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Dieser Band enthält folgende Western: (499) Die Patriotin (Pete Hackett) Heißer Colt in zarter Hand (Pete Hackett) Greenhorn in der neuen Welt (Thomas West) Terror, Hass und Tod (Pete Hackett) Es war ein kalter, regnerischer Tag, als sich für Amos Benton das Tor des Staatsgefängnisses in Leavenworth öffnete. Ein bretterharter Wind trieb peitschende Regenschauer vor sich her. Von den Dächern der Häuser und der Vorbauten tropfte und schoss das Wasser. Der Regen hatte die Straßen in Schlammlöcher verwandelt. Fünf Jahre Zuchthaus lagen hinter Amos Benton. Fünf Jahre knochenbrechende Arbeit im Steinbruch. Er war gedemütigt worden, man hatte seinen Stolz mit Füßen getreten. Aber all die Jahre hatten ihn nicht zerbrochen. Im Gegenteil: Jeder Schlag mit der Peitsche, jede Demütigung, jede Beleidigung hatte seinem Hass Nahrung gegeben – seinem tödlichen Hass auf Milt Lockwood, den Town Marshal von Oakley ... James Blaine, Joel Elliott, Ben Holladay und John Morgan, einige der alten Kumpane, erwarteten Benton vor dem Zuchthaus. Sie hatten für ihn ein Pferd mitgebracht. Am Sattelhorn hing Bentons Revolvergurt mit dem 45er Remington. Im Scabbard steckte eine Winchester. Sie schüttelten Benton die Hand. Der hagere Bandit grinste. Seine Haare waren im Zuchthaus grau geworden. Die fünf Jahre hatten ihn vorzeitig altern lassen. Tiefe Linien zerfurchten sein hohlwangiges, ausgemergeltes Gesicht. Indes er sich den Revolvergurt um die Hüften schwang und ihn schloss, sagte er: "Es ist gut euch zu sehen, Jungs. Ich wusste es doch, dass ihr da sein werdet. Was habt ihr getrieben in all den Jahren?"
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Greenhorns und heiße Colts: Western Sammelband 4 Romane
Copyright
Die Patriotin
Heißer Colt in zarter Hand
Greenhorn in der neuen Welt
Terror, Hass und Tod
Dieser Band enthält folgende Western:
Die Patriotin (Pete Hackett)
Heißer Colt in zarter Hand (Pete Hackett)
Greenhorn in der neuen Welt (Thomas West)
Terror, Hass und Tod (Pete Hackett)
Es war ein kalter, regnerischer Tag, als sich für Amos Benton das Tor des Staatsgefängnisses in Leavenworth öffnete. Ein bretterharter Wind trieb peitschende Regenschauer vor sich her. Von den Dächern der Häuser und der Vorbauten tropfte und schoss das Wasser. Der Regen hatte die Straßen in Schlammlöcher verwandelt.
Fünf Jahre Zuchthaus lagen hinter Amos Benton. Fünf Jahre knochenbrechende Arbeit im Steinbruch. Er war gedemütigt worden, man hatte seinen Stolz mit Füßen getreten. Aber all die Jahre hatten ihn nicht zerbrochen. Im Gegenteil: Jeder Schlag mit der Peitsche, jede Demütigung, jede Beleidigung hatte seinem Hass Nahrung gegeben – seinem tödlichen Hass auf Milt Lockwood, den Town Marshal von Oakley ...
James Blaine, Joel Elliott, Ben Holladay und John Morgan, einige der alten Kumpane, erwarteten Benton vor dem Zuchthaus. Sie hatten für ihn ein Pferd mitgebracht. Am Sattelhorn hing Bentons Revolvergurt mit dem 45er Remington. Im Scabbard steckte eine Winchester.
Sie schüttelten Benton die Hand. Der hagere Bandit grinste. Seine Haare waren im Zuchthaus grau geworden. Die fünf Jahre hatten ihn vorzeitig altern lassen. Tiefe Linien zerfurchten sein hohlwangiges, ausgemergeltes Gesicht.
Indes er sich den Revolvergurt um die Hüften schwang und ihn schloss, sagte er: "Es ist gut euch zu sehen, Jungs. Ich wusste es doch, dass ihr da sein werdet. Was habt ihr getrieben in all den Jahren?"
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Alles rund um Belletristik!
Western von Pete Hackett
Über den Autor
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
Man schrieb den 3. Juli 1863. Über zwei Jahre schon tobte der Krieg zwischen Nord und Süd. Das Land drohte im Blut seiner Männer zu ertrinken. Seit zwei Tagen wurde in den Hügeln vor Gettysburg gekämpft ...
Es war früher Morgen. Zwischen den Bäumen wob das Morgengrauen. Über den östlichen Horizont kroch das erste Rot des neuen Tages. Nebelschwaden wallten. Noch schwiegen die Batterien auf beiden Seiten. Es war ruhig – es war wie die Ruhe vor dem Sturm.
Die Männer in den grauen Uniformen waren nervös. Sie lagen in ihren Deckungen, die schweißnassen Hände um die Karabiner verkrampft. Rastlosigkeit prägte die bleichen Gesichter. In den Herzen wühlte die Angst, in den Gemütern wüteten Besessenheit und selbstmörderischer Fanatismus.
Es galt an diesem Morgen, den Hügel, auf dem sich einige Kompanien der Yankees postiert hatten, zu erobern ...
Der Befehl zum Angriff kam. Das Hornsignal mutete an wie eine Botschaft des Grauens und des Schreckens, wie ein Gruß aus der Hölle.
"Auf sie, Männer! Gott sei mit euch!"
Captain Cole Starr schrie sich fast die Seele aus dem Leib. Die Klinge seines Säbels blinkte im ersten Licht des Tages. Groß, hager und narbig wie ein alter, erfahrener Wolf stand er da, breitbeinig, das wettergegerbte Gesicht den Hügel hinauf gerichtet, den Säbel über seinem Kopf schwingend.
Ein Schrei aus Hunderten von Kehlen erhob sich über die Hügel, ein Schrei, der die Luft vibrieren und den Yankeesoldaten das Blut in den Adern gefrieren ließ. Der Rebellenschrei. Er steigerte sich zu einem nervenzermürbenden Choral. Und dann stürmten die Männer in den grauen Uniformen mit geradezu selbstzerstörerischer Verbissenheit.
In den Schanzen auf dem Hügel schmetterte eine Trompete. Karabiner wurden durchgeladen. Das harte, metallische Geräusch durchlief die Reihen der Blauuniformierten. Dann schlug den Südstaatlern das wütende Abwehrfeuer der Unionisten entgegen. Es war eine Wand aus grellen Blitzen, die sich vor den Stellungen der Yankees aufstellte. Der Lärm steigerte sich zum höllischen Inferno. Pulverdampf wallte und vermischte sich mit den Morgennebeln. Männer wurden getroffen und zu Boden gerissen. Geschrei und Gewimmer mischten sich in das Peitschen der Schüsse. Leben wurde ausgelöscht. Niemand bat um Gnade, es gab kein Erbarmen. Es gab nur die Leidenschaft und die an Irrsinn grenzende Ideologie.
Die Feldhaubitzen setzten ein. Dort, wo die Granaten einschlugen, wurden Männer durch die Luft geschleudert. Büsche fingen Feuer. Splitter pfiffen durch die Luft und mähten die Angreifer nieder.
Captain Cole Starr stürmte an der Spitze seiner Männer. Es war wie ein Rausch, der ihn den Hang hinauftrieb und gegen das tödliche Feuer des Gegners anrennen ließ. Doch das Schicksal raste. Der Captain verspürte einen knallharten Schlag gegen den Leib, dann versank die Welt um ihn herum. Die nachfolgenden Männer seiner Einheit sprangen über ihn hinweg. Sein Blut versickerte im weichen Waldboden.
Sergeant Jed Bassett hatte ihn stürzen sehen.
Er warf sich bei dem Captain auf die Knie. Achtlos ließ er den Karabiner fallen. Er rüttelte den Captain. "Cole, Mann, mach die Augen auf. Cole, o verdammt! Was soll ich bloß Jane sagen?"
Der Sergeant erhob sich, hob den Besinnungslosen auf und trug ihn den Hügel hinunter. Es grenzte an ein Wunder, dass er von keiner Kugel oder von herumirrenden Granatsplittern getroffen wurde. An ihm stürmten die Männer vorbei, die sich mit Leib und Seele der Sache des Südens verschrieben hatten. Um ihn herum wurden sie von den feindlichen Kugeln geschüttelt und umgerissen.
Am Waldrand legte Jed Bassett den Captain auf den weichen Boden.
"Cole – Captain!", brach es über Jeds bebende Lippen. "Gib nicht auf, Amigo. Ich hole den Feldscher ..."
Captain Cole Starr öffnete tatsächlich die Augen. Sein Blick schien aus weiter Ferne zurückzukehren. "Jed", stöhnte er, "es – es hat mich erwischt. Heh, Jed, Freund, ich werde Texas wohl nicht wiedersehen." Seine Stimme war mehr und mehr verloschen und zuletzt nur noch ein kraftloses Geflüster. Aber er raffte noch einmal all seine Energien zusammen. "Jed, wenn du nach Texas zurückkehrst – dann kümmere dich um Jane und die Ranch."
"Das verspreche ich dir, Cole! Gütiger Gott, Cole, ich will einen Sanitäter ..."
"Lass es", keuchte Cole Starr. "Mit mir geht es dahin. Heh, Jed, hast schon einmal darüber nachgedacht, wofür wir hier sterben?"
"Für die Freiheit des Südens, Cole. Das ist doch keine Frage."
Der Atem des Schwerverletzten ging rasselnd. Blutiger Schaum bildete sich auf seinen Lippen und in seinen Mundwinkeln. "Nein", drang es aus seiner Kehle. "Wir sterben in Wirklichkeit für die Interessen der reichen und vornehmen Pflanzeraristokratie des Südens, die sich der Gesellschaftsform des Nordens nicht anpassen will. Wir – wir alle, die hier stürmen und sterben, werden schamlos ausgenutzt. Ich – habe – es – erst – nach und nach – begriffen, Jed. Jetzt ..."
Coles Lider flatterten, er bäumte sich auf, seine Augen brachen. Captain Cole Starr war tot.
Die Unionisten stürmten den Südstaatlern entgegen. Männer wurden regelrecht abgeschlachtet. Jed Bassett kniete bei dem Toten. Bilder aus der Vergangenheit liefen wie ein Film vor seinem geistigen Auge ab.
Er wusste nicht, wie lange er so gekniet hatte. Um ihn herum wurden einige Karabiner durchgeladen. Jed schaute wie ein Erwachender. Er war von Yankee-Soldaten umgeben. Langsam hob er die Hände ...
*
Der Krieg war zu Ende.
Jed Bassett ritt nach Hause nach Texas ...
Er hielt am Rand des Ranchhofes sein Pferd an. Das Tier ließ müde den Kopf hängen und prustete. Jed wischte sich mit den Handrücken Staub und Schweiß aus den Augenhöhlen. Zwischen entzündeten Lidrändern hervor sah er sich um.
Auf der Starr-Ranch war alles noch so wie vor mehr als vier Jahren, als er diesen Landstrich verließ, um General Lees Ruf zu folgen und den Eid auf die Fahne des Südens zu schwören.
In der Schmiede arbeitete ein Mann, den Jed nicht kannte. Helle Hammerschläge klirrten. Ein Gehilfe des Schmiedes betätigte den Blasebalg. In der Esse glühte die Holzkohle. Das Fauchen vermischte sich mit den Hammerschlägen.
Aus einer Scheune kam ein Ranchhelp mit einem Ballen Stroh in den Armen.
Er sah Jed, blieb stehen und starrte ihn an wie einen Geist. Auch in der Schmiede verklangen plötzlich die Geräusche.
Langsam ritt Jed weiter. Einige weitere Männer traten aus den verschiedenen Gebäuden. Sie fixierten ihn schweigend, mit einer Mischung aus Neugierde und eisiger Ablehnung.
Die Tür des Haupthauses öffnete sich und Jane kam auf den Vorbau. Sie schritt hocherhobenen Hauptes und mit ausdrucksloser Miene bis zum Geländer und legte die Hände darauf.
Sie war eine schöne, begehrenswerte Frau. Ihre Erscheinung und ihre Haltung flößten Respekt ein. Sie war Anfang 30. Lange, dunkle Haare umrahmten ihr ebenmäßiges Gesicht.
Jane Starr trug schwarzen Witwenhabit. Das Kleid betonte ihre gertenschlanke Taille. Ihr Teint mutete etwas bleich an.
Jed lächelte, als er das Pferd parierte. "Guten Tag, Jane. Ich hoffe, mein Platz auf der Starr-Ranch ist noch frei."
Sein Lächeln gerann, als Jane keine Miene verzog. Ihr schönes Gesicht war wie aus Stein gemeißelt. Ohne jede Gemütsregung musterte sie ihn.
"Jane", murmelte er, indes er die Hände auf das Sattelhorn legte und sich etwas im Sattel nach vorne beugte. "Erkennst du mich nicht? Ich bin es – Jed Bassett. Vor dem Krieg habe ich hier auf der Ranch als Vormann gearbeitet. Dein Mann und ich sind zusammen ..."
Sie unterbrach ihn hart: "Cole ist bei Gettysburg gefallen. Eine verdammte Yankeekugel hat ihn getötet. Du hast überlebt. Um zu überleben, hast du die Männer verraten, die für die Sache des Südens gekämpft haben."
Die anklagenden Worte schienen tonnenschwer zu wiegen in ihrem Mund.
Jed war wie vor den Kopf gestoßen. Er traute seinen Ohren nichts. Es klang in ihm nach, und ehe er das, was sie sagte, richtig verarbeitet hatte, fuhr sie schon fort: "Ja, du hast Texas verraten, Jed Bassett. Du hast die Sezession verraten. Schau dich an! Du trägst die blaue Uniformhose, das gelbe Halstuch, auf deinem Kopf sitzt eine Feldmütze mit dem Emblem der gekreuzten Säbel der Unions-Kavallerie. Du hast dir dein jämmerliches Leben erkauft, indem du zum Verräter wurdest."
Deutlich spürte Jed den Anprall von Feindseligkeit und Verachtung. Er glaubte sogar so etwas wie Hass in ihren dunklen Augen zu erkennen. Sein Hals war sekundenlang wie zugeschnürt.
"Ich geriet in Gefangenschaft und wurde vor die Wahl gestellt ..."
"Verräter!" Sie spuckte das Wort regelrecht hinaus. "Du bist eine Schande für Texas. Die Yanks sind blutsaugende Bastarde, die ihren Sieg auskosten. Aber du bist eine niederträchtige Ratte, Jed. Verschwinde von meinem Grund und Boden. Du hast die Sache verraten, für die mein Mann und viele tausend andere gute Männer gestorben sind. Verschwinde, Jed Bassett, und betrete nie wieder den Grund und Boden der Starr-Ranch. Wenn doch, lasse ich dich mit der Peitsche davonjagen."
Sie sprach es in unversöhnlicher Art und mit unerbittlicher Härte. Ihre linke Braue hatte sich etwas gehoben. Ihre Augen fixierten ihn mit einer Mischung aus Abscheu und Hochmut. Alles, was sie für ihn und alle anderen Männer vor dem Krieg begehrenswert gemacht hatte, schien in ihr abgestorben zu sein. Sie wirkte nur noch arrogant und kalt wie ein Eisblock.
O ja, er war in sie verliebt gewesen.
Aber dann hatte sie Cole Starr das Ja-Wort gegeben.
Er, Jed, wollte damals das Land verlassen. Aber Cole, sein Freund, redete so lange auf ihn ein, bis er blieb. Er arbeitete sogar weiterhin auf der Starr-Ranch als Vormann. Die Zeit heilte seine innerlichen Wunden. Und er kam darüber hinweg, dass Jane ihn verschmäht hatte.
Was sie sagte, traf ihn tief in den Kern. Seine Backenknochen mahlten. Zwingend starrte er sie an. In seinen Mundwinkeln zuckte es. Er wollte ihr sagen, dass Cole ihm sterbend aufgetragen hatte, sich nach dem Krieg um sie und die Ranch zu kümmern. Er hatte es Cole geschworen, ehe dieser die Augen für immer schloss.
Jetzt war er heimgekehrt, um seinen Schwur einzulösen.
Und hier begegneten ihm nur Hass, Arroganz und eisige Verachtung.
Jed spürte Enttäuschung und Verbitterung. Er nickte. "Wie du willst, Jane", stieg es heiser aus seiner Kehle. "Es ist dein Grund und Boden. Du musst mich hier nicht dulden."
Er nahm die Hände vom Sattelknauf und zog das Pferd um die linke Hand.
Die Hufe pochten dumpf, als er vom Hof ritt. Staub wirbelte.
Einer der Kerle, die herumstanden, spuckte geringschätzig aus, dann lief er quer über den Hof und griff nach dem Kopfgeschirr des Rotfuchses, den Jed ritt.
"Yeah", presste er zwischen den Zähnen hervor, "du bist eine widerliche Ratte, Jed Bassett. Man müsste dich mit einem Knüppel erschlagen."
"Hat Jane dich zum Vormann der Starr-Ranch ernannt, Buck? Wo warst du denn, während Leute wie ich oder Cole Starr gegen die Kugeln der Yanks anrannten?"
"Jemand musste ja schließlich auf der Ranch ..."
"Du hast dich feige gedrückt, Buck. Als Cole, ich und all die anderen Burschen uns meldeten, hast du dich herausgewunden wie ein Aal. So lange, bis Cole meinte, dass es besser wäre, du würdest auf der Ranch bleiben, um Jane zur Hand zu gehen. Das war schäbig, das war ..."
Buck Hogan war mit einem Schritt neben dem Pferd. Seine Hände stießen nach oben. Ehe Jed sich versah, lag er am Boden. Staub schlug unter seinem Körper auseinander. Und obwohl Jed ziemlich ausgemergelt und erschöpft war, spürte er eine dumpfe Glut aus Wut in sich aufsteigen.
Er war nicht nach Hause gekommen, um sich demütigen und beleidigen zu lassen.
Schnell erhob er sich.
Die Umstehenden kamen näher und bildeten einen Kreis.
Jed knurrte kehlig: "Ja, Buck, du hast dich feige vor der Pflicht, für Texas zu kämpfen, gedrückt. Du bist ein feiger und heimtückischer Coyote."
Die Atmosphäre auf dem Ranchhof war plötzlich angespannt und gefährlich. Die Luft schien vor Spannung zu knistern ...
*
"Diese Worte schlage ich dir in den Hals zurück, Verräter!", zischte Buck Hogan wie eine Schlange. Und dann griff er an. In seinen Augen funkelte es tückisch.
Langsam zog sich der Kreis aus Gaffern und den Männern der Starr-Ranch zusammen.
Hogan kam mit katzenhafter Behändigkeit näher. Er wirkte ausgesprochen konzentriert.
Jed Bassett warf sich ihm entgegen. Hogans Fäuste flogen auf ihn zu. Er tauchte unter ihnen hinweg, konnte aber nicht verhindern, dass Hogans Rechte schmerzhaft an seiner Schläfe entlangradierte.
Mit dem ganzen Gewicht seines Körpers prallte Jed gegen seinen Gegner und rammte ihn mit der Schulter. Hogan taumelte zurück und ruderte mit den Armen, um sein Gleichgewicht zu halten.
Jed verlor keine Zeit. Er setzte nach und ließ seine Rechte fliegen. Im letzten Moment konnte Hogan den Kopf zur Seite reißen. Jeds Haken streifte nur seine Wange.
Gierig sog Hogan Sauerstoff in seine Lungen. In seinen Augen schimmerte unversöhnlicher Hass. Mit aller Kraft stieß er sich ab. Er flog förmlich auf Jed zu, versuchte ihn mit beiden Händen zu fassen und zu umklammern. Ein Schwinger, der blitzschnell und ansatzlos aus der Hüfte kam, fing ihn ab, und einen Herzschlag lang schien er die Orientierung zu verlieren. Tapsig drehte er sich halb um seine Achse. Jed zog blitzschnell die Linke in die Höhe, um Hogan mit einem wuchtigen Haken gegen den Kinnwinkel zu fällen. Sein Gegner wich instinktiv aus. Doch da schickte Jed schon die Rechte auf die Reise und knallte sie Hogan mit Wucht gegen die Rippen.
Aus dem Mund des Getroffenen drang ein abgehackter Schrei. Sofort schlug Jed eine Doublette. Es gab dumpfe, trockene Geräusche, als er Hogan zweimal traf. Dieser verdrehte die Augen. Der verbissene, rabiate Ausdruck verschwand aus seiner Miene und machte grenzenlosem Erstaunen Platz. Seine Beine knickten ein wie morsche Stelzen. Er sank auf die Knie, sein Oberkörper neigte sich langsam nach vorn, und er konnte den Fall auf das Gesicht gerade noch im letzten Moment mit den vorgestreckten Armen abfangen. Er lag auf allen Vieren am Boden. Sein Kopf kippte nach unten und pendelte wie haltlos. Hogan atmete rasselnd. Speichel und Blut tropften von seinen Lippen.
Jed ließ die Arme sinken. Seine Knöchel schmerzten, sein Atem ging stoßweise. Er verspürte einen galligen Geschmack in der Mundhöhle.
Plötzlich waren die anderen Kerle da, die bis jetzt atemlos zugeschaut hatten. Jed war unvermittelt zwischen ihnen eingekeilt, und ehe er sich versah, packten ihn kräftige Fäuste und zerrten ihn herum.
Das gehässig verzerrte Gesicht eines der Kerle war unversehens ganz dicht vor seinem.
Links und rechts wurde Jed festgehalten. Unerbittliche Fäuste pressten ihm die Arme auf den Rücken. Er war nicht fähig, sich zu rühren. Die Verzweiflung begann in Jed hochzukriechen. Er war in diesen Sekunden der einsamste Mann auf Erden, und dieser Gedanke ließ ihn innerlich erschauern.
Die Faust des Kerls vor ihm zuckte hoch. Jed wollte instinktiv ausweichen, aber der Griff der Burschen, die ihn festhielten, lockerte sich nicht. Der unbarmherzige Schlag traf ihn. Sein Kopf ruckte in den Nacken. Der Schmerz wehte wie ein heißer Wind durch sein Bewusstsein und lähmte sein Denken.
Die Schläge kamen schnell und sicher. Bald nahm Jed die Gestalt vor sich und das kantige Gesicht nur noch wie durch Nebelschleier wahr. Er wankte zwischen den Kerlen, die ihn gepackt hielten. Die Schwäche kroch wie flüssiges Blei durch seinen geschundenen Körper.
Für einen Augenblick flackerte das Feuer des Widerstandes noch einmal in ihm auf. Er zerrte und riss und warf sich hin und her. Aber es gelang ihm nicht, sich den stahlharten Fäusten zu entwinden. Ein wuchtiger Schlag traf ihn.
Er spürte nicht mehr, wie sie ihn losließen und er schwer auf dem Boden landete, wie sie ihn an den Beinen aus dem Ranchhof schleiften und draußen in den Staub warfen. Eine gnädige Ohnmacht umfing ihn.
Jane Starr hatte ungerührt zugeschaut. Sie konnte nichts empfinden. Ihr Herz war kalt und tot. Hass vergiftete ihr Gemüt.
Einer der Weidereiter lachte ironisch, spuckte in den Sand und sagte mitleidlos: "Der hat schätzungsweise für alle Zeit genug. Wahrscheinlich schleicht er wie ein geprügelter Straßenköter aus dem Land, und wir werden nie wieder etwas von ihm hören. An solchen Prügeln zerbricht jeder Mann."
Jemand führte Jeds Pferd durch das Tor. Dann verschwand die unerbittliche Meute. Der Rotfuchs senkte den Kopf über Jed und stupste ihn mit der Nase an.
Irgendwann kam Jed zu sich. Er stemmte seinen Oberkörper hoch. Noch war er viel zu benommen, um den Schmerz zu spüren. Einige Zeit blieb er sitzen. Er musste zu sich finden, seine Gedanken sortieren und ordnen. Er tastete sich mit der Hand über das blutverschmierte Gesicht. Sein Blick schweifte durch das hohe Galgentor. Die Starr-Leute gingen wieder ihrer Arbeit nach. Jane hatte den Vorbau längst verlassen.
Jed rappelte sich auf die Beine. Seine Motorik funktionierte. Aber er spürte jeden Knochen und jeden Muskel. Er hakte die Wasserflasche vom Sattel, schraubte sie auf und trank einen Schluck. Dann kletterte er in den Sattel. Es war mit tobenden Schmerzen verbunden und erforderte all seinen Willen ...
*
Die Ortschaft Caps tauchte vor Jed auf. Er war ein Geschlagener. Sein Gesicht war blutig, verschwitzt und verstaubt. Nach vorne gekrümmt saß er auf dem Pferd. Es gab fast keine Stelle an seinem Körper, die nicht schmerzte von den Faustschlägen und Tritten, die sie ihm verpasst hatten.
Die Stadt lag im Sonnenglast. Der heiße Wind trieb Staubschleier aus der Wildnis über die Dächer. Es war Mittagszeit und die Menschen hielten Siesta. In den Schatten dösten einige Hunde. Am Haltebalken vor dem Saloon standen fünf Pferde. Sie peitschten mit den Schweifen nach den blutsaugenden Bremsen an ihren Seiten.
Der Rotfuchs trug Jed die Main Street hinunter. Er ließ den müden Blick schweifen.
Caps hatte ich kaum verändert in all den Jahren. Allerdings wirkte alles ein wenig heruntergekommen. Einige Häuser, die früher bewohnt waren, standen leer. Sie waren dem Verfall preisgegeben. Die Holzverkleidungen und Stützbalken der Vorbaudächer sowie die Vorbaugeländer waren grau und zeigten dunkle Fäulnisspuren.
Man merkte, dass es während des Krieges fast keine Männer hier gegeben hatte, die die Häuser in Ordnung hielten.
Jed lenkte den Rotfuchs in eine Gasse, an deren Ende der Mietstall lag. Das Hoftor stand offen. Er durchquerte den Wagen- und Abstellhof und saß vor dem Stalltor ab.
Er führte den Rotfuchs hinein. Düsternis umgab ihn. Muffige, abgestandene Luft, geschwängert vom Stallgeruch, schlug ihm entgegen.
In einigen Boxen standen Pferde.
In einem Verschlag, in dessen Tür ein Fenster eingesetzt war, hockte ein bärtiger Mann. Ein Schild mit der großspurigen Aufschrift 'Office' war an das Türblatt genagelt.
Jetzt wurde der Stallmann aufmerksam. Er erhob sich und kam aus dem Verschlag. Die Tür knarrte rostig in den Scharnieren.
Plötzlich weiteten sich die Augen des Oldtimers. Sein Bartgestrüpp klaffte auseinander, ihm entfuhr es: "Jed – Jed Bassett! Bist du es wirklich?"
Er ging, während er sprach, langsam weiter.
Jed nickte. "Sicher, Flint. Ich bin wieder ..."
Jed brach ab. Er wollte sagen: 'Ich bin wieder zu Hause'. Doch die letzten beiden Worte blieben ihm im Hals stecken. Er stand vor den Trümmern der Illusion, die ihn bewogen hatte, den Weg nach Caps unter die Hufe des Pferdes zu nehmen. Der Illusion, hier wieder den Platz einzunehmen, auf den er ein Anrecht zu haben glaubte und der ihm gebührte.
"Himmel, wer hat dich so zugerichtet?"
"Eine Handvoll Patrioten", versetzte Jed sarkastisch. "Es sieht aus, als wäre ich unter den falschen Voraussetzungen nach Caps zurückgekehrt. Aber nun bin ich einmal da."
Flint Hackman schien mit seiner Überraschung nicht fertig zu werden. Er kratzte sich am Hals. Schließlich stieß er hervor: "Deine Rückkehr steht wohl tatsächlich unter keinem guten Stern, Bassett. Es ist bis zu uns durchgedrungen. Du hast dich nach deiner Gefangennahme sozusagen bei den Yanks verdingt, um nicht das Gefangenenlager ertragen zu müssen. Du trägst noch Teile der blauen Uniform. Bist du denn nicht auf die Idee gekommen, dass du dir damit keine Freunde geschaffen hast hier?"
"Es ging ums Überleben, Flint", grollte Jeds Organ. "In den Gefangenenlagern starben unsere Männer an Seuchen und an Unterernährung. Ich bekam die Chance, nach Arizona zu gehen und in Fort Thomas ein verhältnismäßig freies Leben zu führen. Warum hätte ich diese Chance nicht wahrnehmen sollen? Viele haben sie ergriffen. Was habe ich falsch gemacht?"
"Soll ich dir Namen all der Burschen aus diesem Ort und der Umgebung aufzählen, die für die Sache des Südens gestorben sind, Jed Bassett? Ja, einige von ihnen gingen in den verdammten Lagern der Yanks vor die Hunde. Aber sie sind lieber gestorben, als die blaue Uniform anzuziehen."
"Sie sind an falschem Stolz gestorben, Flint. Sie verwechselten Patriotismus mit Fanatismus. Die Sache der Konföderation war längst verloren. Gettysburg läutete die Niederlage ein. Jetzt ist der Krieg vorbei. Die Patrioten sind tot. Sie haben ihrem Patriotismus einen hohen Zoll entrichtet. Die meisten von ihnen begriffen es erst, als es zu spät war. Auch Cole Starr hat es, als er in den letzten Zügen lag, begriffen."
"Warum bist du zurückgekehrt, Jed Bassett?"
"Weil mir Cole das Versprechen abnahm, mich um Jane und die Ranch zu kümmern. Ich habe ihn aus dem Kugel- und Granathagel geschleppt. Er hatte einen Bauchschuss. Nun, ich konnte ihm nicht helfen. Als ein Dutzend Blaubäuche die Karabiner auf mich richteten, war es auch für mich zu spät ..."
"Du wirst hier einen schweren Stand haben. In Abilene haben die Yanks eine Einheit Kavallerie stationiert. Zivilisten aus dem Norden haben sich breitgemacht und beanspruchen Land am Elm Creek. Sie sind ins Land eingefallen wie Parasiten. Die Armee schützt sie. Es sind die am meisten gehassten Kerle in diesem Landstrich. Dich wird man auf eine Stufe mit ihnen stellen."
Flint Hackman machte eine kurze Pause. Dann hub er wieder an: "Nein, Bassett, du stehst noch viele Stufen unter ihnen. Denn in dir sieht man einen Verräter. Man hasst dich nicht nur, man verachtet dich obendrein. Und das schmerzt noch mehr als eine Tracht Prügel."
"Diesen Hass und diese Verachtung habe ich bereits zu spüren gekriegt", murmelte Jed, und es klang ausgesprochen niedergeschlagen. "Heh, Flint, kann ich das Pferd bei dir unterstellen?"
Der Stallmann prallte regelrecht zurück. "Du willst doch nicht etwa hierbleiben?", fragte er entsetzt. "Willst du den Zorn, den alle auf dich haben, noch schüren, indem du dich ihnen tagtäglich zeigst? Sie werden dich steinigen."
Der Blick Flint Hackmans wanderte an Jed hinauf und hinunter. "Du trägst keine Waffe. Du siehst abgemagert und verwildert aus wie ein hungriger, struppiger Wüstenwolf. Du wirst hier kein Bein auf die Erde kriegen, Jed Bassett. Also schwing dich auf den Gaul und reite. Bring so viele Meilen wie möglich zwischen dich und diese Stadt. Versuch irgendwo Fuß zu fassen, wo dich keiner kennt."
"Ich werde über deinen guten Rat nachdenken, Flint."
"Du warst schon auf der Starr-Ranch, wie? Und dort hast du Federn gelassen. Du siehst aus, als hätten sie eine Stampede über dich hinweggetrieben."
"Ja. Jane hat mich wie einen räudigen Hund vom Hof gejagt. Den Männern, die sie beschäftigt, reichte das aber nicht ..."
Flint Hackman atmete tief ein. "Genauso wird man dich aus Caps hinausjagen. Wenn du hier bleibst, forderst du dein Schicksal heraus."
Jed gab sich einen Ruck. "Kann ich das Pferd bei dir lassen, Flint?"
"Du warst schon immer ein sturer Hund", seufzte der Stallbursche. "Okay. Ich versorge ihn." Er warf sich in die Brust. "Aber nicht, weil ich dir damit einen Gefallen erweise, Bassett. Mir tut die erschöpfte Kreatur leid."
"Sicher", murmelte Jed. "Trotzdem vielen Dank. Lebt Lilly noch in der Stadt?"
"Warum fragst du?"
"Sie war mir eine sehr gute Freundin damals."
"Du meinst, du hast sie gebumst, nachdem du bei Jane nicht landen konntest. Ja, Lilly lebt noch in Caps. Aber ich glaube nicht, dass deine Heimkehr bei ihr einen Freudentaumel auslöst. Außerdem ..."
"Was?"
Flint Hackman zögerte. "Außerdem ist sie seit einem Jahr mit Butch Winslow verlobt. Butch haben die Yanks ein Bein weggeschossen. Er kam vor anderthalb Jahren nach Hause. Kriegsuntauglich. War ja klar, nachdem er nur noch ein Bein hatte. Jetzt ist er Lillys Verlobter. Und bald werden sie heiraten."
"Betreibt Butch noch den Store?"
"Ja. Hölle, du solltest nicht hinübergehen. Sicher steht Lilly hinter dem Ladentisch. Butch wird nicht dulden, dass du dich ihr jemals wieder näherst. Fordere das Schicksal nicht heraus, Bassett. Verdammt, du hast in dieser Stadt nur Feinde."
"Ich war über vier Jahre lang von Feinden umgeben, Flint", knurrte Jed.
Er reichte dem Stallmann die Zügel.
Steifbeinig verließ er den Stall. Das grelle Sonnenlicht blendete ihn. Seine Augen brannten. Seine Lippen waren trocken und rissig. Staub und Schweiß hatten eine dünne Schmutzschicht in seinem Gesicht gebildet.
Jed ging zum Brunnen und hievte einen Eimer voll Wasser in die Höhe. Die Winde quietschte durchdringend. Er legte die Feldmütze auf den gemauerten Brunnenrand und wusch sich das Gesicht. Jetzt konnte man die Schwellungen, Blutergüsse und kleinen Platzwunden, die wie Feuer brannten, deutlich erkennen. Jed strich sich mit den gespreizten Fingern durch die blonden Haare. Schließlich stülpte er sich die Mütze wieder auf den Kopf und schritt zum Hoftor.
Die glühende Sonne trocknete sein Gesicht schnell.
Jed wusste, wo er den Store zu suchen hatte. Er wandte sich auf der Main Street nach links und schritt den Gehsteig hinunter. Dann erreichte er den Krämerladen. Ohne zu zögern betrat er ihn. Die Türglocke bimmelte. Jed sah alle möglichen Regale mit Waren aller Art. Aber viele der Regale waren leer. Die Versorgung des Südens mit Gütern florierte noch nicht so richtig nach dem Zusammenbruch der Konföderation.
Hinter dem Ladentisch stand Lilly. Sie sortierte Nägel verschiedener Längen in die Fächer einer flachen Holzkiste.
Jed war vor der Tür stehengeblieben. Das Bimmeln der Glocke war verstummt. Er schaute die Frau an.
Der Schimmer der Erkenntnis lief über ihr ebenmäßiges, gebräuntes Gesicht, das von rotblonden Haaren eingerahmt und von einem Paar grüner Augen beherrscht wurde. Ihre Lippen begannen zu beben. "Jed", entwand es sich ihr, und dann noch einmal: "Jed ..."
Der trat näher und baute sich vor der Ladentheke auf. "Ja, Lilly. Ich bin zurückgekehrt. Nach über vier Jahren. Aber es ist eine wenig erfreuliche Heimkehr."
Sie registrierte sein zerschlagenes Gesicht, aber sie verlor kein Wort darüber. Stattdessen sagte sie:
"Du hättest nicht nach Caps kommen dürfen, Jed. Hier sieht jeder in dir einen Vaterlandsverräter. Du hättest es wissen müssen. Was willst du? Brauchst du etwas? Sag es mir. Du bekommst es. Doch dann solltest du wieder fortreiten."
Sie hatte es mit klarer, sachlicher und präziser Stimme gesprochen. Fest sah sie ihn an. In ihren Augen flackerte es.
"Also du auch, Lilly", stieg es aus seiner Kehle. "Von Flint Hackman erfuhr ich, dass du dich mit Butch Winslow verlobt hast."
"Butch und ich werden heiraten."
Er schaute ihr in die Augen. "Wir beide waren auch so gut wie verlobt."
Lilly Wegener senkte den Blick. Ihre Brust hob und senkte sich unter schweren Atemzügen.
Plötzlich flog eine Tür am Ende des Tresens auf.
Jed drehte den Kopf.
Im Türrechteck erschien ein Mann. Es war Butch Winslow. Zum Öffnen der Tür hatte er die rechte Krücke an die Wand gelehnt. Jetzt griff er danach, klemmte sich das obere, abgerundete Ende unter die Achsel und humpelte in den Laden. Sein linkes Bein war über dem Knie amputiert. Das leere Hosenbein hatte er hochgeschlagen und mit einer Nadel befestigt.
Sein Gesicht war eingefallen und bleich. Die schwarzen Haare verstärkten diesen Eindruck der Fahlheit noch. Schwer stemmte er beide Krücken gegen den Fußboden. Neben Lilly hielt er an. Sein Blick verkrallte sich an Jeds Gesicht. Er schürzte die Lippen: "Verschwinde, dreckiger Verräter. Verschwinde, oder ich erschlage dich mit der Krücke. Und bleib Lilly fern. Sie ist für dich tabu." Rasselnd holte er Luft. Dann brüllte er: "Raus, du elender Hurensohn! Verlass auf der Stelle meinen Laden!"
Jeds Hals war trocken wie Wüstenstaub. Er schluckte mühsam. Seine Einsamkeit wurde ihm so richtig bewusst. Diese Stadt behandelte ihn wie einen Aussätzigen.
"O verdammt", presste er hervor. "Was habe ich euch bloß getan? Ich habe gegen die Yankees gekämpft und wurde von ihnen gefangengenommen. Und weil ich das Beste aus meiner Situation zu machen versuchte ..."
Er verstummte.
Jedes weitere Wort wäre in den Wind gesprochen gewesen.
Wortlos machte Jed kehrt. Die Türglocke bimmelte wieder. Es mutete ihn an wie zynisches Gelächter.
Er stand auf dem Gehsteig und schwenkte den Blick die Fahrbahn hinauf und hinunter.
Er verspürte Hunger und Durst und entschloss sich, in den Saloon zu gehen. Während er mechanisch einen Fuß vor den anderen setzte, dachte er: Zur Hölle mit ihnen! Auch ich habe gekämpft. Erst gegen die Yankees, dann gegen die aufständischen Apachen. Sie hassen mich hier, weil ich lebe. Ja! Mein Name würde sicher auf einer Ehrentafel verewigt werden, wenn ich auf dem Schlachtfeld oder im Gefangenenlager umgekommen wäre. Unter der Überschrift 'Unseren Patrioten zum Gedenken' wäre ich als Held in die Annalen dieser lausigen Stadt eingegangen. Und weil ich nicht als Patriot starb, weil ich dem Selbsterhaltungstrieb folgte, hassen sie mich. Heiliger Rauch, was ist das für eine verrückte Welt?
Die fünf Pferde standen nach wie vor am Holm vor dem Saloon.
Jeds Absätze dröhnten auf den Vorbaubohlen. Er drückte mit beiden Händen die Schwingtür auf.
Die Männer, die zu den Pferden gehörten, saßen an einem Tisch nahe beim Tresen. Sie trugen Weidereitertracht. Doch auf Jed wirkten sie nicht wie Cowboys. Er hatte diese Burschen vorher nie gesehen.
An einem anderen Tisch neben der Treppe saßen vier Männer aus der Stadt. Sie waren alle über 60 und von ihnen war keiner im Krieg. Sie starrten Jed düster an.
Der Salooner stand hinter dem Tresen und stemmte sich mit beiden Armen auf das blitzende Kupferblech.
Jed ging zum Schanktisch. "Gib mir einen Whisky, Jesse. Und dann hätte ich gerne etwas zum Essen."
Die Mundwinkel des Salooners sanken nach unten. "Whisky, Bassett, etwas zum Essen? Du willst in meinem Saloon einen Whisky und dir den Bauch vollschlagen? Gift würde ich dir verkaufen, wenn ich welches hätte. Schnellwirkendes, tödliches Gift. Aber Whisky und Essen kriegst du von mir nicht."
Jeds Herz schlug einen rasenden Rhythmus. Er würgte hervor: "Ich kann bezahlen, Jesse."
"Natürlich kannst du bezahlen. Du hast ja bei den Yanks im Sold gestanden." Jesse lachte grimmig auf. "So notwendig ich auf Verdienst angewiesen bin, Bassett: Auf dein dreckiges Geld pfeife ich."
"Warum willst ihm keinen Drink geben, Vernon?"
Einer der fünf Kerle, die wie Cowboys gekleidet waren, rief es.
"Weil ich charakterlose Verräter nicht bediene, Laughlin!", versetzte Jesse Vernon, der Salooner.
Seine Worte fielen wie Hammerschläge.
Und sie trafen Jed wieder bis in seinen Kern.
Jed spürte, wie in ihm die Wut hochkroch. Sie brachte sein Blut zur Wallung und staute sich in seiner Brust. Und sie drohte ihn zu übermannen ...
*
Der Mann, der soeben die Frage stellte, erhob sich.
Sporenklirrend kam er zur Theke und stellte sich neben Jed. "Mein Name ist Warren Laughlin. Ich habe die Nelson-Ranch übernommen, nachdem Bat Nelson im Krieg fiel und seine Frau die Ranch nicht mehr alleine bewirtschaften konnte."
"Jed Bassett", stellte dieser sich vor, und der würgende Zorn ließ seine Stimme dunkel und rau klingen.
"Wen hat er denn verraten?", erkundigte sich Warren Laughlin bei dem Salooner.
"Texas!", versetzte der Salooner bissig. "Er hat Texas verraten, als er die blaue Uniform anzog."
"Bist du zur Union übergelaufen?", wandte sich Laughlin an Jed.
"Nein. Ich war Gefangener der Yanks nach der Schlacht bei Gettysburg. Sie stellten mich vor die Wahl, entweder nach Fort Thomas im Arizona-Territorium zu gehen oder im Lager dahinzusiechen. Ich habe mich für Fort Thomas entschieden. Das macht mich in den Augen dieser Stadt zum Verräter."
"Gib ihm den Whisky!", stieß Laughlin grimmig hervor. "Und dann brate ihm ein anständiges Steak." Zwingend schaute er den Salooner an.
Jesse Vernon schenkte widerwillig ein Glas voll und schob es vor Jed hin. Dieser nahm einen kleinen Schluck. Der scharfe Schnaps trieb ihm die Tränen in die Augen und nahm ihm sekundenlang die Luft. Doch dann spürte er, wie er seine Energien, seine Lebensgeister mobilisierte.
Jesse Vernon begab sich in die Küche.
Laughlin ließ wieder seine Stimme erklingen. "Du hast weise gehandelt, Bassett. Und diese Stadt scheint mir von Narren bevölkert zu sein. Suchst du einen Job?"
"Yeah. "
"Was kannst du denn?"
"Ich war vor dem Krieg Vormann auf der Starr-Ranch."
"Aaah, bei der schönen Jane", lachte Laughlin auf. Sein Blick schien sich sekundenlang nach innen zu verkehren. "Ihr Mann starb bei Gettysburg."
Jed nickte. "Ich war bis zuletzt bei ihm."
"Nun", hub Laughlin wieder an, "auf den texanischen Weiden stehen einige Millionen Rinder herum. Herrenlose Longhorns. Sie haben sich während des Krieges vermehrt wie Karnickel. Wir sind dabei, eine Herde von 3000 dieser gehörnten Babys zusammenzustellen, um sie nach Norden zu treiben. Wir suchen einen guten Trailboss. Hättest du Lust, mitzumachen?"
"Natürlich!", beeilte Jed sich zu sagen und nippte wieder an dem Glas.
Laughlin wies nacheinander auf zwei der Männer am Tisch. "Das sind meine Partner James Callaghan und Wes Carter." Dann deutete er auf die beiden anderen. "Die beiden sind Jack Slaughter und Hondo Sloane. Sie reiten für mich und meine Partner. Es sind so etwas wie unsere Männer für besondere Fälle." Laughlin grinste vielsagend. "Wie ich schon sagte: Wir haben die Nelson-Ranch übernommen. Eine Schar von 15 Männern ist dort schon dabei, die Rinder zusammenzutreiben."
Callaghan und Carter nickten Jed zu. Slaughter und Sloane musterten Jed nur mit helläugiger Reglosigkeit.
Jed sah sich die Kerle an und schätzte sie ein. Sein besonderes Interesse erweckten die beiden 'Männer für besondere Fälle', wie Laughlin sich ausdrückte. Es waren Burschen mit hartlinigen Gesichtern und ausdruckslosen Blicken. Jed sah ihre Hände auf dem Tisch. Auf den Handrücken fehlten die Lassonarben. Es waren die Hände von Revolvermännern.
Sein erster Eindruck, dass keiner von den fünf Hombres ein Weidereiter war, schien sich bestätigt zu haben.
Doch Jed dachte nicht länger darüber nach. Er hatte einen Job angeboten bekommen und griff bedenkenlos zu.
Laughlin griff in die Jackentasche und holte seine Brieftasche hervor. Er sagte: "Du bekommst drei Prozent aus dem Erlös der Herde. Je günstiger du sie also in Kansas verkaufst, desto höher wird dein Lohn ausfallen." Mit dem letzten Wort fingerte er 200 Dollar heraus und reichte sie Jed. "Ein Vorschuss, damit du dir wenigstens einen Colt und ein Gewehr kaufen kannst. Besitzt du ein Pferd?"
Jed nahm das Geld. "Ja. Ob es sich allerdings für den Herdentrieb eignet, ist fraglich."
"Ihr werdet eine große Remuda dabei haben, Bassett. Du kannst dir ein brauchbares Tier aussuchen. – Morgen reiten wir zur Ranch. Wir haben im Hotel Zimmer gemietet. Für dich – schätze ich –, werden wir auch noch eines bekommen."
Laughlin prostete Jed zu.
Sie tranken noch ein Glas. Jed bekam das Essen. Er aß mit gesundem Appetit. Dann verließen sie den Saloon.
Jetzt konnte Jed sehen, dass Slaughter und Sloane die Colts tief geschnallt trugen. Die Knäufe der Eisen waren abgegriffen. Die beiden bewegten sich mit der Geschmeidigkeit von Raubkatzen. Der Eindruck, den Jed von ihnen hatte, war richtig. Es waren Coltschwinger.
Die Sonne hing über dem Horizont im Westen. Die Schatten der Häuser hatten sich schon weit in die heiße Fahrbahn geschoben.
Einer der schlimmsten Tage für Jed ging zu Ende. Seine Stimmung befand sich auf dem Nullpunkt.
Während Callaghan und Carter sowie die beiden Revolvermänner zum Hotel marschierten, begaben sich Laughlin und Jed zum Gunsmith.
Es war wohl Laughlins Anwesenheit, die den Büchsenmacher abhielt, Jed zu beleidigen. Nahezu wortlos verkaufte er ihm einen gebrauchten Armeecolt und eine Henry Rifle sowie einige Päckchen passender Munition. Jed erstand noch einen Patronengurt und schnallte ihn um. Er wog den Colt in der Hand. Er lag gut. Als er ihn spannte, rotierte die Trommel um eine Kammer weiter. Dann entspannte er ihn, ließ ihn einmal um den Finger rotieren und versenkte ihn im Holster.
Sie verließen den Laden.
Zehn Minuten später konnte sich Jed auf einem Bett in dem Hotelzimmer ausstrecken, das Laughlin für ihn gemietet hatte. Die Müdigkeit steckte tief in seinen Knochen. Ihm fielen die Augen zu. Der Schlaf übermannte ihn.
Jed wurde wach, als es an der Tür klopfte. Es war düster im Zimmer. Jed begriff nicht sogleich. Wieder pochte es. Diesmal etwas härter und fordernder. Jed schwang die Beine vom Bett, erhob sich und ging zur Tür. Er drehte den Schlüssel herum und öffnete.
Eine Gestalt drängte sich an ihm vorbei ins Zimmer.
Es war Lilly Wegener. Sie sagte: "Schließ die Tür, Jed. Ich muss mit dir reden."
Er war ziemlich erstaunt. Nur nach und nach bekam er seine Überraschung unter Kontrolle. "Du willst mit mir reden, mir, dem Vaterlandsverräter?", entfuhr es ihm.
"Ja. Mach die Tür zu."
Jed gehorchte und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Türblatt. "Also, sprich!"
Es gelang ihm nicht, seinen Blick von ihrer gertenschlanken, biegsamen Gestalt loszueisen, von dem gleichmäßigen, gebräunten Gesicht mit dem sinnlichen Mund, der kleinen, geraden Nase und den grünlichen Augen ... Eine lockige Flut rotblonder Haare fiel ihr über die Schultern.
Lilly verströmte einen erregenden Hauch von Fraulichkeit. Ihr Hals war braun und schlank, die Linie des feingeformten Kinns makellos. Ihr Mund war verlockend. Der Blick, mit dem sie ihn musterte, schien in die verborgensten Winkel seines Gehirns vorzudringen.
"Warum bist du heute zu mir gekommen, Jed? Du wusstest von Jesse Vernon, dass ich mit Butch Winslow verlobt bin und dass wir heiraten werden. Wolltest du Butch provozieren?"
Jed grinste lahm. "Nein. Ich wollte dich nur sehen, nach all den Jahren. Und ich wollte ..."
Er verstummte.
"Warum sprichst du nicht weiter?"
"Ich wollte sehen, ob du auch so über mich denkst wie alle anderen hier."
"Nein, Jed. Du hast das einzig Richtige getan, was du in deiner Situation tun konntest. Der Krieg ist vorbei. Du lebst. Nur das zählt. – Jed, es tut mir leid. Aber vier Jahre sind eine verdammt lange Zeit. Dann kam Butch. Er ist kein schlechter Mann. Er warb um mich. Und du ... Nun, du weißt es selbst. Ich habe seinem Drängen schließlich nachgegeben. Und jetzt kann ich kaum noch zurück. Es sei denn, wir verschwinden zusammen bei Nacht und Nebel aus dieser jämmerlichen Stadt. Ich wäre bereit dazu, Jed."
Sie trat vor ihn hin und legte ihre Hände flach gegen seine Brust. Ernst blickte sie hinauf in sein Gesicht. Es war noch hell genug, so dass sie Einzelheiten erkennen konnte.
Sie sah die Blessuren von den Fäusten der Starr-Männer, aber ihr entgingen auch nicht die harten Linien und Furchen, die die vergangenen vier Jahre geprägt hatten. Der Krieg war nicht spurlos an ihm vorübergegangen.
Jed roch den Duft ihres Haares. Die Berührung ihrer Hände ließ etwas in ihm aufwallen, das er schon lange nicht mehr verspürt hatte. Er erschauerte. Heiß stieg es in ihm hoch. Das Verlangen nach ihrem Körper überkam ihn mit Macht. Er griff nach ihr.
Lilly wich ihm nicht aus. Seine Hände legten sich um ihre biegsame Taille. Mit heiserer, belegter Stimme sagte Jed: "Ich bin so gut wie mittellos, Lilly. Und du wirst auch keine Reichtümer gescheffelt haben in den vergangenen Jahren. Das reicht nicht für einen Neuanfang. Ich habe bei Warren Laughlin angeheuert, um eine Herde von 3000 Longhorns nach Kansas zu treiben."
Er schüttelte den Kopf, spürte die Festigkeit ihres Körpers, und in seinen Lenden begann es zu kribbeln, als wäre ein Ameisenvolk unter seiner Haut zum Leben erwacht. "Lassen wir es so, wie es ist, Lilly. Mit Butch hast du sicher kein schlechtes Los gezogen."
Sie drängte sich näher an ihn heran. "Vier Jahre lang habe ich auf dich gewartet, Jed ..."
Er konnte sich nicht mehr beherrschen und riss sie an sich. Ihre Lippen fanden sich zu einem verzehrenden, leidenschaftlichen Kuss. Lilly klammerte sich an ihn. Sie bewegten sich in Richtung Bett. Es war kein bewusster Wille, der sie leitete. Sie dachten nicht an die Vergangenheit und auch nicht an die Zukunft. Für sie zählte nur die Gegenwart.
Sie kleideten sich gegenseitig aus. Ihre harten Brüste quollen ihm entgegen. Er rieb sachte mit der Handfläche über einen der steifen Nippel, beugte den Kopf und seine Lippen schlossen sich darum. Seine Zungenspitze kreiste um die voll erblühte, kieselsteinharte Warze. Lilly stöhnte und zuckte wie unter einem inneren Krampf.
Und wieder umschlangen sie sich mit den Armen und tauschten heiße Küsse. Dann drückte er sie mit sanfter Gewalt auf das Bett. Sie spreizte die Oberschenkel. Er spürte ihre Hand an seinem steifen Glied. Sie ließ sie ein wenig schwingen. Er ächzte. Adrenaline wurden bei ihm freigesetzt. Und plötzlich führte sie ihn an das heiße, feuchte Portal ihres Liebeskanals heran. Sie zog ihre Hand zurück. Er drang in sie ein.
Lilly stöhnte anhaltend. Er fing an, sich rhythmisch zu bewegen. Erst langsam, dann schneller – und schließlich exzessiv und kraftvoll. Mit jedem Stoß trieb er sie und sich einen weiteren Schritt dem absoluten Höhepunkt, dem schwindelerregenden Hochgefühl der Lust entgegen.
Dann entrang es sich ihr: "Oh, mein Gott ..." Ihre Stimme zerrann, sie bäumte sich auf. "Oooh, mein Gott! – Aaah ..." Es endete in einem erlösenden Wimmern.
Sie keuchte und stöhnte und bäumte sich ihm entgegen. Der Orgasmus ließ die Nippel ihrer Brüste steil in die Höhe wachsen. Sie rieben an seinem Leib. Beide schwitzten sie. Immer wieder stieß er tief in sie hinein. Seine Glocken schlugen gegen ihren runden, knackigen Po. Und dann kam auch bei ihm das Kribbeln, das den Verstand ausschaltet und jeden Mann automatisch die Augen verdrehen lässt. Warm und stoßweise pumpte er die Frucht seiner Lenden in sie hinein.
Dann lag er neben ihr. Herzschlag und Atmung beruhigten sich und nahmen den normalen Rhythmus wieder auf.
Irgendwann sagte Lilly: "Ich weiß nicht, Jed, ob es gut ist, sich mit Laughlin und seinen Partnern einzulassen. Sie sind keine Texaner und gehören zu jenen Blutsaugern, die nach dem Krieg in Texas eingefallen sind wie die Heuschrecken. Laughlins bester Freund ist Colonel McBride, der die in Abilene stationierten Truppen befehligt."
"Jeder versucht eben, sich ein möglichst dickes Stück von dem großen Kuchen, den es in Texas zu verteilen gibt, abzuschneiden, Lilly", murmelte Jed. "Ob es nun die Yanks sind, die das Land besetzt halten, oder irgendwelche andere Kerle. Texas gehört zu den Verlierern. Die Gewinner halten sich immer schadlos."
"Laughlin und seine Partner wollen sich das gesamte Land zu beiden Seiten des Elm Creek unter den Nagel reißen. Laughlin ist hinter Jane Starr her. McBride sitzt am langen Hebel zu einflussreichen Politikern. Einige Rancher am Fluss wurden schon enteignet und fortgejagt. Ich denke, dass Laughlin und seine Partner im Verein mit McBride auch alle anderen Rancher fertigmachen wollen. Und wenn Jane dem Drängen des Burschen nicht nachgibt, dann wird er zu Mitteln der Gewalt greifen. Es geht ihm in erster Linie nicht um die Frau. Laughlin und seine Kumpane gehen über Leichen. In der Stadt fürchtet man sie. Du solltest dich von diesen Schuften fernhalten, Jed."
"Er hat mir einen guten Job geboten, Lilly", wandte Jed ein. "Ich habe zugesagt und einen Teil von dem Handgeld, das er mit gegeben hat, für Waffen und Munition ausgegeben. Ich kann nicht mehr zurück."
Lilly erhob sich. "Dann ist dir nicht zu helfen, Jed", presste sie hervor und begann sich anzukleiden. "Dann wird hier ein neuer Krieg ausbrechen und du wirst wieder auf der falschen Seite stehen."
*
Die Herde war seit über einer Woche auf dem Trail nach Norden. Jed führte sie als Trailboss.
Viele Wochen würden vergehen, bis er wieder zurückkehrte ...
Es war Vormittag, als Warren Laughlin mit einer Handvoll Reiter in den Hof der Starr-Ranch ritt. Auch seine Partner James Callaghan und Wes Carter waren dabei.
Jane Starr sah das Rudel durch das Fenster der Wohnstube. Ihre Züge schienen zu gefrieren.
Von draußen klang der pochende Hufschlag herein. Einige Helps und Cowboys erschienen im Hof. Außer James Callaghan und Wes Carter begleiteten noch zwei Reiter Warren Laughlin.
Das Hufgetrappel brach ab, eine raue Stimme erschallte: "Jane – Jane Starr. Die zwei Wochen, die ich Ihnen Bedenkzeit gab, sind um. Kommen Sie aus dem Haus und geben Sie mir die Antwort auf meinen Antrag."
Ein Ruck durchfuhr Jane Starr. Unvermittelt verströmte sie Härte und Unbeugsamkeit. Ein herber Zug kerbte sich in ihre Mundwinkel.
Entschieden setzte sie sich in Bewegung. Stolz trug sie den Kopf erhoben. Ihre ganze Haltung war aufrecht – war die Haltung eines Bosses, der es gewöhnt ist, Befehle zu erteilen, anzutreiben, zu fordern, anzuordnen, zu überwachen, zu loben und zurechtzuweisen.
Als sie auf die Veranda trat, zog Warren Laughlin galant seinen Stetson und lächelte in gewinnender Manier. Seine Begleiter lüfteten die Hüte, ließen sie aber auf den Köpfen.
Jane trat bis an das Geländer heran und legte ihre Hände darauf. Ihre Miene war ausdruckslos, ernst erwiderte sie Laughlins Gruß. Mit präziser Stimme sagte sie: "Ich habe über Ihren Antrag nachgedacht, Laughlin. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht mehr heiraten werde."
Sie ließ ihre Worte wirken. Das Lächeln in Laughlins Zügen war wie weggewischt. Er zog den Kopf zwischen die Schultern, seine Finger verkrampften sich unwillkürlich um die Zügel.
"Mein Mann hat für Texas gekämpft und ist dafür gestorben", fuhr Jane mit klarer Stimme fort. "Sie sind nach dem Krieg zum Elm Creek gekommen, um reich zu werden. Sie haben im Verein mit Colonel McBride Existenzen zerstört, sie haben Familien mit fadenscheinigen Gründen von ihrem Land vertreiben lassen, Sie sind hier, um diesen Landstrich auszusaugen wie ein Blutegel. Selbst wenn Sie der einzige Mann auf der Welt wären, würde ich Sie nicht heiraten."
Laughlin schnappte erst einmal nach Luft. Sein Gesicht hatte sich gerötet. Er kniff die Lider eng. Die Haut über seinen Backenknochen straffte sich. Er schürzte die Lippen und presste zwischen den Zähnen hervor: "Das war deutlich, Jane. Dabei habe ich es nur gut mit Ihnen gemeint. Ihr Mann ist tot. Wir hätten ein prächtiges Paar sein können. Es wäre auch zum Wohle der Starr-Ranch gewesen."
"Sicher, Laughlin", versetzte Jane laut und deutlich, "es geht Ihnen um die Ranch und das Land, das dazu gehört. Um nichts sonst. Vielleicht begehren Sie mich am Rande auch als Frau – doch das ist für Sie nur ein nebensächlicher Beweggrund."
"Ist das Ihr letztes Wort?" Laughlins Stirn hatte sich in Falten gelegt, sein Organ klang grollend und Unheil verkündend.
"Mein letztes." Jane warf den Kopf in den Nacken. "Sie sind ein Feind unseres Landes, denn Sie sind gekommen, um es auszubeuten. Für dieses Land aber ist mein Mann gestorben. Keiner wird hier je seinen Platz einnehmen. Ich führe diese Ranch in seinem Geiste weiter. Sie werden sich an der Starr-Ranch die Zähne ausbeißen, Laughlin."
Warren Laughlin presste die Lippen zusammen, dass sie nur noch einen dünnen, blutleeren Strich bildeten. Zischend kam die verbrauchte Atemluft aus seiner Nase. Dann knurrte er: "Na schön, Jane. Ich muss Ihre Entscheidung schlucken, selbst wenn ich daran ersticken sollte. Aber ich muss sie nicht akzeptieren. Ein Mann wie ich lässt sich nicht vor den Kopf stoßen, ein Nein nehme ich nicht hin. Für Sie mag es das letzte Wort gewesen sein. Für mich nicht. Sie werden Ihre abweisende Haltung noch bereuen."
"Sie können mich auch mit Drohungen nicht umstimmen, Laughlin."
"Närrin!"
Mit diesem Wort zerrte Warren Laughlin wütend sein Pferd herum, drosch ihm die Sporen in die Weichen und ließ die Zügel schießen. In einer hochwogenden Staubwolke jagte er vom Hof. Seine Begleiter folgten ihm.
"Geht wieder an eure Arbeit!", rief Jane den Männern zu, die überall herumstanden. Dann kehrte sie ins Haupthaus zurück. Trübsinnige Gedanken zogen durch ihre Gehirnwindungen.
Jane wusste, dass sie sich an diesem Vormittag einen Feind geschaffen hatte.
"Dreckiger Yankee-Parasit", murmelte sie voll Hass, als sie vom Fenster aus hinter den Reitern herblickte. Schließlich verschwanden sie über eine Bodenwelle aus ihrem Blickfeld. Nur noch der aufgewirbelte Staub markierte den Weg, den sie genommen hatten.
Er reitet jetzt zu McBride nach Abilene, durchzuckte es sie. Und McBride wird seine Politikerfreunde einschalten. Sie werden beratschlagen, wie sie mir die Ranch nehmen können ...
Jane hob den Blick.
Es wird ihnen nicht gelingen, Cole! Ich werde kämpfen! Und wenn McBride eine ganze Armee schicken sollte, um mich von diesem Grund und Boden zu vertreiben. Das schwöre ich dir, Cole.
Ja, es war ein Schwur, den sie ihrem toten Mann gegenüber ablegte.
Und es war nicht nur das Land und die Starr-Ranch, um die sie kämpfen wollte. Sie hasste die Eindringlinge aus dem Norden. Eine Yankee-Kugel hatte Cole getötet. Nun wollten sie auch noch das zerstören, was er geschaffen, was er mit seinem Schweiß und seinem Blut aufgebaut hatte.
Jane war bereit, um das Erbe, das ihr Cole hinterlassen hatte, zu kämpfen.
Sie hatte Cole geliebt. Sie liebte ihr Land. Sie war Texanerin – sie war Patriotin. Und wenn sich der gesamte Rest des Landes geschlagen gab – sie war nicht dazu bereit. Eher wollte sie tot sein ...
*
Wieder war eine Woche vergangen. Das Wetter hatte sich verändert. Seit zwei Tagen war der Himmel bewölkt. Am Nachmittag hatte es geregnet.
Jetzt war es Nacht. Die tiefziehenden Wolken verdunkelten den Himmel. Dort, wo der Mond stand, hellte ein gelber, verschwommener Lichtfleck die bedrohlich anmutenden Wolkenberge auf. Die Finsternis mutete fast stofflich und greifbar an. Weit im Westen flammte hin und wieder ein greller Blitz über den Horizont. Danach war fernes, lang anhaltendes Donnergrollen zu vernehmen. Von einem zum anderen Mal wurden die Donnerschläge lauter, was den Cowboys Ben Riggs und Henry Stewart verriet, dass sich das Unwetter sehr schnell näherte. Eines der gefürchteten Sommergewitter war im Anmarsch.
Die Rinder schliefen unruhig. Die Cowboys ritten in entgegengesetzter Richtung um die lagernde Herde. Nach jeweils einer halben Runde trafen sie aufeinander. Sie beneideten ihre Gefährten, die im weit entfernt liegenden Weidecamp in ihren Zelten wie Murmeltiere schliefen.
Ben war nervös. Er war müde. Die harte Round Up-Arbeit steckte ihm in den Knochen. Ihn fröstelte. Wenn irgendwo ein Stier brüllte, zuckte er zusammen. Die Nacht verkündete Unheil.
Wieder zuckte im Westen ein Blitz aus den sich drohend türmenden Wolken. Der Horizont wurde in grelles Licht getaucht, und für Sekunden wurden die Konturen der Berge aus der Finsternis gerissen. Ein berstender Schlag folgte. Die Nervosität in der Herde verstärkte sich. Viele Tiere ruckten hoch, witterten, prusteten, brüllten und muhten. Horn klapperte. Unruhiges Gewoge ging durch die stehenden Rinder.
Mürrisch ritt Ben seine Runde. Einmal heulte in den Bergen ein Coyote. Langgezogen, durchdringend und schauerlich. Andere stimmten ein. Wie ein vielstimmiger Choral wehte das Heulen in die Täler. Das Pferd unter Ben warf nervös den Kopf in den Nacken und wieherte. Ben knirschte eine Verwünschung.
Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich Henry Stewart auf. Pferd und Reiter waren durch die Finsternis nur ein großer, unförmiger Schemen. Anhaltendes Donnergrollen rollte durch die Nacht. Es begann zu tröpfeln. Heiser rief Henry: "Das wird eine verdammte Nacht, Ben, das sage ich dir. Die Kuhschwänze sind noch ziemlich nervös vom Zusammentrieb, und wenn ein Blitz zwischen sie fährt, haben wir das Chaos perfekt. Dann war die Arbeit eines ganzen Tages futsch."
"Vielleicht ist Tyler klug genug und schickt uns einige Männer zur Verstärkung", antwortete Ben lahm. "Hast du irgendetwas Verdächtiges wahrgenommen, Henry?"
"No." Henry lachte freudlos auf. "In einer solchen Nacht bleiben sogar die Stinktiere in ihren Bauten."
Die Pferde traten unruhig auf der Stelle. Die Nervosität ihrer Reiter schien wie ein Funke auf sie übergesprungen zu sein. Ringsum war Muhen und Brüllen. Es handelte sich um die ersten 2000 Longhorns, die für den Trail nach Kansas vorgesehen waren. In spätestens zwei Wochen sollte eine Herde von 5000 Stück Vieh marschbereit in der Senke stehen.
"Okay, Henry, mach’s gut", murmelte Ben, hob die Hand zum Gruß und trieb das Pferd mit einem Schenkeldruck an. Sie ritten auseinander.
Mit dem Wind trieben schwerere Regentropfen heran, und bald prasselte der Regen in Bens Gesicht. Er schlug den Kragen seines Regenumhanges hoch und rückte sich den Hut tiefer in die Stirn.
Ein krachender Donnerschlag drohte den Weltuntergang anzukündigen. Unmittelbar vorher war ein gewaltiger Blitz zur Erde gerast. In vielfältigen Echos verrollte der Donner, und in das sich entfernende Grollen hinein glaubte Ben durch das Rauschen des Regens dumpfes Getöse zu vernehmen. Er zerrte das Pferd in den Stand und lauschte angespannt.
Ben hatte sich nicht geirrt. Das pochende Geräusch verursachten mehrere Pferde, die schnell getrieben wurden.
Alarmglocken schlugen in Bens Bewusstsein an. Wie eine Warnung vor Unheil und Untergang zuckte es durch seinen Verstand. Fast automatisch griff Ben nach dem Gewehr und zog es aus dem Sattelschuh. Er repetierte.
Einen Augenblick versuchte er sich damit zu beruhigen, dass vielleicht Luis Tyler Verstärkung aus dem Weidecamp schickte. Er verwarf diesen Gedanken sogleich wieder, denn das Camp lag im Süden, der Hufschlag aber näherte sich von Norden.
Das Herz schlug dem Cowboy plötzlich bis zum Hals hinauf. Wie Fieber rann es durch seine Blutbahnen. Der Gedanke, dass vielleicht Warren Laughlin ein Rudel Reiter schickte, um Terror auf die Weide der Starr-Ranch zu bringen, kam bei Ben und brannte sich in seinem Bewusstsein fest. Ratlos schaute er hinter sich, aber da war nur die Masse der erregten Rinder, deren Leiber in der Finsternis ineinanderzufließen schienen. Von Henry war nichts mehr zu sehen.
Für einige Sekunden wurde der Hufschlag von einem berstenden Donner verschluckt. Dann wurde er wieder laut, und er schien Ben jetzt viel deutlicher vernehmbar. Unschlüssig rutschte der Cowboy im Sattel herum. Sollte er versuchen, das Camp zu erreichen, um Hilfe zu holen? Es war etwa zwei Meilen entfernt, denn Tyler und die anderen Boys hatten am Abend das Lager verlegt, um am kommenden Morgen gleich mit der Arbeit beginnen zu können.
Ben verwarf diesen Gedanken wieder. Er spürte den Regen nicht mehr. Auch die Kälte nahm er nicht mehr wahr. Hart klatschten die hagelkörnerschweren Tropfen in sein Gesicht. Rastlosigkeit und Beklemmung, die den Cowboy im Klammergriff hielten, bereiteten ihm nahezu körperliches Unbehagen. Härter krampften sich seine Fäuste um das Gewehr. Schwer trug der Weidereiter an seiner Unschlüssigkeit.
Das Hufgetrappel war jetzt ganz nahe. Bens Augen schmerzten, so sehr strengte er sie an, um mit seinem Blick die Nacht zu durchdringen. Aber die Dunkelheit war nach wenigen Schritten schon wie ein schwarzer Vorhang. Die Welt schien in treibenden Regenwänden und in einem bedrohlichen, endlosen Nichts zu enden.
Und plötzlich spuckte die Nacht einen Pulk Reiter aus. Nach Ben griff eine jähe Panik. Und es kostete ihn allen Willen, seine plötzliche Angst, die ihm den Hals austrocknen und sein Herz ein wildes Stakkato gegen die Rippen hämmern ließ, zu unterdrücken.
*
Die Horde Reiter kam zum Stehen. Der Wind trieb Wortfetzen an Ben Riggs' Gehör. Der Cowboy hielt den Atem an. Verstehen konnte er nichts.
Plötzlich flammten Sturmfeuerzeuge auf. Funken sprühten. Ben wurde von der Wucht des Begreifens getroffen wie von einem Faustschlag. Dynamit! Seine Nackenhaare sträubten sich. Er riss das Gewehr an die Schulter ...
Die Banditen schleuderten die Dynamitstangen von sich. Sie beschrieben einen weiten Bogen durch die Luft, Funken versprühend, eine dünne Rauchspur hinter sich herziehend. An verschiedenen Stellen fielen die Sprengladungen zwischen die Rinder. Für die Spanne einiger Lidschläge, in der sich jeder der Schufte einen zweiten der hochexplosiven Stäbe aus der Tasche angelte, geschah gar nichts.
Plötzlich aber stießen grelle Feuerblitze zwischen den Rindern in die Höhe. Gleichzeitig erfolgten die Explosionen und verschmolzen ineinander. Die Blitze weiteten sich zu blendendem Leuchten aus, und im brüllenden Getöse wurden die schweren Tierleiber zur Seite geschleudert.
Ben schüttelte den Bann ab, der ihn fesselte, und feuerte.
Noch standen die Rinder unter dem Schock der Explosionen, der ihre Instinkte lähmte. Die Banditen hielten die Zügel derart gestrafft, dass die Gebisse aus Stahl ihren Pferden tief und schmerzhaft in die Mäuler schnitten. Die Tiere scharrten mit den Hufen und stampften, aber die eisenharten, zähmenden Hände der Banditen ließen sie nicht ausbrechen.
Mit dem Aufpeitschen der Henrygun wurde einer der Nachreiter vom Pferd geschleudert. Der Reiterpulk riss auseinander. Raue Rufe erschallten. Und gleich darauf versank das Rauschen und Prasseln des Regens in den Geräuschen, die die Herde verursachte und die begleitet wurden von Blitz und Donner. Da war wieder das erregte Muhen und Brüllen, das Stampfen einiger tausend Hufe, der trockene Klang, wenn Horn gegen Horn stieß.
Ben würgte und schluckte hart. Die Banditen trieben ihre Pferde an. Ben überwand sich. Auch er setzte seinen Braunen in Bewegung. Durch die Finsternis und die Regenschleier nahm er die gefährliche Unruhe wahr, die durch die Herde ging. Hier und dort brach ein Rind aus dem Durcheinander. Das Getöse nahm zu und bald war die ganze Senke voll von dem erdbebenhaften Rumoren.
Ben hämmerte seinem Pferd die Sporen in die Seiten. Das Tier streckte sich. Einer der Reiter sprengte auf ihn zu. Der Bandit schwang seinen Colt. Ben riss das Pferd zurück. Die Hufe schlitterten über den aufgeweichten Boden. Der Cowboy zog den Gewehrkolben an die Schulter und drückte ab. Ein ellenlanger Mündungsblitz stieß aus der Mündung. Ben spürte den leichten Rückschlag und lud sofort wieder durch.
Der Cowboy vernahm einen spitzen Aufschrei, und im ersten Moment glaubte er, seine Kugel hätte den Halunken vom Pferd geworfen. Sofort aber wurde er eines Besseren belehrt. Der Oberkörper des Burschen ruckte wieder in die Höhe, und dann lohte es bei ihm auf ...
An der Flanke der Herde entlang donnerte Henry Stewart dem erdbebenhaften Dröhnen auf der Nordseite der Senke entgegen. In seiner Faust lag der Colt. Die Hufe seines Pferdes schienen kaum den Boden zu berühren.
Die Herde setzte sich in Bewegung. Sie stand kurz vor der Stampede. So manches Tier ging unter im Hin und Her der schweren Leiber und kam nicht mehr hoch. Stiere brüllten voller Panik.
Bens Schuss hatte den Reiter lediglich am Oberarm gestreift. Tief auf den Pferdehals geduckt jagte der Bandit jetzt heran. Das Tier unter Ben scheute, und der Cowboy konnte nicht ruhig zielen. Ein zweiter Bandit tauchte auf. Er fegte heran, und der Cowboy feuerte blindlings. Bens Verstand begann zu blockieren.
Mündungsfeuer stießen grell auf Ben zu. Eine Kugel bekam sein Pferd in den Kopf, die andere bohrte sich mit einem fürchterlichen Schlag in die Brust des Cowboys. Das stürzende Pferd begrub ihn unter sich. Jäh riss Bens Denken ...
Henry Stewart nahm einen dunkel und drohend anmutenden Reiterschemen nur wenige Schritte vor sich wahr. Im vollen Galopp feuerte er mit dem Colt. Der Sattel des Banditen war plötzlich leer. Das reiterlose Pferd lief weiter. Henry Stewart überholte es. Und wieder sah Henry einen der Banditen vor sich. Von der Seite näherte sich ein zweiter Reiter. Henry feuerte, und er konnte erkennen, dass sein Geschoss den Burschen, der vor ihm ritt, auf den Pferdehals warf. Doch da blitzte es bei dem Banditen auf, der von rechts kam. Er jagte eine ganze Serie von Kugeln aus dem Lauf. Henrys Oberkörper wurde von den Treffern geschüttelt und herumgerissen. Der Weidereiter stürzte vom Pferd. Sein Gesicht lag im nassen, niedergetrampelten Gras. Henry Stewart fiel in eine gähnende, bodenlose Leere ...
Ein rauer Befehl wurde gebrüllt. Die Stimme des Mannes vermochte kaum den Lärm zu überbieten. Wieder lohten Sturmfeuerzeuge auf ...
Schon zogen die nächsten Dynamitpatronen ihre verhängnisvollen Bahnen. Wie das Krachen von Feldhaubitzen erhoben sich die Explosionen über die Herde, begleitet vom Auseinanderplatzen der grellen Blitze. Wieder wurden Rinder wie von einer Riesenfaust weggeschleudert. Und dann war das Inferno perfekt.
Die Schufte rissen die Pferde herum und jagten sie zum Rand der Senke. Die Longhorns drängten auseinander. Brüllen und Muhen prallte gegen die Hügelflanken und wurde zurückgeworfen. Rinder stürzten und kamen nicht mehr hoch. Andere stiegen auf, drückten die Tiere unter sich zu Boden. Sie waren wie rasend vor Panik. Und schließlich brach die Herde auseinander. Wie ein entfesseltes Element, wie von Furien gehetzt, rannten die Rinder in alle Richtungen davon. Der Boden erzitterte wie bei einem Erdbeben. Was den von Panik und Entsetzen getrieben Tieren in den Weg kam, wurde gnadenlos niedergetrampelt. Tote und sterbende Rinder blieben liegen.
*
"Wir ziehen Laughlin und seine Schufte dafür zur Rechenschaft!", tobte Jane Starr. Sie hielt es nicht auf einem Platz. Unruhig trieb es sie im Office der Starr-Ranch hin und her.
Halb auf der Fensterbank saß Buck Hogan, der sich mit Jed Bassett geprügelt hatte und den nur das Eingreifen weiterer Männer der Starr-Ranch vor einer schmählichen Niederlage rettete. Sein Gesicht war von Jeds Fäusten schlimm gezeichnet.
Auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch hockte Luis Tyler, der Mann, der zusammen mit seinen Reitern die Herde zusammengetrieben hatte, die in der Nacht in alle Winde zerstreut wurde.
Hinter dem Schreibtisch an der Wand hing die texanische Flagge mit dem Lone Star, dem fünfzackigen Stern also, der nach der Unabhängigkeit von Mexiko im Jahre 1835 von den Texanern zum Nationalemblem erklärt worden war.
"Wir wissen nicht, ob die Banditen von Laughlin geschickt wurden", verlieh Luis Tyler seinen Zweifeln Ausdruck. "Es gab zwar einige Tote, aber sie wurden von der Stampede zur Unkenntlichkeit zerstampft. Wenn wir auf Laughlin und seine Partner losgehen, ziehen wir uns den Sheriff in Abilene und vielleicht sogar die Armee auf den Hals."
Jane wirbelte zu ihm herum und funkelte ihn an. Ihre Lippen sprangen auseinander, sie schnappte: "Wir brauchen uns aber umgekehrt auch nicht an den Sheriff oder an McBride zu wenden. Der Sheriff ist Nordstaatler. McBride unterstützt die Bestrebungen Laughlins. Ich unterstelle sogar, dass er neben Laughlin, Callaghan und Carter der vierte Mann ist, der am Elm Creek sein Schäfchen ins Trockene zu bringen versucht. Ewig wird er schließlich nicht bei der Armee sein. Und dann will er ausgesorgt haben."
Hass verzerrte die Stimme Janes. Hass sprach aus ihren Augen. Er zerfraß sie und ließ keinen anderen Gedanken als den an blutige Vergeltung zu.
"Wir schlagen zurück", stieg es dumpf aus ihrer Kehle. "Wir präsentieren ihnen eine blutige Rechnung. Tyler, du lässt sämtliche Männer von der Weide holen. Wir reiten zur Nelson-Ranch und lassen dort keinen Stein auf dem anderen. Und dann jagen wir Laughlin und seine Schufte aus dem Land. Wir sorgen hier für klare Verhältnisse. Ein für allemal."
Buck Hogan, der Vormann, der Jed Bassetts Platz eingenommen hatte, schaute skeptisch. "Was du vorhast, ist so etwas wie eine Kriegserklärung im kleinen Stil an die Blaubäuche. Laughlin und seine Komplizen werden sich an McBride wenden. Und der wird seine Trooper schicken. Allerdings wird man uns nicht wie feindliche Soldaten behandeln, sondern wie Banditen."
"Sie haben uns über vier Jahre als Rebellen bezeichnet!", fegte Jane den Einwand Hogans vom Tisch. "Warum sollen wir diesem Ruf nicht gerecht werden?"
"Weil er uns in die Hölle führen wird, Jane", murmelte Buck Hogan. "Denk darüber nach. Wenn du willst, reite ich nach Abilene zum Sheriff und erstatte Anzeige. Er muss tätig werden. Er kann nicht einfach die Augen schließen und so tun, als wäre am Elm Creek alles in Ordnung. Wir können uns ..."
Kalt schnitt ihm Jane das Wort ab. "Der Sheriff ist McBrides Mann, und damit auch ein Mann Laughlins. Willst du etwa kneifen, Hogan? Hatte Jed Bassett vielleicht gar nicht mal so Unrecht, als er behauptete, du hättest dich feige vor der deiner Pflicht gedrückt, weil du dich nicht zur Armee meldetest?"
Sie starrte ihn durchdringend an.
Hogan senkte betreten den Blick. "Ich habe mich nicht gedrückt, Jane. Das weißt du genau. Ich bin auf der Ranch geblieben, weil Cole es von mir verlangte. Einer musste den Betrieb ja schließlich aufrechterhalten und dich beschützen."