Maddrax 471 - Jo Zybell - E-Book

Maddrax 471 E-Book

Jo Zybell

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Beschreibung

Als der Blitz aus der Transportplattform in den Sprungfeld-Generator einschlägt, hat dies einen dramatischen Effekt: Die vier Gefährten werden versetzt, aber nicht an denselben Ort und mit gravierenden Gedächtnislücken. Als Xij erwacht, findet sie sich auf einer kleinen Insel vor der Küste Meerakas wieder - und außer tödlichen Mutationen gibt es hier nur noch einen weiteren Menschen, einen jungen Mann namens Dustin. Was Xij nicht weiß: Auch Dustin ist nicht allein in seinem Körper. Denn in ihm wohnt der siebenfache Wahnsinn...

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Seitenzahl: 145

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Der Wahnsinn der Sieben

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Néstor Taylor/Bassols

Autor: Jo Zybell

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5866-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht.

Auf dem Ringplaneten herrschen die Initiatoren, die Spezies aus allen Teilen der Galaxis durch das Wurmloch entführen, um sie Kompatibilitäts-Tests zu unterziehen. So geraten auch Matthew Drax, Aruula und Matts Tochter Xaana in das fremde Sonnensystem, stoßen jedoch durch die Einmischung der Kontras auf das dunkle Geheimnis der Systemherren: Man will einen Teil der Menschheit auf den Mond Novis umsiedeln, um deren Gehirne für eine Art Superrechner zu nutzen, und macht sich deren Notlage zu Nutze. Die Gefährten werden ihrer Erinnerungen beraubt; so helfen sie in gutem Glauben den Initiatoren.

Während Aruula und Xaana auf Novis bleiben, reisen Matt und der Initiator Hordelab zur Erde, um Peilsender an hochstehende Zivilisationen zu verteilen, damit sie später geortet und evakuiert werden können. Begleitet von Xij, der Mutter Xaanas, und deren Mann Tom Ericson macht sich Matt mit dem Amphibienpanzer PROTO auf den Weg und trifft dabei auf die Kolonie Colonel Kormaks, erkennt aber dessen Machtgier und überlässt ihm keinen der Peilsender. Darum überfällt Kormak die benachbarte Community und eignet sich deren Sender an.

Aus Agartha stoßen die Daa’muren Grao und Ira zu den Gefährten. Als sie von einem Dorf mit überlebenden Artgenossen in Indien erfahren, wollen sie es ausfindig machen. Matt überlässt ihnen PROTO und springt mit Hordelab und den anderen via Sprungfeldgenerator nach Meeraka. In Agartha wird derweil nach den Plänen der Initiatoren eine Transportplattform fertiggestellt, mit der Hordelab das Wurmloch bändigen und an jeden beliebigen Ort der Erde versetzen soll, um die Enklaven „einzusammeln“.

Grao und Ira haben unterdessen das Dorf gefunden, doch die Daa’muren dort führen Krieg gegen die Menschen! Erst kommt es zum Bruch zwischen Grao und Ira, doch im letzten Moment entscheidet Grao sich für die Menschen und hilft, ein bedrohtes Dorf mit dem Wurmloch nach Novis zu evakuieren.

Weitere Missionen folgen, alles läuft – aus Sicht der Initiatoren – gut. Dann jedoch erfahren die Rev’rends von der Evakuierung, und die fanatischen Gotteskrieger sind überzeugt davon, dass Satan seine Hand im Spiel hat. Sie zerstören die Transportplattform und verursachen eine Entladung, die die vier Gefährten – Matt, Xij, Tom und Hordelab – mit Erinnerungslücken an verschiedene Ort versetzt …

Der Wahnsinn der Sieben

von Jo Zybell

Ihre erste Empfindung war Nässe. Xij riss die Augen auf. Wasser! Sie lag im Wasser!

Sie wälzte sich zur Seite und sprang hoch, von einem Moment zum anderen hellwach. Blitze zuckten um sie herum, der Wind pfiff und Donner krachte. Ein Gewittersturm!

Wo zum Teufel bin ich? Sie blickte sich verwirrt um. Was ist passiert? Wie komme ich hierher?

Sie stand in einer Art Kanal. Das Wasser reichte ihr nur bis über die Knöchel. Zum Glück! Hätte ihr Kopf unter Wasser gelegen, wäre sie ertrunken!

Ein Rauschen erklang und wurde schnell lauter. Der Sturm? Nein, das klang nach … einer Flutwelle! Sie fuhr herum und das Blut gefror ihr in den Adern, als sie die schäumenden Wassermassen sah, die auf sie zu rasten.

Mitten im Hangar blieb er stehen. Seine Knie waren weich, seine Hände zitterten, das Herz schlug ihm im Hals. Er lauschte. Noch schwiegen die anderen. Immerhin. Es kostete jedes Mal so ungeheuer viel Kraft, ihr Joch wenigstens vorübergehend abzuschütteln.

Er schaute zur Rampe und hob den Blick zum Schott. Ob seine Kraft heute bis da hinauf reichen würde? Und seine Zeit? Länger als eine Stunde ließen sie ihn normalerweise nicht von der Leine. Er hatte keine Zeit zu verlieren.

Statt sich zu beeilen, starrte er den Helikopter an und rührte sich nicht. Als wüsste er nicht mehr, was er hier oben verloren hatte; als hätte er vergessen, was er sich gerade vorgenommen hatte.

Er hieß Dustin Tombaay. Sogar das vergaß manchmal. Manchmal? Viel zu oft!

Jetzt aber wusste Dustin, wer er war. Und auch, was er sich vorgenommen hatte: das Schott öffnen, raus ins Freie und sich einen Blitz einfangen. Dann endlich wäre es vorbei.

Monatelang hatte er Kraft gesammelt für diesen Ausbruchsversuch. Es war sein dritter.

Er lief zum Helikopter hinüber, wischte mit dem Jackenärmel den schmierigen Schmutzfilm von der Glaskuppel des Cockpits und sah sich ins Gesicht. Ein kantiges Gesicht mit dunklen Augen und dichtem schwarzem Haar über der hohen Stirn. Aus dem Kragen der braunen Lederjacke hingen die Enden seines offenen Halstuchs, rot wie Blut.

„Das bist du, alles klar?“ Er band das Tuch zusammen. „Dustin Tombaay. So lautet dein Name!“ Wenigstens zum Spiegel taugte das Helikopterwrack noch – wenn die Lampen hier oben funktionierten. Und gerade jetzt leuchteten sie. Lag wohl am Sturm und am neuen Windrad.

Das Halstuch saß wieder, die Jacke auch. Er wollte einigermaßen korrekt gekleidet sein, wenn es ans Sterben ging. Warum? Er wusste es selbst nicht. Vielleicht, weil er wenigstens in der einzigartigen Stunde des Todes Haltung beweisen wollte.

Wildwuchs bedeckte den größten Teil des Helikopterwracks. Das Höhenruder hatte der Rost erledigt; zerbrochen hing es herab. An ihm vorbei schritt Dustin Tombaay zu den Gräbern neben der Rampe, passierte dabei den Panzer. Beinahe zärtlich strich er über die samtene Moosdecke, die das monströse Wrack einhüllte.

Er kam am Pick-up vorbei, einem Toyota. Das einzige Fahrzeug, das er frei von Bewuchs hielt. Er fettete ihn regelmäßig ein, hatte sogar die Räder mit denen anderer Autowracks ersetzt, die hier herumstanden. Vor ein paar Jahren, als er noch glaubte, den Sieben entkommen zu können. Diese Illusion hatte er hinter sich.

Dabei wäre es so einfach – raus aus dem Bunker, zwei Stunden Marsch, die Dünen überwinden, und dann würde er schon in der Brandung stehen. Vor dem rettenden Meer.

Doch sie wollten es nicht. Oder genauer: Einer von ihnen sträubte sich, der Verzagte, wie er ihn nannte. Er hatte eine Heidenangst vor den Bestien da draußen. Und wenn die Angst in ihm erwachte, war kein Kraut dagegen gewachsen. Dann steckte er die sechs anderen damit an.

Dustin machte sich nichts mehr vor. Schon seit zwei Jahren nicht mehr. Es gab nur einen Weg, die Plagegeister loszuwerden: sterben. Heute würde er es also zum dritten Mal versuchen. Und irgendwie hatte er diesmal ein gutes Gefühl dabei.

Er ließ das letzte Wrack hinter sich, blieb neben Treppe und Rampe stehen. Der Donner und das Toben des Gewittersturms waren deutlich zu hören – und wurden im nächsten Moment übertönt.

Dustin! Eine harte, befehlsgewohnte Stimme rief ihn. Zurück ins Untergeschoss!

Er ignorierte sie. Eine kleine Halle öffnete sich neben der Rampe. Dorthin trieben sie ihn oft, zu den Gräbern. Diesmal ging er freiwillig. Drei Schritte vor den steinernen Kästen blieb er stehen.

Es waren vierundzwanzig, nicht größer als Särge für Kinder oder Halbwüchsige. Und darauf lag jeweils ein Stück aus dem Eigentum desjenigen, der im Inneren verrottete.

Er hat’s auf meinen Schockstab abgesehen! Eine andere Stimme, hysterisch diesmal. – Lass die Finger von meiner Harpune!, zischte eine weitere.

Dustin wandte sich der großen Felsgrotte neben den Sarkophagen zu. Eine grüne Moosschicht bedeckte auch das gewaltige Skelett, das dort lag. Manchmal zwangen sie ihn, es zur reinigen.

Könnte sich vielleicht mal einer um Dustin kümmern, bevor er wieder Unsinn anstellt? Die flehende Stimme des Verzagten. Dustin Tombaay hasste sie alle sieben, doch ihn hasste er am meisten.

Er trat vor die Grotte. Das Skelett war niedrig und von der Schwanzspitze bis zu den Reißzähnen der langen Schnauze etwa sechs Meter lang.

Er plant irgendeine Dummheit, ich spüre es doch!, keifte eine sehr laute und durchdringende Stimme. – Er ist wieder außer Kontrolle, jammerte eine andere. – Geh weg von dem Skelett, Dustin! Du weißt genau, dass ich seinen Anblick nicht ertrage!

„Ich verfluche euch!“ Dustin Tombaay spuckte auf den Sarkophag, der ihm am nächsten stand. „Ihr habt die Biester doch freigelassen!“, brüllte er. „Ich wünschte, sie hätten euch alle gefressen … und mich gleich mit!“ Er stürmte die Rampe zum Schott hinauf.

Öffne bloß nicht den Bunker! Hörst du nicht den Sturm? – Vorsicht!Er will in das Unwetter hinaus!

Verfluchte Stimmen. Er schrie, um sie zu übertönen.

Zurück, Dustin! Draußen tobt die Hölle!

„Warum haben sie euch so viel Zeit gelassen damals?“, keuchte er in vollem Lauf. „Zeit, mir das anzutun!“ Er riss den Schaltkasten auf. Mit der Faust schlug er auf den Kippschalter für das Außenschott.

Er öffnet das Schott! Er will, dass der Blitz ihn trifft! Die Stimmen schrien und zischten und keiften jetzt durcheinander. Wer von euch kann ihn aufhalten?

Langsam glitt das Schott aus seinem Rahmen, viel zu langsam. Eine Sturmböe fegte ihm Laub und Sand ins Gesicht. Dustin zwängte sich durch die entstehende Lücke, stürzte in den Gewittersturm hinaus.

Er sucht den Tod!, kreischte es in seinem Kopf. Jemand muss die Kontrolle über ihn zurückgewinnen! Schnell!

Xij sprang durch das flache Wasser auf die steile Böschung zu. Die Flutwelle raste heran. Zu beiden Seiten der Kanalrinne schäumten die Wogen über Gras und Buschwerk hinweg. Gestrüpp und Gras wucherten auch auf der steilen Böschung selbst. Xij warf sich hinein, packte ein Grasbüschel, griff in einen Strauch und zog sich nach oben.

Das Grasbüschel löste sich – sie glitt ab, suchte neuen Halt, ertastete rissigen Beton unter Gras und Gestrüpp. Das donnernde Rauschen der Flutwelle schwoll an. Xij erwischte einen jungen Birkensprössling, zog sich daran hoch und dankte dem Universum mit einem Seufzer, weil die Wurzel hielt.

Kaum hundert Meter trennten sie noch von der herandonnernden Flut. Sie suchte nach irgendeinem Halt über sich und erwischte etwas Hartes, das aus dem Beton ragte, eine Art Bügel. Xij zog sich höher, ertastete den nächsten Bügel, kletterte dem oberen Rand der Böschung entgegen.

Ihre Hände waren schmutzig braun vom Rost. Ihre Stiefel fanden endlich Halt, sie stieß sich ab, packte den nächsten Bügel, zog sich hoch, und dann ragte vor ihr ein rostiger, abgebrochener Pfosten auf. An ihm zog sie sich auf den oberen Böschungsrand hinauf. Sie wälzte sich weg von der Kanalrinne, robbte durch Gras und Gestrüpp zu einem jungen Ahornbaum und umklammerte ihn mit Händen und Beinen.

Die Flutwelle donnerte vorüber, trat über den Rand des Kanals und überspülte mit ihren ihre schaumigen Ausläufern auch Stamm und Frau. Xij schluckte Wasser. Die Gewalt der Strömung zerrte an ihr.

Ihre Finger glitten über die Rinde, die Beine verloren den Halt am Stamm. Schließlich konnte sie sich nicht mehr halten. Das Wasser riss Xij mit sich. Sie rollte durch Gras und Schlamm, bis sie in einem Krater landete.

Xij versank im lehmigen, gurgelnden Wasser, tauchte auf, spuckte Schlamm und Wasser, warf sich auf den morastigen Kraterhang und hustete sich schier die Lunge aus der Brust.

Sie bekam einen abgerissenen Wurzelstrunk zu fassen und konnte sich daran festhalten. Das Rauschen der Flutwelle entfernte sich, das des Sturmes hielt weiter an.

Erst einmal aushusten und durchatmen, erst einmal verschnaufen, während Blitze über den Himmel zuckten und der Donner nahezu zeitgleich wie titanischer Steinschlag krachte.

Xij spuckte noch einmal aus. Das Wasser schmeckte salzig. Allzu weit konnte das Meer also nicht entfernt sein. Sie kroch ein Stück höher, wälzte sich über den Rand des Kraters und schob sich unter die Wurzelstrünke, die vor dem Orkan hier in der Erde gesteckt hatten. Sturmböen fuhren unter ihre Deckung und zerrten an ihr, als wollten sie die Versuche der Welle fortsetzen.

So lag sie eine Zeitlang, atmete tief aus und ein und schöpfte neue Kraft. Ihre Panik legte sich, ihr Herz schlug ruhiger, und ihr gelangen erste klare Gedanken.

Sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass jemand bei ihr sein müsste – aber da war niemand. Was war nur geschehen? Sie schlug sich mit der Faust gegen die Stirn, doch jeder Versuch, sich zu erinnern, fühlte sich an wie ein Anrennen gegen eine schwarze Wand und löste Kopfschmerz aus.

Irgendwann, irgendwo war ihr einfach der Film gerissen. Und die Welt war schlagartig schwarz geworden. Und still. Und nass.

Xij kroch unter dem Wurzelstrunk hindurch zur anderen Seite des umgestürzten Baumes. Dort richtete sie sich auf den Knien auf. Weil Sturmböen an ihr zerrten, hielt sie sich an abgerissenen Wurzelfasern fest. Regen klatschte ihr ins Gesicht. Sie wischte sich das Wasser aus den Augen. Eine Vertiefung in der morastigen Erde fiel ihr auf, lang wie ihr Bein, breit wie ihr Unterarm.

Sie blinzelte, wischte sich noch einmal die Augen aus und sah genauer hin. Die Vertiefung hatte eine klare Struktur: eine große und eine kleine Kuhle und von diesen ausgehend fünf mehrgliedrige Linien. Knochige Zehen? Eine … Klaue?

Der Schrecken fuhr Xij in alle Glieder. Was sich hier vor ihr ausdehnte, war nichts anderes als der Abdruck einer riesigen Vogelklaue!

Sie blickte um sich, sah jedoch nichts außer sich schüttelnden Büschen, vom Sturm gebeugten Bäumen und zerwühltem Gras. Nirgends ein Lebewesen. Wäre eine Kreatur solcher Größe in der Nähe, wäre sie Xij bestimmt ins Auge gefallen.

So kühl wie möglich sah Xij den Fakten ins Auge. Weder erinnerte sie sich an diese Landschaft, noch daran, was sie davor getan hatte. Zwar wusste sie, wie sie hieß und wer sie war, und dass sie sich auf einer Erde befand, die ein Komet vor Hunderten von Jahren verheert hatte, aber ansonsten …?

Sie musste sich in Küstennähe befinden, so viel war klar nach der salzigen Flutwelle. Aber wo genau?

Genau das musste sie als Erstes herausfinden.

Xij stand auf. Ein Ziel formuliert zu haben, gab ihr neue Kraft. Sie ließ das Wurzelgestrüpp des umgestürzten Baumes los, wankte durch das hohe, vom Sturm gebeugte Gras und rutschte durch Schlamm und Pfützen.

Sie war nass bis auf die Haut. Bei jedem Schritt gurgelte das Wasser in ihren Stiefeln. Eine Böe warf sie beinahe um. Sie fand in letzter Sekunde Halt an einem Ast, zog sich wieder hoch.

Dann tauchte eine feste Struktur vor ihr auf. Wölbte sich da nicht eine Art Kuppel aus Gras und Gestrüpp? Sie blieb stehen, kniff die Lider zusammen. Tatsächlich: Der Blitz riss eine Kuppel von mindestens sechzig Metern Durchmesser und gut acht Metern Höhe aus Halbdunkel und Regenschleiern. Und sie war nicht einmal dreihundert Schritte entfernt. Ein Mast mit einem wild im Sturm rotierenden Windrad ragte aus dem Zenit der Kuppel, und etwas, das Xij an eine Antenne erinnerte.

Sie ließ den Ast los und rannte auf die Kuppel zu. Eine Sturmböe riss sie nun doch von den Beinen. Sie schlug lang hin, stemmte den Oberkörper hoch und spähte zur Kuppel.

Öffnete sich dort nicht ein Tor? Aber ja! Ein Mann rannte daraus hervor ins Freie. Xij verharrte. Gefahr? Instinktiv tastet sie nach ihrem Teleskop-Kampfstab, den sie hinten im Gürtel trug, und beobachtete weiter.

Der Mann presste sich die Fäuste gegen die Schläfen. Er taumelte weg von der Kuppel und dem Kanal entgegen, den Mund weit aufgerissen. Trotz Donner und Sturm konnte Xij ihn schreien hören.

Die Stimmen faselten schon wieder durcheinander. Er hämmerte mit sich den Fäusten gegen die Schläfen. „Ich bin Dustin!“ Er stürzte aus dem Bunker in den Gewittersturm hinaus. „Nur Dustin und sonst keiner!“ Er breitete die Arme aus und schrie den Himmel an. „Wo bist du, Gott, mit deiner Gewitterfaust? Zerschmettere mich! Erlöse mich mit einem Blitz!“

Ringsum schlugen sie ein, die ersehnten Blitze, doch keiner traf ihn. Dustin rannte in Richtung Kanal. Der war über die Ufer getreten; die Strömung riss Treibholz und Kadaver mit sich.

Er will sich ins Wasser stürzen!, hallte eine Stimme panisch durch seinen Kopf. Gelingt ihm das, sind wir erledigt, das ist euch doch hoffentlich klar. – Jemand muss ihn aufhalten! – Er ist völlig außer Kontrolle!Wer hat die Kraft?

Ich, sagte eine ruhige und besonnene Stimme. Wenn ihr mir nicht wieder dazwischenfunkt, schaffe ich es.

Zwanzig Schritte noch bis zur reißenden Flut des Kanals. Doch plötzlich sah Dustin etwas im Gras kriechen. Ein Tier? Nein, ein Mensch! Seine Schritte gerieten ins Stocken.

Ein menschliches Wesen, so nahe am Bunker? Er traute seinen Augen kaum. Wie ist es an den Bestien vorbeigekommen?

Er blieb stehen, blinzelte, sah genauer hin. Der Mensch war von zierlicher Gestalt und kroch keine fünfzig Meter entfernt durchs Gras; ein junger Mann mit kurzem blonden Haar, wie es aussah.

Plötzlich begann Dustins Gesicht zu zucken, seine Miene verkrampfte sich. Er fiel auf die Knie nieder, dann zu Boden, wand sich hin und her, presste die Handballen gegen seine Schläfen.

Dann, von einem Augenblick auf den anderen, entspannten sich seine verzerrten Gesichtszüge. Er legte die Hände auf die Schenkel, richtete sich auf, lächelte sogar.

Ich habe ihn, sagte die freundliche, ruhige Stimme. Alles gut, er kann uns keinen Schaden mehr zufügen.