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Diese Geschichte wurde entnommen aus dem Band «Samtene Nächte». Verführerisch. Ihr Herz gehört der Kunst. Mit Leidenschaft betreibt Jessica ein eigenes kleines Theater. Was niemand weiß: Von ihrer Wohnung kann sie den Probenraum beobachten, wo sich die jungen Darsteller nicht selten heimlich ein Stelldichein geben. Ein junger geschmeidiger Tänzer ist Jessica besonders aufgefallen ... Ob er an diesem Tag wieder die kleine Dunkelhaarige mitbringt? In Aveleen Avides prickelnden Erzählungen nehmen sich Frauen, was sie begehren.
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Seitenzahl: 23
Aveleen Avide
Lockende Versuchung
Jessica gehörte ein kleines, aber feines Theater in Köln. Es war ihres, und nur das zählte für sie. Ihre spezielle Liebe galt dem experimentellen Theater, und deshalb war ihr Programm kunterbunt gemixt.
Jeder kannte das Freie Theater, und es hatte bereits fünfundzwanzig Jahre überstanden, eine lange Zeit in dieser so unsicheren Branche.
Jessicas Herz gehörte der Kunst.
Leider hatte sie selbst keinen Funken Talent für die Bühne, auch wenn sie es gerne gehabt hätte. Allerdings war ihr eines schon immer klargewesen: Wollte sie im Theater etwas erreichen, dann sicherlich nicht auf der Bühne, denn ihr lag mehr das Organisatorische, die Motivation, der Blick für das Ganze, und das war eindeutig eine Begabung, die hinter den Kulissen gefragt war. Und so hatte sie nach und nach genügend Geld zur Seite gelegt, damit sie ihr Freies Theater eröffnen konnte – ihren Lebenstraum.
Meist traten Darsteller auf, die ganz am Anfang standen, Darsteller, die noch von der großen Karriere träumten, daran glaubten, dass genau auf sie einmal die Scheinwerfer großer Bühnen gerichtet sein würden. Die meisten von ihnen waren gute Künstler, manche auch sehr gute, und dennoch mussten sie sich meistens mit allerlei Nebenjobs herumschlagen.
Weil sie so notorisch knapp bei Kasse waren, brauchte Jessica sich nicht um Reinigungspersonal zu sorgen, denn unter ihren Darstellern und Darstellerinnen fand sich immer jemand, der sich auch fürs Putzen nicht zu schade war, wenn er sich damit ein bisschen was dazuverdienen konnte.
Jessica war eine Frau, die Schludrigkeit nicht ausstehen konnte. Künstler waren eine besondere Spezies, und für die schnöden Arbeiten des Lebens waren sie meist nicht besonders geeignet. Wenn allerdings ein Künstler bei Jessica putzte, dann hatte trotzdem alles blitzsauber zu sein.
Künstler hin oder her.
War das nicht der Fall, oder konnte sie sich auf jemanden nicht verlassen, war es kein Problem für sie, einen anderen für diese Aufgabe zu finden. Schließlich warteten genug hungrige Mäuler auf eine zusätzliche Bezahlung. Das hatte sich herumgesprochen, und so versuchten alle, es Jessica recht zu machen.
Für Jessica stellten Kunst und Sauberkeit keinen Widerspruch dar, schließlich sollte alles zusammen ein schönes Bild ergeben, wenn die Gäste ihr gutes Geld für die Vorstellung ausgaben. Da sollte nicht ein benutztes Taschentuch herumliegen oder schmierige Fingerabdrücke die Klappsitze verunstalten.
Derzeit zeigten sie im Freien Theater Tanzszenen, die an Tänze afrikanischer Stämme erinnerten, mit vielen Trommeln, Bongos und was sonst noch dazugehörte. Wenn die Tänzer einer Ekstase gleich über die Bühne wirbelten, dann war es um die Zuschauer geschehen. An dieser Stelle gab es immer brandenden Applaus.
Einer der Tänzer, Fred, der schon seit seiner Geburt in Köln lebte, hatte es Jessica ganz besonders angetan. Er war ihr ganz persönlicher Star in dieser Saison und das gleich in mehrerlei Hinsicht.