Hexenzauber - Amelie C. Vlahosz - E-Book

Hexenzauber E-Book

Amelie C. Vlahosz

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Beschreibung

Emma hat herausgefunden, dass sie eine Hexenzauberin und eine der Auserwählten ist. Nun gehört sie zu einer Gruppe von Menschen, die den Stamm der Blutzauberer suchen. Was ihnen wohl auf ihrer Suche widerfahren wird?

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Für Alia, die die Liebe zu Büchern (und allem anderen) mit mir teilt.

Auf dass wir es eines Tages schaffen, unseren Traum zu verwirklichen.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Epilog

Nachwort

Prolog

Sie werden sich bald finden, aber es kommt die bunte, stürmische Zeit. Sie werden Schwierigkeiten bekommen, aber sie werden auch Hilfe bekommen. Ein Leid für das andere. Ein Leben, für ein anderes Leben. Ein Kind, für ein anderes Kind.

1

Emma fing laut an zu schreien. Sie fiel zu Boden und das Wesen sprang auf sie. Sie dachte, dass es nun mit ihr aus wäre, aber es kam anders, als sie dachte.

Es war ein Wolf. Ein sehr lieber sogar. Sie war erstaunt, denn der Wolf wollte ihre Zuneigung. Er schmiegte sich an sie und machte freudige Geräusche. Sie fand es irgendwie belustigend und strich dem Tier sanft über das dichte Fell. Es war weicher, als sie es erwartet hatte. Die Farbe konnte sie leider nicht richtig erkennen, da es schon fast komplett dunkel war. Für sie sah es dennoch recht dunkel aus. Vielleicht schwarz?

Sie strich über seinen Kopf. Bei der Berührung kamen ihr Bilder in den Kopf. Es waren noch drei andere Wölfe.

Einer hatte so weißes Fell, dass der Schnee hätte etwas gelb aussehen können. Seine Augen waren so ein intensives Blau, dass man sie einfach ansehen musste.

Der zweite war schwarz, dunkler als die schwärzeste Nacht. Seine Augen ein so kräftiges Grün, dass man sich Fragen konnte, ob es nicht alle Wälder und Wiesen schlagen konnte.

Der dritte hatte ein so schönes rot-braunes Fell, als wäre er sogar unter Füchsen ein richtiger Rotschopf und die anderen nur Nachmacher. Seine Augen waren ein so intensives gelb, als wären sie aus der Sonne höchstpersönlich geschaffen.

Emma schrak bei den Bildern zurück. Es hatte alles eine wichtige Bedeutung. Nur welche? Sie würde später darüber nachdenken, jetzt musste sie nach Hause. Es war schon so dunkel, dass sie kaum noch ihre eigene Hand erkennen konnte.

Sie schob den Wolf sanft zur Seite und stand auf. Sie lief die ersten paar Schritte, merkte aber schnell, dass der Wolf freudig mitlief. So würde sie nicht nach Hause gehen können. Irgendwer würde sie sehen und den Wolf töten. Und sie wahrscheinlich gleich mit.

Emma würde als Hexe gebrandmarkt werden. Da fiel ihr ein, sie war ja wirklich eine -auch wenn sie es erst seit kurzem wusste. Davon durfte keiner etwas erfahren.

Sie überlegte, was sie nun mit ihm machen sollte. Da dachte sie an die alte Hexe. Sie lief los, ganz schnell. Der Wolf rannte hechelnd hinterher. Es schien ihm Spaß zu machen.

Zum Glück dauerte es aber nicht lange, bis sie bei der alten Hexe ankam, sie war dank dem Wolf nicht weit gekommen.

Emma klopfte bei der alten Hexe, ganz außer Atem. Als sie die Tür öffnete, war sie ganz erstaunt.

„Emma! Ist dir irgendwas passiert?“, fragte die alte Hexe.

Emma machte eine schnelle Handbewegung vor ihrem Hals. Sie atmete noch ein paar Male tief durch und fing dann etwas hüstelnd zu sprechen an: „Nein, alles super. Ich habe auf dem Weg nur wen getroffen.“

„Ach ja?“

„Ja“ - sie löste ihre Hände von den dünnen Beinen und machte ein paar Schritte zur Seite – „den hier.“

Der Wolf lief neben sie, immer noch ganz liebes bedürftig. Er schmuste mit Emmas Bein und warf sie dabei fasst um. Die alte Hexe staunte nicht schlecht.

„Das ist ja ein Wolf!“, kam es von ihr.

„Ja, aber ein ganz lieber.“

Die Hexe musterte das Tier genauer. „Hattest du bei ihm Visionen?“

Emma nickte. „Da waren drei weitere Wölfe. Ein schwarzer, ein kastanienbrauner und ein weißer.“

„Nur die?“

„Was meinst du?“

„Wir hatten auch welche. Das sind Seelentiere. Wir können mit ihnen über unsere Gedanken kommunizieren. Bei den Blutzauberern ist das aber alles etwas ausgefallener.“

„Seelentiere?“

„Ja, der Wolf da. Wir hatten damals allerding keine Wölfe. Unser Trupp hatte Bären.“

„Bären!?“

„Ja. Sie waren auch Geschwister. Fünf. Es sind immer fünf. Dieselben Farben, wie bei uns.

Schwarz für die Schattenzauberer.

Braun-rot für die Blutzauberer.

Weiß für die Lichtzauberer.

Ein grau - das fast wie Silber aussieht - für Hexenzauberer.

Und dann gibt es da noch ein mattes, dunkles Braun für die Nichtzauberer.“

„Aber es waren nur drei -mit dem hier vier.“

„Dann gibt es ein Problem. Es gibt für jeden von ihnen eine Rolle. Eine Auserwählte. Selten sind auch Männer an der Reihe. Bei uns gab es aber sogar zwei dieser seltenen Fälle. Zwei bei uns wurden sogar ein Paar. Sie haben sich durch Zufall getroffen und immer haben sie sich geärgert.“

Emma dachte die alte Hexe war das, da sie so verliebt lachte. „Warst du das?“

„Oh nein, wo denkst du denn hin? Es waren zwei sehr gute Freunde von mir. Es hat uns anderen drei Spaß gemacht, sie so zu sehen. Leider sind drei von uns tot und von der anderen weiß ich nichts mehr.“ Die Hexe sah betrübt zur Seite.

Emma merkte, dass sie ihr nicht alles erzählte. Aber sie wollte auch nicht zu sehr darauf eingehen. Sie ging stattdessen auf etwas anderes ein. „Was war denn der Grund, für diese fünf Auserwählten?“

„Wir sollten den Frieden wieder ins Land bringen, aber wir haben kläglich versagt. Statt Frieden zu bringen, haben wir die Nichtzauberer vergessen lassen. Nun liegt es an euch, es besser zu machen, als wir.“

2

Emma lag in ihrem Bett. In der Nacht ist sie noch nach Hause gelaufen. Die alte Hexe hatte sich darüber natürlich beschwert, aber sie konnte an der Entscheidung auch nichts ändern.

Emma lag wach im Bett. So viele Gedanken schwirrten in ihrem Kopf umher. Sie war also eine Auserwählte? Wer waren wohl die andere? Wie würden sie sich finden? Wann würden sie sich finden? Würden sie sich überhaupt finden?

Der Wolf also. Einer fehlte. Warum? Ihrer war nach viel Gehampel bei der Hexe geblieben. Sie würde auf jeden Fall am nächsten Morgen, nach der Arbeit, zu ihr zurück gehen. Und dann würden sich all ihre Fragen hoffentlich noch klären.

•••

Die ersten Sonnenstrahlen schienen durch die Risse in den Brettern. Emma öffnete eins der Fenster. Es war schon etwas kühl. Die ersten Blätter fielen von den Bäumen runter, auf den feucht-nassen Boden. Ein bisschen Nebel flog noch umher. Das Gras glitzerte, sobald es von den Sonnenstrahlen erfasst wurde. Wenn Emma ausatmete, konnte sie ihren Atem sehen. Beim Einatmen drang die kühle Luft in ihre Lungen und stach etwas.

Sie schloss das Fenster wieder. Es war kalt und sie musste sich fertig machen. Sie würde heute die Betten der Prinzessin machen müssen.

Schnell zog sie ein paar Kleidungsstücke an und nahm einen Korb mit. Heute müsste sie sicher wieder einkaufen.

Sie lief los und dachte weiter über alles nach. Besonders an den Wolf musste sie denken, den Fehlenden. Wo war er nur?

•••

Im Zimmer der Prinzessin war es ganz still. Nur ein paar Mägde tuschelten aufgeregt. Emma lief zur Zimmertür, da hörte sie etwas von den tuschelnden Mägden: „Vielleicht ja wegen ihres Vaters. So jung und schon Vaterlos, das kann einen schnell mitnehmen. Aber was, wenn sie jetzt auch noch stirbt? Der Prinz ist verschwunden, die anderen Kinder tot oder im Ausland verheiratet. Wie soll das werden, wenn sie auch tot ist? Dann regiert ja keiner mehr.“

Emma öffnete schnell die Tür und lief in das große Zimmer. Da lag sie, schweren Atems und ganz rot.

Emma rannte zum Bett und fasste schnell an ihre Stirn. Glühend heiß. Wie kam es dazu? Vor einem Tag ging es ihr doch noch so gut.

„Wurde schon ein Medikus hergeholt?“, rief Emma nach draußen.

Eine der Mägde, eine dünne blonde, kam an die Tür. „Ja, er hat ihr auch bereits die Ader abgelassen.“

„Die Ader? Er hat ihr Blut weggenommen!?“ Emma war Fassungslos, so konnte das einfach nichts werden. „Ich bin hier die Befugte über sie. So lange der König nicht da ist und die Mutter tot, habe ich das sagen, auch wenn ich nur eine Magd bin. Ich brauche ein Pferd, sofort.“

„Aber der Medikus kümmert sich doch schon um sie.“

„Ich sagte sofort! Sie stirbt uns wegen diesem Nichtsnutz gerade weg! Also macht schon!“

•••

„Du musst sofort mitkommen. Die Prinzessin, sie ist-“

„Emma, du bist ja ganz aufgeregt.“

„Ja, jetzt lass mich ausreden! Die Prinzessin ist am Sterben, du musst sofort mitkommen. Der Medikus hat sie an die Ader gelassen.“

Die Hexe sah sie schockiert an. Sofort ging sie in ihr Haus, sammelte Kräuter, Flaschen und alles was sie finden konnte zusammen und steckte alles in eine Tasche. Der Wolf war auch schon bei Emma neben dem Pferd. Die alte Hexe stieg sofort zu ihr auf das große Tier. Sobald sie fest im Sattel war, ritten sie so schnell es ging zurück zum Schloss. Der Wolf rannte voller Freude hinterher.

Erst jetzt bemerkte Emma, wie schön sein Fell aussah. Grau, ein glänzendes Grau, wunderschön, so wie Silber.

Auf dem Pferd dauerte es nicht so lange. Viele erschraken sich bei dem sausenden Pferd und den hinterherrennenden Wolf. Emma hatte schon ganz vergessen wie alle auf ihn reagieren würden, aber dazu hatte sie jetzt keine Zeit. Die Wachen wollten sie schon aufhalten, aber sie waren zu schnell. Sie sprangen im Hof vom Pferd und rannten zum Zimmer, der Wolf folgte ihnen. Die Wachen waren schon an ihre Fersen geheftet. Sie konnten doch keinen Wolf einfach rumrennen lassen.

Im Zimmer hatten sich der Wolf ans Bett gelegt, die beiden Frauen untersuchten das Mädchen.

„Das sieht mir nicht nach etwas Natürlichem aus“, sagte die alte Hexe.

„Was meinst du damit?“

„Das sieht mir nach einem gefolterten Seelentier aus. Wir hatten dasselbe mit jemandem aus unserer Truppe.“

„Wie das?“

„Es gab eine Art Überfall. Dabei wurde der Bär von ihr entführt. Sie hatten ihn zum Spaß an einen Baum gebunden und es lustig gefunden die Hunde auf ihn zu hetzen. Wenn sie Wut in sich hatten, dann haben sie sie an ihm ausgelassen. Es war schrecklich. Es war auch noch ausgerechnet von einer Blutzauberin. Sie hat den Schmerz noch Intensiver wahrgenommen, als es bei uns anderen der Fall gewesen wäre. Sie hat schrecklich gelitten.“

„Und wie habt ihr sie wieder in Ordnung gebracht?“

„Wir haben ihren Bären befreit und versorgt.“

„Das heißt, dass wir ihr Seelentier finden müssen. Aber was hat sie denn für eins? Wie finden wir das raus?“

„Sie hat einen Wolf.“

„Woher weißt du das?“

„Im Normalfall haben nur Blutzauberer ein Seelentier. Durch ihre Kraft können sie sich mit anderen Wesen, die Blut im Körper haben, verbinden. Sie ist nicht mal eine normale Zauberin. Sie hat braune Haare. Braune Haare heißt, dass sie keine Kräfte haben kann.“

„Das heißt, wir haben die erste Auserwählte gefunden?“

„Ja. Und das Rätsel mit dem fehlenden Wolf wird dann auch gelüftet.“

„Komm, wir müssen ihn finden. Vielleicht kann der andere den fehlenden Wolf finden.“

„Hat sie noch keinen Namen?“

Emma wollte gerade loslaufen, blieb dann bei der Frage aber abrupt stehen. „Nein. Sollte er?“

„Sie. Es ist eine sie. Du solltest ihr einen Namen geben. Ihr gehört schließlich zusammen.“

Emma überlegte. Was würde zu einem Silbernen Wolf passen? Sternenschnuppe oder sowas vielleicht?

„Wie wäre es mit Adelheid? Von edlem Gemüt oder Wesen heißt das glaube ich.“

Die Hexe nickte. „Ja, das hört sich gut an.“

Emma lief sofort wieder los, Adelheid direkt hinter ihr. Aber bevor sie aus der Tür konnte, kamen ein paar Wachen. Sie hatten ihre Schwerter gezogen und sahen sich suchend um. Dann fanden sie offensichtlich, was sie suchten.

„Da! Da ist der Wolf! Tötet ihn!“, schrie einer der Männer.

Emma stellte sich schnell vor ihn. „Stopp!“, schrie sie ihnen entgegen und breitete ihre Arme aus soweit sie konnte. „Das ist kein Wolf.“

„Ach ja? Was dann?“, fragte einer der Männer.

„Ein Hund.“

„Ein Hund?“

„Ja, ein Hund. Guckt doch nur wie lieb sie ist. Kann das denn wirklich ein Wolf sein?“

Die Männer sahen Adelheid an. Sie hechelte und ließ sich freudig von Emma streicheln, während sie an der Frau lehnte. Sie sah glücklich zu ihr nach oben. „Wie ein Wolf verhält der sich wirklich nicht. Der vom Burghof, der verhält sich da eher so.“

Emma sah bei seiner letzten Aussage schockiert zu ihm. „Was sagten Sie gerade?“

„Draußen beim Burghof ist ein Wolf. So ein komischer Grauer. Oder eher Brauner? Auch egal. Ist auf jeden Fall ganz wild und versucht alle zu attackieren. Ist seit gestern da. Ist schon komplett verletzt, aber immer noch ganz wild. So ein Vieh habe ich auch noch nicht gesehen.“

„Wo genau? Der Burghof, also?“

„Ja, aber geht da besser nicht hin. Der ist richtig gefährlich. Da wird der Schmuser da sicher zu seinem Frühstück.“

„Ja. Danke für die Warnung“, sagte Emma freundlich und verbeugte sich leicht. Dann lief sie an den Männern vorbei.

Sie stoppte nochmal. „Könnten sie die Frau bitte in Ruhe arbeiten lassen. Sie kümmert sich um die Pflege der Prinzessin. Nicht, dass irgendwer reinkommt, während die Prinzessin gerade gewaschen wird“, sagte sie zu den Männern, mit nach hinten gedrehtem Kopf, um sie ansehen zu können.

Die Männer stellten sich gerade hin und sagten: „Aber natürlich. Wir werden aufpassen, dass niemand einfach rein geht.“

„Bitte auch nicht der Medikus. Sie hatte heute zu viel Blut wegen ihm verloren. Sie sollte im Moment einfach nur Ruhe bekommen.“

„Verstanden.“

„Danke.“ Damit ging Emma schnell aus der Burg. Sie musste jetzt dringend zum Burghof, um den Wolf zu retten, bevor es noch zu spät war.

3

Als sie um die Mauer zum Burghof kam, sah sie den Wolf sofort. Er war in einem schrecklichen Zustand. Blut floss aus seinem Maul. Fell war rausgerissen und überall hatte er Kratzspuren. Er fletschte seine Zähne und hatte fast komplett schwarze Augen, nur ein kleiner heller Fleck verhinderte seine vollendete Schwärze. Eine große Meute stand um ihn. Sie johlten und brüllten, hetzten Hunde auf ihn oder schlugen ihn mit langen Stöcken. Er winselte dabei nicht auch nur ein Mal, er knurrte nur noch mehr und biss überall zu, zeigte seine spitzen, von Blut gedrängten Zähne. Es war also nicht nur sein eigenes Blut. Immer wenn er einen von den Hunden biss, ließ er nicht mehr los, bis dieser quietschte und zu winseln anfing. Sobald er sie losließ, rannten sie schreiend davon und hinterließen eine große Blutspur. Es war ein schrecklicher Anblick.

Emma lief zur Meute und drängte sich durch, Adelheid direkt neben ihr.

Einer der Männer, ein glatzköpfiger, dicker, sah sie gelangweilt an, ja quasi als würde er auf sie herabsehen. Dann lachte er aber kurz mal, als er ihren Blick, der auf den verletzten Wolf gerichtet war sah, dabei sah man seine Zähne -oder zumindest die, die übriggeblieben waren.

„Willst du deinen da auch mal gegen ihn kämpfen lassen?“, fragte er und pustete ihr dabei seinen stinkenden Atem entgegen.

Emma sah nun zu ihm. Verwirrung lag in ihrem Gesicht. Was meinte er damit? Sollte sie etwa Adelheid nun in den Ring werfen und zu tote beißen lassen?

„Was?“, fragte Emma. „Äh, nein, ich-“

„Hier will noch wer!“, rief der Dicke.

Emma sah ihn sprachlos an. Sie hatte doch gerade nein gesagt.

Sie sah zu Adelheid, die sich wieder zum kuscheln an Emma ihr Bein gelehnt hatte. Da fing die Menge laut zu brüllen an und warfen ihre Arme nach oben, die Hände zu Fäusten geballt.

„Los, wirf ihn rein!“, brüllte einer.

„Das schafft, die doch nicht. Sie ist eine Frau! Das müssen wir für sie machen!“, schrie der Nächste.

Bevor sie auch nur noch ein paar Widerworte von sich geben konnte hatten ein paar Männer Adelheit schon in den Kreis geschuppt. Sie lehnte ihre Ohren nach hinten und zog ihren Schwanz ein. Verängstigt sah sie zu der brüllenden Meute und dann zu Emma. Ihr Blick schrie nach Hilfe. Emma sah sie genauso an. Sie wusste nicht, was sie machen sollte. Da warf einer einen Stock nach Adelheid. Sie quietschte kurz.

Emma wollte nach ihm schreien und sagen, dass er es lassen sollte, aber da spürte sie plötzlich einen stechenden Schmerz. Sie drückte an die schmerzende Stelle und kniete sich mit einem Bein hin. Schockiert starrte Emma den Boden an. Wo kam dieser Schmerz plötzlich her? Das konnte doch nicht normal sein. Da sah sie zu Adelheid, die ebenfalls verletzt schien, und verstand es.

Sie hatte den Schmerz von Adelheid. Sie spürte ihn, so wie es die Prinzessin tat.

Einer brüllte wieder, da lief Adelheid weiter in den Kreis.

Ein anderer bemerkte Emma. „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte er. Emma sah ihn an.

„Jaja, alles gut. Es ist nichts.“ Sie versuchte aufzustehen, da packte er seine Arme unter ihre Schultern und zog sie hoch.

„Danke“, sagte sie leise. Sie sah wie er lächelte.

Er hatte dunkle, braune Augen, die grün gesprenkelt waren. Sie sahen sehr schön aus. Seine Haare waren ein helles braun. Ein dünnes Gesicht. Leicht rosa Lippen.

Emma schüttelte ihren Kopf und sah zurück zu Adelheid. Sie machte sich Sorgen. Aber da sah sie etwas Erstaunliches.

Adelheid leckte die Wunden von dem braunen - ein Braun, das irgendwie wie feuchte Erde aussah - Wolf ab. Er leckte ihr dafür über den Kopf.

Die Meute fing an sich zu beschweren.

„Du hast da ja ein richtiges Schoßhündchen in den Kampf geschickt“, sagte der Mann neckisch.

Emma sah ihn böse an. „Ich wollte ja auch gar nicht, dass sie kämpft.“ Emma drehte sich beleidigt von ihm weg. Was sollte sie ein so liebes Tier auch schon kämpfen lassen?

Adelheid dagegen war gerade mit dem Strick, der den braunen Wolf festhielt, beschäftigt. Sie nagte ihn gerade durch und bevor es überhaupt jemand richtig mitbekam, hatte sie ihn auch schon durchgebissen. Beide rannten los, Emma lief schnell hinterher. Ein Haufen Männer auf ihren Fersen, aber sie waren schneller.

Die Wölfe sprangen über Tische, warfen Waren runter, rempelten Menschen an und verscheuchten Tiere.

Emma wurde von Schreien verfolgt. Aber sie beachtete es gar nicht. Sie musste jetzt einfach nur zu den Wölfen.

Sie lief um die nächste Ecke, als ein Mann sie gerade packen wollte, um ihr eine zu klatschen.

„Gib uns unser Geld zurück! Du verdammtes Weib!“, hörte Emma hinter sich. „Wenn wir dich erwischen, dann drehen wir dir deinen hübschen Hals um!“

Da wurde sie auch schon am Arm gepackt. Sie dachte schon, dass es aus mit ihr war, wollte schreien und um sich schlagen, aber ihr wurde der Mund zugehalten. Mit der freien Hand schlug sie gegen den harten Körper. Schnell bemerkte sie, dass sie gegen so viel Muskeln keine Chance hatte. Sie wurden mit dem Rücken gegen seine Brust gedrückt und sein Arm schlang sich um ihren Oberkörper. Sie konnte nur mit beiden Händen den starken Arm festhalten und wütend nach oben schauen.

Da war das Gesicht von dem Kerl schon wieder. Er sah zur Straße. Sie merkte, dass sie in einer dunklen Gasse waren. Auf dem Marktplatz schien dagegen die Sonne.

Als alle Männer vorbeigerannt waren, ließen seine Arme locker. Sie riss sich sofort von ihm los.

„Was sollte das!?“, brüllte sie ihn an.

„Shh! Oder willst du doch noch von ihnen erwischt werden? Und wie wäre es mal mit einem Danke? Ich habe dich gerade immerhin vor denen gerettet.“

„Gerettet? Wegen dir habe ich Adelheid und den Braunen aus meinen Augen verloren. Also leck mich!“

Sie lief stampfend aus der Gasse und versuchte die Richtung zu erfassen, aus der sie gekommen war.

„Da, dann muss ich dort lang“, murmelte sie zu sich selbst.

Sie lief weiter und sah sich um, aber sie merkte dennoch nicht, wie sie beobachtet wurde.

4

Sie konnte die Wölfe im Wald finden. Beide spielten miteinander. Emma konnte sie in ihren Gedanken sehen. Dann musste sie also nur zum Wald laufen.

Sie lief los, denn sie wollte noch vor der Dämmerung bei ihnen sein. Es war Herbst, da wurde es schneller dunkel.

Schnell lief sie aus der Stadt die Burgbrücke runter. Ein starker Wind wehte, der ihr ihre Haare ins Gesicht schlug. Ihr Kleid schlang sich um ihre Beine und erschwerte ihr das Laufen. Ihre Wangen wurden kühl und färbten sich leicht rosa. Sie biss ihre Zähne zusammen, damit sie nicht zu klappern anfingen. Ihre Arme hatte sie vor ihrer Brust überkreuzt und ihre Hände unter ihre Achseln geklemmt.

Als sie endlich im Wald ankam, legte sich der Wind, ihre Haltung änderte sich trotzdem nicht, da es immer noch kalt war.

Sie schloss ihre Augen, versuchte zu bestimmen, wo die Wölfe waren.

Da sah sie ein verschwommenes Bild: Ein Fluss an einem großen Felsen. In dem Felsen war ein großes Loch. Es sah nicht sehr stabil aus, aber so lange sie nicht rein gingen, würde ihnen schon nichts passieren.

Sie versuchte einen Weg zu finden, der ähnlich aussah, wie der, bei dem die beiden Wölfe waren.

Irgendwann kam sie an matschigen Stellen an. In einer konnte sie einen Pfotenabdruck erkennen. Er hatte die richtige Größe für einen Wolf. Sie folgte dem Ganzen, immer darauf bedacht nicht selber in den Matsch zu laufen. Emma hob ihr Kleid etwas, um besser drüber zu kommen. Der Himmel verlor schnell sein Tageslicht. Sie musste sich anstrengen, um noch etwas erkennen zu können. Dafür konnte sie aber umso besser hören.

Das Laub, das durch den Nachtnebel ganz nass war und frisch von den Bäumen fiel. Die Mäuse, die vor Raubtieren, wie Füchsen, flüchteten. Eulen, Fledermäuse und andere Tiere. Und dann: Äste knacken.

Aber sie spürte nur Laub unter den dünnen Lederschuhen. War da vielleicht noch jemand? Oder waren es vielleicht doch nur Tiere?

Sie lief weiter, da kam wieder ein Knistern, woraufhin sie wieder stehen blieb. Sobald sie stehen blieb, hörte es auf. Sie wiederholte es noch zwei Mal. Immer das Gleiche.

Panik machte sich in ihr breit.

Wurde sie etwa von jemandem verfolgt? Emma sah sich um, hoffend, dass sie vielleicht doch etwas erkennen würde. Leicht kniff sie ihre Augen zusammen und drehte sich um. Langsam entstanden leichte Umrisse. Und dann war es da wieder, dieses Knistern. Schemenhafte, dunkle Gestalten fingen an hinter Bäumen vorzukommen. Ihre Augen wurden größer, wodurch alles wieder pechschwarz wurde.

Sie drehte sich schnell um und rannte. Daraufhin ertönte ein Schrei.

„Sie hat uns entdeckt! Los! Schnell hinterher!“

Emma konnte hören, wie ihre Verfolger nun hinter ihr herrannten. Besonders zu überhören waren sie aber auch nicht gerade, denn sie brüllten und schrien was das Zeug hielt. Sie musste nur einen kleinen Fehler machen und die Kerle hätten sie.

Ihr Herz fühlte sich an, als würde es ihr gleich aus der Brust springen. Ganz schnell schlug es und tat ihr schon beinahe weh; ihr Herz stach sie.

Sie sah nur kurz nach hinten, um zu sehen, wo die Männer gerade waren. Nur ein paar Meter waren die Kerle von ihr entfernt. Sie würden sie bald eingeholt haben, wenn sie jetzt nicht schneller lief. Sobald sie ihren Kopf umgedreht hatte, rannte Emma schneller -auch wenn sie kaum noch schneller konnte. Böser Fehler.

Plötzlich hoben sich ruckartig ihre Arme in die Höhe, nur um dann ein dumpfes Krachen zu hören und auf dem feuchten, Blätter bedeckten Boden aufzukommen. Lichter kamen ihr entgegen. Irgendeiner der Männer hatte wohl ein paar Fackel dabeigehabt. Sie fühlte eine feste Hand um ihren Fuß, als sie versuchte aufzustehen. Sie drehte ihren Kopf nach hinten. Es war dieser dicke Mann, der einfach Adelheid zum Ringhund erkoren hatte. Emma versuchte nach ihm zu treten, aber da hatte er schon ihr anderes Bein gepackt. Er zog sie nach hinten, unter seinen Beinen hindurch. Dabei rutschte ihr Kleid etwas nach oben, dass ihre Beine leicht entblößt wurden. Sie hatte nur dünne Fetzen um ihre Beine, da sie sich einfach nicht mehr Kleidung leisten konnte.

Nun lag er über ihr, packte ihre Hände und drückte beide mit einer Hand über ihren Kopf auf den Boden. Sie versuchte sich zu wehren, aber mit jedem bisschen, drückte er sein Knie weiter in ihren Bauch.

Sie fing an zu schreien, da spürte sie einen Schlag in ihr Gesicht.

„Halts Maul du Schlampe!“, schrie er ihr entgegen. „Weißt du wie viel Geld wir alle dadurch verloren haben? Wir zeigen dir alle einzeln, wie wir uns unser Geld zurückholen. Ob nun mit Geld oder deinem Körper! Ich zeig dir mal, wie man einer Hure wie dir Gehorsam beibringt!“

Er deutete zwei der Männer zu ihm zu kommen. Die anderen standen grinsend um sie herum. Die beiden Männer hielten sie an ihren Armen und Beinen fest, der Dicke lachte nur bei dem schockierten und verängstigten Gesicht von Emma. Sie würden sie vergewaltigen, das war sicher.

Er zog an ihren Sachen, bis ihr Kragen aufriss. Sie trug ein Unterkleid, bei dem er dasselbe tat.

Sie versuchte sich weiter zu wehren. Nichts.

Tränen flossen ihr über die Wangen. Sie überlegte. Halfen Zauber? Bestimmt! Aber sie kannte noch keine richtigen.

Er faste über ihre zarte Haut, von Gesicht zu Hals, von Hals zu Brust, von Brust zu Bauch. Er wollte ihr das Kleid weiter aufreißen, da schrie sie erneut. Aber nicht wegen dem Dicken, sondern wegen dem Pfeil in seiner Brust.

Er sah verwirrt nach unten zu dem Pfeil, bevor er krachen zur Seite fiel. Die beiden Männer, die Emma noch an den Armen und Beinen festhielten, ließen sie schockiert los. Sofort suchten alle die Dunkelheit mit ihren Augen ab. Wo kam der Pfeil her? Der nächste fiel zu Boden, mit einem entsetzten Schrei. Alle drehten sich in seine Richtung. Emma hockte sich schnell hin und kroch so weit nach hinten wie sie nur konnte, immer tiefer in die Dunkelheit. Ein Schrei folgte auf den nächsten. Manche versuchten zu fliehen, aber alle, die es versuchten, wurden sofort erschossen. Fackeln fielen zu Boden, Männer schrien um ihr Leben, Emma, die alles mit weit aufgerissenen Augen ansah und dann: Stille.

Alles war still, nur das Feuer war zu hören, wie es die Feuchten Blätter versuchte zu vernichten, um selber länger leben zu können.

Nach kurzer Zeit sprang eine Gestalt nach unten. Für Emma sah sie nur wie ein schwarzer Schatten mit umgehängten Bogen, Köcher mit Pfeilen und einer Kapuze aus. Dann lief es jedoch auf sie zu. Sie kroch weiter nach hinten, bis sie gegen einen Baum kam, dabei ließ sie ihn nicht einmal aus den Augen, nur bei dem Baum zuckte sie mal kurz zusammen. Die Gestalt trat beim Laufen gegen eine Fackel. Es schien es nicht zu bemerken. Die noch immer brennende Fackel kullerte zu Emma, aber sie achtete nicht weiter darauf. Sie starrte einfach nur weiter die schwarze Gestalt an und hielt dabei ihren Atem an, dass nur die Schritte der Gestalt und das Knistern der Flamme, so wie das Rauschen ihres Blutes in ihren Ohren wiederhalte. Vor Emmas Füßen stoppte die Fackel, genauso wie die Gestalt. Durch das Licht des Feuers, wurde das Gesicht der Gestalt erhellt, wodurch sie sehen konnte, wer da vor ihr stand. Fassungslos sah sie ihn an. Sie konnte es einfach nicht glauben.

Sie starrte ihn schockiert an.

„Du?“, kam es wütend von ihr.

„Ja, ich.“

Er nahm seine Kapuze ab und warf ihr einen Umhang zu. Erst jetzt bemerkte sie, wie entblößt sie immer noch war. Schnell legte sie den Umhang um sich. Sie drehte sich schnell von ihm weg. Die aufgerissenen Sachen versuchte sie so zusammen zu knoten, dass sie möglichst wenig Haut Preis gab.

„Was machst du hier?“, fragte sie aufgebracht, während sie sich wieder zu ihm drehte. Sie mochte diesen Kerl nicht. Emma hatte es ihm doch zuvor schon in der Gasse deutlich gemacht.

„Wegen dir natürlich. Wegen wem denn sonst?“

„Nicht wegen wem, sondern warum! Und warum wegen mir? Ich habe dir schon gezeigt, was ich von dir halte.“

„Ja, schon, aber ich habe dich schon länger beobachtet. Schon sehr viel länger.“

„Was meinst du?“

„Nicht so wichtig. Wo bleibt eigentlich mein Danke?“

„Dein Danke?“

„Ja, wo bleibt deine Danksagung an mich, dafür, dass ich dich gerettet habe -erneut, wenn ich mal nebenbei so anmerken darf.“

„Pff. Mich gerettet? Ich hatte alles unter Kontrolle.“

„Wohl kaum. Ich habe gesehen, wie du geweint hast, ich habe gehört, wie du geschrien und geweint hast. Du hattest nichts unter Kontrolle. Du warst ein gefangenes Tier, eine Beute, die vom Raubtier fest gepackt wurde. Ich habe dich gerettet.“

Erst da sah er, wie stark sie zitterte.

„Stimmt gar nicht. Ich habe nur auf den richtigen Moment gewartet.“

Eigentlich hätte er daraufhin gesagt: Auf den Moment vergewaltigt zu werden? Aber das tat er nicht. Er fragte stattdessen: „Alles gut mit dir?“

Sie drehte sich von ihm weg. „Ja, warum sollte es auch nicht?“

„Weil du nicht so aussiehst.“

„Doch, alles-“

Sie unterbrach sich selber, weil sie sich übergeben musste. Er hockte sich schnell zu ihr runter und strich über ihren Rücken. Sie versuchte ihn abzuwimmeln, hatte aber nicht mehr genug Kraft. Dann fing sie zu weinen an. Sie drehte sich um. Und da sah er einen riesigen roten Fleck.

„Hatte er dich doch schon ...?“

Emma schüttelte ihren Kopf. „Ich verliere gerade mein Kind.“

5

Adelheid krümmte sich zusammen. Sie spürte etwas Seltsames. Was war das? War irgendetwas mit Emma? Sie hatte zuvor schon so etwas gespürt.

Adelheid sah sich um. Wo war sie? Sie hätten nicht einfach wegrennen sollen. Aber dann wären sie immer noch da, wo sie vorher waren, das hätte also nichts gebracht.

Sie legte ihre Ohren an und krümmte sich zusammen. Der braun-graue Wolf kam und sah, dass etwas nicht stimmte. Adelheid versuchte ihm klar zu machen, dass etwas nicht mit ihrem Seelenmenschen stimmte.

Sie bekam große Augen und machte würgende Geräusche. Dann sah sie Bilder.

•••

Er legte einen Arm um sie und hielt ihre Schultern fest.

„Alles gut? Brauchst du irgendetwas? Kann ich dir vielleicht irgendwie helfen?“, überhäufte er sie mit Fragen -auf die sie ohnehin kaum reagierte, da sie zu sehr mit sich selber beschäftigt war.

Doch sie schüttelte nur mit ihrem Kopf und versuchte ihre Tränen zu unterdrücken, indem sie sich auf ihre Lippe biss.

Es war alles so anstrengend für sie, dass sie es nicht länger aushalten konnte. Ihr wurde schwindelig, woraufhin sie in sich zusammenfiel. Hätte der Brünette sie nicht festgehalten, dann wäre sie auf den Boden zusammengekracht. Emma verlor ihr Bewusstsein, bevor sie auch nur eine weitere Reaktion von sich geben konnte.

Er sah sie erst schockiert und dann ernst an, bevor er sie hochhob und aus dem Licht der Fackel in die Dunkelheit verschwand.

•••

Adelheid war auch kurz vor der Ohnmacht, sie konnte sich aber gerade so noch auf ihren Beinen halten. Sie versuchte vorwärts zu laufen, kam aber nicht besonders weit.

Der graue Wolf versuchte sie am Laufen zu hindern, er sah nämlich ganz genau, wie anstrengend das für sie war. Sie sah ihn an und fiel schlapp zu Boden.

Sie musste ganz dringend zu Emma.

6

Die Hexe fühlt sich also nicht so gut? Wäre ein hübsches Mädchen geworden, schöne lockige blonde Haare und waldgrüne Augen zum Verlieben.

Das Mädchen wäre eine richtige Hexe geworden.

Zu schade um sie.

Aber wenn ich mir den Jungen so ansehen, dann wird sie ja sicher nicht lange warten, um sich ein neues machen zu lassen.

Und ihr Seelentier ...

Naja, geht so. Wird aber sicher auch bald wieder auf die dünnen Beinchen kommen.

Und Unterstützung ist ja beiderseits vorhanden.

Mal gucken, wie es bei den anderen aussieht.

Uh, interessant, was da bei dem Prinzen und diesem Schattenmädchen vor sich geht. Und da, die Besondere.

Da wird ja einiges noch auf sie zu kommen. Da wird es mich aber freuen, sie bald kennenzulernen. Hihihi.

7

„Sag doch! Wer ist in deinem Kopf?“, fragte der Prinz aufgeregt.

„Dieses Mädchen, sie-

Ahhh!“

„Welches Mädchen, Ciara? Welches Mädchen?!“ Er packte sie an ihren Schultern und zog sie hoch. Sie sah furchtbar aus. Ganz blass, wenn das denn überhaupt möglich war. „Ciara? Ciara!“

Er drehte sich um, als er eine Stimme hörte, die ihn zuerst komplett zusammenzucken ließ.

„Ich bin in ihrem Kopf, so wie sie in meinem war.“

Es war das Mädchen, wegen dem er den ganzen Weg gereist war. „Du? Bist du etwa auch so ein ... Eine ... Blutzauberin?“, versuchte er nach den richtigen Worten zu suchen.

Runa nickte. „Ja, ganz genau. Ich bin eine Blutzauberin und genauso könnte ich dir jetzt deine Lunge zerquetschen ohne auch nur zu dir laufen zu müssen.“

Ciara sah sie schockiert an. Sie versuchte unter großer Anstrengung zu sprechen. „Aber, das ist doch gar nicht möglich. Blutzauberer müssen jemanden berühren können für so etwas.“

„Und wie mache ich das dann gerade? Mit einfachen Luftschlägen? Nein, ich kann dein Blut sehen, ich sehen wie es fließt. Ich kann ganz einfach eindringen. Du kannst nichts dagegen tun. Ich bin stärker als du. Ich könnte dich jetzt ganz einfach umbringen.“

„Runa! Tu das nicht!“, rief eine Kinderstimme.

Sofort ließ Runa von Ciara ab und Ciara fing sofort zu husten an, während ihr von dem Prinzen über ihren dünnen Rücken gestrichen wurde. Schwer atmete sie mit einem hochroten Kopf.

Runa starrte Mara an, die sie flehend und gleichzeitig verzweifelt ansah. Hinter ihr standen auch Kilian und Linhart.

Runa schüttelte ihren Kopf und sah zu ihrer Hand runter. Es hatte sich angefühlt, als wäre ihr Kopf ganz benebelt, als hätte jemand anderes in ihr gesteckt und Gewalt über sie ergriffen.

„Runa, bitte lass uns schnell gehen. Ich will meinen Bruder finden.“

Runa erstarrte. Ihr Bruder war weg?

Sie drehte sich hasserfühlt um. „Ist das dein Werk?“, schrie sie Ciara an.

Ciara überlegte. „Ich weiß nicht, was ihr meint. Ich wollte keine Unschuldigen töten.“

„Keine Unschuldigen? Hast du dir mal angeguckt, was hier vor sich gegangen ist!?“, kam es daraufhin wuterfüllt von Kilian, der einen ganz roten Kopf bekommen hatte. Ein immenser Hass breitete sich in ihm aus.

„Nein. Ich war damit beschäftigt die Älteste zu töten.“

„Die Älteste? Meinst du die weise Frau?“

Ciara nickte. Kilian sah sie erstarrt an.

„Und Evan? Warst du das auch?“

Sie nickte. „Ja, ich brauchte einen von euch für meine Rache. Er hat hier wohl das meiste Chaos verursacht.“

„Gib ihn uns zurück.“ Kilian knirschte schon seine Zähne. Evan war sein bester Freund. Ob er wohl alles mitbekommen hatte?

Ciara nickte und pfiff dann. Sofort kam ein starker Windstoß, bei dem sich alle außer Ciara schützend ihren Arm oder ihre Hand vor das Gesicht hielten. Ein Schatten mit Flügeln stand vor ihr. Es war derselbe Schatten, der Besitz über Evan erlangt hatte.

Ciara machte eine Handbewegung zur Seite. Sofort löste sich der Schatten in Luft auf und ein benommener Evan stand da. Kilian rannte zu ihm und nahm ihn in seinen Arm.

„Ich bin ja so froh, dass du wieder da bist.“ Den anderen ging es nicht anders. Sie kamen auch zu ihm, um ihn zu umarmen.

Evan wurde immer klarer im Kopf, erst freute er sich genauso, aber dann wurden ihm einige Dinge bewusst.

Er fing an zu zittern, Tränen liefen sein Gesicht hinunter. Ein schreckliches Gefühl machte sich in ihm breit.

„Oh Gott, was habe ich getan. Ich habe unsere Leute getötet.“

„Du konntest nichts dafür. Du warst nicht mehr Herr über dich selbst. Jemand anderes hat Besitz von dir ergriffen. Du warst das nicht!“

„Doch. Ich habe sie alle getötet. Seht euch nur das Blut an meinem Körper an. Es ist nicht meins. Es ist das unserer Leute.“

„Dennoch konntest du nichts dafür“, versuchte es als nächstes Runa, ihn zu beruhigen.

„Doch. Ich hatte eine Wut in mir. Ich habe es gespürt. Dieser Hass gegen sie alle. Alle habe ich sie getötet. Und auch deinen Bruder.“ Beim letzten Satz sah er Mara an.

Sofort herrschte stille.

„Ich weiß“, sagte Kilian leise.

„Es war nicht deine Wut. Es war meine“, sagte Ciara, um die Situation zu ändern. „Es war meine Schuld. Ich war der Grund für das alles. Ich wollte meine Rache, aber ich wollte da keine Unschuldigen mit reinziehen. Ich wollte einfach nur die Schuldigen tot sehen.“

Alle sahen sie an. Runa war verwirrt von Ciaras Worten. „Was meinst du damit? Die Schuldigen, was meinst du damit?“

„Ich bin eine, die als Unvollkommene bezeichnet wird.“

„Was soll das sein?“ Runa sah zu Evan und Kilian. Beide sahen schuldig aus.

„Die Verbannten. Blutzauberer, die ihre Kräfte nicht richtig beherrschen können und die wir deswegen als Gefahr ansehen. Erinnerst du dich noch an das Gespräch?“, kam es von Kilian.

„Aber das ist die freundliche Fassung“, kam es zischend von Ciara.

Kilian und Evan sahen betrübt zur Seite.

Es stimmte. Sie wurde nicht einfach nur Verbannt. Es war ja um so vieles schlimmer.

„Ihr habt mich gequält, misshandelt, vergewaltigt, ihr habt mir alles genommen! Nur weil ich nicht euren Erwartungen entsprach!“

„Wie? Ich verstehe nicht ...“ Runa blickte sie an, als hätte man sie die ganze Zeit belogen und nun würde die Wahrheit ans Licht kommen. Ihr Magen fühlte sich plötzlich so flau an.

„Wie bist du zu dem Schattenzauber gelangt?“, wollte nun ein angesäuerter Kilian wissen.

„Wie?“ Ciara fing zu lachen an. „Wie ist die falsche Frage. Wohl eher durch wen. Und mal ganz so neben bei: Ich habe euren Schutzgeist getötet.“

„Was!?“

„Ja, er stand mir im Weg. Ich habe wegen ihm ja auch leiden müssen. Und er stirbt ja nicht richtig. Er sucht sich einfach eine neue Form. Dabei übernimmt er ja auch den Körper eines anderen und tötet ihn. Von der Priesterin wird es wohl keinen Nachwuchs mehr geben? Dann wird er wohl keinen Seelenmenschen mehr bekommen. Ist ja da so ein Erbphänomen. Aber bei der sieht es gerade ja auch nicht so gut aus.“

„Du verdammte ...“ Kilian wollte schon auf sie losgehen, aber Evan hielt ihn zurück.

„Beruhige dich, sie will dich doch nur provozieren. Sie ist immer noch sauer auf uns. Kannst du ihr das denn so übelnehmen? Du hättest es doch genauso gemacht.“

„Du wurdest von ihr wohl doch mehr Hirngewaschen, als ich es gedacht hätte.“

„Aber es ist doch so“, meinte Runa besorgt.

„Du wohl genauso. Kann hier denn noch irgendwer klar denken?“

„Ja, ich. Und ich geben den anderen beiden recht.“