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Die Anzahl der Veröffentlichungen zum Vertriebsmanagement ist insgesamt überschaubar. Einige davon stammen von selbsternannten Verkaufs-Gurus, die sich gegenseitig Preise und Ehrenzeichen vergeben, enthalten aber nicht viel mehr als scheinbare Patentrezepte weitgehend ohne belastbare Systematik. Andere stammen von Autorenkollegen ohne erkennbaren Vertriebs-Background, sind also in Bezug auf die Praxisrelevanz ihrer Aussagen tatsächlich kritisch zu hinterfragen. Relativ wenige Veröffentlichungen stammen von Verfassern, die, wie der Autor dieses Buches, sowohl über eigene langjährige Vertriebserfahrung verfügen, also hautnah mit Schweiß auf der Stirn und hoher Anspannung erlebt haben, was professionelles Verkaufen bedeutet, als auch über eine akademische Ausbildung und nunmehr drei Jahrzehnte Lehrerfahrung. Gerade dieser analytische Background wird zunehmend erforderlich, denn der Vertrieb ist immer komplexer und auch anspruchsvoller aufgestellt. Die Zeiten der kumpelhaften Mentalität sind endgültig vorbei, heute kommt es vielmehr auf die Beherrschung eines umfangreichen und differenzierten Werkzeugkastens vertriebspolitischer Instrumente an. Der Vertrieb ist eine Wissenschaft für sich geworden. Im Rahmen dieses Buches werden in zwölf Kapiteln alle relevanten Facetten des professionellen Verkaufens in kompakter Form erläutert. Im Fokus stehen dabei nicht theoretische Konstrukte, sondern anspruchsvolle, systematisch-analytische Praxisanforderungen. Daher ist dieses Buch sowohl für Studierende in Managementstudiengängen als auch Manager im B-t-C- und vor allem B-t-B-Vertrieb von hoher Relevanz.
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Werner Pepels
Grundlagen des Vertriebs
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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Alle Rechte vorbehalten© 2015 Duncker & Humblot GmbH, BerlinFremddatenübernahme: TextFormA(r)t Daniela Weiland, GöttingenDruck: CPI buchbücher.de GmbH, BirkachPrinted in Germany
ISBN 978-3-428-14793-9 (Print) ISBN 978-3-428-54793-7 (E-Book)ISBN 978-3-428-84793-8 (Print & E-Book)
Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ƀ
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort
„Grundlagen des Vertriebs“ ist aus den Anregungen des Lesermarktes heraus entstanden, die Inhalte des Buches „Vertriebsmanagement“ (ebenfalls im Verlag Duncker & Humblot in 2. Auflage 2014 erschienen) in knapperer Form, aber ohne Verlust wesentlicher Inhalte, wiederzugeben. Dieser Anspruch ist nicht leicht zu erfüllen, aber im vorliegenden Werk wird versucht, ihm dennoch gerecht zu wer- den. So werden in zwölf Kapiteln alle relevanten Aspekte des Vertriebs erläutert. Die Darstellung folgt dabei dem Leitgedanken der anspruchsvollen Praxisorien- tierung, d.h. es wird keine unnötige Akademisierung verfolgt, jedoch basieren alle Inhalte auf einer strikt systematisch-analytischen Konzeptbasis.
Als Leser für dieses Buch kommen daher sowohl Studierende der Wirtschaft an Fachhochschulen und Universitäten, an seriösen Weiterbildungseinrichtungen wie VWA’en, Berufsakademien, IHK’en o. Ä. in Betracht als auch Vertriebsmana- ger in absatz- und auch technikorientierten Unternehmen sowie Quereinsteiger aus anderen Ausbildungsrichtungen oder Funktionsbereichen, die sich einen fundier- ten Überblick über die Inhalte eines professionellen Vertriebs verschaffen wollen.
Für die Realisierung dieses Werks in dritter Auflage dankt der Autor dem Ver- lag Duncker & Humblot, Berlin, vor allem Herrn Dr. Simon, Geschäftsführer, und Frau Frank, Herstellung. Die erste Auflage ist 1995 erschienen (Handelsmarketing und Distributionspolitik), die zweite Auflage 2001 (Einführung in das Distributi- onsmanagement).
Leserinnen und Leser, die nach der Lektüre der Inhalte „auf den Geschmack gekommen“ sind und tiefer einsteigen wollen, sei das Basiswerk „Vertriebs- management“ (ISBN 978-3-428-14204-0) im selben Verlag empfohlen. Dort fin- det sich eine State of the Art-Darstellung des professionellen Vertriebswissens. Zunächst aber viel Erfolg bei der Anwendung der vielfältigen Ansätze für mehr Verkaufserfolg.
Krefeld, im August 2015
Werner Pepels
Inhaltsverzeichnis
1.
Absatzkanaldesign
1.1
Akteure im Absatzkanal
1.2
Gestaltung der Absatzkanalbreite
1.2.1
Darstellung und Bedeutung
1.2.2
Kritische Bewertung
1.3
Gestaltung der Absatzkanaltiefe
1.3.1
Darstellung und Bedeutung
1.3.2
Kritische Bewertung
1.3.3
Absatzkanalbeziehungen
1.4
Mehrkanaldistribution
1.4.1
Strukturen
1.4.2
Gestaltung
2.
Optionen der Absatzmethode
2.1
Wahl der Absatzform
2.2
Wahl des Vertriebssystems
3.
Absatzmittler als Intermediäre
3.1
Absatzmittler im Großhandel
3.1.1
Funktionen
3.1.2
Betriebsformen
3.1.3
Kritische Bewertung
3.2
Absatzmittler im Einzelhandel
3.2.1
Funktionen
3.2.2
Einteilungskriterien
3.2.3
Gängige Betriebsformen
3.3
Dynamik der Betriebsformen des Handels
3.3.1
Darstellung und Bedeutung
3.3.2
Hybrides Verbraucherverhalten
3.3.3
Versorgungs- vs. Erlebnishandel
4.
Konzentration im Absatzkanal
4.1
Warendurchsatz als Ursache
4.1.1
Regalplatzwettbewerb
4.1.2
Pipeline-Effekte
4.2
Machtzentrierung als Wirkung
4.2.1
Konflikte in der Angebotspolitik
4.2.2
Konflikte in der Gegenleistungspolitik
4.2.3
Konflikte in der Informationspolitik
4.2.4
Konflikte in der Vertriebspolitik
4.3
Konflikte in der Strategie
4.4
Entscheidungen zur Absatzkanalpräsenz
5.
Kooperationsformen im Absatzkanal
5.1
Darstellung und Bedeutung
5.2
Kollusive Abstimmung mit der Handelsstufe
5.3
Raumvermietungsgeschäfte des Handels
5.4
Warenvermittlungsgeschäfte des Handels
5.5
Vertriebsbindungssysteme des Handels
6.
Steuerung des Indirektabsatzes
6.1
POS-Maßnahmen des Handels
6.1.1
Ladenorganisation
6.1.2
Erfolgskontrolle
6.1.3
Maßnahmenoptionen
6.1.4
Wertschöpfungskette
6.2
Beeinflussungs-Mix des Einzelhandels
6.2.1
Sortimentsbildung
6.2.2
Preisgestaltung
6.2.3
Händlereigenwerbung
6.2.4
Markenbildung
6.2.5
Kundenservice
6.2.6
Standortwahl
7.
Absatz über akquisitorische Absatzhelfer
7.1
Handelsvertreter
7.2
Kommissionär
7.3
Handelsmakler
7.4
Handelsversteigerer
8.
Steuerung des Direktabsatzes
8.1
Absatz über eigene Vertriebsmitarbeiter
8.1.1
Reisende (VADM)
8.1.2
Mitarbeitersteuerung
8.1.3
Mitarbeitersteuerung
8.2
Personalplanung im Vertrieb
8.2.1
Personalbedarf und -beschaffung
8.2.2
Personalauswahl und -einsatz
8.2.3
Personalbeurteilung und -entgelt
8.3
Persönlicher Verkauf
8.3.1
Verkaufsgesprächsführung
8.3.2
Verkaufsgesprächsphasen
8.3.3
Qualifizierung
8.3.4
Einwandbehandlung
8.3.5
Konfliktüberwindung
8.3.6
Preisargumentation
8.3.7
Abschluss
8.3.8
Nachbereitung
8.4
Verkauf-Kauf-Synchronisation
8.4.1
Initialisierung
8.4.2
Konzeption
8.4.3
Sondierung
8.4.4
Anfrage
8.4.5
Angebotseinholung
8.4.6
Angebotsbewertung
8.4.7
Anbieterauswahl
8.4.8
Nachverhandlung
8.4.9
Kaufabwicklung
8.4.10
Nachkaufbewertung
9.
Distributionslogistik
9.1
Begriff und Abgrenzung
9.2
Serviceniveau
9.3
Entscheidungen zur Lagerung
9.4
Entscheidungen zum Transport
9.5
Logistische Absatzhelfer
9.6
Redistribution
10.
e-Commerce
10.1
Basis des Internet
10.1.1
Technischer Rahmen
10.1.1.1
Aufbau und Teilnehmer
10.1.1.2
Strukturen und Prozesse
10.1.1.3
Sprachen und Sicherheit
10.1.1.4
Präsenzen und Einsatzfelder
10.1.2
WWW als Absatzkanal
10.1.3
Elektronische Non-WWW-Absatzkanäle
10.1.4
Absatz über Web 2.0-Medien
10.1.5
Suchmaschinen
10.1.5.1
Arten
10.1.5.2
Einsatz
10.2
Internet-Geschäftsmodelle
10.2.1
Technikbasis
10.2.2
B-t-C-Geschäftsmodelle
10.2.3
B-t-B-Geschäftsmodelle
10.3
Konzeption ausgewählter Kanäle
10.3.1
Website-Konzeption
10.3.1.1
Nutzeroberfläche
10.3.1.2
Nutzerführung
10.3.2
Newsletter-Konzeption
10.4
Direkte Online-Absatzkanalgestaltung
10.4.1
Nullstufige Online-Absatzform
10.4.2
Verbundene Online-Absatzformen
10.4.2.1
Marktplätze
10.4.2.2
Börsen
10.5
Indirekte Online-Absatzkanalgestaltung
10.6
Mobile Basis (m-Commerce)
10.7
Erlösmodelle
11.
Vertrieb im Firmenkundengeschäft
11.1
Begriff und Abgrenzung
11.2
B-t-B-Marktkennzeichen
11.3
Kaufmännische Abwicklung
11.3.1
Problemerkennung und Problemweckung
11.3.2
Bedarfsbestimmung und Einfluss auf die Anforderungskriterien
11.3.3
Marktsondierung und Kontaktberücksichtigung
11.3.4
Anfrageneinholung
11.3.5
Angebotserstellung
11.3.6
Bewertungskriterien und Angebotsvergleich
11.3.7
Anbieterpräferenz
11.3.8
Nachverhandlung
11.3.9
Kauf- und Verkaufsabwicklung
11.3.10
Nachbereitung
12.
Vertrieb in Auslandsmärkten
12.1
Verfahren zur Marktwahl
12.2
Optionen des Markteintritts
12.2.1
Vertrieb durch Außenhandel
12.2.1.1
Direkter Export
12.2.1.2
Indirekter Export
12.2.1.3
Kompensation
12.2.1.4
Veredelung
12.2.1.5
Vertragsfertigung
12.2.1.6
Transithandel
12.2.2
Vertrieb auf Vertragsbasis
12.2.2.1
Vertriebslizenzierung
12.2.2.2
Internationales Franchising
12.2.2.3
Betreibermodell
12.2.2.4
Vertriebskooperation
12.2.2.5
Vertriebsallianz
12.2.2.6
Projektgesellschaft
12.2.3
Direktinvestition
12.2.3.1
Beteiligung
12.2.3.2
Übernahme
12.2.3.3
Allein-Neugründung
12.2.3.4
Joint Venture
12.2.4
Präferenz des Markteintritts
12.3
Optionen der Marktführung
12.3.1
Marktbearbeitung
12.3.2
Marktabfolge
Literatur
Sachwortverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Elemente des Absatzkanaldesigns
Abbildung 2:
Optionen Absatzkanalbreite
Abbildung 3:
Optionen der Absatzkanaltiefe
Abbildung 4:
Absatzkanalbeziehungen
Abbildung 5:
Optionen der Mehrkanaldistribution
Abbildung 6:
Elemente der Absatzform
Abbildung 7:
Elemente des Vertriebssystems
Abbildung 8:
Typik der Handelsunternehmen
Abbildung 9:
Einteilungen des Großhandels
Abbildung 10:
Kundenakquisitionsfunktionen
Abbildung 11:
Mengenausgleichsfunktionen
Abbildung 12:
Einteilungen des Einzelhandels
Abbildung 13:
Einzelhandels-Betriebsformen
Abbildung 14:
Matrix zur Einteilung der Einzelhandelsbetriebsformen
Abbildung 15:
Dynamik der Handelsbetriebsformen
Abbildung 16:
Porter U-Kurve
Abbildung 17:
Gründe für Regalplatzknappheit
Abbildung 18:
Pipeline-Steuerung
Abbildung 19:
Konf likte und Kooperationen im Absatzkanal
Abbildung 20:
Optionen der Absatzkanalpräsenz
Abbildung 21:
GTIN-Code
Abbildung 22:
RFID-Tag
Abbildung 23:
Optionen des Shelf Managements
Abbildung 24:
Beeinf lussungs-Mix des Einzelhandels
Abbildung 25:
Sortimentsbildung im Handel
Abbildung 26:
Sortimentszusammenstellung im Handel
Abbildung 27:
Akquisitorische Absatzhelfer
Abbildung 28:
Reisender vs. Handelsvertreter
Abbildung 29:
Mitarbeitersteuerung im Außendienst
Abbildung 30:
Personalplanung im Vertrieb
Abbildung 31:
Elemente des Personalentgelts
Abbildung 32:
Wahl der Leistungsbezugsgröße
Abbildung 33:
Einf lussfaktoren im Persönlichen Verkauf
Abbildung 34:
Verkaufsgesprächsphasen
Abbildung 35:
Verkauf-Kauf-Synchronisation
Abbildung 36:
Kaufklassen
Abbildung 37:
Produkteigenschaften
Abbildung 38:
Sourcing-Strategien
Abbildung 39:
Bestelldoktrinen
Abbildung 40:
Logistische Distribution
Abbildung 41:
Logistische Absatzhelfer
Abbildung 42:
e-Commerce-Technikrahmen
Abbildung 43:
Online-Absatzformen
Abbildung 44:
Online-Marktplätze
Abbildung 45:
Parameter von Online-Börsen
Abbildung 46:
Gebote bei dynamischer Preisbildung
Abbildung 47:
Online-Betriebsformen der Hersteller
Abbildung 48:
QR-Code
Abbildung 49:
Kaufabwicklung im B-t-B-Sektor
Abbildung 50:
Optionen des Markteintritts im Auslandsvertrieb
Abbildung 51:
Ausprägungen des Kompensationsgeschäfts
Abbildung 52:
Optionen der Marktbearbeitung
Abbildung 53:
Optionen der Marktabfolge
Abkürzungsverzeichnis
BERI
Business Environment Risk Information
B-t-B
Business to Business
B-t-C
Business to Consumer
C&C
Cash & Carry
CPFR
Collaborative Planning Forecasting Replenishment
DIY
Do it yourself
DPP
Direkte Produkt-Profitabilität
ECR
Efficient Consumer Response
EDI
Electronic Data Interchange
eG
eingetragene Genossenschaft
EH
Einzelhandel
EP
Efficient Promotion
EPI
Efficient Product Introduction
ERP
Efficient Replenishment
ESA
Efficient Store Assortment
GBG
Geschlossene Benutzer-Gruppe
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
GH
Großhandel
GTIN
Global Trade Item Number
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
GWWS
Geschlossenes Waren-Wirtschafts-System
HAIS
Handels-Informations-System
Incoterms
International Commercial Terms
IRC
Internet Relay Chat
J. V.
Joint Venture
KMU
Klein- und mittelständische Unternehmen
LBS
Location Based Services
LoI
Letter of Intend
MLM
Multi Level Marketing
PESTEL
politisch, ökonomisch, sozio-kulturell, technologisch, ökologisch, rechtlich
POP
Point of Purchase
POS
Point of Sales
QR
Quick Response
RFID
Radio Frequency Identification
RSS
Really Simple Syndication
SB
Selbstbedienung
SEA
Suchmaschinenwerbung
SEO
Suchmaschinenoptimierung
STEPP
Sozio-kulturell, technologisch, ökonomisch, politisch, physisch-ökologisch
SWOT
Stärken, Schwächen, Chancen, Risiken
TOWS
Risiken, Chancen, Schwächen, Stärken
[16]
UEPV
Unter-Einstands-Preis-Verkauf
UWG
Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb
VADM
Verkaufsaußendienstmitarbeiter
WWW
World Wide Web
1. Absatzkanaldesign
1.1 Akteure im Absatzkanal
Distribution umfasst allgemein alle Aktivitäten, welche die körperliche und/oder wirtschaftliche Verfügungsmacht über materielle oder immaterielle Güter von einem Wirtschaftssubjekt auf ein anderes übergehen lassen. Dabei herrscht die Herstellersicht vor, d. h., diese Aktivitäten sind Bestandteil des Marketing-Mix. Diese Definition impliziert, dass es mindestens zwei Beteiligter zur Distribution bedarf, des Lieferanten, z. B. Hersteller, und des Abnehmers, z. B. Zwischen- oder Endabnehmer. Diese stehen in Austauschbeziehungen zueinander. Der Systemrahmen dafür ist der Absatzkanal. Der Absatzkanal ist definiert als eine bestimmte Kombination aus Lieferant auf der einen, untereinander homogenen Abnehmern, die durch Stufe, Betriebsform, Rechtsstellung und Physis zu fassen sind, auf der anderen Seite, sowie einem Übergang an Waren, Geldern und Informationen zwischen beiden.
Der Absatzkanal gliedert sich in mehrere Stufen, auf denen Beteiligte aktiv sind:
herstellereigene, interne Absatzorgane (die eigene Marketingabteilung),
herstellereigene, externe Absatzorgane (Vertriebsmitarbeiter/Reisende) und herstellerfremde Absatzorgane (Handelsvertreter),
händlereigene Beschaffungsorgane (gewerbliche Einkäufer) oder händlerfremde Beschaffungsorgane (Beschaffungshelfer),
händlereigene, interne Absatzorgane (Verkaufsinnendienst),
händlereigene, externe Absatzorgane (Vertriebsmitarbeiter/Reisende) und händlerfremde Absatzorgane (Handelsvertreter),
endabnehmerfremde Beschaffungsorgane (private Beschaffungshelfer) oder endabnehmereigene Beschaffungsorgane (Haushaltsführende).
Der Absatzkanal kann vom Hersteller auf der Handelsstufe in drei Richtungen gestaltet werden,
in der Breitendimension hinsichtlich der Anzahl der Akteure, mit denen auf der jeweils nachfolgenden Absatzmittlerstufe interagiert werden soll,
in der Tiefendimension hinsichtlich der Anzahl der Stufen, auf denen mit Akteuren insgesamt interagiert werden soll,
[18]
in der Struktur hinsichtlich der Einschaltung einer oder mehrerer, dann paralleler oder gesplitteter Absatzkanäle.
Weiterhin kann nach der Absatzmethode differenziert werden (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Elemente des Absatzkanaldesigns
1.2 Gestaltung der Absatzkanalbreite
1.2.1 Darstellung und Bedeutung
Der Begriff Distribution kann als Zustand oder Prozess interpretiert werden. Als Zustand bezeichnet Distribution den Grad der effektiven Erhältlichkeit eines Produkts bei belieferten Absatzmittlern in Relation zur potenziellen Erhältlichkeit bei allen verfügbaren Absatzmittlern (Distributionsgrad).
Als Prozess bezeichnet Distribution die Veränderung des Grades der Erhältlichkeit eines Produkts (Distributionsaufbau/-abbau). Jedoch ist die höhere Distribution nicht unbedingt die bessere. Vielmehr kann man nach der Breite der Aktivitäten generell unterscheiden in:
Ubiquitäre
Distribution. Dabei sollen alle objektiv überhaupt in Frage kommenden Akteure in den Absatzkanal einbezogen werden (Überallerhältlichkeit). Dies ist außerordentlich schwierig zu realisieren und ansatzweise nur bei Softdrinks, Süßwaren, Zeitschriften und Zigaretten gelungen, indem Impulsmärkte und Automatenabgabe mit einbezogen werden.
Intensive
Distribution. Dabei sollen möglichst viele, mit vertretbarem Aufwand zu erfassende Akteure in den Absatzkanal einbezogen werden (zahlreiche Absatzstellen). Dies sorgt für einen hohen Distributionsgrad innerhalb des gewählten Absatzgebiets. Die Abnehmer sind dabei ihrer Struktur nach heterogen (z. B. Universalhandel).
[19]
Selektive
Distribution. Dabei sollen bewusst nur ausgewählte Akteure in den Absatzkanal aufgenommen werden (also definierte Absatzstellen, die bestimmten Auswahlkriterien genügen). Dies entspricht einer eher geringen Erhältlichkeit im gewählten Absatzgebiet, führt aber zur homogenen Struktur der Abnehmer (z. B. nur Fachhandel).
Exklusive
Distribution. Dabei soll ein Absatzgebiet so aufgeteilt werden, dass es zur relativen Monopolstellung der Akteure kommt, wie ansatzweise bei Automobilen, Mineralöl etc. gegeben. Dies ist nur in Ausnahmefällen wünschenswert (
siehe Abbildung 2
).
Abbildung 2: Optionen Absatzkanalbreite
Zu unterscheiden ist dabei zwischen realisierter und gewünschter Distribution. Dabei sind die beiden Prozessrichtungen der Distributionsausweitung und -einschränkung bedeutsam. Eine empirisch festgestellte intensive Distribution kann damit durchaus nur ein Zwischenstadium bei der Ausweitung zur Ubiquität sein. Der Potenzialausschöpfungsgrad gibt dann die Relation von tatsächlicher zu gewünschter Distributionsdichte an. Umgekehrt kann eine empirisch festgestellte selektive Distribution durchaus nur ein Zwischenstadium bei der Einschränkung zur Exklusivität hin sein. Die Zielerreichung kann hier ebenfalls durch die Relation von tatsächlichem und gewünschtem Distributionsgrad ausgedrückt werden. Diese Bewertung ist freilich nur intern möglich.
Zu unterscheiden ist weiterhin zwischen nummerischem und gewichtetem Distributionsgrad. Ersterer ergibt sich als Quotient aus der Anzahl der Geschäfte, die ein bestimmtes Produkt im Zeitpunkt t führen und allen Geschäften, die zum Zeitpunkt t irgendein Produkt der zugehörigen Warengruppe (Category) führen, letzterer als Quotient aus dem Umsatz der Geschäfte, die ein bestimmtes Produkt zum Zeitpunkt t führen und dem Umsatz aller Geschäfte, die zum Zeitpunkt t irgendein Produkt der zugehörigen Warengruppe (Category) führen.
Schließlich gibt die Distributionsqualität an, wie das Verhältnis von gewichteter Distribution zu nummerischer Distribution aussieht. Ein Quotient > 1 sagt dabei [20] aus, dass ein Unternehmen in den umsatzwichtigeren von allen Handelsgeschäften vertreten ist.
In diesem Zusammenhang ist auch der Out of Stock-Anteil von Bedeutung. Er ergibt sich als Quotient aus der Zahl der Geschäfte, die ein distributiertes Produkt zum Zeitpunkt t nicht vorrätig haben und den Geschäften, die mit dem Produkt distribuiert sein sollten, weil sie es beschafft haben. Out of Stocks führen zu Umsatzausfällen und können in einem Anbieterwechsel enden.
Stellt man sich die Breitendimension des Absatzkanals als ein Kontinuum vor, so markieren ubiquitäre und exklusive Distribution die beiden Endpole, intensive und selektive Distribution bewegen sich dazwischen. Die Übergänge zwischen jeweils benachbarten Feldern sind freilich fließend.
Für die Distributionswahl sind verschiedene Faktoren bestimmend. In erster Linie sind zu nennen:
Zeit. Ein Produkt mag im Zeitablauf verschiedene Distributionen von exklusiv bis ubiquitär durchlaufen. Insofern ändert sich mit dem Lebenszyklus womöglich auch die Distributionswahl.
Intention. Ein Hersteller mag eine breitere/engere Distribution als die tatsächlich gegebene anstreben, ist aber nicht in der Lage, diese am Markt durchzusetzen.
Image. Mit dem Up Grading eines Produkts geht meist eine zunehmend engere Distribution einher, da verstärkt Einfluss auf dessen Darbietung im Markt genommen wird.
Produkt. Hier sind Kriterien wie Wiederkaufrate, Verbrauchs- und Suchdauer, Service- und Preisniveau ausschlaggebend, die sich zu einer Typisierung eignen (rote, orange und gelbe Produkte).
1.2.2 Kritische Bewertung
Die verschiedenen Distributionsbreiten sind naturgemäß unterschiedlich zu bewerten. Die wichtigsten Vor- und Nachteile liegen auf Seiten des Herstellers vor allem in folgenden Aspekten. Zunächst zu den Vorteilen der Ubiquität:
vollständige Marktausschöpfung durch maximale Kontakthäufigkeit der Nachfrager mit dem gegebenen Angebot, dies ist besonders wichtig für impulsiv entschiedene Produkte,
umfassende Kapitalisierung der geleisteten Vorverkaufsaufwendungen durch kompletten Zugang zu Endabnehmern, insofern verbleibt nur eine geringe Gefahr der Fehlstreuung,
[21]
Initiierung von ungeplanten Käufen durch zufälligen Kontakt zwischen Produkt und potenziellen Nachfragern, die ohne diesen Kontakt nicht zustande gekommen wären,
weitgehende Vermeidung der Abhängigkeit des Herstellers von einzelnen Absatzmittlern, die nachfragemächtig sein und die eigenen Freiheitsgrade einschränken können.
Als Nachteile der Ubiquität sind zu nennen:
extremer Distributionsaufwand zur Bedienung aller möglichen Absatzstellen flächendeckend im Markt, dies gilt vor allem unter Aspekten der Logistikdurchführung,
Gefahr der Beeinträchtigung des Produktimages durch stark abweichende, diffuse Geschäftsstättenimages, die zu einer Irritation von Nachfragern über das Angebotsprofil führen können,
schwierige Kontrolle der Präsentations- und Absatzbedingungen auf Handelsebene wegen der Gefahr der Intransparenz.
Vorteile der Intensität sind vor allem folgende:
weitgehende Marktausschöpfung als vernünftiger Kompromiss zwischen Aufwand und Nutzen, insofern ist ein gewisses Optimum an Wirtschaftlichkeit erreichbar,
Nutzung des breiten Endnachfragezugriffs der großen Handelskonzerne im Markt, denen aufgrund des hohen Konzentrationsgrads eine Hebelwirkung zukommt,
eine breite Erhältlichkeit nutzt den Vorverkauf der Produkte gegenüber potenziellen Zielgruppen angemessen aus.
Als Nachteile der Intensität sind zu nennen:
keine vollständige Liquidierung von Kaufchancen durch Vorhandensein bewusster Distributionslücken, in denen der Akquisitionsaufwand nicht monetarisiert werden kann,
hoher Aufwand zum Aufbau und Erhalt eines intensiven Distributionsgrads, sodass eine erhebliche absatzbezogene Infrastruktur gegeben und vorgehalten werden muss,
mögliche Konkurrenz zwischen verschiedenen belieferten Absatzkanälen als kontinuierlicher Unruhefaktor innerhalb des Vermarktungskonzepts,
bei Top down-Vorgehen nachlassende Effizienz der Distributionsausweitung durch Zuwachs immer kleinerer Absatzstellen, denen kaum nennenswerte Absatzwirkung mehr zukommt.
[22] Vorteile der Selektivität sind vor allem folgende:
Rationalisierung des Vertriebs durch Beschränkung auf weniger, dafür aber größere Abnehmer, die umsatzwichtig für die Gattung sind,
Möglichkeit zu nachhaltiger Kontaktpflege dieser Abnehmer für eine bessere Vermarktung, da eine hohe Transparenz im Absatzkanal gewährleistet wird,
überschaubare Absatzstruktur lässt jederzeitige Korrekturen auf der Absatzmittlerstufe zu, vor allem, um strukturellen Entwicklungen in der Handelslandschaft Rechnung zu tragen,
gesteigertes Interesse der distribuierten Absatzmittler an der Förderung des Angebots ist zu unterstellen, da sie von dessen selektiver Distribution profitieren.
Als Nachteile der Selektivität sind zu nennen:
hohes Distributionsrisiko bei Ausfällen und Verschiebungen innerhalb des Absatzkanals, die nicht ohne weiteres ausgeglichen werden können,
niedriger Erhältlichkeitsgrad des Produkts birgt die Gefahr der geringeren Kapitalisierung dessen akquisitorischen Potenzials,
keine Nutzung dynamischer, neuer Betriebsformen des Handels im Rahmen der fortschreitenden Dynamik der Betriebsformen möglich.
Vorteile der Exklusivität sind vor allem folgende:
Minderung der Wettbewerbsintensität (Intrabrand Competition) für das betreffende Produkt bzw. die belieferten Absatzmittler durch bewusste Fokussierung der Distribution,
hoher Anspruch an die Einsatzbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Absatzpartner durch Auswahl innerhalb des Set möglicher Vertriebspartner,
große Effizienz und Effektivität der Vorverkaufsaktivitäten infolge guter Überschaubarkeit der Strukturen,
enge Bindung der Absatzmittler an den Hersteller mit mutmaßlich ausgeprägtem Engagement auf deren Seite.
Als Nachteile der Exklusivität sind zu nennen:
Abhängigkeit von Motivation und Fähigkeit einiger weniger Absatzmittler, welche die Distributionsaufgabe im Markt übernehmen,
Nachteil gegenüber Angeboten mit höherem Distributionsgrad, wenn die Erhältlichkeit eine kaufentscheidende Rolle spielt, durch die bewusste Verknappung werden auch Absatzchancen vergeben,
Einflussnahmemöglichkeit auf Absatzmittler stößt auf relativ enge wettbewerbsrechtliche Grenzen (Diskriminierungsverbot).
[23] Nach § 20 GWB ist die Zulässigkeit selektiven bzw. exklusiven Vertriebs dahingehend zu prüfen, ob Behinderung oder unbillige Benachteiligung ohne einen sachlich gerechtfertigten Grund bei Geschäftsverkehr vorliegt, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist. Dies wird regelmäßig nur gegenüber marktmächtigen Händlern bei Herstellern ohne absolute/relative Marktmacht verneint. In allen übrigen Fällen erfolgt ein Eingriff in die Dispositionsfreiheit des Herstellers hinsichtlich seiner Auswahl belieferter Händler.
Die Vorteile der Selektivität bzw. Exklusivität als geschlossenem Distributionskonzept in der Breitendimension auf Seiten der beteiligten Händler ergeben sich aus Folgendem:
relativer Konkurrenzschutz durch geringe bzw. limitierte Anzahl anderer Absatzstellen mit vergleichbarem Angebot,
sichere Handelsspanne durch wahrscheinlich geringere Wettbewerbsintensität, die zur willkommenen Preisberuhigung führt,
Partizipation an hoch stehendem Hersteller- bzw. Markenimage mit Abstrahlung auf das übrige Sortiment (falls vorhanden),
nachhaltige Herstellerunterstützung infolge partnerschaftlicher Kooperation über Know-how, Finanzmittel, Werbung etc.
Nachteile aus Sicht der Händler resultieren hierbei aus Folgendem:
hohes Maß an Abhängigkeit von Geschäftserfolg und Produktqualität des Herstellers, da dessen Produkte eine mutmaßlich hohe Geschäftsbedeutung haben,
eingeschränkte sortimentspolitische Freiheit durch Kopplung an Pflichten zur Sortimentierung, möglicherweise verbunden mit einem gegenseitigen Konkurrenzausschluss
Vergleichbarkeit mit anderen Absatzstellen des Produkts infolge weitgehender Standardisierung der Vermarktung.
Die Vorteile der Intensität bzw. Ubiquität als offenem Distributionskonzept in der Breitendimension auf Seiten der beteiligten Händler ergeben sich aus Folgendem:
höhere bzw. volle Wahrscheinlichkeit, bekannte und vertraute Produkte im Sortiment zu führen, die eine hohe Nachfragerakzeptanz aufweisen,
Partizipation an ungeplanten Käufen durch physisches Sortimentsangebot, das als Kaufanregung wirkt und Lerninhalte aktiviert,
Imagesteigerung durch Eindruck einer kompletten Sortierung aus Kundensicht, dies entspricht dem Bedarf nach One Stop Shopping bei breiten Käuferkreisen,
willkommene Vergleichsbasis zur positiven Profilierung gegenüber anderen Händlern durch bewusst preisgünstigeres Angebot.
[24] Nachteile aus Sicht der Händler resultieren hierbei aus Folgendem:
Bestandslücken führen zu minderer Einschätzung der Sortierung durch Nachfrager, damit besteht ein Druckmittel für die Listung (Pflichtmarke),
große Austauschbarkeit verschiedener Absatzstellen mit gleichem Angebot aus Sicht der Endabnehmer,
verschärfter Wettbewerb der Absatzmittler untereinander, vor allem bei anderweitig fehlender Profilierung.
1.3 Gestaltung der Absatzkanaltiefe
1.3.1 Darstellung und Bedeutung
Die Tiefendimension der Distributionsaktivität umfasst die ein- oder mehrstufige Auslegung für den Fluss von Waren, Geldern und Informationen zwischen Hersteller und Endabnehmer. Bislang wurde stillschweigend unterstellt, dass dabei immer Händler als Absatzmittler eingebunden sind. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Nach der Tiefe der Distributionsaktivitäten kann unterschieden werden in:
Direktabsatz
vom Hersteller unmittelbar an gewerbliche oder private Endabnehmer, also unter Ausschaltung zwischengestufter Absatzmittler, und zwar
–
intern direkt, d. h. über unternehmenseigene Absatzorgane,
–
extern direkt, d. h. über unternehmensfremde Absatzorgane (Absatzhelfer),
Indirektabsatz
vom Hersteller mittelbar an gewerbliche oder private Endabnehmer, also unter Einschaltung selbstständiger Absatzmittler (Händler), und zwar
–
einstufig indirekt vom Hersteller über Einzelhändler (Großbetriebsformen) an Endabnehmer als Regelfall. Ausnahmen bilden der einstufig indirekte Absatz über Großhändler an gewerbliche Zwischen- oder Endabnehmer (bei Konsumtivgütern und Großabnehmern, z. B. C&C) sowie über Verbindungshändler an Produzenten (Produktivgüter, z. B. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe).
–
zweistufig indirekt vom Hersteller über Großhandel und Einzelhandel an Endabnehmer als Regelfall. Ausnahmen bilden der zweistufig indirekte Absatz über Verbindungshändler an Weiterverarbeiter (Produktivgüter, z. B. Handwerk) sowie über Importeure im Außenhandel an ausländische Abnehmer.
Ein mehrstufig indirekter Absatz mit zwei oder mehr Großhandelsstufen vom Hersteller über zwischengeschaltete weitere Absatzstufen an Endabnehmer bildet die Ausnahme (siehe Abbildung 3).
Abbildung 3: Optionen der Absatzkanaltiefe
1.3.2 Kritische Bewertung
Hinsichtlich der Tiefendimension des Absatzkanals ergeben sich unterschiedliche Bewertungen. Wichtige Vorteile des internen Direktabsatzes aus Herstellersicht sind folgende:
Einsparung der Distributionsspanne und deren Instrumentalisierung für Preisvorteil bei Abnehmern oder Zusatzgewinn beim Lieferanten,
effiziente Steuerung und Kontrolle der Absatzaktivitäten durch Einbindung in die interne Organisation des Unternehmens,
direkter Kontakt zu Abnehmern fördert die Kundenbindung und schafft besseren Informationsfluss zwischen Markt und Unternehmen.
Nachteile des internen Direktabsatzes sind folgende:
hoher Organisationsaufwand zur Steuerung und Kontrolle der Absatzaktivitäten erforderlich (Übernahme der Handelsfunktionen),
fehlende Nutzung von Akquisitionschancen, die außerhalb der Verfügbarkeit des eigenen Unternehmens liegen,
hoher Kapitaleinsatz zur Etablierung des Absatzsystems sowie hohe laufende Aufwendungen zu dessen Unterhalt.
Vorteile des externen Direktabsatzes aus Herstellersicht sind folgende:
Abtretung der Kontakt- und Akquisitionsfunktion an eigenverantwortliche Absatzhelfer, die unternehmerische Initiative einbringen und das Ergebnis verbessern,
[26]
Monetarisierung zusätzlicher Kontakte im Markt zugunsten des eigenen Unternehmens, die ansonsten nicht zugänglich wären,
Substitution von Fixkosten bei internem Direktabsatz durch variable Kosten trägt zur willkommenen Risikoreduktion bei.
Nachteile des externen Direktabsatzes sind folgende:
Notwendigkeit zur Abtretung von Entgelt für die übernommenen Akquisitionsaktivitäten der Absatzhelfer in Form von Provision,
Selbstständigkeit der eingeschalteten Absatzhelfer kann instabile Absatzbasis bewirken, die nur begrenzt beeinflusst werden kann,
Koordinations- und Abwicklungsaufwand für die Kommunikation mit Absatzhelfern ist extern als höher einzuschätzen als intern.
Vorteile des einstufigen Indirektabsatzes aus Herstellersicht sind folgende:
Einsparung von Distributionsspanne gegenüber zwei- und mehrstufigem Absatz und deren Nutzung für Preisvorteil oder Zusatzgewinn,
Nutzung der gegebenen Qualifikation und erworbenen Marktkenntnis der Absatzmittler, die mutmaßlich näher am Endabnehmermarkt agieren als das Unternehmen selbst,
Verminderung von Übertragungsverzerrungen und Zeitaufwand gegenüber zweiund mehrstufigem Absatz.
Nachteile des einstufigen Indirektabsatzes sind folgende:
ein Großteil der Distributionsfunktion verbleibt als 0rganisations- und Geldaufwand beim Hersteller (Trade Marketing),
keine Nutzung der Multiplikationsfunktion weiterer zwischengeschalteter Absatzmittler für die Ausweitung der Geschäftsbeziehungen,
Abhängigkeit von wenigen großen Nachfragern und deren Interessenlage ist bei gegebenem Konzentrationsgrad wahrscheinlich.
Vorteile des zweistufigen Indirektabsatzes aus Herstellersicht sind folgende:
weitestgehende Auslagerung der Distributionsfunktion bewirkt interne Organisationsvereinfachung und Kosteneinsparung,
Ausschöpfung einer hohen Marktbreite durch nacheinander geschaltete Baumverzweigungsstruktur der Distribution,
überschaubare Liefer-, Abrechnungs- und Informationsbeziehungen mit wenigen großen Abnehmern im Direktkontakt.
Nachteile des zweistufigen Indirektabsatzes sind folgende:
Kürzung der eigenen Gewinnspanne um Entgelte für die Tätigkeit der Betriebsformen auf gleich zwei Absatzmittlerstufen,
[27]
fehlende Kontrolle der Darbietung der Produkte gegenüber Endabnehmern durch Selbstständigkeit auf zwei Stufen (dies gilt vor allem für die zweite/nachfolgende Absatzstufe),
Interaktionen der Absatzstufen untereinander führen zu Komplexität und Effizienzeinbuße in der Vermarktung.
Letztlich ist die Einschaltung von Absatzmittlerstufen, d. h. die Entscheidung zwischen Direkt- und Indirektabsatz, vom Anreiz-Beitrags-System abhängig. Das heißt, solange sich für einen Hersteller der Zugewinn an Akquisitionserfolg durch Einbezug von Absatzmittlern höher darstellt als der dazu abzutretende Gewinnanteil an Absatzmittler (Opportunitätskosten), wird dieser den Indirekt- gegenüber dem Direktabsatz bevorzugen. Gleiches gilt für die Entscheidung zwischen internem oder externem Direktabsatz bzw. zwischen ein- und zwei-(mehr-)stufigem Indirektabsatz. Solange für einen Hersteller der Zugewinn an Akquisitionserfolg durch Einschaltung von Absatzhelfern höher ausfällt als der an diese abzutretende Gewinnanteil, wird dieser sich für den externen Direktabsatz entscheiden bzw. solange der Akquisitionserfolg durch Einschaltung (einer) zusätzlicher Absatzstufe(n) höher ausfällt als der an diese abzutretende Gewinnanteil, wird dieser sich für (eine) zusätzliche Absatzstufe(n) entscheiden. Der abzutretende Gewinnanteil ist der Beitrag, der Zugewinn an Akquisitionserfolg der Anreiz.
1.3.3 Absatzkanalbeziehungen
Zwischen den Stufen des Absatzkanals bestehen vielfältige Beziehungen. Als Beziehungen für Waren und Gelder sind vorhanden:
Push
als Hineinverkaufsdruck vom Hersteller an den Handel bzw. von der voran die nachgelagerte Handelsstufe zu Endabnehmern. Dadurch soll ein Lagerdruck ausgeübt werden, der dazu führt, dass die derart bevorrateten Absatzmittler verstärkte Abverkaufsbemühungen unternehmen, wodurch sich der Absatz erhöht, das Lager leert und Chance zu erneutem Push bietet.
Pull
als Herausverkaufssog von Endabnehmern beim Handel bzw. von der nachan die vorgelagerte Handelsstufe. Dadurch soll ein Überbedarf erzeugt werden, der Absatzmittler dazu veranlasst, sich verstärkt mit dem nachgefragten Produkt zu bevorraten. Dies erhöht den Ab-Werk-Verkauf (Ex Factory Sales), da der Handel bestrebt ist, Fehlverkäufe zu vermeiden.
Durchverkauf
mit gleichzeitigem Hineinverkaufsdruck vom Hersteller und Herausverkaufssog von Endabnehmern innerhalb derselben Pipeline. Um zu vermeiden, dass sich gepushte Ware im Absatzkanal staut und zur Verstopfung führt bzw. gepullte Ware sich verknappt und zu Vorratslücken führt, sind beide Aktivitäten parallel anzulegen. Das heißt, jede Push-Aktivität muss auch dafür Sorge tragen, dass die reinverkaufte Ware wieder abfließt bzw. jede Pull-Akti
[28]
vität dafür, dass die bevorratete Ware zur Befriedigung erhöhter Nachfrage auch tatsächlich ausreicht. Sonst entstehen eher Frustrationen, weil der Handel feststellt, dass die reinverkaufte Ware offensichtlich nicht ausreichend abfließt bzw. er sich Endabnehmern gegenüber, die gezielt nach bestimmten Produkten fragen, als nicht ausreichend bevorratet zu erkennen geben muss.
Als Beziehungen für Informationen sind vorhanden:
Sprungwerbung
vom Hersteller direkt an Endabnehmer zur Erzeugung von Nachfragesog auf die zwischengeschalteten Handelsstufen. Dabei handelt es sich um massive Publikumswerbung, die Endabnehmer auf Hersteller/Produkte/Marken konditioniert und dadurch den Handel zu deren Bevorratung zwingt, soll er nicht als mangelhaft sortiert dastehen. Dies war in der Vergangenheit eine der wenigen Möglichkeiten für Hersteller, sich der Nachfragemacht des Handels zu entziehen, wodurch die erheblich gestiegenen Werbeaufwendungen der Hersteller erklärbar werden. Allerdings gerät die Wirksamkeit dieser Mechanik infolge allgemeiner Übersättigung mit werblicher Beeinflussung an ihre Grenzen. Zumal zwischenzeitlich Formen der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Handel anstelle der Konfrontation bevorzugt werden.
Fachwerbung
vom Hersteller an den Einzelhandel zur Erzeugung von Nachfragesog auf zwischengeschaltete Handelsstufen. Diese argumentiert meist grundlegend anders als Endabnehmerwerbung, nämlich eher mit ökonomischen, denn psychologischen Dimensionen. Werbeträger sind ausschließlich Fachmedien, die sich an Nutzer mit beruflichem Interesse wenden.
Händlereigenwerbung
an Endabnehmer zur Erzeugung von Nachfragesog direkt bei Absatzmittlern. Die Werbung des Händlers ist meist unmittelbar handlungsbezogen ausgelegt und soll eine Geschäftsstättenpräferenz aufbauen. Produkte werden dabei in diesem Sinne instrumentalisiert, was zu Konflikten mit der Herstellerwerbung führen kann (
siehe Abbildung 4
).
Unterscheidet man die Dimension der Absatzkanalbreite nach
ubiquitär, intensiv, selektiv, exklusiv,
und die Dimension der Absatzkanaltiefe nach
intern direkt, extern direkt, einstufig indirekt, zweistufig indirekt,
so ergeben sich für das Absatzkanaldesign aus diesen beiden Dimensionen 16 Kombinationen.
Abbildung 4: Absatzkanalbeziehungen
1.4 Mehrkanaldistribution
1.4.1 Strukturen
Die Distribution muss sich nicht unbedingt auf die Wahl nur eines Absatzkanals beschränken. Vielmehr können auch zwei oder mehr Kanäle nebeneinander distribuiert werden. Diese unterscheiden sich dann durch die
Stufigkeit, z. B. Einzelhandel und Großhandel,
Betriebsform, z. B. preisaggressives Universalgeschäft und preiskonservatives Spezialgeschäft,
Rechtsstellung, z. B. Absatzmittler und Absatzhelfer.
Insofern ergeben sich neben der eingleisigen (Mono-)Distribution mit nur einem ausschließlich bedienten Absatzkanal homogener Abnehmer folgende Alternativen:
Zweigleisige (Dual-)Distribution mit zwei bedienten Absatzkanälen interner Homogenität und externer Heterogenität,
Mehrgleisige (Poly-)Distribution mit mehr als zwei bedienten Absatzkanälen interner Homogenität und externer Heterogenität.
[30] Die Vorteile der Mehrkanaldistribution aus Herstellersicht liegen in Folgendem:
Verringerung der Gefahr der Abhängigkeit von einem belieferten Absatzkanal und dessen Nachfragemacht,
Chance zur Rationalisierung der Absatzbemühungen durch Konzentration auf die jeweils stärksten Absatzstellen je Kanal,
breite Nachfrageerfassung über Marktsegmentgrenzen hinweg, die bei verschiedenartigen Absatzstellen einkaufen,
Nutzung dynamischer, neuer neben konservativen, alten Betriebsformen des Handels in den Absatzkanälen.
Nachteile der Mehrkanaldistribution liegen in Folgendem:
Notwendigkeit zur Anpassung der Vermarktungskonzepte an die differenzierten Erfordernisse der verschiedenen Absatzkanäle,
Schaffung komplizierter arbeitsorganisatorischer Voraussetzungen für die Betreuung und Kontrolle mehrfacher Aktivitäten,
Gefahr der Beeinträchtigung des Produktimages durch Irritation auf Endabnehmerseite über das Angebotsprofil,
Querelen zwischen Absatzkanälen („Futterneid“), die praktisch unvermeidlich sind (horizontale Konflikte).
Die Vorteile der Mehrkanaldistribution aus Händlersicht liegen in Folgendem:
Zugang zu Produkten, die bei eingleisiger Distribution nicht unbedingt zugänglich wären und damit Stärkung der sortimentspolitischen Kompetenz,
Vorsprung gegenüber den nicht-belieferten Absatzstellen des eigenen Absatzkanals, sodass eine willkommene Absetzung davon möglich wird,
Nutzung von systemimmanenten Absatzkanalvorteilen bei dynamischen, aggressiv auftretenden Betriebsformen des Handels.
Nachteile der Mehrkanaldistribution liegen in Folgendem:
eine erhöhte Erhältlichkeit auf der Endabnehmerstufe führt zu verschärften Wettbewerbsbedingungen, vor allem auch im Vergleich zu systemüberlegenen Absatzkanälen,
eine geteilte Zuwendung des Herstellers durch mehrfache Absatzaktivitäten entsteht, die zu Schnittstellenproblemen führen kann,
Benachteiligung eines (objektiv oder subjektiv) komparativ leistungsunterlegenen Absatzkanals gegenüber Endabnehmern.
[31] Denkbare Absatzkanäle einer Mehrkanaldistribution sind dabei folgende:
interner Direktabsatz vom Hersteller an Endabnehmer über unternehmenseigene Organe, als Vertriebsmitarbeiter im Außen- und Innendienst,
externer Direktabsatz vom Hersteller an Endabnehmer über unternehmensfremde Absatzhelfer, vor allem Handelsvertreter und Kommissionäre,
einstufig-indirekter Großhandelsabsatz vom Hersteller über den Produktionsverbindungshandel an gewerbliche Abnehmer (Beispiele sind Franz Haniel, Stinnes AG, Gehe AG/Pharma, Thyssen Handelsunion, Klöckner & Co, Ruhrgas Handel, Phoenix/Pharma, Raab Karcher, Alfred C. Toepfer, RV Rheinbraun Handel, BayWA AG, Krupp Hoesch Int’l, Adolf Würth, Ferrostaal, Andreae–Noris Zahn/Pharma, Brenntag AG, Ruhrkohle Handel),
einstufig-indirekter Einzelhandelsabsatz vom Hersteller über große Einzelhandelsorganisationen an private Endabnehmer,
zweistufig-indirekter Einzelhandelsabsatz vom Hersteller an Großhändler und von diesen an Einzelhändler,
mehrstufig-indirekter Einzelhandelsabsatz vom Hersteller an zwei oder mehr Großhandelsstufen und von dort an die Einzelhandelsstufe,
interner Online-Direktabsatz über eine eigene Web-Präsenz, die transaktionsfähig ausgelegt ist,
externer Online-Direktabsatz über Online-Absatzhelfer, welche die Transaktion übernehmen,
Online-Indirektabsatz über Online-Absatzmittler (Großhändler und/oder Einzelhändler), die Eigentümer der Ware werden,
Offline-Direktabsatz über Medien wie Telefon, Telefax, m-Commerce, e-Mail, Direktaussendung, Katalog, TV/HF, Print etc.
1.4.2 Gestaltung
Jeder dieser Absatzwege kann mit anderen kombiniert werden. Die Mehrkanaldistribution ist vor allem durch das Internet als Absatzmedium aktuell geworden. Denkbar ist es dabei, alle ausgewählten Kanäle gleichermaßen zu distribuieren (parallele Distribution). Dabei fällt jedoch der größte Nachteil der Multi Channel Distribution ins Gewicht, die gegenseitige Kannibalisierung der Absatzwege. Dies kann zwar kaum verhindert, aber zumindest vermindert werden, indem die Absatzwege zueinander gespreizt werden. Dies führt zur gesplitteten Distribution (siehe Abbildung 5).
Abbildung 5: Optionen der Mehrkanaldistribution
Ein Absatzkanal ist dabei durch die Kriterien
Stufigkeit
(Einzelhandel oder Großhandel),
Rechtsstellung
(direkt, Absatzhelfer oder Absatzmittler),
Betriebsform
(gemäß homogener Betriebsformen des Handels) und
Physis
(nur real, dominant real, dominant virtuell, nur virtuell)
charakterisiert. Die Vorteile der parallelen Distribution aus Herstellersicht sind vor allem folgende:
bei vergleichsweise einfacher Distributionsanlage können dennoch große Teile des Marktes erreicht werden,
Querelen zwischen den distribuierten Absatzkanälen verbleiben wegen der Gleichbehandlung der Kanäle in engen Grenzen,
es besteht die Chance, durch Konsistenz im Vermarktungskonzept ein klares Profil in der Abnehmerschaft zu behalten,
die Kosten des Distributionskonzepts können vermindert und dessen Effizienz erhöht werden.
[33] Dem stehen jedoch erhebliche Nachteile gegenüber:
die spezifischen Vorteile einzelner Absatzkanäle können durch die Generalisierung der Absatzaktivitäten nur unzureichend genutzt werden,
die Konkurrenz zwischen den distribuierten Absatzkanälen wird infolge der Gleichbehandlung geschürt und führt zu steten Unruhen,
die Chance zur Abschöpfung der Nachfragerrente durch differenzierte Vermarktungsmaßnahmen wird vergeben,
dadurch können vorhandene Umsatzpotenziale nur unzureichend abgeschöpft werden.
Bei der gesplitteten Distribution werden die Absatzkanäle zueinander gespreizt. Dies kann vollständig (ohne Überlappung) oder teilweise erfolgen (mit Schnittmengen). Als Kriterien zur Splittung kommen
Produkte/Produktgruppen, Kundenarten/Branchen und Absatzgebiete/Länder
in Betracht. Diese Kriterien können einzeln oder additiv eingesetzt werden. Je differenzierter die gesplittete Distribution angelegt ist, desto ausgeprägter ist die Spreizung, desto höher aber auch der sich daraus ergebende Komplexitätsgrad.
Die Vorteile der gesplitteten Distribution sind vor allem folgende
die Bedienung unterschiedlicher Gruppen von Endabnehmern im von ihnen jeweils präferierten Absatzkanal mit einem speziell zugeschnittenen Absatzkonzept ist möglich,
Effektivitätssteigerung der Vertriebsaktivitäten durch gezieltere Distribution, welche die Vor- und Nachteile der jeweiligen Absatzkanäle berücksichtigt,
Erschließung von Absatzstellen, die vordem aus Gründen der Gleichbehandlung nicht distribuiert werden konnten, nun aber zugänglich sind,