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Matt und Haaley befinden sich in Sichtweite der USS Nimitz, als sie plötzlich den vielstimmigen Schrei "Mabuta! Mabuta!" vernehmen. Sie werden Zeuge, wie der Flugzeugträger von einem Heer fingerlanger Ameisen attackiert wird. Die eingeborenen Wachen berichten ihnen von einem Stamm, der diese Ameisen anbetet und kontrolliert.
Matt erkennt das Potential, das ein Bündnis mit eben diesem Stamm haben könnte - und die Chance, mehr über die Nimitz zu erfahren; an erster Stelle natürlich, ob sich Aruula an Bord befindet. Er beschließt, Kontakt aufzunehmen - ein folgenschwerer Fehler!
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Seitenzahl: 149
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Was bisher geschah...
Mabuta – der vielbeinige Gott
Leserseite
Vorschau
Impressum
Am 8. Februar 2012 hält ein gewaltiger Komet Kurs auf die Erde! Man beschießt ihn mit Atomraketen – vergeblich. »Christopher-Floyd« schlägt in Asien ein. Die Druckwelle trifft auch drei Jets, die die Auswirkung beobachten sollten. Als der Commander der Staffel, der US-Pilot Matthew Drax, und sein Copilot Professor Dr. Jacob Smythe aus einer Ohnmacht erwachen, trudelt ihr Jet auf die Alpen zu! Smythe steigt per Schleudersitz aus. Matt kann notlanden und wird von Barbaren gefunden, die ihn »Maddrax« nennen. Statt einer verwüsteten Erde sieht er sich fremdartigen Lebewesen und Pflanzen in einer veränderten Geografie gegenüber.
Die Druckwelle hat die Jets durch einen Zeitstrahl um 520 Jahre in die Zukunft geschleudert. Dieser Strahl, der vom Mars zur Erde reicht, sicherte vor 4,5 Mrd. Jahren den Marsbewohnern, den Hydree, das Überleben. Der vermeintliche Komet war die Arche einer Wesenheit namens »Wandler«, deren Dienerrasse, die Daa'muren, sich die Erde untertan machen will, indem sie Fauna und Flora mutieren und die Menschen verdummen lässt.
Zusammen mit Aruula, einer telepathisch begabten Kriegerin, beginnt Matt Drax seinen Feldzug. Er findet Freunde – unter anderem die Hydriten, die sich aus den Hydree entwickelt haben –, kämpft gegen die Daa'muren und gerät an Schurken wie Jacob Smythe, der wahnsinnig wurde und die Weltherrschaft anstrebt, bis Matt ihn unschädlich macht. Auch Smythes Zwilling aus einem Parallelwelt-Areal stirbt, während dessen ebenso verrückte Freundin Haaley entkommt. Diese Areale, die überall auf der Erde aufbrechen, sind das Ergebnis von Zeitreisen, die die Menschen einer fernen Zukunft unternahmen. Matt und seine Verbündeten können alle schließen, wobei ihnen GRÜN, eine Art Pflanzenbewusstsein der Erde, zur Seite steht.
Auch Colonel Aran Kormak stammt aus einer Parallelwelt – zumindest will er Matt dies weismachen. In Wahrheit ist er sein skrupelloser Zwilling aus dieser Welt, von dem Matt glaubt, er wäre tot. Doch Kormak, Befehlshaber einer Elitetruppe namens Dark Force, scheint sich zu besinnen und verbündet sich mit Matt, als eine neue Bedrohung auftaucht. Denn kaum ist das letzte Areal in Afrika versiegelt, wobei GRÜN beinahe vernichtet wird, sehen sich die Gefährten einer kosmischen Bedrohung namens »Streiter« gegenüber, die noch immer den Wandler auf der Erde vermutet, obwohl der längst mit seinen Daa'muren weitergezogen ist. In einem furiosen Endkampf gelingt es Matt, den Streiter zu versteinern.
Doch dann verschwindet Aruula mit dem Gleiter RIVERSIDE. Matt und ein Dark-Force-Trupp folgen ihr bis nach Südamerika. Über Peru stürzen sie wegen plötzlichem Energieverlust ab und finden die havarierte RIVERSIDE. Von Aruula keine Spur! Dafür entdeckt Matt das Wrack eines Flugzeugträgers mitten im Dschungel – und eine blinde Passagierin, die mit nach Amraka kam: Haaley.
Auf der USS Nimitz trifft Matt auf eine feindlich gesinnte Mannschaft und einen gewaltigen roten Diamanten. Inzwischen wird sein Trupp dezimiert. Die letzte Soldatin stirbt beim Kampf gegen einen mutierten Jaguar, kann ihn aber erlegen – ein heiliges Tier, wie Matt und Haaley erfahren, als sie von Eingeborenen überwältigt werden. Zusammen mit einer Frau von der Nimitz warten sie auf den Tod, denn auch die Fremden sind Feinde der Indios, seit sie deren Heiligtümer, zwei rote Diamanten, raubten.
Sie versuchen zu fliehen, doch nur die Fremde entkommt. Matt und Haaley erhalten eine Chance in Form einer Götterprobe. Dazu müssen sie den geheimnisvollen »Spiegel von Pachacámac«, mit dem sich weitere rote Diamanten herstellen lassen, aus einer Todeszone bergen – was ihnen auch gelingt.
Mabuta – dervielbeinige Gott
von Ian Rolf Hill
Der Dschungel lebte!
Das Rascheln und Knistern drang von allen Seiten auf Lemgo ein. Gehetzt blickte er sich um. »Nein, nein«, keuchte er. »B-bitte. Ich habe dich nicht verraten!«
Er sank auf die Knie und reckte flehend die Hände empor. Die Geräusche wurden lauter, zorniger. Lemgo fing an zu wimmern. Zuerst ließ er die Arme sinken, dann den Kopf. Er wusste, dass er keine Gnade zu erwarten hatte.
Das Dickicht geriet in Bewegung. Die Zweige und Blätter, ja der gesamte Boden schien sich zu verflüssigen und förmlich auf Lemgo zuzufließen. Der riss im Angesicht des Todes ein letztes Mal schützend die Arme vor das Gesicht. »Nein, Mabuta«, flehte er. »Bitte nicht!«
»Mabuta! Mabuta!«
Matthew Drax schreckte aus dem Dämmerschlaf, in den er trotz der hohen Luftfeuchte und der drückenden Hitze gefallen war. Selbst Haaleys Anwesenheit hatte ihn nicht länger wach halten können. Und das, obwohl sein soldatisch geschulter Instinkt in ihrer Nähe gewissermaßen Daueralarm gab.
Sie hieß nicht wirklich Haaley. Den Namen hatte ihr Matts alter Feind Professor Doktor Jacob Smythe verpasst, weil er genauso wenig Lust verspürt hatte, sich den Zungenbrecher zu merken, mit dem sich Haaley für gewöhnlich vorzustellen pflegte.
Gemerkt hatte sich Matt eigentlich nur zwei Namen: Choyganmaa und Ewgenija. Und auf beide reagierte Haaley aus für ihn unerfindlichen Gründen äußerst allergisch, sprich: mit unkontrollierten Wutausbrüchen.
Um ehrlich zu sein, waren diese Wutausbrüche das fast schon einzig Berechenbare an ihr. Ansonsten zeichnete sich Haaley vor allem durch Sprunghaftigkeit, Stimmungsschwankungen und zum Teil unmotivierte Gewaltausbrüche aus. Sie war diejenige, die den Hühnerstall abfackelte, um den Fuchs zu töten. Samt der Hühner, versteht sich. Selbst wenn der Fuchs längst über alle Berge war.
Matt hatte keine Ahnung, welche Diagnose Haaley in seiner Zeit, dem beginnenden 21. Jahrhundert bekommen hätte. Seiner unprofessionellen Meinung nach war sie einfach verrückt. Kein Wunder, dass sie selbst Smythe in die Verzweiflung getrieben hatte. Nach ihrer eigenen Aussage hatte er sogar versucht, sie zu erwürgen.
Und jetzt stand dieser personifizierte Wahnsinn mit weit aufgerissenen Augen vor seiner Pritsche in dem kleinen Lager – und schwenkte einen Kübel.
Matt stützte sich auf einen Ellenbogen. »Haaley, was –?«
Weiter kam er nicht, denn ein Schwall lauwarmes Wasser klatschte ihm ins Gesicht. Der Mann aus der Vergangenheit schnappte nach Luft und fuhr hoch. Direkt mit der Stirn gegen die über ihm hängende Pritsche. Für einen Augenblick sah er Sterne. Nur dem durch seine Adern pulsierenden Adrenalin hatte er es zu verdanken, dass sich seine Sicht rasch klärte.
Mit einem Satz war er auf den Beinen. Doch ehe er dazu kam, irgendetwas zu sagen, brüllte ihm Haaley mit sich überschlagender Stimme ins Gesicht: »Mabuta!«
»Ja doch. Ich –«
Wieder ließ ihn Haaley nicht zu Wort kommen, stattdessen verpasste sie ihm eine schallende Ohrfeige. »Mabuta!«
Bevor Haaleys Rückhand die andere Wange treffen konnte, fing er ihren Arm ab und zog die Wahnsinnige zu sich heran. »Ich hab's verstanden!«
»Schrei mich nicht so an!«, keifte Haaley, schien sich aber zu beruhigen. »Na, Hauptsache, du bist wach.«
»Ich war schon vorher wach durch das Geschrei da draußen«, entgegnete Matt, während er sich das Gesicht abtrocknete. »Was zum Teufel ist los?«
»Weiß ich doch nicht!«
Matthew glaubte sich verhört zu haben. »Und warum brüllst du dann hier herum?«
»Na ja, weil die anderen es auch tun.« Mit dem Daumen deutete sie über die Schulter in Richtung Zeltöffnung. Tatsächlich drang immer noch vereinzelt das Wort »Mabuta« an seine Ohren. »Hört sich gefährlich an.«
Matt fackelte nicht lange und verließ das kleine Zelt im Lager der Wachen, die auf einer nahen Anhöhe das Wrack der USS Nimitz beobachteten. Er war spät geworden gestern, und er hatte entschieden, hier zu übernachten und am nächsten Morgen ihre nächsten Schritte zu überlegen.
Haaley folgte ihm, sich dabei dicht an seiner Seite haltend. Sie griff sogar nach seinem Arm, als wollte sie Schutz suchen.
Das ganze Lager war auf den Beinen; das halbe Dutzend Wachen lief wild gestikulierend herum und rief immer wieder »Mabuta! Mabuta!« Dass es sich dabei nicht um nichts Gutes handelte, war den Rufen deutlich anzuhören.
Matt schluckte. Er hatte längst erkannt, wohin die Indios deuteten: in Richtung der Nimitz, jenen Flugzeugträger, der aus immer noch unbekannten Gründen hier im dichten Dschungel Perus gestrandet war.
Bis auf die Tatsache, dass das stählerne Ungetüm die Auswirkungen jahrhundertelanger Witterungseinflüsse aufwies, war es weitestgehend unversehrt. Der Rumpf des gewaltigen Schiffes war kaum beschädigt, stand sogar erstaunlich aufrecht im Dickicht des Waldes.
Die Aufgabe der Wächter bestand darin, das havarierte Schiff Tag und Nacht zu beobachten und Meldung zu erstatten, sobald sich dort etwas tat. Denn dass das Wrack bewohnt war, davon hatte Matt sich bereits persönlich überzeugen dürfen – und es nur knapp überlebt.*
Leider hatten sie eine Frau wie Aruula, die nach wie vor verschollen war, nicht gesehen. Was nicht ausschloss, dass sie sich an Bord befand, sofern man die Nimitz-Leute sie nachts aufgegriffen und dorthin gebracht hatte.
Jetzt wurde es am Dschungelpfad, der zu dem kleinen Lager führte, laut. Matt erkannte, dass dort der Häuptling des Eingeborenendorfes samt seinem Gefolge, zu dem auch ihr Freund Ccahuantico gehörte, anrückte. Die Wächter mussten ihn alarmiert haben. Sein Gesicht war aschfahl.
Für Matt und Haaley hatten die Männer keinen Blick übrig, daher sparte sich Matt die Frage, was los sei; er hätte vermutlich ohnehin keine Antwort bekommen.
Aber niemand würde ihn daran hindern können, sich den Männern anzuschließen, als sie zu dem Aussichtspunkt eilten.
Er sah zu Haaley. »Komm mit!«
Nach wenigen Schritten bemerkte er, dass sie ihm nicht folgte. Er wandte sich zu ihr um, doch bevor er etwas sagen konnte, brüllte sie los und deutete dabei auf ihn:
»Ich lass' mich nicht Mabuta opfern. Nehmt ihn, er ist viel hübscher als ich – und blond!«
»Lass den Blödsinn«, blaffte Matt sie an, doch Haaley dachte gar nicht daran.
»Ich mein' es ernst, Mattie. Ich lasse nicht zu, dass mich irgend so ein beknackter Riesenaffe –«
»Haaley!«, brüllte Matt. »Was redest du da?«
»Noch nie was von King Kong gehört?«, konterte Haaley. »Ist doch immer dasselbe: Erst rufen alle ›Kong, Kong!‹, um die hübsche Blondine zu opfern, und am Ende landen sie beide auf irgendeinem Hochhaus und werden abgeschossen...«
»Sie redet im Fieber«, murmelte Ccahuantico besorgt.
»Ach ja?«, fuhr Haaley ihn an. »Erzähl mir nicht, euer Mabuta wäre kein menschenfressendes Urwaldmonster.«
Ccahuanticos Schweigen sprach Bände und machte Matt nachdenklich.
»Wer oder was ist Mabuta denn?«, wollte auch er nun wissen.
Der junge Indio war unter seiner bronzefarbenen Haut bleich geworden. In den dunklen Augen flackerte die Angst. Plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper. Als hätte er einen Stromschlag erlitten.
»Kommt und seht selbst«, sagte er bloß und schritt in das Dickicht voran.
Hätte Matt die Tonlage benennen sollen, in der Ccahuantico gesprochen hatte, hätte er sich wohl für »Grabesstimme« entschieden. Unwillkürlich musste er an Phakcha und den Jaguar denken, der von Private Dschenn getötet worden war, bevor es sie selbst erwischt hatte.
Der Gedanke an die mutierte Bestie ließ Matt noch nachträglich erschauern; der an die junge Soldatin dagegen versetzte ihm einen Stich in der Brust. Sie war das letzte Mitglied des Dark-Force-Teams gewesen, das ihn auf der Suche nach der verschwundenen Aruula bis nach Amraka begleitet und diesen Einsatz mit dem Leben bezahlt hatte.*
Sergeant Brad Walther, Corporal Wayne Jackson, Private Ricc Boston, Private Teeyla, Corporal Katta und Private Dschenn. Teilweise hatte er diese Leute schon seit Wochen und Monaten gekannt. Der Feldsanitäter Katta hatte ihn sogar behandelt, nachdem Matt im All treibend fast den Löffel abgegeben hatte; doch das war eine andere Geschichte.
Und jetzt waren all diese Frauen und Männer tot. Keiner von ihnen würde zu seinen Familien zurückkehren. Alles, was diese von ihren Liebsten bekommen würden, war bestenfalls eine Kette mit einer Metallplakette, auf der Name und Dienstnummer vermerkt waren. Die sogenannte Hundemarke, die Matt sorgfältig in einer kleinen Schatulle aufbewahrte, die er Captain Mara oder Colonel Kormak überreichen würde, nachdem er Aruula gefunden hatte.
Sie gelangten zur Absturzstelle der RIVERSIDE, jenes Gleiters, der ihnen so viele Jahre über gute Dienste geleistet hatte und mit dem Aruula, ohne den geringsten Anhaltspunkt zu hinterlassen, verschwunden war. Er hatte den Absturz in den Dschungel nicht überstanden. Und auch die PLASMA, das Raumschiff, mit dem sie ihm gefolgt waren, würde wohl kaum noch einmal abheben.
Das einzige Stück Technik, das ihnen geblieben war, war PROTO. Doch so nützlich der Amphibienpanzer in diesem Terrain sein mochte, so langsam und schwerfällig war er auch.
Immerhin war er schwer bewaffnet. Da im Dschungel weitere Bestien tierischen und pflanzlichen Ursprungs ihr Unwesen trieben, war es unabdingbar, den Panzer mitzunehmen. Und was diesen Mabuta anging... So sehr sein Auftauchen die Eingeborenen auch in Aufruhr versetzte, eine unmittelbare Gefahr für den Stamm schien nicht von ihm auszugehen. Zumindest noch nicht...
Matt lenkte seine Aufmerksamkeit zurück zum Beobachtungsplatz, der auf einer winzigen Anhöhe lag, von wo aus man einen exzellenten Blick auf das Wrack des Flugzeugträgers hatte. So sollte der Feind auf der Nimitz unter Kontrolle gehalten werden.
Ein Feind, der den Flugzeugträger vor einigen Monaten in Besitz genommen hatte und über das Geheimnis der roten, energiefressenden Blutdiamanten informiert war. Ein Feind, der jetzt Probleme bekam. Und zwar auf eine Weise, an die Matt nicht mal im Traum gedacht hatte. Auch wenn die Gefahr, die hinter »Mabuta« steckte, für einen Dschungel eigentlich nicht ungewöhnlich war.
Matt schob sich an Ccahuantico vorbei, der dem Ex-Commander bereitwillig Platz machte. Vielleicht hatte er aber auch bloß Respekt vor Haaley, die es sich trotz ihrer hanebüchenen Befürchtungen nicht hatte nehmen lassen, die beiden Männer zu begleiten.
Der Ex-Commander hörte sie wie einen Lupa knurren, während er neben Häuptling Tecuun in die Hocke ging, der Matt mit einem schwer zu deutenden Blick musterte, ihn dann aber ohne Protest zu sich an den Rand des Beobachtungsplatzes ließ.
»Mabuta«, raunte er und zeigte auf die Nimitz.
Matthew verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. Im ersten Moment war nichts Besonderes zu sehen. Außer vielleicht, dass auf dem Deck des Flugzeugträgers geschäftiges Treiben herrschte.
Er zuckte zusammen, als unvermittelt ein Feuerball aufflammte und sich binnen eines Herzschlags in eine meterlange Lohe verwandelte, die über das Deck strich. Kurz darauf bekam sie von zwei weiteren Feuerlanzen Verstärkung, die aus den Düsen von Flammenwerfern leckten, die von ihren Trägern vorsichtig von einer Seite zur anderen geschwenkt wurden.
Matthew Drax hielt den Atem an.
Er hatte ja schon einige absonderliche Dinge erlebt, seit er mit seiner Fliegerstaffel fünfhundert Jahre in die Zukunft geschleudert worden war. Unter anderem Monsterspinnen, Riesenheuschrecken und sogar Drachen. Ein turmhoher Riesengorilla, der auf Blondinen stand, wie Haaley befürchtet hatte, war bislang nicht darunter gewesen. Der würde auch noch ein Weilchen auf sich warten lassen.
Leider, wie Matt beim Anblick von Mabuta einräumen musste.
Es hätte gewiss eine Menge Dinge gegeben, die Matt jetzt hätte sagen können. Doch alles, was ihm über die Lippen kam, war ein gehauchtes: »Mein Gott!«
Wäre es doch bloß ein Riesengorilla gewesen.
»Los doch, Leute, Bewegung! Los, los, los!«
Jennos Stimme ging im Heulen der Sirene unter, die der Sergeant kraft seiner gewaltigen Oberarmmuskeln mit Hilfe eines stählernen Griffstücks im wahrsten Sinn des Wortes ankurbelte. Das Ergebnis war ein durch Mark und Bein dringender, auf- und abschwellender Ton, der durch die Eingeweide der Nimitz hallte und wohl selbst den nervenstärksten Phlegmatiker aus der Ruhe gebracht hätte. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die Gänge von den Echos schwerer Schritte widerhallten.
Auch Dak'kar wurde aus seinen Gedanken aufgeschreckt. Es gab mehr als genügend Probleme, für die er eine Lösung finden musste, und jetzt war offenkundig ein neues hinzugekommen. Oder war es womöglich doch nur ein altbekanntes, das sich soeben mit Gewalt ins Gedächtnis zurückgerufen hatte?
Ein solcher Alarm konnte schließlich nur eines bedeuten: Sie wurden angegriffen!
Mal wieder. Und er ahnte auch, wer oder besser gesagt was für den Alarm verantwortlich war. Nimitz' Reaktion, der sich keckernd und kreischend in seine Hängematte verzog, sprach ebenfalls dafür.
Kurz wanderten Dak'kars Gedanken zu dem blondhaarigen Fremden, dem es bereits einmal gelungen war, sich an Bord zu schleichen. Allerdings bezweifelt er, dass Jenno Moose in diesem Fall den schiffsweiten Alarm ausgelöst hätte. Es sei denn, der Fremde war nicht allein gekommen. Sofort tauchte das Bild der Eingeborenen, denen er die beiden roten Diamanten gestohlen hatte, vor Dak'kars geistigem Auge auf.
Er verdrängte es noch im selben Atemzug. Gleich würde er mehr wissen. Ohne auf die bewaffneten Frauen und Männer zu achten, die, angetrieben von Jennos Befehlen, die Treppe zum Deck hinaufeilten, bahnte sich Dak'kar einen Weg zu seinem Stellvertreter, der soeben die Kurbel aus der Sirene zog und in der darüberliegenden Halterung an der Wand befestigte.
Dak'kars Hand legte sich auf Jennos Schulter. Der Sergeant drehte sich zum Anführer der Expedition um. Trotz des schummerigen Lichts konnte Dak'kar jede Schweißperle auf seiner grobporigen Haut erkennen.
In den stahlblauen Augen flackerte... nein, keine Angst, vielmehr eine tiefe Verunsicherung. Jenno war überfordert, das erkannte Dak'kar auf den ersten Blick.
»Was ist los?«
»Wir... wir werden angegriffen«, erwiderte Jenno.
»Von wem?«, hakte Dak'kar nach.
»Von den verdammten –«
Jennos nächste Worte wurden von einem schrillen Kreischen hinter Dak'kar unterbrochen. Seine Augen weiteten sich, als könnten sie aus den Höhlen rutschten.
Dak'kar fuhr herum – und wurde noch in der Bewegung von seinem Stellvertreter und Freund zurückgerissen. Trotzdem erhaschte auch er einen Blick auf den jungen Retrologen, der aus einem der Nebengänge taumelte – übersät mit Dutzenden fingerlanger Ameisen, die auf sechs dünnen Beinen über seinen Körper krochen, auf der Suche nach einem freien Stück Haut, in das sie ihre Beißwerkzeuge graben konnten.
Einige hatten es bereits geschafft, sich bis zum Hals des Mannes vorzuarbeiten. Andere waren anscheinend durch die Hosenbeine unter die Kleidung gekrochen, der wie besessen auf seine Schenkel einschlug, ungeachtet der Gefahr, die sich seiner Kehle näherte.
Blut spritzte aus einer Halswunde.
Dak'kar und Jenno zögerten keine Sekunde, dem Mann zu Hilfe zu eilen. Mit bloßen Händen rissen sie die Insekten von dem Bedauernswerten, schleuderte sie zu Boden und zertrampelten sie. Wimmernd sank der Verletzte auf das Deck, das Gesicht kreideweiß.
»Sie sind im Schiff!«, stieß Jenno hervor und sprach das Offensichtliche aus: »Sie müssen ein Leck in der Bordwand gefunden haben!«
»Dann müssen wir es stopfen«, erwiderte Dak'kar und wunderte sich selbst darüber, wie ruhig er plötzlich war. Dabei gab es allen Grund dazu, in Panik zu verfallen. Sie hatten es mit einem schier übermächtigen Gegner zu tun, dessen erneuter Angriff längst überfällig war.