Maddrax 443 - Jo Zybell - E-Book

Maddrax 443 E-Book

Jo Zybell

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Beschreibung

Auf ihrem Weg über den Dunkelmond geraten Matthew, Aruula und Xaana an eine ganz spezielle Volksgruppe der Messisanern. Sie nennen sich selbst die "Erleuchteten" und leben im Licht, obwohl es ihre Körper auszehrt. Also kleiden sie sich in Aluminium und schotten sich von der restlichen Welt ab, in dem festen Glauben, dunkle Verschwörer würden ihre Hirne rauben, den Himmel mit Streifen vergiften und sie aus einer Hohlwelt heraus belauern. Die drei Gefährten könnten über derlei Theorien ja herzlich lachen - wenn die Sache nicht so tödlich ernst wäre...

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Seitenzahl: 146

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Inhalt

Cover

Impressum

Hilfreiche Links

Was bisher geschah …

Die Erleuchteten

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Néstor Taylor/Bassols

Autor: Jo Zybell

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4207-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

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Serie

Covermaler/in

Autor/in

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ihre Achse verschiebt sich und ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, dessen Staffel durch ein Zeitphänomen ins Jahr 2516 versetzt wird. Nach dem Absturz retten ihn Barbaren, die ihn „Maddrax“ nennen. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, auf einen von zwanzig Monden um einen Ringplaneten versetzt werden.

Auf dem Mond Terminus lässt sie ein Psi-Feld ihr früheres Leben vergessen. Unterwegs zum Turm der Initiatoren, den Herren des Systems, geraten Matt und Aruula in einem unterirdischen Kerker an das mächtige Volk der Saven und befreien sie unfreiwillig, bevor sie zum Wassermond Aquus geschickt, wo sie zusammen mit dem Dreen Mi-Ruut auf die Hydree treffen. Diese Fischwesen geben Matt und Aruula ihre Erinnerungen zurück. Sie reisen zum Mond Binaar weiter, einem Ort, an dem nur künstliche Wesen leben. Die Renegaten wollen von hier fliehen und lösen einen ganzen Stadtteil – Exxus – aus Binaar. Matt und Aruula reisen mit, aber auch ihr Erzfeind Jacob Smythe und ein Initiator in einem Avatar. Smythe erlangt die Kontrolle über den Zentralrechner und ändert den Kurs auf den Ringplaneten. Doch dann läuft alles schief: Smythe stürzt in einen Schacht, und bevor die Exxus mit dem Planetenring kollidiert, zwingt der Initiator die Menschen in ein Fluchtshuttle, das aber ins Schwerefeld des Mondes Botan gerät.

Nach dem Absturz treffen Matt und Aruula auf die Polatai: Molchwesen, die hier für die Initiatoren tätig sind. Die Natur ist krank, Faulzonen breiten sich aus! Der Geist Botans versucht Matt und Aruula zu assimilieren, was Mi-Ruut, der wieder zu ihnen stößt, verhindern kann. Sie finden Xaana in einem Kokon. Als sich die Krankheit über ganz Botan verbreitet, setzen die Initiatoren in ihrer Not die auf Terminus festsitzenden Saven ein. Plagmal und Kurzmüh heilen zwar Botan, versuchen aber den Geist zu übernehmen – was letztlich misslingt. Botan vereinnahmt die Saven und erlaubt den Gefährten die Rückkehr nach Aquus. Xaana erhält dort ihre Erinnerung zurück. Sie finden ein legendäres Beiboot der ersten Hydree, mit dem Matt, Aruula und Xaana Aquus verlassen, um die Initiatoren auf dem Mond Messis zu treffen. Dort erwartet sie eine Delegation aus drei Avataren – die aber von den Kontras von der Leitstelle getrennt werden, bevor der Kontakt zustande kommt. Dafür haben unsere Freunde jetzt ein Problem, denn die Einheimischen glauben, sie hätten die drei ermordet! Sie flüchten und suchen nach dem Transferturm des Mondes, während ein Kontra einen der „toten“ Avatare kapert und ihnen folgt, um sie über die wahren Pläne seines Volkes zu unterrichten. Doch kurz bevor er die Menschen erreicht, stoppen ihn drei Initiatoren, die körperlich nach Messis kamen und nun statt seiner die Verfolgung fortsetzen …

Die Erleuchteten

von Jo Zybell

Sie hoben ihre schuppigen Schädel und spähten zwischen Dornengestrüpp hindurch auf den Acker. Dort wühlten Feldarbeiter in der Erde, gruben Krummäpfel aus und warfen die Wurzelknollen auf einen Wagen. Drumb zählte fünfzehn Dörfler, mehr als die Hälfte Frauen. Er drehte sich zu seinen Missionaren um. „Was seht ihr?“

Die meisten zuckten mit den Schultern. „Messisaner“, sagte ein kleiner bulliger Bursche namens Puudin.

„Falsch!“, fauchte Drumb und bleckte sein Gebiss. „Grausame Hominiden sind das! Sie tarnen sich, um uns so effektiv wie möglich auszurotten!“ Einer nach dem anderen nickte, Puudin am heftigsten. „Töten wir sie also, bevor sie uns töten!“

Drumb zog seine Lanze aus der Rückenschlaufe und erhob sich aus seiner Deckung. „Habt keine Angst, folgt mir einfach. Das Heilige Licht wird mit uns sein.“ Er trat auf den Acker und stapfte hinüber zu den Dörflern. Seine Missionare schlossen sich ihm nach und nach an.

Die ersten Erntearbeiter bemerkten den Trupp, richteten sich auf und blickten ihnen entgegen. Einige winkten, andere lachten und entboten Segensgrüße. „Wie schön!“, rief eine alte Frau. „Wir bekommen Besuch! Wollt ihr uns bei der Ernte helfen?“

„Lasst euch nicht täuschen!“, zischte Drumb. „Nicht von ihrem Grinsen, nicht von ihren wohlgesetzten Worten.“

Rechts und links von ihm nickten sie stumm. „Uns täuscht so schnell keiner“, erklang Puudins raue, grollende Stimme. „Mich jedenfalls nicht.“ Einer nach dem anderen zog Lanze und Blasrohr.

„Willkommen!“ Die Alte ging zum Wagen, griff hinein und kam ihnen mit zwei Händen voller Krummäpfel entgegen. „Schaut nur, wie prächtig die Erdfrüchte aussehen. Ich schenke sie euch.“

„Lachen wie wir und sprechen wie wir, diese grausamen Monster.“ Drumb flüsterte nur noch. „Sehen aus wie wir, benehmen sich wie wir. Und genau das macht sie so gefährlich.“

„Verflucht gefährlich“, stimmte der muskelbepackte Puudin heiser zu. „Sie breiten sich auf ganz Messis aus, diese hominiden Monster. Gerade so, als wären sie welche von uns.“

„So ist es, mein Freund“ Die Nähe seines stärksten und mutigsten Missionars gab Drumb zusätzliche Sicherheit. „Und eines Tages lassen sie die Maske fallen und zeigen ihre grässliche Hominidenfratze.“

Die Alte blieb vor ihm stehen. „Steckt doch eure Waffen weg“, sagte sie kopfschüttelnd. Sie hatte wohl in ihm den Anführer erkannt. „Vor uns braucht ihr nun wirklich keine Angst zu haben.“

Drumb und Puudin wechselten entschlossene Blicke. Über die Schulter blickte Drumb hinter sich. Einige Missionare senkten ihre Blasrohre oder Lanzen. „Stark bleiben!“, zischte er. „Bloß nicht täuschen lassen!“

„Oder habt ihr etwa Angst vor der Arbeit?“ Die Alte lachte, und die Bauern, die ihren Scherz gehört hatten, lachten auch. „Du siehst nicht gerade glücklich aus, Bruder.“ Sie reichte Drumb die erdigen Wurzelknollen. „Nimm schon. Wird dich trösten.“

„Merkt ihr es?“ Drumb sah ihr scharf in die Augen, sprach aber dabei mit seinen Missionaren. „Spürt ihr die verführerische Kraft dieser Ungeheuer?“ Die Frau runzelte ihre schuppige graue Stirn und drückte die Wurzelknollen an die Brust. „Brauchen wir noch mehr Beweise?“

„Nein!“, schrie Puudin, sprang die Frau an und rammte ihr seine Lanze in den Bauch. Die alte Messisanerin brach zusammen und wälzte sich brüllend auf dem Acker.

Puudin sprang über sie hinweg, winkte den anderen Missionaren. Einige schoben bereits Giftpfeile in ihre Blasrohre. In geschlossener Angriffsreihe rückten sie gegen die Erntearbeiter vor.

„Denkt daran!“, rief Drumb. „Was ihr tut, das tut ihr für das Wohl der Lichtsiedlung, für das Wohl eurer Frauen und Kinder! Das tut ihr zum Heil von ganz Messis!“

Die Lanze zum Stoß erhoben, stürmte auch er unter die Erntearbeiter.

Der alte Diener wuchtete die Kiste mit Bylles Kleidern und den Geschenken für Vater und Schwester auf die Schulter. Schnaufend schleppte er das Gepäck aus dem Rundhaus. Sein Körper mochte krumm, seine Schuppen schon grau und stumpf sein – Kraft hatte er noch wie ein junger Messisaner.

Durchs Fenster hindurch beobachtete Bylle, wie er die Kiste in den Karren zu dem Sack mit den frischen Krummäpfeln lud. Der Alte wollte es sich nicht nehmen lassen, ihr den Wagen persönlich nach Shwuub’la ziehen. Treuer Diener!

Shwuub’la – so nannte man in den Siedlungen der Zwielichtzone die Lichtsiedlung.

Bylle ging zum Spiegel, öffnete ihre Schminktruhe und begann die Schuppen um Augen- und Rachenpartie zu färben. Sie schminkte sich sorgfältig. Vor allem Blau und Weiß trug sie auf, die Farben des Friedens und der Versöhnung.

Zwar hatte sie wenig Hoffnung, sich mit ihrem Vater versöhnen, geschweige denn ihn von seinem Wahnsinn retten zu können, doch ihre geliebte Zwillingsschwester Clyton hatte sie noch lange nicht aufgegeben. Wenn jemand noch zu retten war, dann Clyton. War sie doch genauso klug, genauso mutig und stark wie sie selbst. Und deswegen hatte Bylle sich entschlossen, es noch einmal zu versuchen, noch einmal mit ihr zu sprechen.

Es konnte doch nicht sein, dass eine wie Clyton diesen ganzen Erleuchtungsschwachsinn nicht irgendwann durchschaute!

Bylle tunkte die Schminkpinsel ins blaue Farbtöpfchen und beugte sich zum Spiegel vor. Rund um den Rachen wollte sie heute fast gänzlich Blau auftragen, nur die beiden Schuppen hinter den Lefzen sollten weiß geschminkt werden. Ob Clyton sich noch immer gelb schminkte? Sie hatte gehört, dass Schminken in Shwuub’la inzwischen verboten war, weil behauptet wurde, die Oberen würden Giftstoffe in die Pulver mischen. Unvorstellbar!

Aus demselben Ei geschlüpft waren Clyton und sie, waren ein Herz und eine Seele gewesen – fast ihr ganzes Leben lang. Sogar noch während der ersten Zeit, als sie, Bylle, hierher zu ihrem Gefährten nach Bieevelt gezogen war. Wie gut hatten sie da noch miteinander lachen können!

Doch dann war auch die arme Clyton nach und nach ein Opfer dieses unbegreiflichen Fanatismus geworden, der ihre Siedlungsgenossen erfasst hatte. Sogar das lebensfreundliche Zwielicht hatte sie mit all den Schwachköpfen verlassen!

„Erleuchtete“ nannten diese Messisaner sich! Und lebten direkt unter einem Wolkenloch, das musste man sich nur einmal vorstellen! Hatte denn der göttliche Noogath vergeblich mit seinem Leben dafür bezahlt, dass die Messisaner im Zwielicht leben konnten? Verspotteten diese Fanatiker nicht den höchsten Gott, wenn sie sich dem grellen Licht aussetzten?

O ja, das taten sie! Erleuchtet? „Verfinstert“ nannte Bylle solche Messisaner. Und sie war fest entschlossen, ihre Schwester irgendwie zu überzeugen und wieder zur Vernunft zu bringen. Genügend Geschenke hatte sie schon eingepackt, und nun zierten auch die Farben des Friedens und der Versöhnung ihren schuppigen Kopf. Zufrieden betrachtete sie sich im Spiegel.

Nur die richtigen Worte mussten ihr noch einfallen. Doch sie hatte ja noch den ganzen Weg bis nach Shwuub’la, um sich eine überzeugende Rede zurechtzulegen.

„Hohe Dame!“ Einer der Lanzenstecher, der sie zur Siedlung der Fanatiker begleiten würde, stapfte polternd in den Vorraum ihres Rundbaus. „Wir bekommen Besuch, Hohe Dame!“ Im Spiegel sah sie, wie er seinen langen Kopf in ihren Garderobenraum streckte.

„Und warum ist das ein Grund, in mein Haus zu stürmen wie eine Wildkröte auf der Flucht?“

„Weil die Besucher Lanzen und Blasrohre schwingen, und weil hinter ihnen, auf dem Acker, Geschrei zu hören ist.“

„Was erzählst du da?“ Sie legte den Pinsel weg, fuhr herum und sah ihn tadelnd an. „Das gibt es doch gar nicht!“ Am Lanzenstecher vorbei verließ Bylle ihren Garderobenraum, eilte durch den Vorraum und stieg aus ihrem Rundbau.

Der alte Diener und der zweite Lanzenstecher standen schon neben ihrem Karren. Sie blickten den Messisanern entgegen, die zweihundert Schritte entfernt den Hauptweg der Siedlung entlang stürmten.

Bylle schnaubte unwillig, weil der Alte plötzlich einen Bumerang in der Faust hielt. Sie wollte eine Bemerkung machen, doch plötzlich blieb sie wie angewurzelt stehen: Die Messisaner, die da schnellen Schrittes ins Dorf kamen, schwangen tatsächlich Lanzen und Blasrohre. Was hatten sie nur vor? Auf Messis gab es seit Urzeiten keine Kriege oder Stammeskämpfe.

„Kommt!“ Sie winkte Wächter und Diener hinter sich her und ging den Neuankömmlingen entgegen. Dreizehn Messisaner waren es; an ihrer Spitze erkannte sie einen aus Shwuub’la. „Die müssen außer Rand und Band geraten sein“, sagte sie und schaute genauer hin. Sie stutzte, glaubte den Kerl an der Spitze zu erkennen. War das nicht der „Wilde Drumb“?

Sie fuchtelte mit den Armen, um auf sich aufmerksam zu machen. „Ich bin es: Bylle, die Tochter eures Siedlungsobersten! Was ist los mit euch, Drumb? Ist jemand hinter euch her?“

„Vorsicht, Hohe Dame!“ Der Lanzenstecher hielt sie fest. „Mit denen stimmt was nicht.“

Es zischte und sirrte, und mit einem dumpfen Plopp fuhr dem Lanzenträger ein kleiner Pfeilbolzen in den Bauch. Es sirrte erneut, und ein Pfeilbolzen ragte aus dem Hals ihres Dieners. Er schrie auf und griff sich an die Kehle. „Sie schießen mit vergifteten Pfeilen …!“

Ungläubig sah Bylle, wie erst der Lanzenstecher und dann ihr Diener in die Knie gingen. Ihre Körper erschlafften; beide schlugen am Boden auf.

„Was tut ihr?“ Ungläubig starrte sie den Wilden Drumb und die anderen Messisaner aus Shwuub’la an. „Hat euch die Sonne nun auch den letzten Funken Verstand aus dem Hirn gebrannt?“

„Hört ihr nicht zu!“ Die Lanze über den Kopf erhoben, stürzte Drumb, der Stellvertreter ihres Vaters, auf sie zu. „Lass euch nicht verführen durch ihre Worte! Tötet alle getarnten Hominiden!“

„Alle, hört ihr!“, brüllte der stämmig gebaute Puudin neben ihm.

Bylle wich zurück, stolperte über den zuckenden Körper des zweiten Lanzenstechers und schlug lang hin. Fassungslos musste sie mit ansehen, wie Puudins und Drumbs Lanzen den drei Betäubten die Brust durchbohrten.

Sie sprang auf, versuchte sich in ihren Rundbau zu retten. Ein scharfer Schmerz fuhr ihr in die Wade – eine Lanze hatte sie gestreift und eine klaffende Wunde in ihren Unterschenkel gerissen. Sie schleppte sich zum Karren, hielt sich an ihm fest, drehte sich um – und schrak zusammen. Drumb stand hoch aufgerichtet vor ihr. Wahnsinn und Fanatismus brannten im Blick seiner hervorquellenden Augen.

„Verfluchte Hominidin! Mich täuschst du nicht!“, zischte er und stieß ihr die Lanze in den Bauch.

Neuer Schmerz flutete durch Bylles Körper wie eine Woge aus Feuer, und alle Kraft wich aus ihren Gliedern. Am Karrenverschlag entlang rutschte sie auf den Boden. Gegen das Rad gelehnt, starrte sie zu den schreienden Messisanern links und rechts auf den Veranden ihrer Rundbauten.

„Schau genau hin!“, fauchte Drumb. „Das ist das Ende eurer Invasion! Schau es dir genau an, du Monster!“

Er und Puudin und ihre elf bewaffneten Begleiter wüteten weiter wie die Besessenen unter den Bewohnern der friedlichen Siedlung. Den schon Betäubten rammten sie Lanzen in die schuppigen Leiber, die Fliehenden betäubten sie mit Giftpfeilen aus ihren langen Blasrohren, bevor sie die Wehrlosen abschlachteten, und von den um ihr Leben Flehenden machten sie nicht halt.

Bylle sackte in sich zusammen, schloss die Augen und wünschte sich, endlich zu sterben. Doch der Tod ließ sich Zeit …

Das Licht der Sonne strahlte heute besonders hell und heiß durch das Wolkenloch; so jedenfalls kam es Clyton vor. Hinter ihr war der heulende Choral der Lichtsiedler, vor ihr, wie eine zerfurchte Wand, der gewaltige Baumstamm. Und neben ihr der Vater. Gemeinsam trugen sie einen großen Korb voller roter und blauer Beeren zum Heiligen Lichtbaum.

Der Höhepunkt des Erntefestes stand kurz bevor. Im Kreis umringten die etwa dreihundert Lichtsiedler den Stamm. Alle trugen Gewänder und Hüte, die mit silbriger Sonnenschutzfolie bedeckt waren. Viele hatten mit Folie bespannte Sonnenschirme dabei.

Clytons Vater – auch er unter einem Sonnenschirm – stieß blökende Gebetsrufe aus, bei jedem Schritt in einer anderen Tonlage. Nicht Noogath galten sie, nicht dem Gott, der die Messisaner einst zum Leben im Halbdunkeln verurteilt hatte, sondern einem größeren, neuen Gott: dem Heiligen Licht selbst.

Sie erreichten den Einstiegsstollen in einem Hügel aus lehmigem Erdreich, den die Erleuchteten zwischen dem Wurzelwerk des Heiligen Lichtbaums vorantrieben. Unter dem Stamm nämlich suchten sie nach dem Eingang in die Hohlwelt.

Dort unten trieben der Legende nach die Haarbs ihr Unwesen, geheime Kundschafter der Herren, die den Willen der Messisaner beeinflussten und ihre Gedanken erforschten und versklavten. Wollte man alle Messisaner zu Freiheit und Erleuchtung führen, mussten die Haarbs natürlich vernichtet werden. Doch dazu brauchte man einen Zugang zur Hohlwelt.

Clyton und ihr Vater gingen an Erdhügel und Schachteingang vorüber und weiter dem mächtigen Stamm entgegen. Knorriges Wurzelwerk umschlang ihn bis in Kopfhöhe. Clyton versuchte in dem Schatten zu schreiten, den ein besonders starker Ast des Lichtbaums auf die Siedlung warf. Die Sonne schien wirklich ganz besonders heiß und grell heute. Doch war es ihr gestern und vorgestern nicht schon genauso vorgekommen?

Der Gesang hinter ihr wurde leiser, klang schließlich gedämpft. Ihr Vater hörte auf zu beten, bewegte nur noch stumm die Lefzen und blieb endlich stehen. Sie setzten den Korb ab, kaum eine Armlänge vom Heiligen Baum entfernt.

Im sattgrünen Gras lagen ein um einen Bumerang gewickeltes Seil und eine lange Leiter bereit. Clytons Vater entspannte seinen Sonnenschirm, rückte seinen Sonnenhut tiefer in die Stirn und bückte sich. In einer beinahe zärtlichen Geste strich er über das grüne Gras, bevor er nach den Leiterholmen griff.

Er, Clyton und die anderen Erleuchteten hatten nur gelbes, rötliches und braunes Gras gekannt, bevor das Heilige Licht ihnen geboten hatte, sich hier unter dem großen Wolkenloch niederzulassen, im gleißenden Sonnenlicht des Messistages und im warmen Mondlicht der Messisnacht.

Clytons Vater hob die Leiter aus dem Gras, verkeilte sie in Hüfthöhe zwischen zwei schenkeldicken Wurzelwindungen und lehnte sie gegen den Stamm. Clyton war es, als klänge der Chor der Erleuchteten hinter ihr plötzlich heiserer.

Ihr Vater bückte sich nach Seil und Bumerang und warf sich beides über die breiten Schultern. Dann stieg er erst die stufenartigen Wurzeln hinauf, danach auf die Leiter und dann weiter bis zu einem der unteren Äste des Heiligen Lichtbaums.

Als der massige, grauschuppige Messisaner sich auf dem Ast aufrichtete, verstummte der Chor der Erleuchteten.

Clytons Vater, der Erzerleuchtete Eddoan, war der Einzige, der den Heiligen Baum im Zentrum der Lichtinsel berühren durfte. Und nur sie, seine Tochter, und der Erzmissionar Drumb, durften ihm bei Feierlichkeiten assistieren, so wie heute zum Erntefest.

Clyton zog den Sonnenschirm näher zu sich und die Krempe des Sonnenhutes tiefer in ihr Gesicht. Dennoch blendete sie das grelle und warme Licht aus dem Wolkenloch, und sie musste blinzeln, um zu ihrem Vater hinaufsehen zu können.

Breitbeinig und hoch aufgerichtet stand er dicht am Stamm, hielt sich mit der Linken am Ast über sich fest und zog mit der Rechten das Seil von der Schulter. Sein härenes, mit silbriger Folie bedecktes Gewand flatterte in der warmen Morgenbrise.