werden schwer greifbar. Ihr freier Wille wird geschwächt. Sie leben immer mehr in Rollen und immer weniger aus authentischen Emotionen heraus. Die Innenwelt schweigt und drängt sich ins Unbewusste, bis dieses irgendwann herausbricht.
In der modernen Welt fragt man sich vielleicht, was das alles mit der Gestaltung von Gesellschaften zu tun haben soll? Es hat in der Tat sehr viel damit zu tun. Aber wir haben gelernt, dass Gesellschaft sich im Äußeren abspielt und mit äußeren Problemen befasst ist. Sei es nun die große Politik, die Justiz oder das Bildungssystem. Auch die Wirtschaft scheint vollkommen ohne das funktionieren zu können, was man als unsere innersten Absichten bezeichnen könnte.
Wir machen und tun und entscheiden, meist noch ehe wir inne gehalten und uns gefragt haben warum wir das tun, ob es wirklich gerade die beste Option ist, oder ob es Alternativen gäbe.
Wir geben den äußeren Gegebenheiten einen sehr hohen Stellenwert und den weltbildbezogenen und bewusstseinserweiternden Betrachtungen einen sehr kleinen.
Aber jedes Produkt, jede gesellschaftliche Errungenschaft, jede wirklich wichtige Vision von einem besseren und sinnvolleren Zusammenleben, fand immer schon seine Wurzeln im Inneren einzelner Individuen, die diese Träume nach außen trugen. Vergessen wir nicht, dass jede Gesellschaft mit einer Idee beginnt. Ob es nun Königreiche, Diktaturen, Kolonialreiche oder Demokratien waren. Sie alle begannen mit geistigen Vorstellungen, die zu abstrakten Modellen des Zusammenlebens wurden. Immer konnte das Innenleben weniger Menschen die Welt verändern, weil das Geistige der materiellen Welt gegenüber im Vorteil ist. Es ist wandelbarer und lässt Veränderungen schneller erkennbar werden, als die sichtbare Realität. Darum nimmt jede Wandlung ihren Anfang in unserem Bewusstsein. Von dort aus entfaltet sie sich langsam in der Welt.
Erleben wir aber eine Umgebung voller Angst, erleben wir immer eine Welt voller Stagnation. Der innere Wandel wird verschüttet.
Der Terror dient also nie der Veränderung oder den Innovationen, sondern immer nur dem Stills tand in einer Gesellschaft.
Wirtschaft und Kultur aber leben vom Wandel und von der Freiheit. Nur äußere, politische Macht lebt von der Stagnation. Insofern arbeitet die Politik in Zeiten des Umbruchs nicht selten gegen Kultur und Wirtschaft. Leider sind die ökonomischen und politischen Systeme in Krisenzeiten von zu vielen Beschränkungen geprägt, die uns schützen sollen. Was die Krisen häufig nur verschärft.
Die Krise war schon immer ein Mittel der Macht, gegen welche die Demokratie noch effektivere Wege entwickeln muss, um nicht immer wieder vom vermeintlichen Feuerwehrmann der eigenen Werte beraubt zu werden. Gemeint ist damit der Zerfall der Komplexitätskompetenz und der Bereitschaft zur Vielfalt im politischen und wirtschaftlichen Management, angesichts schwieriger Herausforderungen. Dies wird gerade für moderne Gesellschaften mehr und mehr zum Konfliktgrund, weil diese heute wesentlich mehr Vielfalt und Kreativität vereinen müssen, als dies in früheren Jahrhunderten der Fall war. Vereinigungen wie die Europäische Union benötigen längerfristig sicherlich eine andere Kultur des Leaderships. Die Nationalstaaten haben noch nicht die optimale Reife für multikulturelle und von Vielfalt geprägte Politik erreicht. Lagerdenken ist immer noch viel bestimmender als integrale Ansätze3. Denn noch immer gibt es eine einfache Regel in der Gestaltung von Gesellschaften, die sich besonders angesichts von Krisen zeigt.
Je dramatischer oder unübersichtlicher die Situation, umso weniger Menschen werden an der Lösung beteiligt.
Je weniger Menschen an der Lösung beteiligt werden, umso weniger nachhaltig, werteorientiert und gesellschaftliche Errungenschaften hervorbringend sind die Gestaltungsansätze.
Die Folge in einer zunehmend komplexer werdenden Welt sind immer mehr oder immer größere Krisen. Eine Form des integralen Leaderships ist dringend erforderlich.
Systemisch betrachtet ist die Verknüpfung von Macht und Krise eine Dynamik die weit in der Menschheitsgeschichte zurück reicht und natürlich auch ihre Befürworter hat. Grundsätzlich ist daran zunächst nichts falsch, dass einer das Sagen hat. Es geht um Gleichgewicht und um die Frage, wo dies wirklich erforderlich ist und wo wir andere Wege gehen sollten. Besonders wo heute Veränderungen konkret machbar wären, weil wir beispielsweise gesellschaftlich reifer geworden sind, wesentlich leichter die Mitbestimmung des Einzelnen integrieren können, als dies früher der Fall war. Allein der technologische Fortschritt wäre in der Lage komplexere Formen der Partizipation zu ermöglichen. Aber hier geht es nicht um Internetdemokratie, sondern um ein grundsätzliches Neuverständnis der kulturellen Grundlagen unserer Systeme, um eine Veränderung im systemischen Denken. Zentral ist dabei die Fähigkeit die inneren Motive, den freien Willen des Menschen ganzheitlicher und unmittelbarer in die Entscheidungsfindung einzubinden, als dies bisher möglich war. Der Schlüssel dazu ist der Umgang mit den Fixpunkten des Menschen. Erst wenn wir in der Lage sind innere Individualität sinnvoller in Systeme zu integrieren, ohne die individuellen Ressourcen des Individuums im Vorfeld auszuschließen, erreichen wir die nächste Stufe der Mitbestimmung. Das angestrebte Ziel ist eine Personalisierung der Mitgestaltung. Also eine weitreichende Flexibilisierung der politischen und wirtschaftlichen Systeme, entsprechend der tatsächlichen Notwendigkeiten und Erfordernisse.
Statt: „Du darfst mitreden, wenn Du in unser Raster passt!“ geht es um den Ansatz: „Wir wollen wissen wer Du bist, damit wir verstehen können, wie wir Dich mit all Deinen ganzheitlichen Qualitäten optimal integrieren können. Dies wird uns allen einen großen Nutzen bringen und das demokratische wie auch das wirtschaftliche System erweitern.“
Es geht darum die Systeme in ihrer Monotonie aufzubrechen. Es ist heute nicht mehr erforderlich, dass eine Gemeinde beispielsweise nach demselben Modell funktionieren muss, wie ein Staat, oder ein Unternehmen. Ein Kindergarten, ein Krankenhaus nicht so wie eine Fabrik.
Der systemkreative Ansatz ist die Suche nach dem optimalen System, Weltbild, der besten Philosophie und Strategie für die individuelle Situation. So ineinander greifend, dass das eine System das andere unterstützt, statt es zu behindern und die Menschen vor Ort selbst an der Entwicklung ihres Systems beteiligt werden. Das ist es, was wir mit IFM tun. Wir stärken die Individuen im System und über sie dann wiederum das System. Dazu unterstützen wir sie bei der bewusstein Arbeit an sich selbst, an ihren Fragen, ihrer Identität, ihren Visionen und deren Auswirkung auf unterschiedlichen Ebenen.
Nehmen wir folgendes Beispiel.
Angenommen Sie wachen nach einem Terroranschlag oder einer längeren traumatischen Situation auf, in der ihr Lebensmotiv Angst, Ignoranz und Einschüchterung war und haben über die Jahre vergessen, wer Sie sind, also was in Ihrem Inneren liegt, was Ihre Integrität ausmacht. Sie müssen es vielleicht nicht gleich vergessen haben, aber Sie sind sich Ihrer feinen inneren Wahrnehmungen nicht mehr bewusst. Sie agieren wie durch einen Tunnelblick. Der Alltag hält sie gefangen. Sie bewegen sich wie in einer Tretmühle.