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Sinnliche Geschichte einer unglücklichen Liebe, mit recht vielen Ecken und Kanten und mit Erkenntnissen die das Leben allgemein so mit sich bringen kann.
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Seitenzahl: 203
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Impressum:
2022 (©) Harry H. Clever
Techn. Beratung: Frank Maier-Hasenclever
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40 – 44, 22359 Hamburg
ISBN: 978-3-347-76498-9
Paperback
ISBN: 978-3-347-76499-6
Hardcover
ISBN: 978-3-347-76500-9
E-Book
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.
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Romanhafte Erzählung und Betrachtung
Lebensglück und Liebesleid
Balanceakt zwischen den vielen Bruchstücken und Farben des Lebens
Harry H.Clever
H.H.
Die Zeit und auch das Leben verrinnen, wie der Sand in einer Eieruhr!
Die Zeit und auch das Leben verrinnen, wie der Sand in einer Eieruhr!
Vorwort:
Leben und Liebe stets ein Balanceakt?
Das Leben ist nun mal ein lichter immer fließender und bunter Moment, aber eben auch kein Kuschelzoo, sondern eher ein Balanceakt oder Kaleidoskop, mit sich stets verändernden Lebensbereichen mit herben Brüchen und vielen Farben, aber eben auch mit allen möglichen Unwägbarkeiten.
Es ist nun mal eine alt bekannte Lebensweisheit, wenn man im Leben sich nicht den Schwierigkeiten eines Lebens stellt, wird man vielleicht ein ruhiges Leben haben, aber man wird ganz gewiss auch nicht die Vielfältigkeit, die das Leben bieten kann, kennenlernen. Eine gewisse Spannung, vielleicht auch durch Unwissenheit, gehört nun mal zu einem gelebten Leben und eben auch bei der Liebe, wo eben auch nicht immer alles nach Wunsch verlaufen kann und wird.
Genau aus diesem Grunde kommt auch der alte Spruch, jeder ist seines Glückes eigener Schmied zustande. Aber zu viel Wagnis und Farbe birgt eben auch sehr viel Risiko, dann kann man sehr schnell zwischen die Mühlensteine des täglichen Lebens geraten. Wer nichts wagt, der auch nichts gewinnt, oder er lernt auch nicht die jeweiligen anderen Möglichkeiten kennen, denn das gelebte Leben hat nun mal in seinem, hoffentlich langen Verlauf viele verschiedene auch nicht immer schöne und gewollte Variationen.
Romanhafte Erzählung Konzept August 1969, überarbeitet 2004, Endfassung 2022
Personen:
Henry Vollath
Hauptfigur (Waise)
Herbert Stellmann
Onkel
Lucie Stellmann
Tante
Jochen Stellmann
Vetter
Petra Latzky
Jugendfreundin
Heinz Schulze
Freund + Arbeitskollege
Carola Riedmüller
Geliebte und spätere Braut
Heinrich Zöllner
Justizoberwachtmeister
Karl Spengler
Justizwachtmeister
Schöner Tag, schlechter Tag.
Mit der seit Jahren schon fest eingespielten Monotonie und Gleichmäßigkeit bietet sich einem außenstehenden Betrachter in einer Vollzugsanstalt Tag für Tag das gleiche Schauspiel.
Punkt fünf Uhr dreißig ist die nächtliche Ruhe für die Insassen und für das Personal der Strafvollzugsanstalt vorbei, wenn die schweren hallenden Schritte der Wärter auf den metallenen aus Gitterrosten bestehenden Laufgängen erklingen.
Auf jeder, der vier Etagen sind diese Gänge, die an den Türen der einzelnen Zellen vorbei führen parallel gegenüber angeordnet, dazwischen befindet sich ein großer Lichthof als das große Treppenhaus und mittendrin das rundum verglaste Büro für das Wache habende Personal.
Das mächtige hohe Gebäude, das schon einige Jahre als Vollzugsanstalt genutzt wurde und auch schon wesentlich bessere Zeiten erlebt hatte, wird nach oben hin über der breiten Treppenhaushalle von einem großen Glasdach wie von einer großen Käseglocke abgeschlossen, durch das heute am frühen Morgen die ersten Sonnenstrahlen das Innere des Hauses mit den acht Blöcken fallen.
Jede der vier Etagen war mit zwei Blöcken auf jeder Seite mit fünf Einzelzellen versehen, einen Block auf jeder Seite dieser großen Halle mit dem großen Treppenhaus, mit jeweils zehn Zellen, die Treppen und Laufgänge waren übersichtlich in offener Bauweise durch Metallgitter gestaltet. In der Mitte dieser großen Halle zwischen den einzelnen Blöcken war der große gläserne Wachdienstraum der diensthabenden Wachleute, wobei der ungehinderte wichtige Rundumblick nach oben und unten für das Personal gewährleistet war.
Zu den festgelegten Schließzeiten, zwecks Verpflegung, Hofgang oder auch bei Arbeitsdiensten der Insassen waren dann auch einige Beamten anwesend, die wechselweise sonst auch die anfallenden Schreibarbeiten in den unteren Büroräumen erledigten.
Vor gar nicht langer Zeit waren die Zellen noch jeweils mit zwei Häftlingen belegt gewesen, da war jeden Morgen ganz schön was los und das Wachpersonal musste extrem aufpassen, dass in und vor den Zellen alles seinen regulären vorgeschriebenen Gang hatte.
Die kleinen und großen Gauner nutzten ja jede und sei sie noch so klein sich bietende Gelegenheit, ihre kleinen Geschäfte zu machen.
Zigaretten und natürlich auch andere Dinge, wo nicht immer ganz klar war wie diese Dinge ins Haus gekommen waren, werden dabei dann auch an den Mann gebracht, oder aber um dabei auch vermeintlich wichtiges Insiderwissen und auch Informationen auszutauschen oder auch, bei gewisser Dringlichkeit auch zu verkaufen.
Zuerst wurden die Insassen in Block C oder D geweckt, denn hier waren die zum Küchendienst eingeteilten Insassen, diese hatten wechselseitig Frühdienst in der Kantine und der außer Hausküche. Denn die normale regelmäßige Versorgung war für Leib und Seele haben auch hier, an diesem Ort einen gewissen Vorrang, denn ein hungriger Geist wird schnell unruhig und auch aufsässig.
Der Weckvorgang, man konnte schon fast von einer Zeremonie sprechen, spielte sich Tag für Tag immer wieder gleich ab, so konnte man unliebsame Überraschungen eben auch am besten vermeiden.
Schlüssel klappernd und mit einem lauten unpersönlich gebrüllten Aufstehen wurden die kleinen Sichtfensterchen in den Türen recht geräuschvoll geöffnet, ein kurzer Blick ins Innere der Zelle, ob auch eine Wirkung der Aufforderung zu verzeichnen ist.
Eine kurze, eben schon tausendfach gemachte fast automatische Drehung mit dem Schlüssel im Schloss und das zurückschieben des großen schweren Riegels und das aufstoßen der schweren Zellentüre und danach ging es danach auch gleich weiter zur nächsten Türe, das alles war schon fast eine ganz mechanische Handlung für den jeweiligen Aufseher.
In kürzester Zeit steigt dann fast schlagartig jedes Mal der Geräuschpegel durch das Kreuz und Quer rufen in der großen Halle gewaltig an, dann verstand man praktisch für eine ganze Weile fast sein eigenes Wort nicht mehr.
Der allmorgendliche Aufruf zum Aufstehen wird nur zu oft nicht gerade freundlich beantwortet, aber der Mann mit den Schlüsseln registrierte es als der Insasse ist schon wach und reagierte auf diese recht eindeutigen und auch beleidigende Bemerkungen schon lange nicht mehr.
Doch Gott sei Dank sind nicht alle Insassen von jenem Schlag, der Insasse in der Zelle neun, den brauchte man eigentlich nicht durch die Lautstärke zum Aufstehen ermuntern, der war täglich schon rege und meistens saß er auch schon am Tisch seiner Zelle um an seinen aufgeschriebenen Notizen weiter zu arbeiten.
Denn seit es ihm erlaubt worden war, mehr Schreibzeug als für einen Brief erforderlich ist, in seiner Zelle zu haben, sitzt dieser Insasse jeden Morgen, sobald das erste Licht durch das kleine Fenster hereinfällt, schon schreibend an seinem kleinen Tisch.
Wachtmeister Spengler der nun schon seit einigen Jahren diese Arbeit verrichtete, hat hier schon viele auch zum wiederholten Male kommen und gehen gesehen. Die meisten unterschieden sich kaum, die haben meist ein großes Mundwerk und eisenharte Ellenbogen, mit denen sie sich durchs Leben boxen wollen und der Meinung sind, das Leben ebenso am besten meistern zu können, und stolpern dann nicht unbedingt gewollt in die Fänge des Rechts.
Was wohl eben nicht immer gelingt, ohne mit dem Gesetz auf irgendeine Art und Weise in handfesten Konflikt zu geraten, was dazu führte das es auch ein paar Altbekannte unter den Inhaftierten gab, die zum Teil schon fast regelmäßig hier einsitzen müssen, das sind halt die ganz unbelehrbaren.
Aber es gibt auch immer wieder mal Ausnahmen, so wie der jüngere Insasse in der Zelle neun vor dessen Türe er gerade angekommen ist.
Er mochte diesen eigentlich doch noch jungen Häftling eigentlich irgendwie gut leiden, der in seiner ganzen Art hier wohl eigentlich vollkommen am verkehrten Ort und Platz sich befindet, der in keiner Weise dem üblichen Schema der hier sonst einsitzenden anderen Insassen von großen und kleinen Gaunern ähnelte.
Er ist sich, wie auch seine Kollegen irgendwie sicher, dass es einer von denen ist, die durch irgendeinen Schicksalsschlag oder auch durch eine riesige unbedachte Dummheit in diese nicht alltägliche Situation und somit hierhin in eine Untersuchungshaft geraten ist.
Die persönlichen, nicht immer schönen Geschichten von jedem einsitzenden Häftling war ja zum größten Teil bei dem Personal grob bekannt und auch in einem verkürzten Bericht im Büro in der Personenakte, wenn nötig auch nachzulesen.
Er wischte mit einer leichten Handbewegung den kurzen Gedanken weg, denn persönliche Gefühle und Ansichten hatten bei dieser, seiner Arbeit keinen Platz, so was brachte außer Ärger und Enttäuschungen nichts ein, denn die Gedankenwelt und Auffassungen der meisten Insassen war gänzlich anders als bei einem sogenannten Normalbürger.
An diesem Morgen, als Wachtmeister Spengler die kleine Luke der Zelle neun öffnet und leise ein freundliches guten Morgen sagt, um danach dann natürlich gleich sein Aufstehen brüllen will, denn die vorgegebene seit Ewigkeiten schon bestehende Ordnung muss im Grunde ja eben sein.
Doch da bleibt ihm auch schon das Wort, mitten in der schon fast unbewussten Schlüsselbewegung im Halse stecken, ihn trifft fast der Schlag, das kann doch wohl nicht sein, er glaubt, seinen Augen nicht trauen zu können.
Hastig schließt er sodann die schwere Türe auf und macht immer noch ungläubig einen Schritt in die Zelle hinein. Bleibt dann aber wie erstarrt stehen und zwingt sich erstmal selbst zu der fest vorgegebenen Ordnung.
Dann kommt plötzlich Bewegung in den altgedienten Beamten, er knallt ganz ungewohnt die Türe wieder zu und rennt, so schnell ihn seine Füße tragen zum Glaskäfig, dem kleinen Büro der Aufsichtsbeamten, dem kleinen Zentrum des Heute sonnenbeschienen Treppenhauses, um seinem Vorgesetzten und Freund seine schlimme Entdeckung mitzuteilen und Meldung zu machen.
Oberwachtmeister Zöllner, der seinen Dienst als Oberaufsicht für die Blöcke C und D also für die zweite Etage macht, schaut verdutzt auf, als er seinen langjährigen Mitarbeiter und Freund ungewohnt deutlich hastig auf den großen Glaskasten, dem eigentlichen Zentrum in dem großen Gebäude hinzurennen sieht.
Mensch Karl bist du verrückt, denk an deinen Blutdruck, du rennst ja, als wenn du ein vorolympisches Training schon am frühen Morgen absolvieren willst.
Rede bloß kein Blech Heinrich, du musst jetzt ganz schnell mitkommen, der Häftling aus Zelle neun, der Vollath, der hat sich aufgehängt, stößt er nun recht kurzatmig hervor und schüttelt immer noch ganz verständnislos seinen hochroten Kopf.
Du bist doch wohl nicht etwa noch leicht besoffen, oder hast vielleicht noch einen unklaren getrübten Blick, war wohl Gestern recht spät geworden dein Skatabend gestern wie?
Fragte er ihn noch mit einem wohlwollenden Augenzwinkern, doch der Gesichtsausdruck seines Kollegen und langjährigen Freundes zeigte ihm doch deutlich, dass es sich um etwas sehr Ernstes drehte.
Doch nun wesentlich sachlicher fragt er, was sagst du, der sympathische junge Mann. Ach du heiliges Kanonenrohr ich glaub, ich werde verrückt, ja ist der denn von allen guten Geistern verlassen, fährt es aus Heinrich Zöllner heraus, in dem er sich recht hastig der Ordnung halber seine Dienstjacke überzog.
Noch mit diesen Worten auf den Lippen hasten sie beide aber auch schon gemeinsam den Gang entlang zur besagten Zellentüre neun hin, natürlich mit einem wesentlich höheren Geräuschpegel versehen als sonst normal zu hören ist, was in den anliegenden Zellen von den jeweiligen Insassen sofort neugierig registriert wird.
Denn in dem ewigen gleichmäßigen fast schon langweiligen Geschehen wurde jede kleine Änderung im Ablauf des Tages sofort gern wahrgenommen und als Abwechselung auch gerne wahrgenommen, da war schon ein ungewohnter schneller Gang eines Diensthabenden eine gleich registrierte Veränderung in dem gleichmäßigen Trott.
Um den gewohnten Ablauf in diesem Zellentrakt so weit als möglich aufrecht zu erhalten mussten jetzt aber erst die restlichen Zellen geöffnet werden und die Mannen sofort aus dem Flur an ihre vorgegebenen Arbeiten beordert werden.
In der Zelle war alles korrekt und direkt auffallend peinlich genau und säuberlich aufgeräumt, so wie immer eigentlich, das Einzige was wirklich an diesem akkuraten Aussehen störend wirkte, war der junge Mann, der sich mit einem Seil, das er aus angefeuchteten Streifen seiner Wolldecke gefertigt und am Fenstergitter erhängt hatte.
Nun gucke dir das doch mal an, hat doch dieser verrückte Hund auch noch groß sauber gemacht, bevor er sich hinüberbefördert hat, schoss es ihm sogleich durch den Kopf, denn der kleine Raum war schon auffallend peinlich korrekt aufgeräumt, eben bis auf die leblose Figur unter dem Gitterfenster.
Ich glaube es einfach nicht, murmelt er und kratz sich
leicht verdattert seinen grauen Schädel, den er nun ganz unbewusst kräftig schüttelt, als ob er dadurch automatisch etwas wirklich Störendes damit verscheuchen könnte.
Doch die harte und wahre Realität holte ihn dann aber doch sogleich wieder ein und ließ ihn sofort wieder ganz ein stets kontrollierter Beamter sein, um umgehend alle nun zwingend erforderlichen und eben nicht alltäglichen Dinge in die nötigen vorgegebenen Wege zu leiten.
Als Erstes musste, bevor noch irgendetwas im Raum verändert wurde, alles penibel Dokumentiert und auch fotografisch festgehalten werden und dann muss der Junge vom Fenster runter sagt er.
Sie versuchten danach dann gleich gemeinsam den verblüffend stabilen Wolldeckenstrick zu lösen und den Toten auf die Pritsche zu legen, damit der Amtsarzt auch sogleich seine amtliche Pflicht ausüben konnte.
Der ist aber schon eine ganze Weile hinüber stellte dieser sachlich fest, er konnte aber auch keine anderen Merkmale einer Fremdeinwirkung feststellen und konnte somit gleich seine amtliche Untersuchung beenden.
Doch bei den Zwischenkontrollen war noch keine Auffälligkeit vermeldet worden, bemerkte der Oberaufseher Zöllner noch, ich werde der Direktion auch gleich Bescheid geben und du kannst inzwischen die restlichen allgemein nötigen Arbeiten machen.
Aber achte auch drauf, dass nicht gleich überall die hiesige Situation bekannt wird, wir behalten über diesen unerwünschten Zwischenfall erst mal absolutes Stillschweigen, soweit das hier in diesen Gemäuern überhaupt möglich ist.
Wo doch jede kleinste Änderung am normalen eintönigen Tagesablauf für die Insassen schon auch einen gewissen Unterhaltungswert darstellte.
Das hier macht schon schnell genug die Runde, denn einige, die schon auf den Gängen unterwegs waren, machten sich schon ihren eigenen Reim auf die ungewohnte, aber deutlich sichtbare Hektik der Beamten.
Das Weitere werden wir dann nach den Ermittlungen, die ja von der Verwaltung und der Staatsanwaltschaft in solchen Fällen zwingend vorgeschrieben sind erledigen, schnauft Heinrich Zöllner noch, als er die Türe verschließt und stapft dann auch schon in Richtung seines Glaskastens in der Mitte dieses Traktes.
So eine elende Sauerei schimpfte er in sich hinein, muss denn so etwas auch noch kurz vor dem Schichtende passieren und ausgerechnet in meinem Dienstbereich, der Feierabend rückte für ihn erst mal in die weitere Ferne, das konnte dauern.
Seine gute Laune, die er nicht nur wegen der wundervollen Morgensonne gehabt hatte, war mit einem Schlage gründlich dahin.
Er hatte sich schon so auf die Ruhe in seinem Garten gefreut und seine Tätigkeiten, oder sollte man es auch Untätigkeit nennen bis ins Kleinste geplant hatte, Schei… das war jetzt alles für den heutigen Tag erst einmal dahin.
In Erwartung des nun folgenden Ärgers, so was war ja immer ärgerlich und der damit verbundenen umfangreichen Schreiberei und dann die bohrenden Fragen von den vorgesetzten Stellen.
Nach dem exakt geführten Protokollbuch und wer, wann, wo zuletzt und so weiter wurde gefragt und wohl auch die ganz Unangenehme, wer hatte eventual etwas übersehen, warum war so etwas überhaupt möglich gewesen.
Eben die stets dann im Raume stehende sehr unangenehme Frage nach einer eventuellen Aufsichtspflichtverletzung, dem wieso und warum, diese Gedanken ließen den Oberwachtmeister Zöllner innerlich fluchen wie einen alten Fuhrknecht.
Die Herren von der Ermittlung konnten manchmal so richtig unangenehm und penetrant sein, wenn sich Ungereimtes oder ungewohntes abzeichnete oder bei ihrer vorgeschriebenen persönlichen Sichtung sich ergab.
Er ließ die komplette Schicht nochmals durch seinen Kopf gehen, aber er war sich sicher, er und alle anderen seiner Schicht hatten sich keinesfalls etwas an Nachlässigkeit bei den diversen stündlichen Kontrollrundgängen vorzuwerfen.
Er beruhigte sich und sein Gemüt damit, dass diese Herren in der Verwaltung eben auch nur ihre Pflicht tun, damit wich ein wenig sein Groll, ob dieser nicht gerade alltäglichen und vertrackten, um nicht zu sagen beschissenen Begebenheit.
Mittlerweile glich das große Treppenhaus und die Gitterflure einem großen Bienenstock, es ging recht lebhaft und auch lautstark zu, nur einige wenige hatten schon etwas von der ganzen unschönen Sache mitbekommen, denn die mittlerweile ungewohnte Verzögerung bei dem täglichen gleichmäßigen Weckablauf war eben keinem der Insassen verborgen geblieben.
Nur das Unwissen über etwaige Details lies dann in kürzester Zeit die wildesten Gerüchte und auch Vermutungen einige Geschichten die Runde machen, auch weil eben der gleichmäßige und gewohnte Ablauf nun offensichtlich doch ein wenig ins Stocken und durcheinandergeraten war.
Die Leute der Wachmannschaft waren aber soweit routiniert, dass auch solche Momente fast reibungslos und schnell in die Tagesordnung und den fast normalen Ablauf eingebunden werden konnten.
Nachdem die Herren von der Ermittlung und der Direktion, die alles übergenau inspizierten und sich davon vergewissert hatten das letztendlich kein erkennbares Fremdverschulden oder ein Fehler eines Bediensteten vorlag, konnte der Abtransport des Toten erfolgen.
Nach einer verhältnismäßig kurzen Zeit kehrte wieder einigermaßen eine gewisse Normalität im Gefängnistrakt C und D ein, kaum einer wollte sich eigentlich weiterhin mit fremden Dingen im Bau befassen, jeder hatte eigentlich mit sich selbst genug zu tun.
Doch so eine seltene Neuigkeit war in dem gewohnten gleichmäßigen Trott der Haftanstalt dann doch etwas Bemerkenswertes und wurde nun eingehend im gesamten Areal diskutiert, wobei dann so manche mehr ausgedachte Variation der Angelegenheit die Runde machte, denn echte Neuigkeiten waren in dem täglichen Einerlei des Knastlebens doch schon recht selten.
Man legte innerhalb der allgemeinen Verwaltung Arbeit eigentlich größten Wert darauf das sich so wenig Personen, wie eben möglich auf den Gängen zu dieser Zeit länger als nötig aufhielten, um eben auch den sofortigen Abtransport, aber dieses so unbemerkt wie eben möglich durchführen zu können.
Das Unangenehmste für die Wachmannschaft war dann die nicht einfache Erklärung für das leider unbemerkte herstellen des dicken und stabilen Strickes aus der Wolldecke, denn dieser Aspekt würde in den Unterlagen und Befragungen in der nächsten Zeit wohl einige Male unangenehm zur Sprache kommen.
Die Zelle musste nun erst mal gründlich auf und aus geräumt werden, neben der Pritsche lag noch ein Stapel eng beschriebenes und auch noch etwas ungenutztes Papier und ein Kugelschreiber, ein Bleistift und Radiergummi, alles in auffallender Ordentlichkeit.
Außerdem waren eben nur noch geringe persönliche Dinge in der eigentlich penibel aufgeräumten Zelle, die nun ebenfalls gelistet und ausgeräumt werden mussten, um sie pflichtgemäß bei einer der nächsten zeitlichen Gelegenheit den Familienangehörigen zu übergeben.
Wachtmeister Zöllners Blick schweifte noch einmal durch die Zelle und blieb dann aber an den paar Dingen neben der Pritsche haften, besonders eben, an dem doch ansehnlich umfangreichen Packen Schreibpapier.
Er stutzte erst ein wenig, doch dann fiel es ihm ein, er hatte ja selbst dafür gesorgt, dem Insassen ausreichend Papier zukommen zulassen, weil dieser ihn darum höflich gebeten hatte.
Das meiste war mittlerweile nun schon soweit aufgeräumt worden und für das abtransportieren in einem speziellen Depotkarton gestapelt worden, bis eben auf die paar ganz persönlichen Habseligkeiten die dann auch an die Verwandtschaft übergeben werden müssen.
Denn man musste ja Amtliches und Hauseigenes genau getrennt registrieren und auch entsprechend in einen jeweiligen Karton einsammeln und dann erstmal ins Lager verbringen für eventuelle Nachforschungen.
Denn der amtliche endgültige Abschluss dieses Vorganges konnte erst nach dem Abschluss der Untersuchungen von den Vorgesetzten aus vorgenommen werden.
Er versuchte auch in seinem Kopf eine vernünftige Reihenfolge der nötigen und gemachten Tätigkeiten zu bekommen und einzuhalten.
Seine Augen streiften nun zum letzten Male nochmals den kleinen Raum ab und gab zum Abschluss dann die Order zur ordentlichen Lagerung der wenigen verbliebenen Sachen an seine Leute, denn amtliches und privates musste erst einmal genauestens getrennt in die Asservatenkammer gebracht werden.
Da er eben der Verantwortliche für alle Vorkommnisse in dieser Abteilung war, musste er auch auf die kleinsten Nebensächlichkeiten achten, denn nichts war schlimmer als etwas zu übersehen oder unbeachtet zu lassen, denn die Übergeordneten in der Verwaltung kannten da überhaupt kein Pardon, selbst mit einem über viele Jahre Altgedienten in diesem Hause.
Da klang ihm ein sehr alter Spruch, Ordnung ist nun mal das halbe Leben schon automatisch in seinen Ohren, aber wer verschenkt schon freiwillig sein halbes Leben.
Der endgültige Entschluss!
Zum vorzeitigen endgültigen Abschluss seines Lebens hatte Henry Vollath den Entschluss gefasst, weil er sich das nie verzeihen und damit leben konnte, dass er aus purer Dummheit und einer unkontrollierten Gemütsbewegung andere Leute in Gefahr und um das Leben gebracht hatte, sodass Kinder durch seine Schuld ihre Eltern verloren hatten und nun genau so ohne diese Leben und leiden müssen, wie er selbst damals vor vielen Jahren.
Denn eine noch so tiefsitzende gefühlte Enttäuschung und Gefühlsverletzung rechtfertigt nicht, in keiner Weise, dass man andere Personen gefährdet und verletzt. So hatte er, fast wie eine indirekte Entschuldigung auf dem ersten Blatt seinen Entschluss gerechtfertigt und in Worte gefasst.
Dass er großes Leid über viele Leute total unbedacht gebracht hatte, war ihm erst vollkommen bewusst geworden, als das Gefühlschaos in seinem Gemüt sich wieder gelegt hatte und der Tornado in seinem Kopf wieder normale Gedankengänge zuließ. Doch da war es nun schon zu spät, um etwas am Gewesenen, an dem zurückliegenden Geschehen zu ändern, der Schaden war nun mal durch unbedachtes Handeln entstanden.
Mit einer solchen schweren Belastung wollte und konnte er anscheinend nicht mehr weiterleben, zu dem hatte er auch den Sinn an seinem eigenen Leben total verloren.
Vielleicht wollte er auch nur eine kurze Erklärung und Entschuldigung für die zurückliegenden Zeiten, wie ein Testament hinterlassen. Oberwachtmeister Zöllner hatte in den vielen Jahren die er hier seinen Dienst versah schon einiges erlebt, aber einen vollzogenen Selbstmord hatte er Gott sei Dank bisher noch nicht.
Er hatte sich angewöhnt, keine persönlichen engeren Kontakte mit den Insassen zu haben, doch das Schicksal von diesem jungen Mann hatte ihn irgendwie doch angerührt, denn bei dem Studieren der persönlichen Daten und Angaben nach der Einlieferung hatten in ihn eine doch etwas bedauernde Einstellung zu dem jungen Insassen kommen lassen.
Er bückte sich und nahm mit einem Schnaufer die paar persönlichen noch verbliebenen restlichen und geduldeten Habseligkeiten und auch das Papierbündel erst einmal an sich und gab die Zelle nun endgültig zu einer sogenannten Endreinigung frei, denn Ordnung musste nun mal sein, da konnte keiner zurzeit mehr etwas daran ändern.
Der beachtliche Packen beschriebenes Papier musste ja auch erst einmal grob gesichtet werden, bevor es praktisch katalogisiert zu den anderen Dingen ins Depot kam und zu der späteren Übergabe an die Verwandtschaft erst einmal eingelagert werden musste.
In seinem Büro suchte er den Ordner des Häftlings Henry Vollath mit der Registriernummer 01327 heraus um die nötigen Eintragungen zu machen, denn es musste alles selbst der kleinste Zettel genau benannt und festgehalten werden, um dann auch die schriftlichen Nachlassenschaften erst einmal in dessen Personenakte zulegen, da war die eigene Empfindlichkeit eine völlige Nebensache.
Mit fast dreistündiger Verspätung konnte er und sein Freund und Kollege nun den wohl verdienten Feierabend, nach einer doch nun ungewöhnlichen Nachtschicht antreten und seinen geplanten nun doch etwas verkürzten Gartentag endlich angehen.
Im Garten, etwas später versuchte er, im Liegestuhl liegend den Morgen nochmals Revue passieren zu lassen, irgendwie fragte er sich nun schon zum X-ten, zum wievielten Male insgeheim, was der junge Insasse denn wohl so fleißig aufgeschrieben hatte.
Irgendwann, vielleicht schon morgen, wenn die Zeit es zulässt, dann muss ich mir das doch noch einmal richtig anschauen, sagte er sich.
Obwohl nun alles gesichtet und geordnet in den dafür vorgesehenen amtlichen Bogen eingetragen war und somit offiziell abgeschlossen war, beschäftigte ihn das ganze Geschehen doch mehr als er sich selbst das im ersten Moment zugestehen wollte.
Aber so etwas hatte er in den vielen Jahren seiner Dienstzeit eben noch nicht bearbeiten und erfassen müssen, sagte er sich immer wieder.
Am darauffolgenden Tag, in einem ruhigen Moment nahm er sich den besagten Ordner mit den Unterlagen und den losen beschriebenen Blättern noch mal vor und begann unbewusst zu lesen.
Auf dem obersten Blatt stand mit großen Buchstaben in sauberer Handschrift.
Ein Blick zurück.
Mein Leben, meine Liebe!
Henry Vollath.
Wie alles vor Jahren begann.
Wie ein Wirbelwind kamen die beiden Jungs übermütig und albernd die schmale Straße mit dem leichten Gefälle herunter gestürmt.
Um ein Haar hätten die beiden den alten pensionierten Schullehrer des kleinen Ortes umgerannt, doch dieser konnte sich gerade noch rechtzeitig, schimpfend und Spazierstock schwingend durch einen schnellen Schritt zur Seite in einen Hauseingang in Sicherheit zu bringen.
Die beiden fast gleichaltrigen Jungs waren so mit sich und ihrem gegenseitigen konkurrierenden wilden Spiel beschäftigt, dass sie kaum etwas von dieser Begebenheit wirklich wahrgenommen hatten.