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Wissenschaftlich fundiert, praxiserprobt und orientiert sich an den professionellen Wert der Pflegenden. Aber: Den Personalbedarf neu zu bemessen bedeutet nicht nur Formeln anwenden. Ausgehend von Qualifikationsniveaus und Pflegesituationen ergibt sich ein völlig anderer Personalbedarf und eine neue Zusammenarbeit zwischen Fach- und Assistenzkräften. Dieses Buch schildert kompakt Inhalte und Konsequenzen der PeBeM und zeigt einen klar strukturierten Weg von der Vorbereitung bis zum erfolgreichen Praxiseinsatz.
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Seitenzahl: 185
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Jutta König ist Altenpflegerin, Pflegedienst- und Heimleitung, Wirtschaftsdiplombetriebswirtin Gesundheit (VWA), Sachverständige bei verschiedenen Sozialgerichten im Bundesgebiet sowie beim Landessozialgericht in Mainz, Unternehmensberaterin, Dozentin in den Bereichen SGB XI, SGB V, Heimgesetz und Betreuungsrecht. Tätig im gesamten Bundesgebiet für Auftraggeber der privaten Trägerschaft, Trägerschaften der Kirche, der Wohlfahrtsverbände und öffentliche Trägerschaften.
Karla Kämmer ist Diplom-Sozialwissenschaftlerin, Diplom-Organisationsberaterin, Erwachsenenbildnerin, Lösungsorientierter Coach, Gesundheits- und Krankenpflegerin sowie Altenpflegerin. Sie arbeitet seit vielen Jahren im nationalen und internationalen Gesundheits-, Sozial- und Pflegewesen. Zu ihren Schwerpunkten gehört u. a. das Veränderungsmanagement in Pflegeeinrichtungen.
»Für die Umsetzung der PeBeM brauchen Sie nur Mut – und unser praxiserprobtes Wissen!«
JUTTA KÖNIG & KARLA KÄMMER
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.
ISBN 978-3-8426-0908-2 (Print)
ISBN 978-3-8426-9202-2 (PDF)
ISBN 978-3-8426-9203-9 (EPUB)
2., aktualisierte Auflage
© 2024 Schlütersche Fachmedien GmbH, Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover, www.schluetersche.de
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in diesem Buch gelegentlich die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich Personenbezeichnungen gleichermaßen auf Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts sowie auf Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen. Autorinnen und Verlag haben dieses Buch sorgfältig erstellt und geprüft. Für eventuelle Fehler kann dennoch keine Gewähr übernommen werden. Weder Autorinnen noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus in diesem Buch vorgestellten Erfahrungen, Meinungen, Studien, Therapien, Medikamenten, Methoden und praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen. Insgesamt bieten alle vorgestellten Inhalte und Anregungen keinen Ersatz für eine medizinische Beratung, Betreuung und Behandlung.
Etwaige geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass es sich um freie Warennamen handelt.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.
Vorwort
1Die PeBeM ist nur ein Teil des GVWG
1.1Die Behandlungspflege im Heim wird gezahlt
1.2Verpflichtende Modellvorhaben zur Übertragung ärztlicher Tätigkeiten
1.3§ 113c Personalbemessung
2Qualifikationsniveaus und die Zuordnung der Arbeit
2.1Das PflBG - ein Meilenstein für die Professionalisierung der Pflege
2.1.1Der schwierige Weg zur Profession
2.1.2§ 4 – Vorbehaltsaufgaben für die Fachpflege
2.2PeBeM und QN – Herausforderung und Chance für den Personaleinsatz
2.2.1Qualifikationsmix
2.2.2Zum interdisziplinären Team im Alltag werden
2.2.3Eine neue Kultur der Zusammenarbeit aufbauen
2.3Potenziale entdecken
2.3.1Das Problem der verengten Aufmerksamkeit
2.3.2A-B-C-D-Typen nutzen
2.3.3Schlüsselpersonen erkennen
2.3.4Kompetenzen entdecken und entwickeln
2.4Die Qualifikationsniveaus – Die Pflegesituation entscheidet
2.5Fachaufsicht und übergreifendes Arbeiten
2.5.1Delegation
2.5.2Stellenbeschreibungen
3Was ist die PeBeM und wo setzt sie an?
3.1Die Ausgangslage
3.1.1 Mit PeBeM gelang der Durchbruch
3.2Das Ergebnis: PeBeM
3.2.1Der Interventionskatalog
3.2.2Die strategischen Ziele der PeBeM
3.2.3Qualitätsanforderungen der PeBeM
3.2.4Die drei zentralen Dimensionen der Leistungserbringung
3.2.5Der Praxistest in Modelleinrichtungen
3.2.6Auswirkungen der PeBeM
3.2.7Grundelemente des Verfahrens und ihre Verknüpfung
3.2.8Verknüpfung der SOLL-Zeiten, -Mengen und -Qualifikation in der PeBeM
3.3 Das BI und sein Hintergrund
3.3.1Das BI als Justierung der QI
3.3.2Das Begutachtungsinstrument als Justierung Qualifikationsniveaus (QN)
3.3.3Formel zur Berechnung des Qualifikationsniveaus
4Die neue PeBeM stellt alles auf den Kopf
4.1Die aktuellen Versorgungsstrukturen in Einrichtungen
4.1.1Wir arbeiten wie vor 40 Jahren
4.1.2Funktionale Pflege wurzelt in der »Totalen Institution«
4.1.3Biografie- und lebensweltorientierte Pflege stellt das Individuum in den Fokus
4.1.4Vom Objekt zum Subjekt – Personorientierung
4.1.5Leitideen einer lebensweltorientierten Pflege: Vertrautheit, Autonomie und Partizipation
4.1.6Ein neues Pflegeverständnis: Die Pflegecharta
4.1.7Arbeiten, wie es das 3. Jahrtausend verlangt
4.2Die Hierarchie abflachen
4.3Abläufe und Organisation aufbrechen
5Weg mit dem Schichtsystem – Her mit flexiblen Arbeitszeiten
5.1Herkömmliche Arbeitszeitmodelle
5.1.1Die 5-Tage-Woche
5.1.2Die 5,5-Tage-Woche
5.1.3Die 6-Tage-Woche
5.2Neue Arbeitszeitmodelle müssen her
5.2.17/7-Tage-Schicht
5.2.2Die 3,5-Tage-Woche
5.2.3So viele Arbeitszeitmodelle wie Mitarbeitende
6Neue Vergütungsverhandlungen – neue Mitarbeiterzahlen
6.1Das aktuelle Vergütungssystem ist unsinnig
6.2Die PeBeM ist kein Wunschkonzert
6.3Ist die Fachkraft das einzig Wahre in der Pflege?
7Das Zusammenspiel im Alltag organisieren
7.1Klassiker neu aufbereitet: Stecktafel und Tourenplanung
7.1.1 Arbeitsabläufe
7.2Wie eine Stecktafel entstehen kann
7.3So wird’s rund mit der PeBeM
8Mitarbeitende finden, binden und beteiligen
8.1Mitarbeitende finden
8.1.1Positionieren Sie Ihr Unternehmen
8.1.2Ganz entscheidend – der erste Eindruck
8.1.3Eindeutig und zielgruppengerecht kommunizieren
8.1.4Individualität ist das Zauberwort
8.1.5Der Arbeitsalltag als Prüfstein für die Personalakquise
8.1.6Personalakquise mit den richtigen Instrumenten
8.2Mitarbeitende binden
8.2.1Arbeitszufriedenheit und was sie ausmacht
8.2.2Studienergebnisse sind eindeutig
8.2.3Zufriedene Mitarbeitende sichern die Zukunft
8.3Mitarbeitende beteiligen
8.3.1Lebendigkeit entfesseln: Im PeBeM-Prozess gelingt es!
8.3.2Mit aktivem Mindset der Zukunft entgegen!
8.3.3Wofür? Warum? Die Frage nach dem Sinn
8.3.4Flow – So nehmen Sie Ihr Team mit
9Prozesse und Projekte stabil gestalten – Krisen früh erkennen
9.1Prozesse können kippen
9.1.1 Neuanfang oder aufgeben? Aus Fehlern lernen
9.2Zum Nachmachen: Kriterien für Ihr erfolgreiches Projekt
9.2.1 Immer dranbleiben
10Geteilte Verantwortung im neuen Team
10.1Beziehungsbasierte Pflege
10.2Die potenzialorientierte Organisation
10.3Die Fachkraft 2.0 – Auf der Suche nach einem Phantom?
10.3.1Die Aufgaben im QN 4
10.3.2Breites Aufgabenprofil erfordert individuelle Unterstützung
10.3.3Berufsanfänger bedürfen der besonderen Sorgfalt
11Veränderungen – kein Hexenwerk
11.1Agil sein heißt: auf den Wellen der Veränderung surfen
11.2Selbstorganisation und Teams ins Zentrum rücken
11.2.1 So sind Sie wirksam
11.3Immer dem Prozess voran: lernend nach vorn gehen
11.3.1Mit PER zum Erfolg
11.3.2Rechtzeitig scheitern
11.3.3Testphasen und Rückschläge als Lernschleifen
11.3.4Nichts ist so flüchtig wie eine gute Idee, die nicht dokumentiert ist!
12So gehen Sie JETZT auf den PeBeM-Weg
12.1Unterschiedliche Lernzugänge für unterschiedliche Lerntypen
12.2Wir haben da mal was vorbereitet
12.2.1 Das Vorgehen im Einzelnen
Literatur
Register
Lange haben wir darauf gewartet: auf eine einheitliche Personalbemessung. Schluss mit dem chronifizierten Mangel, dem Druck und den nicht nachvollziehbaren, wie willkürlich gewählten Personalschlüsseln und Fachkraftquoten. Wie lässt es sich plausibel erklären, warum Berlin eine Fachkraftquote von 1 : 52 hat und der Rest der Republik eine Fachkraftquote von 1 : 50? Warum wird in Bayern nachts eine Fachkraftquote von 1 : 40 verlangt, in anderen Bundesländern, z. B. Rheinland-Pfalz, 1 : 60? Ist das logisch? Nein.
Und dies soll sich mit der PeBeM ändern. Dank Rothgangs Verfahren zur Personalbemessung (PeBeM) von der Uni Bremen. Ein kluges, wissenschaftlich fundiertes, an unseren professionellen Werten orientiertes Verfahren kam da in die Pflegewelt. Die Personalbemessung (PeBeM) ist Bestandteil des GVWG (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz) vom 11. 07. 2021.
Eines ist klar: PeBeM stellt die Pflege in positiver Weise auf den Kopf! Nicht nur, dass Personal erstmals einheitlich bemessen werden soll, die Einrichtungen können ihren Bedarf professionell selbst ermitteln. Wie Rothgang & Co im Abschlussbericht angemerkt haben, soll dies ohne bürokratischen Aufwand geschehen1. Das heißt nicht, dass es leicht wird. Personal zu bemessen bedeutet nicht nur Rechnen und Formeln anwenden, sondern ganz viel Neujustierung in Haltung, Köpfen und Herzen.
Es ist in jeder Hinsicht Zeit für den Umbruch – weg von der im Vordergrund stehenden Versorgung hin zu Orten des prallen Lebens, wo Pflegebedürftige Sinn und Lebendigkeit erfahren, selbstbestimmt sein können und sich nicht dem System der Routinen unterzuordnen haben. Das ist eine Chance für Ihre Mitarbeitenden! Sie werden mit mehr Arbeitszufriedenheit aus diesem Veränderungsprozess hervorgehen: stolz, gut vernetzt in den Teams und auf Augenhöhe.
Es ist eine gemeinsame Anstrengung aller erforderlich, damit Pflege so wird, wie sie sein soll: »Pflege soll Freude machen, denen, die sie erhalten, denen, die sie erbringen, und denen, die sie zur Aufrechterhaltung unserer sozialen Kultur finanzieren«, sagte Thomas Klie in einem Vortrag. Wir stimmen dem zu und nehmen Sie in diesem Buch mit auf die Reise in eine gelingende Zukunft.
Uelversheim, Januar 2024Jutta König
Essen, Januar 2024Karla Kämmer
Info
Die Vorlagen für
• Verlust/Risikoindex
• Erfassungslisten für Teammitglieder
• Excel-Formular für die Tourenplanung
• Checkliste Inkontinenzprodukt/Ausscheidung
• Checkliste Lagerungsrhythmus
• Toolbox zur Arbeitgeberattraktivität
• Muster und Anregungen zu Stellen- und Aufgabenbeschreibungen
• Leitfaden und Vordrucke für die QN-Kompetenzgespräche
erhalten Sie bei den Autorinnen:
Jutta König
Am Schmittrain 5
55278 Uelversheim
Tel. 06249/803838-7
Fax 06249/803838-8
Mobil 0172/682 21 20
www.pflege-prozess-beratung.de
Karla Kämmer
Virchowstraße 30
45147 Essen
Tel. 0201/703734
Fax 0201/701352
https://kaemmer-beratung.de/
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1 Vgl. Rothgang H (2020a): Abschlussbericht im Projekt Entwicklung und Erprobung eines wissenschaftlich fundierten Verfahrens zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in Pflegeeinrichtungen nach qualitativen und quantitativen Maßstäben gemäß § 113c SGB XI (PeBeM), Bremen. https://media.suub.uni-bremen.de/handle/elib/4497
Dass das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) vom 11. 07. 2021 nicht nur ein Reförmchen von vielen in den letzten Jahren werden sollte, war vielen nicht klar. Umso überraschter waren sie, als das GWVG wie ein Paukenschlag über die Pflegelandschaft dröhnte.
Eine gute Änderung für alle Pflegeheimbetreiber wird die Änderung des § 37 bringen. Dort heißt es im Absatz 2a: »Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an denKosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschbetrag von 640 Millionen Euro ….« Das soll zunächst für drei Jahre gelten und wird dann evaluiert.
Erstmals seit Einführung der Pflegeversicherung wird sich die Krankenversicherung an den Heimkosten beteiligen. Das ist auch bitter nötig, denn die Pflegeversicherung ist knapp bei Kasse. Das Bundesministerium veröffentlichte im April 2022 in ihren Zahlen und Fakten ein Minus für das Jahr 2021 von 1,35 Mrd. Euro. Die GKV sprach im März 2022 von rund 3,5 Mrd. Euro Defizit.2
Die Spanne zwischen den neu hinzukommenden Pflegebedürftigen und den Beitragszahlern ist zu hoch. Die Zahl der Pflegebedürftigen hat sich in nur neun Jahren, von 2021 bis 2021, verdoppelt, von 2,3 Mio. auf 4,6 Mio. Die Zahl der Beitragszahler hingegen stieg nur schwach, von 42 Mio. im Jahr 2012 auf 44 Mio. in 20213. Mit der bis dato gültigen Finanzierungsart und -höhe (Beiträge aus Lohn, Rente etc.) kann die Pflegeversicherung nicht überleben. Zwar war die Pflegeversicherung immer wieder mal so gut wie pleite, aber dann hat immer wieder ein Ministerium die Beiträge erhöht oder in andere Trickkisten gegriffen. Und wir glauben, aktuell traut sich niemand im Bundesministerium, den Pleitegeier öffentlich zu machen und die Pflegeversicherung finanziell auf neue Füße zu stellen.
Gut, dass man künftig die Behandlungspflege in Teilen und vermutlich pauschal (hierüber lag bei Redaktionsschluss des Buches noch keine Einigung vor) von der Krankenversicherung zahlen lassen will. So erhalten die Träger mehr Geld und müssen nicht zwangsläufig in neue Vergütungsverhandlungen wegen der Tariftreue oder der Personalbemessung.
Im § 64 d verpflichtet der Gesetzgeber die Kranken- und Ersatzkassen jedes Bundeslandes dazu, mindestens ein Modellprojekt zu starten, welche ärztlichen Tätigkeiten unter welchen Umständen an welches Personal übertragen werden können. Dass jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kocht, ist einerseits eine Katastrophe, weil es dann schließlich 16-mal so viel Geld kostet, irgendetwas zu erproben. Anderseits könnte es sein, dass sich die Kassen der einzelnen Bundesländer einen Wettkampf liefern, von dem wir alle in der Pflegelandschaft profitieren können. Es ist längst an der Zeit, die alten Zöpfe abzuschneiden. Dass man als examinierte Kraft den Arzt fragen muss, welche Schmerzsalbe auf das Knie soll oder was zum Abführen gut wäre etc., ist schlicht überholt. Zudem könnten viele Arztbesuche überflüssig werden, was insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Gebieten ein riesiger Vorteil wäre.
Neben den oben genannten wichtigen Änderungen im GVWG ist das zentrale Thema der Zukunft der neu gefasste § 113 c SGB XI, die Personalbemessung (PeBeM). Die PeBeM wird die Altenhilfe neu definieren. Was in der stationären Langzeitpflege ab 2023 stufenweise Realität wird, wird in Krankenhäusern noch bis 2024 erprobt. Danach soll in acht Leistungsstufen (vier in der Grundpflege und vier in der Spezialpflege) der Personalbedarf in Minuten bemessen werden. Krankenhäuser, die ab 2025 die Personalbemessung nicht durchführen, sollen sanktioniert werden4.
Ab dem 01. 07. 2023 wird die PeBeM stufenweise eingeführt. Wer danach eine Vergütungsverhandlung mit den Pflegekassen führen möchte, muss seine Personalbemessung darlegen. Es wird nicht wie in den vergangenen fast drei Jahrzehnten ein wie auch immer gearteter Personalschlüssel angewendet, sondern ein hauseigener. Und weil nicht alle Einrichtungen gleich zum 01. 07. 2023 ihre Entgelte neu verhandeln werden, wird sich die Umsetzung der PeBeM für alle fast 16.000 stationären Pflegeeinrichtungen5 noch etwas hinziehen.
Spätestens ab 2025 ist es dann so weit: Deutschland hat erstmals eine einheitliche Pflegepersonalbemessung.
Endlich erhält die Pflege das, was sie sich wünscht: eine angemessene Personalbemessung. Und obwohl wir in der Pflege schon so lange auf eine sinnvolle und weniger abstrakte Lösung zur Personalermittlung warten, werden die Skeptiker nicht müde zu behaupten, das sei ein Bürokratiemonster, die Prüfbehörden könnten nicht mehr richtig prüfen, die Einrichtungen, Mitarbeiter*innen und Klient*innen hätten keinen entscheidenden Vorteil.
Aus unserer Sicht ist alles besser als der jetzige Zustand, bei dem es 16 Bundesländer und deren unlogische, nicht validierte Art der Personalbemessung nach Pflegegraden und fixen Zahlen gibt. Jeder in der Pflege weiß, dass die Pflegegrade nichts mit Aufwand zu tun haben. Ein Klient mit Pflegegrad 5, der weitgehend bettlägerig ist, macht nicht viel Arbeit. Anders ist es bei Klient*innen, die ungeteilte Aufmerksamkeit durch die Mitarbeitenden benötigen; die ständig klingeln oder Menschen mit Demenz, die ihren Bedarf nicht immer äußern können.
FazitWillkommen in der Zukunft!
Freuen Sie sich mit uns auf die neue Personalbemessung und den Aufbruch in ein neues Zeitalter der Pflege!
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2 https://www.hausarzt.digital/politik/kbv-und-kven/pflegeversicherung-355-milliarden-euro-im-minus-46145.html
3 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3267/umfrage/anzahl-der-erwerbstaetigen-in-deutschland-seit-dem-jahr-1991/
4 Mainzer Allgemeine Zeitung Rheinhessen 08. 07. 2022: »Bundesregierung will gute Pflege definieren«
5 Vgl. BMG (2022): Zahlen und Fakten zur Pflegeversicherung, April 2022
Das Pflegeberufegesetz (PflBG) ist seit dem 01. 01. 2020 in Kraft. Es legt das Zusammenspiel der unterschiedlichen Mitarbeitergruppen in der Pflege, ihre Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortlichkeiten und Rollen neu fest.
Die zentrale Verantwortung der Profession ist die selbstständige, umfassende und prozessorientierte Pflege gem. § 5 sowie § 7 PflBG.
Was bedeutet das?
Pflege ist jetzt als eigene Profession anerkannt. Ihre Aufgabe ist die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung der Bevölkerung. Sie trägt die Verantwortung, die pflegerischen Bedarfe der Bevölkerung zu erfassen. Es geht um alle Altersgruppen – Kinder und Jugendliche, Erwachsene und alte Menschen – in ihren konkreten Lebenssituationen, mit ihren jeweiligen sozialen, kulturellen und religiösen Hintergründen sowie ihrer sexuellen Orientierung. Der Gesetzgeber überträgt Pflegefachpersonen eigenständige Verantwortungsbereiche.
Es geht darum, das hohe Vertrauen der Bevölkerung in die Pflege bei zunehmender Aufgabenmenge in einer Gesellschaft des langen Lebens nachhaltig zu sichern. Derzeit rangiert die berufliche Pflege gleich hinter der Feuerwehr ganz oben im Ansehen der Bürger*innen. Im Langzeitpflegebereich vertrauen sie ihr mehr als Ärzt*innen. Als Profession verfügt Pflege über eine eigenständige theoretische Basis und eine eigene logische Handlungsstruktur.
Professionalität in der Pflege bedeutet, es gibt wissensbasiertes Regelwissen und hermeneutisches Fallverstehen zur Aushandlung von Zielen und Maßnahmen mit dem zu Pflegenden.
Was ist darunter zu verstehen?
Wissensbasiertes Regelwissen meint: Forschung, eigene Studiengänge, Aus-, Fortund Weiterbildung in eigener Hand, Standardentwicklung für berufliches Handeln – kurzum: eine eigene und nachvollziehbare Wissensbasis für Pflege, endlich auch in Deutschland.
Gerade in Westdeutschland hatte es die Pflege mit ihrer Professionalisierung schwer, obwohl es schon seit 1903 eine eigene Berufsorganisation (gegründet von Agnes Karll) mit internationaler Vernetzung gab. Deutschland war damals ganz vorn dabei. Ging es doch darum, den »freien« (d. h. nicht kirchlich oder verbandlich gebundenen) Pflegenden eine Absicherung – berufliche Rechte, Wohnraum und eine Altersversorgung – zu erkämpfen. Schon 1907 wurde die erste Prüfungsordnung für Krankenschwestern erlassen, die eine geordnete Ausbildung mit Prüfung vorsah. In der Weimarer Republik konnte sich der Pflegeberuf weiter professionalisieren. Politisch als Berufsgruppe nicht geeint, wurde die professionelle Aufbauarbeit der beruflichen Pflege in den Jahren des Nationalsozialismus zerschlagen.
Eine »Rolle rückwärts« kam dann in der jungen Bundesrepublik: Statt an die emanzipatorischen Errungenschaften vom Beginn des Jahrhunderts anzuknüpfen, unterstellte die konservative politische Regierung die Pflege wieder den Ärzt*innen. Erst Ende 1980 wurden dank vieler Eigeninitiativen der Pflegenden und internationaler Kontakte die ersten Praxisprojekte der Pflegeforschung entwickelt. Zu Beginn der 1990er Jahre setzte die Akademisierung der Pflege in Deutschland ein.
Im Ausland hat es Rückschläge in dieser Form nicht gegeben. In Kanada, England, Australien und Schweden kommt den professionell Pflegenden z. B. bereits eine zentrale und gleichberechtigte Stellung unter den Heilberufen zu. Diese Stellung ist mit rechtlicher Verantwortung verbunden.
Der Gesetzgeber hat in § 4 PflBG Vorbehaltsaufgaben für die Fachpflege definiert und geregelt. Dabei steht die pflegerische Tätigkeit selbst nicht unter Vorbehalt, aber die Verantwortung für die Gestaltung und die Evaluation des Pflegeprozesses. Die vorbehaltenen Tätigkeiten sind Chance und Herausforderung für die stationäre Langzeitpflege. So wie Ärzt*innen eine Diagnose stellen, stellen die Pflegekräfte den fachpflegerischen Unterstützungsbedarf fest:
• Wo bestehen gesundheitliche Einschränkungen?
• Was sind die Bedürfnisse und Bedarfe der pflegebedürftigen Person? Hier kommen auch hermeneutische, d. h. sinnverstehende und deutende Kompetenzen zum Einsatz, z. B. bei Menschen mit Demenz.
• Wo gilt es, weiteren Erkrankungen präventiv vorzubeugen?
• Wie kann die Selbstsorgefähigkeit gestärkt, wo können Rehabilitationspotenziale genutzt werden?
• Wie kann durch die Pflege ein Beitrag dazu geleistet werden, dass Menschen auch mit einem dauerhaften Pflegebedarf ein gutes Leben führen können, bis zuletzt?
Diese Fragen liegen in der Verantwortung der Pflegefachfrauen und -männer, wie sie nun genannt werden.
Gesetz über die Pflegeberufe (Pflegeberufegesetz – PflBG)
§ 4 Vorbehaltene Tätigkeiten
(1) Pflegerische Aufgaben nach Absatz 2 dürfen beruflich nur von Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 Absatz 1 durchgeführt werden. Ruht die Erlaubnis nach § 3 Absatz 3 Satz 1, dürfen pflegerische Aufgaben nach Absatz 2 nicht durchgeführt werden.
(2) Die pflegerischen Aufgaben im Sinne des Absatzes 1 umfassen
1.die Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs nach § 5 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a,
2.die Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses nach § 5 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b sowie
3.die Analyse, Evaluation, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege nach § 5 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe d.
(3) Wer als Arbeitgeber Personen ohne eine Erlaubnis nach § 1 Absatz 1 oder Personen, deren Erlaubnis nach § 3 Absatz 3 Satz 1 ruht, in der Pflege beschäftigt, darf diesen Personen Aufgaben nach Absatz 2 weder übertragen noch die Durchführung von Aufgaben nach Absatz 2 durch diese Personen dulden.
Der Gesetzgeber bezieht den Aufgabenvorbehalt auf den Pflegeprozess als professionsspezifische analytische Arbeitsmethode der Pflege. Sie ist das zentrale »Arbeitswerkzeug« professioneller Pflege, ohne das Pflege nicht funktionieren kann. Mit dieser Regelung sollen die Pflegequalität allgemein sichergestellt und auf Pflege angewiesene Menschen vor unsachgemäßer Pflege geschützt werden.
Info
Mit den Vorbehaltsaufgaben wird der Pflege ein definiertes Aufgabenfeld zugewiesen, in dem beruflich Pflegende umfassende Verantwortung tragen, autonom entscheiden und handeln.
Die Vorbehaltsaufgaben gelten ausschließlich für ausgebildetes Pflegefachpersonal, also für alle nach dem PflBG ausgebildeten Pflegefachfrauen und -männer, egal ob sie die berufliche Ausbildung oder das Studium absolviert haben. Kolleg*innen mit »alten« Berufsabschlüssen nach dem Kranken- oder Altenpflegegesetz haben einen Bestandsschutz, bei der Kinder- und Altenpflege zunächst mit der Einschränkung auf Klient*innen ihrer Zielgruppe und die jeweilige Altersgruppe. Ausnahmen sind möglich.
Die Vorbehaltsaufgaben dürfen von Pflegefachhelfer*innen und allen anderen Assistenzqualifikationen nicht ausgeübt werden. Wenn Angehörige oder Assistenzkräfte pflegen, gilt: Die Pflegefachkräfte haben immer dafür Sorge zu tragen, dass der Pflegeprozess so gestaltet wird, dass die mit dem auf Pflege angewiesenen Menschen vereinbarten Ziele bestmöglich erreicht werden können. Dies geschieht über die Steuerung des Pflegeprozesses: Pflegeassessment, Pflegeplanung, Pflegeevaluation.
Das Zusammenspiel im Qualifikationsmix muss optimal organisiert sein. Das geschieht durch eine beziehungsbasierte und potenzialorientierte Herangehensweise (Kap. 9.1 und Kap. 9.2), eng abgestimmt mit anderen Gesundheitsberufen und v. a. immer in Aushandlung mit dem auf Pflege angewiesenen Menschen. Es werden auch Aufgaben der Heilkunde übertragen. Mit der Verordnung von Pflege- und medizinischen Hilfsmitteln ist das schon geschehen.
Die Fachlichkeit soll aus der Perspektive der spezifischen Lebenssituation multimorbider älterer Menschen und in Anbetracht ihrer Lebenszeit geleistet werden. Primär geht es darum, in einer begrenzten und durch große Verletzlichkeit gekennzeichneten Lebensspanne eine hohe individuelle Lebensqualität zu fördern. Dies geschieht in Anpassung an das Hospiz-Prinzip »Den Tagen Leben geben«. Prävention, Prophylaxen, Aktivierung und Risikomanagement werden mit dem Ziel durchgeführt, einer Einschränkung der Lebensqualität vorzubeugen.
Um sicherzustellen, dass die Pflegekräfte ihrer alten und neuen Verantwortung auch tatsächlich gerecht werden können, werden die Weiterbildungs- und Fortbildungsverpflichtungen für bestimmte Aufgaben geregelt. Dazu wurden in manchen Bundesländern Pflegekammern eingerichtet bzw. in Bayern die Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) geschaffen. Sie haben die Aufgabe, die beruflichen Belange der Pflegenden zu fördern und unter Beachtung der Interessen der Bevölkerung zu überwachen.
FazitVorbehaltsaufgaben
Vorbehaltsaufgaben decken jenen Bereich ab, in dem beruflich Pflegende unersetzbar sind. Sie sind von größter Bedeutung für unsere Profession und deren Entwicklung.
Vorbehaltsaufgaben zielen darauf ab, die Selbstständigkeit in der Lebensführung wiederherzustellen, zu erhalten und zu fördern. Pflege unterstützt bei der Bewältigung der individuellen Folgen von Krankheit, Behinderung und Pflegebedürftigkeit.
Das Handwerkszeug dafür ist der Pflegeprozess.
1.Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs: Der erste Schritt im vierstufigen Pflegeprozess umfasst die klassische Pflegeanamnese, kann aber auch noch weitere Informations- und Datensammlungen beinhalten. Und meint natürlich die Beschreibung des Versorgungsbedarfs.
2.Pflegeplanung: Die verbindliche Festlegung konkreter Pflegemaßnahmen aus den Aufgabenfeldern der Pflege. Ärztlich veranlasste Maßnahmen gehören hier nicht dazu, sind aber natürlich sinnvoll zu integrieren.
3.Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses: Damit ist die Gesamtverantwortung für den Pflegeprozess gemeint; beinhaltet auch Aspekte der Delegation von Tätigkeiten, der Dokumentation und Koordination mit medizinischen und therapeutischen Maßnahmen.
4.Analyse, Evaluation, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege: Bezieht sich nur auf die Steuerung der Qualität der Pflege im Einzelfall, d. h. also Bewertung der Wirksamkeit von Maßnahmen und eventuelle Anpassungen der Planung oder Interventionen für die konkrete Pflegesituation.
Das Pflegemanagement sorgt dafür, dass der absolute Aufgabenvorbehalt eingehalten wird und nur entsprechend qualifiziertes Pflegefachpersonal diese Aufgaben durchführt. Es trägt die Verantwortung, die dafür erforderliche Fachkompetenz und kommunikativen Fähigkeiten bei den Pflegefachpersonen sicherzustellen oder zu entwickeln. Hieraus erwächst insbesondere für die direkten Vorgesetzten eine unmittelbare Sicherstellungsverantwortung. Diese bezieht sich auch auf die Veränderung der Alltagspraxis in puncto Struktur, Dienstplangestaltung und Organisation der Arbeitsabläufe.
Pflegeheime dürfen weder aktiv veranlassen noch passiv dulden, dass Vorbehaltsaufgaben von Nicht-Pflegefachkräften übernommen werden. Verstöße sind gem. § 37 Abs. 1 Nr. 3 PflBG als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld belegt.