Karl Rudolf Brommy - Die Marine - Thomas Rohwer - E-Book

Karl Rudolf Brommy - Die Marine E-Book

Thomas Rohwer

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Beschreibung

Karl Rudolf Brommys Buch »Die Marine - Eine allgemeinverständliche Darstellung des gesammten Seewesens für Gebildete aller Stände« wurde erstmals 1848 in Berlin veröffentlicht; editiert und mit einer Einführung neu herausgegeben von Thomas F.Rohwer. Karl Rudolf Brommy wurde 1804 in einem Dorf nahe Leipzig geboren. Als Vierzehnjähriger trat er in die Seemannsschule Altona ein und heuerte nach seiner Ausbildung dort auf der Brigg »Heinrich« an. Ab 1822 fuhr er auf verschiedenen amerikanischen Segelschiffen und wurde 1826 zum Kapitän befördert. 1827 ging Brommy nach Griechenland und beteiligte sich als Offizier in der griechischen Marine am Revolutionskrieg gegen die osmanische Herrschaft. Im deutsch-dänischen Krieg 1848-50 befehligte er zunächst die »Nordseeflottille« und wurde 1849 Konteradmiral und erster Befehlshaber der »Reichsflotte« des Deutschen Bundes. 1848 veröffentlichte Brommy »Die Marine« als Versuch, den gebildeten Kreisen der Öffentlichkeit in Preußen und den anderen deutschen Staaten die Aspekte der Seefahrt und insbesondere der Kriegsmarine näher zu bringen. Vollständige Neuausgabe (kein Reprint!) der Ausgabe von 1848, mit mehreren Tabellen und Abbildungen, einer Einführung und Erläuterungen zur Marinegeschichte Deutschlands vom 17.Jahrhundert bis zur Zeit Brommys. Brommy beschreibt ausführlich die Prinzipien und technischen Details des Schiffbaus und der Seefahrt seiner Zeit sowie des Einsatzes von Segelkriegsschiffen in einer Seeschlacht am Beispiel der Schlacht von Trafalgar.

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DIE MARITIME BIBLIOTHEK
Selbstverlag T.Rohwer
Unterjörn 77
D-24536 Neumünster
www.maritime-bibliothek.de
© 2021 Thomas F. Rohwer
Alle Rechte vorbehalten.

Einführung des Herausgebers

Der Name Karl Rudolf Brommy (auch Karl Rudolf Bromme geschrieben, oder Carl Rudolph Bromme) ist heute in Deutschland den wenigsten bekannt. Würde man historisch interessierte Bürger fragen, wer ihnen denn als „Gründer einer deutschen Marine“ einfällt, so wäre wohl in den allermeisten Fällen der Name „Tirpitz“ die Antwort. Falls es denn überhaupt eine Antwort gäbe, denn für „Marine“ haben sich die Deutschen in ihrer Geschichte nur selten interessiert - und die einzige Phase größeren Interesses war die Zeit des Admirals Alfred von Tirpitz.

Das größte Hindernis für das Entstehen einer „deutschen Marine“ war das Fehlen eines deutschen Nationalstaates bis ins Jahr 1871. Nichtsdestotrotz gab es zuvor schon entsprechende Bestrebungen, wenn auch auf höchst bescheidenem Niveau. Die „Frankfurter Nationalversammlung“ stellte 1848 eine „Reichsflotte“ auf, die vor allem auf preussischen und hamburgischen Ressourcen beruhte.

Diese Ressourcen waren winzig, und das Schicksal der „Deutschen Revolution“ von 1848 tat ein übriges. Erster und einziger Kommandeur dieser „Reichsflotte“ war der Konteradmiral Karl Rudolf Brommy, der zunächst auf Handelsschiffen und dann als Seeoffizier im griechischen Unabhängigkeitskrieg 1827/28 Erfahrungen gesammelt hatte. Die „Reichsflotte“ bestritt ein einziges, unentschiedenes Gefecht, im Krieg gegen Dänemark während der „Schleswig-Holsteinischen Erhebung“; dieses Gefecht fand vor der Insel Helgoland statt - damals noch in englischem Besitz und ein besonderes Symbol für das deutsche Einigkeitsstreben, da auf dieser Insel 1841 der Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben am 26.August 1841 das „Lied der Deutschen“ schrieb, das am 11.August 1922 in der „Weimarer Republik“, dem zweiten Versuch, ein freies, demokratisches und republikanisches Deutschland zu schaffen, zur Nationalhymne erklärt wurde. 

Das „Seegefecht vor Helgoland“ vom 4.Juni 1849 wurde unentschieden abgebrochen, nachdem die englischen Küstenbatterien auf Helgoland Warnschüsse gegen den deutschen Verband abgefeuert hatte, der die dänische Korvette „Valkyrien“ verfolgte, als die sich gegen den überlegenen deutschen Verband in englische Gewässer flüchtete und dort trotz der offiziellen englischen Neutralität geduldet wurde. Wie wenig Geltung zur See Deutschland oder auch Preußen in jener Zeit hatte, lässt sich aus dem Umstand erkennen, daß der englische Premier Lord Palmerston kurzerhand erklärte, Kriegsschiffe unter preußischer oder anderer deutscher Flagge in der Nordsee würden als Piratenschiffe verfolgt werden.

Karl Rudolf Brommy veröffentlichte 1848 ein Buch unter dem Titel „Die Marine“, eine „gemeinverständliche Darstellung des gesammten Seewesens für Gebildete aller Stände“. Dieses Buch ist keine Propagandaschrift für den Aufbau einer Marine in Deutschland bzw. Preußen, wie sie Alfred von Tirpitz ein halbes Jahrhundert mit massiver Propaganda betrieben hat. Es beschreibt vielmehr die Kenntnisse und Erfahrungen des Seeoffiziers Brommy aus mehreren Jahrzehnten des Dienstes zunächst auf Handelschiffen und dann als Marineoffizier in der griechischen und später der „Bundesflotte“, und es weist kritisch auf die geringe Bedeutung hin, die zu dieser Zeit die deutschen Mittel- und Kleinstaaten hinsichtlich der Schiffahrt hatten. Es ist ein höchst interessantes Dokument seiner Zeit, das einem weitgehend dem Binnenland zugeneigten Publikum das Wesen und die Anforderungen der Kriegsmarine und der Seefahrt vor allem auf Segelschiffen nahebringen sollte.

Auf das Verhältnis der Deutschen zur Seefahrt und besonders zu einer Kriegsmarine hat das Buch keinen Einfluß gehabt, es geriet schnell in Vergessenheit.

T.F.R.

Die Entwicklung der Marine in Deutschland vom 17.Jahrhundert bis zur Zeit Brommys - ein kurzer Abriss

Die Entwicklung von Seestreitkräften im Laufe der deutschen Geschichte wurde durch zwei besondere Umstände entscheidend geprägt.

Der erste Umstand ist das Fehlen eines deutschen Nationalstaates vor 1871. Es gab schlicht kein „Deutschland“, sondern einen Flickenteppich kleinerer und mittelgroßer Monarchien und Stadtstaaten in den deutschsprachigen Regionen Mitteleuropas. Preußen, Sachsen, Bayern, Westfalen, zahllose Fürstentümer, und nicht zuletzt natürlich Österreich, das lange die führende Macht im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“ und später im „Deutschen Bund“ war.

Der zweite Umstand ist die geographische Lage der deutschsprachigen Regionen in Mitteleuropa. Zwar waren bereits im 14.Jahrhundert einige istrische und dalmatische Küstengebiete unter habsburgische Herrschaft gelangt, jedoch hatte das keinerlei Interesse der habsburgischen Krone an Seefahrt oder dem Aufbau einer eigenen Marine zur Folge.

Mit dem Frieden von Campo Formio gelangten 1797 Venedig, Istrien und Dalmatien in österreichischen Besitz, und Österreich übernahm die venezianische Marine. Venedig blieb in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts Haupthafen der Kriegsmarine; erst später wurden eigene Kriegshäfen in Pola und Cattaro erreichtet.

Die 1797 gegründete Marine erhielt den Namen „Österreichisch-Venezianische Marine“ (k.k. Veneta Marine). Mannschaften und Offiziere kamen nahezu alle aus Venetien und waren durch die Tradition Venedigs geprägt.

Damit begann in eher bescheidenem Umfang österreichische Seemacht zumindest im Mittelmeerraum zu existieren, und ebenso gab es eine österreichische Handelsschiffahrt. Seestrategisch war Österreich dadurch stark benachteiligt, daß der Zugang zum Mittelmeer und damit zur offenen See nur durch die schmale (maximal 71 km breite) Straße von Otranto am Ende der Adria möglich war, die von größeren Seemächten jederzeit zwischen Apulien im Süden des „italienischen Stiefels“ und der albanischen Küste blockiert werden konnte.

Im Norden des deutschsprachigen Gebiets in Mitteleuropa sah es nicht viel besser aus. Die Ostseeküste zwischen Flensburg und Ostpreußen war ein Flickenteppich unter verschiedenster und oft wechselnder Herrschaft. Die Ostsee hatte zwar eine erhebliche Bedeutung als maritimer Handels- und Machtraum, aber die Schwergewichte in dieser Region waren jahrhundertelang Rußland, Schweden und Dänemark. Preußen und Brandenburg spielten seestrategisch keine Rolle, und die einstmals bedeutende Rolle der deutschen Hansestädte an der Ostseeküste wie Lübeck und Wismar war um 1700 ebenfalls längst Geschichte. Zu- und Ausgänge der Ostsee zum Atlantik wiederum wurden von Dänemark und Schweden beherrscht und waren einfach zu blockieren.

An der Nordsee sah es nicht viel besser aus, Hamburg und Bremen hatten Bedeutung als Handelshäfen, politisch war die Region an der Nordsee zersplittert, und seestrategisch wurde die Nordsee durch die Englischen Inseln und den Ärmelkanal vom Atlantik abgeschnitten, und damit vor allem durch die englische Seemacht, aber auch die französische.

Auch das sind Gründe, warum es bis zum Ende des 19.Jahrhunderts nie zu ernsthaften Versuchen des Aufbaus einer deutschen „Seegeltung“ kam. Das führte dann auch dazu, daß traditionell ein beträchtlicher Teil des Seehandels von und nach „Deutschland“ von englischen, niederländischen und skandinavischen Schiffen übernommen wurde. Trotzdem kam es zwischen 1657 und 1871 immer wieder zu einzelnen Versuchen, Seestreitkräfte aufzubauen.

Die Brandenburgische und Kur-Brandenburgische Marine

Das Herzogtum Preußen hatte bereits ab 1618 eigene, wenn auch schwache Seestreitkräfte in der Ostsee. Die Markgrafschaft Brandenburg hatte zu Beginn des 17.Jahrhunderts zwar keinen Zugang zur Ostsee, aber die Brandenburger Hohenzollern übten seit 1605 im Herzogtum Preußen die Regentschaft aus, durch Erbanfall 1618 fiel es dann an Brandenburg. Das Herzogtum musste als Lehen des polnischen Königs diesem in mehreren Kriegen Schiffe zur Verfügung stellen.

Während des Dreißigjährigen Krieges fiel das Herzogtum an den Kurfürsten von Brandenburg, dieser konnte sein Erbe 1638 gegen den Willen der militärisch überlegenen schwedischen Besatzer aber nicht antreten. Im Westfälischen Frieden musste sich Brandenburg dann mit Hinterpommern begnügen, das dem brandenburgischen Kernland einen Zugang zur Ostsee eröffnete. Einziger bedeutender Hafen war Kolberg, das Schweden erst 1653 räumte. Schweden hielt weiterhin die Odermündung bei Stettin, die alten Hansestädte Stralsund und Greifswald und damit die wichtigsten sonstigen Seezugänge zum brandenburgischen Raum unter seiner Kontrolle.

Im Zweiten Nordischen Krieg (1655-60) erkannte Kurfürst Friedrich Wilhelm die Bedeutung eigener Seestreitkräfte, als er 1656 mangels eigener Kräfte zur See die Häfen von Pillau und Memel dem feindlichen Schweden öffnen musste. Während dieses Krieges erlangte er 1657 schließlich die volle Souveränität über das Herzogtum Preußen. 

Im selben Jahr entstand in Pillau erstmals unter brandenburgischer Flagge eine Flottille von anfangs drei Schiffen mit zusammen 34 Kanonen unter dem Kommando des Kavallerie-Obersten Johann von Hille (1609-84). Mit der Zeit wurde der Schiffsbestand auf sieben größere Kriegsschiffe, drei Kanonenschaluppen und zwanzig bewaffnete Boote verstärkt, die im Frischen Haff im Bündnis mit Polen erfolgreich gegen schwedische Schiffe und Befestigungen eingesetzt wurden. Nach Ende des Krieges wurde die Flotte aus Geldmangel schnell wieder verkleinert, 1662 gab es nur noch acht Schiffe, Um 1670 existierte dann nur noch die „Leibyacht“ des Kurfürsten. Nichts desto trotz beteiligte sich der Kurfürst in der Folgezeit am internationalen Seehandel. Dazu ließ er in Holland zwei Schiffe bauen, die jedoch von England beschlagnahmt wurden.

Der Sieg über Schweden in der Schlacht von Fehrbellin im Juni 1675 nach einem neuerlichen schwedischen Einfall in Brandenburg gab den letzten Anstoß zum Aufbau einer eigenen Flotte. Seit 1675 erfolgte der Bau von hochseetüchtigen Kriegsschiffen. Wesentlich daran beteiligt war der niederländische Reeder und Kaufmann Benjamin Raule (1634–1707). Der Große Kurfürst bot Raule 1675 Kaperbriefe für den Seekrieg gegen Schweden an. Raule, der in finanziellen Schwierigkeiten war, nahm das Angebot an und vermietete für die nächsten Jahre zwischen vier und sechs Schiffe an Brandenburg, das erfolgreich Kaperkrieg gegen die schwedische Handelsschifffahrt führte. Raule wurde daraufhin von seinen eigenen Landsleuten wegen Seeräuberei verfolgt und musste nach Berlin fliehen. Am 14.Mai 1675 wurde er dort zum „Marinerath“ ernannt, am 20. Februar 1676 „Schiffsdirecteur“ und am 17. August 1677 „Oberdirecteur unserer Seesachen“. Am 20. Februar 1681 wurde Raule schließlich „Generaldirecteur de Marine“ im Range eines Obersten.

Die angemietete Flotte (Schiffe mit zusammen etwa 500 Geschützen) nahm  an vielen Operationen teil, so etwa an der Belagerung von Stettin (1677), der Belagerung von Stralsund (1678), der Eroberung Rügens (1678) und der Einnahme Greifswalds (1678).

Am 16. Januar 1679 verpflichtete sich Raule vertraglich, für sechs Jahre fünf Fregatten und sechs Schaluppen gegen eine feste Bezahlung an Brandenburg-Preußen zu vermieten. Schon im Juli 1679 führte er erfolgreich Kaperkrieg gegen Hamburg, um ausstehende Zahlungen einzutreiben. 1680 verfügte die kurbrandenburgische Flotte über 28 Kriegsschiffe. 

Im selben Jahr kam es im „Brandenburgischen Kaperkrieg“ zu einem gegen Spanien gerichteten Einsatz der Marine mit dem Ziel, rückständige spanische Zahlungen aus dem kurz zuvor beendeten Nordischen Krieg einzutreiben. Dazu lief ein Verband von acht Schiffen unter dem niederländischen Marineoffizier Claus von Bevern in den Ärmelkanal, kaperte vor Ostende das spanische Schiff „Carolus Secundus“ und schickte es als Prise nach Pillau, wo es als „Markgraf von Brandenburg“ das Flaggschiff der brandenburgischen Marine wurde. Anschließend segelte ein Teil von Beverns Geschwader in die Karibik, wo es zwei spanische Schiffe aufbrachte. Am 30. September 1681 focht ein brandenburgisches Geschwader unter Thomas Alders im Seegefecht beim Kap St.Vincent erfolglos gegen ein spanisches Geschwader - es war das erste Seegefecht eines deutschen Verbands auf hoher See.

Mit Raules Hilfe plante der Große Kurfürst die Gründung einer Handelskompanie für den Handel nach Übersee nach holländischem Vorbild. Dazu wurde ab 1680 der Hafen Pillau zum Stützpunkt mit einer Werft ausgebaut.

Raule rüstete mit eigenen Mitteln 1680/81 eine erste Afrikaexpedition  aus, die einen Freundschafts- und Handelsvertrag mit örtlichen Herrschern auf dem Gebiet des heutigen Ghana abschloss. Eine zweite Afrikaexpedition (1682/83) gründete das Fort Groß-Friedrichsburg an der westafrikanischen Küste am „Kap der drei Spitzen“. (Heute zu Ghana gehörend.)

Als Basis für die Ausweitung ihrer Operationen benötigte die Kurbrandenburgische Marine auch einen geeigneten Hafen an der Nordsee. Friedrich Wilhelm gelang es 1682, in Ostfriesland Fuß zu fassen und sich zunächst in Greetsiel einen Stützpunkt zu sichern. Auf Grundlage eines 1683 mit den Ständen der Stadt Emden geschlossenen Vertrages wurde Emden der neue Stammhafen der Marine. Gleichzeitig wurde der Sitz der Handelskompanie von Pillau nach Emden verlegt. Ein Stützpunkt auf Insel St.Thomas in der Karibik, damals dänische Kolonie, kam 1685 dazu.

Offiziell wurde die „brandenburgisch-preußische Marine“ am 1.Oktober 1684 gegründet, als der Kurfürst zu den eigenen Schiffen auch noch Raules Flotte aufkaufte. Fünf Jahre später erließ Friedrich Wilhelms I. Sohn, Kurfürst Friedrich III. (der spätere König Friedrich I.), organisatorische Vorschriften und richtete Admiralitätsämter in Berlin, Emden und Pillau ein. Außer Schiffen, Offizieren und Matrosen gehörte zur Marine auch ein eigenes „Marinekorps“ (Marineinfanterie). Er führte ab 1688 die Flotte und die Handelskompanie fort, hatte jedoch kein echtes Interesse daran. Entsprechend verfiel die Flotte bald, und 1701 gab es nur noch elf Kriegsschiffe unter brandenburgischer Flagge (gegen 34 Schiffe 1684). 

Die Preußische Marine ab 1701

Der ab 1701 nun „Preußischen Marine“ war kein Glück beschieden. Es gelang nicht, die Flotte durch Gewinne im Überseehandel zu finanzieren, und es gingen immer wieder Schiffe verloren, z.B. durch Freibeuter und Piraten oder auch durch Beschlagnahme von Schiffen durch andere Länder. 1711 löste König Friedrich I. die preußische Marine und die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie auf. Die Besitzungen in Afrika wurden 1717 für 7.200 Dukaten (nach heutigem Wert etwa 125.000 Euro) an die Niederlande verkauft.  Unter der Regierung Friedrichs I., dem „Soldatenkönig“ (König von Preußen von 1713 bis 1740) wurden alle Ressourcen in den Aufbau der Landstreitkräfte gelenkt, für die folgenden hundert Jahre war Preußen trotz seines Anteils an der Ostseeküste eine reine Landmacht. 

Nach dem „Nordischen Krieg“ (1700-1721) gelangte Brandenburg-Preußen in den Besitz von Stettin und der Odermündung und hatte dadurch einen viel bedeutenderen Zugang zur Ostsee als vorher allein mit Kolberg. 1733 wurde die Frage nach einer militärischen Präsenz auf See erneut geprüft, aber man kam zu den Schluß, daß es ausreichend war, sich für den Schutz des Seehandels (z.B. vor Piraterie) auf die Seestreitkräfte anderer Staaten zu verlassen. Brandenburg-Preußen baute das sehr kampfkräftige viertgrößte Heer Europas auf und pflegte freundschaftliche Beziehungen zu den benachbarten Seemächten Dänemark und Niederlande.

Auch Friedrich II. lehnte den Aufbau einer eigenen preußischen Kriegsmarine strikt ab. Man könne mit den großen Seemächten der Zeit (England, Frankreich, Spanien, Dänemark, Rußland) ohnehin nicht gleichziehen. Außerdem war Friedrich „der Große“ der Überzeugung, daß Seeschlachten ohnehin praktisch nie eine Kriegsentscheidung herbeiführen würden. Das war zwar ein fulminanter historischer Irrtum, der die Grundlagen für die Macht und den Wohlstand von Nationen wie Großbritannien, Frankreich oder früher auch Spanien (und noch früher von Athen und Rom) völlig verkannte, aber bis zur Regierungszeit Kaiser Wilhelms II. und auch danach wieder bis heute die Außen-, Sicherheits- und Militärpolitik Deutschland prägte und prägt.

Nur während des „Siebenjährigen Krieges“ operierten  improvisierte, aber militärisch unbedeutende preußische Seestreitkräfte im Raum Stettin, und einige Kaperschiffe fuhren während des Krieges mit einem preußischem Kaperbrief. Ein kleiner schwedischer Flottenverband vernichtete 1759 die „Stettiner Flottille“, ein Jahr später wurden erneut improvisierte Küstenschutzkräfte aufgestellt. Der Flottenbauplan von 1796, Teil der Denkschrift des Generalmajors Ernst von Rüchel über die preußische Küstenverteidigung, wurde nie weiter verfolgt. Auch während des Krieges gegen das napoleonische Frankreich setzte Preußen nur kleine, improvisierte Marinekräfte in der Ostsee ein.

Nach dem Wiener Kongress 1815 und der Gründung des „Deutschen Bundes“ begann Preußen sehr langsam mit dem Aufbau einer kleinen Küstenflotte. 1816 bestimmte König Friedrich Wilhelm III. eine eigene Kriegsflagge, die auf einem weißen Doppelstander einen schwarzen Adler und im oberen Eck ein Eisernes Kreuz zeigte. 

Im August 1815 „lieh“ sich Preußen von Schweden den Marineoffizier Diedrich Johann Longé (1770-1863) aus. Longé übergab sechs in Stralsund stationierten und von Preußen gekaufte schwedische Kanonenboote und wurde als Offizier in die preußische Marine übernommen. Auf seinen Vorschlag wurde ein schneller bewaffneter Schoner mit dem Namen „Stralsund“ für die Marine gebaut. Die Kanonenboote wurde bereits 1819 wieder außer Dienst gestellt, die „Stralsund“ 1829 zum Abbruch versteigert. Das Schiffsmaterial scheint keine besonders gute Qualität gehabt zu haben.

Die preußische Regierung lehnte aus finanziellen Gründen 1820 Pläne von 1811 und 1814 für die Aufstellung einer Marine ab, die vom interimistischen Generalstabschef Oberst Gustav von Rauch ausgearbeitet worden waren, und auch einen Plan, den Longé entwickelt hatte. Auch zwei „Seewehr-Kommissionen“ kamen 1825 und 1834 zu keinem anderen Ergebnis. 1837 fand Rauch, inzwischen Generalleutnant, erstmal die Unterstützung des damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm. 1840 als Friedrich Wilhelm IV. zum König von Preußen gekrönt, bewilligte der 1841 den Bau einer hochseegängigen Schulkorvette. Dieses Schiff lief 1843 unter dem Namen „Amazone“ vom Stapel und diente der „Seefahrtsschule“ in Danzig als Schulschiff für die Ausbildung des seemännischen Nachwuchses. Das zielte zunächst aber mehr auf die Bedürfnisse der Handelsmarine als auf den Aufbau eines Besatzungs- und vor allem Offiziers- und Unteroffiziers-Stammes für eine künftige preußische Kriegsmarine.

Eine Rolle spielte auch die staatliche „Preußische Seehandlung“, die 1772 zur Förderung des Außenhandels gegründet worden war und sich im Laufe des 19.Jahrhunderts zunächst zu einer Reederei entwickelte und dann in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts zunehmend zu einer Exportbank wandelte. Die „Seehandelsgesellschaft“ begann 1822 mit dem Vertrieb schlesischer Textilwaren nach Mittel- und Südamerika mit eigenen Schiffen. Dieses Geschäft dehnte sie bald weltweit aus und ließ 1822 bis 1824 das Segelschiff „Mentor“ die erste Weltumsegelung eines preußischen Schiffes durchführen. Sechs weitere Weltumsegelungen durch die „Princess Louise“ folgten. Gleichzeitig wurde der Schiffbau gefördert, indem zum Beispiel in den Vereinigten Staaten die Schonerbrigg „Christian“ kaufte, die als guter Segler galt und den preußischen Schiffbauern künftig als Lehrmodell dienen sollte. Die meisten für den Seehandel fahrenden preußischen Handelsschiffe waren (wie durchaus üblich in der damaligen Zeit) zum Schutz gegen Piratenüberfälle bewaffnet und bildeten eine Art „Hilfsmarine“, die bis etwa 1850 bestand.

Zu den ersten, die sich engagiert für den Aufbau einer ernstzunehmenden preußischen Marine einsetzten, gehörte Prinz Adalbert von Preußen (1811-73), Sohn des Prinzen Wilhelms, des jüngsten Bruders König Friedrich Wilhelms III. Er hatte auf zahlreichen Reisen den Wert einer Flotte zur Unterstützung und zum Schutz des Seehandels einer Nation kennengelernt. In der Revolutionszeit von 1848 bis 1852 beteiligte er sich am Aufbau einer „Reichsflotte“, den die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche vor dem Hintergrund des Krieges gegen Dänemark beschlossen hatte. Der „Deutsche Bund“ besaß zu dieser Zeit keine eigene Marine, sondern stützte sich auf die verbündeten Staaten Großbritannien, Niederlande und Dänemark.

Der Schleswig-Holsteinische Krieg 1848-50

Während des „Schleswig-Holsteinischen Krieges“ 1848 zeigte sich die fatale Schwäche dieser Politik. Großbritannien und die Niederlande blieben neutral, und Dänemark war plötzlich Kriegsgegner. Die dänische Marine unterband innerhalb weniger Tage den gesamten deutschen Seehandel in Nord- und Ostsee. Die Marine des ja auch zum „Deutschen Bund“ gehörenden Österreich wiederum lag im Mittelmeer und konnte erst mit erheblicher Verzögerung in die Kampfhandlungen eingreifen. Großbritannien erschwerte die Lage zudem noch dadurch, daß es erklärte, jedes unter der Flagge Preußens angetroffene Kriegsschiff als Piratenschiff zu behandeln.

Am 5.April 1849 kam es nördlich von Kiel in der Bucht von Eckernförde zu einer nachgerade skurrilen „Seeschlacht“, die mit einiger Berechtigung als die Geburtsstunde einer modernen deutschen Marine angesehen werden kann.

Eckernförde, das von der „Schleswig-Holsteinischen Armee“ besetzt war, wurde zum Ziel eines dänischen Landungsversuchs. Das Segel-Linienschiff „Christian VIII“ (84 Geschütze), die Segel-Fregatte „Gefion“ (48 Geschütze), zwei kleine Dampfschiffe und drei Yachten sollten 250 Mann Landungstruppen an Land setzen.

Bereits im April 1848 hatte General von Wrangel durch den preußischen Artillerie-Leutnant Werner Siemens (den späteren berühmten Elektroingenieur, Erfinder und Unternehmer und Gründer der Siemens-Werke) eine Küstenartilleriestellung in Eckernförde errichten lassen, die mit 10 Geschützen bestückt war. Kurz vor dem dänischen Angriff am 5.April 1849 war außerdem eine nassauische Batterie mit sechs Feldgeschützen herangeführt worden.

Am Abend des 4.April 1849 ankerten die dänischen Schiffe außerhalb der Reichweite der feindlichen Artillerie in der Eckernförder Bucht. Da Ostwind herrschte, der in die Bucht hineindrückte, war die Manövrierfähigkeit der dänischen Schiffe beeinträchtigt, und sie konnten die Bucht nur mit Schlepperhilfe wieder verlassen.

Frühmorgens begannen die „Christian VIII“ und die „Gefion“, die deutschen Stellungen zu beschießen. Die Schiffe konnten dabei nur mit Schlepperhilfe manövrieren, was sich als fatal erwies. Ein Treffer durchtrennte die Schlepptrosse der „Gefion“, die daraufhin manövrierunfähig nahe zu den Küstenbatterien herantrieb. Einige Zeit später wurde auch die „Christian VIII“ manövrierunfähig.

Gegen 13 Uhr forderten dänische Parlamentäre freien Abzug unter Androhung, Eckernförde zu beschießen, der freie Abzug wurde aber abgelehnt. Beide Schiffe wurden durch die Küstenbatterien und Feldgeschütze manövrierunfähig geschossen, die „Gefion“ ergab sich gegen 18 Uhr und wurde von schleswig-holsteinischen Soldaten geentert, die auf Grund gelaufene „Christian VIII“ ergab sich etwa eine halbe Stunde später. Nach der Kapitulation explodierte die „Christian VIII“ schließlich während der Ausschiffung der Besatzungen aus ungeklärten Umständen. Der Großteil der Besatzung war zu diesem Zeitpunkt bereits an Land. 

Bei dem Gefecht kamen 224 Dänen und fünf Schleswig-Holsteiner ums Leben, darunter der Kommandeur der Süderschanze, Unteroffizier Ludwig Theodor Preußer, der vor der Explosion der „Christian VIII“ auf das Schiff übergesetzt war. 

Zwei Monate später kam es in der Nordsee zum „Seegefecht bei Helgoland“. Dort sichtete am 4.Juni 1849 ein aus der Dampffregatte „Barbarossa“ und den Dampfkorvetten „Lübeck“ und „Hamburg“ bestehender Verband unter dem Kommando von Admiral Karl Rudolf Brommy die dänische Segelkorvette „Valkyrien“ (26 Geschütze). Die „Barbarossa“ war ein ursprünglich für die Cunard-Reederei in England gebaute Raddampfer mit zusätzlicher Segeltakelage, der in der Nordatlantikfahrt eingesetzt worden war und im März 1849 für die neu aufzubauende „Bundesflotte“ gekauft und mit neun 68-Pfünder-Bombenkanonen[1] ausgerüstet worden war. Die „Lübeck“ und „Hamburg“ waren kleine Raddampfer (335 bzw. 380ts), die mit jeweils vier Geschützen bewaffnet worden waren

Es kam zu einem kurzen Feuergefecht, bei dem die Überlegenheit der deutschen Geschütze den dänischen Kommandanten Polder zwang, sich auf das damals britische Helgoland zurückzuziehen. England, obwohl eigentlich neutral in dem Konflikt, gewährte dem dänischen Schiff Schutz. Die Festungsartillerie der Insel feuerte Warnschüsse auf die deutschen Schiffe ab. 

Polder wartete die Ankunft des dänischen Raddampfers „Gejser“ ab, der mit zwei 60-Pfünder-Geschützen bewaffnet war. Da Brommy erkannte, daß zudem zwei weitere dänische Fregatten zur Verstärkung heranliefen, zog sich der Verband in die Elbmündung vor Cuxhaven zurück; die dänischen Schiffe verfolgten Brommys Verband, zogen sich dann aber wieder auf ihre Blockadepositionen zurück.

Nachdem Preußen unter dem Druck Großbritanniens und Rußlands am 10.Juli 1849 einen Waffenstillstand und am 2.Juli 1850 im Namen des Deutschen Bundes einen Sonderfrieden mit Dänemark geschlossen hatte, brach die „Schleswig-Holsteinische Erhebung“ zwischen Juli und Oktober 1850 nach den Niederlagen in den Schlachten bei Idstedt und Friedrichstadt zusammen. In der Folge blieb die Provinz Schleswig dänisch, Holstein wurde von preußischen und österreichischen Truppen „befriedet“.

Die in Eckernförde eroberte „Gefion“ blieb gemäß dem Friedensvertrag deutsches Eigentum und wurde im November 1850 unter preußischer Flagge in die Nordsee überführt und dort am 30.November 1850 vor Helgoland unter dem Kommando des „Lieutenants I. Klasse“ Reichardt in die Flotte des Deutschen Bundes aufgenommen und unter dem Namen SMS „Eckernförde“ wieder in Dienst gestellt. 

Die preußische Marine nach 1850

Schon während der Revolution 1848 hatte sich Prinz Adalbert um den Ausbau der preußischen Marine bemüht. Ihr Seebefehlshaber wurde 1848 der aus den Niederlanden stammende Kommodore Jan Schröder. Der Aufbau einer preußischen Flotte wurde aber zunächst durch viele innere und äußere Schwierigkeiten behindert. In Preußen fürchtete das Heer den Verlust von Haushaltsgeldern, die für den Aufbau einer Kriegsflotte nötig gewesen wären. Großbritannien wollte keine neue, wenn auch nur regionale Seemacht in Nord- und Ostsee, Rußland keine preußische Seemacht in der Ostsee. Hinzu kam, daß die Idee einer deutschen Marine vielerorts als „revolutionär“ empfunden wurde, und allein schon deshalb den heftigen Widerstand der restaurativen Kreise in Europa und vor allem in Rußland hervorrief, daß ja führend an der Niederschlagung der „demokratischen 1848er Revolution“ in Mitteleuropa beteiligt gewesen war.

Dennoch schaffte es Prinz Adalbert, seine Flottenpläne weiter zu verfolgen. Preußen begann mit der Beschaffung von Schiffen, wobei die größeren überwiegend im Ausland gekauft wurden, weil die Werftindustrie an den deutschen Küsten noch nicht leistungsfähig genug dafür war.

Außerdem wurde ein Stützpunkt an der Nordseeküste erworben, im „Jade-Vertrag“ von 1853 trat Oldenburg das Jadegebiet an Preußen ab. Hier wurde in den folgenden Jahren ein Kriegshafen erreichtet, der 1869 den Namen Wilhelmshaven erhielt.

Ab Mitte der 1850er Jahre waren preußische Korvetten und Fregatten immer wieder auf allen Weltmeeren zu finden. Eine größere Überseeoperation der preußischen Marine führte ab 1859 nach Ostasien. Die von Friedrich Albrecht zu Eulenburg geführte „Preußische Ostasienexpedition“ mit den Schiffen „Arcona“, „Thetis“, „Frauenlob“ und „Elbe“ wurde von den Staaten des Zollvereins unterstützt. Es gelang 1861 China einen Handelsvertrag aufzuzwingen, der den Verträgen entsprach, die Großbritannien und Frankreich mit China abgeschlossen hatten. 

Karl Rudolf Brommy - eine kurze Biographie

Am 10.September 1804 wurde Karl Rudolf (nach manchen Quellen auch Carl Rudolph) Bromme in Anger, einem Dorf nahe Leipzig, als fünftes Kind des Gerichtsschöffen Johann Simon Bromme (1758-1808) und seiner Frau Frederike Louise (geborene Berthold, 1771-1806) geboren. Bereits als kleines Kind verlor er beide Eltern und wuchs bei einem Vormund auf. 

Im Jahr 1818 ging  er - als 14jähriger - an die Seefahrtsschule in Altona, das damals noch eine unabhängige Stadt im zum Deutschen Bund gehörenden, aber von Dänemark regierten Herzogtum Holstein war, und die nach Kopenhagen zweitgrößte Stadt Dänemarks. Nach Abschluss der Ausbildung an der Seefahrtschule trat er auf der Brigg „Heinrich“ seine erste Seereise an.

Über die ersten Jahre Brommes nach Verlassen der Navigationsschule in Hamburg im Sommer 1820 gibt es nur lückenhafte Aufzeichnungen.Mit der „Heinrich“ machte er anscheinend einige Reisen nach Mittelamerika. Nach eigenen Angaben heuerte er ab 1822 auf verschiedenen US-amerikanischen Segelschiffen an und wurde 1826 zum Kapitän befördert. Zu dieser Zeit änderte Bromme die Schreibweise seines Namens entsprechend der englischen Aussprache in Brommy. Für die angebliche Beteiligung am chilenischen und später am brasilianischen Unabhängigkeitskrieg gibt es keine nachvollziehbaren Belege.

1827 wurde Brommy ein Mitglied der Freimaurer in der Loge Apollo in Leipzig. Von Berichten über den englischen Admiral Thomas Cochrane angeregt, der nach dem Ende seiner Marinekarriere in England aufgrund umstrittener militärischer Entscheidungen und eines Börsenskandals England verlassen hatte, und sich als Oberbefehlshaber der jeweiligen Flotten an den Unabhängigkeitskriegen von Chile (1817-22), Brasilien (1823-25) und Griechenland (1827-28) zu beteiligen, ging Brommy 1827 nach Griechenland und schloss sich den dortigen Revolutionären gegen die osmanisch-ägyptische Herrschaft an.

Im Rang eines Korvettenkapitäns wurde Brommy Erster Offizier der Segelfregatte „Hellas“ (64 Kanonen; ehemals der amerikanische Segler „Hope“), danach ebenfalls Erster Offizier auf der Segelkorvette „Hydra“ (26 Kanonen). Mit der „Hydra“ nahm er an der Bekämpfung von Piraten in der Ägäis und an der Zerstörung der Piratenhochburg Grabusa auf der Insel Kreta teil. Am 11.Juni 1828 wurde Brommy zum Fregattenkapitän befördert und zum Kommandanten der Raddampfer-Korvette „Enterprise“ (griechisch: „Epicheiresis“; 8 Kanonen) ernannt. Mit dem Geschwader des griechischen Admirals Miaoulis nahm Brommy an Kämpfen vor Preveza (Golf von Arta) und an der Eroberung von Messolongi teil.

1831 verließ Brommy Griechenland wieder und unternahm einige wissenschaftliche Reisen durch Frankreich, England und Deutschland. Danach kehrte er nach Sachsen zurück. In Meißen veröffentlichte er unter dem Pseudonym „R.Termo“ einen autobiographischen Roman.

Als 1832 der bayrische Prinz Otto von Wittelsbach als Otto I. König von Griechenland wurde und eine griechische Delegation unter Admiral Miaoulis den König von München in sein neues Reich begleitete, schloss sich auch Brommy an. Er wurde am 16.November 1832 wieder in seinem alten Dienstgrad als Offizier der griechischen Marine reaktiviert und Kommandant eines alten Raddampfers, der „Hermes“ und ein halbes Jahr später von deren Schwesterschiff „Mercur“. 

Gleichzeitig diente Brommy als Mitglied einer Marinekommission, als Hafenkapitän und später als Präfekt der von König Otto I. eingerichteten „Seepräfektur“ in Poros. Diesen Dienstposten mußte er 1835 aufgegen, nachdem er von einem Kriegsgericht zu vier Monaten Arrest und 60 Drachmen Geldstrafe verurteilt wurde. Zeitgenössischen Berichten zufolge hatte in Notwehr einen Unteroffizier geohrfeigt.

Während der nachfolgenden Dienstzeit im griechischen Marineministerium erstellte Brommy einen neuen Organisationsplan für die griechische Marine. Später wurde er stellvertretender Kommandeur der Militärschule, zunächst in Ägina, dann in Piräus. Sein Bemühen, eine eigene Marineschule einzurichten, konnte er während seiner Dienstzeit in Griechenland aber nicht verwirklichen. Nach seinen Ideen sollte eine Marineschule auf einem Schiff eingerichtet werden, um der Praxis auf See so nahe wie möglich zu sein. 

Nach Unruhen im Jahr 1843 im Zusammenhang mit dem Streit um eine neue Verfassung für Griechenland mußten alle Ausländer das Land verlassen, Brommy durfte allerdings aufgrund seine Verdienste im Land bleiben. Er wurde „zur Disposition“ gestellt, d.h. vom aktiven Dienst abberufen, aber zum Mitglied des „Marinegerichts“ ernannt. Angeblich soll sich Brommy aber ab 1843 überwiegend in Berlin aufgehalten haben, und nicht mehr in Griechenland.

1845 bewarb er sich mit einem Gesuch an den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. um die Übernahme in die preußische Marine, das Gesuch wurde jedoch abgelehnt. Die Veröffentlichung seines Lehrbuches „Die Marine - eine gemeinverständliche Darstellung des gesamten Seewesens für Gebildete aller Stände“ erfolgte 1848 in Berlin. Mit den revolutionären Ereignisse von 1848 wurde in den deutschen Staaten auch der Ruf nach einer eigenen Flotte lauter. In einem Brief an den Präsidenten der Frankfurter Nationalversammlung, Heinrich von Gagern, vom 23.Juli 1848 bot Brommy seine Hilfe beim Aufbau einer deutschen Reichsflotte an. Er wurde im Antwortschreiben vom 4. November 1848 von Handelsminister Arnold Duckwitz eingeladen, nach Frankfurt zu kommen, wo er Anfang des Jahres 1849 eintraf. Der griechische König hatte Brommy für sechs Monate beurlaubt, um eine Entscheidung zwischen einem Dienst für Griechenland oder Deutschland zu treffen. Am 19.April 1849 reichte Brommy sein Abschiedsgesuch beim griechischen König ein, das bewilligt wurde.

Zunächst war Brommy in der technischen Marinekommission der Marineabteilung der königlich preußischen Regierung tätig. Nachdem deren Leiter Prinz Adalbert von Preußen aus dieser Position abberufen wurde, übernahm Brommy sein Amt. Am 18.März 1849 wurde Brommy Oberbefehlshaber der „Nordseeflottille“ auf deren Flaggschiff, der Raddampfer-Fregatte SMS „Barbarossa“ in Brake. Brake an der Unterweser nahe der Wesermündung wurde zur provisorischen Marinestation. Verstärkung erhielt Brommys „Nordseeflottille“ durch die „Hamburger Flottille“.

Mit Beginn des „Schleswig-Holsteinischen Krieges“ gegen Dänemark wurde Brommy am 3.April 1849 als Kapitän zur See Leiter der Seezeugmeisterei in Bremerhaven, die als Arsenal für die aufzubauende Flotte diente. Trotz erheblicher materieller, personeller und finanzieller Defizite gelang es Brommy, eine kleinen Marineverband für den Kampf gegen Dänemark aufzustellen. Er bestand zunächst aus neun seetüchtigen Raddampfern, zwei Segelschiffen und 27 Ruderkanonenbooten. Für die Besetzung der höheren Offiziersstellen musste Brommy meist auf Engländer und Belgier zurückgreifen, da es nicht genügend qualifiziertes einheimisches Personal gab.. Der erste und einzige von Brommys Geschwader gegen die dänische Blockadeflotte endete am 4.Juni 1849 mit dem Abbruch des Gefechts vor dem damals englischen Helgoland, um einen Konflikts mit England zu vermeiden.

Am 23.November 1849 wurde Brommy vom Reichsverweser Erzherzog Johann von Österreich zum Konteradmiral ernannt. Schon am 20.Dezember legte der Reichsverweser seine Befugnisse zugunsten einer österreichisch-preußischen Bundeszentralkommission nieder. 1850/1851 wurde der Deutsche Bund wiederhergestellt. Brommy war weiter um den Aufbau einer deutschen Flotte bemüht, stieß aber im deutschen Kleinstaatengefüge zunehmend auf Widerstand, vor allem auch hinsichtlich der finanziellen Unterstützung.

Am 2.April 1852 beschloss der Bundestag in Frankfurt am Main die Auflösung der Flotte; diese Aufgabe übertrag man einem Bundeskommissar, Laurenz Hannibal Fischer. Brommy verwendete sich für seine von Entlassung bedrohten Marineangehörigen. Die Schiffe der Flotte wurden noch 1852, meist unter Wert, versteigert. Zwei moderne Schiffe wurde von Preußen übernommen. Am 31.März 1853 unterzeichnete Brommy den Abschlussbefehl. Mit der Auflösung aller Marinebehörden und der Entlassung des noch in Dienst stehenden Personals am 1.April 1853 endete die Geschichte der ersten deutschen Flotte. Brommy heiratete Caroline Gross, die Tochter eines Kaufmanns und Hotelbesitzers aus Brake 

Am 30.Juni 1853 erhielt Brommy den Abschied als Konteradmiral. Er bekam eine einmalige Abfindung von 2.500 Talern. Später wurde ihm noch eine Pension von 125 Talern monatlich für die Dauer der Nichtbeschäftigung zugestanden. Um einen Vergleichsmaßstab zu haben: ein Lehrer erhielt um 1850 im Königreich Preußen eine jährliche Besoldung von 600 bis 1.000 Talern. Brommys Bewerbung bei der preußischen Marine wurde abgelehnt. Im Juni 1857 übernahm er eine Stelle als technischer Referent in der österreichisch-ungarischen Marine in Mailand, mußte diese Tätigkeit aber nach wenigen Monaten aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes wieder aufgeben. Mit seiner Frau und seinem Sohn Carl Traugott Gerhard lebte er enttäuscht und zurückgezogen in Bremen-Burglesum, wo er am 9.Januar 1860 im Alter von 55 Jahren starb.

Hinweise zur Editierung

Dieser Neuausgabe von Karl Rudolf Brommys „Die Marine“ liegt die Originalausgabe zugrunde, die 1848 im Verlag von Alexander Duncker, Berlin, erschienen ist.

Die Originalausgabe wurde mit größtmöglicher Sorgfalt für die Neuausgabe übertragen. In dieser Originalausgabe findet sich eine vom Autor selbst verfasste Fehlerkorrektur, die darauf beruht, daß Brommy gehindert war, die Korrektur der ersten Druckbögen selbst zu übernehmen.

Diese 21 Korrekturen wurden in die Neuausgabe eingearbeitet, die jeweiligen Korrekturen sind vom Herausgeber nicht gesondert markiert worden.

Desweiteren wurden einige ganz offensichtlich Schreib- und Satzfehler in der Ausgabe von 1848 korrigiert, auch dies ist nicht gesondert markiert.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß die Originalausgabe Brommys von 1848 nicht nur die in früherer Zeit üblichen Schreibweisen vieler Wörter enthält, also zum Beispiel das Wort nötig „nöthig“ geschrieben wird, usw. Es gab zu der Zeit, in der „Die Marine“ veröffentlicht wurde, noch überhaupt keine einheitliche, genormte deutsche Rechtschreibung. Erste Anregungen zu einer einheitlichen Rechtschreibung stammen aus den Jahren nach 1850, 1879 und 1880 erfolgte die Veröffentlichung der bayerischen und preußischen offiziellen Regelbücher, die dann mit geringen Veränderungen auch im übrigen Deutschland angenommen wurden. Auf der „II.Orthographischen Konferenz“ von 1901 wurde die deutsche Schriftsprache erstmals einheitlich geregelt, dies manifestierte sich schließlich im „Duden“.

Das stellt nun den Herausgeber eines Buches, das 1848 erschienen ist, vor einige Herausforderungen. Die Schreibweise „Schachbret“ zum Beispiel erscheint im ersten Moment als offensichtlicher Schreib- bzw. Satzfehler, denn die Akribie, mit der in den Jahren zwischen etwa 1900 und den 1980er Jahren in Deutschland Bücher (und andere Schriftwerke) gesetzt wurden, war damals noch unbekannt, Bücher aus jener Zeit sind mit allen möglichen Fehlern behaftet.. Es lässt sich dann aber alsbald feststellen, daß das Wort „Brett“ tatsächlich von Brommy durchgehen „Bret“ geschrieben wird.

Hier muß nun für eine neu editierte Ausgabe die Entscheidung getroffen werden, ob man den Text vollständig in moderne deutsche Rechtschreibung überführen will, oder ob man den Reiz des altertümlichen Textes erhält. Wie in den anderen Neuausgaben im Rahmen der Maritimen Bibliothek fiel die Entscheidung zugunsten der Originaltreue. Das stört den Lesefluss und den Lesegenuss nicht wirklich, erhält aber den eigentümlichen Reiz eines alten Buches.

Ähnliches gilt für den Umgang mit dem im Original anhängenden Stichwort-Register samt einer Liste von seemännischen Fachbegriffen.

Es wurde auf den doch erheblichen Aufwand verzichtet, das Stichwort-Register an die neue Ausgabe anzupassen, es hätte für den heutigen Leser auch nur wenig Nutzen. Dagegen wurde die Liste der seemännischen Fachbegriffe mitsamt ihren Erklärungen übernommen, denn sie spiegelt nicht zuletzt den Wissensstand wieder, den Brommy 1848 bei seinen möglichen Lesern voraussetzen konnte, und diese gehörten zweifellos zum damaligen Bildungsbürgertum.

Es verwundert dabei vielleicht im ersten Moment, wieso Brommy es für nötig gehalten hat, zum Beispiel die Begriffe „Ebbe“ und „Flut“ zu erklären. Bedenkt man aber, daß in der Zeit von 1848 selbst Bildungsbürger häufig keine „weitgereisten Menschen“ waren, sondern oft nie über den näheren Umkreis ihres Geburtsortes hinausgekommen sind, und also viele Leser im Binnenland auch noch nie persönlich das Phänomen von Ebbe und Flut kennengelernt hatten (das heute entweder im Schulunterricht oder schlicht durch Urlaubsreisen jedermann zumindest grundsätzlich bekannt ist), werden solche Erklärungen besser nachvollziehbar.

Die diversen Tabellen, die im Original von 1848 enthalten sind, wurden aus technischen Gründen als Faksimile übernommen. Sie sind übrigens im Original genauso unübersichtlich angeordnet wie in diesem Buch. Die Abbildungen des Originals wurden dort in einem besonders gedruckten Anhang beigefügt, sie finden sich in der Neuausgabe bis auf die Abbildung 1 und die Flaggentafel an der Stelle, wo sie auch im Original stehen. Die im Original (sinnvollerweise) farbig gedruckte Flaggentafel findet sich in der Neuausgabe aus technischen Gründen auf der hinteren Umschlagseite, und hier ebenfalls in Farbe.

T.F.R. 

Vorwort.

Hat eine Wissenschaft bedeutende Fortschritte gemacht, ist sie mit Riesenschritten ihrer endlichen Ausbildung entgegen gegangen, so ist es die Schifffahrtskunde; - und wohl ist sie es werth, des Nähern auch in einer Sprache beleuchtet zu werden, welcher bis in letztere Zeit ihre Ausdrücke meistens fremd waren. 

Deutschland, obgleich einen bedeutenden Seehandel treibend, ist - um nicht geradezu entblösst zu sagen - arm an darstellenden Schriften über Marine. Gierig werden die nautischen Romane fremder Nationen gelesen, ohne verstanden zu werden, da es leider kein Werk giebt, welches dem Leser einigermassen als Leitfaden in dem Gewirre der ihm unbekannten Phraseologie dienen könnte. 

Von der Mode hingerissen durchliest man den neuesten Roman und da man die Ausdrücke der Seesprache nicht versteht, gewährt gerade das Unverständliche derselben einen höhern Reiz, denn selbst unter dem Trivialsten denkt man leicht sich etwas Erhabenes, etwas Schauerliches. 

Warum aber sollte gerade der Deutsche mit einem Gegenstande unbekannt bleiben, der ihm doch eben so interessant sein müsste, als wie dem Engländer, dem Franzosen des Binnenlandes?

Hatte auch Deutschland bis jetzt keine Kriegsmarine - denn die Oestreichs ist doch mehr italienisch als deutsch - so hat es doch ausgebreiteten Seehandel und bedeutende Küsten, seine Nachbarstaaten sind maritime Mächte, die Verbindungen sind jetzt so leicht gemacht, eine Reise nach den transatlantischen Staaten so schnell abgethan, dass es wohl der Mühe werth scheinen dürfte, sich mit der Marine mehr bekannt zu machen, als bis jetzt geschehen.

In Oestreich wird seit Jahren daran gearbeitet, die Marine so viel als immer möglich durch Deutsche zu ergänzen; - Preussen wird auch hierin ein Muster sein, Deutschland den Weg zu bahnen, um die Ehre seiner Flaggen herzustellen, diese auf fremden Meeren wiederum geehrt und gefürchtet wehen zu lassen und die seit Jahrhunderten verschollenen Sagen in das Leben zurückzurufen.

---ENDE DER LESEPROBE---