John Sinclair 2266 - Ian Rolf Hill - E-Book

John Sinclair 2266 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

Was für ein Tag!
Megan warf die Tür hinter sich ins Schloss und schleuderte die Schuhe von den Füßen. Es interessierte sie nicht, dass die Pumps kreuz und quer auf dem Parkett der Diele liegen blieben. Heute würde sowieso niemand mehr vorbeikommen, und es gab auch keinen in diesen vier Wänden, den die Unordnung gestört hätte.
Sie wohnte schon seit Jahren allein, und auch wenn sie es manchmal schade fand, dass niemand daheim auf sie wartete, so war sie an diesem späten Abend mehr als erleichtert darüber.
Megan wollte sich bloß noch mit einem Glas Rotwein in die Badewanne legen, die Augen schließen und an nichts denken.
Geistesabwesend schaltete sie das Licht im Wohnzimmer ein - und stieß einen gellenden Schrei aus. Vor ihr im Sessel saß ein fremder Mann. Auf den Lippen ein Lächeln, das Megan nur als diabolisch bezeichnen konnte ...


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Seitenzahl: 147

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Bis dass der Tod euch scheidet

Akt 1: Präludium

Akt 2: Interludium

Akt 3: Postludium

Briefe aus der Gruft

Vorschau

Impressum

Bis dass der Todeuch scheidet

von Ian Rolf Hill

Was für ein Tag!

Megan warf die Tür hinter sich ins Schloss und schleuderte die Schuhe von den Füßen. Es interessierte sie nicht, dass die Pumps kreuz und quer auf dem Parkett der Diele liegen blieben. Heute würde sowieso niemand mehr vorbeikommen, und es gab auch keinen in diesen vier Wänden, den die Unordnung gestört hätte.

Sie wohnte schon seit Jahren allein, und auch wenn sie es manchmal schade fand, dass niemand daheim auf sie wartete, so war sie an diesem späten Abend mehr als erleichtert darüber.

Megan wollte sich bloß noch mit einem Glas Rotwein in die Badewanne legen, die Augen schließen und an nichts denken.

Geistesabwesend schaltete sie das Licht im Wohnzimmer ein – und stieß einen gellenden Schrei aus. Vor ihr im Sessel saß ein fremder Mann. Auf den Lippen ein Lächeln, das Megan nur als diabolisch bezeichnen konnte ...

Akt 1: Präludium

Dem anfänglichen Schreck folgte der Ärger auf dem Fuße.

Megan F. Gardner war keine ängstliche Person. In dem Fall stünde sie wohl kaum da, wo sie heute war: im Penthouse einer der angesagtesten Wohngegenden Londons.

Angriff ist die beste Verteidigung, so lautete ihr Motto. Und danach handelte sie auch jetzt.

»Was haben Sie hier verloren?« Ihre Finger tauchten in die offene Handtasche, fanden das Pfefferspray wie von selbst, zogen den schmalen Zylinder aber noch nicht hervor.

Stattdessen wartete sie auf die Antwort des Eindringlings, der nicht gerade den Eindruck eines gewöhnlichen Einbrechers machte. Warum sollte sich der auch in aller Seelenruhe in den Sessel setzen und darauf warten, dass die Eigentümerin zurückkehrte?

Möglicherweise ein Fan, der sie aus dem Fernsehen kannte. Oder eher ein Stalker.

Sie wunderte sich selbst darüber, wie viele Menschen beim Sender anriefen, beziehungsweise per Mail anfragten, ob sie ein Autogramm von Megan bekommen könnten.

Dabei war sie nicht mal Schauspielerin, geschweige denn Filmstar. Sie verlas lediglich die Nachrichten. Aber vielleicht war gerade das der springende Punkt.

Dadurch dass sie keine Rolle spielte, glaubten einige Menschen offenbar, die private Megan zu kennen. Sie war nun mal eine Person des öffentlichen Lebens. Es verlieh dem tristen Dasein vieler Leute anscheinend einen Hauch von Glamour, wenn sie das Gefühl hatten, Megan F. Gardner hatte ihnen eine Minute Aufmerksamkeit geschenkt, indem sie ihren Namen unter ein Foto kritzelte.

Dass sie nicht mal wusste, für wen sie die Autogrammkarte unterschrieb, die dann von irgendeinem Praktikanten verschickt wurde, ahnten die Wenigsten.

Aber es gab auch noch die anderen. Die Verehrer, Spinner und Psychopathen, die glaubten, eine persönliche Bindung zu spüren. Dass sie füreinander geschaffen seien. Die meisten beschränkten sich auf Briefe und E-Mails. Manchmal wurde sogar ein Blumenstrauß in den Sender geliefert oder eine Schachtel Pralinen für sie abgegeben.

Im schlimmsten Fall lauerte man ihr auf dem Parkplatz auf oder verfolgte sie bis zu der Appartement-Anlage. In die Wohnung selbst war bislang noch niemand eingedrungen.

Ein Beweis dafür, dass dieser Kerl ein besonderes Kaliber war.

Obwohl er nicht wie ein Triebtäter oder Stalker aussah, aber das musste ja nichts heißen. Den wenigsten Menschen sah man an, was in ihren Köpfen vorging. Das machte sie ja so gefährlich.

Während die Gedanken durch ihr Hirn wirbelten, fiel Megan auf, dass der Fremde ihr noch eine Antwort schuldete.

Noch immer saß er stumm im Sessel und grinste süffisant. Oder vielleicht eher herausfordernd?

Megan ertappte sich dabei, dass sie ihr Gegenüber genauer betrachtete. Vor allem diese unverschämt blauen Augen.

Nein, das war kein Stalker oder Psychopath, dafür sah er einfach zu gut aus. Verteufelt gut.

Verflixt, dachte sie, bitte hab eine gute Erklärung dafür, dass du in meiner Wohnung sitzt.

»Wer ...?« Ihre Stimme versagte, sodass sie sich räuspern musste, ehe sie weitersprechen konnte. »Wer, zum Teufel, sind Sie?«

Das Grinsen des Fremden wurde breiter, bevor er sich ruckartig erhob. Megans Herz klopfte schneller. Allerdings nicht vor Furcht, wie sie verblüfft feststellte.

Fast lautlos glitt der Unbekannte auf sie zu und blieb dicht vor ihr stehen. Dabei klebte Megans Blick förmlich an seinen Augen. Sie konnte ihn einfach nicht abwenden. Nicht für eine Sekunde.

»Gar nicht schlecht«, antwortete er ihr, und seine Stimme verursachte bei ihr eine Gänsehaut. Das Pfefferspray in der Handtasche hatte sie längst vergessen. »Und verdammt nah dran.«

Seine Finger griffen nach dem Riemen der Tasche und schoben ihn von der Schulter. Willenlos ließ sie es geschehen.

»Mein Name ist Matthias.«

Megans Herz übersprang vor Schreck einen Schlag, als er ihr die Handtasche abnahm und geschmeidig wie eine Raubkatze hinter sie trat. Die Enttäuschung darüber, dass sie nicht länger in seine Augen blicken konnte, traf sie wie ein Keulenschlag.

Doch sie währte nicht lange, denn schon in der nächsten Sekunde spürte sie seinen Atem an ihrem Hals, dicht am linken Ohr.

»Ich möchte mich gerne mit Ihnen unterhalten!«

»Ja«, platzte es aus ihr heraus, und ihr Körper begann vor Verlangen zu prickeln. Ihr Atem ging schwer und schnell. »Sehr gerne. Die ganze Nacht, wenn Sie wollen.«

Er lachte leise. »Genau das wollte ich hören.«

Matthias drückte ihr die Hand in den Rücken und dirigierte sie zielsicher zum Schlafzimmer.

Ich muss gestehen, ein wenig nervös war ich schon.

Versteht mich nicht falsch, Freunde, ich freute mich für meinen Freund. Ja, wirklich. Die Sache war nur die, dass ich leider keine guten Erfahrungen mit Hochzeiten gemacht hatte. Und damit meine ich keineswegs die Ehe, vielmehr den Tag der Trauung.

Wer mich und meine Lebensgeschichte kennt, der weiß längst, worauf ich hinauswill.

Es lag schon eine Ewigkeit zurück – nicht gefühlt, sondern wahrhaftig –, da wollte mein alter Freund Will Mallmann die Lehrerin Karin Becker heiraten. Es hatte eine Traumhochzeit werden sollen, mit allem Drum und Dran: Pferdekutsche, Schlosskirche und so weiter.

Nur mit dem Auftauchen des Sensenmannes als Hochzeitsgast hatte niemand von uns, einschließlich meiner Wenigkeit, gerechnet. Der Schwarze Tod, mein damaliger Erzfeind, war nach der Trauung erschienen und hatte Karin mit einem einzigen Schlag seiner fürchterlichen Sense getötet.*

Ein Albtraum!

Es gab nur wenige Fälle, die mir nach all den Jahren noch so präsent waren wie dieser. Es mag sich wie ein Klischee anhören, doch es kam mir so vor, als wäre all dies erst gestern geschehen.

Himmel, was war seitdem nicht alles passiert?

Eigentlich unfassbar, dass ich danach nicht noch einmal zu einer Hochzeit im engeren Freundeskreis eingeladen gewesen war. Vielleicht hätte es das Trauma ein wenig abgeschwächt und verhindert, dass es sich so tief in meiner Seele verankerte. Aber es hatte nicht sollen sein.

Bis heute.

Nein, weder Suko und Shao noch Harry Stahl und Dagmar Hansen wollten sich das Ja-Wort geben. Gott sei Dank auch nicht Jane Collins und Chris Ainsworth.

Es war ausgerechnet Abe Douglas, der mit Stephanie Kruger endlich den heiligen Bund der Ehe eingehen wollte. Zeit wurde es allemal, immerhin waren die beiden ebenfalls schon eine kleine Ewigkeit zusammen und bereits Eltern einer entzückenden Tochter namens Patricia.

Die Verlobung lag schon geraume Zeit zurück und war sogar in unserer Anwesenheit geschlossen worden. Man konnte also nicht behaupten, die Einladung wäre aus heiterem Himmel erfolgt. Nun ja, für Sir James mit Sicherheit schon. Zumindest hatte er sich so aufgeführt, als er gleich drei Urlaubsanträge auf seinem Schreibtisch liegen hatte.

Meinen, Sukos und natürlich den von Glenda Perkins.

Und es grenzte schon an ein Wunder, dass es der Alte geschafft hatte, alle drei beim Commissioner durchzuboxen. Man konnte also mit Fug und Recht behaupten, dass die komplette Sonderabteilung in Urlaub flog. Und das nicht mal eben um die Ecke, denn die Trauung fand natürlich in den Staaten statt. Genauer gesagt in Kill Devil Hills.

Und dreimal dürft ihr raten, wer der Trauzeuge war.

Richtig. Ich hatte mal wieder die Ehre. Ein Grund mehr für mein Unbehagen, denn auch schon für Will hatte ich den Ring tragen sollen.

An Stephanies Seite würde Chloe Maxwell stehen, und obwohl Abe versprochen hatte, die Hochzeitsgesellschaft überschaubar zu halten, war dennoch ein erkleckliches Grüppchen zusammengekommen. Immerhin flogen bereits wir zu sechst, denn außer mir, Glenda und Suko waren natürlich auch Shao und die Conollys mit von der Partie. Sollte in London zwischenzeitlich der Busch in Flammen aufgehen, würde sich Sir James an Jane Collins halten müssen.

Ich drückte nicht nur ihr die Daumen, dass ausnahmsweise mal nichts geschah, denn das wäre mit Sicherheit das Ende gemeinsamer Urlaube gewesen.

Da brachten auch Argumente wie zusammen absolvierte Auslandseinsätze nichts. Dienst war Dienst und Schnaps war Schnaps.

Zum Glück deutete bislang nichts auf schwarzmagische Aktivitäten hin.

»Nun zieh nicht so ein Gesicht«, sagte Bill Conolly, als wir uns auf den Schalter der Fluggesellschaft zuschoben. »Sonst setzen wir dich in die Economy Class. Da kannst du so viel Trübsal blasen, wie du willst.«

»Ich blase keine Trübsal. Aber erzähl mir nicht, dass du keine Bauchschmerzen hast.«

»Du machst dir Sorgen wegen der Hochzeit, das kann ich verstehen. Aber denk mal dran, wie oft du schon Trouble während irgendwelcher Flüge hattest. Sitzen wir deshalb auf einem Schiff? Nein.«

Ich verzog das Gesicht, als hätte ich in eine Zitrone gebissen. »Meinst du etwa ein Kreuzfahrtschiff?«

»Ach, komm«, mischte sich Sheila ein. »Das ist jetzt unfair. Du wusstest schon vorher, dass Ghouls an Bord waren.«

»Ich dachte da eher an die Strigen.«

Bill verdrehte die Augen. »Himmel, John. Hör endlich auf die ollen Kamellen auszugraben. Du musst damit aufhören, in der Vergangenheit zu leben. Der Schwarze Tod ist Geschichte. Selbst Lykaon und Phorkys haben ins Gras gebissen. Und Jennifer Gould wurde zusammen mit Carnegra vom Engelstöter gegrillt.«

Ich schnaubte. »Als ob das die einzigen Gegner waren, die uns an Leder wollten.«

»Bill hat recht«, meldete sich Glenda. »Willst du jetzt den ganzen Flug über missmutig vor dich hin grübeln? Gedanken sind wirkende Kräfte, vergiss das nicht. Denk positiv.«

»Ihr habt ja recht«, rief ich, allein des lieben Friedens willen.

»Also, überzeugend klang das jetzt aber nicht«, sagte Shao.

Ich wandte ihr den Kopf zu. »Echt jetzt? Du auch?«

Sie grinste schief. »Wir kennen dich eben zu gut, mein Lieber. Aber sieh es doch mal so, glaubst du es würde irgendetwas ändern, wenn Abe und Stephanie die Hochzeit abblasen?«

»Vermutlich nicht«, murmelte ich.

»Außerdem werden wir in einer Kirche sein«, fügte Sheila hinzu.

»Genau«, schlug Glenda in dieselbe Kerbe. »Fast das gesamte Sinclair-Team.«

»Über diesen Name sollten wir dringend noch mal reden«, sagte Bill, und fing sich von mir einen bösen Blick ein.

»Was wäre dir denn lieber? Die Conolly-Crew?«

»Wie wäre es mit Sukos Squad?«, schlug mein Freund und Kollege vor, der bislang geschwiegen hatte.

»Warum nicht gleich Glendas Gang?«, fragte ich und verdrehte die Augen, wofür ich mir einen Tritt gegen das Schienbein einfing.

Endlich bewegte sich die Schlange wieder und schob sich durch das Labyrinth der Absperrbänder hindurch in Richtung Gepäckaufgabe. Da wir natürlich nicht in Anzug und Smoking in den Flieger steigen wollten, hatte selbst ich dieses Mal den Koffer gepackt und auf die Reisetasche verzichtet.

Unser Geplänkel wäre wohl trotzdem noch weitergegangen, hätte sich nicht mein Handy gemeldet. Ich seufzte, denn ich ahnte schon, wer da etwas von mir wollte. Ich zuckte entschuldigend mit den Schultern, als ich die missbilligenden Blicke meiner Freunde bemerkte. Aber was sollte ich machen? Ein Geisterjäger war eben immer im Dienst.

Zu meinem Bedauern war es tatsächlich Sir James, der Sehnsucht hatte.

»Gott sei Dank, dass ich Sie noch erwische«, meldete er sich, ohne ein Wort des Grußes. Kein gutes Zeichen. Seine Stimme zitterte sogar leicht. Etwas, was bei dem Superintendenten höchst selten vorkam.

»Gerade noch, Sir.« Ich suchte den Blick meines Partners, der mit den Augen rollte.

Glenda dagegen schaute schräg an mir vorbei zu den Flachbildschirmen, die in regelmäßigen Abständen vor den Schaltern der Gepäckaufgabe unter der Decke hingen und auf denen diverse Sicherheitshinweise erläutert wurden.

»Haben Sie irgendwo die Möglichkeit BBC zu empfangen?«

»Worum geht es denn überhaupt?«

»Ja oder nein?«, bellte Sir James.

Ich zuckte zusammen. So missgelaunt war der Alte aber schon lange nicht mehr gewesen. Ob der Commissioner ihm den Kopf gewaschen hatte?

Mir lag bereits eine entsprechende Erwiderung auf der Zunge, als ich sah, wie Glenda kreideweiß wurde. Im selben Atemzug klappte Sukos Unterkiefer talwärts. Auch mein Partner starrte mittlerweile schräg nach oben. Und dann legte sich eine Hand auf meine Schulter und zog mich herum.

»Warten Sie kurz, Sir.« Ich drehte mich, sah in Bills verstörtes Gesicht und wollte meinen Freund bereits anblaffen.

Da bemerkte ich, dass selbst Shao und Sheila wie hypnotisiert auf die Monitore glotzten. So wie fast alle andere Fluggäste im Übrigen auch.

Die Abfertigung war ins Stocken geraten, ein Raunen ging durch die Menge.

Statt der Sicherheitshinweise, flimmerten jetzt tatsächlich die BBC-News über die Bildschirme. Nur war es dieses Mal nicht das bekannte Konterfei von Megan F. Gardner, das uns entgegenblickte. Ich hatte das Gefühl, Bestandteil der Ice Bucket Challenge zu sein, bei der sich Leute eimerweise eiskaltes Wasser über die Köpfe schütteten.

»John?« Die Stimme meines Vorgesetzten drang quäkend aus dem Lautsprecher des Smartphones. »John, sind Sie noch da?«

Mechanisch hob ich den Arm mit dem Handy, der bereits der Schwerkraft folgend nach unten gesunken war. »Sir, ist das ein Scherz?«

»Ich wünschte es wäre einer, John. Glauben Sie mir.«

Der Superintendent pausierte, sodass ich mich voll und ganz auf das Gesicht meines Erzfeindes Matthias konzentrieren konnte, das mir von einem halben Dutzend Flachbildschirmen entgegenblickte.

»... fordere ich den sofortigen Rücktritt des Premierministers und die Abschaffung der Monarchie. Die Zukunft des Empire heißt Luzifer!«

Und das war es auch schon.

Nacheinander erloschen die Monitore über unseren Häuptern. Sie wurden dunkel, nur um gleich wieder zum Leben zu erwachen, um die ungeduldig mit den Hufen scharrenden Fluggäste darauf hinzuweisen, ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt zu lassen.

Ich hörte vereinzeltes Gelächter und blickte in teils verständnislose, teils amüsierte Gesichter. Nur die meiner Freunde waren noch immer kalkweiß. Wahrscheinlich waren wir die Einzigen, die wirklich begriffen, wie ernst die Lage war.

»So leid es mir tut, John. Aber Sie müssen bleiben.«

Das stand außer Frage. Ich gab Suko einen Wink, der knapp nickte und mit Shao und den Conollys sprach.

»Einen Moment bitte, Sir«, sagte ich und hielt die Membran zu. »Sorry, Glenda.«

Meine Assistentin schüttelte den Kopf. »Du kannst da am allerwenigsten zu.«

»Sollen wir nicht besser mitkommen?«, fragte Bill. In seiner Stimme schwang das Jagdfieber mit, doch ich musste ihn enttäuschen.

»Auf keinen Fall. Das ist unsere Angelegenheit. Außerdem sollte man Typen wie Matthias nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken. Fliegt ihr schon vor, wir kommen nach, sobald wir dem Höllensohn in den Hintern getreten haben!« Ich hob das Smartphone wieder ans Ohr. »Wir sind unterwegs, Sir.«

Ich schnappte mir meinen Koffer, hauchte Glenda einen Kuss auf die Lippen und winkte meinen Freunden zum Abschied zu, bevor ich hinter Suko her eilte, der uns einen entgegengesetzten Weg durch die Schlange bahnte, was uns mehr als einen unfreundlichen Kommentar einbrachte.

Schließlich hatten wir es geschafft, und ich konnte mich wieder in Ruhe mit Sir James unterhalten. »Sir, am besten ist es, wenn ich mich melde, sobald wir im Wagen sitzen.«

»All right, John. Bis gleich.«

Ich beendete das Gespräch und schloss zu Suko auf, der mit versteinerter Miene in Richtung Ausgang strebte. »Der Kerl wird immer dreister«, knurrte er. »Es wird Zeit, dass wir diesem Elend ein Ende bereiten.«

»Meinst du Sir James?« Den Spruch hatte ich mir einfach nicht verkneifen können.

Doch Suko war nicht zu Scherzen aufgelegt. »Du weißt genau, wen ich meine.«

Ich winkte ab. »Wie oft haben wir das schon versucht? Aber Matthias ist wie ein Stehaufmännchen und zäh wie Leder. Luzifer muss wirklich einen Narren an ihm gefressen haben.«

»Was glaubst du, hat er vor?«

»Schwer zu sagen. Das hier ist selbst für ihn schon ziemlich starker Tobak. Bislang hat Matthias sich größtenteils im Verborgenen gehalten.«

»Bis auf die Sache damals in Kill Devil Hills.«

Ich sah meinen Freund von der Seite an. »Glaubst du, es hängt mit Abes Hochzeit zusammen?«

Suko wiegte im Gehen den Kopf. »Das kann man nie wissen. Aber wenn ich eines im Laufe der Jahre gelernt habe, dann dass man bei unseren Gegnern mit allem rechnen muss.«

Wir schwiegen, bis wir das Parkhaus erreichten. Wir waren mit Sukos BMW zum Flughafen gefahren. Glenda hatte die Nacht bei mir verbracht. Die Conollys waren separat angereist, da sie aus einer anderen Richtung kamen und nicht extra durch die City zum Heathrow Airport hatten gondeln wollen. Zumal wir ohnehin mit zwei Wagen fahren mussten.

Also wuchteten wir unser Gepäck zurück in den Kofferraum. Suko übernahm mal wieder das Steuer, während ich das Smartphone in die Halterung am Armaturenbrett steckte und Sir James zurückrief.

»Da sind wir wieder, Sir. Also, was ist passiert?«

»Vor einer Stunde, genau genommen um sechs Uhr fünfunddreißig Ortszeit, betrat Megan F. Gardner zusammen mit Sie-wissen-schon-wem das Broadcasting House am Langham Place. Die Mitarbeiter waren überrascht, da sie Gardner erst heute Abend zurückerwartet hatten. Noch überraschter waren sie jedoch, als sie ein Studio und einen sofortigen Sendetermin für eine dringende Live-Übertragung forderte.«

»Vermutlich dachten sie, das wäre ein Witz.«

»Genauso ist es. Doch Gardner beharrte auf ihrer Forderung, woraufhin man sich ernsthaft Sorgen zu machen begann. An einen terroristischen Anschlag dachte in diesem Augenblick wohl noch niemand. Eher an einen psychischen Ausnahmezustand. Gardner zeigte wohl schon seit Längerem Anzeichen für ein Burn-out, weigerte sich aber, in Behandlung zu gehen.«

»Was geschah weiter?«

»Nun, die Sicherheitsmannschaft wollte sie aufhalten, während man einen Krankenwagen rief. Wie Sie sich denken können, ist es den Männern nicht gut bekommen.«