Mein zauberhafter Elefant - Nicole Diercks - E-Book

Mein zauberhafter Elefant E-Book

Nicole Diercks

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Beschreibung

Man lebt so vor sich hin und plötzlich hat man dann dieses Pferd ... Was das bedeutet, kann sich keiner vorstellen, der nicht live dabei war. Leider ist ausgerechnet dieses Pferd dann immer kein gut eingetragener Wallach aus dem Schulbetrieb, sondern ein ganz anderer Fall! So war es auch bei mir. Und weil ich sonst keine Tagesziele hatte, dachte ich, dass es eigentlich eine ganz gute Idee wäre ein pubertierendes Pferd in Not zu adoptieren. Die Idee war insbesondere daher perfekt, weil ich ja keinerlei Ahnung von Pferden hatte. Und da waren sie wieder, meine drei Probleme: Ein vollkommen unerzogenes Pferd in der Pubertät! Eine vollkommen ahnungslose Pferdebesitzerin! Eine Menge vollkommener Irrer, die drum rum standen und gute Ratschläge brüllten! Dieser erste Teil meiner kleinen Serie soll jenen Mut machen, die den gleichen harten Weg gehen wie ich, und soll jene amüsieren, die Pferde wie auch Pferdegeschichten lieben und die ein Happy End zu schätzen wissen. Denn fast, soviel kann ich Euch hier schon verraten, fast hätte es keines gegeben...

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Mein zauberhafter Elefant

Mein zauberhafter ElefantImpressum

Mein zauberhafter Elefant

Es hatte nichts darauf hingedeutet, ich war 52 und lebte mit meinen beiden Hunden im Koog an der Nordsee so vor mich hin … da kreuzte plötzlich ein Pferd meinen Weg. War ich nicht drauf vorbereitet und das traf mich, wie sagt man da so schön, mitten zwischen die Augen. Ich wusste das über Pferde, was Leute über Pferde wissen, die eben nichts über Pferde wissen: Dass sie Säugetiere sind, Vegetarier, Fluchttiere, groß, bis ziemlich groß, bis hin zu elefantös, eher grobmotorisch veranlagt - und dass man drauf reiten konnte, wenn man denn reiten konnte. Und runterfallen halt … je nach dem. Tja. Und dann lernte ich, eher zufällig, wie sowas ja immer kommt, dieses Pferd kennen. Sie stand hinter meinem Haus und war die Leitstute einer Herde lauter ungezogener Kleinwüchsiger. Das Einzige, was ich zu diesem Zeitpunkt über sie wusste war, das sie ein begnadetes Springpferd war, und der dürre Drahtzaun mit dem Strom daher kein Hindernis für sie darstellte. Das erfuhr ich allerdings auch nur deshalb, weil sie und ihre Kumpels eines schönen Mittwochnachmittags höchst interessiert, direkt durch meine englischen Rosen hindurch, in mein Wohnzimmer guckte. Dabei hatte sie und ihr Club hunderte feiner Löcher in meine englische Wiese gestampft und überall hin gekackt. Fein. Und weil ich mich eben ja so ausgesprochen gut mit Pferden auskannte, trieb ich sie dann nicht zurück auf die Koppel, sondern sie beschlossen das ungemütliche Ödland, mit all dem Gewedel und Geschreie, standepede zu verlassen. Daraufhin, und dieses Verhalten ließ einige Erfahrung vermuten, verströmten sie sich entspannt im Koog, wo sie ein bisschen den Verkehr regelten … Ich war nur deswegen noch einigermaßen entspannt, weil zwei halbwüchsige Holsteiner, in Begleitung eines deutschen Ponys und eines mächtigen Apfelschimmels möglicherweise dann vor dem örtlichen Dorfkrug vielleicht doch als leicht deplatziert auffielen. Und überfahren tat man sowas ja auch nur ganz selten.

Es war ein Ereignis auf das prompt die Bürgermeisterin und ihre Entourage einrückte und das ganze planlose Zeugs dann wieder einsammelte ... Naja, unter uns, was heißt „Springpferd“!? Vielleicht lag es an den Augen oder sie hätte die Klasse besser nochmal wiederholt … Sie hatte wohl die Angewohnheit einfach immer mal wieder spontan durch den Zaun zu gehen. Springen leicht gemacht, sozusagen. Warum den Boden verlassen, wenn es nur kurz an der Brust etwas zwackt …?! wir wissen es nicht und sie hielt dicht. Ein ausgewiesener Feinmotoriker war also dieses Tier. Dann erfuhr ich, auch wieder nur durch Sichtbefund, dass sie eine Art Marder war und eine ausgewiesene Schwäche für Plastik aufwies. Drei Pferde leckten das teure, gute Salz aus dem Eimer … Eines jedoch spielte mit dem teuren, guten Salz und dem Eimer Hammerwerfen. Und aß dann das Plastik, wenn der Eimer endlich leer war. Als man den total angenagten gelben Bottich schließlich in einen Autoreifen stellte, spielte sie zuerst mit dem Salz, dann mit dem Eimer, dann mit dem Reifen einfach weiter Hammerwerfen. Die Wiese sah daher immer etwas unaufgeräumt aus. Das galt auch für die Badewanne mit dem Trinkwasser. Zumeist stand darin eine brodelnde braune Brühe. Und eines Tages sah ich dann, wer daran federführend war: Es war mal wieder sie, die entspannt zur Wanne schlenderte und dann nacheinander ihre schlammigen Vorderhufe dort hereinsteckte und minutenlang, sehr interessiert guckend, kräftig umrührte. Die Halbwüchsigen standen daneben und staunten über so viel Souveränität. Und es dauerte gar nicht lange, schon quirlten auch sie in der trüben Pampe, höchst fasziniert, mit den matschigen Füßen herum. Weil sie so einen Charakter, und offensichtlich auch Humor besaß, begann ich mich für sie zu interessieren, und ging mal zu ihr rüber. Sie sah mich mit ihren riesigen, ruhigen, klugen Augen an, kam dann auf mich zu und küsste mich plötzlich - und völlig ohne Vorwarnung - mit Schmackes voll ins Gesicht. Dann legte sie ihren Kopf auf meine Schulter und nagte zart an meinem Hals. Unglaublich. Es war als sagte sie: „Hallo Mami. Gut, dass Du jetzt da bist. Ich hab echt Probleme hier …“ Ich erfuhr, dass dieser bildschöne und sehr mächtige Apfelschimmel ein Mecklenburger Vollblut war, ca. 700 KG wog, ein Stockmaß von zierlichen 172cm besaß, dabei aber überbaut war und somit wohl noch wuchs, und viereinhalb Jahre zählte. Sie gehörte zwei jungen Männern, die beide ihre eigenen Pferde hatten und sich dieses als gemeinsames Sportgerät zum Ringreiten gekauft hatten.

Der Name, den sie diesem großen, edlen, schönen Tier verpasst hatten, sprach schon Bände: „Frau Schröder“ oder kurz einfach „Schröder“ … nach dem Namen einer der Beteiligten. Trotz vielfacher Warnungen hatten sie den Fehler begangen ein dreijähriges, völlig ungebildetes  Pferd zu kaufen, um sie, als völlige Laien, kurz mal auszubilden. Sie spielte anfangs mit, ließ sich sogar problemlos anreiten, entwickelte dann aber plötzlich unter dem Arbeiten komische Gangbildstörungen in der Hinterhand. Sie schlackerte und eierte herum und war schlagartig extrem unbalanciert. Also stellte man sie im April mit vier Jahren genervt auf die Koppel, wo es sich dann wohl etwas besserte aber nicht wieder wegging. Natürlich folgte sofort die Hau-drauf-Diagnose „Ataxie“. Und dann legte dieses eigentlich extrem friedfertige Tier kurz mal nach und keilte beim Verladen plötzlich auf die Hüfte einer ihrer Besitzer. Ich hatte dazu so meine Meinung ... Und damit war dann im November ihr Urteil gesprochen: Wurst! Verkaufbar war so ein Tier natürlich nicht, auf dem völlig übersättigten Pferdemarkt in Nordfriesland: fast untrainiert, nicht beritten, dafür aber mit ataxischen Gangbildstörungen unbekannter Genese und lockerem Hinterhuf, auweia! Und dann kam ich, denn ich konnte es einfach nicht ertragen zu wissen, dass diesem Lebewesen der Tod drohte. Dieses Tier war so bildschön und hatte einen so ausnehmend wundervollen Charakter, denn sie war, trotz ihrer Jugend, eine völlig souveräne Leitstute: sie biss nie, keilte nie, fauchte nicht, und hatte eine Engelsgeduld mit all den Faxen der ausgeflippten Halbwüchsigen da. Maximal zeigte sie mal genervt ein paar Zähne und machte den Hals lang, worauf die Kurzen sofort respektvoll einen Meter wichen und die Köpfe senkten. Es war einfach bezaubernd mit anzusehen, wie die da alle an ihr klebten, denn wann immer die Chefin den Kopf senkte, pichten sofort mindestens zwei Schnäuzchen rechts und links an ihr dran, die auch mal gucken wollten, was es da wohl grad zu sehen gab. Ein ganz zauberhaftes und höchst friedvolles Bild.

Ich erspare mir an dieser Stelle den philosophischen Schlenker, wie es denn wohl sein kann, dass angeblich fühlende Wesen ein anderes fühlendes, völlig unschuldiges, und nebenbei gesagt auch noch von ihnen abhängiges Wesen, einfach zum Schlachter schicken konnten, wenn es die in es gesetzten Vorstellungen eben einfach nicht sofort erfüllte. Ich hoffe, das rächt sich irgendwann, irgendwie, und ich hoffe ich erfahre dann davon! So erwarb ich also „Schröder“ zu einem sehr guten Schlachtpreis und hatte, als absolute Anfängerin in dem Gewerbe, jetzt plötzlich ein junges, unerfahrenes Pferd mit Gangmusterstörungen am Hals ...

Eine der Frauen aus der Herde, die sich als absolute Pferdekennerin aufspielte und sagte sie sei Beritt-Meisterin, riet mir zu diesem Kauf. Es sei so ein klasse Pferd und wir beide passten einfach ganz super zusammen! Na, dann … Sie versprach mir glaubhaft ihre tatkräftige Unterstützung, denn ohne diese würde ich das gar nicht stemmen können. Schon gar nicht als Anfängerin, und erst Recht nicht mit ihr, die ja auch nichts konnte. Das klang doch schon mal ganz gut, fand ich damals leider.  

Mein neues Pferd bekam jetzt ganz offiziell den Namen „Mary Poppins vom Koog“ und wir begannen auf der Koppel nun ein bisschen miteinander zu arbeiten, gingen Gassi, hielten an, gingen wieder los, und sie ließ sich sofort anstandslos rückwärts richten. Ich war echt platt … Immerhin forderte ich damit ihre Unterordnung und sie kannte mich ja noch gar nicht! Sie hingegen schien meine Gedanken zu lesen, denn wenn ich nur etwas langsamer wurde, blieb sie schon stehen. Es war für mich erstaunlich zu erleben mit welcher Willigkeit und Intensität „Poppy“ mir folgte. Trotzdem das Jungvolk überall rumstand, störte, kreuzte, mich anrammte und inspirierend herum galoppierte, blieb sie nur bei mir und wollte viel lieber Gassi gehen. Etwas nervig war, wenn es mir auch schmeichelte und ich es zuckersüß fand, ihr ständiges Gepule an mir. Wann immer ich in ihre Nähe kam, machte sie sich sofort an mir zu schaffen, schnäbelte, nagte, nahm meine Hände in den Mund, stupste mich, rammte mir dem Kopf in den Rücken, schubberte sich an mir, und forderte ununterbrochen meine Aufmerksamkeit ein. Ich vermutete, sie genoss es einfach, dass sich endlich mal jemand mit ihr positiv beschäftigte und lieb zu ihr war … Und da ich Pferde ja nun nicht kannte, verbuchte ich das mal als positiv und unter „Sympathiebekundungen“ und nicht unter "Respektlosigkeit" ... was es ja nun leider war.

In dem Stall, in dem ich erst einmal blieb, auch weil er in der Nähe war, nahm keiner der Frauen da auch nur mal zur Kenntnis, dass dieses Pferd nun „Poppy“ hieß, und nannten sie alle völlig respektlos weiter „Schröder“. Weil: Da haben wir uns eben nun mal so dran gewöhnt, und das ist ja auch so lustig! Oder sie sagten, was ich noch viel schlimmer fand: „Dein Elefant“. Ich biss ja völlig aus unter den ganzen kleinen Pummelchen da: hoch, schmal, städtisch, intellektuell, modisch und elegant. Auweia. Und ich machte einen fetten Fehler und tat so, als hätte ich es mit Normalen zu tun, denn ich sagte offen: „Ich bin Anfänger! Ich kenne mich mit Pferden null aus!“ Insbesondere bei meiner Vorbildung war das nicht nur völlig verhorstet, sowas sollte man heutzutage überhaupt nie mehr machen! Immer schön breitbeinig reinkommen und sich bloß nicht in die Karten gucken lassen! Sollten die Ergebnisse dann ein bisschen vergurkt im Abgang rüberkommen, und sollten andere dann wieder nonchalant die übliche Augenbraue heben, sage man nur selbstbewusst abwehrend: „Das sollte genauso sein, Du verstehst nur nicht, was ich angepeilt hatte!“ HÜST. Denn nun war ich eine super-psycho Beute: Der Stalldepp war eingezogen! Sie gingen dann auch sofort auf mich los und überschütteten mich mit einer Flut undurchsichtiger, unnötiger, ungewollter, unsinniger, unverstehbarer und vollkommen undurchdachter Ratschläge, die allesamt den Aufkleber trugen: „Mein Gott bist Du vernagelt, dass man Dir das alles auch immer noch lang und breit sagen muss!“ Wenn ich abwehrend reagierte, stempelten sie sich sofort zum Opfer: „Mein Gott, wir meinen es doch nur gut Dir!“ Es war wichtig, dass sie mir das sagten, denn da wäre ich von alleine nie drauf gekommen, weil es sich einfach so total scheiße anfühlte! Sie amüsierten sich fast zu Tode, weil ich nicht wusste, dass man das Mundstück von der Trense selbstverständlich nach dem Tragen abspülte?! Sie sagten überheblich grinsend, dass ich meine Zahnbürste ja nun auch reinigen würde …?! Ich für meinen Teil sparte mir jegliche Entgegnung und wusch das verdammte Mundstück, in freundlichem Gedenken an meine Zahnbürste, eben wortlos ab. Ich hatte es gut mit mir gemeint und mir mit meinem Geständnis so eine Art Welpenschutz erhofft, und auch noch auf wohlmeinende Unterstützung gesetzt. Das hätte auch funktioniert, wenn ich es mit fühlenden und liebenden Wesen zu tun gehabt hätte, denen es schon psychisch-sozial ein Bedürfnis gewesen wäre mich auf ihr Niveau zu heben, und mir aus der Not zu helfen. Wenn man es aber nun mit Narzissmus oder anderen psychischen Auffälligkeiten zu tun hat, stempelt man sich mit sowas selber zum Prellbock, frei zum Abschuss, an dem all die Minderwertigkeitskomplexe, Negativität und Aggression endlich mal rücksichtslos ausgetobt werden können. Das muss man einfach mal ganz wertfrei feststellen, denn es liegt so in der Psychologie einfach begründet. Aber da man nicht immer sofort weiß, wes Geistes Kind einem da begegnet, und da man meiner Einschätzung nach heute schon zu mindestens 25% die Chance hat, dass der Andere voll einen an der Marmel hat, trage man seine Bizeps besser stets aufgepumpt und sicherheitshalber mit Ankertattoo. Es heißt heutzutage: Keine Schwächen mehr zeigen!

Schon schnell fiel mir auf, dass ich da in eine Stallgemeinschaft extrem negativer Frauen geraten war. In den fünf Monaten da hörte ich nicht ein einziges anerkennendes, bestärkendes oder gar lobendes Wort - nicht eines. Ich hörte nur immer sofort einen ätzenden und stets persönlich abbauenden Kommentar, wenn irgendetwas mal wieder nicht stimmte. So bekam ich eines Abends, nachdem ich gefüttert und geputzt hatte, das Foto eines komplett vollgeschissenen Futtertroges auf dessen delikater Füllung geschmackvollerweise auch noch fünf Möhren prangten. Wie so was denn wohl bitte sein könne?! Fragte ich mich ehrlich gesagt auch: Wieso schiss ein gut eingetragenes deutsches Pony voll in den Trog?! Antwort: „Ja, das machen die eben so!“ Verstehe. Und mir war auch nicht klar, wieso man sowas um neun Uhr abends inspizierte, aber gut - egal jetzt. Das Urteil über mich war ja bereits längst gefallen, ich hätte es mir also vollkommen sparen können zu erklären, dass ich die Möhren heute, ohne hinterherzugucken, nur mal kurz durch die Stangen geschnipst und das erforderliche „Klong!“ beim Aufprall leider dann nicht vermisst hatte. Na klar, ohne Schulabschluss passiert so was eben einfach mal! Beim nächsten Gig teilte man mir dann mit, dass die Tür offen gestanden hätte, und das ginge ja wohl mal gar nicht?! Ich hätte gleich sagen sollen, dass es wieder mal Absicht gewesen war, einfach weil keiner seinen Trog zugeschissen hatte -  und ich halt was Neues brauchte. Einfach um sie alle da zu piesacken! Doch ich erzählte doofer weise von meinen Schwierigkeiten mit dem alten Schließer. Mit widerwärtigster Großartigkeit demonstrierte die Vorsitzende der ganzen Irren dort dann beim nächsten Treffen die nötige, völlig eingängige, und sich natürlich erschließende, Bewegung aus Heben, Drücken und Ziehen, mit der sich das Schloss selbstverständlich, sofort und leicht, bewegen ließ. Ich werde nie vergessen, wie sie die Oberlippe aufblies und in verächtlicher Art sagte: „So was zu wissen, hätte ich bei jemandem mit Abitur ja wohl mal vorausgesetzt …“, und mir blieb der Mund offen stehen, weil ich zuerst dachte mich verhört zu haben?! Einige Überlegungen ergaben: Die hatten scheinbar Schiss vor mir, der städtischen Intellektuellen - und darum musste ich, wo es nur ging, schnell auf Dina4 mit Heftrand zusammengestaucht werden! Nicht, dass ich hier mit meinem schwer erziehbaren Elefanten dann noch dicke Ärmchen kriegte und voll auftrumpfte?!

Es hagelte parallel ein Sturm vollkommen ungebetener „guter Ratschläge“. So teilten sie mir dann mit, dass der gewählte Besen zu groß für die Stallgasse sei, und sie erleuchteten mich, dass die Anzahl der gefütterten Möhren abhängig von der Größe sei! Gut, dass man mir das endlich mal nahe brachte, immerhin gab es auf meinem Heimatplaneten ja nun weder Karotten noch Physik. Und wann immer ich es wagte eine gut überlegte Frage zu stellen, kam die Antwort in ein und derselben Tonalität: „Mein Gott musst Du bescheuert sein, dass Du das nun auch schon wieder nicht weißt?!“ Ich bin eine ziemlich tolerante Sorte, die auch ein gewisses Quentchen Geduld für Blödheit aufbringt, irgendwann allerdings war ich dann so dermaßen gequält von diesen ganzen kleinlichen und peinlichen Attacken, dass ich von mir selber nur noch in der dritten Person als „Stalldepp“ sprach: „Der Stalldepp braucht Möhren und findet sie nicht, wahrscheinlich sind die Augen jetzt auch noch kaputt, wo das Gehirn ja schon nicht mehr tut!“ und „Der Stalldepp findet die Heuforke nicht, naja, kein Wunder mit einem IQ von 14!“ und „Der Stalldepp ist 15 Minuten zu spät wegen Stau auf der B5, den er nicht hatte kommen sehen - wegen seiner geistigen Zurückgebliebenheit wahrscheinlich!“ Ich forderte bei jedem dummen Ratschlag sofort laut, dass man mir bitte jegliche Fähigkeit zu logischem Denken von vorneherein absprechen möge, und dass man mich bitte einfach immer so behandelte, als sei ich geistig behindert! Außerdem sollte man dringend den Tierschutzbund anrufen, um ihn darüber zu informieren in welch katastrophalem Zustand sich das so toll erzogene Tier aktuell wegen mir befand! Die Reaktion überraschte nicht: ätzendes Beleidigtsein - dann eben nicht! Was mit mir eigentlich nicht stimme, dass ich jeden doch so gut gemeinten und netten Rat in den Wind haute, wo ich doch selber schon keine Ahnung von nix hatte - und stattdessen dann auch noch so dermaßen um mich schlug?! Kein Kommentar. Ich hatte aktuell genügend eigene Probleme, als mich um die fehlende narzisstische Zufuhr zu kümmern, die hier nun laut beklagt wurde.

Ich hatte Mary Poppins kennengelernt als eine hoch-souveräne Leitstute und als sehr freundlich und zugewandt, doch mit dem erneuten Eindosen im alten Stall begann der ganze Ärger mit Vollgas. Sie stieg in der Box, rappelte den ganzen Tag am Gatter herum, rupfte beim Warten Anbindehaken aus der Wand, stand keine drei Sekunden still, schmiss Strohballen um, pisste ins Heu, zerlegte Besenstiele, zernagte alles Spielzeug in der Box, zerfraß die Bande in der ganzen Halle und benahm sich ganztägig einfach nur unglaublich! Putzen ließ sie sich überall, doch Pfötchen gab sie mir nicht mal vorne. Und mir war es zu gefährlich, ohne Erfahrung mit solchem Benehmen, darauf nun zu bestehen.