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Ein neues Jahr beginnt und nichts ist mehr, wie es war. Nach den katastrophalen Ereignissen der Neujahrsnacht, fällt es Matt schwer, wieder zu sich selbst und seinen Freunden zurückzufinden. Den Luxus, getrennte Wege zu gehen, haben die Sechs nicht, denn im Gegensatz zu ihnen schlafen die Monster nicht und schicken sie von einem Albtraum in den nächsten. Wenn die Sechs nicht auf ewig in ihrer Albtraumwelt gefangen bleiben wollen, müssen sie schnell lernen, ihre Differenzen zu überwinden und erneut zusammenzufinden. Mit dem zweiten Teil des Mid-Season Finales »Frohes Neues Jahr!« meldet sich die Urban Fantasy Serie »Ashuan« zum vierten Mal zurück.
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Ashuan 1.4
Janna Ruth
© Januar 2019 Janna Ruth
www.janna-ruth.com
Jana Mittelstädt
67 Montgomery Avenue
Karori, Wellington 6012
NZ - New Zealand
Lektorat: Sabrina Weisensee
Covergestaltung: Marie Graßhoff
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Ashuan Staffel 1 Band 4
Episode 13: Frohes Neues Jahr! (Teil 2)Episode 14: LeichenschmausEpisode 15: Gut Geschlafen?Episode 16: Show der Illusionen
Nachwort & Danksagung
Leseprobe
Andere Werke
Die Worte der Magie (Ashuan Sammelband 1)
Ashuan 1.1 - Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?
Im Bann der zertanzten Schuhe
Samantha sieht sich in den Vorgärten um und entdeckt dabei eine Katze, die durch die Büsche streift. Erleichtert seufzt sie und macht sich schließlich auf den Rückweg, als sie mit einem Mal Daniels Schrei hört. Erschrocken, beschleunigt sie ihre Schritte und biegt gerade um die Ecke, als Melchior sein Schwert zieht.
Melchior: Stirb!
Mit einem wutverzerrten Schrei stürzt er sich auf den am Boden liegenden Daniel und rammt ihm das Schwert in die Brust. Samantha presst sich bestürzt die Hände vor den Mund, um ihre Schluchzer zu ersticken. Noch zwei Mal stößt Melchior zu, dann lässt er endlich von seinem Opfer ab. Mit einem sadistischen Lächeln betrachtet er Daniels im Tod aufgerissene Augen und dessen blutüberströmten und zerfetzten Brustkorb. Dann breitet er die Flügel aus und verschwindet.
Mit einem erstickten Schluchzen fällt Samantha auf die Knie. Sie streckt die Hand nach Daniel aus, kann sich jedoch nicht überwinden, näher zu gehen und bricht, von heftigen Weinkrämpfen geschüttelt, zusammen.
Lucille rennt wie getrieben durch den Park und ruft laut nach Matt, als es plötzlich hinter ihr raschelt. Mit einem dumpfen Aufprall landet Matt hinter ihr. Sein Shirt ist von Daniels Ermordung blutbesudelt. Lucille dreht sich um und schlägt erschrocken die Hände vor den Mund.
Lucille: (Bleich.) Da bist du.
Matt: (Zittrig.) Du … du solltest mich aufhalten.
Lucille: Was willst du damit sagen? (Sie geht vorsichtshalber einen Schritt zurück.) Bist du etwa der …
Matt: Dämon. (Richtet sich langsam auf.) Halbdämon, aber das spielt keine Rolle.
Er geht auf sie zu und Lucille weicht zurück.
Lucille: Ich verstehe das nicht. Wieso hast du nie … Was bedeutet das?
Matt: (Wirkt mit jedem Schritt selbstbewusster.) Was denn? Mich als Dämon vorgestellt? Hallo, ich bin neu hier und übrigens ein Dämon direkt aus der Hölle. Aber hey, lass uns Freunde sein.
Lucille: (Schluckt.) Aber wir waren Freunde. Wir … (Bleibt abrupt stehen.) Ich weigere mich, zu glauben, dass du nichts weiter als ein blutrünstiges Monster bist.
Als Matt einen weiteren Schritt auf sie zugeht, verfärben sich seine blonden Haare dunkel, seine Haltung wirkt noch arroganter und zwei düstere Schwingen breiten sich auf seinem Rücken auf.
Melchior: Ich bin es heute.
Lucille starrt ihn nur völlig überwältigt an, während Melchior geradezu genüsslich immer näherkommt. Er schiebt seine Finger unter Lucilles Kinn und hebt es leicht an.
Lucille: G… ig… I… Glo…
Melchior hebt seine andere Hand und ein hässlicher Ausdruck tritt in sein Gesicht. Lucille reißt die Augen auf.
Plötzlich wendet er sich jedoch ab und kauert sich zitternd auf den Boden. Die Haare sind wieder blond. Unschlüssig steht Lucille da und streckt schließlich zitternd die Hand nach Matt aus.
Matt: Geh! Verschwinde! Lauf weg!
Lucille: (Voller Mitleid.) Matt …
Matt: (Schreit sie an.) Verschwinde, bevor ich mich völlig vergesse!
Ohne ein weiteres Wort dreht sich Lucille um und rennt davon. Matt hockt zitternd am Boden, bis er es nicht mehr aushält, in seine dämonische Form wechselt und verschwindet.
Noch immer spielen Fabian und Rachel Karten, während die anderen beisammen stehen. Lediglich René geht nervös auf und ab. Chay stößt sich von der Wand ab.
Chay: Es ist soweit. Der Fluch hat seinen Höhepunkt erreicht.
Fabian und Rachel wechseln einen verstörten Blick. Im nächsten Moment klingelt sein Handy.
Fabian: Lucille?
Lucille: (Off. Völlig aufgelöst.) Fabian, es ist etwas Schreckliches passiert.
Fabian: Geht es dir und Matt gut?
Lucille: (Off. Schluchzt.) Ja, aber … Fabian, er ist verschwunden und … (Reißt sich zusammen.) Matt steckt hinter den Morden.
Fabian: Matt soll ein Dämon sein?
Plötzlich hat er die gesamte Aufmerksamkeit von Matts Familie.
Balthasar: Halbdämon. Sein Vater ist offensichtlich ein Mensch.
Lucille: (Off.) Ich weiß nicht, was ich tun soll. Bitte, du musst mir helfen.
Fabian: (Abgelenkt.) Ich rufe dich nochmal an.
Lucille: (Off. Panisch.) Nein, Fabian. Leg jetzt …
Er drückt ihren Anruf weg und lässt das Handy sinken.
Rachel: (Leise.) Sie sind alle Dämonen oder?
Fabian schluckt nur, unfähig zu antworten.
Chay: (Erschöpft.) Ihr braucht keine Angst haben, keiner von euch wird diese Nacht sterben.
Caspar: (Belustigt.) Sagt wer?
Bevor Fabian es sich versieht, ist Caspar bereits auf ihn zugesprungen, hat seine Kehle ergriffen und ihn gegen die nächste Wand gedrückt. Fabian ächzt und greift dann verzweifelt nach den erbarmungslosen Fingern, die seine Kehle zudrücken.
Rachel: Fabian, hier!
Sie hat die Blumen aus der Vase gerissen und hält Fabian die Vase hin, in der das Blumenwasser noch hin und her schwappt. Caspar sieht sie irritiert an, schüttelt den Kopf und wendet sich wieder Fabian zu. In dem Moment erwischt ihn Fabians Elementarmagie. Aus allen Gefäßen im Raum strömen die Flüssigkeiten in Fabians Hände und schießen Caspar geballt ins Gesicht. Überwältigt von dem Druck und den plötzlichen Schmerzen jault Caspar auf und stolpert zurück. Keuchend geht Fabian in die Knie und reibt sich die Kehle. Rachel eilt sofort zu ihm. Derweil muss Balthasar ungehemmt lachen.
Chay: Habe ich es nicht gesagt?
Caspar: (Rappelt sich zornentbrannt wieder auf.) Ich bringe ihn um.
Ein unheilvolles Klicken lässt ihn jedoch innehalten. René hat sich mit finsterem Blick vor Fabian und Rachel aufgebaut und zielt mit seiner magischen Pistole auf Caspar.
René: (Kühl.) Nicht in meinem Haus.
Balthasar: (Zu Melaney.) Du hast nie erzählt, dass sein Vater Dämonenjäger ist.
Melaney: (Schulternzuckend.) Soweit ich weiß, hat er die Ausbildung abgebrochen. (Ironisch.) Für mich.
Caspar sieht aus, als wollte er sich trotzig über Renés Ansage hinwegsetzen, doch seine Zwillingsschwester legt ihm eine Hand auf die Brust.
Menuha: Nicht. Wir sind hier zu Gast.
Caspar schnaubt, wendet sich jedoch ab. Fabian steht mit Rachels Hilfe wieder auf und sieht bang die anderen an.
Fabian: Und was machen wir jetzt wegen Matt?
Jan liegt angezogen in Megs Bett und hat den Arm um seine schlafende Freundin gelegt. Sein Handy vibriert. Daraufhin schält er sich vorsichtig unter Meg hervor und setzt sich auf. Flüsternd geht er ans Telefon.
Jan: Hey. Sorry, dass ich abgelenkt war.
Fabian: (Off.) Ist Matt bei euch?
Jan: Nee, der ist doch mit Lucille unterwegs.
Fabian: (Off.) Nicht mehr. Hör zu, wir treffen uns alle bei ihm zu Hause. Es ist wichtig. Okay?
Jan: Oh, äh … okay. (Er geht langsam zur Tür.) Ich sammle nur schnell Sam und Daniel ein und dann komme ich.
Fabian: (Off. Panisch.) Du bist nicht bei ihr?
Jan: Doch, also theoretisch. Ich bin schon bei ihr, nur … ist sie noch draußen unterwegs.
Fabian: (Off. Wütend.) Mann, Jan! Sie kann sich doch gegen diese Bestie nicht verteidigen und Daniel auch nicht.
Jan: Samantha ist clever. Die hat mehr drauf, als du glaubst.
Fabian: (Off. Mühsam beherrscht.) Nicht gegen diesen Dämon. Komm her! Und wenn möglich bringe die beiden mit.
Jan: (Rollt die Augen.) Aye, aye.
Jan klingelt an der Tür. Nur wenig später wird sie von René aufgemacht. Dieser packt Jan ohne große Worte am Arm und bringt ihn geradewegs in Matts Zimmer, ohne auf den Rest der Familie im Wohnzimmer einzugehen. Im Zimmer läuft Fabian unruhig auf und ab, während Lucille in Tränen aufgelöst auf dem Bett kauert. Rachel sitzt unschlüssig neben ihr. Chay lehnt unauffällig an der Wand und hat die Arme verschränkt. Auch Krümel befindet sich hier und kauert hinter dem Bett. Als Jan hinein kommt und René die Tür hinter sich schließt, bleibt Fabian stehen und sieht auf.
Fabian: Wo ist Samantha?
Jan: Ich habe sie nicht gefunden. Anscheinend sind die beiden weitergegangen. Hast du nicht Daniels Nummer?
Fabian: (Schüttelt den Kopf.) Nein. Woher sollte ich die haben?
Chay: Setzt euch!
Jan sieht ihn befremdet an, aber Fabian zieht ihn wortlos am Ärmel und die beiden setzen sich zu Lucille und Rachel. Fabian streicht Lucille dabei kurz tröstend über die Schultern. René stellt sich an die Tür, seine Pistole griffbereit, während Chay sich vor den Vieren aufbaut.
Chay: Ich weiß, dass ihr viele Fragen habt. (Lucille schnieft.) Und ich bin, so wissen die Götter, nicht der Richtige, um sie zu beantworten.
Jan: Kann nicht einfach erst mal jemand sagen, was zur Hölle hier los ist?
Fabian: (Aus dem Mundwinkel.) Matt ist der Dämon.
Lucille schluchzt laut auf und Rachel greift nun doch zaghaft ihre Hand.
Jan: (Verwirrt.) Matt ist was?
Chay: Ein Halbdämon. Wie ich, um bei den Fakten zu bleiben. (Sofort setzt sich Jan aufrechter hin und ballt die Fäuste.) Entspann dich, ich werde euch nicht angreifen. Es wäre das letzte, was mir einfallen würde.
Rachel: Wieso?
Chay: (Winkt ab.) Matts Mutter ist ein Dämon sowie seine Halbgeschwister. René (Er nickt ihm zu.) ist ein Mensch. Genauer gesagt, ist Melaney nicht irgendein Dämon, sondern … (Er zögert und sagt schließlich deutlich verstimmt.) der Erzdämon der Wollust.
Fabian: Bitte was?
Jan: Das erklärt einiges.
In der Zwischenzeit hat Lucille ihre Tränen getrocknet und begonnen, aufmerksam zuzuhören.
Chay: Ja, das erklärt einiges. (Er seufzt.) Wie dem auch sei. Der Grund, warum sie alle hier sind, ist nicht, um Matts Geburtstag zu feiern. Geburtstage bedeuten Dämonen nichts. Ganz im Gegensatz zur Blutnacht.
Lucille: (Zaghaft.) Blutnacht?
Rachel: Davon habe ich geträumt.
Chay: (Nickt leicht.) Die Blutnacht bezeichnet den Zeitraum, in dem ein Dämon … sozusagen volljährig wird. Das heißt, das volle Ausmaß seiner Kräfte erwacht in dieser Nacht. Leider ist es begleitet von einem unstillbaren Blutdurst. (Zunehmend angewidert.) Andere Dämonen messen einen danach, wie viel Blut in diesem Zeitraum geflossen ist. (Speit fast aus.) Je mehr, desto eindrucksvoller. (Atmet tief durch.) Leider betrifft das Phänomen auch Halbdämonen.
Lucille: (Vorsichtig.) Heißt das, Matt kann gar nichts dafür, dass er so ist?
Chay: (Seufzt.) Ja, das heißt es. Deshalb … (Atmet tief durch.) möchte ich euch bitten, ihm beizustehen.
Fabian: (Schluckt.) Matt ist also besessen von diesem Dämonen, der ihn zwingt (Zögerlich.) andere Menschen zu töten?
Rachel schüttelt den Kopf.
René: (Deutlich gepeinigt.) Matt ist sowohl Dämon als auch Mensch. Wenn man es genau nimmt, mehr ersteres als letzteres, weil er sein Leben lang in der Hölle verbracht hat.
Fabian: (Entsetzt.) In der Hölle?
Chay: Der Ort, an dem Dämonen leben. Eigentlich heißt ihre Welt Hescaryn, aber umgangssprachlich ist es eben die Hölle.
Jan: (Kleinlaut.) Klingt nicht so prall.
Chay: Ist es nicht. (Nach einem Moment.) Seit Matt hier in Grünthal ist, hat er wahre Quantensprünge gemacht, was seine menschliche Seite angeht.
René: O ja.
Chay: Das ist euch zu verdanken. Ihr habt einen ziemlich guten Einfluss auf ihn und ich wäre euch sehr verbunden, wenn ihr fortsetzt, was ihr begonnen habt.
Fabian: Wir sollen Freunde mit einem Dämon sein?
Chay: Wie ich bereits sagte, Halbdämon. Es ist wichtig, dass er mit seiner menschlichen Seite in Kontakt kommt. Das da draußen ist nicht der Junge, den ich großgezogen habe. (Schluckt.) Es ist ein Instinkt, den er niederkämpfen muss.
Jan: Warum ist dir das eigentlich so wichtig? Ich meine, du bist doch gar nicht sein Vater, sondern nur was? Ein Freund? Kumpel?
Chay: Mehr als das. (Fügt nach einer kurzen Pause hinzu.) Ich weiß, wie es ist, aus der Blutnacht aufzuwachen. Es gibt keinen Tag, den ich mehr bereut habe.
Lucille: Er … er wollte mir nicht wehtun und … er hat den Instinkt niedergerungen. Ich glaube Chay hat Recht. Unser Matt steckt immer noch da drin.
Chay: (Etwas gerührt.) Danke. Danke, dass du an ihn glauben willst. Ich wünschte, ich hätte damals solche Freunde gehabt.
Fabian: (Zweifelnd.) Damals?
Chay: Junge, wenn ich das Buch in Eldas Bibliothek geschrieben habe, werde ich wohl ein paar Jahre auf dem Buckel haben.
Fabian: Will ich wissen, wie viele?
Chay: Dämonen altern nicht wie Menschen. Sie sterben, wenn man sie tötet. Dasselbe gilt für Halbdämonen.
Jan: (Sieht zu den anderen und lacht dann, doch das Geräusch klingt merkwürdig hohl.) Du verarschst uns, oder? (Chay sieht ihn nur schweigend an.) Heißt das, wir sind gar nicht auf Matts achtzehntem Geburtstag?
René: Doch. Ich bin zwar jung Vater geworden, aber nicht so jung.
Chay: (Seufzend.) Er ist noch jung. Ihr alle seid noch jung. (Atmet tief durch.) Es tut mir leid, euch diese Bürde auferlegen zu müssen.
Fabian: Bürde?
Chay: Matt. Er braucht euch. Jetzt mehr denn je.
Lucille: (Schluckt.) Was können wir denn tun?
René: Wir müssen ihn aufhalten. (Chay wirft ihm einen bedauernden Blick zu.) Ich lasse nicht zu, dass mein Sohn zu einer mordenden Bestie verkommt.
Chay atmet tief durch, widerspricht jedoch nicht.
Jan: (Murmelnd.) Ich wusste ja schon immer, dass mit ihm was nicht stimmt, aber das hätte ich mir in meinen wildesten Träumen nicht ausgemalt.
Fabian: (Ignoriert ihn.) Matt aufhalten, okay. Und was machen wir mit seiner nicht minder gefährlichen Verwandtschaft?
Bevor Chay antworten kann, hören sie ein lautes Poltern aus dem Wohnzimmer. Nahezu panisch sieht René zur Tür.
Im Wohnzimmer langweilen sich Caspar und Balthasar, während Menuha damit beschäftigt ist aufzuräumen, als Melchior in ihrer Mitte auftaucht. Seine Augen leuchten halb wahnsinnig und seine Lippen sind zu einem spöttischen Grinsen verzogen. Sein blutiger Anblick lässt Melaney strahlen.
Caspar: Schon wieder da? (Zu Balthasar.) Sieht so aus, als würde ich die Wette gewinnen.
Melchior: Mitnichten, Bruder.
Kaum hat Melchior die Worte ausgesprochen, stürzt er sich auf Caspar und schmeißt ihn mitsamt Stuhl um.
Balthasar: Ambitioniert ist er auf jeden Fall.
Balthasar hebt sein Weinglas hoch. Kurz danach rollen Melchior und Caspar in ihrer Rangelei in den Tisch und erschüttern ihn. Melchior greift in Caspars Haare und schlägt seinen Kopf auf den Boden. Blut spritzt aus einer Platzwunde, doch Caspar greift lediglich nach Melchior, Energie in seiner Hand. Blitzschnell verdreht Melchior seinem Bruder das Handgelenk und der Energiestrahl trifft stattdessen ein Bild an der Wand, welches daraufhin zerfetzt wird. Menuha versucht, dazwischenzugehen, kommt aber nicht an die beiden heran, ohne selbst Gefahr zu laufen, erwischt zu werden.
Inzwischen sind Matts Freunde, sein Vater und Chay aus dem Zimmer gekommen und sehen schockiert auf die zwei sich prügelnden Dämonen.
Fabian: (Entsetzt.) Das ist Matt?
Chay: Melchior. Matt ist …
René: Der Name, den ich meinem Sohn gegeben habe.
Jan: Was zur Hölle tun die zwei da?
Balthasar: (Gesellt sich reichlich amüsiert zu ihnen.) Oh, nur eine alte Rechnung begleichen. (Zu Chay.) Interessante Wahl das mit Caspar.
Chay: (Zuckt mit den Schultern.) Halbdämon eben.
Balthasar schmunzelt wissend, während Jan nur verwirrt zwischen beiden hin und her sieht. Im nächsten Moment muss Jan sich jedoch auch schon ducken, als ein verirrter Energiestrahl in der Tür hinter ihm einschlägt. Melchior hat eindeutig die Oberhand gewonnen und schlägt auf Caspar ein.
Melchior: Das ist für den Feuersee. (Er bricht Caspar die Nase.) Und das für die (Sarkastisch.) Reitstunde. (Erneut schlägt seine Faust in Caspars Gesicht.) Und das ist für die Höllenwürmer.
Fabian: Das klingt mir nach einer Menge Rechnungen.
Chay: (Verzieht das Gesicht.) Ja. Leider.
Lucille: Sollten wir nicht eingreifen?
Immer noch ist Menuha die einzige, die versucht, die beiden Kämpfenden auseinanderzubringen. Ohne Erfolg.
Balthasar: (Macht eine einladende Geste.) Bitte. Nach dir.
Melaney: (Mit leuchtenden Augen.) Lasst sie kämpfen! Ich will sehen, wer jetzt der Stärkere von ihnen ist.
Fabian weicht ängstlich einen Schritt zurück. Caspar ist es gelungen, Melchior zu packen und in den Beistelltisch zu schmeißen, der unter dem Gewicht zu Bruch geht. Die Blumenvase zersplittert und Wasser und Blumen spritzen überall hin. Lucille schluckt. Caspars Nase richtet sich von alleine mit einem ekelerregenden Knirschen. Seine Platzwunde ist längst verheilt. Melchior erhebt sich mühelos vom Boden und schießt nach Caspar, wobei er die halbe Couch zerfetzt.
René: Matt!
Es wirkt nicht so, als hätte Melchior ihn gehört, schließlich wirft er sich erneut auf Caspar. Bevor die beiden jedoch zu Boden gehen, lösen sie sich in Luft auf.
Fabian: Was zur … was ist jetzt passiert?
Chay: Raumsprung. Eine Art Teleport, die alle Dämonen beherrschen.
Jan: Ich wusste es!
Lucille: (Genervt.) Was denn?
Jan: Habt ihr nie das Gefühl gehabt, dass er zu schnell überall auftauchte?
Lucille: Nein.
Rachel: Manchmal.
Fabian: Toll. Und wie sollen wir ihn aufhalten, wenn er uns immer wegspringt? Oder weiß jemand von euch, wo er jetzt hin ist?
Lucille: (Holt ihr Smartphone heraus.) Wenn er sein Smartphone noch dabei hat, könnte ich ihn orten. Zumindest, wenn er das Feature nicht ausgeschaltet hat.
Balthasar: (Ohne Sarkasmus.) Beeindruckend. Eins muss man euch Menschen ja lassen. Erfinderisch seid ihr.
Jan und Fabian werfen sich nur einen irritierten Blick zu, halten aber lieber den Mund.
Etwas später treffen die Freunde und Matts Familie im Park ein. Fabian und Jan leuchten mit ihren Handys den Weg.
Lucille: (Sieht irritiert auf ihr Smartphone.) Es müsste irgendwo hier sein.
Balthasar: Er oder meinst du das Ding dort auf dem Boden?
Tatsächlich liegt Matts Telefon auf dem Boden. Fabian hebt es auf und steckt es vorerst ein.
Jan: Das sieht aus, als wären sie hier lang gerollt.
In der Nähe des Fundorts befinden sich eine tiefe Furche und mehrere abgebrochene Zweige. Angespannt gehen Jan und Lucille voran, als sie plötzlich ein Stöhnen hören. Dann entdeckt Fabian das Blut im Schnee und schluckt.
Lucille: (Wispernd.) Globus Igneus.
Grün lodert das Feuer in ihrer Hand auf und spendet großflächiger Licht als die beiden Telefonlampen. Jan schiebt die kahlen Zweige eines Gebüschs zur Seite. Im Licht des Feuers sehen sie Caspar in einer Blutlache liegen. Gerade erwacht er aus seiner Bewusstlosigkeit und rollt sich stöhnend auf die Seite.
Balthasar: (Hochgradig amüsiert.) Heute ist wirklich nicht dein Tag, Caspar. Vielleicht solltest du das nächste Mal deine Garde mitbringen.
Caspar grunzt lediglich und kommt langsam wieder auf alle Viere.
Jan: Seine Garde?
Chay: Caspar befehligt die Schwarze Garde. (Als Jan nur die Schultern zuckt.) Die Heerscharen der Hölle.
Augenblicklich stolpert Fabian mehrere Schritte zurück und rennt dabei fast Menuha um.
Menuha: (Beruhigend.) Er ist nicht im Dienst.
Fabian verzieht nur kläglich das Gesicht.
Lucille: (Schluckt.) Aber wo ist nun Melchior?
Caspar: (Spuckt etwas Blut aus.) Abgehauen. Hat sich wohl etwas gesucht, das er töten kann.
Balthasar: Wahrscheinlich dachte er, du wärst tot. Du siehst zumindest danach aus.
Caspar wirft ihm einen vernichtenden Blick zu und steht langsam auf. Langsam heilen seine Wunden und er steht mit jeder verstreichenden Sekunde gerader da. Dann fixiert er die vier Jugendlichen und sein Gesicht verfinstert sich.
Caspar: Und jetzt bin ich dran mit dem Blutbad.
Er hat kaum die Hand gehoben, als Menuha direkt in seine Arme teleportiert und ihm sanft den Arm hinunterdrückt. Dabei sieht sie ihm tief in die Augen.
Menuha: Bitte nicht. Ich mag sie.
Caspar: (Stöhnt.) Musst du immer jeden Menschen adoptieren?
Menuha: Bitte, Casp.
Caspar: (Rollt die Augen.) Von mir aus.
Balthasar: (Leise zu Lucille.) Seine Schwester ist sein größter Schwachpunkt.
Caspar spuckt noch einmal Blut aus und reibt sich über das Kinn. Seine Wunden scheinen vollkommen verheilt zu sein.
Jan: (Zu Chay.) Lass mich raten, diese enormen Selbstheilungskräfte sind auch Standard.
Chay nickt lediglich und Jan seufzt schwer. Im nächsten Moment hören sie einen markerschütternden Schrei in der Nähe. Augenblick rennen Lucille, Jan, Fabian und Rachel los. Wenig später kommen sie schlitternd auf dem Hauptweg zu stehen. Melchior hat Robert an der Kehle gepackt und gegen eine Laterne gehoben.
Lucille: Ma… Melchior!
Melchior wirft ihr einen kurzen Blick zu, dann drückt er fester zu. Robert strampelt verzweifelt, während er langsam dunkel anläuft.
Jan: Hey, ich weiß, Robert nervt, aber das ist doch kein Grund, ihn umzubringen.
Lucille: (Entsetzt.) Jan!
Jan: Was denn?
Seine Worte haben jedoch den gewünschten Effekt. Melchior lässt Robert fallen und springt im nächsten Moment Jan an und rammt diesen in die nächste Schneewehe.
Melchior: Du meinst, ich sollte besser mit dir weitermachen?
Fabian und Rachel sind zu Robert gerannt und helfen ihm auf die Beine.
Rachel: Du solltest nach Hause gehen.
Fabian: Wir übernehmen das.
Robert: Ich glaube, das ist dieser Mörder. Der, der …
Fabian: (Gibt ihm einen kleinen Schubs.) Los!
Robert nimmt die Beine in die Hand und läuft davon. Lucille versucht inzwischen, Jan zu helfen, indem sie ihren Schildzauber spricht. Den ersten Schlag von Melchior fängt der Zauber ab, dann dringt mit jedem weiteren Hieb mehr Wucht zu Jan durch. Dieser versucht sich mit seinen Kampfsporttechniken zu wehren, doch dieses Mal ist Melchior zu stark.
Lucille: (Panisch.) Matt! Hör endlich auf!
Kurzerhand zerrt sie an seinen Flügeln, was ihr einen kräftigen Schlag von diesen einfängt. Etwas betäubt landet Lucille mit dem Hintern im Schnee. Jan ist es gelungen, sich in dem Moment der Ablenkung unter Melchior hervorzurollen. Bevor er sich aufrichten kann, tritt Melchior ihm jedoch in den Magen. Jan knickt stöhnend ein.
Melchior: (Wirft Jan seine eigenen Worte vor.) Du weißt gar nicht, wie lange ich darauf schon gewartet habe.
Lucille: Fabian!
Dieser wendet sich zu ihnen um und konzentriert sich. Im nächsten Moment gibt der Ast einer Tanne über ihnen nach und Schnee fällt herab und badet Melchior in eiskaltem Wasser. Keuchend zieht dieser die Luft ein.
Lucille: (Hastig.) Vinculum!
Ketten erscheinen aus dem Nichts und wickeln sich fest um Melchior. Balthasar pfeift anerkennend. Jan kommt auf die Beine, hält sich aber noch den Bauch. Auch Lucille tritt näher an Melchior heran.
Lucille: Wir wollen dir nicht wehtun. Wir sind deine Freunde, schon vergessen? (Melchior schnaubt.) Du wolltest, dass wir dich aufhalten. (Nachdrücklich.) Du hast mich darum gebeten.
Statt ihr zu antworten, strengt Melchior seine Muskeln an und sprengt die magischen Ketten. Für einen Moment halten die vier den Atem an, während Melchior nacheinander jeden einzelnen von ihnen fixiert. Dann landet sein Blick auf Chay, der dem Geschehen in einiger Entfernung zusieht. Eine Sekunde später ist Melchior verschwunden.
Erleichtert aufatmend stützt sich Jan gegen die Laterne.
Jan: (Keuchend.) Also hat er mir das letztens doch übel genommen.
Fabian: Und wie finden wir ihn jetzt wieder? So wie der drauf ist, bringt der noch ganz Grünthal um. Und von Sam habe ich auch immer noch nichts gehört.
Rachel greift vorsichtig nach seiner Hand und drückt diese. Fabian sieht sie dankbar aber verzweifelt an. Lucille fährt sich erschöpft über das Gesicht.
Samantha hat sich dazu überwunden, näher an Daniel heranzugehen. Ihre Augen sind gerötet und ihr Gesicht tränennass. Zitternd lässt sie sich neben Daniel auf den Boden sinken und streckt die Hand aus. Noch immer sehen seine Augen starr in den Nachthimmel. Das Blut ist großteils geronnen. Samantha schluchzt erneut bei dem Anblick, beruhigt sich aber hastig selbst, atmet tief ein und streckt dann die Hände nach ihm aus. Kaum hat sie seine eiskalte Haut berührt, kommen ihr erneut die Tränen. Sie greift seine Oberarme und zieht seinen Kopf mit einiger Mühe auf ihren Schoß. Zittrig streicht sie über Daniels Haare. Dort, wo sie von Blut getränkt sind, sind die Strähnen steifgefroren. Samantha muss mehrfach schlucken, bis sie schließlich versucht, seine Augen zu schließen. Kaum ist das gelungen, bricht sie in bittere Tränen aus und schluchzt ungehemmt.
Offenbar hat sich die Gruppe aufgeteilt. Fabian und Rachel sind mit René und Melaney unterwegs. Letztere hat sich bei René eingehakt und sieht sich abschätzig in der Kleinstadt um.
Melaney: Ich verstehe einfach nicht, was Matt an solch einem … öden Ort will.
Fabian: Wüsstest du, wie oft hier Monster auftauchen, würdest du Grünthal nicht als öde beschreiben.
René: (Erklärend.) Es gibt im Wald eine Magiequelle. Aber das ist nicht der Grund, warum Matt zu mir gezogen ist. Er ist Halbmensch und er hat nun einmal andere Bedürfnisse als ihr.
Melaney: (Schmiegt sich grinsend an ihn an.) Also, was ich von euch Menschen kenne, habt ihr genau die gleichen Bedürfnisse, wie wir.
René macht sich entschieden von ihr los.
René: Das zwischen uns ist vorbei.
Melaney lässt sich nicht davon beirren. Sie geht auf ihn zu und öffnet langsam den Reißverschluss seiner Jacke. Rachel und Fabian starren die beiden wie gebannt an.
Melaney: Das sah vorhin noch anders aus.
René antwortet nicht, stattdessen lässt er sie nicht aus den Augen. Die Luft knistert förmlich zwischen ihnen vor Spannung.
Fabian: (Außer Atem.) Können wir vielleicht …
Er verstummt, als Melaneys süffisanter Blick ihn trifft.
Melaney: Mitmachen? Aber natürlich. Je mehr desto besser.
Fabian: (Mit hochrotem Kopf.) Äh … äh …
René: (Hat sich wieder gefangen.) Typisch. (Zieht seinen Reißverschluss wieder hoch und wendet sich ab.) Wir müssen Matt finden.
Während er losgeht, schlendert Melaney zu Fabian und mustert ihn scheinbar nicht unwillig. Fabian schluckt mehrfach, während Rachel nun doch die Stirn runzelt.
René: (Scharf.) Melaney! Lass den Jungen in Ruhe! Du musst nicht alles ruinieren.
Melaney: (Folgt ihm belustigt.) So so, ich ruiniere also alles? (René antwortet nicht.) Du bist wütend auf mich.
Sie wirkt dabei geradezu begeistert.
René: Natürlich bin ich wütend. Du bist damals einfach, ohne ein Wort abgehauen. Mit meinem Sohn!
Melaney: Ich kann Hescaryn nicht ewig fernbleiben. Ich habe Pflichten. Außerdem weißt du, dass ich mich schnell langweile.
René: (Schnaubt.) Autsch. Nun, für Matt sind Menschen nicht langweilig. Er hat hier Freunde und ein Leben.
Melaney: (Kühl.) Er gehört zu mir.
René: Er ist auch mein Sohn. Es gefällt ihm hier.
Melaney: (Rollt die Augen.) Ich bitte dich. Das hier ist nichts weiter als eine Phase. Caspar hatte auch mal eine. Dreißig Jahre später war er wieder da und geläutert. Melchior wird ebenfalls zu mir zurückkommen. Vielleicht ja schon heute.
René: Nicht, solange ich da ein Wörtchen mitzureden habe.
Melaney: Mit Sicherheit nicht. (Amüsiert.) Du warst sein Vater für was, ein paar Monate? Auf wen wird er eher hören, dich oder mich?
René: Chay will, dass er hier ist.
Melaney: (Seufzt schwer.) Chay will viele Sachen. Wenn ich ehrlich bin, empfinde ich sein Verhältnis zu Melchior äußerst ungesund. Das sollte dir eher Sorgen machen.
René: Chay kann in die Zukunft sehen.
Melaney: Aber sie nicht ändern.
Fabian und Rachel sehen einander an und beschließen, sich lieber nicht einzumischen.
Lucille und Jan laufen mit Chay und Menuha durch die Straßen.
Lucille: Seine Brüder mögen Matt nicht besonders oder?
Chay: Balthasar interessiert sich nicht wirklich für ihn.
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Texte © Copyright by Jana Mittelstaedt 67 Montgomery Avenue 6012 Wellington NZ - Neuseeland [email protected]
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ISBN: 978-3-7394-3946-4