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genau die Kraft, die gefehlt hat, um einen Sieg zu erringen braucht man, um eine Niederlage zu verkraften. (Ernst R. Hauschka) Gemeinsam mit Tiaras Schwestern stellen sich Rai, Nova und der Rest des Teams der Armee der Untoten. Apollo hat einen Plan entwickelt, der mit Flinns Hilfe zu funktionieren scheint. Doch sie haben die Rechnung ohne Beelzebub gemacht. Mystische Wesen, übersinnliche Fähigkeiten und prickelnde Erotik in einem düsteren Romantasy-Abenteuer. Band 7 der MONDSÜCHTIG - Reihe! Die MONDSÜCHTIG-Reihe ist eine regelmäßig erscheinende Reihe in 12 Bänden. Jeder Band ist in sich abgeschlossen, allerdings gibt es einen überspannenden Handlungsbogen.
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Mondsüchtig
Von Kitty Harper
Buchbeschreibung:
Genau die Kraft, die gefehlt hat, um einen Sieg zu erringen braucht man, um eine Niederlage zu verkraften. (Ernst R. Hauschka)
Gemeinsam mit Tiaras Schwestern stellen sich Rai, Nova und der Rest des Teams der Armee der Untoten. Apollo hat einen Plan entwickelt, der mit Flinns Hilfe zu funktionieren scheint.
Doch sie haben die Rechnung ohne Beelzebub gemacht.
Mystische Wesen, übersinnliche Fähigkeiten und prickelnde Erotik in einem düsteren Romantasy-Abenteuer.
Band 7 der MONDSÜCHTIG - Reihe!
Die MONDSÜCHTIG-Reihe ist eine regelmäßig erscheinende Reihe in 12 Bänden. Jeder Band ist in sich abgeschlossen, allerdings gibt es einen überspannenden Handlungsbogen.
Weitere Bände der Reihe:
Teil 1: Im Bann der Füchsin
Teil 2: Die Nachtwandlerin
Teil 3: Die Sündenfresserin
Teil 4: Der Sukkubus
Teil 5: Die Vollstreckerin
Teil 6: Die Schwestern des Todes
Teil 7: Die Armee der Finsternis
Teil 8: Engelschwingen
Über den Autor: Kitty Harper ist das Pseudonym einer nerdigen Mutter von zwei Nachwuchs-Nerds und der Ehefrau eines Ober-Nerds. Zusammen begeistern sie sich in trauter Nerdigkeit für alles, was auch nur im Entferntesten mit Fantasy, Mystik und Science Fiction zu tun hat. Während die Nachwuchs-Nerds noch an der Vervollkommnung ihrer Kängeroo-Zitate und Nightwish-Songtexten arbeiten, widmet sich die Autorin Höherem. Das Schreiben eigener Texte ist ihr liebster Zeitvertreib und wenn sie nicht gerade durch virtuelle Welten hastet und mit Schwertern herumfuchtelt, versinkt sie in der nordischen Mythologie oder in anderen längst vergangenen Epochen.
Kitty Harper schreibt gerne sinnliche Erotik, ohne dabei vulgär zu werden. Manchmal ein wenig SM, manchmal aber auch starke Frauen, die den Herren der Schöpfung zeigen, wo es langgeht. Kitty hofft, dass ihr genauso viel Spaß an ihren Geschichten habt, wie sie selbst.
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Mondsüchtig
Armee der Finsternis
Von Kitty Harper
1. Auflage, 2020
©Kitty Harper – alle Rechte vorbehalten.
c/o easy-shop
K. Mothes
Schloßstraße 20
06869 Coswig (Anhalt)
Email: [email protected]
Cover: Dream Design – Cover and Art - Renee Rott unter Verwendung der Bilder ©Adobestock
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Korrektorat/ Lektorat: Carmen Smorra, Christine S. Lade, Angelique Wahl-Verzay
Verwendete Schriftarten: Linux Libertine O, Times New Roman, Raustila (TT), Exmouth, Trajan 3 Pro, Arial
-- Alle Rechte vorbehalten! --
Genau die Kraft, die gefehlt hat, um einen Sieg zu erringen braucht man, um eine Niederlage zu verkraften. (Ernst R. Hauschka)
Kapitel 1
[Rai]
»Ich soll bitte was?!« Flinn schnappte nach Luft und blickte auf das Heer aus für das menschliche Auge nicht sichtbaren Ghulen, die das Haus des Zirkels umringten, als würde dort die Knusperhexe wohnen und die Wände und Balken aus purem Zucker bestehen. Wir waren mehr als drei Tage fort gewesen. Flinn war nicht sofort reisefähig gewesen und die Schwestern litten noch immer unter ihrer Gefangenschaft. Also hatte ich Apollo gebeten, ihnen wenigstens ein paar Stunden Ruhe zu gönnen. Die Ghule würden nicht weglaufen, immerhin standen sie seit Tagen untätig hier rum.
Apollo war nicht sehr erfreut gewesen, war aber schließlich einverstanden gewesen. Während dieser Zeit hatte er ständig in Kontakt mit Nova gestanden, die praktisch seine Augen vor Ort war. Obwohl Apollo Mr. Riley, Novas Jägerfreund, absolut nicht leiden konnte, war ihm die Dienstbeflissenheit der beiden Jäger nicht ungelegen gekommen. In ihnen hatte er zwei Soldaten gefunden, die seiner Sache dienlich waren. Was immer Apollos Sache eigentlich war. Mir gegenüber hatte er sich sehr vage ausgedrückt. Er hatte nur gesagt, dass er gerne hier lebte und wollte, dass alles so blieb, wie es war. Er habe keine Lust auf eine zweite Hölle. Und schon gar nicht wollte er, dass Höllenfürsten auf Erden ein und ausgingen. Bis auf einen.
Apollo hob eine Augenbraue und betrachtete Flinn so, als ob er ihn nicht für ganz richtig im Kopf hielt. Er deutete mit dem Zeigefinger auf ihn. »Sie, Riker, Höllenfürst«, erklärte er wortkarg, »das da ist die Höllenlegion.« Apollo streckte den Arm aus und umspannte damit das gesamte Heer der Ghule. »Verstehen Sie den Zusammenhang oder brauchen Sie eine Skizze?«
Flinn verschränkte die Arme vor der Brust und starrte Apollo herausfordernd an. »Verarschen kann ich mich selbst. Ich bin kein Höllenfürst. Ich dachte, wir holen Tiaras Schwestern, damit sie die Seelen der Ghule nehmen.«
Apollo sog scharf die Luft ein. »Zählen Sie mal Ihre Schwestern und dann werfen Sie einen Blick auf die Ghule. Die Damen mögen vielleicht eindeutig Rachedämoninnen sein, aber sie werden den Ghulen nicht viel entgegensetzen können, denn die überrennen sie einfach durch ihre Anzahl. Bevor sie auch nur eine Seele nehmen können, ist das Heer über uns alle hinweg gewalzt.«
»Und was schlagen Sie stattdessen vor, Adams?« Flinn wandte den Kopf und blickte die Anhöhe hinunter. Die Anzahl der Ghule hatte sich seit unserem letzten Besuch vor ein paar Tagen verdoppelt, wenn nicht gar verdreifacht. Statt ein paar Hundert standen wir jetzt einem Heer von mindestens eintausend Seelen gegenüber. Apollo hatte recht. Selbst mit drei Rachedämoninnen, von denen eine über Flügel verfügte, würden wir nicht gegen ihre Anzahl ankommen. Sie würden uns nicht einmal als Bedrohung einstufen.
»Sie, Mr. Riker, mögen vielleicht nicht mehr wie ein Höllenfürst aussehen, aber Asmodai hat genug seines Wesens in Ihnen hinterlassen, dass die Ghule Sie für ihren Anführer halten werden. Sie werden Ihnen folgen und damit können Sie sie vom Haus weglocken. Und wir können die Hexe befreien.« Apollo verschränkte selbstzufrieden die Arme vor der Brust und blickte in die Runde. Neben Flinn und seinen drei Rachedämoninnen waren auch Nova und Riley anwesend. Zu acht würden wir eine wirklich schlagkräftige Truppe abgeben, wenn es nicht gerade gegen eintausend Ghule ginge.
Riley reagierte als erster auf Apollos Vorschlag. »Sie vergessen einen entscheidenden Gegner, Engelchen.« Er zog an einer Zigarette, schnippte sie zu Boden und trat den glühenden Rest mit der Schuhspitze aus. Hatte er Apollo gerade Engelchen genannt? Ich hielt den Atem an und schielte zu ihm hinüber. Apollos Augenbraue zuckte zornig. Jeder andere hätte geglaubt, er würde Rileys Kosenamen schlicht überhören, aber ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass dem nicht so war. Apollo brodelte vor Zorn, doch er konnte sich beherrschen. Darin war er verdammt gut. Er wusste, wann ein Wutausbruch unangemessen war. Mit eintausend Ghulen im Nacken ganz sicher. Auf den ersten Blick schien es so, als würde Apollo schlicht darauf warten, dass Riley seine Aussagen erläuterte. Doch der Jäger sonnte sich lieber in Apollos Unwissenheit. Schließlich siegte seine Ungeduld.
»Wären Sie so freundlich, uns aufzuklären?«, durchschnitt Apollos Stimme die angespannte Stimmung wie ein stumpfes Messer in der Sonne erwärmte Butter.
Riley sog scharf die Luft ein und ging so weit die Straße hinunter, bewegte sich bis an den Rand des Lichtkegels der Straßenlaterne, dass er uns anderen den Rücken zugekehrt hatte. Seine Schultern zitterten, ein kaum wahrnehmbarer Schauer ließ seinen Körper erbeben. Ein süßlicher Geruch wehte zu mir herüber und ich rümpfte die Nase, schnüffelte und zuckte zusammen. Riley hatte Angst. Ein Kerl wie ein Baum, bewaffnet bis an die Zähne, der laut Novas Erzählungen auch gerne ein Ghulnest alleine ausräucherte, fürchtete sich. Wovor? Die Antwort lehnte in Form einer langen, schlaksigen Gestalt an einem Pfosten auf der Veranda des Hexenhauses.
Riley versenkte die Hände in den Hosentaschen und atmete erneut durch, sammelte sich für nur ein Wort. »Beelzebub.« Ich spannte mich unwillkürlich an. Das war der Höllenfürst, der Riley fast getötet hatte. Okay, das war gelogen. Er hatte Riley getötet. Und ich hatte ihn praktisch wiederbelebt. Nur durch meine Fähigkeiten atmete er noch. Ich ließ meine Schwänze kreisen. Diese selbstlose Tat hatte mir meinen vierten Schwanz eingebracht. Damit war ich mächtiger als je zuvor.
Apollo schnitt eine Grimasse.
»Er wird erkennen, das Riker weder Asmodai noch ein Höllenfürst ist«, fuhr Riley fort. »Und dann haben wir ein mächtiges Problem, wenn er die Ghule auf uns hetzt!«
»Wird er nicht«, widersprach Apollo. »Riker riecht noch nach Hölle.« Er hielt seine Nase in die Luft und zuckte mit den Nasenflügeln. »Oder … Liebling?« Das erste Mal, seit wir hier angekommen waren, wandte sich Apollo an mich. Meine Nase war selbst in menschlicher Form besser als seine. Ich blähte die Nasenflügel und sog eine ordentliche Portion Gestank ein. Unter eintausend unterschiedlichen Ghulgerüchen konnte ich Flinn kaum ausmachen. Tiara und ihre Schwestern besaßen einen ganz ähnlichen Geruch. Ihnen haftete außerdem noch etwas Flinn an. Meine Mundwinkel zuckten. Unglaublich, dass er mit allen Dreien schlief. Wäre mir persönlich viel zu anstrengend. Mir reichte Apollo voll und ganz. Okay, zugegeben, er war auch kein Mensch und dementsprechend fordernd. Aber was Flinn mit den drei Schwestern abzog, war … exotisch. Vor meinem inneren Auge lief ein winziger Porno ab, den ich so nie sehen wollte. Ich schüttelte hastig den Gedanken ab und konzentrierte mich wieder auf die Gerüche. Für mich waren sie fast greifbar. Die Nase war mein wichtigstes Sinnesorgan, so bedeutsam wie für die Menschen ihre Augen. Sie konnten anhand der Gesichter Personen unterscheiden, ihnen Eigenschaften zuschreiben oder sogar Verwandtschaften erkennen. Für mich erledigte das die Nase. Ich konnte jedem einzelnen in unserer Gruppe einen Geruch zuschreiben und ihn auch beschreiben, wenn man mich danach fragte. Apollo roch nach verheißungsvollen Nächten, einem Hauch Arroganz und Überheblichkeit, aber auch unendlicher Großzügigkeit und Zuneigung. Riley und Nova hing stets ein Hauch Tod an. Der leicht süßliche Geruch der Verwesung würde ihnen auch noch nach Jahren anhaften. Unmöglich, ihn loszuwerden. Jäger verströmten dieses Aroma, als wäre es in ihrer DNA verankert. Doch den Schwefel, den Apollo bei Flinn wahrnehmen wollte, konnte ich nicht erkennen. Ja, Flinn verströmte immer einen gewissen erdigen Duft, was ich ziemlich witzig fand, da er am liebsten Gebäude hinauf kletterte. Außerdem nahm ich Rost, Eisen und Verlangen wahr. Ich schätzte, das Verlangen stammte von Asmodai, aber das war auch schon alles, was auf den Höllenfürsten hinwies.
Ich wollte gerade meine Beobachtungen mit den Anderen teilen, als mich Apollos eindringlicher Blick traf. Er beschwor mich regelrecht, ihm zuzustimmen. Ich neigte den Kopf leicht zur Seite, fragte nach dem Warum, ohne zu sprechen. Apollo atmete tief durch und schenkte mir ein Lächeln, wollte mein Vertrauen. Das hatte er, danach brauchte er niemals zu fragen. Unmerklich nickte ich, bevor ich antwortete. »Ja, ich kann den Dämon noch an dir riechen.« Dass das weder eine Lüge noch eine Bestätigung von Apollos Aussage war, war mir durchaus bewusst. Ich würde ihm nicht in den Rücken fallen, aber ich würde meine neuen – und alten – Freunde nicht belügen. Dennoch, was immer Apollo vorhatte, ich würde ihn unterstützten. Nur wäre es schön, wenn er seine Pläne das nächste Mal vorher mit mir besprach. Ich mochte es eigentlich nicht, im Dunkeln gelassen zu werden. »Wie sieht dein Plan im Detail aus?«
Kapitel 2
[Nova]
»Mir gefällt der Plan nicht«, murmelte ich und hockte mich neben Riley ins Gras. Die mächtigen Schultern meines Partners bebten vor unterdrücktem Lachen.
»Dir gefällt der Plan nicht, oder du hast etwas gegen denjenigen, der ihn ausgeheckt hat?« Er blinzelte zu mir herüber, bevor er sich wieder nach vorne wandte, um Riker zu beobachten. Flinn hatte sich nur widerwillig auf Adams Plan eingelassen, da weder ihm noch uns eine bessere Alternative einfiel, hatten wir kurzerhand beschlossen, es einfach zu probieren. Riley und ich hatten jedoch darauf bestanden, Flinn Rückendeckung zu geben. Höllenfürst hin oder her, Flinn konnte verletzt werden und dann würde er jemanden brauchen, dem er vertrauen konnte. Okay, er hatte seine drei Rachedämonen, aber mir persönlich war wohler, wenn wir auf den einzigen Sterblichen in dieser illustren Gruppe achtgaben. Und da ein Kampf sowieso nicht geplant war, verdingte ich mich lieber als Personenschutz für einen ehemaligen Höllenfürsten.
»Der Plan ist gut, wenn er denn funktioniert. Und darin genau liegt das Problem. Mir sind eindeutig zu viele WENNS enthalten. Außerdem …«
»Vertraust du Adams nicht …«
Meine Mundwinkel zuckten. »Nicht einen halben Meter weit. Er ist ein verdammter Engel, wenn auch …«
»… ziemlich flügellahm.«
Ich warf Riley einen Blick zu. Er wusste, wie sehr ich es hasste, wenn er meine Sätze beendete. Wie bei einem alten, verschrobenen Ehepaar. Und ich wollte nun wirklich nicht daran denken, mit Riley alt zu werden. Okay, alt vielleicht schon, aber Quentin Riley war nicht die Person, die mir gegenüber im Schaukelstuhl vor dem Kamin hockte und sich seinen alten, schlaffen Sack kraulte. Boah, ey, nein! Das Kopfkino, dass sich bei diesem Gedanken in Bewegung setzte, ließ mich das Gesicht verziehen. Das war so widerlich! Trotzdem musste ich lachen. Ich mochte es, mit Riley zusammenzuarbeiten und hin und wieder mit ihm zu vögeln, aber Schaukelstühle und Kaminfeuer? Im Ernst? Was genau stimmt nicht mit dir, Nova Johnson?
Vielleicht litt ich gerade auch unter einer ausgeprägten Form von drohender Nahtoderfahrung.
»Sprich ihn nie wieder auf seine nicht vorhandenen Flügel an. Wir können uns glücklich schätzen, wenn Adams Plan auch nur zu fünfzig Prozent funktioniert.«
Riley zuckte mit den Schultern und deutete auf Flinn, der sich langsam die Anhöhe hinunter kämpfte. Gemeinsam hatten wir in den letzten zwei Stunden das Gelände um das Hexenhaus weiträumig umgangen, um dann noch weitere zwei Stunden auf Adams Anweisungen zu warten und im Gras zu kauern. Während dieser Zeit hatten wir den jungen Dieb mit den frechen blonden Haaren und dem lebenslustigen Blick besser kennengelernt und herausgefunden, dass er über keinerlei Fähigkeiten wie Rai oder die Schwestern verfügte. Sein einziger Daseinszweck war es gewesen, von einem Höllenfürsten besessen gewesen zu sein. Aria, die Hexe, um die es bei dieser Scheiße eigentlich ging, war es gewesen, die ihn von Asmodai befreit hatte. Er schuldete es ihr, hier zu sein. Immerhin hatte sie ihr Leben für das seine riskiert. Flinn war so versessen darauf, Aria zu helfen, dass er für Rileys Weltuntergangsszenarien kein offenes Ohr hatte.
»Hör’ zu«, hatte er abschließend gesagt, bevor er sich durchs Gebüsch gekämpft und seiner Bestimmung zugewandt hatte. »Mir passt es auch nicht, dass Adams so selbstverständlich die Führungsrolle übernommen hat. Aber er ist der Einzige, der sich mit Himmel und Hölle wenigstens halbwegs auskennt. Ich vertraue ihm auch nicht, allerdings vertraue ich Rai. Und wenn sie ihm folgt, tue ich es auch. Immerhin hat er einen Plan, der funktionieren könnte. Okay?« Die Diskussion hatte er mit einem spitzen Grinsen beendet und uns dann verlassen. Trotzdem. Ich würde dafür sorgen, dass er, wenn es hart auf hart kam, am Leben blieb.
Flinn sollte sich von der anderen Seite nähern und die Ghule auffordern, ihm zu folgen. Und dann würde der wirklich komplizierte Teil kommen. Riley hatte recht, indem er Beelzebub erwähnte. Doch Adams war sich ziemlich sicher, dass der andere Höllenfürst sich Flinn unterwerfen würde, wenn sein Auftreten nur dominant genug war. Und damit kamen wir zu den größten Unsicherheiten. Die Chance, dass Beelzebub sich unterordnete, bestand nur dann, wenn er in Flinn Asmodai sah. Adams ging davon aus, dass es funktionieren würde, weil, Zitat, Die in der Hölle da unten nicht viel miteinander reden. Satan selbst, so Flinn, hatte Asmodai zurück in die Hölle befördert und ihn befreit, nachdem Aria ihr Leben dem Oberdämon geschenkt hatte. Sie hatte irgendein seltsames Ritual durchgeführt, dass mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Ursache für die Ghularmee an dieser Stelle war. Die Ghule hatten aber keineswegs vor, die Hexen anzugreifen, oh nein. Sie beschützten etwas. Vor uns. Und das fand ich wirklich beunruhigend. Wer sagte uns denn, dass die Höllenfürsten dieses Mal nicht doch miteinander geredet hatten, wenn sich so etwas Wichtiges in diesem Haus befand wie … Genau, und daran wagte ich gar nicht zu denken. Wenn Aria Satans Sohn trug … Himmel und Hölle. Wir brauchten mehr als ein paar Dämonen, zwei Jäger, einen Dieb, eine Kitsune – wobei ich nicht wusste, ob Rai nicht doch eher in die Kategorie Dämon fiel – und einen flügellahmen gefallenen Engel. Das war doch absurd, dass …
»Achtung!« Riley legte mir die Hand auf den Arm und lenkte meine Aufmerksamkeit auf Flinn. »Es geht los.«
Flinn warf noch einen letzten Blick zu uns, grinste verschmitzt und zeigte uns ein mit Daumen und Zeigefinger geformtes O. Alles in Ordnung. Ich rollte mit den Augen. Eigentlich reichte es mir, wenn Riley ständig Blödsinn machte, ich brauchte nicht noch einen Typen von diesem Schlag. Trotzdem mochte ich Flinn. Er hatte Mumm, das Herz am rechten Fleck und leider ein paar ziemlich beschissene Monate hinter sich. Ich zog meinen Revolver und legte an, woraufhin Flinns Miene in sich zusammenfiel, er die Augenbrauen leicht nach unten zog und sein Grinsen eine Spur fieser wurde. Als ob in diesem netten jungen Mann eine dunkle Seele hauste, die hin und wieder einen Blick riskierte. Mit dieser Miene wandte er sich um und marschierte den Hügel hinunter.
»Okay«, murmelte ich und ließ meinen Blick zum Nachthimmel gleiten. »Brille«, befahl ich Riley. Er stöhnte genervt auf, drückte mir aber das Verlangte in die Hand. Einhändig öffnete ich die Bügel und schob mir die Nachtsichtbrille über die Augen. Hatte schon seine Vorteile, mit Apollo Adams im gleichen Team zu spielen. Ihm verdankten wir ein ordentliches Upgrade unserer Ausrüstung. »Für eure menschlichen, kaum zu gebrauchenden Augen«, hatte er gesagt, als er uns die Nachtsichtbrillen überreicht hatte. Neueste Technik, adaptives Verhalten, was im Klartext bedeutete, dass ich die Brille genauso gut bei Tag tragen konnte. Die Gläser würden sich immer den vorherrschenden Lichtverhältnissen anpassen.
Über uns schwebte eine dieser Rachedämoninnen, die Flinn im Schlepptau gehabt hatte. Tiara hatten wir schon letzte Woche kennengelernt, aber die da war neu. Weißes Haar, das durch die Brille grünlich schimmerte, flatterte im Wind, ihr durchscheinendes Gewand hatte Riley zunächst amüsiert, aber als er einen Blick durch die vielen Löcher riskiert hatte, war ihm ganz anders geworden. Sofia, so ihr Name in menschlicher Gestalt, war das einzige Wesen, das ich kannte, das so richtig fliegen konnte und dabei war sie noch nicht einmal ein richtiger Dämon, eher ein Geistwesen.
Die Verwandlung der Schwestern war für uns nicht angenehm gewesen. Nicht, dass die drei wie Ghule rochen oder ekelhafte Flüssigkeiten absonderten, nein, es war ihre wirklich furchteinflößende Gestalt. Zerfetzte Kleider, fiese Fratzen, weit aufgerissene, halb aus den Höhlen getretene Augen und durchscheinende Haut, sodass man ihre sich wie Würmer windenden Gedärme sehen konnte. Sofia allerdings war die Einzige von ihnen, die über Flügel verfügte. Okay, Tiara und Aura konnten auch fliegen, aber nur Sofia beherrschte eine Art Schwebeflug, der sie wie einen Kolibri in der Luft stehen ließ. Wie ein Geist schwebte sie über dem Geschehen und konnte uns mit Informationen versorgen. Wie sie das tat, versetzte mir jedes Mal einen eisigen Schauer.
Alles klar bei Flinn, haltet euch zurück, Menschen. Ich sah zu Riley und erschauerte. »Daran werde ich mich NIE gewöhnen«, stieß er aus und rieb sich den Nacken. Sofias Stimme schallte durch meinen Kopf, als ob sie mit einem Megafon bewaffnet neben mir stand und mir ins Ohr brüllte.
»Nicht so laut«, brummte ich eher zu mir selbst. Als ob ich es wagen würde, mich bei einer Erinnye, wie Rachedämonen auch genannt wurden, zu beschweren.
Tschuldigung, hörte ich erneut ihre Stimme durch meinen Verstand rasen. Diesmal deutlich leiser. Ich muss die Kommunikation mit euch Sterblichen erst noch erlernen. Wann immer ich mit Menschen zu tun hatte, sprach ich entweder durch meine menschliche Gestalt oder aber ich nahm ihre Seele. Diese Form der Kommunikation ist vollkommen neu für mich.
Riley starrte mich mit geweiteten Augen an. »Sie nimmt Seelen?«, hauchte er im Flüsterton.
»Das ist ihr Job«, kommentierte ich.
Ich kann euch hören!, trällerte Sofia und ich verzog angesichts des dämonischen Plaudertons das Gesicht.
»Jap«, kommentierte ich an Riley gewandt. »Deshalb sollten wir das Gespräch über Sofia und ihre Schwestern nicht hier führen, klar?«
Riley lachte leise. »Sag uns Bescheid, wenn wir eingreifen müssen, Schätzchen, ja?«
Ich wollte Riley gerade heftig mit einem Hieb gegen die Schulter zurechtweisen, als auch schon Sofias Antwort kam. Prompt und unmissverständlich, was sie davon hielt, so betitelt zu werden. Ich bin nicht dein Schätzchen, Quentin!, rasselte sie. Riley zog hastig den Kopf ein.
»Okay, okay.«
Das war übrigens eine Kostprobe der Dämonenstimme. Falls du das nicht wieder hören willst, nenne mich nicht Schätzchen. Du kannst Sofia zu mir sagen.
Ich lachte leise, als Riley sie nachäffte. Zum Glück konnte sie das nicht sehen.
»Okay, Konzentration. Wir sind hier nicht zum Spaß.«
Ist mir völlig klar. Sofia schlug ein paar Mal mit den Flügeln und folgte Flinn, der mittlerweile auf der Ebene angelangt war. Das Haus der Hexen befand sich in einem Wohngebiet in der Nähe des Strandes auf Coney Island. Die Straße führte direkt an der Promenade entlang und unweit der Häuser erhoben sich sanfte Hügel. Auf einem dieser Hügel hockten wir und Flinn steuerte gemächlichen Schrittes auf die Armee zu. Mit Sofia in Gedanken verbunden zu sein, hatte nicht nur den Zweck, uns beizeiten zu Hilfe zu holen, nein, sie kommunizierte so auch mit Flinn und konnte uns jederzeit über seinen Zustand unterrichten.
»Wie geht es ihm?«, fragte ich Sofia nach einer Weile. Ich streckte mich und riskierte einen Blick nach unten. Flinn hatte mittlerweile die Armee erreicht. »Und was macht Beelzebub?«
Sofia ließ sich mit ein paar Flügelschlägen etwas absinken, bevor sie antwortete. Vielleicht hielt sie auch Rücksprache mit Flinn. Er hat Angst, antwortete sie besorgt. Beelzebub nähert sich ihm. Seid auf der Hut.
Es kribbelte in meinem Nacken. Ein Gefühl, dass mir schon mehr als einmal das Leben gerettet hatte. Ich wäre dumm, wenn ich nicht darauf vertrauen würde. Irgendetwas Schlimmes würde gleich passieren.
»Ich frage mich«, murmelte Riley, »warum Adams nicht zu Beelzebub gegangen ist und ihm seine Armee abgeschwatzt hat.«
Irritiert blickte ich zu Riley. »Warum sollte er das tun? Also ich meine, ihm seine Armee geben … immerhin ist er schon länger nicht mehr in der Hölle gewesen. Und wir haben keine Ahnung, wie ihr Verhältnis zueinander ist.«
Und genau das war die Frage, die uns quälte: Warum hatte sich Luzifer die Armee nicht selbst geholt? Und warum, zum Teufel, war uns die Frage erst jetzt eingefallen?
[Tiara]
»Wir sollten bei ihm sein«, murmelte ich und suchte in dem Getümmel der Ghule nach Flinns blondem Schopf. Er hatte vorhin noch Witze darüber gerissen, dass wir ihn mit seinem strohfarbenem Haar überall wiedererkennen würden. Dieser Idiot. Wenn ich gewusst hätte, dass das nicht der Fall sein würde, hätte ich ihn gezwungen, eine rote Kappe zu tragen, damit wir ihn nicht aus den Augen verloren. Sofia schwebte zwar über dem Getümmel, aber mir wäre wohler gewesen, wenn ich ihn selbst gesehen hätte.
»Sofia ist bei ihm. Alles gut, Ti. Er kann auf sich selbst aufpassen«, versuchte Aura, mich zu beruhigen. Aber sie klang genauso wenig davon überzeugt wie ich. Flinn war nur ein Mensch. Er konnte verletzt werden. Sollte sich die Armee gegen ihn wenden, würde keiner von uns ihn erreichen können. Die Ghule waren die meiste Zeit inaktiv. Menschen waren seit Tagen durch sie hindurchgegangen, denn die Dämonen waren weder sichtbar noch stofflich. Sie hatten keinen eigenen Willen oder verfügten über Instinkte. Und doch waren sie sehr gefährlich, wenn jemand sie steuerte. Dieser Jemand war Beelzebub. Warum sonst hockte er auf der Veranda und tat so, als würde er die Aussicht auf den Ozean genießen.
Seit Tagen stand die Armee herum und wartete darauf, dass Beelzebub – oder irgendjemand sonst – den Befehl gab. Tagsüber waren hier hunderte Menschen, sie gingen durch die Menge hindurch, während sie nicht ahnten, was um sie herum vor sich ging. Erst wenn Beelzebub es wollte, würden die Ghule sich verstofflichen und zu einer Bedrohung werden. Nova hatte uns erzählt, dass sie ein Nahrungslager der Ghule ausfindig gemacht hatten.