Kontraste - Patrick Thali - E-Book

Kontraste E-Book

Patrick Thali

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Beschreibung

Es geht um Verbindlichkeit, um Aufmerksamkeit dem eigenen Dasein gegenüber. Die Rede ist nicht von Lebenswillen - den haben wir alle -, sondern der klaren Einsicht, aus unserer Zeit etwas herauszuholen oder etwas wie Glanz hineingeben zu wollen. Alexandra Fink 1969 geboren in Winterthur, ist heute wohnhaft im Tösstal. Sie ist freischaffende Illustratorin und Autorin diverser Lehrmittel. Das Buch Kontraste ist das zweite gemeinsame Projekt mit ihrem Bruder Patrick Thali.

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Seitenzahl: 51

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INHALT

SEHNSUCHT

GLÜCK

DAS UNSRIGE

AUTOMATISMEN

GEISTERSTUNDE

AUFGABE

DRUCK.

TRAUM UND WIRKLICHKEIT

MASKE UND ENTHÜLLUNG

NÄHE UND DISTANZ

LEICHTSINN

INSPIRATION

LEERE.

VOM LEBENSWILLEN.

ZUFALL UND STABILITÄT

TREUE

EMPATHIE

SCHWERMUT

WIR UND DIE WELT

MELANCHOLIE

REIBUNG

ZEIT UND EWIGKEIT

SINNFRAGEN

ZIRKEL

ABSCHIED

SCHULDIGKEIT

ERFÜLLUNG

RUHE UND GELASSENHEIT

KLARHEIT

ARBEIT

REDEN UND SCHWATZEN

ERFOLG UND SCHEITERN

MONOTONIE UND AUSBRUCH

BEFLÜGELUNG

KRAFT

GLANZ

ORDNUNG UND CHAOS.

KUNST

KÜNSTLER

KÜNSTLICHKEIT

KÖRPER UND GEIST

FEUER

Es ist alles viel ernster, als wir meinen mögen. Definitiv und einmalig. Wir werden uns allein an dem messen, was wir dem Leben in Ernsthaftigkeit abgerungen haben. Es sind kleine Dinge, die glänzen, Gedanken, die vordergründig keinen Einfluss auf das alltägliche Leben haben, möchten wir denken. Wir täuschen uns darin. Darunter, in der Tiefe, lenken sie uns unentwegt, lassen sie uns keinen Augenblick Ruhe, akzeptieren sie keinen Schritt daneben. Sie zwingen uns dorthin, wo wir ein Fortschreiten wähnen.

FEBRUAR 2018

PATRICK THALI UND ALEXANDRA FINK

SEHNSUCHT

Die schweizerische Traurigkeit, die nie mehr vergeht, gibt es. Wir, die wir in diesem Land leben, kennen sie alle.

Bei einem Tee auf der Terrasse des Hotels Greulich, an einem sonnigen Nachmittag, überlege ich, was es eigentlich mit dem Begriff der „Traurigkeit, die nie mehr vergeht“ auf sich hat. Sie, die Traurigkeit, oder Niedergedrücktheit, hat zu tun mit der Schweiz, mit der Enge in diesem Land, mit seinem Wohlstand, mit der „Geschaffigkeit“ seiner Einwohner und der überall anzutreffenden Ordnung und Reinlichkeit. Die Stadt Zürich ist Vorzeigebeispiel für dieses „überpützelte Dasein im Wohlstand“. Warum löst es Beklemmung und Niedergedrücktheit aus? – Weil wir nichts mehr verbessern können, weil nichts mehr zu tun bleibt. Perfektion ist für den menschlichen Geist nicht förderlich. Perfektion und Wohlstand lähmen und ersticken Sehnsucht und Beweglichkeit.

Im Süden Frankreichs ist nichts perfekt, was von Menschenhand gemacht ist. Aber die Natur hat Kraft. Der weite, blaue Himmel, das Meer, die Sonne und die Lichtverhältnisse lassen die Traurigkeit vergessen. Die Straßen sind löchrig, es gibt kaum Fußwege. Aber die Pinien duften, die Austern riechen nach Meer und Salz.

Ist dieses Naturempfinden in Zürich nicht möglich? – Doch, es ist möglich. Dann, wenn wir über diese Dinge nachdenken, über diese Unterschiede und Zusammenhänge. Dann können wir auch über der Greulich-Terrasse den blauen Himmel wieder sehen und die Sonne genießen. Wenn wir uns innerlich von Zürich lösen, wenn wir innerlich auf eine Reise gehen, auf eine Reise in uns selber, vermögen wir die Traurigkeit, die nie vergeht, abzulegen.

GLÜCK

Möge Licht unsere Dunkelheit erhellen.

Wir gehen auf eine Reise, um die Sonne zu finden. Wir buchen uns ein schönes Hotelzimmer am Strand. Und wenn wir nicht auf Reisen gehen, dann kaufen wir uns sonst etwas Schönes, weil wir uns durch seinen Besitz Glück erhoffen.

Aber das Glück tritt nie ein, wenn es gemäß unserer Berechnung eintreten sollte. Dies muss uns nicht verwundern. Kaufen können wir es nicht. Für das Glück müssen wir etwas tun.

Um in eine andere Welt hineinzuschauen, unternehmen wir eine Reise. Wir wollen uns dabei neu formatieren. Dieser Willensakt kann uns Glück bescheren. Es hängt von unserer mentalen Disposition ab, ob Licht in unsere Dunkelheit hereinleuchtet. Die Herausforderung ist also die:

Wie weit sind wir bereit, Licht in unsere Dunkelheit leuchten zu lassen? Je nachdem, können wir sagen, sei uns Glück beschieden.

DAS UNSRIGE

Was ist „Erfolg“, wenn nicht ein Abkämpfen über viele Jahre hinweg in „fremden Diensten“? Und sogleich ist alles vergessen und abgetan, wofür wir uns ganz aufgebraucht haben.

Wir haben nichts hinterlegt, das mit unserer Person übereinstimmt. Und das wiegt schwer; denn wir können es nimmer holen.

Gleich welcher Nationalität und Religion, wir alle müssen mit dem eisigen Wind in den Straßen leben, wir alle sind froh um eine warme Bleibe an kalten Wintertagen. Wir alle müssen unser Geld verdienen, um diese warme Bleibe zu bezahlen.

Den Lebensunterhalt zu sichern, ist die größte soziale Gleichmacherei, die wir uns vorstellen können.

Nennen wir es, wie wir wollen: Gleichmacherei, Gleichstellung, Normierung, Nivellierung. – Und das ist nicht negativ gemeint. Es ist ganz vernünftig. Denn da die Ausgangslage dieselbe ist, bleibt die Chance für uns alle gleich intakt, aus der Nivellierung innerhalb der Gesellschaft, in der wir leben, unsere eigene Stimme zu entwickeln.

Es soll uns ein Anliegen sein, uns dort oder so einzureihen, dass wir das Unsrige bewirken können. Wenn wir uns so einrichten, dass wir es nicht können, werden wir uns früher oder später als Opfer der Umstände, der Konstellationen sehen. Wir sagen dann, das Schicksal habe es nicht gut gemeint mit uns. Auch wenn wir Opfer sind (von bestimmten Begebenheiten), sind wir es dennoch nie. Uns als Opfer anzunehmen und dieses Schicksal für uns zu akzeptieren, heißt: Wir verzichten auf jede Rettung, wir haben resigniert.

Dabei waren die Karten einst offen. Wir haben nur unsere Positionierung wenig ernst genommen.

AUTOMATISMEN

Ob wir unserem Leben durch eine bestimmte Tätigkeit Berechtigung geben, gilt es zu beantworten.

Und während wir den Job erledigen, vergeht Zeit. Dies ist kein Unglück, möchten wir glauben. Aber die Berechtigung haben wir dadurch nicht eingelöst. Sie bleiben wir uns schuldig.

Das Job-Erledigen ist viel eingreifender, als wir es vielleicht wahrhaben wollen. Es frisst sich tief in unsere Persönlichkeit ein. Dies muss uns nicht verwundern, betreiben wir es doch täglich während vieler Stunden über manche Jahre hinweg. Wir gewöhnen uns an die Oberflächlichkeit im Umgang, ans lockere Geschwätz über Gott und die Welt. Wir akzeptieren das unverbindliche „Hoi, tschau, wie häsch“ und all die kleinen Lügen und Unehrlichkeiten – und dies ist bereits übertrieben –, diese Codes und Automatismen. Wir richten uns ein in dieser lieblosen Welt – und das ist sie zweifellos –, in der wir nichts tun aus einem inneren Impuls heraus.