1,99 €
Berold klopfte das Herz bis zum Hals.
Es war nicht richtig, was er hier tat, das wusste er. Aber er war nicht in der Lage, sein Verhalten zu ändern. Und wenn er ehrlich war, wollte er das auch gar nicht. Das Einzige, was er wollte, war - Denise!
Denise Curtis, Lykaons Tochter.
Mensch und Bestie in einem.
Vor allem aber das schönste Mädchen, dem er je begegnet war ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 135
Cover
Denise – Schicksal einer Bestie
Briefe aus der Gruft
Vorschau
Impressum
Denise – Schicksaleiner Bestie
von Ian Rolf Hill
Berold klopfte das Herz bis zum Hals.
Es war nicht richtig, was er hier tat, das wusste er. Aber er war nicht in der Lage, sein Verhalten zu ändern. Und wenn er ehrlich war, wollte er das auch gar nicht. Das Einzige, was er wollte, war – Denise!
Denise Curtis, Lykaons Tochter.
Mensch und Bestie in einem.
Vor allem aber das schönste Mädchen, dem er je begegnet war ...
Seit Wochen traf er sich heimlich mit ihr, seit sie ihm beim Angriff des Höllenhundes Garm das Leben gerettet hatte.
Das leichte Ziehen in den Eingeweiden, ausgelöst durch das schlechte Gewissen, wurde vom Kribbeln im Bauch, das er stets dann verspürte, sobald er an Denise dachte, vollständig überlagert.
Die Höhle, in der sein Bruder Bär überwintert hatte, war zu ihrem heimlichen Treffpunkt geworden. Hier kuschelten sie miteinander, küssten sich und redeten. Sogar ein wenig gefummelt hatten sie. So bezeichnete zumindest Denise das gegenseitige Streicheln. Mehr war allerdings nicht passiert. Aber Berold hatte das Gefühl, dass sich das bald ändern könnte.
Vielleicht sogar schon heute.
Bei diesem Gedanken wurde ihm der Hals trocken. Er griff nach dem Schlauch, den er aus dem Magen eines erlegten Karibus hergestellt hatte, und trank einen Schluck von dem frischen Quellwasser. Der Geruch von gebratenem Fleisch erfüllte die Höhle.
Nicht ganz ungefährlich, solange sich der Grizzly, dem er seit Monaten folgte, in der Nähe aufhielt. Spätestens wenn Denise hier war, brauchte er sich darüber jedoch keine Gedanken zu machen. In ihrer Zweitgestalt konnte es seine Freundin selbst mit den größten Bären aufnehmen. Meistens war dazu nicht mal ein Prankenhieb notwendig.
Ein Blick aus ihren rot glühenden Augen genügte in der Regel, um den stärksten Grizzly in die Schranken zu verweisen. Und sollte das mal nicht ausreichen, konnte sie ihm immer noch mit einem Feuerstoß vor die Pfoten Beine machen.
Verdutzt stellte Berold fest, dass er fast den gesamten Schlauch geleert hatte. Er wurde rot, als er daran dachte, dass er Denise nicht mal was zu trinken anbieten konnte, und beschloss, noch einmal zum Fluss hinunter zu gehen und den Schlauch erneut zu befüllen.
Ein letzter Blick zu dem Biber, der über der Glut brutzelte. Zu lange durfte er ihn nicht mehr garen lassen, Denise mochte ihr Fleisch gerne blutig. Besser er hängte es höher.
Nachdem er das getan hatte, verließ Berold die Höhle und sah sich um. Keine Spur von Denise, und auch von Bruder Bär war nichts zu sehen beziehungsweise zu hören.
Normalerweise hätte Berold das beunruhigt. Wenn er Pech hatte, streift das Tier bereits einige Meilen weiter südlich herum. Der Blizzard, der vor wenigen Wochen über das Land gefegt war, hatte den Grizzly im wahrsten Sinne des Wortes kalt erwischt. Er war sowieso schon viel zu früh aus der Winterruhe erwacht und musste sich dringend eine neue Fettschicht anfressen.
Berold hatte ihm dabei geholfen, indem er ihm einen Großteil seiner erlegten Karibus überlassen hatte. Seit Denise jedoch regelmäßig vorbeischneite, hatte er es schleifen lassen. Trotzdem hielten sich seine Sorgen in Grenzen. Er würde Bruder Bär schon wiederfinden.
Schließlich gehörte Berold zum Stamm der Berserker. Spurenlesen lernten die Kinder noch bevor sie laufen konnten.
Dass Amaruk, der Monsterwolf, ebenfalls verschwunden war, war für Berold dagegen kein großer Verlust. Denises Halbbruder, den Lykaon mit einem Urzeitwolf gezeugt hatte, war ihm unheimlich. Ein prähistorisches Ungeheuer, das seinen Beinamen nicht umsonst trug.
Denise hatte ihn nach Garms Angriff zu seinem Schutz hiergelassen, sodass sich Berold kaum aus der Höhle getraut hatte. Das Problem war nur, dass er mit dem Amaruk in der Nähe nicht mal auf Sichtweite an seinen Bruder Bär herankam.
Glücklicherweise gehorchte der Amaruk seiner Halbschwester aufs Wort.
Nach ihrem Wiedersehen hatte sie ihn verscheucht. Zumal die Gefahr durch die Totengöttin Hel, zu der Garm gehörte, gebannt schien. Berold hatte den Bericht über den Angriff des Drachen Nidhogg und Denises Ausflug in Hels Totenreich mit Entsetzen gelauscht.
Viele seiner Kameraden waren gestorben, darunter auch Fehild, die für ihn so etwas wie eine Großmutter gewesen war. Denise hatte während ihres Horrortrips den rechten Arm verloren. Der war zwar längst wieder nachgewachsen, trotzdem hatte das Erlebnis Spuren in ihrer Seele hinterlassen. Sie war in sich gekehrter, nicht mehr so ... lebenslustig wie sonst.*
Die Nachricht von der Rückkehr Morgana Laytons hatte er dagegen eher beiläufig zur Kenntnis genommen. Er trauerte um Rebecca, denn so wie Denise und die anderen Berserker, so hatte auch er das Mädchen in sein Herz geschlossen.
Nicht nur weil Lykke das Kind ausgetragen und wie eine eigene Tochter aufgezogen hatte. Sondern vor allem, weil es so viel Freude in Denises Leben gebracht hatte.
Berold marschierte den Wildwechsel entlang. Hinunter zum Bach, der durch die Schneeschmelze zu einem kleinen Strom angeschwollen war. Dort kauerte er sich auf die Fersen und ließ das eiskalte Wasser in die Öffnung des Schlauches gluckern.
Nachdem die Blase prall gefüllt war, verschnürte er das Ende, warf sich den Schlauch über die Schulter und machte sich auf den Rückweg. Auf halbem Weg blieb er stehen.
Der Eingang der Höhle, nicht mehr als ein breiter Spalt im Boden, erstrahlte förmlich in einem kalten blauen Licht. Berolds Puls beschleunigte sich.
Dieses Licht war nicht normal!
Es pulsierte und waberte und verströmte eine kalte Aura, die ihn erschauern ließ. Erinnerungen an die Eishöhle, in die ihn der Amaruk auf Befehl des Höllendieners Matthias verschleppt hatte, wurden wach. War der Teufelsscherge zurückgekehrt, um sich zu rächen?
Noch während Berold überlegte, was er tun sollte, fiel das Licht in sich zusammen. Es erlosch, als hätte jemand einen Felsen vor den Eingang der Höhle gerollt. Der junge Berserker schluckte, dann fasste er sich ein Herz und ging weiter.
Er ärgerte sich über das Zittern seiner Knie, ein echter Bärenkrieger kannte keine Furcht.
Aber gegen etwas Vorsicht war auch nichts einzuwenden. Daher bewegte sich Berold auf Zehenspitzen weiter. Den Wasserschlauch legte er vor dem Höhleneingang ab und tastete stattdessen nach dem aus Knochen gefertigten Messer, das so scharf wie eine Rasierklinge war.
Ein leises Schmatzen und Schlürfen drang an Berolds feines Gehör.
Er biss die Zähne zusammen. Wenn der Grizzly den richtigen Wind in die Nase bekommen hatte und zurückgekehrt war, konnte er das gemeinsame Abendessen mit Denise wohl vergessen.
Ein fast schon heiliger Zorn ergriff von dem Berserker Besitz. Lautlos schlüpfte er in die Höhle und blieb wie angewurzelt stehen. Tatsächlich kauerte eine Gestalt über dem Biberfleisch. Nur wog sie mit Sicherheit keine fünf Zentner, und sie trug auch keinen dichten, goldbrauen Pelz. Genau genommen trug sie gar nichts, denn sie war nackt. Bis auf das lange, weizenblonde Haar, das ihr Gesicht wie ein Schleier umschmeichelte.
Berold Herz übersprang vor Freude einen Schlag. »Denise?«, hauchte er ungläubig.
Noch auf den Fersen kauernd drehte sie sich um und bleckte die blutverschmierten Zähne. »Hi«, rief sie fröhlich. »Hast du mich vermisst?«
Normalerweise hätte Denise es vermieden, sich zu verwandeln.
Abgesehen davon, dass es enorm viel Kraft und Energie kostete, konnte sie an Berolds Gesicht ablesen, wie sehr ihn ihr zweites Naturell störte. Das Wichtigste aber war, dass sie nackt war, sobald sie sich zurückverwandelte. Nicht, dass es ihr etwas ausgemacht hätte, sie war alles andere als prüde und hatte sich schon sehr schnell daran gewöhnt, aber sie wollte ihn auch nicht auf dumme Gedanken bringen.
Deshalb trug sie immer einen Beutel mit Klamotten bei sich.
Sie hätte auch auf Amaruk reiten können, aber der Monsterwolf war Berold ebenso wenig geheuer wie ihre Zweitgestalt. Außerdem war er deutlich langsamer, und da er sich am Boden fortbewegte, bestand die Gefahr, dass jemand – oder etwas – seine Fährte aufnahm.
Im besten Fall ein Rudel Wölfe oder ein Grizzly, im schlimmsten Fall Matthias, Hel oder Lykke. Denise konnte sich das Donnerwetter bildlich vorstellen, dass ihr und besonders Berold blühte, sobald die Schamanin der Berserker herausfand, dass sie sich heimlich trafen.
Offiziell befand sich Berold auf dem Berserkergang. Was nichts anderes bedeutete, als dass er sieben Jahre lang alleine in der Wildnis überleben musste, ohne Hilfsmittel oder Kontakt zu anderen Menschen. Zweck dieser Initiation war, einen Pakt mit dem Berserkergott, dem Asenbären Thor, zu schließen, indem der angehende Berserker seinen Bruder Bär fand, der ihm seinen Pelz schenkte, auf dass Mensch und Tier eins miteinander wurden.
Auf diese Weise erlangten die Berserker ihre Fähigkeit, sich in Bären zu verwandeln.
Obwohl Denise bei einigen Stammesmitgliedern argwöhnte, dass deren Bruder Bär sie auf dem Berserkergang gefressen hatte, um sich so unter die Menschen zu mischen.
Wie auch immer, momentan war die gemeinsame Zeit mit Berold das Einzige, was sie aus den ständigen Grübeleien riss. In den letzten Wochen und Monaten war so viel geschehen, dass Denise noch immer Probleme hatte, darauf klar zu kommen.
Angefangen mit Matthias, der versucht hatte, sie auf die dunkle Seite der Macht zu ziehen, weshalb er den Amaruk erweckt hatte. Denise hatte den Spieß umgedreht und Matthias in seine Schranken verwiesen. Doch der hatte nicht aufgegeben und sich mit Hel, der Totengöttin und zugleich der Schwester des Götterwolfs Fenris, verbündet, um sich zu rächen.
Ihr Ziel: die Berserker und Werwölfe zu vernichten und Denise Curtis zu brechen. Gelungen war ihnen weder das eine noch das andere. Gebrochen war nur ihre Freundschaft zu Emma Murdock, die sie in blinder Raserei beinahe getötet hätte.
Für Denise war das ein Schlag ins Gesicht gewesen.
Das war also der Dank dafür, dass sie ihr und ihrem Bruder Ethan das Leben gerettet hatte. Am Anfang war Denise traurig und verletzt gewesen, jetzt war sie einfach nur noch wütend.
Und ebenso wütend war sie auf Lykke und Morgana Layton, die ihr Rebecca genommen hatten.
Oh sicher, sie verstand sehr wohl, weshalb das nötig gewesen war, nur machte das die Angelegenheit um keine Deut besser oder den Schmerz erträglicher.
Nur bei Berold fand sie so etwas wie Verständnis und Geborgenheit. Vielleicht auch wegen der Distanz zum Berserkerlager und der Werwolf-Kolonie, die seit Neuestem einen weiteren ständigen Gast beherbergte: Ethan Murdock.
Im Gegensatz zu seiner Schwester hatte er sich entschlossen, bei seiner Mutter zu bleiben, nachdem seine Großeltern von Matthias getötet worden waren.
Daraufhin hatte Emma mit ihrer Familie zwar nicht direkt gebrochen, aber ihr und Denise deutlich zu verstehen gegeben, dass sie in Zukunft nichts mehr mit Werwölfen, Berserkern, nordischen Göttern und Teufelsdienern zu tun haben wollte. Sie wollte ein normales Leben führen, so wie andere Teenager auch.
Und dabei hatte Denise gedacht, dass sie Freundinnen seien. Beste Freundinnen sogar.
So wie Carnegra früher, als sie noch bei Dad gewohnt hatte. Carnegra hatte sie bloß verarscht. Und Emma? Darauf wusste Denise keine Antwort. Das Einzige, was sie wusste, war, dass sie eine Mordswut im Bauch hatte.
Eine Wut, die selbst der Anblick der endlosen Wälder Alaskas, die unter ihr hinweg rasten, nicht zu lindern vermochte. Nicht mal ansatzweise. Ebenso wenig wie die schneidend kalte Luft.
Die großen Schneestürme waren zwar vorüber, doch hier hoben im Norden, dem letzten Außenposten der Vereinigten Staaten von Amerika war man vor unerwarteten Wintereinbrüchen nie gefeit. Schon gar nicht heutzutage, wo das Wetter vollkommen verrückt zu spielen schien.
Aber besser als die verheerenden Waldbrände, wie sie im Süden der USA, vor allen Dingen in Kalifornien, immer öfter vorkamen.
Denise erreichte die Stelle, an der Berolds Höhle lag, und setzte zur Landung an.
Sie suchte sich eine winzige Lichtung zwischen einigen hoch aufragenden Sitkafichten und sank auf den mit Nadelstreu übersäten Boden. Noch in der Luft faltete Denise die Schwingen zusammen und verwandelte sich zurück.
Aus gut einem halben Yard Höhe fiel sie nach unten und federte den Aufprall mit den Knien ab.
»Autsch!«, rief Denise, als sich prompt einige Fichtennadeln in die Haut ihrer nackten Sohlen bohrten. Sie schickte gleich noch einen derben Fluch hinterher, der Lykke die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte.
Denise ließ den Riemen des Beutels, der vor ihrer Brust hing, von den Schultern gleiten. Dann ging sie in die Hocke und öffnete ihn. Zuerst holte sie einen Slip hervor, den sie blitzschnell überstreifte, danach kam erst einmal das T-Shirt an die Reihe.
Denise hatte es noch nicht ganz übergestreift, als vor ihr im Gebüsch das Knacken und Bersten von Ästen und Zweigen zu hören war.
Na toll, dachte sie. Bei meinem Glück ist das wieder irgendein Grizzly, der meine Periode gerochen hat.
Fast war sie froh darüber, sich noch nicht vollständig angezogen zu haben. Slips und T-Shirt hatte sie immer in zweifacher Ausführung dabei. Nur für den Fall, dass sie sich kurzfristig verwandeln musste.
Sie hatte aus vergangenen Erfahrungen gelernt.
Hastig zog sie das T-Shirt nach unten und wollte eben die langen blonden Haare aus dem Ausschnitt ziehen, als sich eine in Felle gehüllte Gestalt aus dem Dickicht schob.
»Berold!«, ächzte Denise. »Verdammt, was fällt dir ein, dich so anzuschleichen?«
Er lächelte sanft. »Tut mir leid, Denise. Ich wollte dich nicht erschrecken.«
Sie zog die Brauen über der Nasenwurzel zusammen. »Du hast mich nicht erschreckt. Du hast gespannt!«
Ein irritierter Ausdruck huschte über sein Gesicht. »Ich habe ... was?«
Denise verdrehte die Augen und rief sich einmal mehr ins Gedächtnis, dass Berold zu einem Naturvolk gehörte und ihm viele Vokabeln einfach nicht geläufig waren.
»Gespannt!«, wiederholte sie, während sie die Haare ausschüttelte und sich weiter anzog. »Gegafft, geglotzt, beobachtet.«
»Ich, äh, das wollte ich nicht.«
Er wirkte tatsächlich verlegen, aber so leicht würde es ihm Denise nicht machen.
»Ja, klar. Und das soll ich dir glauben?«
»Nein, ich meine, ja.«
Denise grinste, holte ein Kaugummi aus der Gesäßtasche und schob es sich zwischen die Zähne. Dann schnappte sie sich den Beutel und hüpfte auf Berold zu. »Du bist süß, wenn du stammelst.« Bevor er darauf etwas antworten konnte, packte sie ihn am Kragen, zog ihn zu sich heran und küsste ihn. »Hast du mich vermisst?«, flüsterte sie, Stirn an Stirn mit dem Jungen, den sie so mochte.
»Ja!«, hauchte er.
»Wie sehr?«
»Mehr als alles andere.«
Denise hob den Kopf. »Mehr als was?«
Hilflos zuckte er mit den Schultern. »Na ja, alles eben.«
»Seltsame Antwort.« Sie verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. »Du bist ein Berserker, du besitzt ohnehin nichts, was du vermissen könntest.«
»Das ist wahr. Aber ich vermisse dich auch viel mehr als jeden anderen aus dem Lager.«
»Na, das will ich ja wohl auch stark hoffen.« Denise stapfte auf die Höhle zu. »Was gibt's zu essen?«
»Ich habe einen Biber gefangen!«
Denise blieb stehen. »Sagtest du Biber?«
»Ja, magst du kein Biber-Fleisch?«
Sie schnaubte. »An denen ist doch nichts dran.«
»Ich dachte, du bist wegen mir hier!«
»He, nicht in diesem Ton, Freundchen«, erwiderte Denise mit gespielt Strenge, und zeigte mit dem Finger auf ihn. »Na, mal schauen. Aber wehe, das Fleisch ist durchgebraten.«
»Das ist ja noch fast roh«, rief Denise kurz darauf.
Sie saß mit überkreuzten Beinen neben Berold und zerrte mit den Zähnen ein blutiges Stück Fleisch von den Knochen.
»Schmeckt es dir nicht?«, fragte er bang.
Denise schloss genießerisch die Augen. »Es ist perfekt!«
Blutiger Saft rann ihr aus den Mundwinkeln über das Kinn und tropfte auf das fleckige T-Shirt und die angewinkelten Beine.
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Berold sich ein Stück Fleisch zwischen die Zähne schob, ohne den Blick von ihr abzuwenden. Sie konnte hören, wie er atmete. Sein Herz hämmerte. Er schwitzte, und seine Pupillen hatten sich geweitet.
Sie konnte förmlich riechen, dass seine Gedanken gerade ganz woanders waren. Jedenfalls nicht beim Essen. Sie konnte es ihm nicht verdenken. Auch sie wollte am liebsten sofort Weiterschnäbeln. Aber sie hatte eben auch Hunger. So wie eigentlich immer. Außerdem genoss sie es, Berold zappeln zu lassen.
Zärtlich strich er ihre Haare zurück. Denise ließ es geschehen, während sie weiter das halbrohe Fleisch herunterschlang, wobei sie laut und ungeniert schmatzte und schlürfte.
Zu trinken brauchte sie vorerst nichts, das Fleisch war blutig genug.
Plötzlich spürte sie seinen Atem ganz dicht an ihrem Ohr. Kurz darauf glitt seine Zunge hinein. Denise winkelte den Kopf an. »Iiih, lass das!« Sie kicherte und genoss die Neckerei.
Berold küsste ihren Nacken. Er saugte sich förmlich an ihrem Hals fest.
Sie stieß ihn zurück. »He, mach mir ja keinen Knutschfleck! Lykke flippt aus, wenn sie das sieht.«
»Ist doch eh nicht mehr zu sehen, wenn du dich verwandelst.«
Denise überlegte kurz. »Stimmt auch wieder!«