Meine Clique und ich - Ilona Einwohlt - E-Book

Meine Clique und ich E-Book

Ilona Einwohlt

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Beschreibung

Sina möchte unbedingt dazugehören zu der Clique der Edlen. Und sie ist so stolz darauf, dass Xenja, Maximiliane und Katharina-Sophie sie als neues Mitglied auserkoren haben. Aber muss sie auch um jeden Preis Designerklamotten tragen? Vorglühen, bevor es auf eine Party geht? Und was für bunte Pillen soll sie da nehmen? Sinas anfängliche Begeisterung für die Clique schlägt bald in Ratlosigkeit um.

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Seitenzahl: 264

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Meine Clique und ich

ILONA EINWOHLT

Von Ilona Einwohlt sind im Arena-Taschenbuch in dieser Reihe erschienen:Mein Pickel und ich (1) (Band 50443)Die Schule und ich (2) (Band 50444)Mein Schutzengel und ich (6) (Band 50448)

Die Schule und ich ist auch als Hörbuch bei Arena audio erschienen.

Weitere Titel von Ilona Einwohlt findest du hinten im Buch.

Ilona Einwohlt schreibt mit viel Liebe, Witz und Leidenschaft erfolgreiche Bücher für Mädchen. Dass sie sich gerade in „Mädchensachen“ bestens auskennt, hat sie unter anderem in ihren beliebten Ratgeberromanen bewiesen. Der Bestseller „Mein Pickel und ich“ sowie die Folgebände sind inzwischen zur unverzichtbaren Lebenshilfe für Fragen in der Pubertät geworden. Ilona Einwohlt, geboren 1968, lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Darmstadt. Mehr unter www.ilonaeinwohlt.de

 

 

 

 

 

FÜR ALLE MEINE ABFS: C., E., H., K., K.&S.

 

 

1.Auflage als Arena-Taschenbuch 2013 © 2010 Arena Verlag GmbH, Würzburg Alle Rechte vorbehalten Einbandillustration: Constanze Guhr Gesamtgestaltung und Umschlagtypografie:knaus.büro für konzeptionelle und visuelle identitäten, Würzburg ISSN 0518-4002 ISBN 978-3-401-80367-8

www.arena-verlag.de Mitreden unter forum.arena-verlag.de

Inhalt

Erstes Kapitel, in dem die Clique für Sina alles ist

In or out

Tanzstunde

Streit und Neid

Zweites Kapitel, in dem Sina nichts als Probleme hat

Traurige Tränen

Dünn, dünner,am dünnsten

Gewaltige Aussetzer

Drittes Kapitel, in dem Sina ein klares Nein zu Drogen sagt

Alkohol macht Birne hohl

Angefixt und ausgetrickst

Sucht nach Wahrheit

Viertes Kapitel, in dem Sina und ihre Clique Zivilcourage zeigen

Teste dich, übe dich, stärke dich!

Gemeinsam gegen rechts

Wir alle!

ERSTES KAPITEL, IN DEM DIE CLIQUE FÜR SINA ALLES IST

In or out

„Das Beste an der Clique ist, dass die alle so cool sind“, findet Julia und deutet zu einer Gruppe Mädchen und Jungen, die lässig in der Sitzgruppe des Schülercafés abhängen. Weil es für Mitte November bereits eiskalte null Grad hat und zwanzig Zentimeter Neuschnee auf den Wegen liegen, verbringen wir unsere Pause lieber hier drinnen mit einem warmen Tee, anstatt uns draußen die Sneakerfüße abzufrieren.

„Und dass sie sich diese geilen Klamotten leisten können“, füge ich mit einem neidischen Blick seufzend hinzu.

Ich wäre so gerne wie sie!!!

„Als ob es darauf ankäme“, meint Kleo schulterzuckend, wie immer in Schwarz und Schwarz gekleidet. Dennoch schielt auch sie heimlich zu den Edlen rüber, wie wir sie alle nennen.

Ich schaue meine ehemals allerbeste Freundin an. Seit sie so dünn geworden ist, können wir nicht mehr so gut miteinander reden, leider. Aber in den Pausen steht sie trotzdem immer noch mit Julia, Milli, Jolina und mir zusammen, schließlich kennen wir uns ewig und sind auch schon lange eine Clique, halt nur nicht so cool wie die Edlen und eher mit Normalo-H-&-M-Jeans und bedruckten Shirts ausgestattet als mit teurem Markenkram. Zu unserer Klassen-Clique gehören außerdem auch mein Freund Yannis, Millis Freund Marco sowie Juri und Sebastian.

Milli nickt zustimmend mit dem Kopf. Na, die ist witzig! Ihre Eltern können sich locker die teuersten Outfits leisten und meine ABF macht keinen Hehl daraus, dass sie das ziemlich klasse findet, wenn ihre Kapuzenshirts und Baggy Pants den „richtigen“ Namen tragen. Auch wenn man es ihnen nicht gleich ansieht, denn sie liebt eher dezente Labels.

„Kleo hat recht“, meint sie jetzt. „Was nützt mir die hippste Röhrenjeans, wenn ich krumme Beine habe?“ Sie nickt mit dem Kopf Richtung Xenja, deren Kniestiefel unter dem blau karierten Faltenrock das Schlimmste kaschieren.

Nomen est omen. Wenn man schon Xenja heißt …

Ich heiße Sina und rückwärts gelesen Anis und Anis bedeutet im Arabischen freundlich, höflich, herzensgut.

„Aber edel sieht sie trotzdem aus“, seufzt Julia und wir seufzen mit. Sie winkt Xenja zu, die gerade lässig ihre blonde Mähne nach hinten streicht. „Ich würde gerne zu ihrer Clique gehören.“

„Sind wir dir nicht mehr gut genug?“, ulkt Jolina, die sich bisher aus der Diskussion herausgehalten hat. Jolina sieht meistens ziemlich schräg aus, weil sie ständig die neusten Schmink- und Stylingtipps aus den Beauty-Magazinen ausprobiert. Da kann es schon mal sein, dass sie im Goldblouson ein Referat hält oder mit Nightmare-Make-up und opulenter Hochsteckfrisur gelangweilt im Matheunterricht herumsitzt. Einen Dutt trägt die edle Katharina-Sophie auch, nur hängt bei ihr nicht eine kesse Locke heraus, im Gegenteil, sie ist sehr hübsch und ordentlich frisiert und sieht somit wirklich wahnsinnig edel aus.

„Vielleicht ergibt sich da bald eine Möglichkeit“, sage ich. „Ich habe gehört, wie Malte was von einer Party bei Checker erzählt hat.“ Malte ist Yannis’ Bruder, und da Yannis mein Freund ist, bin ich natürlich bestens informiert über alle Feten, News und Wer-mit-Wem. Wobei Malte selbst beinahe wöchentlich neue Freundinnen hat und für reichlich Gesprächsstoff zwischen uns Mädchen sorgt, weil wir es lieben, wie beim Bingo-Spielen zu tippen, welches Girl er als Nächstes abschleppt. Seit den Herbstferien reden wir aber nicht nur über womanizer Malte, der sich außer an Jolina noch an keine von uns Mädels gewagt hat, sondern über die Edlen, die wir ausnahmslos für ihre Lässigkeit, Coolness und geilen Markenklamotten bewundern. Xenja, Katharina-Sophie, Maximiliane, Pascal, Johannes und eben Checker sind zwar eine Klasse über uns, doch seit der Spanisch-AG, die letzte Woche angelaufen ist, sind wir befreundet, na ja, ein bisschen wenigstens. Ein paarmal haben wir uns schon zu einer Latte macchiato in der Stadt getroffen.

„Und du meinst, dieser Checker lädt uns wirklich alle ein?“, fragt Milli.„Wo er doch eigentlich ein Von-und-zu ist …“

„Warum nicht? Marek-Gustaw Chmielewski zu Kolberg ist ein Freund von Sebastian - und Sebastian ist ein Freund von uns. Also …“

„… werden wir mal Sebastian fragen, was er am Wochenende so vorhat!“, vervollständigt Julia grinsend meinen Satz. Sie wirft ihre braunen Haare Xenja-like zurück. Würde mich nicht wundern, wenn sie heute Nachmittag gleich die Preise fürs Blondfärben recherchieren würde. Julia ist so eine, die immer ein Vorbild braucht. Bis jetzt war es ihre große Schwester Ashley, aber aus irgendwelchen Gründen haben sich die beiden zerstritten und Ashley ist als Stil-Ikone bei Julia out. Seit dem Bruch mit Ashley kann es passieren, dass Julia plötzlich und unvermittelt in Tränen ausbricht, einfach so, am helllichten Tag, mitten auf dem Schulhof oder in der Einkaufspassage. Auf meine schon oft gestellte Frage hin, was denn los sei, geht sie gar nicht ein und rennt immer gleich davon. Aber weil sie sich bis jetzt immer wieder eingekriegt hat, versuche ich, mir nichts dabei zu denken.

Ich grinse Julia an. Sebastian ist ein unglaublicher Angeber, trägt immer die angesagtesten Klamotten, ist aber auch sehr großzügig und an sich ein lieber Kerl, der Gott und die Welt kennt, von den extremsten Fußballfans bis eben hin zu den Edlen. Wenn wir uns für das neuste App auf seinem iPhone interessieren, stehen uns garantiert sämtliche Partytüren offen.

„Da darf ich bestimmt nicht hin“, meint Kleo und verzieht ihr Gesicht. Ihre Mutter ist überängstlich und klammert, wo sie kann. Weil Kleos Vater als Kapitän Luxusdampfer über die Weltmeere schippert und entsprechend selten zu Hause ist, erlaubt sie Kleo fast gar nichts. Höchstens, dass sie gemeinsam mit ihrer Hovawart-Hündin Ambra einen Abendspaziergang macht – nie länger als bis 21 Uhr. Und da Ambra garantiert kein Party-Outfit besitzt, kann sich Kleo die Fete von vornherein abschminken.

„Ach, keine Sorge, das lösen wir anders“, schlägt Milli vor. „Ihr schlaft alle bei mir, meinen Eltern ist es eh egal, wann ich nach Hause komme. Und eine Mitternachtsparty bei mir hat deine Mutter doch bisher immer erlaubt!“ Sie knufft Kleo freundschaftlich in die Seite. Doch bevor wir schon mal überlegen können, was wir am Samstag anziehen, klingelt es und die Pause ist vorbei.

Die Französischdoppelstunde zieht sich endlos dahin, aus Verzweiflung scribble ich lauter Sina-Pics an den Heftrand, was mir natürlich einen kritischen Blick von Frau Müller-Rochefoucauld einbringt.

„Treffen wir uns heute Nachmittag in der City, einen Latte trinken?“, wispere ich Milli neben mir zu.

„Klar, wie immer“, raunt sie zurück. „Kommt Yannis mit?“

„Keine Ahnung.“

Yannis interessiert sich nicht sonderlich dafür, mit uns allen gemeinsam in der coolen Schirmbar abzuhängen. Er spielt lieber an seinem Computer oder widmet sich seinem neuen Hobby: Angeln. Da kommt es schon mal vor, dass er seine Ködersammlung sortieren muss, weil er sich aufs Winterangeln vorbereitet. Aber vielleicht hat er später ausnahmsweise Lust, mal wieder etwas mit uns allen gemeinsam zu unternehmen. Langsam wird’s nämlich blöd für mich, weil ich mich immer zwischen ihm und meinen Freundinnen entscheiden muss.

So ist es auch heute. Nach der Schule fragt mich Yannis dann auch gleich, ob ich Lust habe, mit ihm gemeinsam zum Snowboarden in den Taunus zu fahren.

„Komm schon, Sina, mit der Linie 13 können wir ganz bis nach oben fahren und müssen nicht ständig am Lift anstehen“, sagt er begeistert und guckt mich erwartungsvoll mit seinen dunklen Augen an.

Gemeinsam im Schnee! Wie romantisch! Soll ich jetzt hüpfen vor Freude? Ich kann Schnee nicht leiden…

„Ach nee, lass mal“, antworte ich ausweichend. „Ich fühl mich nicht so besonders, ich will heute lieber zu Hause bleiben.“ In der Tat fühle ich mich mies. Weil ich schwindeln muss.

„Na dann … fahre ich eben alleine“, meint Yannis und zuckt mit den Schultern. Kein Bedauern, keine Nachfrage, kein Dannkomme- ich-eben-zu-dir. Schade.

„Schon wieder?“, fragt meine Mutter kopfschüttelnd, als ich ihr nach dem Essen meine Nachmittagspläne eröffne. Von Millis „Mitternachtsparty“ erzähle ich ihr lieber später. „Du warst doch vorgestern erst in der Stadt. Was wollt ihr denn da schon wieder? Und dass du jetzt ständig mit diesen neureichen Typen zusammen bist, gefällt mir gar nicht.“

Tja, wie soll ich ihr erklären, dass es einfach Laune macht, in der City zu sein? Latte zu trinken, Leute zu treffen, zu beobachten … Und Maximiliane, Xenja und Katharina-Sophie sind einfach sooo nett!

„Warum gehst du nicht rodeln? Bei dem Schnee! So viel hatten wir seit Jahren nicht mehr“, fügt sie hinzu.

Genervt rolle ich die Augen.

Fehlt nur noch, dass sie mich in meinen Schneeanzug steckt und mit den Nachbarskindern vor die Tür zum Spielen schickt, so wie früher.

„Yannis und Malte sind gerade mit ihren Boards zur Bushaltestelle. Hat Yannis dich denn nicht gefragt, ob du mitkommen willst?“, fragt sie dann auch prompt.

„Keine Lust“, antworte ich schulterzuckend. Mein Freund von nebenan hat einen anderen Bezug zur Natur als ich, solche Unterschiede muss man eben akzeptieren, kommt bekanntlich in jeder guten Beziehung vor. Diesen Naturfimmel hat er von seiner Mutter Stefanie. Die ist nämlich zu jeder Jahreszeit im Garten, und weil Malte immer mit seinen Mädchen beschäftigt ist, hilft ihr Yannis: beim Laubrechen, Eisfreihalter für die Gold-orfen einbauen oder den Lichterschlauch an der Dachrinne installieren, weil ja bald Weihnachten ist. Ich kann Yannis nicht verstehen, dass er bei dieser Eiseskälte freiwillig draußen ist. Okay, okay, wir treffen uns nachher auch draußen in der neuen Schirmbar am Luisenbrunnen, die wir alle so cool finden, aber dort gibt es immerhin diese Heizpilze und ein paar Fleecedecken. Und Latte Macchiato.

„Na gut, aber zieh dir deine Schneestiefel an!“, ermahnt mich meine Mutter und ich denke, quatsch du nur, dich will ich sehen, zum Shoppen in Polarboots und Schneejacke. Wenn ich zur Clique von Maximiliane, Katharina-Sophie, Xenja, Checker und den anderen gehören will, muss ich schon nach Eisprinzessin aussehen. Und die trägt nun mal Fellmantel und Lederstiefel. Wenn sie welche hat. Fieberhaft durchstöbere ich meinen Kleiderschrank nach einem passenden Kapuzenpulli, aber sosehr ich auch wühle, ich finde kein einziges cooles Teil, das meine Normalo-Winterjacke aufpeppen könnte. Frustriert ziehe ich mit dem Kajal meinen Lidstrich nach, strecke mir in meinem Sonnenspiegel die Zunge raus und schlinge den Strickschal um meinen Hals. Kein wirklicher Fellersatz, aber auch ganz schick. Dann plündere ich meine Sparbüchse. Ich will unbedingt für Samstagabend solche Perlenohrstecker haben wie Katharina-Sophie. Von meiner Lieblingstante Irene habe ich zwar zu meinem Geburtstag ein paar wunderschöne Kreolen geschenkt bekommen, aber ich habe gehört, wie Katharina-Sophie zu Xenja gesagt hat, dass sie diese unechten Wagenräder ziemlich prollig fände. Sie haben dabei über Jolinas Fake-Klamotten gelästert. Jolina ist es so ziemlich egal, wie echt oder unecht die Labels ihrer Sachen sind, Hauptsache, die Wirkung stimmt. Insgeheim bitte ich Irene um Verzeihung, dass ich ihre Ohrringe jetzt in der Schublade lassen muss …

„Du willst doch nicht etwa in diesen dünnen Stoffschuhen los?“

Mist, verdammt, beinahe hätte ich es geschafft, mich heimlich an Mama vorbeizuschleichen.

Bitte nicht schon wieder eine Klamottendiskussion, so langsam fühle ich mich zu alt dafür!

„Ich komme zu spät zum Bus“, ist die einzige Antwort, die gilt. Keine Lust, dass mir meine Mutter schon wieder eine Ansage macht von wegen Nierenbeckenentzündung und Eisfüße. Wenn ich schon keine schicken Stiefeletten besitze, will ich wenigstens meine coolen Chucks tragen wie alle anderen aus meiner Clique auch.

„So geht das nicht weiter … sei bitte pünktlich heute Abend zu Hause, Sina!“, höre ich sie noch hinter mir herrufen, da bin ich schon längst zur Tür hinaus. Von ferne vernehme ich noch: „Papa hat diese Sitzung und ich möchte unbedingt zum Yoga.“ Yoga ist Mamas neuste Geheimwaffe gegen ihren Alltagsstress, den sie als Nur-Hausfrau mit uns allen hat. Früher, als mein großer Halbbruder Paul noch bei uns wohnte, war sie arbeiten. Aber seit Lieblings-Leon auf der Welt ist, kümmert sie sich nur noch um ihn. Klar, passe ich „liebend“ gern auf meinen kleinen Nervbruder auf, der immerhin schon so groß ist, dass er sich sein Abendbrot selbst machen könnte, denke ich grummelnd. Aber okay, wenn du mich dafür in Zukunft ohne Zwangsdiskussion in die City fahren lässt.

Als ich dann Milli und die anderen in der Schirmbar treffe, werde ich mit lautem „Hallo“ von Katharina-Sophie und Checker begrüßt. Wie sich herausstellt, müssen wir Malte erst gar nicht um eine Einladung anbetteln, denn Checker lädt uns rundheraus von sich aus ein.

„Und diese hübsche Braunhaarige bringt ihr auch mit“, sagt er charmant und zwinkert mir zu, woraufhin ich spüre, wie mir die Wärme ins Gesicht schießt. Heißt das, er steht auf mich? Oder auf Julia?

„Kannst du ihr gleich selber sagen“, meint Milli, „da ist sie!“

Tatsächlich kommt Julia ganz lässig und sehr cool in einem langen weißen Mantel angelaufen. Dazu trägt sie elegante schwarze Stiefel und einen dicken schwarzen Schal.

„Hab ich heimlich bei Ashley ausgeliehen“, wispert sie mir ins Ohr, als sie meinen erstaunten Blick bemerkt. „Cool, oder?“

„Tolle Braut!“, meint Checker bewundernd. Na, das kann ja lustig werden am Samstag. Ich sehe schon Julia knutschend vor mir - und ich alleine in der Ecke, weil Yannis garantiert keine Lust dazu hat, auf diese Edelparty mitzukommen.

„Toller Mantel“, meint auch Maximiliane und zupft Julia ein Haar vom Ärmel, was einer Adelung gleichkommt, denn Maximiliane ist die ungekrönte Queen der Edlen, groß, blond und mit ihrer rauchigen Stimme absolut tonangebend. „Und deine Pants finde ich ziemlich geil, wo hast du die denn her?“ Letzteres meint sie zu Milli, die so ein In-Label aus den USA trägt. Durch mich blickt sie einfach hindurch, kein Wunder, denn ich, Sina Rosenmüller mit den Chucks an den großen Füßen, trage nur einen pupsigen Blouson, grau-rosa kariert, aus dem eine schwarze Kapuze guckt. Das ist weder edel noch schick, sondern einfach nur kindisch.

Ich fühle mich wie das hässliche Entlein in meinem bunt gemusterten Shirt.

Ich hoffe, ich darf trotzdem zur Party kommen.

„Ich kann dir ja was leihen“, ist Millis Kommentar, als ich sie zur Seite ziehe und ihr flüsternd meine Bedenken anvertraue. „In das eine Top passt du bestimmt.“

Na, danke auch. Ich bin zwar nicht die Dünnste, aber so viel dicker als Milli nun auch wieder nicht, wenn ich in letzter Zeit auch mein Hobby Basketball sträflich vernachlässige. Meine Clique ist mir einfach wichtiger, ich habe keine Lust darauf, Pässe in der stickigen Halle zu üben oder mich gar von Frau Leineweber anbrüllen zu lassen, die mit unserer Mannschaft in die Regionalliga aufsteigen will.

Wie sich herausstellt, hat Checker nur zwei Jungs aus unserer Klasse eingeladen: Sebastian natürlich und Yannis, weil er der Bruder von Malte ist.

„Gehst du trotzdem hin, ohne Marco?“, will Julia von Milli wissen. „Logisch, was denkst du denn!“, antwortet sie lässig. „Ich bin doch mit dem nicht verheiratet.“ Sie nickt Richtung Marco, der sich gerade mit Johannes wegen irgendeiner Sache lautstark streitet. Fast sieht es so aus, als wolle er ihm eine reinsemmeln. Oder ist es nur typische Spaßkloppe à la Marco?

„Dann gehen wir eben zu zweit“, grinse ich, „ich kann mir nicht vorstellen, dass Yannis mitwill.“

„Also, wenn ich mal wieder einen Freund habe, wäre er mir wichtiger als meine Clique, ganz bestimmt würde ich nicht ohne ihn gehen“, erklärt Julia entschieden, die immer noch ihrem heiß geliebten französischen Exfreund Nicolas nachtrauert. Eine Spur zu laut, denn Katharina-Sophie blickt sich pikiert nach ihr um. Xenja grinst abfällig.

Was tun, wenn …

… dein Freund deine Clique nicht akzeptiert und umgekehrt?

Großes Dilemma, irgendwas stimmt dann nicht. Prüfe ehrlich, in wessen Gegenwart du dich wohler fühlst.

… dein Freund ständig an dir hängt und dich nie alleine mit deiner Clique bzw. deinen Freundinnen etwas unternehmen lässt?

Mache ihm klar, dass du bei aller Liebe auch andere Menschen um dich herum brauchst - und keinen Klammeraffen.

… dein Freund sich in der Clique dir anders gegenüber verhält, als wenn ihr alleine seid?

Sprich mit ihm und erkläre ihm, dass dich sein Verhalten verletzt! Manche Jungs müssen sich in der Öffentlichkeit besonders „cool“ präsentieren oder bekommen – im Gegenteil – ihren Mund nicht auf.

Den restlichen Nachmittag verbringen wir mit Latte Macchiato und Kakao an den Stehtischen und lachen uns schief, wie Juri die vorübergehenden Omis und Opis mit „Verstehen Sie Spaß?!“ verulkt, was keinem besser gelingt als unserem Spaßvogel vom Dienst. Die Edlen verziehen angesichts seiner Scherze erst schwach die Lippen, können sich später ein Lachen dann aber doch nicht verkneifen. In ihren edlen Outfits ziehen sie etliche neidische Blicke auf sich, Xenja fährt sich laut lachend durch die Haare, Maximiliane hat ihr Vertu-Handy mit den Swarovski-Steinchen auf dem Tisch vor sich liegen … und ich kapiere, warum sie bei der Eiseskälte lieber hier draußen sind, anstatt drinnen auf den gepolsterten Stühlen: Hier kommen viel, viel mehr Menschen vorbei. „Sehen und gesehen werden“, lautet ihre Devise! Bevor ich dann nach Hause muss, erlebe ich in der Modeschmuckboutique dann den totalen Frust, als ich nach passenden Ohrringen suche. Die, die ich mir leisten kann, sind vernickelt. Und die, die echt sind, sind leider zu teuer.

Blöde Nickelallergie!!!

Milli tröstet mich und bietet mir an, für mich in der Schatulle ihrer Mutter zu stöbern. Dankbar nicke ich ihr zu, muss dabei aber einen fetten Kloß im Hals hinunterschlucken, weil ich mich wie Aschenputtel in einem schlechten Film fühle. Weil ich mir gleichzeitig sicher bin, dass Yannis keinen Bock auf Edelparty hat, nützt es mir auch nicht zu wissen, dass es im Märchen immer ein Happy End gibt.

Natürlich hat meine Mutter dann tausend Bedenken, mich bei Milli übernachten zu lassen, sie wittert, dass wir an jenem Abend irgendetwas im Schilde führen. Dummerweise kann ich nicht gut lügen und erzähle ihr also, dass wir alle bei Checker eingeladen sind.

„Aber Millis Mutter holt uns um zwölf ab“, füge ich schnell hinzu, was dann doch gelogen ist. Millis Mutter denkt nicht im Traum an eine verantwortungsvolle Geste gegenüber ihrer Tochter. Außerdem hat sie selbst ständig wichtige Termine wie Hot-Stone-Massage, Tennisplatz oder Marketingmeeting. Frau Kaiser ist ständig unterwegs und für Samstagabend hat sie garantiert Premierenkarten für ein Benefizkonzert.

„Ich verstehe nicht, dass die anderen Eltern das erlauben“, sagt meine Mutter beim Abendbrot am Freitagabend, „manchmal komme ich mir wirklich spießig vor, wenn ich meine vierzehnjährige Tochter nicht bei wildfremden Leuten auf einer Party wissen will, schon gar nicht bis Mitternacht.“ Kopfschüttelnd beißt sie in ihr Käseknäcke.

Bist du auch.

Wie lange du auf einer Privatparty bleiben darfst, ist Verhandlungssache zwischen dir und deinen Eltern. Als üblich gelten mittlerweile folgende Zeiten:

Ab 14 Jahren bis 22 Uhr, ab 15 Jahren bis 23 Uhr, ab 16 Jahren bis 24 Uhr. In Klubs und Discos darfst du laut Gesetz ohnehin erst mit 18 Jahren.

Folgendes hilft dir bei der Verhandlung mit deinen Eltern:

· Deine Eltern wollen wissen, mit wem du unterwegs bist und wo ihr seid. Schreibe es ihnen auf.

· Stelle klar, wie du nach Hause kommst, habe für Notfälle Taxigeld einstecken.

· Sei pünktlich, zuverlässig und halte Vereinbarungen ein. Ohne Ausrede.

· Habe dein Handy dabei - und schalte es auch ein, für deine eigene Sicherheit.

· Zeige, dass du Verantwortung für dich übernehmen kannst, und verlasse eine Party, wenn zum Beispiel komische Typen uneingeladen auftauchen oder es zu Alkoholexzessen kommt.

„Jetzt sag du doch auch mal was, Matthias!“ Mama guckt meinen Vater vorwurfsvoll an. Doch der ist damit beschäftig, die Möhrenraspeln auf seinem Quarkbrot zu sortieren.

„Wie meinen?“ Er lächelt mich an. „Ich bin mir sicher, Sina ist alt genug, um auf sich aufzupassen, das Thema hatten wir ja!“ Grinsend fischt er mit der Zungenspitze den Quark aus seinem Mundwinkel.

Prompt laufe ich knallrot an. Bloß nicht die Geschichte schon wieder! Milli und ich sind nämlich im vergangenen Jahr auf dem Weihnachtsmarkt unangenehm aufgefallen.

I Weihnachtsmarkt, weißt du noch?

Nicht, weil wir heimlich Glühwein getrunken hätten. Auch nicht, weil uns vor Champignonpfanne und Reibekuchen kotzeübel war. Nein, wir haben keine Käthe-Wohlfahrt-Schwibbögen geschändet, auch wenn ich sie noch so scheußlich finde. Es war viel schlimmer: Milli und ich mussten auf Papa warten, der sich wegen einer wichtigen Besprechung verspätet hatte. Damit wir bei minus zehn Grad nicht unterkühlen, haben wir uns, verantwortungsvoll wie wir mit unseren dreizehn Jahren nun mal waren, kurzerhand in die nächstbeste Eckkneipe gesetzt und dort bei einem Pfefferminztee auf ihn gewartet. Alles in bester Ordnung, sollte man meinen – wenn nicht eine ältliche Blondine mit rot geschminkten Lippen uns die ganze Zeit über seltsam gemustert, heimlich mit dem Wirt getuschelt hätte und schließlich zu uns an den Tisch gekommen wäre. Ob wir unsere Ausweise dabeihätten, wollte sie wissen, und ob wir schon sechzehn sind. „Nee, noch nicht“, haben wir ehrlicherweise geantwortet und uns nichts weiter dabei gedacht, woraufhin die Dame einen kompletten Ausraster bekommen hat, irgendwas in ihr Handy rief, ehe wir auch nur ein Wort erklären konnten. Ich weiß heute nicht mehr, was sie alles gesagt hat, die Wörter „Flittchen“ und „früh anfangen“ und „keine Verantwortung“ waren darunter. Der Wirt war lässig und hat uns erst mal gefragt, was wir denn in seiner Kneipe machen würden – außer Tee trinken. Er hat dabei mit dem Kopf in die Runde genickt und erst da ist uns aufgefallen, dass wir die Einzigen unter achtzehn in einer ziemlich verräucherten Spelunke waren und die Einzigen, die kein Bier vor sich auf dem Tisch stehen hatten. Wie sich herausstellte, war jene Dame der Meinung, wir dürften uns nicht alleine in einer Gaststätte aufhalten, aber da hatte sie die Rechnung ohne unsere wohl informierte Milli gemacht, die ihr erst mal erklärt hat, was es mit dem Jugendschutzgesetz auf sich hat. Schließlich konnte sie ja nicht wissen, dass meine ABF die Tage zählt, bis sie sechzehn ist und offiziell in die Disco darf – ohne Ausweisfälschen.

Auszug aus dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23. Juli 2002

(BGBI. I 2730), zuletzt geändert am 20. Juli 2007 (BGBl. I S. 1595)

§1 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes

1. sind Kinder Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind, 2. sind Jugendliche Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind, (…)

§4 Gaststätten

(1) Der Aufenthalt in Gaststätten darf Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren nur gestattet werden, wenn eine personensorgeberechtigte oder erziehungsbeauftragte Person sie begleitet oder wenn sie in der Zeit zwischen 5 Uhr und 23 Uhr eine Mahlzeit oder ein Getränk einnehmen. Jugendlichen ab 16 Jahren darf der Aufenthalt in Gaststätten ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person in der Zeit von 24 Uhr und 5 Uhr morgens nicht gestattet werden.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn Kinder oder Jugendliche an einer Veranstaltung eines anerkannten Trägers der Jugendhilfe teilnehmen oder sich auf Reisen befinden.

(3) Der Aufenthalt in Gaststätten, die als Nachtbar oder Nachtklub geführt werden, und in vergleichbaren Vergnügungsbetrieben darf Kindern und Jugendlichen nicht gestattet werden.

(…)

§5 Tanzveranstaltungen

(1) Die Anwesenheit bei öffentlichen Tanzveranstaltungen ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person darf Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren nicht und Jugendlichen ab 16 Jahren längstens bis 24 Uhr gestattet werden.

(2) Abweichend von Absatz 1 darf die Anwesenheit Kindern bis 22 Uhr und Jugendlichen unter 16 Jahren bis 24 Uhr gestattet werden, wenn die Tanzveranstaltung von einem anerkannten Träger der Jugendhilfe durchgeführt wird oder der künstlerischen Betätigung oder der Brauchtumspflege dient.

(…)

Leider konnte Milli mit ihren Ausführungen nicht verhindern, dass kurze Zeit später zwei Polizisten in der Tür erschienen und uns mit wohlmeinenden Worten hinausbegleiteten - und sämtliche Weihnachtsmarktbesucher uns neugierig begafften. Draußen dann haben sie sich von uns ausführlich die Sachlage erläutern lassen.„Da habt ihr ja eigentlich richtig gedacht“, hat einer von ihnen gesagt und uns amüsiert zugezwinkert. „Aber das nächste Mal schaut halt genauer hin, wo ihr reingeht.“

Und so kam es, dass Milli und ich auf den Rücksitzen des beheizten Polizeivans auf meinen Vater warteten, der, abgehetzt und mit quietschenden Reifen, endlich mit mehr als einer Stunde Verspätung angefahren kam. Nach dem ersten Schock konnte er sich jedoch das Lachen nicht verkneifen, bis heute hat er diese Geschichte gefühlte tausend Mal erzählt und Milli und ich haben uns geschworen, nie, nie wieder auf den Weihnachtsmarkt zu gehen.

„Also, darf ich jetzt oder darf ich nicht? Bitte, die anderen dürfen doch auch!“ Ich setze meinen Bittelbettelblick auf, der funktioniert, meistens.

„Ich weiß nicht … mir ist dieser Umgang gar nicht recht. Wie die immer angezogen sind …“ Mama verzieht skeptisch ihr Gesicht.

Wenn deine Eltern deine Freunde nur vom Hörensagen kennen, kannst du es ihnen nicht übel nehmen, wenn sie Bedenken haben. Sorge dafür, dass sie sich kennenlernen, erzähle über die neuen Freunde, damit sich deine Eltern ihr eigenes Bild machen können. Wenn sie sie dann immer noch nicht akzeptieren oder dir gar den Umgang mit ihnen verbieten, werden sie ihre Gründe haben. Lasse es dir erklären, im besten Fall verstehst du, warum. Eltern haben Angst, dass …

… ihre Kinder in schlechte Gesellschaft geraten.

… ihre Kinder falsche Freunde haben.

… ihre Kinder mit Drogen und Alkohol in Berührung kommen.

… ihre Kinder gewalttätig werden.

… ihre Kinder keine Grenzen kennen.

… ihre Kinder nicht stark genug sind, im Zweifelsfall NEIN zu sagen.

„Du kennst die doch gar nicht richtig! Du tust gerade so, als ob es irgendwelche abgefuckten Punks wären“, empöre ich mich. So langsam nerven meine Eltern.

„Bitte, Sina!“

„Was sind Punks?“, will Leon wissen. Aber der kleine Stinker bekommt diesmal keine Antwort.

„Maximilianes Vater ist Geschäftsführer, Xenjas Eltern sind hoch angesehene Rechtsanwälte, Katharina-Sophies Vater ist Bankmanager und Checkers Familie lebt in einer Villa. Wenn das mal keine guten Elternhäuser sind“, verteidige ich meine neuen Freunde. Bei Sandy, Jolinas Mutter, macht Mama auch immer so rum. Und nur, weil sie für uns Kaffee kocht, Zigaretten anbietet und wir sie duzen dürfen.

„Genau das ist es aber, was deine Mutter meint“, wirft mein Vater ernst ein.„Wir sind ja nicht gerade arm, Sina, und können uns was leisten. Aber dieser …“, er sucht nach den passenden Worten, „… dieser überzogene, luxuriöse Lebensstil, wo es nur um Äußerlichkeiten und teuere Markenklamotten geht, das passt nicht zu uns.“

Erstaunt blicke ich ihn an. „Papa, das sind wohlerzogene, gut gekleidete Töchter und Söhne, ich verstehe nicht, was du meinst.“ Und ihre Eltern quatschen ihnen kein bisschen rein, so wie ihr, füge ich in Gedanken noch hinzu. Die haben eine Haushälterin und gut ist. Genervt beiße ich in mein Salamibrot.

„Das ist es ja, was mich irritiert“, grinst mein Vater, „dass du das nicht bemerkst. Normalerweise trägt man in diesem Alter zerrissene Jeans, ausgelatschte Chucks, die Shirts verkehrt herum. Oder wenigstens ein Piercing in der Nase! Aber deine neuen Freunde sehen so geleckt und ordentlich aus wie unser Verteidigungsminister! Will mir nicht einleuchten, wie man freiwillig mit vierzehn so rumlaufen will!“

Mama trötet ins gleiche Horn.„Und findest du nicht, dass sie es mit ihrer Kleidung ein bisschen übertreiben? Ständig neue Jacken, Taschen und Hosen! Und immer von den edelsten und teuersten Marken!“ Sie hat vor Empörung gerötete Wangen.

Oh no, nicht schon wieder diese Markendiskussion!

Mal ehrlich, wer trägt schon gerne KIK, Aldi oder Tchibo?

Macht sie ja selber auch nicht!

Test: Bist du ein Label-Victim?

Finde heraus, ob die folgenden Aussagen auf dich zutreffen. Je mehr Kreuzchen du machen kannst, desto abhängiger bist du von Marken und Äußerlichkeiten.

Markenklamotten sehen cool aus und stehen mir besser.

Jeans ist nicht gleich Jeans. Es muss schon das richtige Label drauf sein.

Wenn ich Billigkleider trage, fühle ich mich nicht anerkannt.

Ich will nicht gehänselt werden, nur weil ich No-Name-Shirts trage.

Markenkleidung ist qualitativ hochwertiger, das ist mir wichtig.

Nur mit der richtigen Kleidung fühle ich mich selbstbewusst.

Mir ist es keinesfalls egal, was andere über mein Outfit denken.

Ich lebe und liebe ein bestimmtes Markengefühl.

Es ist einfach geil, den richtigen Schuh zu tragen, weil ich dann zur Clique gehöre.

„Richtig, ihr setzt euch doch damit nur unter Druck, schau dich doch an, du siehst aus wie Chiara Ohoven auf einer Wohltätigkeitsgala und nicht wie unsere Sina, mit der man Pferde stehlen kann!“ Letzteres meint Papa in Hinblick auf mein Edel-Outfit, mit dem ich zum Abendbrot erschienen bin: schwarze, enge Hose, grauer Rollkragenpulli und Perlenstecker, die mir Milli heute Morgen mit einem Zwinkern in der Schule überreicht hat. „Damit du schon mal ausprobieren kannst, wie sie dir stehen“, hat sie mir ins Ohr geflüstert und so habe ich natürlich den heutigen Nachmittag dazu genutzt, mich stilvoll aufzubrezeln, meine Hände mit einem Peeling zu pflegen, Nägel zu feilen und transparent zu lackieren und meine blonden Haare zu einem kunstvollen Dutt aufzudrehen, wie ihn Katharina-Sophie trägt. Mein Make-up ist dezent, edel eben.

Ich sehe nicht aus wie Chiara Ohoven.

„Wäre es dir lieber, ich sähe aus wie Pink?“, rufe ich, stocksauer. Bevor ich hinausschreien kann, dass man es seinen Eltern ja wohl nie recht machen kann, klingelt das Telefon. Es ist Milli

„Alles klar mit morgen Abend“, ruft sie. „Meine Mutter denkt, Checkers Vater bringt uns nach Hause, so haben wir Open End.“ „Geil, ich freue mich“, rufe ich ins Telefon zurück und streiche mir vor unserem Flurspiegel stilvoll eine Strähne hinters Ohr.

„Irene hat gesagt, das geht vorbei“, höre ich Mama aus der Küche mit Papa tuscheln.

Ich halte mir die Ohren zu.

 

Tanzstunde