Altenpflege am Limit - Zeit für neue Strategien - Jutta König - E-Book

Altenpflege am Limit - Zeit für neue Strategien E-Book

Jutta König

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Beschreibung

Die Langzeitpflege steht vor noch nie dagewesenen Herausforderungen, die sowohl ihre Struktur als auch ihre Praxis grundlegend verändern. Dieses Buch bietet Führungskräften in der Langzeitpflege die Werkzeuge, um diese komplexen Herausforderungen erfolgreich zu meistern: 1. Persönliche Resilienz: Entwickeln Sie die Stärke und Widerstandskraft, die Sie brauchen. 2. Führungs- und Organisationskompetenz: Erwerben Sie die Fähigkeiten, um als Führungskraft und Organisationsverantwortliche effektiv zu agieren. 3. Dienstleistungsqualität: Erbringen Sie für Ihre Klient*innen Dienstleistungen auf höchstem Niveau. 4. Mitarbeitermotivation und -bindung: Inspirieren und binden Sie Ihre Mitarbeitenden nachhaltig. Dieses Buch ist ein Powerpack, das Ihnen in schwierigen Zeiten Motivation und Erfolg garantiert. Die praxisnahen Inhalte und Methoden sprechen sowohl junge als auch erfahrene Führungskräfte an.

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Seitenzahl: 313

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Karla Kämmer ist Gesundheits- und Krankenpflegerin und Altenpflegerin, Dipl. Sozialwissenschaftlerin, Dipl. Organisationsberaterin, Speaker und Erwachsenenbildnerin, Lösungsorientierter Coach, Spezialistin für Umsetzungsprozesse, für Konflikt- und Krisenregulierung, Aufarbeitung von Gewaltdelikten, Motivationstrainerin und Master in Mindful Leadership.

Jutta König ist Altenpflegerin, Pflegedienst- und Heimleitung, Wirtschaftsdiplombetriebswirtin Gesundheit (VWA), Sachverständige bei verschiedenen Sozialgerichten im Bundesgebiet sowie beim Landessozialgericht in Mainz, Unternehmensberaterin, Dozentin in den Bereichen SGB XI, SGB V, Heimgesetz und Betreuungsrecht.

»Wer die Herausforderungen nicht anpackt, wird am Markt nicht bestehen.«

KARLA KÄMMER

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-8426-0919-8 (Print)

ISBN 978-3-8426-9232-9 (PDF)

ISBN 978-3-8426-9233-6 (EPUB)

Originalausgabe

© 2025 Schlütersche Fachmedien GmbH

Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover

[email protected]

www.schluetersche.de

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in diesem Buch gelegentlich die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich Personenbezeichnungen gleichermaßen auf Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts sowie auf Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen. Autorinnen und Verlag haben dieses Buch sorgfältig erstellt und geprüft. Für eventuelle Fehler kann dennoch keine Gewähr übernommen werden. Weder Autorinnen noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus in diesem Buch vorgestellten Erfahrungen, Meinungen, Studien, Therapien, Medikamenten, Methoden und praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen. Insgesamt bieten alle vorgestellten Inhalte und Anregungen keinen Ersatz für eine medizinische Beratung, Betreuung und Behandlung.

Etwaige geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass es sich um freie Warennamen handelt.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.

Lektorat: Claudia Flöer, Text & Konzept Flöer

Covermotiv: Mongkol – stock.adobe.com

Inhalt

1Einleitung

2Ein »Weiter so« ist zum Scheitern verurteilt

2.1Mitarbeitende brauchen eine andere Arbeitswelt

2.1.1Pflegearbeitsplatz mit Zukunft – Die Studie und ihre Ergebnisse

2.2Pflegebedürftige verdienen eine andere Lebenswelt

2.3Setzen Sie auf Dienstleistungsorientierung

3Reformen oder Kernsanierung?

3.1Finanzierungsmodelle

3.2Positionspapier des DVLAB

3.3Personalmangel – Forderungen des Deutschen Pflegerats

4Unsere praktische Lösungsstrategie: Die JETZT!-Strategie

4.1Und JETZT! legen wir los!

4.1.1Wege aus der Funktions- und Institutionsfalle

4.1.2Wege zu New Work

4.1.3Wege zu New Leadership

5Die Funktions- und Institutionsfalle – So kommen Sie raus

5.1Die Wurzeln der Heime liegen in der Totalen Institution

5.2Der Paradigmenwechsel

5.3Die Herausforderung: Umdenken!

5.4Bauen Sie eine zukunftsorientierte Expertise auf und setzen Sie sie handlungsleitend im Alltag um

5.4.1Stand des Wissens: Eine Person mit Pflegebedarf ist stets als Subjekt zu betrachten und die Interventionen sind entsprechend auszurichten

5.5Krempeln Sie die Ablauforganisation um

5.5.1Beziehungs- und kompetenzorientierte Einsatz- und Ablaufplanung

5.5.2Gehen Sie weg vom flurbereichsbezogenen Arbeiten

5.5.3Her mit Tourenplanung

5.6Die Personaleinsatzplanung

5.6.1Die kompetenzorientierte Einsatzplanung

5.6.2Her mit neuen Arbeitszeitmodellen

5.6.3Das Ende des Dreischichtsystems

5.6.4Die 7/7-Tage-Schicht

5.6.5Die 3,5-Tage-Woche

5.6.6Die 4-Tage-Woche

5.6.7Springerdienste

5.6.8Ersetzen Sie Personal niemals 1:1

5.6.9Die Lösung zu Arbeitszeitmodellen

5.7Justieren Sie die Aufbauorganisation neu

5.7.1Überdenken Sie die Wohnbereichsleitungen

5.7.2Bauen Sie Expertennetze auf

5.7.3Steuern mit Gruppen und Teams

6New Work – das Mindset: Offenheit für Veränderungen

6.1Gute Lösungen gab es schon immer

6.2Veränderung macht Angst …

6.2.1Zwischen Selbst- und Fremdbestimmung

6.2.2Stärken Sie die Veränderungskompetenz

6.2.3Schritt für Schritt zu nachhaltigen Lösungen

6.2.4So fördern Sie nachhaltige Lösungen im Change-Prozess

6.2.5So bleiben Sie stark und gesund in Veränderungsprozessen

6.3Die praktische Personalentwicklung

6.3.1Der große Irrtum: Die eierlegende Wollmilchsau

6.3.2Strukturieren Sie: Vorbehaltsaufgaben umsetzen

6.3.3Bauen Sie Berufsstolz auf

6.3.4Wissensmanagement und die lernende Organisation

6.3.5Wissensmanagement – was, wann, wie, womit?

6.3.6Vor dem Onboarding kommt das Preboarding

6.3.7Kontinuierliche Wissensarbeit

6.3.8Lust auf Lernen: Der Mix macht’s

7New Work – Neues Lernen

7.1Peer Learning

7.1.1Potenziale des Peer Learnings

7.2So begeistern Sie Mitarbeitende auf neuen Wegen

7.3New Work – agil führen

7.3.1Agiles Arbeiten erfordert eine entsprechende Haltung

7.3.2Agiles Führen sprengt Fesseln

7.3.3Agile Prinzipien anwenden – Was heißt das?

7.4Das Manifest – agil, werteorientiert und top-organisiert

7.4.1Praktisches Beispiel

7.4.2Agil oder klassisch – wann wie vorgehen?

7.4.3Das agile Tool-Set

7.4.4Das agile Skill-Set – Das »Können« lernen

7.5Rechnen Sie mit Widerstand – und gehen Sie damit um

7.5.1So lösen Sie Konflikte

7.5.2So lösen Sie Konflikte im Change

7.5.3Suchen Sie sich Unterstützer

8New Work – Mitarbeitende finden

8.1Führen Sie die Generationen individuell

8.1.1Auszubildende

8.1.2Baby Boomer

8.2Finden und binden Sie Mitarbeiter

8.2.1Andere Boni müssen her

8.2.2Schaffen Sie Alleinstellungsmerkmale in Sachen Boni für Mitarbeitende

8.2.3Positionieren Sie Ihr Unternehmen als Marke

8.3Machen Sie einen guten ersten Eindruck

8.3.1Kommunizieren Sie zielgruppengerecht

8.3.2Beachten Sie: Jeder Mitarbeiter ist ein Individuum

8.3.3Storytelling: Verpacken Sie Informationen in spannende Geschichten

8.4Der Arbeitsalltag – Was wahr ist, sollte auch ausgesprochen werden

8.4.1Personalakquise vor der Haustür

8.4.2Personalakquise mit den richtigen Instrumenten

9New Work – Mitarbeitende binden

9.1Arbeitszufriedenheit und was sie ausmacht

9.2Zufriedene Mitarbeitende sichern die Zukunft

9.2.1Vertiefung und weitere Hilfen nutzen

9.3Die Zukunft hat begonnen

9.3.1Digitalisierung, Technik und KI

9.3.2Servicerobotik

9.3.3Pflegetechnik

9.3.4Vertiefendes Wissen/Weiterführende Informationen

10New Leadership – Gestalten Sie die Übergänge gemeinsam

10.1New Leadership implementieren

10.2Was macht New Leadership aus?

10.3Basics – Selbstmanagement, Authentizität und Präsenz

10.3.1Selbstmanagement

10.3.2Authentizität

10.3.3Präsenz

10.3.4Vertrauen im Dialog

10.4Teamarbeit neu denken

10.4.1Wieso Teamentwicklung im Change Prozess ein Erfolgsfaktor ist

10.4.2Was braucht ein Team, um einen Change-Prozess erfolgreich umzusetzen?

10.4.3Charakteristika selbstorganisierter Teams

10.4.4Die richtige Teamgröße und Zusammensetzung

10.5Rollengerecht führen – zwischen Tagesgeschäft und Vision

10.5.1Das Ruder situativ in der Hand behalten – Positionen bedarfsgerecht neu ausgestalten

10.6New Work meets Erfahrung: Königsdisziplin der Verbindung

10.6.1Die andere Wahrnehmungs- und Handlungswelt verstehen

10.6.2Tipps für Ihre Praxis

10.6.3So bringen Sie alle Generationen auf die Überholspur

Literaturverzeichnis

Register

1 Einleitung

Sie wollen sich mit Ihrer Einrichtung zukunftsfest neu erfinden? Das ist absolut richtig, denn die Altenpflege ist am Limit. Es ist Zeit für Neues: Die Zukunft ist gekennzeichnet durch vier Megatrends (Abb. 1), die Ihre Arbeit beeinflussen:

1. extremer Wissenszuwachs,

2. Digitalisierung,

3. fortschreitende Globalisierung und

4. demografischen Wandel.

Sie sind auch in Ihrem Berufsfeld gezwungen, sich mit diesen Trends aktiv auseinander zu setzen.

Abb. 1: Die Megatrends, die unsere Arbeit beeinflussen.

Dieses Buch haben wir geschrieben, damit es Ihnen besser geht in Ihrer verantwortlichen Rolle. Hier stehen Sie im Mittelpunkt. Auf Sie ist alles zugeschnitten. Wir zeigen Ihnen, was Sie brauchen, um Schritt für Schritt den sich vollziehenden Umbruch in der Branche nicht nur irgendwie zu überleben, sondern von innen heraus zu bestehen und zu profitieren. Sie wissen es: So wie jetzt geht es nicht mehr weiter.

• Sie sind gefangen im Kompensieren und Löcherstopfen.

• Die Mitarbeitenden laufen Ihnen davon oder kommen gar nicht erst.

• Die Chance der Vorbehaltsaufgaben wird vertan.

• Alte Führungs- und Organisationsweisen schnüren Ihnen allen die Luft zum Atmen, Gestalten und Entfalten ab.

• Sie können nicht proaktiv handeln, sondern reagieren nur noch. Und sind dabei viel zu langsam für die ständigen neuen Anforderungen.

Statt Zuversicht verfestigen sich Ängste. Lassen Sie das nicht zu! Wir laden Sie ein, Ihr Arbeitsfeld neu zu durchdenken, neu zu sortieren, kraftvoll aufzubrechen und sich komplett oder in Teilen neu aufzustellen. Ja, das geht! Das glauben wir nicht nur, sondern wir wissen es, haben es in den letzten Jahren an vielen Orten begleiten und sehen dürfen.

Der Umbruch ist disruptiv. Bestehende Sicherheiten und Strukturen in Ihrem gesamten Handlungsfeld und in Ihren Unternehmen werden aufgebrochen – wirtschaftlich, personell und technologisch. Nehmen Sie das Lenkrad jetzt in die Hand. Wir sind an Ihrer Seite und das sind die drei Hebel, an denen Sie ansetzen müssen:

1. Wege aus der Funktions- und Institutionsfalle: Wie muss sinnvolles fachliches Handeln in Hinblick auf Zukunft aussehen?

2. Wege zu New Work: Wie bekommen Sie Mitarbeitende nicht nur mit ins Boot, sondern mit Freude an die Ruder?

3. Wege zu New Leadership: Wie können Sie den anstehenden Change selbstbestimmt steuern, lenken und leiten und bleiben dabei nicht auf der Strecke?

Das Ziel: Sie gehen mit klarem Blick, Zuversicht und Mut nach vorne. Wir wünschen Ihnen viel Freude. Glück auf!

Karla Kämmer & Jutta König

2 Ein »Weiter so« ist zum Scheitern verurteilt

Sie arbeiten in der stationären Altenpflege seit Jahrzehnten nach dem gleichem Muster. Morgendliche Versorgung im Fließbandsystem. Hetze durch den Vormittag, immer der Arbeit hinterherrennend, ständig in der Angst, nicht fertig zu werden. Alle Bewohner*innen werden zu festen Zeiten zu gemeinsamen Mahlzeiten gebracht. Mit den üblichen Arbeiten vorab und danach. Und gegen 19:30 Uhr, wenn Sie daran denken auszugehen, ist der Großteil Ihrer Klient*innen im Bett, zumindest aber im Nachthemd.

Diese Form der monotonen Abarbeitung und Versorgung wird Ihren Klient*innen nicht gerecht und macht Ihnen und überhaupt immer weniger Pflegekräften Freude. Die Arbeitswelt, die Ihnen Ihre Arbeitgeber mit den oben genannten Routinen bieten, ist nicht das, was von Ihnen und Ihren Mitarbeitenden gesucht wird. Sinn, Freude, Flexibilität und Selbststeuerung gehen im Sog der Routinen unter.

Kein Wunder also, wenn Ihnen der Nachwuchs fehlt und Pflegekräfte den Beruf verlassen wollen. So titelte der Spiegel1 »Pflegt euch doch selbst« und verkündete, dass allein in der Corona-Hochphase zwischen Anfang April und Ende Juli 2020 mehr als 9.000 Pflegekräfte ihren Beruf hinter sich ließen. Laut einer Onlineumfrage der Ali-ce-Salomon-Fachhochschule2 denken 40 % der befragten Pflegenden mindestens einmal monatlich daran, aufzuhören und den Pflegeberuf zu verlassen. Ca. 30 % überlegen einmal monatlich, den Arbeitsplatz zu wechseln, und rund ein Drittel will die Arbeitszeit reduzieren. Auch die Pflegekammer Rheinland-Pfalz machte eine Umfrage3, mit dem Ergebnis:

• 25 % nehmen ihre Arbeit als sehr stark belastend wahr

• 54 % als stark belastend

• 34 % denken ans Aufhören und das sind die häufigsten genannten Gründe:

– Zeitdruck

– Verwaltungsaufwand

– Organisatorische Mängel

– Mangende Wertschätzung durch Vorgesetzte

– Körperliche Belastung

Daraus können und müssen Sie lernen und genau das beenden, was als sehr stark und stark belastend wahrgenommen wird. Wieso haben Sie und Ihre Mitarbeitenden Zeitdruck in der Pflege? Wieso muss dies oder jenes bis zum Feierabend erledigt sein? Sie arbeiten doch in einem 24-Stunden-Betrieb und sollten deshalb lernen, auch 24 Stunden Zeit zu nutzen.

Wieso haben Sie einen hohen Verwaltungsaufwand? Zumindest in der Pflegedokumentation sollte seit Einführung des Strukturmodells (SIS®) der Aufwand deutlich verringert sein.

Sie haben in Ihrer Einrichtung organisatorische Mängel, obwohl Sie sich als Führung, teils mit Unterstützung des Qualitätsmanagements, um Organisation bemühen. Wo ist die Wertschätzung, die Mitarbeitende von Ihnen erwarten dürfen? Warum zeigen sich Ihre Pflegedienst- und Hausleitungen nicht oft genug in den Wohnetagen? Wo ist die Beteiligung der Mitarbeitenden an der Gestaltung ihrer Arbeitsprozesse?

Immer noch werden Abläufe entweder starr vorgegeben (»Bis dann und dann ist das und das zu tun«) oder im Laissez-Fair Stil dem »Immer-so-weiter« überlassen bzw. die Lauten setzen ihre Vorstellungen auf Kosten von reflektierten und engagierten Mitarbeitenden durch. Und im 3. Jahrtausend sollten Sie eigentlich über ausreichend Hilfsmittel verfügen, damit die direkte Pflege nicht mehr körperlich belastet. Wenn Sie nun also damit anfangen, die Arbeit neu zu denken und zu organisieren, können Sie Klient*innen bedarfsorientierter versorgen und Mitarbeiter kompetenzorientiert einsetzen. Ein Weiter so ist zum Scheitern verurteilt.

»Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.«

Albert Einstein

Wenn auch Sie in den letzten Jahren Mitarbeiter*innen verloren haben, die keine Lust mehr hatten, bei Ihnen oder generell in der Pflege zu arbeiten, liegt vieles vermutlich an den vorhanden Arbeitsstrukturen und auch an den Arbeitszeiten. Und ein weiterer Teil der Mitarbeitenden, die Sie verloren haben, wurde nicht ausreichend motiviert, wertgeschätzt und spürte nicht die Wichtigkeit ihrer Person.

Info

Wenn Sie einen Mitarbeiter verlieren, kostet es Sie insgesamt eineinhalbmal so viel, einen neuen zu finden. Je nachdem, welche Qualifikation der scheidende Mitarbeiter hat, wie viel Sie in Werbung investieren müssen, wie lange sie einarbeiten müssen etc. Hegen und pflegen Sie also Ihr wichtigstes Arbeitskapital!

2.1Mitarbeitende brauchen eine andere Arbeitswelt

Im Mai 2023 wurden die Ergebnisse der zweiteiligen Studie »Pflegearbeitsplatz mit Zukunft«4 vorgestellt, an der wir von der Karla Kämmer Beratungsgesellschaft mitwirken durften. Im Zentrum standen folgende Fragen:

• Wie sollte ein Pflegearbeitsplatz mit Zukunft aussehen, um mehr beruflich Pflegende zu gewinnen, sie zu stärken und zu entlasten?

• Welche Wünsche und Anforderungen haben beruflich Pflegende an ihren Arbeitsplatz?

• Wo sehen beruflich Pflegende die zentralen Handlungsbedarfe?

In der Studie wurden die Gründe ermittelt, die für Verbleib oder Ausstieg aus dem Pflegeberuf, für die Rückkehr in den Beruf etwa nach einer Familienphase sowie für eine Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung in der Pflege sprechen.

2.1.1Pflegearbeitsplatz mit Zukunft – Die Studie und ihre Ergebnisse

Die Studie zeigte auf, was sich Pflegende von ihrem Pflegearbeitsplatz der Zukunft wünschen und welche Maßnahmen zukünftig – auf politischer Ebene, aber auch in der betrieblichen Praxis – sinnvoll sind, um die Arbeitsbedingungen in der Pflege weiter zu verbessern.

Pflegende wünschen sich:5

1. Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

2. Attraktive Bezahlung

3. Gute Personalausstattung

4. Partizipative Führungsmodelle

5. Stärkung der Pflegeprofession

6. Digitaler Arbeitsplatz

7. Aktive Förderung von Berufseinstieg und Berufsverbleib

Zu diesen zentralen Erkenntnissen hat die Studie die folgenden Aussagen (Fakten) formuliert6. Schauen wir sie uns einmal genauer an.

Info

Fakt 1: Die Vereinbarkeit von familiärer Pflege, Familie und Beruf ist einer der wichtigsten Attraktivitätsfaktoren.

Aus der Sicht der meisten beruflich Pflegenden machen flexible Arbeitszeitmodelle, ein verlässlicher, unter Beteiligung der Mitarbeiter*innen gestalteter Dienstplan, betriebliche Ausfallkonzepte und flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten den Pflegeberuf unbedingt attraktiv.

Unser Lösungsimpuls

Die wichtigsten Formen zu Arbeitszeitmodellen und zu Ausfallkonzepten finden Sie in Kap. 5.6.2.

Praxistipps für Sie

• Nutzen Sie bei allen Entwicklungsprojekten in diesem Themenbereich die Förderung von Maßnahmen ambulanter und stationärer Pflegeeinrichtungen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von familiärer Pflege, Familie und Beruf (§ 8 Abs. 7 SGB XI).

• Informationen zum Förderantrag finden Sie unter https://bit.ly/42sFITq

• Oder prüfen Sie, ob Sie einen Vorteil davon haben, am GAP-Projekt der Pflege-bevollmächtigten der Bundesregierung mitzuwirken: https://www.gap-pflege.de

Info

Fakt 2: Für beruflich Pflegende ist eine angemessene Bezahlung zentral – auch für eine Berufsrückkehr.

Im Durchschnitt wird von Pflegefachpersonen ohne Leitungsverantwortung eine um 37 % und bei Pflegefachpersonen mit Leitungsfunktion eine um 30 % höhere Bezahlung als angemessen betrachtet. Der Wunsch nach einer besseren Bezahlung ist gerade bei Berufsanfängerinnen und -anfängern (Gen Z) sowie Auszubildenden sehr ausgeprägt. Eine besondere Bedeutung hat die Bezahlung aus Sicht der beruflich Pflegenden auch für die Gewinnung von Quereinsteiger*innen und für Berufsrückkehrer*innen.7 Den aktuellen Entwicklungsstand hierzu beschreibt der neue BGW-Trendbericht zur ambulanten Pflege8: Ergebnis9: »Einkommenszufriedenheit wächst, Arbeitszufriedenheit sinkt – Die Einkommenszufriedenheit ist durch die letzten Tarifrunden deutlich gestiegen. Dennoch sei die Arbeitszufriedenheit besonders infolge Zeitdruckes und Bürokratie zwischen 2019 und 2023 gesunken.«

Unser Lösungsimpuls

Geld macht nicht zufrieden und schon gar nicht glücklich, ist aber ein Regulationsfaktor, wenn es im Verhältnis zu Mitbewerber*innen eine deutliche Diskrepanz gibt. Deshalb schlagen wir Ihnen weitergefasste Ansätze vor, um die Arbeitszufriedenheit zu steigern. Die Kombi macht’s! (Kap. 9.1)

Praxistipp für Sie

Besonders attraktiv sind Zuschläge für die kurzfristige Übernahme eines Dienstes sowie erhöhte Nacht-, Wochenend- und Feiertagszuschläge. Hier gibt es für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in der Pflege noch Potenziale, um ihre Attraktivität bei der Bezahlung zu steigern.

Info

Fakt 3: Beruflich Pflegende wünschen sich eine gute Personalausstattung mit kompetenzorientierter Aufgabenverteilung.

In diesem Zusammenhang hat die Umsetzung des Personalbemessung eine hohe Bedeutung.

Unser Lösungsimpuls

Warten Sie nicht auf die bundesweite Einführung von PeBeM. Organisieren Sie jetzt schon um und arbeiten Sie daran, Verbesserungspotenziale für Arbeitszufriedenheit und differenzierten Personaleinsatz umzusetzen: Kap. 9

Praxistipp für Sie

Wichtig für Pflegeeinrichtungen ist es, dass sich die Aufgabenverteilung und der Personaleinsatz konsequent an den Kompetenzen der beruflich Pflegenden orientieren. Das ist auch wichtig für die Selbstwahrnehmung und das Rollenverständnis der beruflich Pflegenden.

Info

Fakt 4: Beruflich Pflegende wünschen sich unterstützende Führungskräfte und partnerschaftliche Führungsmodelle.

Das Führungsverhalten der Leitungskräfte hat einen großen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen, die Gesundheit und die organisationale Bindung der Beschäftigten und letztlich auf die Attraktivität der Einrichtungen. Eine verantwortungsvolle Führung hat weitreichenden Einfluss auf die Wechselabsicht des Pflegepersonals, insbesondere beim Pflegenachwuchs. Auch in den Befragungen erhält die Qualität der Führung eine zentrale Rolle in puncto Arbeitsplatzzufriedenheit und Verbleib im Beruf. Die immer noch häufig erlebten hierarchischen Führungsstile passen nicht mehr zu den Herausforderungen multikultureller Viel-Generationen-Teams. Unwirksame Führung kristallisiert sich inzwischen als eines unserer größten Probleme heraus. Wünsche nach einem partnerschaftlichen, unterstützenden Führungsstil, der eigene Handlungsspielräume ermöglicht, auf Vertrauen basiert, Klarheit und Beteiligung schafft, werden noch zu wenig aktiv aufgegriffen und beantwortet.10

Unser Lösungsimpuls

Machen Sie Lust auf Veränderung: Kap. 6

Begeistern Sie Mitarbeitende durch Möglichkeiten der Mitgestaltung und Selbstentfaltung: Kap. 10

Praxistipp für Sie

Arbeitgeber*innen in der Pflege haben mehr Möglichkeiten zur Stärkung ihrer Attraktivität für beruflich Pflegende, als sie denken. Zentral sind die Faktoren »Unterstützung durch Vorgesetzte«, »Arbeitsklima«, »Führungsstil« und »Wertschätzung durch Vorgesetzte«. Die im Projekt erstellte Toolbox mit 50 praxiserprobten Methoden zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit ist bei der Karla Kämmer Beratungsgesellschaft kostenfrei erhältlich.

Info

Fakt 5: Beruflich Pflegende wünschen sich eine Stärkung der eigenen Profession und Kompetenzen und bessere Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Mittlerweile kann man viele verschiedene Ausbildungswege in der Pflege wählen, die grundsätzlich vielfältige Karrieremöglichkeiten (auch auf akademischem Niveau) ermöglichen. Insbesondere eine hochschulische Qualifikation als alternativer Qualifizierungsweg wirkt sich positiv aus. Die Ergebnisse der Befragungen zeigen deutlich, dass neben einer verstärkten Akademisierung auch Weiterbildungsmöglichkeiten und andere Aufstiegschancen zentral für die Berufsattraktivität und die Verbesserung der Pflegequalität sind. Auch die oftmals mit einer Weiterbildung verbundene Erhöhung von Gestaltungskompetenzen sowie eine größere Handlungsautonomie führen zu einer verstärkten Berufsbindung.

Unser Lösungsimpuls

Im Rahmen des Wissensmanagements und der neuen verantwortlichen Rollen werden sich neue Weiterbildungsmöglichkeiten eröffnen. Kap. 6.3.4

Praxistipp für Sie

Steigern Sie Ihre Arbeitgeberattraktivität durch gezielte Maßnahmen in den Bereichen Personalentwicklung (u. a. in Form von Kompetenzgesprächen, die auch Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten beinhalten) und durch das Schaffen individuell passender Gestaltungsspielräume für jede*n Mitarbeitende*n.

Info

Fakt 6: Beruflich Pflegende sind für eine Digitalisierung am Arbeitsplatz aufgeschlossen und sehen sie größtenteils als Chance für Entlastungen im Arbeitsalltag.

Ganz oben auf der Wunschliste der beruflich Pflegenden steht ein stabiler Internetzugang – Voraussetzung für fast alle Maßnahmen der Digitalisierung. Ergänzend zu dem Untersuchungsergebnis zeigt sich in unserer Beratungspraxis als besonders wichtig die Einführung einer elektronischen Pflegeplanung und -dokumentation, die mit einer übersichtlichen, transparenten Arbeits-(Touren-)Planung verknüpft ist.

Unser Lösungsimpuls

Setzen Sie auf Digitalisierung: Kap. 9.3

Praxistipps für Sie

• Treiben Sie Ihre Digitalisierungsprozesse voran. Nutzen Sie dazu die Förderung der Digitalisierung in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen (§ 8 Abs. 8 SGB XI). Informationen zum Förderantrag: https://bit.ly/42gwBFJ

• Legen Sie den Fokus auf die Technologien und den Umgang mit ihnen, die den beruflich Pflegenden die Arbeit erleichtern und mitarbeiterorientierte Flexibilisierung ermöglichen (z. B. Erwerb von Pflegedokumentationssoftware, von Hardware wie PCs, Laptops und Bildschirmen oder die Umstellung auf digitale Pflegedokumentation, Abrechnungssoftware).

– Wichtige Schritte:

– Beschäftigte bei der Testung, Auswahl und Implementierung beteiligen

– Schulungen der Beschäftigten im Umgang mit neuen Technologien

– Förderung der Digitalen Gesundheitskompetenz (Digital Health Literacy)

Info

Fakt 7: Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können die Berufsrückkehr und den Quereinstieg aktiv fördern.

Wesentliche Faktoren für eine Rückkehr in den Beruf sind Verbesserungen von Strukturen und Arbeitsbedingungen, ausreichend Personal, eine bessere Bezahlung und mehr Zeit für Klient*innen bzw. zu versorgende Pflegebedürftige. Beim Quereinstieg in den Pflegeberuf ist einerseits die innere Motivation und die Sinnhaftigkeit der Pflegetätigkeit für viele ausschlaggebend dafür, den Pflegeberuf zu wählen. Andererseits wirken auch äußerliche Faktoren wie ökonomische Absicherung, gute Jobchancen, Langfristigkeit und berufliche Stabilität. Dies spiegelt sich auch in den Befragungsergebnissen wider, nach denen die Bezahlung zwar insbesondere nach Einschätzung von Nicht-Leitungskräften über alle beruflich Pflegenden hinweg eine zentrale Rolle dabei spielt, den Pflegeberuf attraktiver zu machen sowie die Berufsrückkehr und Quereinstiege zu fördern. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse aber auch, dass sog. »weiche« Faktoren (Stimmung im Team, Handlungsweisen von Leitungskräften) oftmals noch größeren Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit von beruflich Pflegenden haben als ökonomische Faktoren wie Gehalt oder Sachleistungen.11

Unser Lösungsimpuls

Kombinieren Sie alle Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität für Berufsrückkehrer*innen. Vorausgesetzt, das Mindset stimmt (Kap. 6), Sie führen individuell (Kap. 8 und Kap. 9) und nutzen die Vorzüge der New Leadership (Kap. 10).

Nutzen Sie auch die GKV-Förderung zur Vereinbarung von Familie und Beruf.

2.2Pflegebedürftige verdienen eine andere Lebenswelt

Pflegebedürftige haben eine bessere Welt verdient. Ändern Sie das Hamsterrad der Pflege mit immer gleichen Abläufen, ob Mittwoch oder Feiertag. Der Klient muss wieder in den Mittelpunkt unseres Handelns und die Haltung der Mitarbeiter personenzentrierter werden. Nicht erst seit dem Expertenstandard Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz sollten wir die Beziehung zum Klienten in den Mittelpunkt stellen. Seit Jahrzehnten haben wir Leitbilder, zudem eine europäische und deutsche Pflegecharta. Im Mittelpunkt stehen Selbstbestimmung, Selbständigkeit, Wertschätzung, Wille und Bedürfnisse der hilfs- und pflegebedürftigen Klienten.

Mit welchem Recht werden demenziell veränderten Menschen in Einrichtungen der eigene Wille und die Selbstbestimmung abgesprochen. Meist ist es fehlendes Wissen und damit auch fehlende Haltung. Statt Zugewandtheit und gewisser Chaostoleranz herrschen personelle Detraktionen wie

•Einschüchtern

Dazu gehören Sätze die mit »Jetzt bleiben Sie mal sitzen…« oder »Wenn Sie jetzt nicht…« beginnen.

•Ignorieren

Obwohl ein Klient ein Bedürfnis äußert, wird darüber hinweggegangen, indem z. B. gesagt wir »Sie waren gerade auf der Toilette, Sie müssen nicht.« oder mit einer anderen Person weitersprechen, während der Klient ein Bedürfnis hat oder nebenher versorgt wird.

•Überholen

Das beginnt schon am frühen Morgen mit »Guten Morgen Frau Müller, haben Sie gut geschlafen? Oh je, was für eine Luft hier drin ist, ich mach mal das Fenster auf. Kommen Sie, ich helfe Ihnen beim Aufstehen, dann gehen wir ins Bad zum Waschen. Nachher gibt es Frühstück.« Ein Satz mit sieben Informationen in 15 Sekunden. Statt darauf zu achten, wo der Klient gerade steht.

•Etikettieren

Sätze wie »Die wissen nicht, was gut für sie ist« – »Man muss den Menschen mit Demenz den Tag strukturieren« zeigen, dass Selbstbestimmung und Wertschätzung hier keinen Platz fnden.

•Herabsetzen

Ältere Menschen haben ihre Sorgen. Insbesondere Menschen mit Demenz auch wiederkehrende. Sie stellen Fragen wie »Wo ist meine Mutter?« – »Ich muss nach Hause« – »Ich muss nach dem Kleinen schauen« etc.. Auch Wehklagen und Weinen kann den Klienten treiben. Darauf sollten keine Antworten folgen wie »Es gibt gleich Kafee!« oder »Sie werden gleich abgeholt zur Betreuung!« Wenn ein Mensch seine Nöte und Sorgen kundgibt, sollte darauf eingegangen und nicht dessen Sorgen kleingehalten werden.

•Verniedlichen

Wer kennt nicht diesen Satz »Alte Leute werden wie Kinder«? Diese Annahme ist grundlegend falsch, denn die älteren Menschen haben ihr Leben gelebt, ihre(n) Frau/Mann gestanden. Sie haben eine Lebensleistung erbracht. Und alles, was sie sagen oder tun, ergibt aus ihrer eigenen Sicht in diesem Moment Sinn und ist teils begründet mit jahrzehntelanger Erfahrung.

•Reglementieren

Wir alle haben noch die schwierige Zeit als Teenager im Kopf. Wir hören noch die Stimmen unserer Eltern: »Wo gehst du hin?« – »Mit wem gehst du weg?«– »Wann bist du zuhause?« – »Räum dein Zimmer auf!« – »So gehst du nicht aus dem Haus!« etc. Und dann nabeln wir uns von Zuhause ab, leben unser eigenes Leben. Niemand schreibt uns vor, wie wir uns Zuhause zu verhalten haben, was wir essen/trinken sollen, was wir anziehen oder wann wir ins Bett gehen. Wir leben unser Leben selbstbestimmt. Dann werden wir alt, kommen in eine Einrichtung und die Reglementierungen beginnen von vorne: »Bleiben Sie sitzen!« – »Ziehen Sie die Jacke aus, es ist zu warm!« – »Trinken Sie noch was!« – »Sie haben schon gegessen, jetzt gibt es nichts mehr!« usw.

Diese und weitere Reglements sind in vielen Einrichtungen noch immer an der Tagesordnung. Die Menschen, die in Ihren Einrichtungen leben, haben ein anderes Leben verdient, als jeden Tag in gleicher Monotonie zu verbringen. Mit täglich wiederkehrenden Strukturen, in denen pflegerische Handlungen im Mittelpunkt stehen; in denen künstliche Beschäftigungsprogramme den Rahmen der Pflege nur punktuell durchbrechen. Aber nicht zu Zeiten, zu denen es – nicht nur bei demenziell veränderten Menschen – wichtig wäre, z. B. am Abend. Und häufig hat es nichts mit Normalität zu tun, sondern es ist ein nach Plan stattfindender Alltag. Z. B. findet um 10:00 Uhr die Zeitungsrunde statt, egal, ob draußen die Sonne scheint und es den Klienten eher nach einem Spaziergang wäre. Oder es steht Gymnastik auf dem Plan, obwohl trübes Wetter zum Vorlesen oder Nichtstun animieren würde.

• Wie definieren Sie Lebensqualität? Was ist Ihnen heute wichtig, was davon bleibt es auch? Egal, wie alt Sie gerade sind, ob erst vor Kurzem ins Berufsleben gestartet, mittendrin oder die Rente vor Augen. Sie stehen mitten im Leben. Was in diesem jetzigen Leben ist Ihnen wichtig?

• Ihr Beruf? Was gibt er Ihnen? Freude, Selbstbestimmung Wertschätzung, Sinn? Von allem etwas? Schön, aber das bleibt nicht.

• Ihre Freunde und Familie? Ihre Eltern, Kinder, Partner? Prima, aber das verändert sich.

• Sie freuen sich auf den nächsten Urlaub? Klasse. Aber der hat ein Ende.

• Sie sind stolz auf das Erreichte. Haben sich Eigentum geschaffen, eine Wohnung oder Haus, alles so eingerichtet, wie Sie es sich wünschten. Egal, was Sie an materiellem Besitz haben, Sie werden es hinter sich lassen müssen.

Schauen Sie die Überlegungen zu diesem Thema an. Hier kommt die Entwicklung im Laufe Ihres weiteren Lebens (Abb. 2–4).

Menschen, die in eine Einrichtung ziehen, haben nicht selten alles Wichtige im Leben verloren. Und diesen einschneidenden Verlusten können Sie nicht länger mit starrer Tagesstruktur und Reglements begegnen. Ihre Institution muss sich dem Klienten anpassen, nicht umgekehrt.

Abb. 2: Lebensqualität in der Zeit des Erwachsenen.

Abb. 3: Lebensqualität im Alter.

Abb. 4: Lebensqualität im hohen Alter.

2.3Setzen Sie auf Dienstleistungsorientierung

Erbringen Sie für Ihre Klient*innen person-zentrierte und lebensweltliche Dienstleistungen auf höchstem Niveau. Satt, sauber und trocken war gestern. Viele Pflegekräfte sind gepolt auf Erfüllung von pflegerischen Leistungen. Sie messen sich sogar darin: »Ich habe heute acht Leute gewaschen und drei geduscht, und die hat nur sechs gemacht.« Treiber waren und sind auch Externe, insbesondere Prüfgremien. Für die Heimaufsicht zuständige und Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes fragen explizit nach dem pflegerischen Zustand. Die Rahmenverträge der Länder und auch die Versorgungsverträge befassen sich meist an erster Stelle mit grundpflegerischen Leistungen. Erst in späteren Kapiteln folgen dann medizinische Behandlungspflege, Betreuung und Hilfe bei sonstigen Lebenslagen. Auch die Prüfkataloge der Prüfinstanzen beginnen stets mit grundpflegerischen Leistungen.

Die bislang im Vordergrund stehenden grundpflegerischen Leistungen sind natürlich leicht messbar. Schließlich gilt häufig: sauberer Bewohner gleich gut gepflegter Bewohner. Der alte Dienstleistungsgedanke »satt, sauber und trocken« darf nicht mehr der erste bei den Pflegenden im Dienst sein. Aber er muss auch in den Prüfkatalogen die hinteren Ränge einnehmen und aus dem Denken der Prüfenden verschwinden.

Der Gesetzgeber hat den Weg dahin schon vor langem geebnet. Beginnend 2014 mit dem Strukturmodell, in dem der Klient in jedem Themenfeld mit seiner Perspektive, seinen pflegerelevanten Biografien als erstes zur Sprache kommt und dann erst die fachliche Expertise und Einschätzung.

2017 wurde der Pflegebedürftigkeitsbegriff geändert. Auch hier steht der Pflegebedürftige ganz vorne, denn in jeder Einschätzung in jedem Modul sind die Selbstständigkeit und Fähigkeit des Pflegebedürftigen einzuschätzen. Je selbstständiger jemand ist, oder je mehr Fähigkeiten jemand besitzt, desto geringer fällt sein Pflegegrad aus.

2019 schließlich wurde die Qualitätsprüfrichtlinie geändert. In jeder Prüffrage, außer der Behandlungspflege, bildet die bedarfs- und bedürfnisgerechte Versorgung den Ausgangspunkt. Ist es bedürfnisgerecht, morgens um 8:30 Uhr gewaschen am Frühstückstisch zu sitzen? Ist es bedürfnisgerecht, jeden Tag den gleichen Ablauf erfahren zu müssen? Wer möchte das?

Der nächste und wohl größte Schritt hin zu den Bedürfnissen der pflege- und hilfsbedürftigen Menschen wird das Personalbemessungsverfahren sein. Die Personalbemessung nach § 113 c SGB XI ist nicht der wichtige und richtige Schritt. Aber eine neue Bemessung der Personalbedarfe, nicht am Pflegegrad entlang, so wie Prof. Rothgang und Co.12 es in seinen Gutachten zu den Modellprojekten feststellte.

Die Dienstleistung muss sich an den Bedarfen der Klienten entlang orientieren, das ist Dienstleistungsqualität und gleichzeitig Lebensqualität für die Menschen in Einrichtungen.

Ob und wann ein Personalbemessungsverfahren je Gesetz wird, ist uns Stand heute nicht bekannt. Aber jeder kann diese positiven Effekte heute schon nutzen, bevor der Gesetzgeber irgendwann und irgendetwas vorschreibt. Schließlich wurde das Strukturmodell (meist nur SIS® genannt) auch nie zur Pflicht und die meisten Einrichtungen sahen den Vorteil und wendeten diese Modell an. Wer frühzeitig ein Personalbemessungsverfahren einführt, hat den Marktvorteil und durchbricht den alten Teufelskreis der »totalen Institution« in dem Klienten sich dem System unterordnen. Die Institution muss sich dem Klienten anpassen, nicht umgekehrt.

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1 Spiegel online 23. 03. 2021

2 Umfrage »Ca. 40 % der Pflegenden wollen ihren Beruf verlassen«, bibliomed-pflege.de)

3 Landespflegekammer Rheinland-Pfalz Umfrage, veröffentlicht am 11. 4. 2024

4 Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.) (2023): Pflegearbeitsplatz mit Zukunft! Die Ergebnisse der Studie zur Arbeitsplatzsituation in der Akut- und Langzeitpflege auf einen Blick. Stand: Mai 2023 https://pflegenetzwerk-deutschland.de/themen-von-a-z/thema-arbeitsplatzstudie

5 Bundesministerium für Gesundheit 2023, S. 5

6 Vgl. ebd., S. 6–19

7 Vgl. ebd., S. 8

8 Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) (2024): Zwischen Burn-out, Optimierung und Systemwechsel. Ambulante Pflege in Deutschland – Trendbericht 2024. Stand 04/2024. https://www.bgw-online.de/bgw-online-de/service/medien-arbeitshilfen/medien-center/trendbericht-2024-ambulante-pflege-110064

9 Ebd. S. 9

10 Vgl. ebd., S. 12 f.

11 Vgl. ebd., S. 17

12https://www.socium.uni-bremen.de/ueber-das-socium/mitglieder/heinz-rothgang/publikatio-nen/?publ=10183&page=1

3 Reformen oder Kernsanierung?

Der Ruf nach neuen Grundlagen für die Finanzierung von Pflegebedürftigkeit und der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) ist unüberhörbar. Klar ist auch: Das wird alles nicht so schnell gehen. Für Sie bedeutet das: Sie werden mit erheblichen Mittelengpässen und Personalmangelsituationen in reflektierter und bestmöglicher Weise umgehen müssen.

3.1Finanzierungsmodelle

Es liegen diverse wissenschaftliche Erkenntnisse zu Umstrukturierungen vor, beispielsweise die im Auftrag der AOK erstellte Prognos-Studie 2024 zur Reform der Pflegefinanzierung13. In einer Pressemitteilung des Bundesverbandes der AOK heißt es: »Das Gutachten unterstreicht den dringenden Reformbedarf und vor allem die Notwendigkeit von Steuermitteln zur Finanzierung der Sozialen Pflegeversicherung, kommentiert Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, die Ergebnisse. ›Die zu erwartenden Defizite‹ werden dabei nicht nur langfristig bis 2060 deutlich, sondern vor allem auch kurz- und mittelfristig bis 2030. […] Die Regierung muss noch in dieser Legislaturperiode und damit auch bereits in der kommenden Haushaltswoche ins Handeln kommen und Bundesmittel für die SPV einplanen. Sonst drohen Beitragssatzsteigerungen, mit negativen Folgen für das Vertrauen in die gesamte SPV und ihre Funktionsfähigkeit.«14

In seinem Beitrag »Zur Notwendigkeit einer Finanz- und Strukturreform der Pflegeversicherung« für das Gesundheitsblatt, veröffentlicht am 25.4.23/Ausgabe 5/2315, führt Prof. Dr. Heinz Rothgang (SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik, Universität Bremen) aus: »Die Ausgestaltung der Pflegeversicherung mit betraglich begrenzten Versicherungsleistungen und nach oben offenen Eigenanteilen hat zu Gesamteigenanteilen geführt, die von der Mehrheit der Heimbewohnenden nicht mehr aus dem laufenden Einkommen finanziert werden können. Um ihre ursprünglichen Ziele erfüllen zu können, müsste die Pflegeversicherung daher vom Kopf auf die Füße gestellt werden – durch eine absolute Begrenzung der Eigenanteile in Höhe und Dauer (sog. ›Sockel-Spitze-Tausch‹). Auch das ›duale Versicherungssystem‹ aus einer sozialen Pflegeversicherung und einer privaten Pflegepflichtversicherung hat sich als ›Geburtsfehler‹ des Systems erwiesen. Da das Kollektiv der Privatversicherten über eine wesentlich günstigere Risikostruktur und höhere Durchschnittseinkommen verfügt, ist die vom Bundesverfassungsgericht geforderte ›gleichmäßige Lastenverteilung‹ bei der Finanzierung nicht gegeben. Zur Behebung dieser Ungleichbehandlung ist die Überführung des dualen Systems in eine integrierte Pflegeversicherung oder zumindest ein Risikostrukturausgleich zwischen beiden Zweigen zu fordern. Es wäre zur Überwindung von Schnittstellenproblemen notwendig, die Finanzierungskompetenz für die geriatrische Rehabilitation bei der Pflegeversicherung und die für die medizinische Behandlungspflege in Pflegeheimen bei der Krankenversicherung anzusiedeln.«16

Der Think Tank der IPAG, hinter dem das Institut für Pflege, Altern und Gesundheit steht, geht noch einen Schritt weiter. Er fordert eine »Kernsanierung« mit dem Ziel, Gesundheitsversorgung menschenzentriert, interprofessionell und regional auszurichten, unterstützt durch gut ausgebildete Fachkräfte in den Gemeinden. Jürgen Drebes, IPAG-Mitglied, fordert: »Wir müssen das Gesundheitssystem komplett neu ausrichten, nicht nur reformieren, sondern restaurieren. Es braucht eine Kernsanierung, um den Anforderungen der heutigen Gesellschaft gerecht zu werden.«17

3.2Positionspapier des DVLAB

Auf dem Bundeskongress des DVLAB (Verband der Leitungskräfte Alten- und Behindertenhilfe) stellten am 28. November 2024 Peter Dürrmann und Stephan Dzulko folgende Reformansätze zur zukunftsfähigen Neuausrichtung der Altenhilfe vor (wir zitieren aus dem Handout):

»1. Entlastung der Pflegeversicherung von aufgabenfremden Leistungen, beispielsweise:

Behandlungspflegerische Maßnahmen im bisherigen voll- und teilstationären Bereich und Rückführung in die Leistungszuständigkeit der Krankenversicherung

Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige aus Steuermitteln Ziel: Kosteneinsparung im Bereich der Pflegeversicherung durch Rückführung der Pflegeversicherung auf ihre Kernaufgaben

2. Entbürokratisierung des gesamten Leistungsrechtes der Pflegeversicherung durch Einführung eines modulhaft aufgebauten Gesamt-Pflegebudgets. Hieraus können Leistungen der ambulanten wie teil- und vollstationären Pflege in Anspruch genommen werden.

Das modulare Leistungsbudget-System kann auf Grundlage des Begutachtungsinstruments (BI) ggf. mit einer weiteren Differenzierung in einzelnen Modulen des BI ermittelt werden.

Ziele: Vereinfachung des Leistungsrechtes, Verhinderung von Missbrauch durch Stapelleistungen

3. Umsetzung eines sektorenübergreifenden Einordnungssystems für den individuellen Leistungsanspruch unter Einbeziehung des BI. Modulhaftes System (Hilfebedarfsgruppen auf Grundlage des BI) von einer individuellen Teilversorgung bis hin zur umfassenden Versorgung (heute: vollstationär). Dies führt zwar nicht zu einer langfristigen und eigentlich wünschenswerten Aufhebung des Sektorensystems, aber zumindest in einem ersten Schritt zu einem einheitlichen Leistungsanspruchssystem.

4. Erhebung der Versorgungsbedarfe durch die Pflegefachkräfte der Leistungsanbieter. Der Reformentwurf zur Erprobung der Eingruppierung der Versorgungsbedarfe nach dem BI (nach § 18e Abs. 6 des Entwurfes des Pflegekompetenzgesetzes) wird begrüßt.

Ziel: Einfache und zügige Ermittlung des individuellen Leistungsbudgets

5. Zwingend nötig zur umfassenden Gewinnung der Bereitschaft zur Einbindung von An-und Zugehörigen sowie der Zivilgesellschaft auch im stationären Versorgungssystem und damit zur Entlastung professioneller Leistungserbringung ist ein Anreizsystem. Nicht ausgeschöpfte Budgetansprüche sollten ähnlich der bisherigen Kombi-Leistungen nach § 38 SGB XI als Pflegegeld ausgezahlt werden. Die Höhe des Pflegegeldes muss als deutlicher Anreiz zur nennenswerten Gewinnung von Ehrenamtlichen und Angehörigen erhöht werden. Dies muss mit einer Intensivierung der Beratungseinsätze nach § 37 Abs. 3 SGB XI (Prüfung der Mittelverwendung zur Vermeidung von Fehlinanspruchnahmen) einhergehen.«

WichtigInitiative Pro-Pflegereform wieder aktiv

Die Initiative Pro-Pflegereform wurde reaktiviert. Sie setzt neue, kraftvolle Impulse für eine zukunftsfähige Struktur- und Finanzreform der Pflegeversicherung. Weitere Infos unter https://www.pro-pflegereform.de/die-initiative/.

3.3Personalmangel – Forderungen des Deutschen Pflegerats

Im Januar 2024 schlug der Deutsche Pflegerat Alarm und forderte auf, alle Hebel zur Bewältigung der Pflegekrise umzustellen. Die folgenden Textabschnitte sind bis auf die Überschriften wörtliche Zitate aus der Pressemitteilung.

»Lösung der Pflegekrise benötigt weit mehr als 350.000 Pflegekräfte innerhalb der nächsten zehn Jahre

Pflegekräftevorausberechnung

Laut einer aktuellen Vorausberechnung des Statistischen Bundesamtes werden bis zum Jahr 2049 zwischen 280.000 und 690.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt, verglichen mit dem Stand von 2019, als es 1,62 Millionen Pflegekräfte gegeben habe. Zur Meldung des Statistischen Bundesamtes betont Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats e.V. (DPR): »Angesichts der hohen Altersstruktur der beruflich Pflegenden werden bereits im Jahr 2034 voraussichtlich 350.000 Pflegekräfte fehlen. Diese Vorausberechnung des Statistischen Bundesamtes berücksichtigt unter anderem jedoch nicht die bereits heute fehlenden 115.000 Vollzeitstellen in der vollstationären Langzeitpflege aus dem Projekt zur wissenschaftlichen Bemessung des Personalbedarfs.

Tempo machen. Schnell und nachhaltig werden

Dies verdeutlicht das Dilemma der Pflege und die dringende Notwendigkeit schneller und nachhaltiger Lösungen. Die pflegerische Versorgung ist bereits heute vielerorts nicht mehr gewährleistet. Dies stellt ein gravierendes gesellschaftliches Problem dar, das unsere Demokratie gefährdet.

Kompetenzen entdecken und erweitern

Es ist daher unerlässlich, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Dabei kommt den Eckpunkten des Pflegekompetenzgesetzes eine entscheidende Bedeutung zu. Diese Chance muss entschieden genutzt werden.

Die Kompetenzmatrix begründet und nachhaltig gestalten

Die Neuordnung der Kompetenzen im Gesundheitswesen wird viele Strukturen vereinfachen, somit zu einer Entlastung der Profession und zu einer besseren Versorgung führen. Mit dem Gesetz geht mehr Verantwortung einher, begleitet mit einer Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs. Es wird damit zu einem Magnet für mehr Mitarbeiter*innen werden.

Innovation

Neben der Stärkung der Berufsautonomie müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, insbesondere in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, die Selbstverwaltungsstrukturen und die Bildung im Pflegebereich. Es müssen alle Möglichkeiten und Verbesserungen genutzt werden, um die Rückkehr in den Beruf zu erleichtern, die Teilzeitbeschäftigung zu erhöhen, die Fachkräfteeinwanderung zu erleichtern, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz voranzutreiben, die Angehörigen- und Nachbarschaftspflege zu verbessern, das gesellschaftliche Ehrenamt und die Prävention auszubauen.

Transformation

Es bedarf Änderungen in allen Versorgungsstrukturen, um die Sektorengrenzen aufzulösen, sowie einer drastischen Vereinfachung der Gesetze und Prüfstrukturen auf die zentralen Themen. Bürokratische Belastungen müssen durch den Gesetzgeber wie aber auch in den Einrichtungen selbst reduziert werden.

Öffentlichkeitsarbeit: Botschafter*in der neuen Zeit werden.

Wir benötigen ein umfassendes gesellschaftliches Bewusstsein für unsere eigene Verantwortung für die Pflege unserer Mitmenschen. Dies in allen Altersgruppen, beginnend in den Grundschulen und über den Renteneintritt hinaus. Allein die beruflich Pflegenden werden die pflegerische Versorgung nicht sicherstellen können. Das gesamte System der Pflege hat bereits heute seine Kapazitätsgrenze überschritten.

Sich engagieren und Berufsstolz präsentieren

Der Deutsche Pflegerat als Dachverband vertritt die geeinten Interessen der Berufsverbände und nicht die einzelnen Partikularinteressen der Verbände. Unterschiedliche Positionen und Meinungen einzelner Verbände können sichtbar sein und die Vielfalt der pflegerischen Profession widerspiegeln. Dieses berührt nicht die gemeinsamen Ziele und Intentionen des Deutschen Pflegerats.«18

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13 AOK-Bundesverband GbR (Hrsg.) (2024): Reform der Pflegefinanzierung. Szenarien zum künftigen Finanzbedarf der SPV sowie den finanziellen Auswirkungen unterschiedlicher Reformoptionen. August 2024, https://www.aok.de/pp/bv/pm/prognos-gutachten-pflegefinanzierung/

14 Pressemitteilung AOK 05.09.2024, https://www.aok.de/pp/bv/pm/prognos-gutachten-pflegefinanzierung/

15 Rothgang H (2023): Zur Notwendigkeit einer Finanz- und Strukturreform der Pflegeversicherung. In: Gesundheitsblatt, 25.04.2023, https://link.springer.com/journal/103/

16 Ebd.

17 Zit. nach Millich N (2024): Wie muss eine Reform der Pflegeversicherung aussehen? In: BibliomedPflege, 07.08.2024. https://www.bibliomed-pflege.de/news/wie-muss-eine-reform-der-pflegeversicherung-aussehen

18 Deutscher Pflegerat (2024): Lösung der Pflegekrise benötigt mehr als 350.000 Pflegekräfte innerhalb der nächsten zehn Jahre. Pressemitteilung vom 25.01.2024. https://deutscher-pflegerat.de/profession-staerken/pressemit-teilungen/loesung-der-pflegekrise-benoetigt-weit-mehr-als-350.000-pflegekraefte-innerhalb-der-naech-sten-zehn-jahre

4 Unsere praktische Lösungsstrategie: Die JETZT!-Strategie

Sie als Verantwortliche des Handlungsfeldes können nicht abwarten, bis die Rahmenbedingungen sich durch politische Interventionen gebessert haben und Sie in Ruhe und mit ausreichend ausgestatteten Ressourcen Ihre Einrichtung managen können. Sie stehen heute