Mein Neckar-Elz II - Juergen von Rehberg - E-Book

Mein Neckar-Elz II E-Book

Juergen von Rehberg

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Beschreibung

Nach dem fulminanten Erfolg von "Mein Neckar-Elz" (Dorfidylle aus der Sicht eines Heranwachsenden) und dem Drängen der Leser auf eine Fortsetzung, erscheint jetzt "Mein Neckar-Elz II" (...da fällt mir noch ein) mit weiteren Erinnerungen an die Zeit nach dem 2. Weltkrieg. Es werden persönliche Erlebnisse geschildert, welche die nicht immer einfachen Situationen auf dem Dorf widerspiegeln. https://www.juergen-von-rehberg.at

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Seitenzahl: 57

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Ich widme dieses Buch all den Menschen, welche das Buch gelesen bzw. gekauft haben. Mir wurde so viel Lob und Anerkennung zuteil, dass ich aus dem Staunen gar nicht mehr herauskam. Vielen Dank allen!

Der Bitte von vielen Lesern auf eine Fortsetzung bin sehr gern nachgekommen

Krems-Rehberg, im Oktober 2017

Inhaltsverzeichnis:

Vorwort

Wie alles begann

Das Heranwachsen

Schicksalsschläge

Die Lindengasse

Bucheckern und Ährenlesen

Big Jon

Erinnerungssplitter

Nachwort

Vorwort:

Liebe Leser!

Als ich „Mein Neckar-Elz“ im Jahr 2016 geschrieben habe, konnte ich nicht ahnen, was daraus werden würde.

Das Büchlein fand ein solches Echo, dass ich davon völlig überrumpelt wurde. Bis zum heutigen Tag wurde es über 250 Mal gekauft und wohl auch gelesen.

Über das hinaus wurde ich von vielen Neckarelzern kontaktiert, die mir in liebvollen Kommentaren bestätigt haben, dass ich ihnen aus der Seele geschrieben habe.

Dafür bedanke ich mich recht herzlich!

Was mich über die Maße erstaunt hat, ist die Tatsache, dass mich auch junge Menschen kontaktiert haben.

Auch dafür meinen ganz herzlichen Dank!

Jetzt beginne ich gerade ein weiteres Büchlein „Mein Neckar-Elz“ zu schreiben, quasi eine Ergänzung zum ersten. Ich wurde von verschiedenen Seiten dazu angesprochen und ermuntert.

Mal schauen, was daraus wird…

Wie alles begann

Es war die letzte Kriegsweihnacht, als das Christkind in die Hauptstraße 207 – vier Tage vor Heiligabend - ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk vorbeibrachte.

Es handelte sich um ein Knäblein, welches im Neuen Jahr auf den Namen Jürgen, Josef getauft werden sollte. Also um mich.

Jürgen – in Anlehnung an einen lieben Verstorbenen namens Georg, Josef – nach dem Namen meines Vaters.

Im Zimmer zugegen waren die „Storchenmutter“, mit bürgerlichem Namen Frau Müller und Hebamme ihres Zeichens, und die Schwester meiner Mutter namens Luise.

Besagte Schwester wich keinen Zentimeter vom Bett meiner Mutter, und sie verließ das Zimmer erst dann, als die Hebamme ein energisches Wort an sie gerichtet hatte.

Als ich mein Erscheinen in der Welt durch einen lauten Schrei kündete, kam Tante Luise flugs herbeigeeilt, bewaffnet mit einer gusseisernen Pfanne, in welcher ein intensiv duftendes Stück Fleisch ruhte.

Leider zog diese Eintrittskarte überhaupt nicht. Der starke Geruch des Fleisches rief einen solch heftigen Brechreiz bei meiner Mutter hervor, dass sie mit der ihr verbliebenen Kraft laut „hinaus!“ rief.

Tante Luise hat ihr diesen Hinauswurf sehr lange Zeit nicht verziehen.

War die Geburt schon kein Zuckerschlecken, so kam es noch dicker.

Die Brüste meine Mutter entzündeten sich so sehr, dass sie mich nicht stillen konnte. Es musste also dringend Milch her.

Was heute unverständlich und nicht nachzuvollziehen ist, war damals ein Riesenproblem. Es gab zwar einige Bauern im Dorf, aber dennoch war es nicht leicht irgendwelche Lebensmittel zu bekommen. Und ich meine Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln, Gemüse und Milch.

Es gab, es gibt und es wird immer Menschen geben, die vom Krieg profitieren. Wer etwas zu verkaufen hatte, der wollte auch Bezahlung dafür haben.

Und das geltende Zahlungsmittel in jener Zeit war nicht Bargeld, sondern Schmuck und Bettwäsche. So wechselten nicht nur Ringe, Armbänder, Uhren oder Goldketten den Besitzer, sondern auch Tischdecken oder Bettwäsche. Vorausgesetzt, sie waren von hochwertiger Qualität.

Geld verlor ständig an Wert. Durch die Inflation im Jahr 1945 und in den folgenden Jahren wurde das Geld schneller entwertet als es gedruckt werden konnte.

Erinnerungen an die Inflation 1914 -1923 wurden wach, als sogar Städte ihr eigenes Geld drucken ließen und in Umlauf brachten. Wie auch die Stadt Mosbach.

Oder die Badische Bank der Stadt Mannheim…

Da wurden aus 1000 Mark auch schnell mal schnell eine Milliarde. Ein roter Überdruck und fertig…

Was die Gestaltung anging, so war man schon sehr erfinderisch und künstlerisch voll ambitioniert…

Holde Weiblichkeit für das Auge des geneigten Betrachters…

Wobei man bei diesem Geldschein scheinbar schon erkennen kann, wohin die Reise geht…

Im Proporz zur Verkleinerung des Geldwertes… wurden die gleichen Geldscheine in einem größeren Format und in kleinen farblichen Veränderungen gedruckt…

Doch wieder zurück zu den Schwierigkeiten in jenen Tagen etwas zu essen auf den Teller zu bekommen.

Nachdem die Bauern im Dorf – es waren wohl nicht alle gleich – nur unwillig Lebensmittel ohne entsprechenden Gegenwert herausrückten, blieb nur noch das „Hamstern“.

Das geschah derart, dass einer „Schmiere stand“, während die anderen Beteiligten auf fremden Äckern wilderten.

Eine kleine Anekdote hierzu:

Meine Mutter und Tante Luise gingen, zusammen mit einer Freundin, auf Kartoffelklau. Der Acker, auf welchem die Früchte der Begierde wuchsen, lag im Bereich vom „Lager Hohl“.

Während die drei Frauen fleißig beim Ernten waren, hatten sich US-Soldaten herbei geschlichen und sprachen die Frauen an.

Nacktes Entsetzen ergriff die Kartoffeldiebe, zumal es sich bei den Soldaten um schwarze Neger (heutzutage politisch korrekt: colored people) handelte.

Sie rannten in panischer Angst die nach oben führende Straße hinauf, ohne sich auch nur einmal umzudrehen. In ihren Ohren dröhnten die Schritte der Verfolger.

Als sie oben angelangt waren, blieb eine der drei Frauen mit den Worten stehen: „Ich kann nicht mehr…“

Und als auch die beiden anderen anhielten und sich umschauten, bemerkten sie, dass niemand hinter ihnen war.

Die GI’s hatten einfach nur im Stand mit den Füßen auf den Boden getrampelt und so bei den angstgetriebenen Frauen den Eindruck vermittelt, sie würden sie verfolgen.

Was beim Erzählen viele Jahre später Heiterkeit auslöste, war damals mit Todesangst verbunden.

Die Haltung einzelner Bauern, aus der Not hungernder Menschen Profit zu schlagen, hat man ihnen irgendwann wohl verziehen; indes vergessen hat man es nie.

Der unsägliche Krieg ging im Mai 1945 zu Ende. Damit begann die Zeit der Besatzung durch die Alliierten.

Amerikanische Soldaten wurden in den Wohnhäusern der Neckarelzer Bürger einquartiert. Sie gingen von Haus zu Haus, besichtigten und requirierten dann.

Auch mein Elternhaus wurde besichtigt. Unser Trumpf-Ass hieß Tante Luise und diese Karte stach.

Meine Wenigkeit, inzwischen schon fähig auf dem „Pot de chambre“ – eingedeutscht als „Potschamber“ – zu sitzen, wurde als Waffe eingesetzt.

Da saß ich nun auf besagtem Nachttopf inmitten der Küche und strahlte die Prüfungskommission mit kotverschmiertem Gesicht an.

Die Gesichtsbemalung wurde als Verstärkung des zu vermittelnden Eindrucks eingesetzt, jedoch ohne mich vorher zu fragen.

Nacktes Entsetzen in den Gesichtern der Soldaten verriet unmittelbar die gewünschte Wirkung, und als sie die Schlafstätte besahen, gab ihnen diese den Rest.

Tante Luise, inzwischen ihrem 40. Lebensjahr schon sehr nahe, hatte die geniale Idee, eine dreckige, verschlissene Steppdecke auf dem Doppelbett auszubreiten, die normalerweise als Abdeckung für die Kartoffeln im Keller fungierte.

„Goddam“, „dirty“ und „sick“ waren nur einige der Worte, mit dem der Anführer der Truppe den miserablen und verabscheuungswürdigen Zustand des Hauses in der Hauptstraße 207 bezeichnete.

„Come on“ und „let’s go!“ waren die letzten Worte; dann verschwand der kleine Requirierungstrupp und ward nie mehr gesehen.

Die umliegenden Nachbarn verstanden nicht, warum gerade unser Haus verschont geblieben war. Und Mutter und Tante verstanden es ebenso wenig.

Zumindest taten sie so…