Lieb mich zweimal, Baby - Anna Graf - E-Book

Lieb mich zweimal, Baby E-Book

Anna Graf

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Beschreibung

Eine Frau, zwei Männer und dann auch noch ein Mord …
Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Maja Stern, ich bin Schauspielerin, Aushilfssekretärin und wenn ich völlig pleite bin, gehe ich bei meinem Kumpel Gregor kellnern. Ich bin temperamentvoll, impulsiv und wahrscheinlich auch ein bisschen verrückt und wenn mir ein Mann wie Tim über den Weg läuft, greife ich natürlich mit beiden Händen zu. Allerdings hätte ich nicht im Traum damit gerechnet, dass dieser muskulöse, gut gebaute Adonis mein ganzes Leben umkrempelt.
Aber auch Manuel, den ich schon mein ganzes Leben lang kenne, ist mir nicht ganz gleichgültig und Manuel scheint regelrecht davon besessen zu sein, mich für sich zu gewinnen.
Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein – auf der einen Seite Tim, der blonde, strahlende Riese, den ich auf der Straße am liebsten vor den gierigen Blicken anderer Frauen verstecken würde, auf der anderen Seite Manuel, dunkel, geheimnisvoll und sein wahres Ich stets sorgfältig verbergend.
Doch ein Zufall enthüllt Manuels dunkles Geheimnis und als dann auch noch ein Mord geschieht, ist nichts mehr so, wie ich es mir ursprünglich erhofft hatte …

Weitere Romane von Anna Graf:
"JUST LOVE - Verhängnisvolle Affären_1 - New York"
"JUST LOVE - Verhängnisvolle Affären_2 - Los Angeles"
"JUST LOVE_3 - Am Abgrund"
„MORDSmäßig verliebt“ Liebe, Mord und Mafia – Ein ziemlich krimineller Liebesroman
„MORDSmäßige Leidenschaft“ Tödliches Verlangen – Noch ein ziemlich krimineller Liebesroman
>"True Love Bad Guys - wahre Liebe lohnt sich doch"
"Liebesurlaub" - ein Mallorca- Liebesroman
"(K)ein flotter Dreier"

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Anna Graf

Lieb mich zweimal, Baby

Liebesroman

Das vorliegende Buch ist ein Produkt meiner Fantasie.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind rein zufälliger Art und nicht beabsichtigt.

Impressum

¶V.i.S.d.P.

Anna Graf

c/o Autorencentrum.de

Ein Projekt der BlueCat Publishing GbR

Gneisenaustr. 64

10961 Berlin

E-Mail: [email protected]

Tel.: 030 / 61671496

Copyright © Anna Graf, 2013

[email protected]

Coverbild © elenalasagni - Fotolia.com

Covergestaltung von Anna Graf

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks in jeglicher Form sind vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis

Eins

Zwei

Drei

Vier

Fünf

Sechs

Sieben

Acht

Neun

Zehn

Elf

Zwölf

Dreizehn

Vierzehn

Fünfzehn

Sechzehn

Siebzehn

Achtzehn

Neunzehn

Zwanzig

Einundzwanzig

Zweiundzwanzig

Dreiundzwanzig

Epilog

In eigener Sache

Eins

Noch eine Stunde bis zum Feierabend. Ich registrierte Olivers anzügliche Blicke vom gegenüberliegenden Schreibtisch und versuchte, die Welle der Erregung, die sie hervorriefen, zu verdrängen. Krampfhaft stierte ich auf meinen Bildschirm, aber die Gewissheit, weiter stumpfsinnige Zahlenkolonnen in den Computer hämmern zu müssen und nicht auf Olivers verheißungsvolle Anmache eingehen zu können, löste lähmende Müdigkeit aus.

Nebenan brüllte der Boss am Telefon irgendeinen Ersatzteillieferanten an, er schrie so laut, dass ich mich kaum konzentrieren konnte. Ich hasste den Kerl, er war einer von der ganz üblen Sorte, selbstgerecht  und ein fürchterlicher Choleriker. Aber was blieb mir weiter übrig, ich musste hier arbeiten. Dieser Job zahlte meine Miete und meine Lebensmittel, also machte ich ihn, obwohl ich gut darauf hätte verzichten können.

Die Tür zu unserem Büro flog auf und Norbert Hirsch, der Firmenchef und gleichzeitig Olivers Vater, kam hereingestürmt.

„Ich bin für heute weg, Kundentermin, bin für niemanden erreichbar.“

Noch bevor jemand von uns antworten konnte, war er wieder draußen und die Bürotür flog krachend hinter ihm ins Schloss. Ich konnte mir den ‚Kundentermin‘ um diese Zeit lebhaft vorstellen, der war garantiert platinblond, hatte ein Doppel- D- Körbchen und wartete an der Bar vom Eros- Center auf ihn. Hirsch war noch nicht richtig unten aus der Haustür, als Oliver aufsprang, um unsere Schreibtische herumlief und sich von hinten über mich beugte.

„Na endlich, ich hab es kaum noch ausgehalten.“

Er ließ eine Hand in meinen Ausschnitt gleiten und fuhr unter den Stoff meines BHs. Ich atmete tief ein, als seine Fingerspitze über meine Brustwarze strich und lehnte meinen Kopf zurück. Oliver beugte sich tiefer, knabberte an meinem Ohrläppchen und versenkte auch die andere Hand in meiner Bluse.

Er war ein hübscher Bengel, der äußerlich nicht viel mit seinem groben Vater gemein hatte, aber charakterlich auf dem besten Weg war, dem Alten Konkurrenz zu machen. Eigentlich war er viel zu jung für mich. Er studierte Betriebswirtschaft, machte gerade ein Praktikum hier in der Firma und hatte mich vom ersten Tag, an dem er da war, auf dem Radar gehabt. Warum ich mit ihm schlief, wusste ich nicht so richtig, wahrscheinlich fühlte ich mich geschmeichelt von seiner Aufmerksamkeit. Er sah blendend aus, aber eigentlich war er nicht mein Typ.

Ich gehörte nicht hierher, ich arbeitete für eine Agentur, die Aushilfsjobs vermittelte und war als Vertretung für Norbert Hirschs Sekretärin engagiert, die nach einem Verkehrsunfall im Krankenhaus lag und für mehrere Monate ausfallen würde. Dementsprechend stand ich auf dem letzten Platz in der Hackordnung. Der Alte hatte mich bereits am ersten Tag ziemlich unverblümt angegraben und behandelte mich, weil ich ihn genauso unverblümt abfahren ließ, seitdem wie den letzten Dreck.

Es war mir ein innerer Vorbeimarsch, gelegentlich mit seinem kostbaren Kronprinzen zu vögeln, zumal der kleine Oliver wirklich über einige Qualitäten verfügte. Naja, eigentlich war er ein versauter kleiner Dreckskerl, er experimentierte gern. Gewisse Dinge hatte ich mir aber gleich zu Anfang verbeten. Ich stand nicht auf Schmerz, mochte weder Handschellen, noch Schläge im Bett, daher war das Ende unserer gemeinsamen ‚Beziehung’ bereits absehbar. Außerdem ging er sowieso bald nach Chicago, um sein Studium dort fortzusetzen.

Wir hatten es noch nie im Büro getrieben, ich spürte, dass er erregter war als sonst. Er zog mich vom Stuhl und packte meinen Hintern, dann küsste er mich leidenschaftlich und fegte achtlos mit dem Unterarm die Papiere auf meinem Schreibtisch zur Seite. Ich stöhnte, nachher würde ich den ganzen Mist neu sortieren müssen, dann aber siegte die Lust, denn Oliver fackelte nicht lange, schob meinen Rock nach oben und brachte seine Hand auf die Zielgerade.

Er hob mich hoch und platzierte mich auf der Tischplatte. Ich kam mir ein bisschen vor wie in einem billigen Pornofilm, aber mittlerweile war ich ordentlich scharf und begierig darauf, dass er endlich loslegte. Ich genoss Olivers Küsse, umschlang seine Hüften mit meinen Beinen und spürte seine Härte, die sich gegen mich drängte. Ich ließ mich fallen und so bekam ich nicht mit, dass sich ein Schlüssel in der Bürotür drehte. Urplötzlich brach der Alte, der wahrscheinlich nur irgendetwas vergessen hatte, über uns herein und brüllte wie ein Berserker, als er uns sah. Wir stoben auseinander, als hätte er einen Eimer kaltes Wasser über uns ausgekippt. Mein Gott, war das peinlich, glücklicherweise war ich noch relativ vollständig bekleidet und mein Unterteil mit dem hochgeschobenen Rock wurde von den beiden Bildschirmen auf meinem Schreibtisch verdeckt. Allerdings war die Situation mehr als eindeutig und nicht zu verkennen.

Hirsch stürzte mit wutrotem Kopf und ausgestrecktem Zeigefinger auf mich zu.

„Raus hier“, brüllte er. „Verschwinden Sie auf der Stelle, Sie sind gefeuert.“

Ich starrte wie gebannt auf die dicke Ader, die bedrohlich an seiner Schläfe wuchs und kurz vor dem Platzen war. Seine Gesichtsfarbe war zwischenzeitlich zu dunkelviolett gewechselt und ein bisschen rechnete ich damit, dass er jeden Moment einem Herzinfarkt erliegen würde.

Oliver warf sich heldenhaft zwischen uns.

„Lass Maja in Ruhe, Vater“, rief er. „Wenn du sie rausschmeißt, gehe ich auch.“

Der Alte wandte seinen stechenden Blick von mir ab und seine Aufmerksamkeit seinem Sohn zu.

„Ach halt doch den Mund, Oliver. Bist du bescheuert? Merkst du nicht, was hier abläuft? Du willst gehen, weil ich eine dumme Tippse rausschmeiße?“

Er pflanzte sich vor mir auf und ich zuckte zusammen. Nicht, weil ich Angst vor ihm hatte, sondern weil er mit zunehmender Wut auch eine zunehmend feuchtere Aussprache bekam. Demonstrativ wischte ich mit dem Ärmel über meine Wange und starrte ihn herausfordernd an. Das gab ihm den Rest, er hob die Hand, als wolle er mich schlagen, beherrschte sich aber noch im letzten Moment.

„Sie glauben, Sie können sich ins gemachte Nest setzen, indem Sie sich meinen Sohn krallen? Das können Sie vergessen, Sie blöde Schlampe! Wie lange läuft das hier schon?“

Er erwartete nicht wirklich eine Antwort von mir, denn er brüllte gleich weiter.

„Ich werde mich offiziell bei Ihrer Firma beschweren, Sie sind erledigt, Frau Stern, das garantiere ich Ihnen.“

Olivers kleine Revolte war bereits beendet, das sah ich in seinen Augen. Er setzte sich wie ein geprügelter Hund zurück an seinen Schreibtisch und versteckte sich hinter dem Bildschirm. So viel zu ihm.

Ich, die blöde Tippsenschlampe, zog meine Klamotten glatt und schnappte meine Handtasche.

„Gemachtes Nest? Glauben Sie wirklich, dass ich scharf auf Ihre lausige Spedition bin?“ jetzt lachte ich lauthals. „Sie können sich Ihr gemachtes Nest ans Knie nageln und Ihren Sohn mit dazu.“

Ich verließ hoch erhobenen Hauptes den Ort des Grauens. Erst draußen, auf der Straße sackten meine Schultern herunter, ich hoffte inständig, nicht wirklich erledigt zu sein.

Auf dem Weg zur Straßenbahn versuchte ich, Manuel Wegner zu erreichen, meinen Boss bei der Vermittlungsagentur, allerdings bekam ich immer nur die Mailboxansage zu hören. Nach dem fünften Versuch klappte es endlich.

Manuels Begrüßung fiel grantiger als erwartet aus.

„Du brauchst mir nichts zu erzählen, Hirsch hat mich bereits informiert. Was hast du dir nur wieder geleistet, Maja!“

„Gar nichts hab ich mir geleistet“, ich gab mich unschuldig. „Hattest du noch nie einen kleinen Flirt im Büro? Meine Arbeit hat ganz sicher nicht drunter gelitten.“

„Kleiner Flirt? Hör bloß auf, bei ihm klang es, als hättest du es während der Arbeitszeit mit der gesamten Belegschaft getrieben. Ich will nichts mehr davon hören. Der Blödmann hat mir eben dermaßen ins Ohr gebrüllt, dass ich einen Tinitus bekommen habe.“

„Tut mir leid, echt“, ich gab mich betont kleinlaut. „Wird nicht wieder vorkommen, versprochen.“

„Das wird es auch nicht, weil ich dich nämlich rausschmeiße. Der Typ hat mir eine Klage angedroht, wenn ich ihm keinen Schadenersatz für die Zeit zahle, die du - und jetzt zitiere ich ihn - ‚verfickt hast, statt zu arbeiten‘. Ich hab echt die Nase voll von dir.“

Das Besetztzeichen tutete mir ins Ohr. Manuel hatte einfach aufgelegt. Jetzt wurde mir schon ein wenig komisch, so extrem hatte er noch nie reagiert. Ich kannte ihn schon ewig, er war mal der beste Freund meines großen Bruders gewesen und hatte sogar mehrere Jahre bei uns gewohnt. Ich arbeitete seit drei Jahren für ihn, immer zur Überbrückung, wenn ich gerade kein Engagement hatte.

Ok, ja, ich hatte wirklich ein paar Sachen  auf dem Kerbholz, zum Beispiel hatte ich der Frau eines Abteilungsleiters geraten, ihn in den Wind zu schießen, weil er eigentlich auf Männer stand. Ich hatte einer Kollegin Mundwasser und ein Deo mitgebracht, weil ich ihren penetranten Geruch nicht mehr ertrug und sich sonst niemand traute, etwas zu sagen. Ich hatte auch schon mal eine kurze, aber sehr leidenschaftliche Affäre mit dem etwas älteren, aber sehr attraktiven Geschäftsführer eines Verlags. Leider stand eines Tages unangemeldet seine halbwüchsige Tochter in der Tür und bekam einen Schreikrampf, als sie uns- glücklicherweise- nur beim Knutschen erwischte.Manuel hatte mich nach meinen Eskapaden jedes Mal ordentlich zusammengestaucht und für eine Weile ignoriert, aber trotzdem immer wieder angerufen und mich woanders hin geschickt. Diesmal war es anders, das spürte ich. Offenbar war mein Freundschaftsbonus bei ihm verbraucht. Wenn er mich wirklich feuerte, wurde es mehr als eng bei mir.

Ich war Schauspielerin, auch wenn ich das manchmal selbst nicht mehr glauben konnte. Ich spielte seit meiner Schulzeit Theater und arbeitete fast ausnahmslos an kleinen, alternativen Bühnen. Zu mehr hatte ich es leider nicht gebracht. Beim Film konnte ich, bis auf Statistenrollen, keinen Fuß in die Tür bekommen. Wenigstens kam ich ab und zu bei Werbespots unter und ich synchronisierte hin und wieder, aber leben konnte ich von alldem nicht.

Zugegeben, ein bisschen blauäugig war ich schon bei der Sache, denn ich hatte keine richtige Ausbildung, außer einem Computer- und Buchhaltungs- Crashkurs und meiner ‚überaus reichen‘ Lebenserfahrung konnte ich nichts vorweisen. Ich war weder erfolgreich, noch berühmt und ein Denkmal als Schauspielerin hatte ich mir auch nicht gesetzt, wenn man mal vom inoffiziellen Weltrekord als Besetzung von unbedeutenden Nebenrollen auf drittklassigen Hinterhofbühnen absah.

Ich war eine Schauspielerin unter den vielen, die irgendwie ihr Leben fristeten und sehen mussten, wie sie klarkamen.

Zur Zeit zehrte ich noch von einer kleinen Synchronrolle, ich durfte die Lila, eine lilafarbene Libelle in einer Zeichentrickserie sprechen. Das hatte riesen Spaß gemacht, mir ein paar Wochen Arbeit beschert und wurde ausnahmsweise mal richtig gut bezahlt. Ich hoffte auf eine zweite Staffel, glaubte aber nicht wirklich dran. Selbst wenn eine käme, bei meinem Glück würde die lila Libelle bestimmt gleich in der ersten Minute von einem fetten Frosch gefressen und mein Text würde sich auf ein knappes ‚Uups‘ beschränken.

Ich war auch noch die Stimme eines sprechenden Bio- Hundekuchens aus der Fernsehwerbung. Zum Glück wussten das nur wenige meiner Freunde, denn der Spot war so peinlich, dass ich niemandem davon erzählte.

Wenn ich frei war - und wie es aussah, war ich in Zukunft freier als mir lieb war - machte ich Straßentheater mit meinen Puppen. Leider hatten wir erst Mitte Januar und dieses Jahr schlug der Winter ziemlich heftig zu. Es herrschte eisige Kälte, so dass ich keine große Lust verspürte, mir in den Fußgängerzonen für ein paar Euro den Hintern abzufrieren.

Ich war mal wieder frei wie ein Vogel, kein Bürojob mehr, kein Engagement in Sicht, also blieb mir nur noch die Kneipe meines Kumpels Gregor, in der ich bei Gelegenheit kellnerte. Gregor gehörte ein schmales, altes Haus im Zentrum von Schöneberg. Im Erdgeschoss befand sich die Kneipe, gleich darüber Gregors Wohnung. Ich wohnte zur Miete unter dem Dach, hatte mir dort ein kuscheliges Nest eingerichtet, das aus zwei kleinen Zimmern, Küche, Bad und einem winzigen Dachbalkon bestand, auf dem ich mich im Sommer sonnen konnte, wie Gott mich geschaffen hatte.

Ich saß ziemlich ratlos mit einem Glas Rotwein auf meinem Sofa und zappte ziellos durch die Fernsehkanäle, als meine Freundin Jenny anrief.

„Kommst du nachher mit in den Turm?“, fragte sie. „Wir sind für eine andere Band eingesprungen, wenn du dabei bist, setze ich dich auf die VIP- Liste, dann musst du keinen Eintritt zahlen.“

VIP- Liste, zu komisch … Die VIP- Listen bei Jennys Auftritten mit ihrer Rockband waren die einzigen, auf die ich es jemals geschafft hatte. Ich sagte kurzentschlossen zu, alles war besser, als den Abend trübsalblasend allein zu Hause zu sitzen und über den Sinn des Lebens nachzugrübeln.

Zwei Stunden später tanzte ich mir mit Hilfe von Jennys Band und mehreren Wodka- Cola den Frust aus dem Leib. Der Turm war einer der beliebtesten Studentenclubs der Stadt, heute war es rappelvoll und ich hatte seit einiger Zeit ein Schoßhündchen an meinen Fersen kleben. Er suchte offensichtlich meine Nähe, tanzte schon eine ganze Weile neben mir und lud mich schließlich zu einem Drink ein, den ich aber dankend ablehnte.

Irgendwie schien ich in letzter Zeit nur noch Bubis anzuziehen. Obwohl, Oliver aus meiner nunmehr Ex- Firma war zwar vier Jahre jünger als ich, aber definitiv kein Mann von der Bubi- Sorte. Der hier, der um mich herumschwänzelte wie ein ausgehungerter Straßenköter, war vielleicht zwanzig und ziemlich niedlich, gehörte aber definitiv noch ein paar Jahre auf die Weide. Vielleicht hatte er ja eine Wette mit seinen Freuden laufen, eine ältere Frau abzuschleppen. Obwohl- ältere Frau wollte ich in meinem Zusammenhang auch nicht hören, ich war schließlich noch keine dreißig. Betonung lag leider auf dem ‚noch‘, denn obwohl zwischen heute und diesem schicksalsträchtigen Tag fast noch ein ganzes Jahr lag, fürchtete ich, das die Zeit bis zum meinem Geburtstag Ende November schneller vergehen würde, als mir lieb war.

Ich versuchte also, den jungen Fiffi loszuwerden, was mir auch irgendwann gelang, aber als ich nach Ende des Gigs mit Jenny und den Jungs von der Band an der Bar abhing, stand er plötzlich wieder da, behauptete, ebenfalls Musiker zu sein und bombardierte die Jungs mit endlosen Fragen.

Ich hatte es indessen erfolgreich geschafft, meinen Frust im Alkohol zu ertränken und verspürte benebelt das dringende Bedürfnis nach menschlicher Nähe. Ich lehnte mich an den erstbesten, der neben mir stand und schloss die Augen …

Zwei

Die Bewegung einer warmen Hand weckte mich. Sie schob sich langsam von meiner Brust zum Bauch hinunter und blieb dort liegen. Normalerweise hätte ich die Berührung genossen und mich in der Hoffnung, dass die Hand tiefer wandert, ein bisschen hin und her bewegt, aber im Moment lag das Ding wie ein Bleigewicht auf meiner zum Platzen gefüllten Blase.

Mir war so schlecht! Mein Versuch, die Augen zu öffnen, misslang. Es schien, als hätte mir jemand Blei auf die Lider gegossen, sie wollten sich einfach nicht bewegen. Mein Kopf schien doppelt so groß wie sonst zu sein und brummte erbärmlich.

Mühsam zwang ich die Augen auf und fand mich in einem fremden Raum, in einem fremden Bett, in Löffelchenstellung mit Gott weiß wem. Vorsichtig versuchte ich, die schwere Hand von mir zu schieben, doch das Einzige, was ich erreichte war, dass die Hand wieder meine Brust umfasste und ‚wer auch immer’ mir seinen halberigierten Penis gegen den nackten Hintern drückte.

In meinem Kopf drehte sich alles. Ich musste wirklich dringend aufs Klo, mein Bauch tat schon richtig weh, aber ich wollte auf keinen Fall riskieren, meinen ‚Hintermann‘ zu wecken. Ich ruckelte vorsichtig im Bett herum, und ‚Er‘ bewegte sich tatsächlich, murmelte etwas Unverständliches und drehte sich auf den Rücken. Ich war frei! Langsam rappelte ich mich hoch, stützte meinen schmerzenden Kopf mit den Händen und besah mir den Typen, der schlafend neben mir lag. Er kam mir irgendwie bekannt vor, aber ich hatte keinen blassen Schimmer, wer er war. Wie ich in seinem Bett gelandet war, entzog sich ebenfalls meiner Kenntnis. Ich sah blonde, zerwühlte Haare, nicht sonderlich breite Schultern und einen sommersprossigen Arm, der locker auf der Decke lag. Nach einem erneuten Blick in sein Gesicht schloss ich entsetzt die Augen wieder und wünschte, ich wäre woanders.  Natürlich, der Bubi von gestern, der Jungspund, der mir nicht von der Pelle gewichen war. Oh Mann, mit mir wurde es echt immer schlimmer!

Ganz langsam kam mein Hirn in Schwung und die  Erinnerung an gestern Abend zurück. Mir fiel ein, dass er Florian hieß und Schlagzeuger war, was aufgrund des Schlagzeuges, das drüben unter dem Fenster stand, wohl auch stimmte. Ich unterdrückte ein Stöhnen, dann verließ ich so vorsichtig wie möglich das Bett und suchte nach meinen Sachen. Es musste wild hergegangen sein vergangene Nacht, wir hatten eine Klamottenspur quer durch den ganzen Raum gelegt. Wider Willen musste ich grinsen, das alles war völlig irrwitzig, da hatte ich mal echtes, unverdorbenes  Frischfleisch im Bett gehabt und konnte mich an rein gar nichts erinnern.

Bei dem Versuch, meine Kleidungsstücke einzusammeln, drehte sich das gesamte Zimmer um mich. Ich unterdrückte mühsam einen Brechreiz, zog mich, so schnell es mein Zustand zuließ, an und verließ leise das Zimmer. Der Typ schlief wie ein Stein, glücklicherweise.

Ich fand mich in einer großen Diele wieder, von der mehrere Türen abgingen. Zum Teufel, wo war das Klo? Alle Türen sahen gleich aus, ich konnte doch nicht eine nach der anderen öffnen um nachzusehen, wo das Bad war.

Ich drehte mich ratlos um die eigene Achse und stieß einen Fluch aus, denn der Flur bewegte sich in verschwommenen Wellen mit mir. Dann hörte ich einen Schlüssel klappern und ein ziemlich großes, dünnes Mädchen mit raspelkurzen Haaren und runder Nickelbrille betrat die Wohnung. Auch sie war höchstens zwanzig, ihr fades Gesicht hätte ein Pfund Farbe vertragen können und zum Lachen ging sie sicher in den Keller. Sie musterte mich herablassend von oben bis unten und quetschte ein:

„Na Mahlzeit, gut geschlafen?“, zwischen ihren blassen Lippen hervor.

Ich versuchte ein Lächeln, was aber nicht so recht gelang.

„Badezimmer?“, fragte ich knapp. Die Dünne lehnte sich an die Garderobe und wies hämisch grinsend auf eine der Türen.

„Schon ein toller Hecht, unser Flori“, sagte sie abfällig. Sie ging mir auf die Nerven

„Neidisch?“, ich konnte einfach nicht anders. Das:

‚Im Gegensatz zu dir hatte ich heute Nacht einen Kerl im Bett und du hast sicher schon Spinnweben zwischen den Beinen‘, verkniff ich mir gerade noch so. Aber diese halbvertrocknete Trulla hatte etwas an sich, dass mich wütend machte.

Der Dünnen klappte die Kinnlade herunter, ich verzog mich ins Bad und riegelte mich vorsichtshalber ein. Wäre meine schmerzende Blase nicht gewesen, hätte ich die Wohnung längst fluchtartig verlassen. Hoffentlich wachte ‚Flori ‘ nicht auch noch auf, ich wollte so schnell wie möglich aus dem Kindergarten hier verschwinden.

Ich schleppte mich zur Toilette und war erleichtert, als der Druck aus meinem Bauch verschwand. Danach warf ich einen vorsichtigen Blick in den Spiegel und verdrehte angewidert  die Augen. Meine Wimperntusche hatte sich über das halbe Gesicht verteilt und sich besonders in den zahlreichen Knitterfalten, die das Kissen auf meinen Wangen hinterlassen hatte, angesammelt. Mein Haar war durcheinander und verknotet und stand in alle Himmelsrichtungen ab. Kein Wunder, dass die Bohnenstange so gegrinst hatte.

Nach einem halbherzigen Versuch, mein Haar durchzukämmen, band ich es schließlich zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammen und wischte mein verschmiertes Make- up weg. Ich klatschte mir einen Schwall kaltes Wasser ins Gesicht und trank die halbe Wasserleitung leer. Was hatte ich gestern bloß alles in mich hineingeschüttet? Einen solchen Kater hatte ich schon Jahre nicht mehr gehabt.

Ich lehnte den Kopf gegen die Tür und lauschte. Auf dem Flur war alles ruhig, offenbar hatte sich die große Dürre verzogen. Was für ein Wortspiel! Ich schlüpfte in meine Jacke, wickelte mir meinen dicken Schal um den Hals und das halbe Gesicht, dann machte ich die Tür auf … Durchmarsch und nichts wie weg. Gottseidank, es gab kein Publikum mehr zwischen mir und der Straße.

Draußen versuchte ich, mich zu orientieren. Die Straße kam mir bekannt vor, ein Stück weiter vorn befand sich eine S- Bahnstation, und ich wusste jetzt, dass ich in Kreuzberg gelandet war. Ich lief ein Stück, die klare, kalte Luft tat meinem Kopf gut, die Übelkeit ließ ein wenig nach, aber ich sehnte mich nach einem starken Kaffee, einer Großpackung Kopfschmerztabletten und meinem Bett. Ich schaltete mein Handy ein und bestellte ein Taxi. Bis nach Hause zu laufen, wäre in meinem Zustand Mord gewesen und allein die Vorstellung, mich in die muffige, überfüllte Bahn quetschen zu müssen, verursachte neuen Brechreiz.

Angelehnt an einen Laternenmast wartete ich auf das Taxi und erhielt postwendend ein eindeutiges Angebot von einem feisten Typen jenseits der fünfzig.

„Sehe ich aus wie eine Bordsteinschwalbe?“, fauchte ich ihn an. „Hau bloß ab!“

Der Kerl pflaumte etwas zurück, das wie ‚blöde Schlampe’ klang, zeigte mir den Mittelfinger und ging seiner Wege.

Naja, ich glaube nicht, dass man mich mit einer Bordsteinschwalbe verwechseln könnte. Ich bin normalerweise weder besonders aufreizend geschminkt, noch ziehe ich mich übermäßig sexy an. Ich bin relativ groß, fast einen Meter achtzig und trage aus diesem Grund meistens flache, bequeme Schuhe.

Meine Freunde sagen, dass ich gut aussehe und ich denke, dass sie recht haben. Obwohl ich finde, dass meine Nase zu groß ist, meine Augen zu weit auseinander stehen und meine Haare einfach … na reden wir nicht weiter drüber. Ich habe eine regelrechte Hassliebe für meine dicken, rotblonden Naturlocken, die sich bei jedem noch so kleinen Anflug von Feuchtigkeit zu einer undefinierbaren krausen Masse zusammenballen. Ich fechte einen stetigen Kampf mit meiner Frisur aus und man sagt mir nach, dass mein Temperament manchmal ebenso schwer zu bändigen ist wie mein Haar.

Ich sah das Taxi heranfahren, löste mich vom Laternenpfahl und winkte. Eigentlich konnte ich mir diese Taxifahrt überhaupt nicht leisten, aber scheiß drauf. Der Fahrer beobachtete mich im Rückspiegel und versuchte, mir ein Gespräch über das Wetter, den nicht enden wollenden Winter und die katastrophalen Straßenverhältnisse aufzudrängen. Abwesend nickte ich, murmelte gelegentlich ein „Ja“ oder „Genau“, ich ließ den Redeschwall an mir vorbeirauschen und konzentrierte mich darauf, meinen Mageninhalt bei mir zu behalten. Glücklicherweise waren die Straßen frei und ich kurze Zeit später zu Hause.

„Maja, gut dass du kommst“, Gregor, der Kneipenwirt, kam die Kellertreppe heraufgeflitzt, kaum dass ich die Haustür geschlossen hatte.

„Ist was passiert?“, fragte ich erschrocken.

„Rohrbruch, der Keller steht unter Wasser. Das Wasser muss schon ziemlich lange gelaufen sein, ehe wir es bemerkt haben. Der Klempner ist da und wechselt das Rohr aus,  aber unten ist alles komplett abgesoffen.“

Erst jetzt fiel mir auf, dass Gregor Gummistiefel trug und seine Klamotten völlig durchnässt waren. Mein Magen krampfte sich zusammen, meine Bühnenkostüme, die ich zum Teil offiziell bekommen und zum Teil aus sentimentalen Gründen einfach geklaut hatte, lagerten im Keller in einer großen Kiste neben jeder Menge Theaterschnickschnack und meinen heißgeliebten Puppen, mit denen ich im Sommer auftrat.

Kopfschmerzen und Müdigkeit waren schlagartig vergessen. Ich warf meinen Rucksack in die Ecke und rannte in den Keller hinunter. Der Schaden war immens. Bereits auf den letzten Stufen der Treppe schwappte mir Wasser über die Füße und drang in meine Schuhe. Im Gang stand es mindestens knietief. Egal, ich musste sehen, was aus meinem Kram geworden war und retten, was zu retten ging.

Unten versuchte meine Freundin Jenny, die seit einer Weile mit Gregor liiert war, vergeblich, das Wasser mit Eimern durch das Kellerfenster hinauszubefördern.

„Wir sollten die Feuerwehr rufen, zum Auspumpen“, sagte sie. „Das kriegen wir allein nie trocken.“

Ich lief an ihr vorbei zu meinem Kellerraum. Die vage Hoffnung, dass die schwere Kellertür das Wasser aufgehalten haben könnte, bestätigte sich leider nicht. Der Raum war genauso überschwemmt wie der Rest des Kellers, alle Kisten vollgelaufen. Die Kostüme hatten sich mit der graubraunen Brühe, die durch den Keller waberte, vollgesogen und meine Holzpuppen schwammen mir, inmitten von anderem Theatertand,  fröhlich um die Beine herum.

„Scheiße, scheiße, scheiße“, wütend stampfte ich mit dem Fuß auf, was aber nur bewirkte, dass mir ein Schwapp eisiges, schmutziges Wasser ins Gesicht spritzte. Ich angelte Paul, meine Lieblingsmarionette, aus dem Durcheinander. Der Gute begann bereits, in seine Einzelteile zu zerfallen. Der Leim, der ihn zusammenhielt, hatte sich aufgelöst und sein Kopf war aufgequollen. Die anderen Puppen sahen noch schlimmer aus. Ich unterdrückte das Bedürfnis, laut zu schreien.

Ok, das Zeug, das ich hier aufbewahrt hatte, war nicht viel wert, aber mein Herz hing  dran. Hier lagerten meine unerfüllten Träume und Wünsche. War die Überschwemmung vielleicht ein Wink des Schicksals, meinem Leben eine andere Richtung zu geben?

Von oben drangen Sirenenklänge in den Keller. Jenny hatte wirklich die Feuerwehr gerufen. Jetzt ging es Schlag auf Schlag. Schläuche wurden ausgerollt, Pumpen hinuntergebracht und die Männer machten sich ans Werk.

Ich ging frustriert in meine Wohnung hinauf, um trockene Sachen anzuziehen. Am liebsten hätte ich mich sofort ins Bett gelegt. Das kalte Wasser hatte mich ausgekühlt, ich fror wie ein Schneider und zitterte am ganzen Körper. Dazu kam noch der Kater von gestern, der die Sache nicht besser machte.

Ich wärmte mich unter der Dusche auf, zog dann einen dicken Strickpullover an und suchte warme Socken heraus, schluckte ein paar Kopfschmerztabletten und lief wieder hinunter. Ich wagte noch einmal einen Blick in den Keller, aber dort schien mittlerweile alles seinen Gang zu gehen.

„Darf ich mal?“, hörte ich plötzlich eine tiefe, überaus sexy klingende Stimme hinter mir sagen. Sie gehörte zu einem der Feuerwehrmänner und als ich mich umdrehte, stellte ich fest, dass ein Riese mit mir sprach. Ich presste mich mit dem Rücken gegen die Wand, damit er durch konnte. Er quetschte sich auf der engen Kellertreppe an mir vorbei und musterte mich dabei aus strahlend  blauen Augen. Ein guter Meter fünfundneunzig mit ordentlich breiten Schultern sah auf mich herab, unter dem übergroßen Helm entdeckte ich ein gut geschnittenes Gesicht. Nicht zu fassen, vor mir stand tatsächlich mal ein Mann, zu dem ich aufsehen musste und der kein dürrer, komischer Vogel war.

Er streifte mich leicht mit seinem Körper und ich feuchtete instinktiv meine Lippen mit der Zunge an. Als ich die Hand hob, um durch meine Haare zu fahren, wurde mir bewusst, was ich da tat. Machte ich tatsächlich gerade einen Feuerwehrmann an? Schnell ließ ich die Hand wieder sinken und flitzte die Treppe hinauf. Ich hatte im Moment wirklich andere Sorgen!

Oben, an der Kellertür drehte ich mich noch einmal um. Der Typ stand noch immer da und sah mir nach. Er grinste, tippte mit zwei Fingern gegen den Helm und lief hinunter in den Keller.

Die Kneipe war noch geschlossen. Ich ging durch den Hintereingang im Treppenhaus hinein und stellte den Kaffeeautomaten an. Was ich brauchte, war ein vierstöckiger Espresso, mindestens. Damit setzte ich mich an einen der Tische und versuchte, mich von meinen Kopfschmerzen abzulenken. Hoffentlich wirkten die blöden Tabletten bald! Ich legte den Kopf auf die Arme, machte die Augen zu und dämmerte nach einer Weile weg.

Nach einer halben Ewigkeit war endlich das Wasser aus dem Keller und Gregor kam mit den Feuerwehrleuten im Schlepptau auf einen schnellen Kaffee nach oben. Ich setzte mich auf und rieb mir die brennenden Augen.

Als letzter betrat der Riese den Gastraum, nahm den Helm ab und legte ihn neben der Tür auf den Boden. Ich sah nach hinten gekämmtes und zu einem dicken Pferdeschwanz zusammengebundenes, dunkelblondes Haar. Ein paar Strähnen hatten sich gelöst, hingen ihm ins Gesicht und gaben ihm etwas hinreißend Verwegenes. Er suchte Blickkontakt mit mir, ließ mich auch dann nicht aus den Augen, als er längst mit seinen Kollegen am Tisch saß.

Jenny wuselte zwischen den Männern herum. Die geballte Ladung Testosteron machte sie völlig wuschig. Gregor blieb grinsend in der Tür stehen, offensichtlich amüsiert über seine hyperaktive Liebste, dann bedankte er sich bei den Feuerwehrleuten, nahm Jenny an die Hand und beförderte sie nach oben. Die beiden mussten dringend aus ihren nassen Klamotten. Also blieb es mir überlassen, mich um die Feuerwehrleute zu kümmern. Ich stellte jedem einen Becher Kaffee hin, verdrückte mich hinter die Theke und wischte die eigentlich blitzsauberen Oberflächen ab.

Die Männer redeten laut und durcheinander, doch der Riese hielt sich raus. Er trank ruhig seinen Kaffee, sagte nicht viel, sah mich aber immer wieder an. Ich hielt seinem Blick stand, dann erkundete ich sein Gesicht. Mir gefiel, was ich sah und ich verlor mich ein bisschen in seinen blauen Augen mit den gut geformten, dichten Augenbrauen. Er hatte volle, sinnliche Lippen, ein kantiges Kinn und trotz seiner blonden Haare zeichnete sich ein dunkler Bartschatten auf seinen Wangen ab.

Einer der Feuerwehrmänner hatte einen Witz gerissen, die Männer lachten dröhnend und ich lachte mit, obwohl ich nicht im Geringsten mitbekommen hatte, um was es ging. Ich löste meinen Blick von dem Riesen und spülte den vollkommen sauberen  Wischlappen aus. Er sah wirklich umwerfend aus. Vor allem vermittelte er den Eindruck, über allem zu stehen, alles im Griff zu haben, ganz im Gegensatz zu mir. Wie er wohl unter der unförmigen Schutzkleidung aussah? Bei der Vorstellung, seinen großen und garantiert muskulösen Körper zu berühren, schloss ich die Augen und genoss den wohligen Schauer, der mir den Rücken hinunterlief.

Nach zwanzig Minuten und ohne ein weiteres Wort mit mir gewechselt zu haben, sah der Riese auf seine Uhr, rief zum Aufbruch und die Männer verabschiedeten sich von mir. Er blieb an der Theke stehen, stütze die Arme darauf und fixierte mich aus scharfen Adleraugen.

„Danke für den Kaffee, das war jetzt genau richtig“, seine Stimme durchdrang mich, kitzelte in meinem Bauch und ohne es beeinflussen zu können, lächelte ich ihn an. Er lächelte zurück und sagte gerade heraus:

„Wir sollten uns mal auf einen Drink treffen, findest du nicht? Heute Abend vielleicht?“

„Heute ist es schlecht“, antwortete ich.

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