Die Schlacht von Idstedt am 24sten und 25sten Juli - Thomas Rohwer - E-Book

Die Schlacht von Idstedt am 24sten und 25sten Juli E-Book

Thomas Rohwer

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Beschreibung

Die Schlacht bei Idstedt am 24. und 25.Juli 1850 war die entscheidende Schlacht zwischen schleswig-holsteinischen und dänischen Truppen während der »Schleswig-Holsteinischen Erhebung« in den Jahren 1848 bis 1852. Weniger die dänische Überzahl als mehr eine Kombination aus unglücklichen Zufällen, ungeschicktem Vorgehen bei den Vorbereitungen vor der Schlacht und mangelnder Entschlossenheit des schleswig-holsteinischen Oberkommandierenden General von Willisen führte dazu, daß die Schlacht für die Schleswig-Holsteiner verloren ging. Kommandeur der 2.Schleswig-Holsteinischen Infanterie-Brigade in dieser Schlacht war der preußische Obert Carl Friedrich von Abercron (1796-1856). Er selbst verzichtete darauf, einen eigenen Bericht über die Schlacht vorzulegen. Sein Sohn, der ebenfalls Offizier wurde und es in der preußischen Armee bis zum Major brachte, veröffentlichte 1890 eine Art Rechtfertigungsschrift für seinen Vater, die dessen Leistungen in der Schlacht teilweise unangemessen überhöht und diverse Schuldzuweisungen an die anderen führenden Offiziere enthält. Wenn auch die Darstellungen von Abercrons in seiner Schrift hier und da den nötigen Versuch der Objektivität vermissen lassen, so gehört seine Schilderung der Schlacht speziell aus der Perspektive der 2.Schleswig-Holsteinischen Infanterie-Brigade doch zu den wichtigen Zeitdokumenten über die Schlacht von Idstedt.

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Die Maritime Bibliothek

Selbstverlag T.Rohwer - Unterjörn 77 - D-24536 Neumünster

www.maritime-bibliothek.de

[email protected] 

© 2022

 

Vorwort des Herausgebers

2023 wird sich der Beginn der »Schleswig-Holsteinischen Erhebung« zum 175.mal jähren. Für die Geschichte des »Landes zwischen den Meeren« hat dieses historische Datum eine ebenso große Bedeutung wie der Deutsch-Dänische Krieg von 1864, der vollendete, was 1848 begonnen wurde, aber letztlich scheiterte.

Für das Verständnis der eigenen Existenz und der eigenen Situation ist es eine Voraussetzung, die eigene Geschichte und die eigene Herkunft zu kennen. Auch deshalb veröffentlicht die Maritime Bibliothek aus Anlaß des bevorstehenden 175. Jahrestages der Schleswig-Holsteinischen Erhebung und des Beginns des schleswig-holsteinischen Freiheitskampfes eine Reihe von zeitgenössischen Berichten als Neuausgabe. Zu diesen gehört auch der Bericht des preußischen Majors a.D. Karl Friedrich von Abercron, dem Sohn von Oberst Karl Friedrich von Abercron über die Schlacht bei Idstedt im Juli 1850, in der Abercron  die 2.Brigade kommandierte.

Zum 150.Jahrestag des Krieges von 1864 gab es 2014 etliche Zeitungsartikel und Fernsehsendungen, Bücher und andere Veröffentlichungen mehr. Diejenigen, die in Deutschland dazu veröffentlicht wurden, zielten allem anderen voran darauf, daß »so etwas« (ein Krieg mit dem Zweck der nationalen Einigung bzw. der Durchsetzung der Rechte eines deutschsprachigen Bevölkerungsteils) heute glücklicherweise dank der europäischen Einigung nicht nur völlig unnötig sei, sondern auch als vollkommen unmöglich anzusehen, da der Einsatz militärischer Mittel nicht akzeptabel sei.

Den Sturm der preußischen und österreichischen Truppen, die zum zweiten mal binnen 16 Jahren den von Dänemark bedrängten Schleswig-Holsteinern zur Hilfe kamen, auf die Düppeler Schanzen 1864 betrachtet man heute überwiegend als tragisches und grundsätzlich überflüssiges Kriegsereignis, das viele Menschenleben kostete. Daß es sich dabei durchaus um einen Befreiungskrieg gehandelt hat, wird heute fast vollständig ausgeblendet.

Der wichtigste Grund dafür dürfte sein, daß nach den Erfahrungen des Ersten und vor allem des Zweiten Weltkrieges die Vorstellung, preußisches Militär sei für die Bürgerrechte von Menschen ins Feld gezogen, abwegig erscheint. Im deutsch-dänischen Konflikt - der in Wahrheit in erster Linie immer ein schleswig-holsteinisch-dänischer Konflikt war - sind aus heutiger Sicht die »kleinen Dänen« das Opfer, während das »große Deutschland« als Aggressor gesehen wird. Das ist nach dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Dänemark 1940 auch nachvollziehbar, blendet aber nichtsdestotrotz wesentliche historische Tatsachen aus.

Das deutsche Kaiserreich, in dem Schleswig-Holstein nach 1866 als preußische Provinz im Jahr 1871 endgültig aufging, war keine Musterdemokratie nach heutiger Vorstellung, es war aber ein moderner mitteleuropäischer Rechtsstaat und musste sich hinter den Verhältnissen im Königreich Dänemark in keiner Hinsicht verstecken. Im Gegenteil: die Verhältnisse im deutschen Kaiserreich von 1871 waren toleranter als die in Dänemark noch bis zur Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. So gab es in Dänemark eine regelrechte protestantische Staats-religion, die immensen Einfluss auf alle Bereiche des Staates und auf die Gesetzgebung hatte, während im Deutschen Reich traditionell die Religionsfreiheit hochgehalten wurde. Auf dem Gebiet des heutigen Schleswig-Holsteins und insbesondere im nördlichen Landesteil, dem Herzogtum Schleswig, trat Dänemark zwischen 1815 und 1864 als Kolonialmacht auf, die eine rücksichtlose »Danisierung« des Landes betrieb und die mehrheitlich deutsche Bevölkerung unterdrückte. Der Gebrauch der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit wurde in vielen Bereichen verboten, insbesondere auch in den Schulen, wo mit Einsatz der Prügelstrafe Kindern die dänische Sprache aufgezwungen wurde, obwohl sie aus deutschsprachigen Familien kamen, die in einem deutschsprachigen Gebiet lebten. Beamte, die sich zu ihrer deutschen Herkunft bekannten, wurden aus dem Staatsdienst entlassen, und sogar das Singen des Schleswig-Holstein-Liedes bei Strafe verboten.

Die Geschichte Schleswig-Holsteins ist insofern auch eine Geschichte vielfältiger dänischer Übergriffe gegen die einheimische Bevölkerung, wobei es bemerkenswerterweise viel weniger die dänische Monarchie war, die sich derartig imperialistisch verhielt, sondern die Kreise der »Nationalliberalen« in Dänemark. Bei genauerer Betrachtung verwundert das indessen nicht, denn die europäischen Königs- und Fürstenhäuser hatten jahrhundertelange Erfahrung damit, wahre Flickenteppiche von Sprach- und Kulturgebieten zu regieren, und taten dies meist mit einer beachtlichen faktischen Toleranz gegenüber den jeweiligen Einwohnern. Die Idee des »Nationalstaates« mit einem  einheitlichen Staatsvolk und einer Staatssprache ist dagegen vor allem eine republikanische Idee.

In der dänischen Betrachtung der Ereignisse von 1864 und den Jahren davor, von der anläßlich des Jubiliäumsjahres 2014 auch in Deutschland einiges zu sehen waren, fehlt es in dieser Hinsicht durchaus an Selbstkritik, man findet viel Bedauern darüber, daß Dänemark im Krieg gegen Preußen und Österreich einen beträchtlichen Teil seines Staatsgebietes verloren hat, aber wenig bis nichts über die berechtigten Wünsche des deutschen Bevölkerungsteils, die dänische Oberherrschaft abzuschütteln und sich in Richtung Deutschland zu orientieren. Nicht vergessen sollte man dabei schließlich, daß um 1848 gut ein Drittel der Bevölkerung Dänemarks deutschsprachig war und sich die allermeisten dieser Menschen als Deutsche empfanden, nicht als Dänen.

Die Geschichte der »Schleswig-Holsteinischen-Erhebung« ist die Geschichte eines gescheiterten Freiheitskampfes der Schleswig-Holsteiner, der nicht zufällig im Revolutionsjahr 1848 ausbrach. Preußen wurde damals noch nicht von einem Staatsmann wie Otto von Bismarck geführt, der als Realpolitiker die Einigung Deutschlands als wichtigste langfristige Aufgabe der preußischen Außenpolitik ansah. Preußen war eine kleine europäische Mittelmacht, nicht wirklich stärker als das Königreich Hannover oder das Königreich Sachsen. Das Sagen in der europäischen Sicherheitspolitik hatten andere: England, Rußland, Frankreich und Österreich. Und keinem von denen passte ein unabhängiges deutsches Schleswig-Holstein ins Konzept, geschweige denn eines, das Anschluss an Preußen und die anderen deutschen Mittel- und Kleinstaaten suchen würde.

1864 wurde der Krieg Preußens und Österreichs und anderer deutscher Staaten, völlig zu recht als »Deutsch-Dänischer Krieg« bezeichnet, zur Geburtsstunde eines vereinten deutschen Schleswig-Holsteins. Zankapfel blieben die »nord-schleswigschen Gebiete«, in denen ein starker dänischer Bevölkerungsanteil lebte, der sich plötzlich unter deutscher Herrschaft wiederfand, so wie die Menschen in den weiter südlichen Gebieten Schleswig-Holsteins jahrzehntelang unter dänischer Herrschaft leben mussten.

Nach dem vom Deutschen Kaiserreich verlorenen Ersten Weltkrieg kam es zu einer Grenzkorrektur im Schleswigschen, die auf einer Volksabstimmung beruhte und längerfristig den Konflikt befriedete. Es mag im ersten Moment sehr zynisch klingen, aber die Besetzung Dänemarks durch das »3.Reich« 1940 bis 1945 dürfte selbst bei eingefleischten Nationalisten das unterschwellige Gefühl beendet haben, man habe noch »eine Rechnung mit Dänemark« offen. Nach 1945 und vor allem im Rahmen der Europäischen Union und mit umfangreichen Schutz der jeweiligen Minderheitenrechte ist heute eine gute und unauf-geregte Nachbarschaft zwischen Schleswig-Holstein und Däne-mark möglich.

Alle paar Jahre einmal rauscht kurz eine extreme Meinung dazu durch den Blätterwald, mal in Dänemark, mal in Schleswig-Holstein. Das erzeugt dann auf beiden Seiten der Grenze zuverlässig eine flächendeckende Reaktion »Was soll denn das jetzt? Gibt es denn keine anderen Probleme?« Als ein arg nationalistisch verblendeter dänischer Politiker Ende der 1990er Jahre Anstoß daran nahm, daß der deutsche Rettungsdienst dänische Patienten aus dem dänischen Grenzgebiet nach Flensburg transportierte statt ein dänischer Rettungsdienst in viel weiter entfernte dänische Krankenhäuser, da waren es die dänischen »Grenz-landbewohner«, die ihrem Landsmann empört den Vogel zeigten. Auf dem Weg in die Notaufnahme ist Tempo dann doch klar wichtiger als Nationalstolz.

Zu einer guten Nachbarschaft gehört, niemand weiß das besser als die Schleswig-Holsteiner im Landesteil Schleswig und die Dänen im südlichen Jütland, eine klare Grenze mit einem niedrigen Gartenzaun, in dem es eine unverschlossene Pforte gibt. Bei Bedarf leiht man sich mal ein Werkzeug aus, man nimmt ein Paket für den Nachbarn an, und einmal im Jahr macht man eine unspektakuläre gemeinsame Grillparty. Ansonsten lebt man friedlich nebeneinander her, amüsiert sich über die jeweiligen schrulligen nationalen Eigenheiten, und rückt sich um Himmels Willen nicht zu dicht gegenseitig »auf die Pelle«. 

Daß die zum viel größeren Deutschland gehörenden Schleswig-Holsteiner generell nicht dazu neigen, aufdringlich gegenüber anderen Menschen zu sein, erleichert dieses angenehme »Nebeneinanderherleben« überdies erheblich. Wie sehr die jahrhundertelange Spaltung des Landes heute überwunden ist, lässt sich auch daran erkennen, daß die meisten Menschen im nördlichsten Bundesland heute auf Nachfrage erklären werden, daß sie sich erstens als Schleswig-Holsteiner, zweitens als Deutsche und drittens dann als irgendwas sonst empfinden. Nur wenige Menschen würden sagen »Ich bin Schleswiger«, und wer sich als »Holsteiner« definiert, der verwendet den Begriff als Kurzform für Schleswig-Holstein und nicht als Zeichen für einen besonderen holsteinischen Regionalpatriotismus.

Eine bodenständige Toleranz ist ohnehin ein Charaktermerkmal der »echten Norddeutschen« (also derer nördlich der Elbe). Daß ausgerechnet in einem Dorf in Dithmarschen das größte Heavy Metal-Festival der Welt stattfinden kann, wundert höchstens außerhalb von Schleswig-Holstein jemanden. Anders als zum Beispiel in Bayern wurden in Schleswig-Holstein auch vor 50 Jahren niemals »Hippie-Kommunen«, die sich in alten Bauernhöfen eingemietet hatten, von den alteingesessenen Bewohnern mit Mistforken und Dreschflegeln aus dem Dorf gejagt. Gelästert wird ja gerne, aber so dicht bedrängt man andere Leute nicht, das gehört sich einfach nicht. Und außerdem ist das »dem Hinnerk sien Hof« - was geht es andere an, an wen der seine Äcker und Wiesen vermietet...

Die Schlacht bei Idstedt am 24. und 25.Juli 1850 war die Entscheidungsschlacht der »Schleswig-Holsteinischen Erhebung«. Ein Sieg der Schleswig-Holsteiner über die Dänen hätte zumindest die militärischen Verhältnisse zwischen den Parteien geklärt. Ob sich eine Einigung der Landesteile, sei es als Teil des Deutschen Bundes, sei es als unabhängiges einiges Schleswig-Holstein, international vor dem Hintergrund des europäischen Kräftegleichgewichts hätte durchsetzen lassen, muss dahingestellt bleiben. Die europäischen Großmächte Rußland, Frankreich, Österreich und England hatten Interessen, mit denen eine schleswig-holsteinische Einigung kollidiert wäre, zumal sie Anstoß zu einer weitergehenden Einigung und Stärkung der deutschen Staaten gegeben hätte.

Ein schleswig-holsteinischer Sieg, soviel ist sicher, hätte nicht nur regionale Auswirkungen gehabt, sondern die europäische Politik der folgenden zwanzig bis dreißig Jahre erheblich verändert, und wohl auch Ausstrahlung bis in die Zeit des Ersten Weltkriegs gehabt. Man darf sich für einen kurzen Augenblick die Phantasie gönnen, was vielleicht gewesen wäre, wenn...

Alsbald nach der Schlacht wurden von mehreren Militärs, die in entscheidenden Positionen an ihr teilgenommen hatten, Berichte und Tagebuch-Auszüge veröffentlicht. Generalmajor von der Horst, in der Schlacht von Idstedt Kommandeur der 3.Brigade und später der letzte Oberbefehlshaber der Schleswig-Holsteinischen Armee, legte in seinem Bericht* dar, daß seine Brigade vom Oberkommandierenden General von Willisen aufgrund fehlerhafter und unvollständiger Berichte während der Schlacht daran gehindert worden sei, entscheidend zu einem Sieg der schleswig-holsteinischen Seite beizutragen. Auch der hannoversche Oberst von Wissel, in der Schlacht Befehlshaber der schleswig-holsteinischen Artillerie geht in seinen Tagebuch-Auszügen** von ähnlichen Schlussfolgerungen aus.

Der preußische Oberst Karl Friedrich von Abercron, Kommandeur der 2.Brigade, gestorben 1856, hat darauf verzichtet, einen eigenen Bericht zu Schlacht von Idstedt vorzulegen. Das blieb seinem Sohn, dem preußischen Major Friedrich von Abercron vorbehalten, der 1890, also vierzig Jahre nach der Schlacht, zu einer Art Ehrenrettung seines Vaters anzutreten und eine Abhandlung über die Schlacht von Idstedt vorzulegen, die vor allem eine Verteidigungsschrift für den Vater ist und - etwas überspitzt ausgedrückt - darzulegen versucht, daß dieser in der Schlacht frei von jeglichen Fehlern gehandelt habe und die Schlacht wohl gewonnen hätte, wenn er nicht durch zahlreiche Mißhelligkeiten daran gehindert worden wäre, für die er keinerlei Verantwortung getragen habe.

Das wiederum ist eine ausgesprochen geschönte Darstellung der historischen Ereignisse, die weniger als die anderen Veröffentlichungen (einschließlich denen von Lüders, »General-lieutenant von Willisen und seine Zeit«***) als halbwegs objektive Darstellung der Schlacht von Idstedt angesehen werden kann. Ludwig von Wissel konstatiert in seinen »Erlebnissen und Betrachtungen« knapp: »Die 2.Brigade mit ihren 20 Geschützen hat anscheinend nicht viel geleistet, obschon sie zufolge des dänischen Berichts eine geringere Macht gegen sich hatte.«****)

Leider hat der Umstand, daß Abercrons Veröffentlichung 1890 erfolgte, als die Berichte von der Horsts und von Wissels längst in den Archiven verstaubten, dazu geführt, daß in den folgenden Jahrzehnten diese stark subjektiv gefärbte Veröffentlichung den Blick der Nachwelt auf die Schlacht von Idstedt geprägt hat, die immerhin die größte Landschlacht war, die jemals auf der »cimbrischen Halbinsel« (Schleswig-Holstein und Jütland) stattgefunden hat.

T.F.R.

Fussnoten

* General-Major a.D. Freiherr Ulrich v.d.Horst: »Die Schlacht von Idstedt am 24sten und 25sten Juli. Zur Geschichte des Feldzuges der Schleswig-Holsteiner gegen die Dänen im Jahre 1850.« Editierte Neuausgabe in der MARITIMEN BIBLIOTHEK, ISBN 978-3-754929-22-3 (Paperback) und 978-3-754632-80-2 (Ebook).

** Ludwig von Wissel, Ex-General-Major und Brigadier der Schleswig-Holsteinischen Artillerie, Hannover’scher Artillerie-Oberstlieutenant a.D.: »Erlebnisse und Betrachtungen in den Jahren 1848-51, besonders in Beziehung auf Schleswig-Holstein.« Editierte Neuausgabe in der MARITIMEN BIBLIOTHEK, ISBN 978-3-754930-55-7 (Paperback) und 978-3-754632-87-1 (Ebook).

*** Th.Lüders: »Generallieutenant von Willisen und seine Zeit. Acht Kriegsmonate in Schleswig-Holstein.« Eine editierte Neuausgabe erscheint im letzten Quartal 2022 in der MARITIMEN BIBLIOTHEK.

**** Ludwig von Wissel, »Erlebnisse und Betrachtungen in den Jahren 1848-51, besonders in Beziehung auf Schleswig-Holstein.«, Neuausgabe Seite 53.

Der Weg zur Schleswig-Holsteinischen Erhebung - eine geschichtliche Einführung

Eine umfassendere, tiefergehende Darstellung der schleswig-holsteinischen Geschichte und der Entwicklungen, die zur »Schleswig-Holsteinischen Erhebung« führten, würde den Umfang dieses Buches sprengen, wenn auch das gern zitierte Bonmot des englischen Premiers Palmerston, es gäbe nur drei Menschen, die jemals diese Geschichte verstanden hätten - Prinz Albert, der tot sei, einen deutschen Professor, der darüber den Verstand verloren habe, und ihn selbst, er habe aber alles wieder vergessen - deutlich übertrieben ist.

Der nachfolgende Abriss der schleswig-holsteinischen Geschichte von 1815 bis 1849 soll denjenigen Lesern, die sich bisher nicht besonders mit diesem Thema befasst haben, ermöglichen, die historischen Berichte aus den Jahren der »Erhebung« in einen größeren Gesamtzusammenhang einzuordnen und besser zu verstehen.

Das Jahr 1815, mit dem Ende der aus der Französischen Revolution entsprungenen Napoleonischen Kriegen und dem Wiener Kongress, ist ein geeignetes Datum, um die aus der Sicht von 1848 jüngeren Entwicklungen aufzuzeigen und zu erläutern. Die Revolution und die Kriege hatten das Machtgefüge und die Gesellschaftsstrukturen in Europa gründlich durcheinandergewürfelt, der Wiener Kongress, allen voran von dem Fürsten Metternich betrieben, sollte die alte Ordnung wieder herstellen, und er tat dies auch, vermeintlich jedenfalls, für die nächsten 33 Jahre.

In Wirklichkeit sorgte mehr die allgemeine Kriegsmüdig-keit nach über 23 Jahren eines weltumspannenden und Europa in weiten Teilen verwüstenden Weltkriegs für die nötige Apathie und Sehnsucht nach »Ruhe«, um die Metter-nich’sche Restauration und das »Biedermeier« zu ermöglichen. Die Konflikte, die die Französische Revolution ausgelöst und in der Folge ganz Europa in den Krieg gestürzt hatten, waren jedoch mitnichten gelöst, sie waren notdürftig verdeckt worden, und schwelten im Untergrund um so stärker weiter.

Der Deutsche Bund

Für Deutschland, das es als ein solches Konstrukt zuvor nie gegeben hatte und auch jetzt nicht gab, bedeutete das Jahr 1815 die Gründung des »Deutschen Bundes«, der nichts weniger war als tatsächlich ein solcher. Der »Deutsche Bund« darf keinesfalls als ein Nachfolger des 1806 untergegangenen »(Heiligen) Römischen Reiches deutscher Nation« interpretiert werden. Er war vielmehr der Versuch der europäischen Großmächte England, Rußland, Frankreich und Österreich, in der Mitte des Kontinents, auf dem Gebiet des späteren Deutschen Kaiserreichs ein Staatenkonstrukt zu errichten und aufrechtzuerhalten, das den Interessen der Großmächte an einem Kräftegleichgewicht entsprach, und das dadurch ein Widerspruch in sich selbst war.

Keine der Großmächte hatte ein Interesse daran, daß in der Mitte des Kontinents ein starker, einheitlicher deutscher Staat entstand, ein »Deutschland«. Und genausowenig bestand ein Interesse daran, dieses Gebiet so sehr zu fragmentieren, daß es zum Spielball der umgebenden Nachbarländer (allesamt europäische Großmächte) werden musste.

Führungsnation des »Deutschen Bundes« wurde nicht zufällig nicht das Königreich Preußen, sondern das Kaiserreich Österreich, dessen Territorien wiederum ganz bewußt zum größten Teil nicht zum »Deutschen Bund« gehören würden. Dasselbe gilt für die Nummer zwei, eben Preußen, das eben-falls nicht als ganzes Teil des »Deutschen Bundes« werden durfte. Das Ergebnis dieser Konstruktion war verworren, politisch kaum brauchbar, militärisch zersplittert - und im Gegensatz zu den Intentionen seiner Schöpfer außerhalb Deutschlands provozierte es bei großen Teilen der Bevölkerungen der zugehörigen Staaten erst recht den Wunsch nach nationaler Einheit. Die Saat für die nationalen Revolutionsbestrebungen von 1848 wurde insofern im Jahr 1815 gelegt.

Zum »Deutschen Bund« gehörten ein Kaiserreich (Österreich), fünf Königreiche (Preußen, Hannover, Bayern, Sachsen, Würtemberg), ein Kurfürstentum, sieben Großherzog-tümer, zehn Herzogtümer, elf Fürstentümer und vier freie Städte. Das Königreich Ungarn sowie die Lombardei, Venetien, Kroatien, Dalmatien und Galizien, wesentliche Bestandteile des Kaiserreichs Österreich gehörten nicht dazu, genauso wenig wie Westpreußen, Ostpreußen und Posen als ganz elementare Bestandteile des Königreichs Preußen.

Auch Dänemark, und dies sollte für die kommende politische Entwicklung von entscheidender Bedeutung sein, gehörte in Teilen zum »Deutschen Bund«, nämlich mit seinen Herzogtümern Schleswig und Holstein.

Der »Deutsche Bund« hatte rudimentäre bundesstaatliche Züge, als sich eine Rechtsordnung des Bundes entwickelte, die die Gliedstaaten in Grenzen band. Der »Deutsche Bund« besaß aber keine Staatsgewalt, sondern nur eine »völker-rechts-ver-traglich vermittelte Vereinskompetenz«, wie es der Rechtswissenschaftler Michael Kotulla nennt.* Laut Präambel der Bundesakte hatten sich die Monarchen zu einem »beständigen Bund« vereint, sie sind allerdings als Repräsentanten ihrer Staaten anzusehen. Der Bund hatte die Aufgabe, die innere und äußere Sicherheit der Gliedstaaten zu gewährleisten, und dabei kollidierte er zwangsläufig sofort sowohl mit den sich widersprechenden sicherheits- und außenpolitischen Interessen der Mitgliedsstaaten als auch mit denen der benachbarten europäischen Großmächte.

Dänemark, während des vergangenen Krieges Verbündeter des napoleonischen Frankreichs, hatte den Krieg und den Wiener Kongress als eigenständiges Königreich überlebt, auch wenn die politische Notwendigkeit seiner Existenz durchaus in Frage gestellt worden war. »Warum sollte diese Macht [Dänemark] nicht aufhören zu existieren?« entgegnete der Graf Münster im Januar 1813 dem Freiherrn von Stein, als der darauf hinwies, daß die weitere staatliche Existenz Dänemarks nicht möglich sei, wenn das Land Norwegen verlieren würde, das damals in Personalunion zur dänischen Krone gehörte.

Die Wahrheit war, daß Dänemark als »mittlere europäische Großmacht« benötigt wurde. England, das nur zu den europäischen Großmächten zählte, weil es maritim die unbestrittene Weltmacht war, hatte ein existentielles Interesse daran, die größte (bevölkerungsstärkste und flächengrößte) europäische Großmacht Rußland maritim hinter zwei Meerengen eingesperrt zu wissen. 

Signifikante Besiedlung oder gar Häfen an der europäischen Eismeerküste (im Gebiet des heutigen Murmansk) gab es nicht und sollte es auch noch lange nicht geben. Dasselbe galt für die russische Pazifikküste (auch Wladiwostok gab es noch nicht, sowenig wie relevante Verkehrsverbindungen nach oder durch Sibirien). Rußlands Zugang zum Meer hing von zwei Randmeeren ab, die jeweils durch Meerengen vom Zugang zum offeneren (aber noch lange nicht offenen) Meer abgeschnitten waren. Die Ostsee war durch die dänischen Meerengen gleich mehrfach gestaffelt abgeriegelt, und das Schwarze Meer (das immerhin ganzjährig eisfrei, anders als die - und speziell die östliche - Ostsee) durch Bosporus und Dardanellen. Und dahinter kamen dann jeweils mittelgroße Gewässer, die Nordsee und das Mittelmeer, in denen England die absolute Seeherrschaft besaß.

Die Existenz Dänemark verhinderte, daß Rußland die Herrschaft über die Ostseezugänge erlangte, und als zusätzlichen Nutzen auch, daß Preußen, immerhin Ost- und Nordseeanrainer, die Herrschaft über diese Ostseezugänge erlangen konnte.

---ENDE DER LESEPROBE---