Maddrax 456 - Ian Rolf Hill - E-Book

Maddrax 456 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

Während Starnpazz verzweifelt versucht, von Aquus zu entkommen, werfen wir einen Blick in die Vergangenheit, und auf einen Mond im Ringplanetensystem, der die einzige Chance für den Kontra bedeuten könnte. Ein Blick auch auf den Werdegang der Initiatoren und die Anfänge des Großen Plans, dem sie heute alles unterordnen. Wie wurden sie zu den skrupellosen Wesen, die Vertreter hunderter fremder Völker entführen, um das eine zu finden, das ihnen mit abgetrennten Köpfen dienen soll?

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Seitenzahl: 145

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Der verbotene Mond

Leserseite

Cartoon

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: shutterstock/Adike

Autor: von Ian Rolf Hill und Jana Paradigi

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5106-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht.

Auf dem Ringplaneten herrschen die Initiatoren, auch „Friedenswahrer“ genannt. Sie entführen Spezies aus allen Teilen der Galaxis durch das Wurmloch, um sie Kompatibilitäts-Tests zu unterziehen. Matt und Aruula können ihnen entkommen und reisen von Mond zu Mond, um ihre Gefährtin Xaana zu finden, die schon Monate zuvor durch das Wurmloch ging. So wie auch ihr Erzfeind Professor Dr. Smythe, der sich aber in einer Kapsel ins All katapultiert.

Mit Hilfe neuer Gefährten finden sie Xaana auf dem Dschungelmond Botan. Doch dessen Natur ist krank! Als sich die Seuche ausbreitet, setzen die Initiatoren die gottgleiche Rasse der Saven ein. Die heilen Botan und werden von dem Naturgeist vereinnahmt. Schließlich bekommen die Gefährten die Gelegenheit, die Initiatoren auf dem Mond Messis zu treffen, wo eine Delegation aus drei Avataren – Roboter mit den Geistern der Friedenswahrer – sie erwartet. Durch Einmischung der Kontras, einer Guerillagruppe innerhalb der Initiatoren, stoßen sie auf das dunkle Geheimnis der Systemherren: Sie beobachten, wie man entführten Messisanern die Köpfe abtrennt! Aber dann werden sie entdeckt und ihrer Erinnerungen beraubt! So können ihnen die Initiatoren eine Offerte unterbreiten: einen Teil der Menschheit auf den Mond Novis umzusiedeln und so vor der Vernichtung zu bewahren. In Wahrheit sollen sie die Messisaner ersetzen.

Während Aruula und Xaana auf Novis bleiben, reisen Matt und der Initiator Hordelab zur Erde, um Peilsender an hochstehende Zivilisationen zu verteilen, mittels denen sie später geortet und per Wurmloch evakuiert werden sollen. Um Kontakt zu Techno-Enklaven aufzunehmen, lassen die Wissenschaftler im Hort des Wissens einen Satelliten aufsteigen und empfangen erste Funkrufe. Matt, Xij und Tom machen sich mit dem Amphibienpanzer PROTO auf den Weg, derweil Hordelab nach Agartha springt, um die Transport-Plattform für das Wurmloch in Augenschein zu nehmen – und dort festgesetzt wird. Nach einer Rettungsmission in Griechenland treffen Matt & Co. auf die Enklave von Colonel Kormak, erkennen aber dessen Machtgier und setzen sich ab, ohne ihm einen Peilsender zu überlassen.

Inzwischen sind die Kontras aufgeflogen. Einer von ihnen, Starnpazz, der zuvor schon auf der Erde war und einen Deal mit den Marsianern zur Evakuierung der Menschen ausgehandelt hat, flieht nach Aquus, um einen Hydree zu holen. Denn nur mit dem lässt sich der Mars begrünen.

Der verbotene Mond

von Ian Rolf Hill und Jana Paradigi

Vor 1200 Umläufen (knapp 5000 Erdenjahre)

Das Zittern der grauen, langgliedrigen Finger übertrug sich auf die geschwärzte Transskript-Folie, auf der die aktuellsten Hiobsbotschaften in schmutziggelben Symbolen zu erkennen waren.

Welch ein Desaster!

Veenarogs Lider wischten mehrmals schnell hintereinander über seine Augen. Neben dem Zittern der Hände die einzigen äußeren Merkmale, die seine Erregung verrieten. In seinem Inneren aber tobten die Elemente, schlug jedes einzelne Wort wie ein Meteorit in sein Herz.

Zum wiederholten Male überflog er das Memo, auf dem die neuesten Ergebnisse der Forschungsstation für temporale Experimente zusammengefasst worden waren. Je öfter er sie las, desto niederschmetternder war die Botschaft.

Veenarog seufzte, ließ die Hände mit der Transskript-Folie sinken und neigte den Kopf, bis die hohe Stirn das Schreibpult berührte. Das Gezeter seines jüngsten Sohnes Tork drang gedämpft durch die Tür an sein Gehör, wurde aber schlagartig so laut, dass Veenarog zusammenschrak, als sein Spross ins Arbeitszimmer stürmte.

Dessen Bruder Gynaruu hätte Veenarog für die Unhöflichkeit, unangemeldet hereinzukommen, getadelt. Der zehn Umläufe alte Tork vergaß solch banale Regeln des sozialen Miteinanders gerne, vor allem wenn er aufgeregt oder euphorisch war. Und dieses Mal hatte er auch allen Grund dazu.

„Ich bin geeignet!“, jubelte er. „In fünf Rotationen geht mein Gehirn in den Neuronator ein!“

Starnpazz blickte aus dem Fenster seiner kümmerlichen Zelle. Man ließ ihn schmoren. Der Rat hockte seit Rotationen zusammen, um über ihn und damit auch über das Schicksal der Menschen zu beratschlagen. Sein Tod blieb dabei weiterhin eine Option. Eine Option, die von Zento zu Zento wahrscheinlicher wurde.

Vor seinem Fenster zogen Fische ihre Bahnen. Diesmal waren es rote mit gelben Streifen statt der sonst eher eintönig blaugrauen Flosser. Das war aber auch die einzige Abwechslung, die man ihm zugestand. Besuch wollte oder durfte nicht zu ihm. Hin und wieder glaubte er den Kommandanten im Gang vor seiner Zelle zu hören, wie er mit den Wachposten diskutierte. Doch das mochte Einbildung und Wunschtraum sein.

Starnpazz selbst hatte mehrere Male darum gebeten, mit jemandem reden zu dürfen. Er musste dringend klarstellen, dass die Zeit drängte. Nicht um seiner selbst willen. Es ging vielmehr darum, die Verabredung mit dem Raumschiff der Marsianer einzuhalten. Das Datum, zu dem es ihn und den versprochenen Hydree abholen wollte, rückte näher. Dabei war die größte Hürde noch nicht einmal in Reichweite. Denn auch wenn sie ihn doch noch mit einem der ihren ziehen lassen würden, war noch völlig offen, wie sie es von Aquus weg und zu einem Wurmloch schaffen sollten.

Stimmen vor der Tür ließen den Initiator aufhorchen. Es war früher Mittag, die nächste Essensration würde es erst am Abend geben. Angespannt wartete Starnpazz ab. Ein Riegel wurde von der Tür gehoben, Schlösser klickten. Man hatte reichlich Vorkehrungen getroffen, ihn nicht entkommen zu lassen. Wie unsinnig das auch war. Denn wohin sollte er schon gehen? Er war auf die Hilfe der Fischmenschen angewiesen, um es an die Wasseroberfläche zu schaffen.

„Oberster, ich versichere Euch auch weiterhin, dass von dem Gefangenen keine Gefahr ausgeht.“ Das war Wang’kul – jener Hydree, den Starnpazz nach seiner Rettung aus den Fängen der Polatai am Nordpol kennengelernt hatte. Er, das Einauge und die Carnat waren die Einzigen, die in ihm nicht nur den Feind zu sehen schienen.

„Sicherheitsvorkehrungen werden nicht aus Spaß getroffen. Sie erfüllen Sinn und Zweck. Ich werde diese Bestimmungen nicht weiter erörtern, Kommandant.“ Die zweite Stimme klang wie die von Xeli’yot, dem Obersten des Hydree-Rates. Er hatte den Vorsitz bei den Verhandlungen gehabt. Vielleicht wollte er nun auch persönlich das Urteil verkünden. Starnpazz spannte sich an.

Schließlich schwang die Tür auf. Eine der Wachen trat ein und ging neben dem Eingang in Stellung. Sie war bewaffnet und ihrem Blick zu urteilen kein Initiatoren-Freund. Dann folgte tatsächlich Xeli’yot.

„Sei mir gegrüßt, Starn. Das Warten hat endlich ein Ende“, sagte der Ratsvorsitzende, begleitet von einer ausladenden Geste. Seine aufgesetzte Freundlichkeit war mit Leichtigkeit zu durchschauen. Hinter ihm betrat Wang’kul den Raum. Er nickte Starnpazz zu. Doch er wirkte bedrückt.

„Ihr habt also doch noch eine Lösung für euer Problem gefunden?“, fragte Starnpazz etwas überspitzt.

„Ihr seid für uns doch kein Problem“, erwiderte der Oberste süffisant. „Ihr seid ein Gast. Mehr oder weniger.“

„Dann steckt ihr wohl alle eure Gäste in Zellen mit vierfacher Verriegelung? Ich wusste nicht, dass die Hydree so einen niedrigen Lebensstandard pflegen“, erwiderte der Initiator angriffslustig. Er merkte selbst, dass er über das Ziel hinausschoss. Seine Nerven langen blanker, als er gedacht hatte. Doch es war zu spät, die Worte zurückzunehmen.

„Vergesst nicht, mit wem ihr sprecht! Die Unversehrtheit der Hydree und der Schutz unserer Stadt stehen weit über dem Thema, ob es Euch an Annehmlichkeiten mangelt! Die Überheblichkeit und Anmaßungen eurer Rasse stehen euch in jedem Augenblick ins Gesicht geschrieben!“, donnerte der Ratsoberste seine Antwort.

Starnpazz zwang sich zur Ruhe, auch wenn er sein Blut in den Ohren rauschen hörte. „Es geht hier nicht um mich.“

„In der Tat.“ Xeli’yot schnaufte und blickte zum Kommandanten. „Lasst mich meine Entscheidung nicht bereuen.“

Wang’kul trat vor und übernahm. Offenbar war es seine Aufgabe, den Beschluss des Rates offiziell zu verkünden. „Die Obersten haben nach eingehender Beratung beschlossen, dass du Aquus umgehend zu verlassen hast. Um sicherzugehen, dass dem Folge geleistet wird, werde ich dich zum Südpol begleiten. Unsere Kundschafter haben berichtet, dass die Polatai dort alles daransetzen, einen neuen Transferturm fertig zu stellen. Also steht dir der Weg nach Hause offen.“

„Aber …“, begann Starnpazz und verstummte sofort wieder, als er Wang’kuls warnenden Blick wahrnahm.

„Dies war am Ende der ausschlaggebende Punkt“, setzte der Hydree nach.

Starnpazz nickte. Er verstand den unausgesprochenen Nachsatz. Ohne diese Information wäre das Urteil offenbar weit schlimmer ausgefallen. Doch er konnte nicht nach Hause. Schon wenn er sich dem Transferturm nur nähern würde, läge er wahrscheinlich einen Tick später bereits in Ketten. Sein Plan war auf ganzer Linie gescheitert. Er würde sein Versprechen den Marsianern und den Menschen gegenüber nicht einhalten können.

Da Wang’kul seine Ansprache offenbar beendet hatte und auch der Ratsoberste keine Anstalten machte, noch etwas hinzuzufügen, fragte Starnpazz: „Ihr lasst mich also frei? Jetzt?“

„In den nächsten Zentos. Vielleicht in den nächsten Rotationen. Eure Abreise muss sorgfältig geplant werden“, gab Xeli’yot zurück. „Und natürlich auch die des Kommandanten.“

Der Initiator sah, wie sich Wang’kuls Kiefernmuskel anspannten. War das seine Strafe? Oder hatte er den Hydree falsch eingeschätzt? Starnpazz war sich so sicher gewesen, im Kommandanten einen Verbündeten zu haben. Hatte er nach der Anhörung vor dem Rat gegen ihn Stimmung gemacht?

„Nun gut, ihr wisst ja, wo ihr mich findet“, sagte der Initiator verunsichert. Es klang wie Galgenhumor, doch keiner der beiden Hydree reagierte.

Als Xeli’yot bereits halb zur Tür hinaus war, drehte er sich noch einmal um. „Ach, eins noch. Wir können einen übereifrigen Kommandanten natürlich nicht daran hindern, über seine Weisung hinaus einem Initiator zur Hand zu gehen. Aber das würde ihn seine Stellung kosten, und sein Recht, zu dieser Gemeinschaft zu gehören.“ Er grinste breit. „Es wäre eine Schande, wenn wir diesen Posten neu besetzen müssten, wo Wang’kuls Taten doch geradezu legendär sind. Aber Legenden müssen nicht immer gut ausgehen, wie wir in letzter Zeit gelernt haben.“ Die Worte troffen nur so vor Sarkasmus.

Der Kommandant ballte die Hände zu Fäusten und sah aus, als stünde er kurz vor dem Platzen. Steif wie eine Statue wartete er ab, bis der Ratsoberste sich entfernt hatte. Dann drehte auch er sich um und marschierte ohne ein weiteres Wort hinaus. Die Wache bildete das Schlusslicht, schloss die Tür und legte die Riegel wieder vor.

Starnpazz drehte sich zurück zum Fenster und blickte hinaus. Der bunte Schwarm war längst weitergezogen. Kein Fisch weit und breit. Gerade so, als hätten sie einen totbringenden Räuber gewittert und sich in ihre Löcher zurückgezogen. Starnpazz dagegen fühlte sich, als hätte sein Gegner ihn bereits aufgespießt. Andererseits war da dieser Hoffnungsfunke. Würde Wang’kul sich gegen sein Volk und für ihn entscheiden?

Vor 1200 Umläufen

Veenarog frohlockte bei den Worten seines jüngsten Sohnes. Auf dem Schemel aus gewachsenem Kalk breitete er die Arme aus. Tork jauchzte und warf sich in die Umarmung seines Vaters, der für einen Tick die Augen schloss und sich endlich den erlösenden Seufzer erlaubte.

Ein winziger Lichtblick für ihr Volk, aber die größte Ehre, die einem Schirmwahrer zuteilwerden konnte. Mehr noch war es die vollkommene Erfüllung ihres Daseins. Was gab es Schöneres, als sein Leben, seinen Geist in den Dienst der Großen Aufgabe zu stellen?

Veenarog fühlte, wie ihm die Tränen über das Gesicht rannen. Wenigstens aus der Familie, der es geschafft hat, dachte er freudig erregt. Weder ihm selbst, noch Gynaruu war es vergönnt gewesen, im Neuronator aufzugehen. Ihre Kapazitäten waren ungeeignet, nicht ausreichend – ungenügend.

Noch heute schmerzte es, wenn er sich an den Erhalt der Nachrichten erinnerte. Zum ersten Mal, als es ihn selbst betraf, beim zweiten Mal, als Gynaruu sie bekam.

Und jetzt war es ausgerechnet der kleine Tork, der die Voraussetzungen erfüllte!

Sicherlich nur ein geringer Aufschub, denn es löste ja nicht das grundsätzliche Problem, dass ihnen der Nachschub über kurz oder lang ausgehen würde. Aber jedes Gehirn, das den Neuronator stärkte, seine Kapazität erweiterte, konnte ihnen die notwendige Zeit erkaufen, die sie benötigten, um eine dauerhafte Lösung für die schwindende Rechenleistung zu finden und den voranschreitenden Untergang ihrer Zivilisation zu stoppen.

„Freust du dich nicht, Gumba?“

Tork befreite sich aus dem festen Griff seines Vaters, der den Jungen gar nicht mehr loslassen wollte. Irritiert schaute Tork seinen Gumba an, konnte offenbar nicht begreifen, weshalb er weinte, wo er doch so großartige Neuigkeiten für ihn gehabt hatte.

Veenarog beeilte sich, eifrig zu nicken. „O doch, mein Sohn. Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich für dich freue. Und wie stolz ich auf dich bin.“

Er blickte auf und bemerkte seine Frau Ellyona in der offenen Tür zu seinem Arbeitszimmer, den glücklichen Ausdruck auf ihrem Gesicht. Und doch schimmerte auch eine Spur Besorgnis in ihren unergründlichen Augen, in denen sich das Licht der Monde spiegelte. Sie war noch genauso hübsch wie in der Rotation ihrer Fusion.

„Hast du es schon Gynaruu erzählt? Und deinen Freunden?“, fragte Veenarog und Tork schüttelte den Kopf.

„Nein, ich wollte zuerst dich überraschen.“ Er strahlte über das ganze kindliche Gesicht. Veenarog strich ihm erneut über den Kopf, drückte ihn an sich und berührte ihn mit den Lippen.

„Und dafür bin ich dir dankbar. Aber jetzt sag es auch allen anderen. Es wird ein großes Fest geben. Lade alle ein, die du magst.“

Tork bedankte sich überschwänglich bei seinem Gumba und lief so schnell aus Veenarogs Arbeitszimmer, dass er beinahe noch seine Mutter über den Haufen rannte. Die sprang lachend zur Seite, doch der Ausdruck der Freude schwand, kaum dass Tork verschwunden war. Sie zog die Tür hinter sich zu und blieb vor ihrem Gatten stehen. „Was bedrückt dich, Vena?“

Er hob den Kopf und blinzelte mehrmals hintereinander. „Wie kommst du darauf, dass mich etwas bedrückt?“

„Weil ich dich kenne. Du kannst mir nichts vormachen, Vena. Ich bin deine Sympathin; ich weiß, wann du Kummer hast. Und deine Freude über Torks Einzug in den Neuronator mag ehrlich gewesen sein, aber sie war dem Anlass entsprechend nicht groß genug.“

Er riss erstaunt die Augen auf. „Du meinst, ich habe mich nicht richtig für unseren Sohn gefreut?“

„Ich meine, dass du mit deinen Gedanken woanders weilst. Irgendetwas belastet dich.“

Veenarog seufzte, wandte sich dem Pult zu und ergriff die Transskript-Folie, die er seiner Sympathin reichte. „Ist das ein Wunder?“, murmelte er. „Die Ergebnisse der letzten Messungen sind katastrophal. Seit Generationen schon werden die Auserwählten immer jünger. Tork ist gerade mal zehn Umläufe alt. Er wird in den Neuronator eingehen, ohne selbst Kinder zu haben. Du brauchst kein Wissenschaftler zu sein, um die Konsequenzen dessen zu erkennen.“

Ellyona nickte sachte. „Das ist mir nicht neu.“ Sie setzte sich neben ihn auf einen Schemel, nahm ihm die Transskript-Folie aus den Händen und betrachtete sie nachdenklich. Sie kannte sich gut genug in der Materie aus, um zu verstehen, was darauf stand. Immerhin war sie selbst Temporalphysikerin, die sich allerdings entschlossen hatte, sich der Aufzucht der Nachkommen zu widmen.

„Projekt Zuchtbeschleunigung ist gescheitert!“ In nur einem Satz fasste sie zusammen, was in hochgestochenen Fachausdrücken verklausuliert worden war. Veenarog schätzte normalerweise die Eigenschaft seiner Frau, auch schwierige Umstände schonungslos, offen und direkt anzusprechen. In diesem Fall aber hätte er sich ein wenig Zurückhaltung gewünscht. Gleichzeitig wusste er aber auch, dass eine solche nichts an den Tatsachen änderte.

„Ja, darauf läuft es hinaus. Es wurde kein einziger geeigneter Kandidat geboren.“ Resigniert senkte er den Kopf. „Dabei haben wir alle Eventualitäten berücksichtigt. Anpassung des Organismus an die beschleunigte Zeitebene, Reproduktionsrate, Testverfahren, Umweltbedingungen – alles“, ereiferte er sich.

„Es gibt Dinge, die kann man nicht berücksichtigen“, sagte Ellyona mit fast schon emotionsloser Stimme. „Niemand konnte voraussehen, dass sich das Zeitfeld derart negativ auf die synaptische Aktivität auswirken würde.“ Sie zuckte die Achseln. „Dir als Wissenschaftler brauche ich doch nicht zu erzählen, dass Rückschläge dazugehören.“

„Rückschläge?“, echote Veenarog. „Dieser Rückschlag, wie du ihn bezeichnest, könnte das Ende unserer Zivilisation bedeuten. Unsere Kinder werden immer ungeeigneter für den Neuronator. Nachkommen zeugen können nur diejenigen, die ausgemustert wurden, was nichts anderes heißt, als dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls ungenügende Kinder bekommen werden.“

„Ungenügend!“ Ellyona schnaubte. „Weißt du, wie sich das anhört?“

Er machte eine abfällige Geste. „Du weißt, was ich meine.“

„Was wird jetzt mit Tempus geschehen?“, wollte seine Frau wissen.

„Was soll schon geschehen? Der beschleunigte Zeitablauf ist unumkehrbar. Die Bevölkerung wird evakuiert und wieder in unsere Gesellschaft integriert werden. Vermutlich wird man sie aber isolieren, da ja alle nicht die erforderlichen Neuronalstrukturen besitzen.“

„Ihr fürchtet, dass es zu einer Kontamination des Genpools kommen könnte?“ Ellyona hatte Mühe, ihre Fassungslosigkeit zu kaschieren.

Veenarog wurde wütend. „Was sollen wir tun? Wir können uns nicht den Luxus der Gleichberechtigung erlauben. Jetzt geht es um unsere Existenz.“

„Dann sollten wir nach Alternativen suchen. Ebenso wenig, wie wir uns den Luxus von Gleichberechtigung leisten können, dürfen wir unsere Zeit auch nicht damit vergeuden, trübsinnig zu werden. Mehr Nachkommen durch einen beschleunigten Zeitablauf zu zeugen, funktioniert also nicht. Wie steht es mit Projekt Xenospezies?“