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Männer trauern anders - so leicht dahergesagt und doch so schwer zu fassen. In meinem ersten Buch habe ich versucht, den Männern entgegenzugehen, damit sie nicht über ihre Gefühle schreiben müssen. In vielen Gesprächen habe ich gemerkt, dass die Kommunikation für uns Männern hinsichtlich unserer Trauergefühle schwierig ist und häufig in Sprachlosigkeit endet. Vielfach fehlen uns die Worte, um unsere Trauer zu beschreiben. Aus diesem Grund hatte ich einen anderen Weg eingeschlagen und versucht, die Trauer der Männer durch ein Bild zu ersetzen, quasi ein Stellvertreter. Nach vielen tausend Kilometer durch Europa, war dann das Buch fertigt und bald veröffentlicht. Dann geschah das, was ich nicht erwartet hatte: Ein kleiner Teil der Männer wollte seine Geschichte aufschreiben, nicht nur das Bild stehen lassen. Und wieder begann die Suche nach Männern in Europa. Dank der Erfahrung aus dem ersten Durchgang konnte ich jedoch meine Autofahrten reduzieren. Die 31 Geschichten, die Sie hier lesen, stammen von einem kleinen Teil der Männer, die sich schon im ersten Durchgang beteiligt hatten. Viele Geschichten „neuer“ Männer kamen für „Teil 2“ hinzu. Dafür bin ich sehr dankbar.
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Seitenzahl: 137
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Ein Jahr voller Tränen
Fragenkatalog
Alter: 16
Alter: 59
Alter: 45
Alter: 66
Alter: 74
Alter: 45
Trauerarbeit
Alter: 54 Jahre
Alter: 37
Alter: 38
Alter: 66
Alter: 70 Jahre
Alter: 59 Jahre
Alter: 65 Jahre
Alter: 42
Berufsstand: Grafiker
Alter: 70
Alter: 51
Alter: 52 Jahre
Alter: 58 Jahre
Alter: 48
Alter:70
Alter: 70
Alter: 60
Alter: 42
Ein Jahr lang bist Du jetzt schon fort,
bist seitdem an einem fremden Ort,
ein Jahr lang getrennt in Zeit und Raum,
ein Jahr ohne Dich, ich glaub es kaum
ich vermisse Dich jede Minute, jede Stunde jeden Tag
es tut so weh, ich weiß nicht ob ich das länger ertrag.
Ich würde gerne wissen wo Du jetzt gerade bist
wie‘s Dir im Moment gerade geht, ob Du mich vielleicht siehst.
Ich sehn mich so sehr nach Deiner Haut, Deinen Armen,
Deinen Küssen,
werde ich für immer auf Dich verzichten müssen?
Der Gedanke daran macht mich traurig und böse
wenn sich das alles nur vergessen ließe.
Ich weiß Du hast vieles erduldet, gelitten
ich würde Dich gerne um Verzeihung bitten,
denn ich hab so vieles zu tun bei Dir versäumt
hätt‘ gern mehr für Dich getan, davon geträumt.
Du warst ein Mensch voll Liebe und Güte
Liebe zu geben wurdest Du niemals müde
alle liebten Deinen Humor und auch Deinen Charm
ach könnt‘ ich Dich nur einmal noch halten im Arm.
Vielleicht hast Du jetzt ein besseres Leben,
das zu wissen, dafür würde ich alles geben.
Am Liebsten aber wär‘s ich könnt Dich irgendwo
wiedersehen
mit Dir auf‘s Neue gemeinsam durch ein Leben gehen,
ich lieb Dich so sehr, es tut so fürchterlich weh
ich sag tausendmal „DANKE“ und bis dann ADJEU.
Du bleibst für ewig in meinem Herzen
doch jetzt sind darin nur ganz tiefe Schmerzen.
Nicht allzu fern werd auch ich einmal gehen,
und Dich dann hoffentlich wiedersehn.
Dein Toni
Männer trauern anders - so leicht dahergesagt und doch so schwer zu fassen. In meinem ersten Buch habe ich versucht, den Männern entgegenzugehen, damit sie nicht über ihre Gefühle schreiben müssen. In vielen Gesprächen habe ich gemerkt, dass die Kommunikation für uns Männern hinsichtlich unserer Trauergefühle schwierig ist und häufig in Sprachlosigkeit endet. Vielfach fehlen uns die Worte, um unsere Trauer zu beschreiben. Aus diesem Grund hatte ich einen anderen Weg eingeschlagen und versucht, die Trauer der Männer durch ein Bild zu ersetzen, quasi ein Stellvertreter.
Nach vielen tausend Kilometer durch Europa, war dann das Buch fertigt und bald veröffentlicht.
Dann geschah das, was ich nicht erwartet hatte: Ein kleiner Teil der Männer wollte seine Geschichte aufschreiben, nicht nur das Bild stehen lassen.
Und wieder begann die Suche nach Männern in Europa. Dank der Erfahrung aus dem ersten Durchgang konnte ich jedoch meine Autofahrten reduzieren. Die 31 Geschichten, die Sie hier lesen, stammen von einem kleinen Teil der Männer, die sich schon im ersten Durchgang beteiligt hatten. Viele Geschichten „neuer“ Männer kamen für „Teil 2“ hinzu. Dafür bin ich sehr dankbar.
Am Ende dieser Einführung finden Sie einen Fragenkatalog, der ebenfalls von den Männern selber entwickelt wurde.
Aber was will ich damit erreichen?
Wir Menschen haben das große Glück, dass wir von Erfahrungen anderer Menschen lernen können. Das Problem ist aber, dass wir häufig keinen Zugang zu bestimmten Erfahrungen haben, weil diese nicht kommuniziert werden. Gerade das Thema „Männertrauer“ ist dabei ein Feld, das uns Männern schwer auf der Seele liegt. Es war also meine Aufgabe, genau die Männer zu finden, die Worte dafür haben.
Ob diese stellvertretend für alle „schweigenden“ Männer stehen, kann ich nicht beurteilen. Dies können nur die Männer, die trauern und unser Buch lesen und sich vielleicht in dem einen oder anderen Teil wiederfinden. Wenn dem so ist, haben wir Erfolg.
Ich habe versucht, ein breites Spektrum wiederzuspiegeln und mich nicht auf einen bestimmten Typ Mann festzulegen. Die Angaben zu „Alter“ und den „Berufsstand“ finden Sie am Beginn eines jeden Interviews. Darüber hinaus sind die Texte weitestgehend anonymisiert, so dass die Privatsphäre der Männer geschützt bleibt.
An alle Leser, die diese Texte aufnehmen, aber keine eigenen Erfahrungen in diesem Bereich gemacht haben: Die Beteiligten dieses Buches wurden durch das Schreiben an die Grenzen des Ertragbaren geführt, und ich weiß von vielen, dass die Beantwortung der Fragen sich teilweise über Monate hinzog. Für viele war es ein Kampf. Hinter jedem Text lag und liegt vielleicht noch ganz viel Verzweiflung und Einsamkeit. Wir sind zwar Männer mit den ganzen gängigen Attributen, wie wir angeblich zu sein haben, wir sind aber manchmal auch nur ein Stück Elend.
Fragenkatalog
Alter:
Berufsstand:
Was ist passiert? Welches Ereignis löste die Trauer aus?
Wie war, wie fühlte sich Ihr Leben vor dem /-fall an?
Konnten Sie sich vorbereiten, oder war es ein plötzlicher Tod, Abschied, Unfall etc.?
Wie nahmen Sie die Veränderung auf?
Was passierte mit Ihnen in der ersten Zeit nach dem Ereignis?
Was war dann anders als vor dem Ereignis?
Was fühlten Sie? War da Trauer, und wie nahmen Sie diese wahr?
Was sagte der Kopf, und wie ging es Ihrer Seele?
Was half Ihnen gegen den Schmerz oder andere neuartige Gefühle (Kraftquellen)?
Hatten oder suchten Sie Hilfe?
Was hat sich seitdem in Ihrem Leben geändert?
Was war das Schlimmste für Sie, was das Hilfreichste in der Krise?
Mit einigem Abstand: Welche Bedeutung hatte die Trauer für Ihr weiteres Leben?
Können Sie Phasen erkennen, die Sie nach dem Verlust durchlebt haben?
Wenn Sie Ihre Partnerin verloren haben: Haben Sie heute eine Lebensgefährtin?
Was war weiterhin von Bedeutung?
Alter: 16
Berufsstand: Schüler
1. Was ist passiert? Welches Ereignis löste die Trauer aus? Die Trauer wurde durch den Tod meiner Mutter im Jahre 2009 ausgelöst.
2. Wie war, wie fühlte sich Ihr Leben vor dem Trauerereignis/fall an?
Das Leben vorher war leicht, erst in der Krankheitsphase bekam das Leben in seiner Leichtigkeit einen derben Knacks. Man fühlte sich vorher anders, sehr unbeschwert, als wäre man gar nicht richtig wach.
3. Konnten Sie sich vorbereiten, oder war es ein plötzlicher Tod, Abschied, Unfall etc.?
Bewusst hat mich mein Vater auf den Tod meiner Mutter vorbereitet. Ich war damals elf und hatte durch die Krankheit meiner Mutter sehr viel Verantwortung bekommen, insbesondere in dem Fall, dass ich ständig auf meine kleinen Geschwister aufpassen sollte, weil mein Vater oft mit meiner Mutter im Krankenhaus war. Ein halbes Jahr bevor meine Mutter verstarb, sagte mir mein Vater, dass sie Weihnachten nicht mehr überleben werde (meine Mutter starb am 17.11.2009) und dass ich die verbleibende Zeit mit ihr genießen sollte.
4. Wie nahmen Sie die Veränderung auf?
Es war schwer, als ob einem erst mal ein riesen Stein auf der Brust liegen würde. Als ob alles nur noch aus Angst vor der Zukunft besteht.
5. Was passierte mit Ihnen in der ersten Zeit nach dem Ereignis?
Ich wurde wütend. Ich hatte ständig alles getan um überall zu helfen, und meine Mutter starb doch, und dass machte mich richtig sauer.
6. Was war dann anders als vor dem Ereignis?
Es fühlte sich an, als ob der Gesprächspartner, der immer am anderen Ende eines Tisches saß, dem man immer alles fragen oder sagen konnte, einfach aufgestanden wäre, ohne wiederzukommen.
7. Was fühlten Sie? War da Trauer, und wie nahmen Sie diese wahr?
Unendliche Leere, weite öde Gedankenlandschaften ohne auch nur einen Hauch von Glücklichkeit.
8. Was sagte der Kopf, und wie ging es Ihrer Seele?
Mein Kopf reagierte beim leisesten Wort, dass auf meine Mutter hinwies, mit tiefer Bosheit auf den Menschen, der ein Wort über meine Mutter verloren hatte. Meine Seele fühlte sich an, als wäre ein Messer in ihr und es würde immer und immer wieder umgedreht werden.
9. Was half Ihnen gegen den Schmerz oder andere neuartige Gefühle (Kraftquellen)?
Kraft gab mir die Musik. Ich hörte und höre seitdem viel harte, dunkle Musik, die laut ist. Auch der Sport und seine Härte gab mir viel Kraft.
10. Hatten oder suchten Sie Hilfe?
Mein Vater hat versucht, mir eine Psychologin an die Hand zu geben, was aber nichts gebracht hat. Geredet habe ich dann mit einer guten Freundin.
11. Was hat sich seitdem in Ihrem Leben geändert?
Einiges, ich versuche hart zu sein, um über meine Verletzlichkeit hinwegzukommen. Ich mache viele Sachen, von denen die Leute sagen, es wäre nicht gut, es würde mich in einem falschen Licht dastehen lassen.
12. Was war das Schlimmste für Sie, was das Hilfreichste in der Krise?
Das Schlimmste waren die Leute, die immer wieder darauf herumritten, was passiert war. Das Hilfreichste waren Leute, auf die man sich verlassen konnte und die einen auch mal trösteten.
13. Mit einigem Abstand: Welche Bedeutung hatte die Trauer für Ihr weiteres Leben?
Sie gab mir einen anderen Blick aufs Leben. Sie hat mir gezeigt, dass es nach dem plötzlichen Schock weitergehen kann.
14. Können Sie Phasen erkennen, die Sie nach dem Verlust durchlebt haben?
Ja, erst meine anfängliche Wut, dann meine Gleichgültigkeit, und dann jetzt die Phase, wo ich etwas Neues begonnen habe und es sich gut anfühlt.
15. Wenn Sie Ihre Partnerin verloren haben: Haben Sie heute eine Lebensgefährtin?
Nein, ich bin ja auch erst 16.
16. Was war weiterhin von Bedeutung?
Die Musik, sie half mir, alles zu überstehen, und sie ist seit dem Tag immer in meiner Nähe und immer griffbereit.
Alter: 59
Berufsstand: Angestellter bei der Agentur für Arbeit, Leer
Im Herbst 1990 wurde bei meiner schwangeren Ehefrau Brustkrebs diagnostiziert. Leider wurde der Tumor während der Schwangerschaft als vergrößerte Milchdrüse angesehen – auch während weiterer Untersuchungen in der Schwangerschaft. Ihr wurde gesagt: „Bekommen Sie das Kind und stillen Sie, dann wird alles wieder gut“. Auch, als das Kind schon auf der Welt war, ließ meine Frau sich weiter untersuchen, wurde aber als hysterisch betrachtet. Lena war ein Jahr, als dann der bösartige Tumor festgestellt wurde – vom gleichen Chefarzt, der dann auch noch die Frechheit besaß zu fragen, weshalb sie jetzt erst käme.
Nach der OP in Bremen wurde uns dann erklärt, dass meine Frau höchstens noch dreieinhalb Jahre leben würde. Wir haben in der uns gegebenen Zeit viel über den Tod und das Sterben reden können. Sie hat sich den Stein für ihr Grab selber ausgesucht (ein Feldstein aus dem Garten meiner Schwester). Auch hatten wir die Zeit, uns von einander zu verabschieden. Ein großer Wunsch meiner Frau war, die Einschulung unserer Zwillinge (Frauke und Hannes) zu erleben. Was ja auch in Erfüllung ging. Heute möchte ich sagen, dass wir zumindest Hannes mit der frühen Einschulung keinen großen Gefallen getan haben – sie waren gerade erst sechs Jahre alt.
Veränderungen waren eigentlich an der Tagesordnung. Meine Frau war für unzählige Klinikaufenthalte in der Veramed-Klinik in Meschede, meine Kinder wurden in der Zeit bis zum Tod von 21 verschiedenen, mehr schlechten als rechten Haushaltshilfen betreut und versorgt und ich musste wieder meiner Arbeit nachgehen. Am 2. Mai 1995 ist meine Frau dann in den frühen Morgenstunden in Meschede gestorben. In mir war eine tiefe Leere, aber auch Wut. Wieso musste das uns (mir) passieren. Das Leben von den Kindern und mir musste neu organisiert werden. Von heute auf morgen wurden mir von der Krankenkasse die Haushaltshilfen gestrichen. Ich habe meine Arbeitszeit reduziert, um mehr Zeit für die Kinder zu haben, eine Haushaltshilfe hat auf meine Kosten den Haushalt versorgt. In dieser Zeit war ich oft sehr verzweifelt, wollte meinen Kinder aber auch nicht meine Trauer und meine Tränen zeigen, was sich leider nicht immer vermeiden ließ.
Nach vier Jahren allein mit den Kindern habe ich zur falschen Zeit die Tageszeitung aufgeschlagen und über die Kontaktanzeigen eine Frau kennengelernt. Den Teufel in Frauengestalt, mit dem ich acht Jahre verheiratet war. Dieses ist ein anderes Kapitel in meinem Leben. Nur: Mit diesem Teufel wurde den Kindern großes Leid zugefügt – heute haben sie aber alle drei ihren Weg gemacht und gefunden. Während und nach dieser Ehe hat sich die Trauer noch stärker bei mir bemerkbar gemacht. Ich habe mich total aus dem gesellschaftlichen Leben zurückgezogen, bin nur noch meiner Arbeit nachgegangen und habe Stunden am Grab meiner Frau verbracht. Das Leben ist an mir vorbeigezogen, ich hatte nicht mehr das Bewusstsein, das richtig wahrzunehmen. Im Frühjahr 2010 habe ich eine Freundin nach über 30 Jahren zufällig wieder getroffen, mit der ich heute (tagsüber) in einer wundervollen Partnerschaft lebe. Mit meiner Partnerin (die übrigens auch meine verstorbene Frau sehr gut gekannt hat) kann ich wunderbar lachen, mich an schönen Dingen erfreuen, sie ist die Muse für meine Kunst, sie lässt es aber auch zu, wenn ich traurig bin.
Alter: 45
Berufsstand: Selbständig als Fotograf und Schriftsteller
1. Was ist passiert? Welches Ereignis löste die Trauer aus?
Meine Frau starb 2009 nach zweieinhalb Jahren an Krebs.
2. Wie war, wie fühlte sich Ihr Leben vor dem Trauerereignis/fall an?
Es war ein Gleichklang. Es lief alles gut, wir hatten uns eingerichtet. Es plätscherte so dahin, alles war in Ordnung.
3. Konnten Sie sich vorbereiten, oder war es ein plötzlicher Tod, Abschied, Unfall etc.?
Meine Frau war zweieinhalb Jahre krank. Ob das aber eine Vorbereitung war? Wohl eher nicht. Es ist eine theoretische Gedankenarbeit, die letztlich aber durch das eintretende Ereignis getoppt wird.
4. Wie nahmen Sie die Veränderung auf?
Schlecht. Ich hatte nur noch Schmerzen, war mit der Situation, der Erziehung unserer vier Kinder, überfordert.
5. Was passierte mit Ihnen in der ersten Zeit nach dem Ereignis?
Ich versuchte einen Weg zu finden, weiterleben zu können. Den Kindern Halt zu geben. Es war alles irgendwie an der Grenze zum vollständigen Zusammenbruch.
6. Was war dann anders als vor dem Ereignis?
Es herrschte Chaos, Angst und Überforderung.
7. Was fühlten Sie? War da Trauer, und wie nahmen Sie diese wahr?
Schmerzen, mein Körper bestand nur noch aus Schmerzen.
8. Was sagte der Kopf, und wie ging es Ihrer Seele?
Der Kopf sagte: Geh weiter, und meine Seele sagte: Geh ihr nach.
9. Was half Ihnen gegen den Schmerz oder andere neuartige Gefühle (Kraftquellen)?
Ich begann mein Leben neu, verließ meinen Beruf als Biologe und wurde Schriftsteller. Das Schreiben half mir.
10. Hatten oder suchten Sie Hilfe?
Hilfe war wenig da. Ich stellte eine Haushälterin ein, um zumindest das Haus in Schuss zu halten. Meine Cousine half mir, weil sie die Erziehung des Jüngsten übernahm. Der Kontakt zur Familie brach ab.
11. Was hat sich seitdem in Ihrem Leben geändert?
Vorher war ich Wissenschaftler oder meinte zumindest, ich wäre einer. Ich versuchte, die Dinge sachlich, logisch anzugehen. Nach dem Tod meiner Frau habe ich diese Sachlichkeit gegen Emotionen eingetauscht.
12. Was war das Schlimmste für Sie, was das Hilfreichste in der Krise?
Das Schlimmste war die Einsamkeit, keine Gespräche mehr führen zu können, diese Stille. Keine Berührungen mehr. Das Hilfreichste war das Schreiben.
13. Mit einigem Abstand: Welche Bedeutung hatte die Trauer für Ihr weiteres Leben?
Es änderte sich alles. Ich bin heute ein anderer Mensch mit anderen Zielen.
14. Können Sie Phasen erkennen, die Sie nach dem Verlust durchlebt haben?
Erst habe ich mich für einige Monate sexuell ausgetobt. Vielleicht das kompensiert, was mir in den Jahren der Krankheit einfach fehlte. Dann setzte eine Art Besinnung ein, die mich dazu brachte, wieder nach vorne zu schauen. Diese dauerte ungefähr ein Jahr. In dieser Zeit wechselte ich den Beruf und konnte mich für eine neue Beziehung öffnen.
15. Wenn Sie Ihre Partnerin verloren haben: Haben Sie heute eine Lebensgefährtin?
Ja.
16. Was war weiterhin von Bedeutung?
Die aktive Suche nach einem eigenen Weg, nicht nur verbunden mit der Trauer, sondern auch im Umgang mit mir selbst.
Trauer nach Trennung und Scheidung
„Eine falsche Lebensplanung?“
Alter: 66
Berufsstand: Pensionär
1. Was ist passiert? Welches Ereignis löste die Trauer aus?
Es war im Sommer 1986, als meine Frau mit unseren vier Kindern unser gemeinsames Haus verließ. Für mich brach eine Welt zusammen. Plötzlich war ich, der selbst in einer zehnköpfigen Familie groß geworden war, in einer großen Doppelhaushälfte völlig alleine.
2. Wie war, wie fühlte sich mein Leben vor dem Trauerereignis an?