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John Sinclair und Suko - unzertrennliche Freunde und Partner, die sich im Kampf gegen die Hölle bedingungslos aufeinander verlassen können! Das war einmal! Ihre Freundschaft ist zerbrochen, und auch ansonsten gehen sie jetzt getrennte Wege! Während John Urlaub nimmt, muss sich Suko in London ohne den Geisterjäger und dessen magisches Kreuz einer grausigen Bestie stellen, die in der englischen Metropole Jagd auf Menschen macht! Doch auch mit dem geschundenen John Sinclair kennen die finsteren Mächte kein Erbarmen. Er hat bei seiner Freundin Maxine Wells Unterschlupft gefunden - und an deren Haustür klopft in der Nacht der Gestalt gewordene Tod!
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Seitenzahl: 138
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Die Nacht, in der die Ratte kam
Ian Rolf Hill's Leserseite
Vorschau
Impressum
Die Nacht, in der die Ratte kam
von Ian Rolf Hill
Als Mum zu schreien anfing, war Benji sofort hellwach!
Zuerst wusste er gar nicht, wo er war. Dachte, er wäre noch mit Mario in Bowsers Schloss, um die Prinzessin zu befreien. Bis er das Nachtlicht neben der Tür erblickte. Da wusste er, dass alles nur ein Traum gewesen war. Es gab weder Mario noch Bowser noch eine Prinzessin, die er retten musste.
Doch es gab Mum, die so entsetzlich schrie.
Benji wurde ganz kalt vor Angst. Er hatte Mum noch nie so entsetzlich schreien gehört. Selbst dann nicht, als Dad sie gehauen hatte.
Die Schreie wurden immer lauter, nur um kurz darauf in einem furchtbaren Geräusch zu ersticken. Einer Art Gurgeln oder Blubbern. So als hätte ihn sein Kumpel Greg in der Badeanstalt untergetaucht.
»Jenna!«, rief Matt voller Entsetzen. »O Gott!«
Matt war Mums neuer Freund. Viel netter und cooler als Dad. Er war auch Benjis Freund und nahm ihn mit ins Kino und zum Autoscooter und in den Zoo.
Benji fühlte sich ein klein wenig besser, weil Mum nicht allein war. Doch dann hörte er ein dumpfes Knarzen, als würde Stoff zerreißen. Etwas – jemand – polterte auf den Boden.
Benji zuckte in seinem Bett zusammen. Plötzlich musste er ganz dringend Pipi.
Nicht jetzt! Nicht jetzt!
Irgendetwas quietschte, ganz laut und schrill, sodass sich Benji schon die Ohren zuhalten wollte, doch da verstummte es.
Doch Matt brüllte.
»Jenna! Neeein!«
»Mum!«, winselte Benji.
Er schämte sich dafür, dass seine Stimme so leise und schwach klang. Wie die eines Mädchens. Das hatte Dad jedenfalls immer gesagt.
Und auch wenn Mum behauptet hatte, dass dies nicht stimmte, hatte sich Benji diesen Satz gemerkt. Wie so viele Sätze seines Vaters. Es war, als würde er direkt neben seinem Bett stehen und ihn anbrüllen.
»Benjiiii!«
Matts Schrei ging in dem fürchterlichen Quieken unter.
Ein Schlag ließ die Tür erzittern, als etwas Schweres dagegen krachte.
Benji warf die Decke zur Seite und sprang aus dem Bett. Allerdings auf der anderen Seite, dort, wo sich das Fenster befand. Sie wohnten im zweiten Stock, und die Bäume waren viel zu weit entfernt, um hinüberspringen zu können.
Die Tür flog auf.
Benji ließ sich fallen und kroch unter das Bett, starrte mit weit aufgerissenen Augen auf das helle Rechteck. Und in Matts verzerrte Fratze.
Nie zuvor hatte Benji einen solchen Ausdruck im Gesicht eines Menschen gesehen. So voller Angst und Panik.
Matt lag auf dem Bauch, einen Arm hielt er ausgestreckt, die gekrümmten Finger gruben sich in den Teppich.
Und auf seinem Rücken saß – ein Monster!
Benji fühlte den Schrei, der aus seiner Brust emporstieg wie Lava in einem Vulkan. Bevor er seinen Mund verlassen konnte, schlug er die Hände davor.
Das Winseln ging im Kreischen des Ungeheuers unter. Helle Auge leuchteten in dem schwarz glänzenden struppigen Pelz. Wie große weiße Billardkugeln. Darunter eine lange, feucht glänzende Schnauze. Spitze Reißzähne.
Benji spürte, wie es unter ihm warm wurde. Der Druck auf seine Blase ließ nach.
Und dann verschwand das Monster. Zusammen mit Matt.
Der Junge sah noch, wie Matt die Hand nach ihm ausstreckte, hörte, wie er seinen Namen flüsterte, dann wurde Matt von einer ungeheuer starken Kraft zurückgerissen.
Doch Benji hörte ihn schreien. Sah seinen Schatten und den des Monsters an der hell erleuchteten Wand des Flurs. Benjis Sicht verschwamm hinter den Tränen, die aus seinen Augen tropften.
Noch immer traute er sich nicht, sich zu bewegen oder die Hände vom Mund zu nehmen. Dann tat er es doch, denn er bekam keine Luft mehr. Seine Nase saß zu. Und mit dem nächsten Atemzug heulte er los.
Und Matt hörte auf zu schreien. Genau in dem Moment, als die rote Farbe auf die weiße Wand spritzte.
Doch Benji wusste, dass es keine Farbe war, sondern Blut.
Matthews Blut!
Und dann wurde es plötzlich ganz still. Nur Benji konnte einfach nicht aufhören zu schreien. Bis der Schatten in der Tür auftauchte.
Das Monster.
Es schob sich in sein Zimmer und bewegte die Schnauze auf und ab. So wie Spikey, Opas Hund, wenn er Wild witterte.
Doch hier gab es kein Wild. Hier war nur er, ein verängstigter kleiner Junge, der nach seiner Mutter rief.
»Muhuhuuum!«
Der Schatten des Ungeheuers kam näher, schluckte das gesamte aus dem Flur fallende Licht. Benji erstarrte. Aus weit aufgerissenen Augen schaute er auf die Krallen, die sich seinem Bett näherten. Eine zuckende schwarz glänzende Nase bewegte sich dicht über den Boden.
Plötzlich blieb das Monster stehen und fing an zu schreien.
Mit einem Satz sprang es auf das Bett, dass die Federn nur so krachten – und flog durch die Scheibe!
Es gab einen lauten Knall, Glas splitterte.
Dann wurde es wieder still.
Benji war allein.
Trotzdem blieb er unter dem Bett liegen. Auch wenn die Haut unter der nassen Schlafanzughose juckte, er würde sich kein Stück bewegen. Dafür rief er nach Mum. Und nach Matthew.
Doch keiner von beiden gab ihm Antwort ...
Das Monster landete im Geäst der Platane, deren Krone unter seinem Gewicht bedenklich schaukelte und schwankte. Glasscherben prasselten auf den Bürgersteig, der um diese Zeit wie leergefegt war.
Die Kreatur brauchte sich nicht zu orientieren, sie wusste genau, wo sie sich befand. Ebenso wie sie wusste, dass sie schnellstmöglich verschwinden musste, bevor der eben erst gestillte Blutdurst wieder zurückkehrte.
Geschmeidig glitt das Ungeheuer am Stamm entlang nach unten, hüpfte auf einen Gullydeckel zu und bohrte die Krallen in die Öffnungen. Die Kreatur hob den schweren Deckel an, als würde er aus Pappe bestehen, dann kroch sie rückwärts in die Kanalisation und vergaß auch nicht, den Schacht wieder hinter sich zu schließen.
Dunkelheit und Stille umfingen das Monster.
Doch so still war es gar nicht. Das leise Trippeln winziger Füße drang an das empfindliche Gehör der Kreatur. Ein vertrautes Quieken erklang.
Das Monster hob die Schnauze und witterte. Der Geruch des Abwassers war betäubend. Trotzdem nahm das Monster einen bestimmten Geruch wahr, der ihm vertraut war. Es folgte der Duftspur zu einem breiten Rohr, das hinaus in die Themse führte. Ein Gitter versperrte der Kreatur den Weg.
Mit ihren scharfen Zähnen durchtrennte sie es, grub die Krallen hinein und riss es auseinander. Jetzt war der Weg frei. Kopfüber glitt das Kreatur in die eisigen Fluten der Themse, die sie stromabwärts trieben.
Ihrer nächsten Beute entgegen ...
»Wir befinden uns jetzt im Landeanflug auf den Flughafen Dundee. Bitte schalten Sie nun sämtliche elektronischen Geräte aus. Stellen Sie Ihre Sitze in eine aufrechte Position und schnallen Sie sich an. Wir werden in Kürze landen.«
Ich atmete auf.
So weit ich mich erinnere, war ich nie erleichterter gewesen, die Stadt am Firth of Tay im Norden Schottlands zu sehen. Dabei war Dundee im Laufe der Jahre zu meiner zweiten Heimat geworden. Schon deshalb, weil hier zwei Menschen lebten, die mir sehr am Herzen lagen. Ich möchte sogar so weit gehen, zu behaupten, dass sie zu meiner Familie zählten.
Als Einzelkind – meine missratene Halbschwester Lucy klammere ich an dieser Stelle mal aus –, dessen Eltern schon vor Jahren ums Leben gekommen waren, besaß ich keine weitere Verwandtschaft. Zumindest keine, mit der ich in Kontakt gestanden hätte.
Alles, was ich hatte, waren meine Freunde, die im Lauf der Jahre zu mehr als nur einer zweiten Familie geworden waren. Die meisten davon lebten in London, doch eben nicht alle.
Und momentan zog mich gerade so gar nichts zurück in meine Heimatstadt.
Daher hatte ich die Gelegenheit ergriffen und längst überfälligen Urlaub eingereicht, den ich bei meinen Freundinnen Maxine Wells und Carlotta verbringen wollte.
Obwohl ich mich in Dundee mittlerweile genauso zu Hause fühlte wie in London, kam es selten genug vor, dass ich aus privaten Gründen hierher flog.
Doch so richtig wollte sich die Freude darüber nicht einstellen. Hinter mir – und Suko – lag ein mörderischer Fall, der uns nach langer Zeit mal wieder nach Kill Devil Hills in North Carolina geführt hatte, wo wir erneut auf Xorron, den Herrn der Zombies und Ghouls, getroffen waren.
Zuletzt waren wir hier in Schottland mit ihm aneinandergeraten. Allerdings noch sehr viel weiter nördlich von Dundee, nämlich auf den Orkney-Inseln, wo er gegen den wahnsinnig gewordenen Eisernen Engel gekämpft hatte, ehe er sich über die Klippen ins Meer gestürzt hatte.*
In den folgenden Wochen hatten wir nichts mehr von ihm gesehen oder gehört.
Bis zu dem Tag, an dem uns Abe Douglas und seine Frau Stephanie angerufen hatten. Vor der Küste von North Carolina war seit einigen Wochen ein merkwürdiges Phänomen zu beobachten gewesen. Haie, die andere Haie attackierten.
Wie sich herausstellte, hatte es sich bei einigen von den Tieren um untote Exemplare gehandelt, die sich zu Schwärmen zusammengefunden hatten, um Jagd auf lebende Artgenossen zu machen. Was verrückt klang, war für mich leider beruflicher Alltag.
Obwohl Zombie-Haie selbst für mich neu gewesen waren.
Anscheinend hatte Xorron nach seinem Sturz von den Klippen Tausende von Kilometern auf dem Meeresgrund zurückgelegt und dabei einen Hai gebissen, ihn getötet und in einen Zombie verwandelt. Am Ende hatten wir es nicht nur mit untoten Raubfischen zu tun bekommen, sondern auch mit dem Herrn der Zombies und Ghouls persönlich.
Und als dieser sich an Stephanies und Abes Tochter Patty herangemacht hatte, wäre es fast zu einer Katastrophe gekommen ...
Der harte Ruck, mit dem die Maschine auf der Landebahn des Dundee Airport aufsetzte, holte mich in die Realität zurück. Fahrig wischte ich mir mit einer Hand über die Augen.
Ich weiß nicht, wie oft ich in den letzten zwölf Stunden an den zurückliegenden Fall gedacht und das Geschehen noch einmal Revue hatte passieren lassen, ohne jedoch zu einem Ergebnis zu kommen. Normalerweise hätte ich mit meinem Kollegen Suko darüber gesprochen, nur war der leider Teil des Problems.
Seit wir uns von Abe und Stephanie verabschiedet hatten, hatten Suko und ich kein Wort miteinander gewechselt. Schon früher hatte es Meinungsverschiedenheiten zwischen uns gegeben, allerdings selten einen handfesten Streit.
Doch in diesem Fall lagen die Dinge anders. Wäre es nach mir gegangen, wäre ich gar nicht mit Suko zurückgeflogen. Am liebsten hätte ich einen Direktflug nach Dundee genommen, doch da dies leider nicht möglich war, hatte ich in den sauren Apfel beißen und den Umweg über London Heathrow nehmen müssen.
Glücklicherweise war Suko an einem Gespräch ebenso wenig interessiert gewesen wie ich.
Er hatte die meiste Zeit geschlafen oder meditiert oder einfach nur stoisch seine Lider auf Löcher untersucht. Um ehrlich zu sein, war es mir egal. Hauptsache, ich hatte meine Ruhe.
Die Maschine stoppte, und das Signal zum Abschnallen erklang.
Die Passagiere sprangen von ihren Sitzen und drängten ins Freie. Obwohl ich bereits einen Interkontinentalflug hinter mir hatte, blieb ich noch so lange sitzen, bis sich die Maschine weitestgehend geleert hatte. Da ich am Fenster saß, war das kein Problem. Außerdem saß mir noch der Jetlag in den Knochen. Der Jetlag und natürlich Xorron.
Vielleicht auch die hastige Dekompression, denn nach einem viel zu schnellen Abtauchen im kalten Wasser des Atlantiks hatte ich beim Aufsteigen gerade einmal so viele Pausen eingelegt, damit es nicht lebensgefährlich wurde.
»Sir, wenn Sie nicht nach London zurückfliegen wollen, müssen Sie jetzt aussteigen!«
Die Flugbegleiterin lächelte freundlich, doch in ihrem Blick las ich auch einen Hauch von Ungeduld. Vielleicht befürchtete sie ein unsittliches Angebot, oder sie hatte einfach bloß einen schlechten Tag.
Ich unterdrückte das Seufzen und zwang mich zu einem entschuldigen Lächeln. Dann machte ich mich auf den Weg Richtung Ausstieg.
Der Pilot händigte mir noch meine Beretta aus. Dank meiner vom Innenministerium verliehenen Sondervollmachten durfte ich bei Flügen innerhalb des vereinigten Königreiches meine Pistole mit mir führen, musste sie während der Flugzeit aber beim Kapitän abgeben.
Ich nickte ihm dankbar zu, während ich die Waffe prüfte und ins Holster schob.
»Hoffen wir, dass Sie die Waffe nicht benutzen müssen.«
»Davon gehe ich aus. Diesmal bin ich privat unterwegs.«
Der Mann legte die Stirn in Falten. »Mit einer Pistole?«
»Familienbesuch!«, scherzte ich, doch schon beim Aussprechen merkte ich, dass dieser Witz ein Rohrkrepierer war. Entsprechend verkrampft fiel das Grinsen des Kapitäns auch aus.
Hastig verabschiedete ich mich und eilte die Gangway hinab und dann Richtung Flughafengebäude. Da die Richtlinien fürs Handgepäck wieder verschärft worden waren, musste ich noch am Gepäckband vorbeischauen.
Zumindest hier kam mir mein später Ausstieg zugute, denn als ich an der Gepäckausgabe eintraf, kam mir meine Reisetasche bereits entgegen. Den Einsatzkoffer hatte Suko mitgenommen. Ich mochte zwar ein gebranntes Kind sein, aber deshalb reise ich nicht jedes Mal mit dem kompletten Arsenal durch die Weltgeschichte.
»John!«
Kaum hatte ich den abgesperrten Bereich verlassen, da flog mir auch schon eine Person in die Arme. Eine Frau, um genau zu sein. Allerdings nicht irgendeine Frau.
Als ich den Duft ihres blonden Haars einatmete, fiel sämtliche Anspannung schlagartig von mir ab. Ich ließ die Reisetasche fallen und vergrub mein Gesicht in Maxines Haaren. Plötzlich zitterten mir die Knie. Ich hatte es geschafft.
Ich war zu Hause.
»Wie lange willst du noch da sitzen und grübeln?«
Suko blinzelte und stellte überrascht fest, dass er minutenlang auf den Bildschirm seines Laptops gestarrt hatte, ohne auch nur eine Zeile zu schreiben. Dabei wartete Superintendent Sir James Powell schon sehnsüchtig auf den Bericht seines letzten Falles.
Ihres letzten Falles, immerhin war John auch dabei gewesen. Doch der hatte sich ja fein aus der Affäre gezogen, indem er mal eben Urlaub eingereicht hatte. Und zwar ohne dies mit Suko abzusprechen. Er hatte ihm einfach den Einsatzkoffer in die Hand gedrückt und gesagt, dass er dringend eine Auszeit nötig hätte.
Und jetzt hockte Suko allein im Büro und versuchte sich an dem Bericht. Eigentlich eine reine Routineangelegenheit, doch er war wie blockiert.
Von daher kam ihm die erzwungene Ablenkung gerade recht.
Er hob den Kopf und schaute Glenda Perkins an, die mit einem Becher in der Hand das Büro betrat, das er sich seit Jahren mit John Sinclair teilte.
»Ich grübele nicht, ich denke nach!«
»Aha.« Sie stellte den Becher neben ihn auf den Schreibtisch. »Verrätst du mir auch den Unterschied?«
»Grübeleien bringen einen nicht weiter.«
Glenda warf einen Blick auf den leeren Bildschirm. »Aha«, wiederholte sie.
Suko seufzte, dann klappte er den Laptop zu und lehnte sich zurück. »Was soll dieses ständige ›Aha‹?«
»Ich versuche zu verstehen, was mit dir los ist.«
»Mit mir ist gar nichts los!«
»Du bist ein schlechter Lügner, Suko. Du versuchst schon seit Stunden, diesen Bericht zu schreiben, und hast nicht ein Wort getippt.«
»Manchmal dauert es eben länger.«
»Du warst dabei. Du brauchst nur niederzuschreiben, was passiert ist.«
Suko atmete tief durch und warf einen Blick auf den leeren Platz, ihm gegenüber am Fenster. »Wenn das nur so einfach wäre.«
Glenda nahm auf Johns Bürostuhl Platz, so wie sie es öfter tat, wenn der Herr Geisterjäger mal wieder allein unterwegs war und Suko in London die Stellung halten musste. »Es geht um John, nicht wahr?«
Suko, gerade im Begriff, einen Schluck von seinem Tee zu nehmen, hielt inne. »Wie kommst du denn darauf?«
»Komm schon, Suko! Ich kenne dich doch. Und ich kenne John. Ich habe noch nie erlebt, dass er nach einem Auslandseinsatz Urlaub einreicht.«
»Macht der doch ständig«, brummte Suko und nippte an seinem Tee.
»Nein, macht er eben nicht. Er hängt vielleicht ein paar Tage dran. Aber er setzt sich nicht in die nächste Maschine und fliegt wer weiß wohin.«
Suko spürte, wie er ärgerlich wurde. »Wenn du wissen willst, wo sich John herumtreibt, schlage ich vor, du rufst ihn an. Ich hab zu tun!«
»Na schön«, erwiderte Glenda etwas schnippisch. »Wenn du nicht darüber reden willst, ist das deine Entscheidung.«
Sie erhob sich und machte sich auf den Weg ins Vorzimmer.
Auf der Schwelle blieb sie noch einmal stehen. »Aber lüfte wenigstens ab und zu mal durch, die Luft hier drin ist zum Schneiden dick.«
Sam Granger war Angler aus Leidenschaft.
Seit er das Rentendasein genoss, verging praktisch kein Tag, an dem er nicht am Ufer der Themse seine Ruten aufstellte. Bis zu vier Stück waren es, je nachdem, an welcher Stelle des Ufers er sein Lager aufschlug und wie stark dort die Strömung war.
In diesem Fall nicht ganz so stark, daher entschied er sich dafür, alle vier aufzustellen.
Eine halbe Stunde später war er damit fertig, setzte sich in seinen Campingstuhl, streckte die Beine aus und genoss die frühmorgendliche Stille, die ihren ganz eigenen Charme hatte und mit keiner anderen vergleichbar war. So friedlich und beruhigend.
Ganz anders als die bedrückende Stille der Nacht.