Im Wandel der Zeiten - Janna Ruth - E-Book

Im Wandel der Zeiten E-Book

Janna Ruth

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Beschreibung

Das große Finale der zweiten Staffel! Melany hat die Geduld verloren. Sie verlangt von Matt, seine Schuld zu begleiten und seinen rechtmäßigen Platz einzunehmen. Seine Brüder wollen jedoch nicht tatenlos zusehen, wie er bekommt, was ihnen ihrer Meinung nach zusteht. Und so beginnt ein Kampf um die Wollust, aus dem nur einer siegreich hervorgehen kann. *** Enthält: 2x21 – Vom Geben und Nehmen Abifahrt! Statt Sonne, Strand und Meer geht es für den diesjährigen Jahrgang in den Wald. Gefeiert wird trotzdem, schließlich sehen sich viele zum letzten Mal. Doch die allgemeine Partystimmung kippt schnell, als der Wald beginnt, sich für die Verschmutzung zu rächen. Und dann verschwindet auch noch Cheryl spurlos. 2x22– Dämonische Entscheidungshilfe Melaney hat lange genug auf Matt gewartet. Um ihm an seinen Schwur zu erinnern, lässt sie Samantha entführen und hetzt Dämonen auf seine Freunde. In der Hölle erhält Samantha einen tiefgehenden Einblick in die Macht der Wollust. Wird Matt sie retten können, bevor sie sich völlig in der Lust verliert? 2x23 – Im Wandel der Zeiten (Teil 1) Die Freunde begeben sich auf eine Rettungsmission mit ungewissen Ausgang. Schon die Ankunft in der Hölle birgt Probleme, denn sie erreichen Lucin getrennt voneinander. Während sich Fabian und Jan alleine durch die gefürchteten Tunnel außerhalb der Stadt schlagen, irren die Mädchen umringt von gefährlichen Dämonen durch die Gassen der Stadt. 2x24 – Im Wandel der Zeiten (Teil 2) Melaney hat bekommen, was sie wollte. Matt steht vollkommen unter ihrem Bann. Jetzt muss sie nur noch Samantha wieder loswerden. Doch die hat sich inzwischen mit Balthasar verbündet, der nicht einfach zusehen wird, wie ihm sein Geburtsrecht genommen wird. Und währenddessen versucht Chay das Unvermeidliche zu verhindern. Erfolglos.

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Table of Contents

2x21 - Vom Geben und Nehmen

2x22 – Dämonische Entscheidungshilfe

2x23 – Im Wandel der Zeiten (Teil 1)

2x24 – Im Wandel der Zeiten (Teil 2)

Nachwort

Vorschau: 3x01 – Ein neuer Anfang

 

Im Wandel der Zeiten

Ashuan 2.6

Janna Ruth

 

© Januar 2021 Janna Ruth

www.janna-ruth.com

 

Jana Mittelstädt

67 Montgomery Avenue

Karori, Wellington 6012

NZ - New Zealand

 

Lektorat: Sabrina Weisensee

Covergestaltung: Marie Graßhoff

 

Ashuan Band 2.6

 

Im Wandel der Zeiten

 

Inhaltsverzeichnis

2x21 - Vom Geben und Nehmen2x22 – Dämonische Entscheidungshilfe2x23 – Im Wandel der Zeiten (Teil 1)2x24 – Im Wandel der Zeiten (Teil 2)NachwortVorschau: 3x01 – Ein neuer Anfang

 

Staffel 02 – Episode 21

 

Vom Geben und Nehmen

 

 

Szene 1 – Campingplatz

 

Vier Reisebusse folgen einer Bergstrasse, bis sie auf einem kleinen Parkplatz halten. In guter Stimmung steigt der Abijahrgang aus und holt sein Gepäck aus den Bussen. Während die Busse davonfahren, folgt der Jahrgang laut schnatternd nach einem Blick auf einen verwitterten Wegweiser einem gewundenen Pfad. Hinter der nächsten Biegung tut sich den Abiturienten eine zauberhafte Welt auf. Ein klarer blauer Bergsee umrahmt von grünen verknöcherten Laubbäumen und fernen Bergen am Horizont liegt vor ihnen. Rustikale Blockhütten sind in der Idylle verstreut und laden mit Sitzbänken zu langen Abenden am Lagerfeuer ein. Den Schülern steht vor Staunen der Mund offen. Eine alte hutzlige Frau kommt auf sie zu.

 

Alte: Willkommen im Reich der Einheit und des Friedens. Ich wünsche euch eine angenehme Zeit.

 

 

Szene 2 – Blockhütte, Wohnbereich

 

Lucille, Matt, Samantha, Rachel und Fabian stehen vor einer Blockhütte. Lucille sieht sich die traumhafte Umgebung an.

 

Lucille: Ich war ja erst etwas verstimmt, als das Komitee verkündet hat, dass wir nur in die Alpen fahren, aber diese Location ist wirklich atemberaubend. Dafür verzichte ich sogar auf einen Pool.

 

Samantha: (Lacht.) Als ob dein Urlaub auf Bali nicht schon längst gebucht wäre.

 

Rachel: Außerdem haben wir einen See.

 

Fabian: (Mit dem Schlüssel im Schloss.) Ich hab's.

 

Er drückt die Tür auf und die Gruppe tritt ein. Die Einrichtung innen ist rustikal und gemütlich. Gemeinsam machen sie sich auf Entdeckungstour. Neben dem Wohnzimmer, einer kleinen Küche und einem Bad gibt es noch drei Schlafzimmer; zwei kleine und ein großes.

 

Matt: Acht Betten. Kriegen wir noch Mitbewohner?

 

Fabian zuckt mit den Schultern. In dem Moment stolpert Robert durch die Tür. Er grinst die fünf breit an.

 

Robert: Ihr seid ja schon da.

 

Matt: Äh ja.

 

Robert: Wie gefällt es euch? Ich fand, das war das schönste Haus von allen.

 

Lucille und Fabian sehen sich verwirrt an.

 

Samantha: Robert war im Abifahrt-Komitee.

 

Robert: Ganz genau. (Strahlt.) Erzählt es nicht den anderen, aber ich dachte mir, das könnte ich auch ausnutzen und uns das beste Haus schnappen.

 

Fabian: Und wen hast du dir noch geschnappt?

 

Robert: Oh, Cian und Shayna.

 

Matt: (Verschluckt sich.) Cian?

 

Robert: Ja, wir waren immerhin zwei Jahre lang Chemiepartner, oder Sam?

 

Samantha: (Scheint sich nicht zwischen Entsetzen und Belustigung entscheiden zu können.) Mhm.

 

Robert: Shayna kenne ich nicht so gut, aber ich weiß, dass die beiden befreundet sind.

 

Rachel: Wenn es nur Shayna wäre.

 

Lucille: (Beruhigend zu Matt.) Ich glaube nicht, dass sich die Eliteidioten von ihrer Bienenkönigin trennen können. Die bestehen mit Sicherheit darauf, in einem Bungalow zu sein.

 

Da klopft es an der Tür. Cian steckt seinen Kopf rein.

 

Cian: Hallo?

 

Robert: Hey. Willkommen im Chalet Robert.

 

Samantha ist nun eindeutig belustigt, hält sich aber die Hand vor den Mund. Matt und Cian taxieren sich, während auch Shayna die Blockhütte betritt. Sie sieht sich amüsiert um.

 

Shayna: Das scheint lustig zu werden.

 

 

Szene 3 – Blackstone Haus, Wohnzimmer

 

Jan und Anne haben auf dem Boden Pergamentrollen und Bücher ausgebreitet. Über ihnen schwebt auf dem Bauch liegend Neve. Sie hat das Kinn auf beide Hände gestützt und schaut den beiden interessiert zu.

 

Jan: Wenn ich diesen Berg sehe, fehlt mir Samantha.

 

Anne: Du brauchst mir nicht helfen. Ich weiß, dass Recherche nicht zu deinen Lieblingsbeschäftigungen gehört.

 

Jan: Meine kleine Schwester will herausfinden, was es bedeutet, die Priesterin einer waschechten Göttin zu sein. Natürlich helfe ich.

 

Neve: (Begeistert.) Neve hilft auch.

 

Jan: (Legt den Kopf in den Nacken, um Neve anzusehen.) Kannst du von dort oben überhaupt etwas sehen?

 

Neve: Neve kann überhaupt nicht lesen.

 

Jan: (Lacht.) Oh. Perfekt. (Zu Anne.) Ich hoffe, du weißt, auf was du dich da einlässt.

 

Anne: Ehrlich gesagt, nein. Ich meine, ihr habt alle besondere Kräfte, aber ich? Ich habe Potential, aber wofür? Was bedeutet das, eine Priesterin zu sein und vor allem, warum wurde ausgerechnet ich von Hanna gesegnet?

 

Jan: Ich habe keine Ahnung. (Deutet hilflos auf die Bücher.) Aber vielleicht wissen die ja mehr.

 

Anne nickt entschlossen und vergräbt sich dann ins Lesen. Jan tut es ihr gleich, indem er wahllos ein Buch greift. Nach einmal Durchblättern greift er ein anderes. Sanft rieseln Schneeflocken auf seine Haare hinab. Eine landet auf dem Buch. Jan wischt sie erst weg. Dann sieht er jedoch nach oben.

 

Jan: Neve, was habe ich dir zu Schneeflocken in meinem Wohnzimmer gesagt?

 

Neve: Neve ist langweilig.

 

Jan seufzt schwer. Anne schmunzelt, verbirgt es aber hinter ihrem Buch.

 

 

Szene 4 – Waldsee

 

Es ist spät abends. Laute Musik wird gespielt und es wird getrunken. Die Abiturienten tanzen, lachen und johlen herum. Lucille unterhält sich mit einigen Mädchen aus dem Theaterkurs. Fabian spielt mit Robert und einigen anderen Tischtennis unter Flutlicht, wobei die Teilnehmer schon einiges getrunken haben. Abseits von der Party sitzen Matt und Samantha auf dem Steg. Die Beine über dem Wasser baumelnd, sehen sie auf den dunklen See und unterhalten sich. Matt wirft einen Blick über die Schulter.

 

Matt: Diese Partys werde ich nie verstehen.

 

Samantha: (Schnaubt.) Feiern Dämonen nie?

 

Matt: Selten. Im Haus der Maßlosigkeit vielleicht. Zumindest betrinkt sich niemand so sinnlos.

 

Samantha: (Stichelt.) Liegt das daran, dass eure Heilkräfte den Alkohol sofort rausfiltern, oder weil es zu gefährlich ist, in der Hölle betrunken zu sein?

 

Matt: Ha ha. Sehr witzig.

 

Samantha stupst ihn mit dem Ellenbogen an.

 

Samantha: Was ist los mit dir? Du bist doch sonst nicht so verklemmt.

 

Matt: (Protestiert.) Ich bin nicht verklemmt.

 

Samantha: O doch! (Lacht.) Es ist unsere Abschlussfahrt. Die meisten Leute sehen wir nie wieder, zumindest nicht regelmäßig.

 

Matt: Ich sehe dich nicht Party machen.

 

Samantha: (Ironisch.) Weil ich schon immer so ein Partylöwe war.

 

Matt schiebt seinen Arm hinter ihren Rücken.

 

Matt: Es gibt auch andere Wege, unseren Abschluss …

 

Mit einem lauten Kreischen nähern sich Schüler. Matt und Samantha schauen über die Schulter. Einige Schüler sind dabei, sich auszuziehen und ins Wasser zu springen.

 

Matt: (Amüsiert.) Nacktbaden. Das ist eine Party nach meinem Geschmack.

 

Er sieht Samantha herausfordernd an.

 

Samantha: O nein, auf gar keinen Fall! Ich …

 

Der Rest geht in einem Schrei unter, denn Matt hat sie kurzerhand vom Steg ins Wasser geworfen. Prustend taucht sie wieder auf, während Matt aufsteht und sich seines T-Shirts entledigt.

 

Samantha: Na warte!

 

Er schlüpft aus der Hose und springt dann in Unterhose mit einem Kopfsprung über Samantha hinweg ins Wasser hinein. Kaum taucht er wieder auf, tunkt Samantha ihn wieder unter Wasser. Matt rächt sich, indem er sie mit sich hinunterzerrt, und die beiden plantschen ausgelassen im kühlen Nass.

 

 

Szene 5 – Campingplatz/Wald

 

Es ist früher Morgen. Auf dem Waldboden liegt allerlei Müll, vor allem Chipstüten und Bierflaschen. Einige junge Bäume wurden umgeknickt oder mit Klopapier eingewickelt. Rachel schreitet angewidert durch den Dreck und erreicht schließlich den Wald, der im Vergleich zum Campingplatz ein Stück unberührter Natur ist. Erleichtert atmet sie die Luft ein und geht unter den Bäumen spazieren. Plötzlich kann Rachel in den rauschenden Blättern Stimmen vernehmen.

 

Verärgerte Stimmen: Elendes Menschenpack! Was nehmen die sich raus? Waldschänder! Man sollte sie alle vertreiben! Wieso tut niemand etwas? Menschenplage! Parasiten! Mörder! Blut! Gebt uns Blut!

 

Erschrocken bleibt Rachel stehen. Sie sieht sich panisch um, kann aber niemanden entdecken. Erst als sie weitergeht, sieht sie die alte Frau auf sich zukommen.

 

Rachel: Guten Morgen.

 

Alte: Guten Morgen, Kind. So früh schon auf?

 

Rachel: Ich bin früh schlafen gegangen. (Sieht sich misstrauisch um.) Hören Sie das auch?

 

Alte: Ich höre den Wind hoch oben in den Blättern rauschen. Ich höre das Zwitschern der Vögel und das Surren der Insekten.

 

Rachel: Das ist ein ziemlich aggressives Rauschen, wenn Sie mich fragen.

 

Alte: Der Wind ist ein launisches Kind. Mal säuselt er, mal stürmt er. Hör nicht auf ihn!

 

Rachel: (Stirnrunzelnd.) Auf wen soll ich dann hören?

 

Alte: Oh, jedes Wesen hat eine Geschichte zu erzählen. Manche kurz, manche lang. Die Geschichte der Steine ist am längsten, aber auch sie vergehen eines Tages, so wie alles in dieser Welt, bis sie wieder neugeboren werden.

 

Rachel: Ich soll den Steinen zuhören?

 

Alte: (Lächelt.) Ihr jungen Leuteseid stets zu ungeduldig, um auf die Alten zu hören, aber das ist der Kreislauf des Lebens. Eines Tages wirst du es verstehen.

 

Sie will weitergehen, doch Rachel folgt ihr.

 

Rachel: Zuhause habe ich den Wind noch nie reden hören.

 

Alte: Zuhause leben viele Menschen nehme ich an.

 

Rachel: Im Vergleich zu hier.

 

Alte: (Seufzt.) Menschen lassen oft alle anderen Stimmen verstummen. (Betrachtet das Chaos.) Sie zerstören so vieles in ihrer Gedankenlosigkeit.

 

Rachel: Es ist schlimm, ich weiß.

 

Alte: Die Natur muss weichen, aber irgendwann wird sie das nicht länger mitansehen.

 

Rachel bleibt stehen, während die Alte weiter davon humpelt. Schließlich setzt Rachel ihren Spaziergang fort. Als sie wieder nach Hause kommt, beginnt sie, ein paar Flaschen einzusammeln. Dabei trifft sie Cheryl und Anni, die am Rand des Campingplatzes stehen und rauchen.

 

Cheryl: Bist du hier die Putze?

 

Rachel: Wir sind hier nur zu Gast.

 

Anni: Gott, hier ist doch niemand.

 

Rachel: Das ist noch lange kein Grund, hier alles zu verwüsten.

 

Cheryl: (Lacht.) Verwüsten. Wie dramatisch. (Zuckt mit den Schultern.) Nun, wenn's dir Spaß macht.

 

Sie selbst schnippt provokativ ihren Zigarettenstummel ins Gebüsch. Sie und Anni wenden sich ab und gehen. Rachel bleibt stehen und sieht nach oben zu den Baumkronen, wo der Wind an den Blättern zupft.

 

Rachel: Es tut mir leid.

 

 

Szene 6 – Blockhütte, Wohnbereich/Campingplatz

 

Matt und Cian stolpern zeternd aus ihrem Schlafzimmer. Samantha steht im Küchenbereich und kocht gerade Kaffee.

 

Matt: Und ich sage dir, ich habe nicht geschnarcht.

 

Cian: Woher willst du das wissen? Du hast geschlafen.

 

Matt: Habe ich nicht, da du so laut geschnarcht hast.

 

Cian: Ganz bestimmt nicht. Ich lag ja die ganze Nacht wach.

 

Matt: Soll das ein Witz sein?

 

Cian: Wenn, dann ist er nicht gerade lustig.

 

Samantha: (Gesellt sich mit einer Kaffeetasse dazu.) Ich will ja nur ungern eure anregende Diskussion unterbrechen, aber ihr seid beide unschuldig. Unser Schnarcher hört auf den Namen Robert.

 

Die Jungs sehen einander frustriert an und schnauben dann.

 

Matt: Warum schläfst du eigentlich nicht bei deinen Elitefreunden?

 

Cian zuckt nur die Schultern, deutlich machend, dass es Matt nichts angeht. Er dreht sich um und verlässt die Blockhütte.

 

Matt: Hey! Ich rede mit dir.

 

Samantha: Matt, bitte …

 

Doch Matt hört nicht auf sie, sondern folgt Cian hinaus. Dieser geht gerade hinüber zu den anderen Blockhütten.

 

Matt: Läufst du vor mir weg, oder was soll das?

 

Cian ignoriert ihn, doch da trifft ihn ein Kiefernzapfen am Kopf. Entrüstet dreht er sich um.

 

Cian: Was zum Teufel? Ich will mit Alan joggen gehen, sonst nichts.

 

Matt: (Schnaubt.) Sag das doch!

 

Er dreht sich um und wird im selben Moment ebenfalls von einem Kiefernzapfen getroffen. Sofort wirbelt er herum und schreitet auf Cian zu.

 

Matt: Okay, du hast es nicht anders gewollt.

 

Cian geht einen Schritt zurück, hebt dann aber die Arme kampfbereit. Matt will ihn gerade am Kragen packen, als ein ganzer Schauer von Kiefernzapfen auf sie niedergeht. Entsetzt springen sie unter das Vordach der Blockhütte, wo die Kiefernzapfen sie nicht erreichen können. Beide sehen stirnrunzelnd nach oben.

 

Cian: Was …

 

In dem Moment geht die Hüttentür auf und Alan tritt heraus, bereit zum Joggen.

 

Alan: Wart ihr das?

 

Matt: Der Wind.

 

Cian: Ja, ist 'ne ganze Menge runtergekommen.

 

Alan: (Sieht die Kiefernzapfen.) Das sieht man. (Zu beiden.) Wollen wir dann?

 

Matt: Äh … (Cian sieht ihn belustigt an.) Klar, warum nicht?

 

Zu dritt gehen sie joggen.

 

 

Szene 7 – Campingplatz

 

Langsam werden die Leute wach, doch geschehen ihnen draußen immer mehr Unglücke. Ein Junge stürzt, als sich sein Fuß in einer Wurzel verfängt, die sich gerade anhebt. Zwei Mädchen, die am See spazieren gehen, rutschen plötzlich aus und plumpsen ins Wasser. Zwei andere gehen unter den Bäumen entlang, als diese lauter Zweige und sogar einen großen Ast fallen lassen. Ein Mädchen, das auf einer Decke liest, landet plötzlich mit dem Gesicht im Dreck. Ein Wespenschwarm attackiert eine Gruppe Abiturienten beim Ballspiel.

 

 

Szene 8 – Blockhütte, Wohnbereich

 

Shayna flüchtet ins Haus und schlägt die Tür hinter sich zu. Keuchend lehnt sie sich gegen diese und entdeckt Fabian, der sie verwirrt ansieht.

 

Fabian: Alles okay?

 

Shayna: Kiefernzapfen. (Fabian hebt die Augenbrauen.) Sie haben sich in einer Reihe aufgestellt.

 

Fabian: (Verwirrt.) Ah ja.

 

Shayna. Guck mich nicht so an! Das ist die Wahrheit. Die Natur ist verrückt geworden.

 

Fabian: Sicher, dass du nichts geraucht hast?

 

Shayna: Sehe ich wie jemand aus, der Drogen nehmen würde? (Fabian zuckt mit den Schultern.) Tue ich nicht.

 

Fabian: Okay. Trugen die Kiefernzapfen Waffen?

 

Shayna: Du bist doof. (Sie löst sich von der Tür und geht auf ihn zu.) Kannst du ein Mädchen nicht einfach in den Arm nehmen und trösten, wenn es sich erschreckt hat?

 

Fabian: (Verblüfft.) Bitte was?

 

Shayna: (Deutet auf seine Arme.) Arme. (Deutet auf sich.) Mädchen.

 

Fabian: (Wird langsam rot.) Ich kann dich nicht einfach in den Arm nehmen.

 

Shayna: Ist das eine motorische Störung oder eine emotionale?

 

Fabian: (Empört.) Ich habe eine Freundin!

 

Shayna: (Gluckst.) O Fabi. Es ist so einfach, dich wuschig zu machen.

 

Sie küsst ihn auf die Wange und geht dann Richtung Schlafzimmer.

 

Fabian: (Knallrot.) Hey. Was ist jetzt mit den Kiefernzapfen?

 

Shayna: Du beschützt mich schon!

 

Sie schließt die Tür. Fabian bleibt verwirrt zurück.

 

 

Szene 9 – Grünthaler Gymnasium

 

Es ist gerade Schulschluss. Ophelia hängt sich an Anne.

 

Ophelia: Was hast du heute noch vor?

 

Anne: Du meinst außer Hausaufgaben?

 

Ophelia: (Rollt die Augen.) Ja, außer Hausaufgaben.

 

Anne: Ich lese gerade alles über die Göttin Hanna und ihre Priester.

 

Ophelia: Bist du da immer noch nicht weiter gekommen?

 

Anne: Nicht wirklich. Ich weiß inzwischen, dass Hanna die Göttin des Lebens ist, was auf jeden Fall schon mal sympathischer als Ishtar klingt. Entschuldige.

 

Ophelia: Lass nur. Glaubst du denn an Hanna?

 

Anne: Ich … ich weiß es nicht. Ich meine, ich habe bis letztes Jahr auch nicht an Magie geglaubt, aber mein Bruder kann definitiv heilen und Hanna scheint … ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung, inwiefern Götter oder Gott real sind.

 

Ophelia: Soweit ich weiß, sind manche real und manche nur Konstrukte. Vielleicht waren auch mal alle real und sind es jetzt nicht mehr. Wie auch immer. Wenn du eine Priesterin werden willst, solltest du deine auserwählte Göttin verehren.

 

Anne: Verehren?

 

Ophelia: Opfer darbringen, Gebete sprechen. Und dann musst du natürlich geweiht werden.

 

Anne: Von einem anderen Priester?

 

Ophelia: Üblicherweise, ja. Aber wenn jemand sagt, dass du Potential hast, heißt das, dass Hanna dich schon auserwählt hat. Damit müsste sich die Weihung im Grunde erübrigt haben.

 

Anne: Woran würde ich das erkennen?

 

Ophelia: Wurdest du von ihr mit Kräften gesegnet? Dein Bruder kann heilen. Du vielleicht auch.

 

Anne: Meinst du? Hmm, nur wie finde ich das jetzt auf die Schnelle heraus?

 

Ophelia: Oh, ganz einfach.

 

Sie zieht aus ihrer Schultasche einen Ritualdolch hervor. Anne sieht sich erschrocken um.

 

Anne: Lia!

 

Ophelia: Mach dir nicht ins Hemd!

 

Sie zieht sich die Klinge einmal über die Handfläche. Als das Blut hervorquillt, streckt sie Anne die Hand hin.

 

Anne: Ich weiß doch überhaupt nicht, was ich machen soll.

 

Ophelia: Versuch's einfach!

 

Anne ahmt Jans Haltung nach und schließt die Augen, doch es erscheint kein goldener Schimmer. Ophelias Hand blutet munter weiter. Anne zupft ein Taschentuch hervor und drückt es Ophelia auf die Wunde.

 

Anne: Das war eine ganz dumme Idee.

 

Ophelia: Es war ein Versuch.

 

 

Szene 10 – Campingplatz

 

Die Abiturienten haben sich auf dem Campingplatz versammelt. Nicht wenige weisen blaue Flecken oder kleine Schrammen auf. Alan hat an der Pinnwand, an der eigentlich die geplanten Aktivitäten aushängen, eine Liste aller Vorkommnissen angespannt. Gerade nimmt er von Robert einen Zettel entgegen.

 

Alan: Die Erde hat sich dir ins Gesicht geschmissen?

 

Robert: Ja.

 

Alan: Was genau ist passiert?

 

Robert: Ich bin hinter den Blockhütten langgelaufen und plötzlich lag ich mit dem Gesicht in der Erde.

 

Alan: Du bist hingefallen?

 

Einige andere kichern. Robert schüttelt den Kopf.

 

Robert: Nein! Die Erde hat sich in mein Gesicht geschmissen.

 

Alan: Fein. (Fast aggressiv heftet er den Zettel an.) Okay, anscheinend halten sich hier ein paar für besonders witzig.

 

Sein Blick schweift ausgerechnet zu Matt und den anderen.

 

Matt: Was guckst du mich da so an? Ich finde das gar nicht witzig.

 

Alan: (Ignoriert ihn.) Ich werde jetzt mit meinem Team Befragungen durchführen und der Sache auf den Grund gehen. Wenn wir herausfinden, wer das war, könnt ihr euch auf was gefasst machen.

 

Matt: Oh, du und dein Team. Geht's noch voreingenommener?

 

Alan: Halt den Rand, Trede! Das hier ist jetzt Sache der Polizei.

 

Lucille: Vielleicht sollten wir sie dann rufen.

 

Alan: Nicht, der echten … (Stöhnt.) Alle gehen jetzt in ihre Hütten, bis ich bei jeder Gruppe war. Verstanden?

 

Es gibt ein wenig Murren, aber dann löst sich die Gruppe doch auf.

 

 

Szene 11 – Blockhütte, Wohnbereich

 

Matt, Lucille, Fabian, Rachel und Samantha betreten missmutig ihre Blockhütte.

 

Fabian: Das ist halt Alan. Der hatte schon immer einen Knall. Hält sich für den Größten.

 

Lucille: Es würde mich ehrlich gesagt nicht wundern, wenn die Eliteclique selbst dahintersteckt.

 

Rachel: Tut sie nicht. (Die anderen sehen sie überrascht an.) Es sind Geister, vielleicht Naturgeister, die sich für das Chaos rächen wollen, was wir hier auf dem Platz angerichtet haben.

 

Fabian: Wie bitte?

 

Rachel: Der Wind hat Morddrohungen gewispert

 

Fabian: (Wird bleich.) Mord?

 

Rachel: Er war sehr wütend. Es sieht hier ja auch aus wie auf einer Müllhalde. Da würde es mir nicht anders gehen.

 

Samantha: Seit wann kannst du mit dem Wind sprechen?

 

Rachel: Es war nicht wirklich der Wind, sondern Naturgeister wie gesagt.

 

Lucille: Können wir vielleicht mit ihnen reden?

 

Fabian: Hey, Wind, könntest du uns bitte nicht umbringen? So etwa?

 

Rachel: Die alte Frau könnte uns helfen. Als ich mich heute Morgen mit ihr unterhalten habe, klang es so, als wäre sie sich der Geister bewusst.

 

Sie will weitersprechen, doch da kommen Cian, Shayna und Robert herein.

 

Matt: Ah, das Untersuchungskommando.

 

Cian: Ach, halt doch den Rand!

 

Samantha: Was ist los? Ist etwas passiert?

 

Shayna: Cheryl ist verschwunden.

 

Fabian: Verschwunden? Oder versteckt sie sich, weil sie hinter dem ganzen Theater steckt?

 

Shayna: Seit heute Morgen hat sie niemand mehr gesehen.

 

Die anderen sehen sich zweifelnd an.

 

 

Szene 12 – Krankenhaus

 

Anne und Ophelia sind zu Jan ins Krankenhaus gegangen. Der betrachtet gerade Ophelias Schnittwunde.

 

Jan: Du hast dich selbst geschnitten?

 

Ophelia: Wir wollten sehen, ob Anne wie du heilen kann.

 

Jan: (Zu Anne.) Seit wann machst du so einen Blödsinn?

 

Ophelia: Sie hat überhaupt nichts gemacht. Anne war dagegen. Es war meine Idee.

 

Anne: Du wolltest nur helfen.

 

Ophelia: (Zu Jan.) Heilst du es nun, oder nicht?

 

Jan: Eigentlich sollte ich dich für so viel Blödsinn zum Arzt schicken. (Ophelia hebt eine Augenbraue.) Ja, ich heile es.

 

Er legt seine Hand darüber und heilt die Wunde. Ophelia probiert ihre Hand gleich aus.

 

Ophelia: Wie neu.

 

Adam kommt auf die kleine Gruppe zu. Jan sieht sich verwundert um.

 

Jan: Hey.

 

Adam: Hi. Ähm, ich feiere am Freitag meine Abschiedsparty. (Er reicht Jan eine Karte.) Wenn du Lust hast, kannst du gerne vorbeikommen. (Druckst dann herum.) Gerne auch mit Freunden.

 

Jan: (Verwirrt.) Abschied?

 

Adam: Mein Praktikum ist zu Ende. Ich fliege am Wochenende zurück nach Hause. Also … (Nickt den anderen beiden zu.) Bis dann.

 

Adam geht davon. Jan sieht auf die Einladung und dann wieder hoch.

 

Anne: Was ist?

 

Jan: Nichts. (Missmutig.) Rachel kommt erst am Wochenende zurück.

 

 

Szene 13 – Blockhütte, Jungen-Schlafzimmer

 

Da es mitten am Tag ist, ist das Zimmer nahezu leer. Nur Cian und Samantha befinden sich in seinem Bett. Angezogen sitzen sie gegen die Wand gelehnt und unterhalten sich leise.

 

Samantha: Aber es würde zu Cheryl passen, oder?

 

Cian: Ja, mit Sicherheit. Nur, normalerweise zieht sie sowas nicht alleine durch. Mindestens Anni ist mit dabei und die hat keine Ahnung, wo Cheryl steckt.

 

Samantha: Anni könnte gelogen haben.

 

Cian: Ich glaube nicht. Sie war ziemlich durch den Wind. Und sie ist natürlich überzeugt davon, dass du oder ihr dahintersteckt. Und pflichtschuldig wie er ist, hat Alan euch auf die Verdächtigenliste gesetzt.

 

Er rollt die Augen.

 

Samantha: (Fährt mit der Hand über seinen Oberschenkel.) Aber du bist nicht der Meinung, dass wir etwas damit zu tun haben, oder?

 

Cian: (Legt seine Hand auf ihre.) Ihr habt genug Stress mit Monstern, um euch auch noch mit dem ganzen Jahrgang anzulegen.

 

Samantha: Ich hoffe, das hast du so nicht Alan gesagt.

 

Cian: (Schmunzelt.) Natürlich nicht. Ich habe ihm nur den Vogel gezeigt.

 

Samantha: (Überrascht.) Hast du?

 

Cian: Er fing an, Scheiße zu labern, von wegen, du würdest dich jetzt an Cheryl rächen wollen.

 

Samantha: Oja. Nachdem ich das neun Jahre lang nicht gemacht habe, muss ich das ja noch schnell vor dem Abschied tun. Ich bin froh, sie nie wieder sehen zu müssen.

 

Cian: (Legt den Kopf auf ihre Schulter.) Bist du auch froh, mich nie wiederzusehen?

 

Samantha: Wieso? Hast du vor, deine Mutter nicht mehr zu besuchen, wenn du wegziehst? So weit weg ist Bielefeld auch nicht.

 

Sie legt ihren Kopf auf seinen.

 

Cian: Kommst du mich denn besuchen?

 

Samantha: Vielleicht.

 

Als plötzlich die Tür aufgeht, fahren Cian und Samantha auseinander, wobei Cian sich den Kopf am oberen Bett stößt. Als sie zur Tür sehen, steht dort Matt.

 

 

Szene 14 – Campingplatz

 

Rachel und Lucille gehen gemeinsam über den Campingplatz.

 

Lucille: Meinst du, die alte Dame ist in Wirklichkeit auch ein Naturgeist?

 

Rachel: Möglich.

 

Lucille: Nun, hoffen wir, dass sie etwas Einfluss auf die anderen hat. Ich wollte mir eigentlich noch ein paar schöne Tage mit allen zusammen machen.

 

Rachel: Ich kann ehrlich gesagt, darauf verzichten.

 

Lucille: Es ist das letzte Mal, dass wir alle beisammen sind. Mindestens der halbe Jahrgang wird zum Studium wegziehen.

 

Rachel: Das finde ich eigentlich ganz gut. (Lucille runzelt die Stirn.) Ich mag außer euch niemanden. Alle anderen sind so laut und … dumm.

 

Lucille: Dumm?

 

Rachel: Schau dir doch an, wie sie sich hier aufführen.

 

Lucille: (Seufzend.) Ja, da hast du recht.

 

Sie erreichen eine Hütte, die mit Rezeption beschildert ist. Lucille will die Tür öffnen, doch diese ist verschlossen. Sie klopft an. Niemand meldet sich. Rachel schaut derweil zum Fenster rein. Die gesamte Hütte ist leer.

 

Rachel: Ich glaube, sie ist wirklich ein Geist.

 

 

Szene 15 – Blockhütte, Küche

 

Robert sitzt an einem Tisch und puzzelt ein vergilbtes Puzzle. Fabian macht sich gerade etwas zu essen, als Shayna zu ihm herantritt.

 

Fabian: Hast du auch Hunger?

 

Shayna: Kochst du mir denn was?

 

Fabian: (Seufzt.) Was willst du?

 

Shayna: Alan will, dass ich dich ausfrage.

 

Fabian: Mich?

---ENDE DER LESEPROBE---