Maddrax 593 - Ian Rolf Hill - E-Book

Maddrax 593 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

Die Konvois nähern sich ihrem Ziel - doch werden sie in Moska wirklich vorfinden, was sie erhoffen? Werden sich die schweren Verluste am Ende auszahlen? Dabei ahnt Rulfan nicht, dass auf der anderen Seite der Welt, in Venezuela, ein Virus gegen die Daa'muren entsteht. Doch auch hier schwinden die Hoffnungen; ein dramatischer Test soll Klarheit schaffen.
Währenddessen gewinnen die Gestaltwandler immer mehr an Boden. Müssen die letzten überlebenden Menschen ihren Planeten aufgeben - und wenn ja, kann ihnen die Flucht in die Parallelwelt gelingen?


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Seitenzahl: 161

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Die letzte Schlacht

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder, und die degenerierte Menschheit befindet sich im Krieg mit den Daa'muren, die als Gestaltwandler ein leichtes Spiel haben. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, »Maddrax« genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde, und es gelingt ihm, die lebende Arche gegen dessen kosmischen Feind, den Streiter, zu verteidigen, woraufhin der Wandler mit den meisten Daa'muren die Erde verlässt...

Durch eine Schwächung des Raum-Zeit-Kontinuums tauchen überall auf der Erde Areale verschiedener Parallelwelten auf. Zwar können unseren Helden die Risse versiegeln – aber eine letzte Bruchstelle tauscht ein Areal um den Victoriasee in Afrika aus, das Kaiserreich Pilâtre de Roziers. Eine gewaltige Stadt erscheint, deren Bewohner einen »Dunklen Keim« verbreiten. Nach einigen Angriffen der Dunklen findet man dank der befreundeten Daa'muren Grao und Ira ein Heilmittel: Die Splitter von Daa'muren-Kristallen saugen den Dunklen Keim aus den Infizierten!

Ein Absturz über der Gigantopole wird Matt und Aruula zum Verhängnis: Ihre bösen Ebenbilder ermorden de Roziers Enkel Pilou und über hundert Hydriten, bevor man sie vernichten und das Zentrum der Stadt sprengen kann. Da diese daraufhin erstarrt, hofft man ihr Dunkles Herz zerstört zu haben.

Da naht eine neue Gefahr: Ein Roboter mit dem Geist von Professor Dr. Smythe, Matts Erzfeind, lockt einen Streiter zur Erde. Zunächst trifft die kosmische Wesenheit auf den Mars, wo der dort lebende Hydree Wang'kul ihn per Zeitstrahl sechs Monate in die Zukunft versetzen kann. Dann erreicht »Robo-Smythe« mit dem gestohlenen Raumschiff PLASMA die Erde, wo er seinem Parallelwelt-Ich begegnet.

Inzwischen ringen die Gefährten den Wurmloch-Architekten auf dem Planeten Cancriss einen mobilen Generator ab, um eine mächtige Waffe, den Flächenräumer, vom Ringplaneten- ins Sonnensystem zu schaffen. Dafür müssen sie die verbrecherische Pancinowa-Regierung decken, die einen Wandler gefangen hält, um ihm Energie abzuziehen. Während Matt und Aruula zur Erde reisen, bringt die zwielichtige Vasraa Uon den Generator an sich. Es kommt zu einer Konfrontation zwischen Parallelwelt- und Novis-Vasraa, wobei Letztere getötet wird und Erstere auf Novis eine neue Heimat findet. Damit ist der Generator wieder in Matts Hand, und ein weiterer Erfolg ist zu verbuchen: Es gelingt ihnen, Robo-Smythe endgültig zu zerstören.

Da geschieht in Afra Seltsames: Die Dunklen stoppen ihren Vorwärtsdrang und folgen einem Ruf zur Dunklen Stadt, um dort zu vergehen. Das Herz der Stadt ist wieder erwacht und saugt alle Energie ein, derer es habhaft werden kann – bis vier Daa'muren es in sein Koma zurückstoßen können.

Nun muss der Flächenräumer zur Erde, bzw. zur Mondstation gebracht werden. Da seine Substanz gelitten hat, wird es nötig, ihn dort neu aufzubauen und die relevanten Komponenten einzufügen. Doch dann passieren Unfälle, bei denen Matt fast ums Leben kommt. Sie entpuppen sich als Sabotage – hinter der Victorius zu stecken scheint, der Kronprinz und Vater des ermordeten Pilou!

Währenddessen nähert sich der Kampf eines wichtigen Verbündeten in einer Parallelwelt seinem Höhepunkt: Für Rulfan von Coellen entscheidet es sich, ob er zurückkehren und Matt bei seinem Kampf wird unterstützen können...

Die letzte Schlacht

von Lara Möllerund Ian Rolf Hill

Die Vernichtung zog in Gestalt Hunderter Todesrochen über den Himmel. Aus nordöstlicher Richtung schwebten sie auf Rulfan und den Konvoi zu. Dem Neo-Barbaren blieb beinahe das Herz stehen. Der Schwarm war so gewaltig, dass er sich über Kilometer hinweg erstreckte, so weit das Auge reichte. Rufe des Entsetzens wurden laut, einige Menschen brachen aus dem Konvoi aus und suchten ihr Heil in der Flucht. Wulf knurrte.

Der Neo-Barbar nickte. Flucht war zwecklos. Aber er würde sich nicht kampflos seinem Schicksal ergeben. Rulfan zog den Säbel, bereit für die letzte Schlacht.

Ruiz Ortega fuhr aus dem Schlaf hoch, als er das fordernde Klopfen an der Tür vernahm. Müde strich er sich über das Gesicht und angelte nach der Schnur, mit der er die an der Wand befestigte Leselampe einschaltete.

Geblendet kniff er die Augen zu und tastete blind nach der Armbanduhr auf dem Nachttisch.

Das Klopfen wiederholte sich. »Ruiz! Ruiz, ist alles in Ordnung?« Das war Lynne! Lynne Crow, seine Kollegin aus Waashton. »Ruiz, mach auf, es ist dringend!«

Fast hätte er gelacht. Natürlich war es das. War es ja immer. Oder war sie vielleicht nur gekommen, um weiter ihr Spielchen mit ihm zu treiben? So wie vor wenigen Tagen, nach dem ersten erfolgreichen Test von DDV-51, jenem künstlich erschaffenen Virus, das die Wende im Kampf gegen die Daa'muren herbeiführen sollte.

Wenige Minuten nachdem einer der Außerirdischen qualvoll sein Leben ausgehaucht und Ruiz Ortegas Magen revoltiert hatte, hatte Lynne ihn auf der Toilette verführt.

Wie sich herausgestellt hatte, waren ihre Motive jedoch keineswegs romantischer Natur gewesen. Was war er doch für ein Narr gewesen. Welche Frau verführte schon einen Mann an einem solchen Ort, wenn sie ernsthaft an ihm interessiert war?

Kurz darauf hatte Lynne ihm bestätigt, dass sie durch den Quickie mit ihm lediglich Stress abgebaut hatte. Das war vor dem Test an der Taratze gewesen. Schließlich mussten sie sicherstellen, dass DDV-51 ausschließlich Daa'muren befiel. Bedauerlicherweise war die Taratze ebenso qualvoll verendet wie der Außerirdische.

Was Ruiz Ortega und viele seiner Kollegen betraf, war das Experiment damit gescheitert. DDV-51 war, wie seine fünfzig Vorgänger, fehlerhaft. Doch das hatte Lynne nicht akzeptieren wollen und Tests an Menschen vorgeschlagen.

Und da hatte sich Ruiz das wahre Wesen dieser zierlichen jungen Frau offenbart, die er zu lieben geglaubt hatte. Geglaubt oder eher gehofft?

Vielleicht bin ich aber auch nur Opfer meiner eigenen Geilheit geworden, dachte er verbittert.

»Ruiz, verdammt noch mal!«, rief Lynne. »Spiel nicht den Beleidigten. Ich brauche deine Hilfe!«

Seufzend warf er einen Blick auf die Uhr und runzelte die Stirn. Schließlich stand er auf. Nur mit Unterhemd und Shorts bekleidet, schlurfte er zur Tür und öffnete.

Lynne sah wie immer perfekt aus. Ihr schwarzes Kostüm bildete einen starken Kontrast zu dem blütenweißen Laborkittel; das Haar hatte sie streng zurückgebunden. Nur in ihrem zarten Gesicht mit der porzellanweißen Haut waren einige rote Flecken zu sehen.

»Du... hast geschlafen?«

»Ich sagte doch, dass ich mich nicht wohlfühle.«

»Es ist halb drei Uhr nachmittags.«

Er zuckte mit den Achseln.

Lynne nickte. »Na schön. Ich bin auch nur gekommen, um dir zur sagen, dass die Tests erfolgreich waren.«

Ruiz benötigte deutlich länger als gewöhnlich, um zu begreifen. »Heißt das... die Probanden... leben?«

Ein Lächeln huschte über Lynnes Lippen. Ein aufrichtiges Lächeln, das sogar ihre dunklen, unergründlichen Augen erreichte. »Ja, ist das nicht fantastisch?«

Er nickte automatisch. Das war es tatsächlich. »Und wie...?« Er verstummte, weil er sich räuspern musste. »Und wie kann ich dir jetzt noch helfen?«

»Wir müssen die Probanden auf Folgeschäden untersuchen. Blut, Liquor, Gewebe. Ein Haufen Arbeit. Ich dachte, wir könnten zusammen...?«

Ruiz schluckte. Sein Puls beschleunigte sich. Neuer Tatendrang ergriff von ihm Besitz. Sollte Lynne am Ende doch recht gehabt haben? Reagierte DDV-51 vielleicht tatsächlich nur auf Daa'muren und Lebewesen, die von ihren Kristallen verstrahlt worden waren? Das wäre eine Sensation und zumindest eine Basis, auf deren Grundlage sie weiterforschen konnten.

»Ich ziehe mir nur schnell etwas an«, sagte er hastig.

»Ach, von mir aus kannst du gerne auch in Shorts kommen«, flüsterte Lynne, doch Ruiz hatte für derlei Scherze nun wirklich nichts mehr übrig.

»Wir treffen uns im medizinischen Labor«, sagte er und knallte ihr die Tür vor der Nase zu.

Zehn Minuten später betrat er Med-Lab 1, das zur Krankenstation gehörte, die ebenso Teil des unterirdischen Bunkerkomplexes war wie die Abteilung zur Forschung und Entwicklung biologischer Kampfstoffe.

Ruiz Ortega hatte längst aufgehört, die Tage zu zählen, die er schon hier unten verbracht hatte. Selbst als sie den Komplex noch verlassen durften, war es zum Teil nur schwer erträglich gewesen, hier zu arbeiten, denn viel Freizeit hatten sie nicht gehabt.

Erst als die Delegation aus Waashton eintraf, war es leichter geworden. Nicht nur wegen des zusätzlichen Personals, sondern vor allem wegen Lynne Crow, die Professor Hestigg ihm zugeteilt hatte. Als hätte der alte Fuchs geahnt, dass er Gesellschaft benötigte.

Und dann war der große Durchbruch gekommen, und plötzlich hatte niemand mehr den Bunker verlassen dürfen. Aus Furcht, dass die Informationen dem Feind in die Hände fallen könnten.

Aber möglicherweise war auch das bald passé. War der Krieg erst vorbei, würden sie wieder nach draußen gehen können. Und dann würde er mit Lynne endlich den Sonnenuntergang betrachten.

Ruiz ertappte sich dabei, wie er sich schon wieder in romantischen Tagträumereien zu verlieren drohte. Dabei hatte er sie doch eben erst abblitzen lassen. Was jedoch nichts an der Tatsache änderte, dass ihn ihre kühle, distanzierte Professionalität anzog.

Lynne stand neben einer Trage, auf der ein knapp zwei Meter großer Mann in orangefarbener Gefängniskluft festgeschnallt war. Sein Schädel war kahl und stümperhaft tätowiert.

Ruiz nickte den beiden Soldaten, die an der Tür Wachen hielten, knapp zu, bevor er an die Trage herantrat. Lynne beugte sich über den Probanden, dessen Oberarm von einem Stauschlauch komprimiert wurde, damit die Vene in der Ellenbeuge hervortrat. Bis auf den Gefangenen trugen sämtliche anwesenden Schutzanzüge.

Ortega runzelte die Stirn, als er den Knebel im Mund des Mannes erblickte. »Ist das unbedingt nötig?«

Lynne schürzte die Lippen. »Nicht, wenn du deinen Wortschatz um einige sehr blumige Synonyme für das weibliche Geschlechtsorgan und unsere fragwürdige Herkunft erweitern möchtest.«

Ruiz runzelte die Stirn. Der Mann machte auf ihn nicht den Eindruck, als würde er überhaupt irgendetwas sagen können. Die Lider waren halb über die Augäpfel gesunken, der Blick glasig.

Die Spitze der Blutentnahmekanüle berührte die Ellenbeuge. Der Gefangene bäumte sich auf, und Lynne zuckte zurück. Wütend funkelte sie den Bärtigen an. »Wenn die Nadel abbricht, haben Sie sich das selbst zuzuschreiben.«

»Sollen wir dem Kerl Manieren beibringen, Ma'am?« Einer der Soldaten hielt einen Taser in der Hand. Blaue Funken knisterten an den Dioden.

Ruiz schüttelte den Kopf. »Nicht nötig.«

Der Soldat, dessen Blick einzig und allein Lynne galt, zuckte mit den Achseln, schob den Taser zurück ins Holster und bezog wieder Posten an der Tür.

Lynne punktierte die Vene und entnahm dem Probanden zehn Milliliter Blut. Sie löste die Stauung, zog die Kanüle aus dem Arm und presste ein Zellstoffpad auf die winzige Wunde. »Hältst du mal?«, fragte sie Ruiz.

Er griff nach der Ampulle, doch Lynne deutete mit dem Kinn auf die Ellenbeuge des Gefangenen. »Wir wollen doch nichts kontaminieren.« Sie schraubte die Kanüle von der Ampulle und warf sie in einen Behälter, der neben ihr auf dem fahrbaren Tischchen stand, auf dem auch die Utensilien für die Probeentnahme lagen.

Ruiz kontrollierte den Überwachungsmonitor. Der Puls schlug ruhig bei sechzig Schlägen in der Minute, der Blutdruck lag bei einhundertundeins zu sechsundfünfzig.

»Habt ihr die Probanden sediert?«

»Natürlich. Oder glaubst du, wir wollen riskieren, dass sie durchdrehen?« Lynne übergab die Ampulle einem schwenkbaren Greifarm, der sich in die hermetisch abgeriegelte Kammer zurückzog, deren Öffnung sich zischend schloss. Anschließend schob sie die Arme in die Löcher mit den Arbeitshandschuhen und entnahm der Ampulle einen Tropfen Blut, den sie auf einen Objektträger fallen ließ und unter das Elektronenmikroskop legte.

Ruiz begab sich zum Terminal mit dem Monitor und vergrößerte die Darstellung. Deutlich waren die roten Blutkörperchen neben einigen Leukozyten und Blutplättchen zu erkennen, die für den Wundverschluss verantwortlich waren.

»Hm«, meinte Lynne. Sie rollte auf einem Schemel sitzend näher. »Sieht alles normal aus.«

»Ich kann auch keine pathologische Veränderung erkennen«, bestätigte Ruiz.

»Gut, warten wir noch das Blutbild ab, bevor wir das Rückenmark punktieren. Du...«

Sie verstummte, als die Blutkörperchen in Bewegung gerieten. Ruiz Ortega trat näher, er begann zu schwitzen. »Was geht da vor?«

Die Trage, auf die der Gefangene festgeschnallt war, schepperte. Gedämpfte, unartikulierte Laute drangen unter dem Knebel hervor.

Lynne wirbelte auf dem Drehhocker herum und sprang auf. Auch Ruiz Ortega drehte sich um. Seine Knie fingen an zu zittern, das Blut sackte ihm aus dem Kopf.

Der Gefangene hatte sich aufgebäumt; sein Rückgrat bog sich so weit nach außen, dass sich die Gefängniskluft über dem Bauch spannte. Die Augen waren aufgerissen, quollen regelrecht aus den Höhlen. Die Adern an den Schläfen schwollen an wie Würmer, die Kiefer pressten sich so fest aufeinander, als wollten sie den Schaumgummikeil zerbeißen. Rötlich schaumiger Speichel sickerte aus den Mundwinkeln.

»Ein anaphylaktischer Schock!«, rief Lynne. »Bereite Epinephrin-Injektion vor!« Sie stürzte zur Arbeitszeile, riss den Medikamentenschrank auf. Mehrere Ampullen fielen heraus und schepperten auf die verchromte Arbeitsplatte.

Ruiz beugte sich über den Gefangenen, ergriff dessen Schultern. »Können Sie mich hören? Sie erleiden einen Schock. Wir werden Ihnen ein Gegenmittel verabreichen, dann...«

Das Herz des Mikrobiologen setzte vor Schreck aus, als er beobachtete, wie die winzigen Äderchen in den Augen des Probanden zerplatzten und sich das Blut in den Glaskörpern ausbreitete. Rote Schlieren verschlangen die Iris samt Pupille. Das dumpfe Brüllen steigerte sich, dann hielten die Augäpfel dem Innendruck nicht länger stand.

Blut klatschte gegen Ruiz' Visier. Genau in dem Moment, als sich Lynne mit der rettenden Injektion zu ihnen umdrehte.

Zu spät!

Wie hypnotisiert wankte Ruiz Ortega von der Trage zurück. Er hob die Hände, traute sich jedoch nicht, das Blut abzuwischen. Stumm starrte er auf die Schlieren, die am Kunststoff entlang nach unten flossen.

Dahinter erschien schemenhaft die Gestalt des unfreiwilligen Probanden. Ruiz brauchte ihn gar nicht erst zu untersuchen, um zu wissen, dass er tot war. Und mit ihm war die Zukunft der Menschheit gestorben.

Das Gebrüll der Barbaren mischte sich mit den Angstschreien der Gemeinschaft. Gerade als der Konvoi unter Reeses Führung eine schmale Passage zwischen zwei Seen überqueren wollte, hatte die Horde angegriffen. Aus zwei zerstörten Dörfern östlich und westlich der Furt stürmten die zerlumpten Gestalten heran. Ihre Gesichter, die nackten Arme und Beine waren mit roten Strichen und Symbolen bemalt. Ihre verzerrten Mienen waren furchterregend.

Reese wehrte den Schwerthieb eines Angreifers ab und zog ihm die eigene Klinge über den Oberarm. Der in Fell und Leder gekleidete Hüne stolperte zur Seite. Reese parierte den nächsten ungelenken Streich. Der Barbar versuchte offensichtlich, mangelnde Geschicklichkeit durch Vehemenz auszugleichen.

Sie duckte sich unter einem weiteren Hieb hinweg, vollführte eine halbe Drehung und verpasste ihrem Gegner einen Schnitt am Rücken. Der Barbar fuhr herum, rasend vor Schmerz und Wut, und schwang dabei das Schwert. Die lange Klinge verfehlte knapp ihren Hals.

Reese wich zurück und machte sich bereit für die nächste Attacke. Plötzlich stolperte ihr Gegner vorwärts. Ein verblüffter Ausdruck erschien in seinen dunklen Augen. Dann brach er in die Knie und fiel vornüber. In seinem Rücken steckte ein kurzer Speer.

Phillia stand einige Meter entfernt. Blut lief aus einer Wunde an ihrer rechten Schläfe und verklebte ihr langes dunkles Haar. Die junge Frau nickte Reese knapp zu und verschwand hinter einem Horsay-Karren.

Reese blickte sich schwer atmend um. Jaasan und Laurens hatten die Schwerter gezogen und wehrten sich Rücken an Rücken gegen zwei keulenschwingende Barbarinnen. Milus lieferte sich ein Schwertduell mit einem viel jüngeren Angreifer. Leoda kniete auf der Ladefläche eines Karrens und schleuderte einem Barbaren eine Holzkiste entgegen. Zwischen den Kämpfenden lagen drei in Fell gekleidete Körper am Boden. Einem fehlte der Kopf.

Die Gemeinschaft verteidigte sich tapfer. Aber würden sie siegreich sein? Einige Barbaren trugen behelfsmäßige Panzerung, andere hielten grob gehauene Holzschilde, die sie als Schutz und Waffe gleichermaßen einsetzten.

Eine Barbarin stürmte brüllend auf Reese zu, in den Händen eine mächtige Streitaxt. Gesicht, Arme und Unterschenkel der Frau bedeckten rote Striche. Selbst in ihren blonden Haaren leuchteten rote Strähnen. Reese ging in Kampfstellung.

Die Wucht des Hiebes prellte Reese das Schwert aus der Hand. Ihre Angreiferin rammte sie. Sie landete hart auf der rechten Seite. Scharfer Schmerz schoss in ihre Schulter. Um sie herum ertönte auf einmal eine Kakophonie aus Rufen und schrillen Schreien. Ein Wort wiederholte sich, doch sie konnte sich nicht darauf konzentrieren.

Die blonde Barbarin stand über ihr und hob die Streitaxt. Der nächste Schlag würde ihr den Schädel spalten! Doch die Frau rührte sich nicht. Stattdessen starrte sie hoch zum Himmel. Angst verzerrte ihre Züge.

»Lesh!«, stieß sie heiser hervor. »Lesh!« Das Wort war ein Echo der Schreie, die den Kampfplatz erfüllten.

Leshi'ye – Todesrochen.

Entsetzen schnürte Reese die Kehle zu. Die blonde Barbarin ergriff die Flucht. Einige aus der Horde folgten. Die restlichen Barbaren und die Gemeinschaft schienen wie erstarrt.

Reese packte ihr Schwert und sprang auf. Was sie am Himmel sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Ein gewaltiger Schwarm Todesrochen zog über die Landschaft hinweg. Tausende der furchteinflößenden Kreaturen schwebten lautlos einem gemeinsamen Ziel entgegen. Es war eine Demonstration absoluter Überlegenheit. Reese senkte erschüttert das Schwert. Wie sollte die Menschheit eine solche Schreckensherrschaft überleben?

Im nächsten Moment lösten sich drei der Kreaturen vom Schwarm und gingen in den Sinkflug über. Reese wurde schlecht vor Angst. Die kommen direkt auf uns zu!

Sie sah sich hektisch um. Jaasan und Laurens standen nebeneinander, die Blicke gen Himmel gerichtet. Milus lehnte an einem Horsay-Karren. Er blutete aus einer Wunde am rechten Oberschenkel. Phillia starrte sie an, das schmale blutverschmierte Gesicht eine Maske des Entsetzens.

Bald würden die Todesrochen über ihnen sein, und niemand tat etwas!

»Wacht auf!«, schrie Reese. »Wer kämpfen kann, kämpft. Wer verletzt oder zu schwach ist, versteckt sich unter den Fuhrwerken.« Ihr Blick heftete sich auf zwei dürre Barbaren, die sie aus wild bemalten Gesichtern verwirrt musterten.

»Helft uns! Sonst sterben wir alle!« Ohne auf eine Antwort zu warten, zog sie Phillias Speer aus dem Rücken des toten Barbaren. Die Bewegung weckte den Schmerz in ihrer rechten Schulter, doch darauf konnte sie keine Rücksicht nehmen. Wenige Schritte entfernt lag ein verlorener Holzschild. Sie griff mit der freien Hand danach und hielt ihn hoch.

»Die Viecher spucken Säure!«

Laurens nickte. Bei der enthaupteten Leiche fand er ebenfalls einen Schild. Jaasan machte Pfeil und Bogen bereit. Phillia hob einen Speer.

Die Barbaren, die Reese angesprochen hatte, tauschten rasche Blicke. Dann ließen sie die Keulen fallen und griffen nach den Armbrüsten, die sie an Lederriemen befestigt auf dem Rücken trugen. Für einen unsicheren Moment befürchtete Reese, die beiden würden auf sie schießen. Doch die Barbaren richteten die Waffen in den Himmel. Ob die Bolzen genügten, um die ledrige Haut der Todesrochen zu durchdringen?

Der erste schnellte heran. Sein langer, mit Dornen gespickter Schwanz bewegte sich auf und ab. Im aufgerissenen Maul blitzen Reihen scharfer Zähne.

Die Barbaren feuerten ihre Bolzen ab. Die spitzen Metallstäbe trafen den weißen Bauch des Rochens, bohrten sich tief ins Fleisch. Erleichtert schleuderte Reese den Speer.

Heißer Schmerz fuhr in ihre rechte Schulter. Die Waffe blieb im Bauch der Kreatur stecken. Ein zweiter Speer fand sein Ziel. Phillias Wurf. Der Todesrochen rauschte in fast greifbarer Nähe über ihre Köpfe hinweg.

Weitere Bolzen schlugen in die Kreatur ein, spickten sie wie ein gigantisches Nadelkissen. Auch den nächsten Todesrochen traf ein wahrer Schauer aus Pfeilen und Bolzen. Der dritte schwebte dicht über dem Kampfplatz und spuckte weißlichen Schaum.

»Deckung!«, brüllte Reese. Sie hob ihren Schild über den Kopf und kauerte sich hin. Flüssigkeit rieselte um sie herum auf den Boden und prasselte auf das Holz. Menschen schrien, Horsays wieherten, ein Wakuda muhte in Panik. Einer der dürren Barbaren ließ die Armbrust fallen und brach in die Knie, die Hände gegen das Gesicht gepresst. Er kreischte und krümmte sich vor Schmerzen.