Maddrax 627 - Ian Rolf Hill - E-Book

Maddrax 627 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

Freiwillig ist Haaley bei Aruula geblieben, die sich in der Todeszone langsam erholt. Sie will versuchen, ihr den Lauschsinn wiederzugeben, der durch Matts Schuld verloren ging. Als Angehörige der Dreizehn Inseln hat auch Haaley telepathische Kräfte, wenn auch nur schwache. Mit dem Gift des Jaguarpriesters will sie diese potenzieren und die Mauer in Aruulas Geist niederreißen.
Doch damit öffnet sie eine Büchse der Pandora - denn etwas aus ihrem Geist erhält die unverhoffte Chance, auf Aruula überzugehen...


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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Schwestern im Geiste

Leserseite

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 hält ein gewaltiger Komet Kurs auf die Erde! Man beschießt ihn mit Atomraketen. Drei Stratosphärenjets sollen die Auswirkung beobachten. Commander der Staffel ist der US-Pilot Matthew Drax. Doch die Raketen verpuffen auf dem Himmelskörper, von dem eine unbekannte Strahlung ausgeht. »Christopher-Floyd« schlägt in Asien ein. Die Druckwelle trifft auch die drei Jets und fegt sie davon...

Als Matthew und sein Copilot Professor Dr. Jacob Smythe aus einer Ohnmacht erwachen, trudelt ihr Jet auf die Alpen zu! Smythe steigt per Schleudersitz aus, Matt kann die Maschine notlanden. Er wird von Barbaren gefunden, die ihn als Gott ansehen und »Maddrax« nennen. Statt einer verwüsteten Erde sieht er sich fremdartigen Lebewesen und Pflanzen in einer veränderten Geografie gegenüber: Die Druckwelle hat die Fliegerstaffel durch einen Zeitstrahl um 520 Jahre in die Zukunft geschleudert! Dieser Strahl, der seit Urzeiten vom Mars zur Erde reicht, sicherte vor 4,5 Mrd. Jahren den Marsbewohnern, den Hydree, das Überleben. Der vermeintliche Komet war die Arche einer Wesenheit namens »Wandler«, deren Dienerrasse, die Daa'muren, sich die Erde untertan machen will, indem sie Fauna und Fauna mutieren und die Menschen verdummen lässt. Nur die Bunkermenschen, sogenannte Technos, bewahren sich ihr Wissen, büßen dafür aber über die Jahrhunderte ihr Immunsystem ein.

Zusammen mit Aruula, einer telepathisch begabten Kriegerin, beginnt Matt Drax seinen Feldzug. Er findet Freunde – unter anderem die Hydriten, die sich aus den Hydree entwickelt haben und in den Meerestiefen leben –, kämpft gegen die Daa'muren und Mutanten wie die blutsaugenden Nosfera, und gerät an Schurken, allen voran Jacob Smythe, der wahnsinnig wurde und die Weltherrschaft anstrebt, bis Matt ihn endlich unschädlich macht. Auch Smythes Zwilling aus einer Parallelwelt stirbt, während seine verrückte Freundin Haaley entkommt. Diese Areale, die überall auf der Erde aufbrechen, sind das Ergebnis von Zeitreisen, die die Menschen einer fernen Zukunft unternahmen, um technische Artefakte zu sammeln. Matt und seine Verbündeten – zu denen sogar zwei Daa'muren zählen, Grao und Ira – können alle schließen, wobei ihnen GRÜN, eine Art Pflanzenbewusstsein, zur Seite steht.

Auch Colonel Aran Kormak stammt aus einer dieser Parallelwelten – zumindest will er Matt dies weismachen. In Wahrheit ist er sein skrupelloser Zwilling aus dieser Welt, von dem Matt glaubt, er wäre tot. Doch Kormak, Befehlshaber der Dark Force, die aus dem Weltrat in Waashton (Washington) hervorging, scheint sich zu besinnen und verbündet sich mit Matt, als eine neue Bedrohung auftaucht. Denn kaum ist das letzte Areal in Afrika versiegelt, wobei GRÜN beinahe vernichtet wird, sehen sich die Gefährten einer kosmischen Bedrohung namens »Streiter« gegenüber, die noch immer den Wandler auf der Erde vermutet. In einem furiosen Endkampf kann Matt sie versteinern.

Doch die Freude währt nur kurz, als Aruula mit dem Gleiter RIVERSIDE verschwindet. Matt und ein Dark-Force-Trupp folgen ihr bis nach Südamerika. Über Peru stürzen sie wegen plötzlichen Energieverlusts ab und finden die havarierte RIVERSIDE und das Wrack eines Flugzeugträgers mitten im Dschungel. Sowie eine blinde Passagierin, die mit nach Amraka kam: Haaley.

Auf der USS Nimitz trifft Matt auf eine feindlich gesinnte Mannschaft und einen gewaltigen roten Diamanten. In der Zwischenzeit wird sein Trupp dezimiert. Die letzte Dark-Force-Soldatin stirbt beim Kampf gegen einen mutierten Jaguar – ein heiliges Tier, wie Matt und Haaley erfahren, als sie von Eingeborenen überwältigt werden. Zusammen mit einer Frau von der Nimitz warten sie auf den Tod, denn auch die Fremden sind Feinde der Indios, seit sie deren Heiligtümer, zwei rote Diamanten, raubten.

Während die Soldatin entkommt, müssen Matt und Haaley eine Götterprobe bestehen: den »Spiegel von Pachacámac«, mit dem sich weitere Diamanten herstellen lassen, aus einer Todeszone zu bergen – was ihnen auch gelingt. Sie werden freigelassen und beobachten den Angriff eines Ameisenvolks auf die Nimitz. Bei der Kontaktaufnahme mit einem Indiostamm, der den Schwarm kontrollieren soll, stellen sie fest, dass das Gegenteil der Fall ist: Mabuta, der »vielbeinige Gott«, nimmt sie gefangen. Dabei stellt sich heraus, dass Haaley – wie Aruula – vom Volk der Dreizehn Inseln abstammt und latent telepathisch begabt ist, was die Kommunikation mit Mabuta erleichtert. Der wird von einem Pilzgeflecht bedroht, und Matt soll ein Mittel dagegen finden. Es gelingt ihm, eine Ladung Fungizid zu stehlen und das Gift mit dem Regen zu verteilen, was das Pilzgeflecht in dieser Region abtötet. Zum Dank bringt der »Ameisengott« Matt und Haaley auf die Nimitz, wo sie als Ameisen vergeblich nach Aruula suchen, aber von einem bevorstehenden Angriff auf Mabuta erfahren.

Der versetzt Matt und Haaley unter einer Bedingung zurück in ihre Körper, die sich inzwischen an Bord der Nimitz befinden: Sie sollen Dak'kar töten! Doch Matt verbündet sich mit ihm, um mit seiner Hilfe zu dem Pilz in der Todeszone vorzustoßen, den er für intelligent und telepathisch begabt hält und der mehr über Aruulas Verbleib wissen könnte. Im Gegenzug will er Dak'kar die Pachacámac-Formel beschaffen, mit der rote Diamanten hergestellt werden können. Denn die braucht Dak'kar, um seine heimatliche Community in Macapá, Brasilien, zu retten, in der künstliche Lymphozyten, die eigentlich die Immunschwäche der Ex-Technos heilen sollten, zu einer tödlichen Krankheit führten. Die Strahlung der Diamanten kann diese Lymphozyten abschalten, doch der einzige Splitter wurde von Dak'kars ehemaligem Freund Toma'bar gestohlen.

In der Zwischenzeit startete eine Rettungsmission der Dark Force, die aber aufgrund des riesigen Suchgebiets eingestellt werden musste. Nur die Daa'muren Grao und Ira versuchen weiter, eine Spur der beiden Freunde zu finden. Sie stoßen auf die Community in Macapá, geraten aber in die Gewalt von Nosfera, die dank der künstlichen Lymphozyten, die sie von Toma'bar erhielten, neue telepathische Kräfte entwickelt haben.

Um Mabuta zu täuschen, will Dak'kar seinen Tod vorgaukeln. Das geht schief, und die Gefährten retten sich vor Mabuta in die Todeszone. Dort aber brechen sie in das unterirdische Reich der Nocturno ein und baden – bis auf Dak'kar – in einem See, der ihre Körper langsam verholzen lässt. Auf ihrer Flucht nehmen sie die Nocturna Tautropfen mit, die Kontakt zu einer fernen Stimme hat, welche das Verderben aufhalten könnte. Doch die Gefährten verholzen zusehends, und so müssen Dak'kar und Tautropfen allein weiterfahren, während Matt, Haaley und All'ec in einem See ausharren.

Als Dak'kar die ferne Stimme lokalisiert hat und zu dem Gewässer zurückkehrt, sind die Gefährten verschwunden! Während Tautropfen zu ihrem Volk zurückkehrt, rettet er sie und bringt sie zu der fernen Stimme –die sich als Pflanzenentität GRÜN entpuppt, die Aruula zu ihrer Regeneration benötigte. Doch mit dem Giftangriff gegen den Pilz hat Matt auch GRÜN schwer geschädigt, und als der erneut auf Aruulas telepathische Kräfte zugreifen musste, kostete es sie ihren Lauschsinn. Entsprechend wütend ist sie auf Matt und weist ihn ab, um sich bei GRÜN weiter zu erholen. Haaley bleibt bei ihr, während Matt, Dak'kar und All'ec Kurs auf die Nimitz nehmen.

Dort schlägt Mabuta zu, als Matt und Dak'kar das Rezept für die Diamanten aus dem Dorf der Indios beschaffen. Die Nimitz-Besatzung droht zu unterliegen, da greift Haaley Mabuta direkt an und besiegt ihn! Mit der Abschrift der Formel können sie nun nach Macapá zurückkehren...

Schwesternim Geiste

von Ian Rolf Hill

»Du wirst uns noch beide umbringen!«

»Werde ich nicht, und jetzt halt die Klappe!«

Das etwa neunjährige Mädchen, das rittlings vor Haaley auf dem mit Pilzfäden überwucherten Hals des mutierten Kondors saß, schlug sich die Hand vor den Mund.

»Kam ipf pfo ma'en, tropf'em wirpf tu unf umpfring'n!«

Haaleys Augen hinter der Fliegerbrille ve‍rengten sich zu Schlitzen. Am liebsten hätte sie nach ihrer kleinen Schwester geschlagen, doch in Anbetracht der Geschwindigkeit, mit der der Geier zurück in die Todeszone flog, sowie der schwindelerregenden Höhe verzichtete Haaley auf jede überflüssige Bewegung.

Außerdem war es nicht mehr weit. Und sobald Aruula ihren Lauschsinn zurückbekommen hatte, war Choyganmaa Geschichte.

San Ignacio, Frühjahr 2523

»Aber das Versuchsobjekt macht Fortschritte!« Gaa'hal'barat ließ Dampf ab. Und das im wahrsten Sinn des Wortes. Zischend entwich der heiße Wasserdampf aus dem Inneren seines thermophilen Wirtskörpers.

»Du hast doch den Ruf des Oqualuns1 ebenfalls vernommen«, entgegnete Dra'sil'emro.

»Sicher«, bestätigte Gaa'hal'barat. »Es ist nur so, dass wir schon lange nicht mehr solch vielversprechende Exemplare hatten. Wir stehen kurz vor dem Durchbruch. Wenn wir jetzt abbrechen, war alles umsonst.«

»Willst du dich meiner Anweisung widersetzen?«, grollte der ranghöhere Daa'mure. »Oder gar dem Ruf des Oqualuns?«

»Nein.« Erneut spürte Gaa'hal'barat die Hitze in sich aufsteigen. Devot senkte er das Haupt, ehe er es in einem letzten Aufbegehren wieder anhob. »Doch diese Körper... sie... sind so... schwer!«

»Sie sind robust und widerstandsfähig«, konterte Dra'sil'emro. »Sie erfüllen ihren Zweck äußerst effektiv.«

»Dem kann ich nicht widersprechen«, gestand Gaa'hal'barat. »Dennoch betrachte ich es als meine Pflicht, dich darauf hinzuweisen, dass es eine Verschwendung von Ressourcen wäre, jetzt abzubrechen.«

»Wir haben keine andere Wahl. Meiner Ansicht nach haben wir bei der Steigerung der Intelligenz ein kritisches Niveau erreicht. Ich gebe dir recht, dass es eine Verschwendung ist, aber das Risiko, die Kontrolle über die Versuchsobjekte zu verlieren, ist zu groß. Daher erteile ich dir hiermit den Befehl, sie zu liquidieren.«

Wieder zischte Dampf zwischen den Schuppen von Gaa'hal'barats Wirtskörper hervor. Er versuchte gar nicht erst, einen Hehl aus seiner Enttäuschung zu machen. Dennoch fügte er sich der Anweisung. Allein schon deshalb, weil er genau wusste, dass Dra'sil'emro recht hatte.

»Ich habe verstanden«, sagte er daher. »Ich werde die Versuchsobjekte umgehend zerstören.«

Dra'sil'emro antwortete nicht; er war bereits mit den Vorbereitungen für ihre Abreise beschäftigt. Nichts sollte auf ihre Experimente hindeuten.

Seit der Schaffung der neuen Wirtskörper hatten die meisten Daa'muren ihre Experimente mit den intelligenteren heimischen Spezies, die für eine mögliche Übernahme in Frage kämen, eingestellt.

Zu diesem Zeitpunkt war die Versuchsreihe von Dra'sil'emro und Gaa'hal'barat jedoch schon so weit gediehen, dass beide nicht willens gewesen waren, ihre Experimente zu diesem Zeitpunkt einzustellen. Bis heute.

Der Ruf des Oqualuns war zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt gekommen, aber daran war nun mal nichts zu ändern. Ignorieren konnten sie ihn nicht, und so blieb ihnen praktisch gar keine andere Wahl, als ihre Experimente nicht nur einzustellen, sondern zu beseitigen.

Das Krachen und Bersten, das mit der Zerstörung der Gerätschaften einherging, begleitete Gaa'hal'barat auf seinem Weg zu den Versuchsobjekten, die in zwei Käfigen voneinander getrennt kauerten. Bei seinem Anblick fing das Weibchen an, aufgeregt zu keckern. Ihr Bauch war schon leicht geschwollen. In wenigen Zyklen würde sie Nachwuchs gebären.

Nein, dachte Gaa'hal'barat in einem Anflug von Bedauern. In wenigen Zyklen hätte sie Nachwuchs geboren. Gerade von dieser neuen Generation hatten sich die beiden Daa'muren viel versprochen.

Gaa'hal'barat schob sein Bedauern beiseite und öffnete die Tür zum Käfig des männlichen Exemplars, das sein beeindruckendes Gebiss bleckte.

Der feuerrote Kopf leuchtete noch intensiver; eine Folge der stärkeren Durchblutung, ausgelöst durch die Furcht, die das Versuchsobjekt empfand. Seine kognitiven Fähigkeiten waren bemerkenswert.

Ein weit weniger scharfer Verstand als der des Daa'muren hätte dem Geschöpf womöglich übernatürliche Kräfte zugesprochen. Gaa'hal'barat indes wusste, dass es lediglich gelernt hatte, auch winzigste Veränderungen in Körpersprache und Gebaren des Daa'muren wahrzunehmen und folgerichtig zu interpretieren.

Vielleicht nahm er sogar die gesteigerte Körpertemperatur wahr, die ein deutlicher Hinweis auf seine Erregung war.

Gaa'hal'barat streckte den Arm aus, um das Versuchsobjekt zu packen, das sich in den hintersten Winkel verkroch und eine schnelle Abfolge schriller Schreie ausstieß, die den Daa'muren in den Ohren schmerzten. Er musste sich ein wenig nach vorne beugen, während er nach dem Geschöpf tastete. Dabei verlor er es kurz aus den Augen.

Plötzlich hing es an Gaa'hal'barats Arm. Der Daa'mure grunzte unwillig und richtete sich auf. Er holte mit der freien Hand aus, um den Schädel des Versuchsobjekts zu zertrümmern, doch die Kreatur war schneller. Geschwind kletterte sie an seinem Arm empor.

Eine beißende Flüssigkeit spritzte Gaa'hal'barat in die Augen. Der Wissenschaftler brüllte auf und wankte zurück.

Das Männchen war längst abgesprungen. Gaa'hal'barat hörte, wie es sich am Käfig des Weibchens zu schaffen machte.

Der Daa'mure kochte vor Wut. Die Schmerzen ignorierend, stapfte er auf den Käfig zu. Noch in der Vorwärtsbewegung holte er mit der Faust aus und ließ sie auf den stählernen Zwinger hinunterfahren.

Der Käfig zersprang.

Doch die Insassin war bereits fort. Geflohen mit ihrem männlichen Artgenossen, der das Weibchen befreit hatte. Und die Tür stand noch immer offen!

Gaa'hal'barat wirbelte herum. Hektisch wischte er sich über die Augen und versuchte, den brennenden Urin wegzublinzeln. Schemenhaft sah er die beiden Versuchsobjekte durch den offenen Zugang in den dahinterliegenden Gang verschwinden.

Der Daa'mure nahm umgehend die Verfolgung auf. Kurz überlegte er, ob er die Gestalt wechseln sollte, doch ihm war nicht klar, in welche Form. Außerdem würde es viel zu lange dauern. Bis dahin waren die beiden Kreaturen längst fort. Und zwar für immer.

Gaa'hal'barat erreichte den Gang. Von den Versuchsobjekten war nichts zu sehen. Dafür tauchte Dra'sil'emro am anderen Ende des Flures auf.

»Was ist geschehen?«, wollte er wissen.

»Sie... sie sind entkommen«, meldete Gaa'hal'barat wahrheitsgemäß.

Dra'sil'emro schnaubte. »Dann fang sie ein. Sie dürfen nicht entkommen!«

Als ob er das nicht selber wüsste.

Es gab eigentlich nur eine Möglichkeit, wohin die beiden Geschöpfe gelaufen sein konnten. Wären sie Dra'sil'emro begegnet, hätte dieser anders reagiert. Sie mussten also über die Treppen nach unten gelaufen sein.

Gaa'hal'barat stieß abermals Wolken heißen Wasserdampfs aus, als er begriff, wohin die beiden Versuchsobjekte wollten. In das Tiefgeschoss. Dorthin, wo die primäre Spezies namens Mensch vor der Ankunft des Wandlers ihre Fortbewegungsmittel abgestellt hatte.

Das Tor zur Auffahrt stand offen. Wenn sie es bis dahin schafften, bestand praktisch keine Chance mehr, sie einzuholen.

Gaa'hal'barat beschleunigte seine Schritte.

Die Intelligenz der Kreaturen übertraf ihre Erwartungen bei weitem! Vor dem Ruf des Oqualuns wäre das ein Grund zur Freude gewesen, doch alles, was Gaa'hal'barat empfand, war Scham und Frust.

Er erreichte das Tiefgeschoss. Die Stahltür war schon vor langer Zeit aus den Angeln gebrochen worden. Dräuende Finsternis empfing ihn.

Die Wracks der Fahrzeuge, die im Lauf vergangener Zyklen mehr und mehr verfallen waren, zeichneten sich als schattige Hindernisse vor den Augen des Daa'muren ab, der immer noch nicht klar sehen konnte.

Im Hintergrund schimmerte es heller. Dort befand sich der Ausgang.

Über der breiten Zufahrt befand sich ein schweres Metallgitter. Mit ein wenig Glück hatten die Versuchsobjekte den Ausgang noch nicht erreicht. Sobald er das Tiefgeschoss abgeriegelt hatte, konnte sich Gaa'hal'barat in aller Ruhe auf die Suche nach den Kreaturen machen.

Der Motor des Gitters war längst defekt, doch Gaa'hal'barat traute sich durchaus zu, es per Hand herunterzuziehen. Diese Wirtskörper waren nicht nur robust und widerstandsfähig, wie Dra'sil'emro richtig festgestellt hatte, sie verfügten darüber hinaus über eine bemerkenswerte Kraft.

Gaa'hal'barat blieb unter dem Tor stehen und reckte die Arme. Da er in seiner jetzigen Gestalt nicht ganz an das untere Ende des Gitters heranreichte, verlängerte er kurzerhand seine säulenförmigen Beine.

Die Finger des Daa'muren schlossen sich um den unteren Holm und zerrten an dem stählernen Gittertor, das sich anscheinend verkantet hatte. Möglicherweise war auch die Mechanik eingerostet.

Gaa'hal'barat ruckte an dem Rolltor, um es aus der Verankerung zu lösen. Dreck und Rost rieselten auf den Daa'muren herab. Unwillig schüttelte Gaa'hal'barat das Haupt.

Das Tor glitt ein Stück nach unten – und blieb abermals hängen.

Wieder zog der Daa'mure an dem Gitter, als eine kleine Gestalt keckernd an ihm vorbeischlüpfte: das trächtige Weibchen.

Kurz darauf schlüpfte auf der anderen Seite das Männchen ins Freie. Gaa'hal'barat wollte ihnen folgen, konnte seine Beine jedoch nicht mehr bewegen.

Der Daa'mure warf einen Blick nach unten und bemerkte den porösen Schlauch, den die Kreaturen aus einem Kasten in der Wand gezogen und um seine Beine gewickelt hatten, während er noch an dem Tor geruckelt hatte.

Und obwohl das Material so porös war, dass er es vermutlich mühelos hätte zerreißen können, brachte es ihn aus dem Gleichgewicht.

Gaa'hal'barat kippte nach vorne. Er versuchte noch, sich an dem Gitter festzuhalten, doch das Gewicht seines fallenden Körpers verlor den Kampf gegen die Schwerkraft. Die Hand des Daa'muren rutschte ab; hart krachte er auf den Boden.

Dampf entwich zischend. Im selben Augenblick vernahm er das Rattern des Tores über sich. Dann traf ihn ein mörderischer Schlag in den Nacken. Der Druck war so heftig, dass die Schuppen zersplitterten.

Die Schmerzen waren unerträglich. Gaa'hal'barat wurde schwarz vor Augen.

Das Letzte, was er bewusst wahrnahm, war der rote Kopf des weiblichen Versuchsobjekts, das nur eine Körperlänge entfernt vor ihm am Boden kauerte und triumphierend keckerte.

Es hörte sich an, als würde das Vieh ihn auslachen.

Cleveres Mädchen, dachte Gaa'hal'barat noch, dann starb er.

Als Dra'sil'emro seinen geköpften Kameraden wenig später fand, fehlte von den Versuchsobjekten jede Spur.

Der Daa'mure hob das Rollgitter an und schob es so weit nach oben, bis es einrastete. Zusätzlich sicherte er es mit einem Stein, den er so fest in die Fuge drückte, dass er das schwere Gatter blockierte.

Dann begutachtete er Gaa'hal'barats Leiche.

Der Hals des Daa'muren war von der Stahlkonstruktion durchtrennt worden. Der um seine Beine geschlungene Schlauch, der bis zu einer Wandluke reichte und aussah wie die abgelegte Haut einer hiesigen beinlosen Spezies, bewies ihm, dass der Tod seines Kameraden kein Unfall gewesen war.

Dra'sil'emro trat ins Freie und ließ den Blick über die Straße und die Ruinen der umliegenden Gebäude schweifen. Nein, da war nichts zu machen. Die Versuchsobjekte blieben verschwunden. Vermutlich hatten sie längst den Wald erreicht.

Das Leben findet einen Weg, dachte Dra'sil'emro.

Er zerrte den Leichnam seines Artgenossen in den Schutz des Gebäudes. Anschließend schloss er das Rollgitter und kehrte in das Labor zurück, um das Werk der Zerstörung zu vollenden und Oqualuns Ruf zu folgen. Allein.

Heute

Mabuta war besiegt, vielleicht sogar tot.

Immerhin etwas. In Zeiten wie diesen musste man sich auch mit kleinen Siegen zufriedengeben. Obwohl... so klein war der Sieg über das Ameisenkollektiv nun auch wieder nicht.

Mabuta war neben dem intelligenten Pilzgeflecht, in das sich das angeschlagene Pflanzenbewusstsein GRÜN zurückgezogen hatte, der größte Superorganismus im Dschungel von Amraka. Und damit auch die größte Bedrohung für die hier lebenden Menschen, die er mit Hilfe seines Ameisengifts in willfährige Sklaven verwandelte.

Auf der Suche nach Aruula waren Matthew Drax und Haaley dem gefräßigen Ameisenkollektiv im wahrsten Sinn des Wortes über den Weg gelaufen. Damals hatte der Mann aus der Vergangenheit noch gehofft, mit Mabutas Hilfe seine verschollene Gefährtin Aruula wiederzufinden.2

Der Plan war böse nach hinten losgegangen.

Nicht nur, dass Mabuta sie in Ameisen verwandelt an Bord eines im Dschungel gestrandeten Flugzeugträgers eingeschleust hatte, er hatte Matt auch dazu gebracht, dem intelligenten Pilz mit Hilfe eines Fungizids schwere Schäden zuzufügen.3

Zu seiner Ehrenrettung musste an dieser Stelle gesagt werden, dass Matt zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, was es mit dem Pilzgeflecht auf sich hatte. Und dass in seinem Zentrum, inmitten der sogenannten Todeszone, seine Gefährtin Aruula in einem künstlichen Koma lag.