Nach dunklen Schatten das Glück - Hedwig Courths-Mahler - E-Book

Nach dunklen Schatten das Glück E-Book

Hedwig Courths-Mahler

0,0

Beschreibung

Im Palace Hotel begegnen sich Frank Markwald und Freda Nordmann. Beide haben schwere Zeiten hinter sich. Frank Markwald, der mit seiner kleinen Tochter Conny angereist ist, versucht etwas Abstand von einer gescheiterten Ehe zu gewinnen. Und auch Freda Nordmann möchte sich zusammen mit ihrer Schwester Blandine von vergangenen Enttäuschungen erholen. Doch während Freda die gemeinsamen Umstände an ihrer neuen Bekanntschaft anziehend findet, verhält sich Frank distanziert ...-

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 365

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Hedwig Courths-Mahler

Nach dunklen Schatten das Glück

 

Saga

Nach dunklen Schatten das Glück

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1929, 2022 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726950533

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

1

Auf dem bahnsteig der Jungfraubahn in Lauterbrunnen standen die beiden Schwestern Freda und Blandine Nordmann und warteten auf die Abfahrt des Zuges, der sie nach Wengen hinaufbringen sollte, wo sie im Palace-Hotel für einige Wochen wohnen würden. Sie wollten sich dort oben in der reinen Bergluft erfrischen und erholen. Nach langer, sorgenvoller Zeit konnten sie sich einmal wieder einen Sommeraufenthalt in den Bergen gönnen.

Ehe sie den schon bereitstehenden Zug besteigen durften, mußten sie die Ankunft des Gegenzuges, der von oben herunterkam, abwarten. Dieser kam aber schon bei der letzten Wendung in Sicht. Langsam, als müsse er recht bedächtig und vorsichtig fahren, kam er heran. Er war bis zum letzten Platz mit Passagieren besetzt. Das schöne, klare Wetter hatte viele Ausflügler in den letzten Tagen zu der Jungfrau hinaufgeführt, wo alle die, die nicht imstande waren, Bergtouren zu Fuß zu machen, das wunderbare Bergpanorama bewundern konnten. In einem Abteil zweiter Klasse saß am Fensterplatz ein junger Mann in elegantem, aber zweckmäßigem und durchaus nicht neuem Reiseanzug. Er lehnte mit ziemlich mißvergnügtem Gesicht in der Ecke, ohne auf seine Mitreisenden zu achten, obwohl ihm ein paar reizende und vergnügt lachende junge Damen gegenübersaßen und ihm schöne Augen machten, als seien sie nicht abgeneigt, ihn aufzuheitern.

Verstimmt sah der junge Mann zum Fenster hinaus, als der Zug nun in den Lauterbrunner Bahnhof einlief. Da erblickte er plötzlich drüben auf dem Bahnsteig die Schwestern Nordmann, die in ihren eleganten Reiseanzügen einen sehr erfreulichen Anblick boten. Er zuckte zusammen, und in seinen braunen Augen leuchtete es wie heiße Freude auf. Jäh richtete er sich empor, und alles Mißvergnügen war aus seinen Zügen verschwunden. Aber dann nahm er sich zusammen und wandte seine Blicke von den Schwestern ab, wenn es ihm auch nicht leichtfiel. Er zwang sich zu einem gleichmütig heiteren Aussehen und begann plötzlich ein auffallendes Interesse an den ihm gegenübersitzenden jungen Damen zu nehmen. Er lachte sie an, ging auf ihre übermütigen Scherze ein, half ihnen mit ritterlicher Artigkeit aus dem Wagen und verabschiedete sich, nachdem er ihnen mit großer Liebenswürdigkeit ihre Handköfferchen herabgeholt hatte, mit scherzenden Worten von ihnen. Scheinbar beachtete er dabei die beiden auf dem Bahnsteig stehenden Schwestern gar nicht, aber ein rascher verstohlener Seitenblick hatte ihn überzeugt, daß sie ihn entdeckt hatten und ihn beobachteten. Seine Galanterie gegen die fremden jungen Damen mußte ihnen auffallen, und das hatte er bezweckt.

Die Schwestern hatten ihn allerdings schon entdeckt, noch ehe der Zug hielt. Freda bemerkte ihn zuerst, Blandine wurde etwas später auf ihn aufmerksam. Sie legte hastig die Hand auf den Arm der Schwester.

»Sieh doch, Freda! Da ist doch Frieder Lienhard – dort im Kupee am Fenster. Wie kommt denn der hierher?«

Freda war es aber nicht, wie Blandine, entgangen, daß Frieder Lienhard sie beide entdeckt hatte und dann erst, aus einer verdrießlichen Haltung auffahrend, die gegenübersitzenden Damen anzusprechen schien. Sie merkte auch sehr wohl, daß er verstohlen zu ihnen herübersah, als er so auffallend den Galanten spielte, und ein leises Lächeln war um ihren Mund gezuckt.

»Wie du siehst, mit diesem Zug der Jungfraubahn, Dina«, erwiderte sie ruhig.

»Nein doch, ich meine, wie er überhaupt hierher in die Schweiz kommt.«

»Vermutlich auf dieselbe Weise wie wir. Er wird seine Sommerreise hierher gemacht haben, um sich gleich uns zu erholen. Aber während wir erst hinauf wollen, kommt er schon wieder herab. Schade, wir hätten in seiner Gesellschaft einige Ausflüge machen können.«

»Das hätte mir gerade noch gefehlt!« stieß Blandine abweisend hervor, während ihre Augen fast zornig zu Frieder Lienhard hinüberflogen, der absolut keine Notiz von ihr zu nehmen schien. Und wie er sich mit diesen scheinbar sehr zugänglichen Damen amüsierte! Die Röte stieg in ihr Gesicht.

»Aber er ist doch ein sehr amüsanter und netter Gesellschafter«, sagte Freda scheinbar gleichmütig, ein heimliches Lachen unterdrückend.

»Der Geschmack ist gottlob verschieden; ich finde ihn fade und langweilig.«

Wieder zuckte ein verhaltenes Lachen um Fredas Mund.

»Das ist aber ungerecht, Dina, wenn er dir auch leider sehr wenig gefällt, so mußt du doch zugeben, daß er allgemein beliebt ist. Sieh nur die jungen Damen an, mit denen er spricht, was die ihm für schöne Augen machen. Sie strahlen ihn sehr wohlgefällig an.«

»Mögen sie ihn anstrahlen, er wird dann noch eitler und unausstehlicher«, stieß Blandine zornig hervor. Aber es sollte gleichgültig klingen.

»Von Eitelkeit habe ich wirklich noch nichts an ihm bemerkt. Schade, daß er nicht zu uns herübersieht, er hat uns noch nicht entdeckt«, sagte Freda bedauernd, obwohl sie ganz genau wußte, daß Frieder Lienhard sie und die Schwester längst gesehen hatte. Sie ahnte, weshalb er sich den Anschein gab, sie nicht zu bemerken.

Blandine zog die Stirn kraus.

»Hoffentlich entdeckt er uns nicht noch. Komm schnell, Freda, laß uns zu unserm Zug hinübergehen, wir dürfen jetzt einsteigen.«

»Du willst ihm also absichtlich ausweichen?«

»Soll ich ihm vielleicht nachlaufen?« fragte Blandine, den Kopf trotzig zurückwerfend.

»Nein, das nicht, aber wir könnten uns ihm irgendwie bemerkbar machen.«

»Auf keinen Fall, laß ihn nur mit diesen Mädels flirten. Komm schnell hinüber zu unserem Zug.«

»Oh, du brauchst keine Angst zu haben, daß er uns entdeckt; er ist so völlig mit den reizenden Damen beschäftigt, daß er für uns keine Zeit hat.«

»Reizende Damen? Ich finde sie sehr wenig reizend, aber dafür sehr kokett. Was die ihm für Augen machen – einfach schamlos«, stieß Blandine ärgerlich hervor und zog die Schwester mit sich fort.

Diese unterdrückte wieder ein leises Lächeln und folgte der Schwester ruhig zu dem Zug. Sie warf nur noch einen forschenden Blick zu Frieder Lienhard hinüber und merkte, daß dieser sich jetzt schnell von den Damen verabschiedete.

Während die Schwestern ihren Zug bestiegen, trat Frieder Lienhard verstohlen an den von oben gekommenen Gepäckwagen heran. Hier gab er schnell Weisung, daß sein Koffer sofort wieder in den nach oben fahrenden Zug geladen würde, obwohl er eben erst herabbefördert worden war. Er hatte sehr wohl gesehen, daß die Schwestern den Zug nach oben bestiegen hatten. Er sah auf die Uhr und sprang zu dem Schalter hinüber, um sich eine neue Fahrkarte zu lösen – für die Rückfahrt nach Wengen. War er doch vor einigen Tagen nur nach Wengen hinaufgefahren in der Hoffnung, daß er dort »ganz zufällig« mit den Schwestern Nordmann zusammentreffen würde. Mit List und Diplomatie hatte er von dem Portier des Hauses, in dem die Schwestern wohnten, in Erfahrung gebracht, daß diese für alle Fälle ihre Adresse zurückgelassen hatten. Und diese Ferienadresse lautete: Wengen, Schweiz, Palace-Hotel. Er hatte gehört, daß die Schwestern dort einen mehrwöchigen Aufenthalt nehmen wollten. Daß sie erst eine Rundreise durch die Schweiz machen wollten, wußte der Portier nicht, sonst hätte er es sicherlich dem noblen jungen Herrn verraten, der ihm ein so gutes Trinkgeld gegeben hatte.

Frieder Lienhard war sofort nach Wengen abgereist, aber dort fand er zu seinem Leidwesen nicht die beiden Schwestern, auch im Palace-Hotel nicht. So nahm er an, daß sie ihre Reisepläne geändert hätten. Mißmutig hatte er deshalb heute die Rückreise wieder angetreten. Er hatte es sich so schön ausgemalt, hier wochenlang in Gesellschaft der Schwestern Nordmann zu leben, hauptsächlich in Gesellschaft von Blandine Nordmann, obwohl diese immer auf dem Kriegsfuß mit ihm stand. Nun hatte er schon die Hoffnung auf ein Wiedersehen aufgegeben. Um so größer war seine Freude, als er die Schwestern plötzlich auf dem Bahnsteig in Lauterbrunnen erblickte und sich gleich sagte, daß sie erst jetzt nach Wengen hinauffahren würden.

So hatte er sich schnell entschlossen, wieder mit hinaufzufahren. Sie durften selbstverständlich nicht ahnen, daß er eben hatte abreisen wollen, und deshalb mußte er ein wenig Komödie spielen.

Die Schwestern hatten inzwischen ein Abteil zweiter Klasse bestiegen. In diesem Abteil saß bereits ein hochgewachsener Herr von etwa vierzig Jahren. Er war eine sehr interessante und markante Erscheinung, einer jener Männer, denen man auf den ersten Blick ihre Bedeutung ansieht. Doch sein Gesicht war ernst, fast düster, so daß Blandine eine kleine Grimasse zog und der Schwester damit andeutete, daß sie diesen Herrn durchaus nicht für einen angenehmen Reisegefährten hielt. Aber Freda Nordmanns Aufmerksamkeit war durch den Fremden gleich seltsam gefesselt. Er half den Damen artig, ihr leichtes Handgepäck zu verstauen, und dachte bei sich, daß dies sehr vernünftige junge Damen sein müßten, die nicht unzählige Gepäckstücke mit sich herumschleppten. Aber er lehnte sich dann wieder in die Ecke am Fenster zurück und sah hinaus. Von den Damen nahm er weiter keine Notiz.

Freda Nordmann hatte also Muße, sein markantes Profil zu beobachten. Sie sah auch, daß er einen gutsitzenden, eleganten Reiseanzug trug, daß er braunes, kurzgeschnittenes Haar hatte und unter der schön gebauten, vorspringenden Stirn tiefliegende stahlblaue Augen. Der Mund war fest und herb geschlossen, so daß die Lippen wie ein schmaler Strich in dem fesselnden Gesicht wirkten. Das breite, feste Kinn verriet Willenskraft und Entschlossenheit, aber um den Mund hatte sich ein herber Schmerzenszug eingegraben. Als er die Reisemütze abgesetzt hatte, war sein Scheitel etwas in Unordnung geraten, aber er achtete nicht darauf, ein Beweis, daß dieser Mann keine Anlage zur Eitelkeit hatte. Freda war gewohnt, scharf zu beobachten, und nachdem sie diesen Mann eine Weile angeschaut hatte, ohne daß er es merken konnte, sagte sie sich:

Ein glücklicher Mensch ist das nicht, aber er ist sehr interessant.

Und daß er unglücklich zu sein schien, fesselte sie fast noch mehr als sein blendendes Aussehen. Sie war, gegen ihre sonstige Art, so sehr in den Anblick dieses Mannes vertieft, daß sie vergaß, auf ihre Schwester zu achten.

Diese schaute anscheinend gleichmütig zum Fenster hinaus, aber ihre Augen suchten unruhig nach Frieder Lienhard. Sie konnte ihn nicht mehr entdecken, aber die hübschen jungen Damen, mit denen er ihrer Meinung nach geflirtet hatte, standen noch wartend am Ausgang des Bahnhofs. Vielleicht warteten sie auf ihren sehr galanten Reisegefährten. Dieser Gedanke erfüllte Dina von neuem mit Zorn. Grollend behielt sie die Damen im Auge, fest überzeugt, daß Frieder Lienhard wieder neben ihnen auftauchen würde. Aber er war nirgends zu sehen.

In dem Augenblick jedoch, da das Abfahrtszeichen für den Zug gegeben wurde, stieg plötzlich ein junger Herr in das Abteil, in dem die Schwestern saßen. Er hatte sich im letzten Augenblick mit einem eleganten Satz hinaufgeschwungen, ohne daß Dina vorher sein Auftauchen bemerkt hätte. Und nun stand Frieder Lienhard, scheinbar sehr erstaunt, vor den Schwestern.

»Träum’ ich, ist mein Auge trübe?« zitierte er lachend. »Nein, ich sehe Sie wirklich leibhaftig vor mir, meine sehr verehrten Damen. Das ist ja ein reizendes Zusammentreffen. Das ist aber eine freudige Überraschung für mich.«

Dabei sah er Freda Nordmann lachend an und begrüßte sie mit einem strahlenden Blick. Dann erst blickte er auch in Dinas reizendes Gesicht, das zu ihrem Ärger bei seinem plötzlichen Auftauchen sehr rot geworden war. Er verbeugte sich vor ihr.

»Gestatten Sie mir, Sie zu begrüßen, mein gnädiges Fräulein. Wollen Sie auch zur Jungfrau hinauf? Ich glaube, Sie werden eine ausgezeichnete Aussicht haben.«

Blandine hatte nur kurz mit dem Kopf genickt, um seinen Gruß zu erwidern.

»Nein, wir fahren nur bis Wengen hinauf«, sagte sie kühl.

»Ah, bis Wengen? Wollen Sie da längeren Aufenthalt nehmen?«

Blandine wunderte sich, daß er jetzt wieder mit hinauffuhr, da er doch eben erst herabgekommen war. Aber sie antwortete mit gleicher Kühle und Sprödigkeit:

»Allerdings!«

»Ah, das trifft sich ja herrlich! Ich habe auch in Wengen einen längeren Aufenthalt genommen, ich wohne im Palace-Hotel. Bin gerade nur mit herabgefahren, um einige junge Damen, mit denen ich oben sehr reizende Stunden verlebt habe, bis Lauterbrunnen zu begleiten, um ihre Gesellschaft noch ein Stündchen länger genießen zu können«, sagte er scheinbar harmlos.

Freda glaubte kein Wort, das er sagte, verbiß aber ihr Lächeln und erwiderte ruhig:

»Das ist wirklich ein drolliger Zufall, wir haben auch im Palace-Hotel Zimmer bestellt, Herr Lienhard.«

Bei diesem Namen wandte der Herr am Fenster zum ersten Male wieder den Kopf und sah einen Moment prüfend auf die drei Personen. Aber er wandte sich gleich wieder ab und sah zum Fenster hinaus.

Frieder Lienhard tat sehr erstaunt.

»Also auch im Palace-Hotel? Das ist ja reizend. Freilich dürfte es wohl nur für mich sehr angenehm sein. Sie werden meine Freude kaum teilen, mein gnädiges Fräulein?« sagte er zu Blandine.

Diese hatte sich gefaßt. Um keinen Preis der Welt hätte sie eingestanden, nicht einmal sich selbst, daß sie sich freute, daß Frieder Lienhard auch im Palace-Hotel wohnte. Und um ihre Freude zu verbergen, sagte sie kalt, fast ungezogen:

»Man wird sich ja aus dem Wege gehen können.«

Es zuckte ein wenig schmerzlich in seinem Gesicht, und er wollte schnell etwas erwidern, aber da trafen seine Augen in die Fredas, und sie schienen zu sagen: Nimm es nicht ernst, was meine kleine Schwester sagt. Und um so liebenswürdiger sagte sie:

»Auch für uns ist es ein sehr erfreulicher Zufall, daß wir Ihnen hier begegnen. Wir sahen Sie aber mit dem Zug von oben herabkommen und nahmen schon an, daß Sie weiterreisen würden. Da Sie in Gesellschaft waren, wollten wir Sie nicht stören, sonst hätten wir uns bemerkbar gemacht.«

Beim Klang ihrer dunklen, weichen Stimme sah der Fremde am Fenster wieder für einen Moment zu ihr herüber, um dann gleich wieder zum Fenster hinauszusehen. Freda Nordmanns Stimme klang aber auch zu schön, die ganze reiche Güte ihres Wesens sprach aus ihr.

Frieder Lienhard hatte sich den Damen gegenübergesetzt, auf dieselbe Seite wie der Fremde.

»Oh, es hätte mich sehr betrübt, wenn Sie an mir vorübergegangen wären, ohne daß ich Sie gesehen hätte.«

Blandine, die immer noch zum Fenster hinaus zu den Damen sah, die auch jetzt noch am Ausgang des Bahnhofs standen, fuhr zu ihm herum.

»Die Damen, in deren Gesellschaft Sie herabkamen, stehen noch immer da drüben, um auf Ihren letzten Gruß zu warten«, spottete sie.

Seine Augen sahen groß und lachend zu ihr hinüber.

»Möglich, es waren sehr liebenswürdige Damen, die mir einige Ferientage verschönt haben«, log er übermütig, denn er hatte diese Damen zum erstenmal gesehen, als sie mit ihm im Zug gefahren waren. Und er hatte sie absolut nicht beachtet, bis zu dem Moment, da er die Schwestern erblickt hatte. Für ihn gab es nur ein einziges weibliches Wesen, das ihm Interesse abnötigte, und zwar brennendes Interesse, und das war Blandine Nordmann. Und so abweisend und widerspruchsvoll sie auch war, er hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, ihre Liebe zu erringen. Denn daß sie auch keinem anderen Mann ein tieferes Interesse zugewandt hatte, wußte er.

Er wußte aber auch, daß sie nicht leicht zu erobern war, und daß sie anders, ganz anders angefaßt werden mußte als andere junge Damen. Ein wertvoller Mensch war Blandine Nordmann, ebenso wie ihre ältere Schwester. Ihre herbe Sprödigkeit hatte, wie er wußte, ihre Gründe. Diese Distanz mußte erst langsam besiegt werden, und bei flüchtigem gelegentlichem Zusammentreffen mit ihr in Berlin hatte er nie Zeit und Muße, ihr innerlich näherzukommen. Er hatte versucht, sie durch Komplimente und Aufmerksamkeiten für sich zu gewinnen, wie das bei anderen jungen Damen wirksam war, aber er hatte bald gemerkt, daß er damit nicht zum Ziel kam. Sie verabscheut den leichten Flirt, dem ihre Altersgenossinnen so viel Geschmack abgewannen, und sie hatte geglaubt, Frieder Lienhard suche auch bei ihr nur leichtes Amüsement. Er betrachtete sie vielleicht als leichte Beute, und deshalb war sie ihm mit schroffer Ablehnung begegnet.

Sehr bald hatte er bemerkt, daß Blandine auf diese Weise nicht zu erobern war, und deshalb änderte er seine Taktik. Er spielte ihr nun erst einmal eine Gleichgültigkeit vor, die er nicht empfand, und suchte sie dadurch zu fesseln. Er ahnte, daß ihm das besser gelingen würde, als wenn er sich ihr aufdrängte. Deshalb durfte sie auf keinen Fall merken, daß er ihr und der Schwester absichtlich nach Wengen gefolgt war. Er spielte ihr mit Absicht eine kleine Komödie vor, als er sie auf dem Bahnsteig erblickt hatte, und in dem Bestreben, sich bei ihr ein wenig rar zu machen, schoß er ebenfalls wieder über das Ziel hinaus.

Aber immerhin hatte er das Empfinden, die Ursache ihres Zornes sei nur die, daß er so galant gegenüber den jungen Damen gewesen war, und er spürte zum erstenmal einen leisen Hauch von Eifersucht in ihrem Wesen, der ihn beglückte. Und als sie ihn nun auf die Damen draußen aufmerksam gemacht hatte, erhob er sich und grüßte scheinbar lebhaft zu ihnen hinüber. Die Damen entdeckten ihn auch und winkten lachend zurück. Aber Frieder Lienhard sah gar nicht zu ihnen hinaus, er sah nur in Blandines Gesicht und merkte, daß ihre Lippen zuckten wie in verhaltener Erregung.

Blandine bemerkte nicht, daß er sie forschend ansah und durchaus nicht zu den Damen hinausblickte, aber Freda merkte es, und wieder huschte ein gutes, verstehendes Lächeln über ihr Gesicht.

Als Frieder sich wieder niedergelassen hatte, versuchte Blandine, ein gelangweiltes Gedicht zu machen und sah immerfort zum Fenster hinaus, wie der fremde Herr in der andern Ecke des Wagens. Frieder unterhielt sich nun anscheinend sehr angeregt mit Freda Nordmann, ohne sich um Blandine zu kümmern. Freda suchte nach Kräften das unliebenswürdige Benehmen ihrer Schwester gutzumachen und zeigte sich sehr freundlich und gütig, wie das immer ihre Art war. Aber während sie auf seine Unterhaltung einging, sah sie doch immer wieder prüfend zu dem Fremden hinüber, der ernst und düster zum Fenster hinausstarrte, während es zuweilen schmerzhaft um seine Lippen zuckte oder seine Stirn sich zusammenzog. In Fredas Herz wurde immer schnell eine Hilfsbereitschaft geweckt, wenn sie einen Menschen in Not sah, und es schien ihr, als sei dieser Mann von einer großen Herzensnot befallen. Er hätte gar nicht so interessant und bedeutend zu sein brauchen, um ihr Mitgefühl zu wecken, aber selbstverständlich verstärkten diese Eigenschaften ihr mitleidiges Interesse.

Dabei ließ sie aber auch Frieder Lienhard nicht zu kurz kommen, denn sie war klug und wußte, daß er ihre Schwester liebte und daß er unter Blandines abweisendem Wesen zu leiden hatte.

Der Wagen, in dem sie fuhren, war stark besetzt, nur in ihrem Abteil waren noch einige Plätze frei. Die einzelnen Abteile waren in diesen Wagen der Jungfraubahn nur durch halbhohe Wände begrenzt, die mit den Lehnen der Sitzbänke aufhörten. So konnte man von einem Abteil alle andern überblicken und zur Not auch aus einem in das andere hinüberklettern. Eine andere Gelegenheit, aus einem Abteil in das andere zu gelangen, hatte man während der Fahrt nicht. Aber jedes Abteil hatte rechts und links eine Tür zum Aus- und Einsteigen. Die meisten Insassen des Wagens waren Amerikaner und Engländer, von denen die Aussicht laut bewundert wurde.

Diese war auch in der Tat bewunderungswürdig. Man überblickte jetzt das Lauterbrunner Tal und sah jenseits dieses die gelben Wagen der Zahnradbahn nach Mürren hinaufkriechen. Sie wirkten bei der großen Entfernung wie Kinderspielzeug. Weiter hinten sah man die Staubbachfälle, wie sie ihre zerrissenen Wasserschleier von den Felsen hinabwehten.

Das wunderschöne Tal abschließend, standen in schweigender Majestät die gigantischen, schneebedeckten Bergriesen des Berner Oberlandes, das beginnende Jungfraumassiv. Es trat immer deutlicher hervor, je weiter die Bahnwagen aufwärtsstiegen, und der Mönch und der Eiger wurden dann auch sichtbar.

Blandine hatte anscheinend für nichts anderes Interesse als für diese wunderbare Berglandschaft, die empfänglichen Menschen eine tiefe Andacht ins Herz zaubert. Aber sie lauschte dabei doch auf das Gespräch, das ihre Schwester mit Frieder Lienhard führte. Versuchte dieser aber zuweilen sie ins Gespräch zu ziehen, dann erhielt er immer nur eine abweisende, kühle Antwort. Und als eine solche wieder einmal besonders schroff und scharf ausfiel, sagte er mit einem Seufzer zu Freda:

»Anscheinend ist es Ihrem Fräulein Schwester sehr unangenehm, daß ich Ihnen in den Weg gelaufen bin. Aber ich habe nun einmal im Palace-Hotel Wohnung genommen und muß mich darauf beschränken, Ihnen sowenig wie möglich lästig zu fallen.«

Dabei überlegte er, wie er es einrichten konnte, von neuem im Palace-Hotel Wohnung zu nehmen, ohne daß die Schwestern merkten, daß er sein Zimmer heute morgen bereits aufgegeben hatte.

Freda sah mit einem leichten Lächeln zu der Schwester hinüber.

»Ich hoffe, Sie glauben nicht im Ernst, daß uns Ihre Gesellschaft lästig sein könnte. Meine Schwester ist nur zu sehr in den Anblick des herrlichen Bergpanoramas vertieft, sonst würde sie nicht so kurz angebunden sein. Mir ist jedenfalls Ihre Gesellschaft sehr angenehm, und es kann gar keine Rede davon sein, daß sie uns je lästig fallen könne. Im Gegenteil, es ist uns ein sehr angenehmes Gefühl, daß wir an Ihnen einen männlichen Schutz haben. Wenn wir auch gewohnt sind, immer selbst für uns einzustehen, so ist es doch gerade auf Reisen sehr angenehm für alleinreisende Damen, sich unter einen männlichen Schutz stellen zu können.«

Mit einem dankbaren Blick sah Frieder sie an.

»Ich danke Ihnen für Ihre freundlichen Worte, die mich von dem Gefühl befreien, daß ich Ihnen und Ihrem Fräulein Schwester sehr ungelegen in den Weg gekommen bin.«

Blandine fuhr plötzlich zu ihm herum und wollte sagen: Meine Schwester darf nur von sich sprechen, ich bin anderer Ansicht. Aber sie brachte es doch nicht über ihre Lippen, weil Frieder Lienhard sie gerade mit einem großen, ernsten Blick ansah, der so gar nichts von seinem gespielten Übermut verriet. So preßte sie die Lippen aufeinander und schwieg.

Weiter und weiter stieg der Zug hinauf, immer neue, wundervolle Ausblicke freigebend. Freda und Frieder Lienhard plauderten angeregt, ohne dabei zu versäumen, sich an der herrlichen Landschaft zu entzücken. Aus ihrem Gespräch ging hervor, daß sowohl die Schwestern, als auch Frieder Lienhard ihr bleibendes Domizil in Berlin hatten. Der schweigsame, düstere Fremde in der Ecke sah zuweilen flüchtig zu ihnen hinüber und lauschte mit Genuß auf die weiche, dunkle Altstimme Fredas, auf ihre verständigen, freundlichen Worte, die so viel Güte und Klugheit verrieten und so gar nichts gemein hatten mit dem oberflächlichen, gedankenlosen Geplauder der meisten jungen Damen. Einmal sah er sie forschend an, als sie ihrer jüngeren Schwester einige warme, liebevolle Worte zurief. Und er sah, daß sie dabei ein weiches, fast mütterliches Lächeln hatte, das viel Güte und ein reiches Seelenleben widerspiegelte. Dieses Mädchen, das wohl schon in der Mitte der Zwanzig stand, war nicht schön im strengen Sinne des Wortes, aber ihre Züge waren fein und sympathisch und sehr reizvoll, obwohl sie nicht nach klassischen Schönheitsregeln gebildet waren. Die Stirn war klar und rein, die großen, seltsam hell leuchtenden Grauaugen von großer Schönheit, aber die Nase war etwas zu kurz geraten und die Oberlippe ebenfalls. Das gab ihrem Gesicht jedoch einen aparten Reiz, wie auch die schön gezeichneten ganz dunklen Wimpern und Brauen, die stark mit den hellen Augen kontrastierten. Beim Sprechen und Lachen sah man die prachtvollen, regelmäßig geformten Zähne, und der Mund war schön geschwungen und ausdrucksvoll.

Freda Nordmann war bereits sechsundzwanzig Jahre alt, aber sie wirkte durch ihre Lebensfrische und Lebensfreudigkeit jünger. Etwas Lebenbejahendes lag in ihrem ganzen Wesen, wenn auch ihre Augen zumeist sehr ernst blickten. Ihre ganze Art sprach von großer Selbständigkeit, wie man es bei Frauen findet, die für sich selbst einzustehen haben.

Nachdem der Fremde Freda Nordmann eine Weile mit einigem Interesse angesehen hatte, trafen ihre Blicke plötzlich groß und ernst in die seinen. Da wandte er sich mit einem leichten Seufzer ab und sah wieder zum Fenster hinaus. Frieder Lienhard aber hatte sich indessen in den Anblick von Blandines reizendem Profil vertieft. Sie war entschieden die schönere der beiden Schwestern. Auch sie hatte die eigenartig hell leuchtenden Grauaugen, die ebenfalls von dunklen Brauen und Wimpern umgeben waren, was ihren Glanz noch erhöhte. Auch ihr Haar hatte, wie das der Schwester, den sanften rötlichen Schimmer, wie ihn reife Kastanien haben, und wenn die Sonne darauf schien, hatte es metallischen Glanz. Unbedingt sahen sich die Schwestern ähnlich, aber Blandines Züge waren regelmäßiger und das feine Näschen von klassischer Schönheit. Beide Schwestern hatten schlanke, jugendfrische Gestalten. Freda war vielleicht ein wenig voller als Blandine, aber dafür war sie auch etwas größer. Und wenn über Fredas Wesen ein bezaubernder Hauch echt weiblicher Güte lag, so entzückte Blandine durch eine etwas herbe, aber bezaubernde Jungfräulichkeit.

Das hatte Frieder Lienhard zuerst auf Blandine aufmerksam gemacht, als er sie kennenlernte, und wenn sie auch zuweilen ihre Sprödigkeit übertrieb in der heimlichen Abwehrstellung, die sie ihm gegenüber einnahm, so reizte sie ihn gerade dadurch nur noch mehr. Er war nicht der Mann, dem leichte Siege bei Frauen erstrebenswert erschienen. Und da er eine sehr interessante, sympathische Persönlichkeit war, dem von vielen Damen mehr oder minder deutliche Avancen gemacht wurden, so schätzte er Blandines Zurückhaltung nur noch mehr.

Blandine hatte daheim sehr wohl bemerkt, daß sich die jungen Damen aus ihrem Bekanntenkreise sehr um Frieder Lienhard bemühten und sein Interesse zu wecken versuchten. Sie hatte mit ansehen müssen, wieviel sich manche von ihnen dabei vergaben, und je mehr sie sich im stillen darüber ärgerte, um so ablehnender verhielt sie sich ihm gegenüber. Sie schoß dabei zuweilen über das Ziel hinaus, aber sie hatte von den Männern im allgemeinen keine sehr gute Meinung. Zwar hatte sie selbst noch keine schlimmen Erfahrungen mit ihnen gemacht, aber ihre zärtlich geliebte und bewunderte Schwester hatte eine herbe Enttäuschung hinter sich, und darunter hatte Blandine gelitten, als habe sie selbst diese Enttäuschung erlitten.

Freda war mit einem jungen Mann verlobt gewesen und hatte an seine Liebe geglaubt. Als aber ihr Vater während der Inflation sein ganzes Vermögen verloren hatte und sich das so zu Herzen nahm, daß er gestorben war, hatte sich Fredas Verlobter von ihr gelöst mit der Erklärung, daß er nicht imstande sei, eine vermögenslose Frau zu heiraten. Er hatte ziemlich brüsk seine Freiheit von ihr zurückgefordert, und sie hatte ihn nicht eine Minute länger festgehalten. Freda hatte ihre Enttäuschung recht schnell verwunden. Sie hatte sich gesagt, es sei besser, derartiges vor der Hochzeit zu erleben als hinterher. Vielleicht war es bei ihr auch noch nicht die rechte Liebe gewesen, sie war damals noch zu jung, um sich über sich selbst ganz klarzuwerden. Genug, sie war damit fertig geworden, wenn auch nicht leicht. Blandine aber hatte gemerkt, wie sehr Freda doch unter diesem Verrat ihres Verlobten gelitten hatte, und sie nahm sich das so zu Herzen, daß es einen bleibenden Eindruck auf sie machte. Sie war damals erst fünfzehn Jahre gewesen, während Freda schon über zwanzig Jahre alt war, und gerade in den Entwicklungsjahren machen solche Erlebnisse einen tiefen Eindruck auf junge Gemüter. Blandine fand das Verhalten des Verlobten ihrer Schwester so verächtlich, daß sie von dieser Zeit an alle Männer mit mißtrauischen Augen ansah.

Dazu kam, daß die Schwestern in jener Zeit sehr unter ihrer gänzlichen Verarmung zu leiden hatten. Sie hatten den geliebten Vater verloren und standen beide plötzlich dem, Nichts gegenüber. Immer gewöhnt, in guten, gesicherten Verhältnissen zu leben, mußten sie jetzt die bittersten Erfahrungen machen.

Für Freda war allerdings damals der Zusammenbruch ihres Wohlstandes und die Notwendigkeit, für sich und die noch die Schule besuchende Blandine den Lebensunterhalt zu verdienen, eine fast wohltätige Ablenkung gewesen, die sie den Schmerz um den Verlust des Vaters und um den Treubruch ihres Verlobten leichter ertragen ließ, als sie es für möglich gehalten hätte. Ohne Zögern hatte sie eine Stellung, die sich ihr zum Glück bot, angenommen. Sie wurde Sekretärin bei einem berühmten Schriftsteller, dessen glänzende Erfolge ihm ein horrendes Einkommen sicherten und der Freda gut bezahlen konnte.

Freda hatte ihren Posten zu seiner vollsten Zufriedenheit ausgefüllt, und sie hatte es fertiggebracht, für sich und Blandine zu sorgen, bis diese mit sechzehn Jahren ihre Schulbildung vollendet hatte. Freilich hatten sich die Schwestern mit einem bescheidenen gemeinsamen Zimmerchen in einer billigen Pension begnügen müssen. Die Verpflegung war sehr mangelhaft gewesen, aber es war doch gegangen. Und als Blandine die Schulzeit hinter sich hatte, bekam auch sie bald eine allerdings viel weniger gutbezahlte Stellung im Büro eines Rechtsanwaltes. So konnten sie sich einige Erleichterungen schaffen. Jedenfalls stellten sie beide tapfer ihren Mann im Lebenskampf und waren unverzagt, vor allem Freda, die der Schwester mit gutem Beispiel voranging.

Und dann kam plötzlich wieder das Glück zu ihnen, nachdem sie jahrelang sehr bescheiden gelebt hatten. Ein Bruder ihrer früh verstorbenen Mutter, der in jungen Jahren nach Argentinien ausgewandert war und dort später ein großes Warenhaus gegründet hatte, war gestorben und hatte seinen beiden Nichten je hunderttausend Dollar hinterlassen. Diese Erbschaft war ihnen gleichsam vom Himmel herabgefallen, sie hatten kaum noch eine Ahnung von der Existenz dieses verschollenen Bruders ihrer Mutter gehabt, die schon gestorben war, als Freda fünfzehn und Blandine neun Jahre alt gewesen war. Niemand hatte seither mit ihnen von diesem Onkel gesprochen. Dieser aber hatte von seinem Millionenvermögen auch seinen beiden Nichten einen Teil vermacht.

Die Schwestern vermochten das Glück kaum zu fassen. Sie waren nun plötzlich wieder in glänzenden Verhältnissen und konnten ihre Stellung aufgeben. Es war für sie eine große Freude gewesen, daß sie sich wieder ein richtiges Heim schaffen konnten, und sie richteten sich mit so viel Geschick ein, daß dieses Heim sehr reizend und behaglich wurde. In einer stillen, vornehmen Gegend von Charlottenburg lag dieses Heim. Sie holten sich eine alte Dienerin, die schon bei ihren Eltern in Stellung gewesen war und die sie bei ihrer Verarmung schweren Herzens hatten entlassen müssen, wieder ins Haus, und die alte Lisa wurde ihre Haushälterin. Ein adrettes, junges Hausmädchen wurde noch engagiert, und die Schwestern fühlten sich nach allen Entbehrungen wie im Himmel. Seit fast einem Jahr hatte sich ihr Leben in so günstiger Weise geändert, und nun hatten sie sich auch wieder einmal eine Erholungsreise gegönnt.

Als sich ihre Verhältnisse in dieser Weise gebessert hatten, kamen dann auch nach und nach die alten Freunde der Familie zum Vorschein, die sich im Unglück von ihnen gewandt hatten. Freda nahm sie ohne Einwand, mit leichtem, überlegenem Lächeln wieder auf und mit der ruhigen Freundlichkeit ihres Wesens, aber die alte Herzlichkeit konnte sie doch nicht wiederfinden. Blandine aber zeigte ihnen unverhohlen, wie sie darüber dachte, daß man plötzlich wieder soviel Liebenswürdigkeiten für sie übrig hatte. Und es verstärkte ihre Abwehr noch mehr. Sie begriff nicht, daß die Schwester auch für diese Menschen noch eine Entschuldigung hatte und daß sie noch freundlich mit ihnen sprechen konnte.

Man überschüttete die Schwestern wieder mit Einladungen, und Freda drang darauf, ab und zu eine davon anzunehmen. Sie wollte nicht, daß Blandine sich völlig durch diese Erfahrungen verbittern ließ und sich noch mehr in eine gewisse Menschenfeindlichkeit hineinsteigerte.

Freda war für Blandine immer ein leuchtendes Vorbild gewesen, sie bewunderte sie und suchte ihr in allen Dingen nachzueifern. In diesem Falle vermochte sie das nicht. Etwas Herbes und Awehrendes blieb in ihrem Wesen und verwischte sich nur sehr langsam unter Fredas stetem Einfluß.

Eines Tages tauchte dann auch Fredas ehemaliger Verlobter wieder auf und suchte die Verbindung zwischen sich und ihr wiederherzustellen. Blandine überfiel eine heftige Angst, daß Freda diesem Mann gegenüber schwach werden könnte. Sie atmete erlöst auf, als Freda ihn kühl abfallen ließ. Blandine fiel ihr erlöst um den Hals, als Freda ihr erklärte, daß zwischen ihr und diesem Mann nie mehr eine Gemeinschaft bestehen könne, er sei ihr nicht nur verächtlich, sondern auch gleichgültig geworden.

Vor etwa einem halben Jahr hatten die Schwestern dann auf einer Gesellschaft Frieder Lienhard kennengelernt, und er hatte Blandine gleich mit Feuereifer den Hof gemacht. Sie aber war ihm vielleicht noch abweisender als allen anderen Männern begegnet. Gerade weil in ihrem Herzen etwas für ihn sprechen wollte, wappnete sie sich mit ihrer ganzen Kühle ihm gegenüber. Zwar war er selbst in glänzenden Verhältnissen als einziger Sohn eines reichen Fabrikanten, aber Blandine sagte sich in ihrem fast kindlichen Trotz, der aus schlimmen Erfahrungen geboren war: Wenn ich arm wäre, würde auch er sich nicht um mich kümmern.

Und so war Frieder Lienhard bisher zu seinem Leidwesen nicht um einen Schritt weitergekommen, zumal seine Begegnungen mit ihr immer nur sehr flüchtiger Natur gewesen waren. Deshalb hatte er den Entschluß gefaßt, den Schwestern zu folgen, als er gehört hatte, sie seien in die Schweiz gereist. Dabei hoffte er, bessere Gelegenheit zu einer Annäherung zu finden. Hier in Wengen konnte er täglich mit ihnen zusammen sein und auf längere Zeit, als während eines Gesellschaftsabends, wo sie beide immer von vielen andern Seiten in Anspruch genommen waren. Besuche bei den Schwestern zu machen, hatte er nicht gewagt, dazu kannten sie sich doch zuwenig, und er wußte überhaupt nicht, ob er vorgelassen werden würde, da er wußte, daß die Schwestern allein lebten und nur eine alte Dienerin zum Schutz bei sich hatten.

Frieder war glücklich, die Schwestern nun doch gefunden zu haben, und während er mit Freda plauderte, überlegte er sich immer wieder, wie er im Palace-Hotel wieder Unterkunft finden konnte. Aber das würde sich schon irgendwie arrangieren lassen. Daß das Hotel noch lange nicht ganz belegt war, wußte er. Und vorläufig konnte er ungestört in Blandines reizendes Gesichtchen sehen, und das war schon ein großes Glück für ihn.

Ihre trotzige Abwehr entmutigte ihn nicht. Er hätte sich vielleicht dadurch in die Flucht schlagen lassen, hätte ihm Freda nicht eines Tages, in ihrer fast mütterlichen Besorgnis um die Schwester, Aufschluß gegeben, warum Blandine so herb und abweisend geworden war. Da verstand er alles und konnte nun entsprechende Maßnahmen treffen. Sehr deutlich durfte er mit seiner Werbung freilich nicht werden, sonst nahm Blandine gleich wieder Kampfstellung gegen ihn ein.

Heute hatte er immerhin einen kleinen, ganz kleinen Erfolg zu verzeichnen, er hatte etwas wie heimliche Eifersucht in Blandines Augen aufblitzen sehen, und deshalb war er den beiden hübschen jungen Damen im stillen dankbar, die ihm, ohne es zu ahnen, zu diesem Erfolg verholfen hatten.

2

Der zug hielt in Wengen an der Station, und Freda merkte, daß sich auch der Fremde erhob, um hier auszusteigen. Das freute sie. Er interessierte sie sehr, und so bestand die Hoffnung, daß sie ihn noch einmal wiedersehen könne. Während sie mit Frieder Lienhard und ihrer Schwester den schmalen Bahnsteig entlangging, sah sie der hohen Gestalt nach, die etwas Imponierendes und Gebietendes hatte. Sie konnte beobachten, daß er einem Hoteldiener einen Schein gab, wahrscheinlich einen Gepäckschein. Dann verschwand er hinter dem Stationsgebäude.

Die Schwestern wurden nun, da ihr Kommen gemeldet war, von einem Hotelangestellten empfangen, der sich auch von ihnen den Gepäckschein aushändigen ließ. Frieder wartete, bis das erledigt war, dann drückte er dem Angestellten rasch auch seinen Gepäckschein in die Hand, und während die Schwestern schon weitergingen, sagte er leise:

»Ich möchte mein Zimmer wiederhaben, das ich bis heute morgen bewohnt habe. Es ist doch noch frei?«

»Ja, gnädiger Herr, es sind bisher keine neuen Gäste angekommen.«

»Schön, ich nehme das Zimmer für einige Wochen. Bitte sorgen Sie dafür, daß die Damen, mit denen ich eben angekommen bin, nichts davon erfahren, daß ich schon abgereist war. Ich habe es mir anders überlegt, und die Damen sollen nicht wissen, daß ich schon abreisen wollte. Verstehen Sie?«

Der Angestellte verstand gar nichts, aber da ihm Frieder ein gutes Trinkgeld in die Hand drückte, nickte er eifrig und versprach alles zu ordnen.

Frieder folgte nun den Damen und holte sie ein, als sie bei der Post um die Ecke bogen. Hier zweigte der Weg ab. Freda hatte ihre Augen suchend die Hauptstraße des Ortes entlangschweifen lassen und sah von weitem den Fremden wieder auftauchen. Er ging mit seinen festen, zielsicheren Schritten ruhig dahin, ohne rechts und links zu blicken.

»Welchen Weg müssen wir zum Palace-Hotel einschlagen, Herr Lienhard?« fragte Freda.

Dieser zeigte die sanft aufsteigende Hauptstraße entlang, auf der auch der Fremde dahinschritt.

»Bitte hier, in fünf Minuten sind wir dort.«

Und er ging neben den Schwestern her, an den Basaren und Geschäften vorüber, die rechts und links in den niederen Häusern untergebracht waren und alles anboten, was man in einem frequentierten Gebirgskurort nur erwarten kann. Alles war vertreten, ein Bankgeschäft, mehrere Fotografen, eine Apotheke, ein Kurzwarengeschäft, ein Geschäft mit allerlei Sportartikeln, eine Bäckerei, Buchhandlungen und Obst- und Gemüsehandlungen. Auf dieser Straße kamen ihnen mehrere Kurgäste entgegen, die sich schon akklimatisiert hatten und mehr oder minder der Umgebung gemäß gekleidet waren. Allen sah man an, daß sie hier nicht bodenbeständig waren, aber jeden Atemzug mit Inbrunst einsogen. Man kam an einer sanft aufsteigenden Berghalde, an Wiesen und Feldern vorüber; sobald zwischen den Häusern eine Lücke entstanden war, sah man überall zwischen dem Grünen kleine und größere freundliche Hotels und Pensionen stehen. Wie in all solchen Orten schienen nur Wohnungen für die Fremden vorhanden zu sein, man wunderte sich, wo die Einheimischen Platz fanden.

Schließlich führte die Straße etwas steiler bergan, am Gemeindehaus vorüber, auf dessen Veranda ein paar Dorfalte sich die Sonne auf den Rücken scheinen ließen und dabei mit abwägenden Blicken die ankommenden Fremden taxierten, wieviel Geld sie wohl in Wengen lassen würden.

Gleich darauf stand man vor dem stattlichen Palace-Hotel mit seiner aus unzähligen kleinen Holzplättchen bestehenden Fassade. Eines dieser Holzplättchen lag über dem andern, eine dichte, geschlossene und wetterfeste Mauer bildend.

Der Fremde war Fredas Blicken schon entschwunden, als er das Gemeindehaus passiert hatte, sie wußte nicht, wo er geblieben war, weil der Weg hier eine Biegung machte.

Frieder wandte sich an die Schwestern:

»Gestatten Sie, meine Damen, ich will den Portier heranrufen«, sagte er und lief durch das Vestibül auf die Portierloge zu.

Hier verständigte er auch den Portier rasch, daß er sein Zimmer wiederhaben wollte und daß man nicht darüber sprechen möge, daß er heute früh abgereist sei.

Der Portier begriff sofort, und so war alles in schönster Ordnung. Aufatmend führte Frieder den Portier zu den Damen. Indessen kam auch der junge blonde Direktor aus dem Direktionszimmer und begrüßte die neuangekommenen Damen. Er sah etwas erstaunt auf Frieder, doch dieser wußte zu verhindern, daß er etwas zu ihm sagte bezüglich seiner Abreise. Der Direktor begleitete die Damen selbst zu ihren Zimmern, die sich in der ersten Etage befanden. Man fuhr im Fahrstuhl hinauf. Frieder ebenso.

Ein hübsches, großes Zimmer mit davorliegendem Baderaum war für die Schwestern reserviert worden. Zwei Betten standen darin und die üblichen Hotelmöbel.

Ein hübsches, sauberes Zimmermädchen kam aus dem danebenliegenden Zimmer, in dem sie wohl für einen Gast gesorgt hatte, und stellte sich jetzt den Damen vor.

Frieder war inzwischen den langen Gang hinabgegangen, nachdem er sich von den Schwestern vorläufig verabschiedet hatte. Am Ende dieses Ganges, gleichfalls in der ersten Etage, lag sein Zimmer.

Freda und Blandine teilten dem Zimmermädchen ihre Wünsche mit und legten Hüte und Oberkleider ab. Dann sahen sie sich lächelnd im Zimmer um und nickten sich zu, als wollten sie sagen: Hier gefällt es uns. Sie traten dann an die Fenstertür heran, die auf eine sehr breite und geräumige Veranda führte. Der Fußboden dieser Veranda bildete die Decke der darunterliegenden breiten Frühstücksterrasse, die sich im Parterre längs der ganzen Fassade hinzog. Und dementsprechend zog sich hier in der ersten Etage die breite Veranda längs des Hauses hin. Der Fußboden war mit Parkett belegt. Alle Zimmer der ersten Etage gaben durch Fenstertüren den Ausgang zu der Veranda frei, und zwischen jedem Teil der Veranda, der vor einem Zimmer lag, war eine eiserne Kette als Grenzwall gezogen. Diese Ketten konnte man aber nach Belieben abhängen. Falls also mehrere Personen benachbarte Zimmer bewohnten, konnten sie über die Veranda bequem zueinander gelangen. Vor jedem Zimmer war eine Gruppe von Korbmöbeln und Liegestühlen um kleine runde Tische aufgestellt.

Dies alles sahen aber die Schwestern vorläufig nicht, sie überzeugten sich nur, daß sie vom Fenster aus auf die Veranda gelangen konnten und daß sie einen wundervollen Ausblick nach dem Jungfraugebiet hatten. In schweigender Majestät thronte die Jungfrau dort oben, und ihr weißer Gipfel ragte in den blauen Himmel hinein. Drüben über dem Lauterbrunner Tal lag Mürren. Die Staubbachfälle wirkten von hier aus wie zarte duftige Schleierstreifen, die sich an der steilen Felswand herniederzogen. Es war ein wundervoller Anblick. Die Schwestern wollten ihn noch mehr genießen und traten auf die Veranda hinaus.

Da schrak Freda leise zusammen und hielt die Schwester zurück. Vorn an der Holzbrüstung der Veranda stand, in den Anblick der herrlichen Landschaft versunken, der Fremde aus dem Eisenbahnabteil.

Blandine drückte lächelnd den Arm der Schwester.

»Unser Reisegenosse! Er scheint hier ebenfalls Wohnung genommen zu haben und bewohnt anscheinend das Zimmer neben uns«, sagte sie leise.

Freda sah zu der nächsten Fenstertür. Ja, sie stand offen, dahinaus war der Fremde getreten.

»Wir wollen ihn nicht stören, Dina, wir können die Aussicht nachher bewundern, wenn er fertig ist«, sagte Freda ebenso leise und schob Blandine wieder in das Zimmer zurück. Aber Blandine konnte doch noch sehen, daß am hinteren Ende der Veranda soeben Frieder Lienhard aus seinem Zimmer auf die Veranda hinaustrat. Schnell ging sie in ihr Zimmer zurück, aber nicht schnell genug, als daß Frieder sie nicht noch erblickt hätte.

Inzwischen war das Gepäck der Schwestern heraufgebracht worden. Sie machten es sich nun bequem, ordneten ihre Sachen in Schränke und Schubfächer, soweit sie diese nicht in dem neuen Aluminiumschrankkoffer ließen, den sie sich eigens für diese Reise angeschafft hatten. Erst als sie mit allem fertig waren, traten sie wieder auf die Veranda hinaus. Der Fremde war verschwunden, und die Schwestern traten, einander liebevoll umschlungen haltend, an die Brüstung heran.

»Oh, Freda, wie dankbar müssen wir dem guten Onkel sein, daß er uns durch die Erbschaft auch diesen wundervollen Genuß verschafft hat. Ganz andächtig wird man beim Anschauen dieser Landschaft.«

Freda nickte nur stumm. Sie sprachen kein Wort mehr und schauten nur ergriffen und bewundernd auf die schneebedeckten Berge und die grünen Täler.

Der Fremde im Nebenzimmer erblickte nach einer Weile die beiden versunkenen jungen Damen, die sich aneinanderschmiegten, und er dachte:

Sie genießen wenigstens stumm und machen kein Geschrei davon wie die meisten Frauen.

Er hatte seine Reisegenossinnen auch gleich wiedererkannt, aber besondere Aufmerksamkeit brachte er auch jetzt ihnen nicht entgegen. Doch empfand er etwas wie Befriedigung, daß diese beiden jungen Damen nicht zu der lauten, aufdringlichen Sorte gehörten.

Nach einer Weile verließ er sein Zimmer durch eine zu dem Korridor führende Tür. Er ging die Treppe hinunter und suchte die Portiersloge auf.

»Ich möchte nach Interlaken telefonieren, Herr Portier. Sie haben also Zimmer Nummer sechs neben mir reserviert?«

»Ja, gnädiger Herr.«

»Es soll für ein Kind und seine Wärterin bereitgemacht werden.«

»Sehr wohl, es wird geschehen.«

»Ist das Hotel sehr besetzt?«

»Leider nicht. In der ersten Etage sind nur noch zwei Zimmer außer den von Ihnen bestellten besetzt, in dem einen wohnen zwei Damen, in dem andern ein Herr. Die zweite Etage ist auch noch nicht ganz besetzt, und in der dritten Etage fast nur Touristenzimmer für einige Tage.«

»Dann besteht ja Aussicht, daß man Ruhe hat. Also bitte, Interlaken!«

Man merkte dem Fremden an, daß er gewohnt war, zu befehlen, wenn er auch ruhig und höflich blieb.

»Soll ich die Verbindung herstellen?« fragte der Portier.

»Bitte.«

»Mit welcher Nummer?«

»Mit Hotel D’Angleterre.«

»Bleiben Sie in der Nähe?«

»Ich warte hier im Vestibül.«

Während der Portier die Verbindung herstellte, setzte sich der Fremde in einen Sessel am Kamin, in dem ein lustiges Holzfeuer prasselte, denn trotz des sonnigen Junitages war es noch frisch und kühl hier oben in der Gletschernähe. Man freute sich, wenn das Feuer brannte, obwohl es nicht viel Wärme verbreitete.

Der Fremde hatte sich bereits für die Abendtafel angekleidet, es war nicht mehr weit bis zur Dinerstunde. Und er sah in dem eleganten Smoking noch viel vornehmer und imponierender aus als im Reiseanzug. Er vertiefte sich in die Lektüre einer Zeitung, bis ihn nach einer Weile der Portier an das Telefon rief. Die Verbindung mit dem Interlakener Hotel war da.

Der Fremde meldete sich:

»Hier Frank Markwald, kann ich die Nurse meiner Tochter sprechen? Sie wartet auf meinen Anruf und wird sich im Vestibül befinden.«

»Sehr wohl, Herr Markwald, sie ist schon hier«, erwiderte der Portier des Hotels.

Und gleich darauf meldete sich eine Frauenstimme.

»Gnädiger Herr?«

»Ja, Frau Hollmann, sind Sie es?«

»Ja, gnädiger Herr!«

»Wie geht es Conny?«

»Sie ist wohl und munter und verlangt nur sehr nach ihrem Vati.«