Nicht um jeden Preis - Roman Kmenta - E-Book

Nicht um jeden Preis E-Book

Roman Kmenta

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Beschreibung

Überwinden Sie den Preisdruck – Entdecken Sie den Wert jenseits des Billigen In einer Welt, in der das Mantra "Billiger, billiger, billiger!" vorherrscht, stellt sich die Frage: Wie können Unternehmen und Marketer dem ständigen Preisdruck entkommen? "Nicht um jeden Preis" ist ein kraftvolles Plädoyer für das Wertvolle in Zeiten des Billigen und bietet innovative Lösungen, um dem Teufelskreis aus Rabatten und Preiskämpfen zu entfliehen. Dieses Buch ist kein herkömmlicher Ratgeber zu Verkaufstaktiken oder Verhandlungsführung. Es geht vielmehr um einen Paradigmenwechsel in Verkauf und Marketing, um Preisverhandlungen von vornherein überflüssig zu machen und Rabattschlachten zu vermeiden. Mit einem Fokus auf Positionierung, Pricing und Branding, statt auf reine Verkaufstechniken, zeigt es Ihnen, wie Sie: Einzigartigkeit kreieren Entdecken Sie, wie Sie mit kreativen Geschäftsmodellen und Differenzierungsstrategien Ihre Alleinstellung am Markt finden und aus der Vergleichbarkeit herauskommen. Kaufentscheidungen beeinflussen Lernen Sie aus spannenden Beispielen der Verhaltenspsychologie, wie der Preis die Kaufentscheidungen beeinflusst und wie Sie diese Erkenntnisse für Ihren Erfolg nutzen können. Neue Messkriterien für Erfolg etablieren Erhalten Sie Einblicke in innovative Ansätze, um den Erfolg Ihres Unternehmens jenseits herkömmlicher Kennzahlen zu messen. "Nicht um jeden Preis" ist eine unverzichtbare Lektüre für Unternehmer, Selbstständige, Gründer, Startups und Marketer, die sich in der heutigen schnelllebigen Geschäftswelt behaupten wollen. Es ist Zeit, den ständigen Preisverhandlungen zu entkommen und einen Weg zu wählen, der nicht nur den Umsatz, sondern auch den Wert Ihres Angebots maximiert. Lesen Sie dieses Buch – es ist eine Investition, die sich lohnt.

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NICHT UM JEDEN PREIS

EIN PLÄDOYER FÜR DAS WERTVOLLE IN ZEITEN DES BILLIGEN

Roman Kmenta

Impressum

© 2024 Roman Kmenta, Forstnergasse 1,

A-2540 Bad Vöslau – www.romankmenta.com

2. Auflage 2024

Umschlaggestaltung: Monika Stern / sternloscreative e.U.

Layout: VoV media

Illustration: VoV media

Lektorat/Korrektorat: VoV media

Bildrecht: Sternloscreative e.U., Freepik Premium

ISBN Taschenbuch: 978-3-903845-90-9

ISBN Hardcover: 978-3-903845-91-6

Verlag: VoV media – www.voice-of-value.com

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung über analoge sowie digitale Medien und Kanäle. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

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Bei der Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen und eingetragenen Marken wurde – im Sinne der leichteren Lesbarkeit – auf die Markenzeichen verzichtet.

»Es geht nie um den Preis, sondern immer nur um den Wert.«

Danke an alle, die mich ein Stück des Weges begleitet und so mit dazu beigetragen haben, dass dieses Buch entstand. Danke an meine Eltern, die es mir ermöglicht haben, meine Potenziale zu nutzen und an meine Frau, die es Tag für Tag geduldig erträgt, dass ich sie nutze und mich so sehr in meine Berufung vertiefe.

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

VORWORT

Kapitel 1: DIE INSELN DES WERTVOLLEN IM MEER DES BILLIGEN

Das Rot des Billigen

Was wäre, wenn …

Mein langer Weg zu diesem Buch …

Kapitel 2: DIE (IR)RATIONALITÄT VON KAUFENTSCHEIDUNGEN

Die scheinbare Rationalität des Preises und die Preis/Wert-Waage

Wie die Psychologie Preise größer oder kleiner erscheinen Lässt

Wert vs. Preis – Was wiegt stärker?

Von den Gefahren der Rationalität

Kapitel 3: IST GEIZ WIRKLICH GEIL?

Die »Geiz ist …«-Gehirnwäsche

Alle reden vom Preis – wo bleibt der Wert?

Zu teuer oder zu wenig wert?

Kapitel 4: VOM ZOMBIE ZUM GAMECHANGER – DIE EVOLUTION DER UNTERNEHMEN

Stufe 1: Die Zombies

Stufe 2: Die Preisspieler

Stufe 3: Die Optimierer

Stufe 4: Die Regelbrecher

Stufe 5: Die Gamechanger

Kapitel 5: GEWINN IST ALLES, UMSATZ NICHTS

Machen Sie Gewinn oder nur Umsatz?

Der Preis als stärkster Gewinnhebel

Können Sie es sich leisten, billig zu sein?

Gewinn ist alles, Umsatz nichts

Die Wachstumsstory ist oft auch nur eine Story

Kapitel 6: STELL DIR VOR, ES IST KRIEG UND KEINER GEHT HIN

Kriege kennen nur Verlierer

Das Klima, das Kriege entstehen Lässt

Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin

Von Kreativen, Machern und Kritikern

Kapitel 7: DER PREIS – NUR DIE SPITZE DER PYRAMIDE

Wie Wert entsteht

Die Wertpyramide für Unternehmen

Die Wertpyramide für Selbstständige/ Ein-Personen-Unternehmen

Kapitel 8: WILDE IDEEN FÜR UNTERNEHMER UND UNTERNEHMEN

20 Varianten, Melonen zu bepreisen

Werte erhöhen oder Preise kleiner wirken lassen

Modell 1: Wert erhöhen durch Qualität

Modell 2: Einmaliger Verkauf – ewiger Umsatz

Modell 3: Zerteilen und verteilen

Modell 4: Mieten statt kaufen

Modell 5: Wertsteigerung mit Garantien

Modell 6: Mentale Konten

Modell 7: Aus eins mach viele

Kapitel 9: VON UMSATZGEILHEIT ZUR GEWINNORIENTIERUNG

Das Märchen der Gewinnorientierung

Mit Verlusten zu neuen Kunden

Warum Umsatz und nicht Gewinn?

Die gewinnorientierte Vertriebsorganisation

Kapitel 10: RAUS AUS DER KOMFORTZONE!

Die Komfortzone

Die Todeszone

Die Panikzone

Die Stretchzone

Nein – das profitabelste Wort der Welt

Nicht um jeden Preis!

ÜBER DEN AUTOR

Nicht um jeden Preis

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Urheberrechte

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ÜBER DEN AUTOR

Nicht um jeden Preis

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VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

Sie halten ein Buch in der Hand, das sich – vorausgesetzt Sie lesen es – als extrem wertvoll für Ihr Geschäft erweisen wird. Vielleicht ist es das wertvollste, das Sie je gelesen haben …, kommt darauf an, was Sie schon gelesen haben. Und ich meine das nicht im übertragenen, metaphorischen Sinn, sondern im sehr direkten unmittelbaren. Es ist ein Buch, das sich für Sie im barsten Sinne des Wortes »bezahlt macht«. Warum kann ich das so vollmundig behaupten? Weil es, wie der Titel sagt, um den Preis geht. Und der Preis ist einer der stärksten, grundlegenden Hebel, die uns in Verkauf und Marketing zur Verfügung stehen. Vielleicht sogar der stärkste.

Dieses Buch ist kein Verkaufsbuch. Wenngleich, es geht in diesem Buch darum, viel zu verkaufen, aber eben nicht um jeden Preis. Es geht darum, nicht nur Umsätze, sondern vor allem Deckungsbeiträge, Margen und Gewinne zu erzielen und hohe Preise bzw., wenn Sie Selbstständiger sind, hohe Honorare durchzusetzen. Vielen selbstständigen Dienstleistern geht es darum, ihre Honorare zu steigern und der Stunden- oder Tagsatzvergleichbarkeit zu entrinnen. Sie alle werden dazu jede Menge Ideen, Gedankenanstöße, Beispiele und Strategien in diesem Buch finden.

Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Ihr Geschäft enorm davon profitieren wird, wenn Sie auch nur einen einzigen Impuls, eine einzige, vielleicht nur klitzekleine, unscheinbare Idee umsetzen. Geschweige denn eine große.

Wie viel Sie in Geld gemessen profitieren werden, weiß ich nicht. Ob es ein paar Hundert, ein paar Tausend, ein paar Hunderttausend Euro oder noch mehr sein werden, hängt sehr stark von der Größe Ihres Geschäftes und von Ihrer Position ab. Wenn Sie als Geschäftsführer eine Kleinigkeit verändern, kann das bewirken, dass der Unternehmensgewinn um 20% steigt. Als Verkäufer kann es dazu führen, dass Ihr Einkommen sich sehr positiv entwickelt. Als Selbstständiger ist es leicht möglich, mit den richtigen Impulsen Ihr Honorar um 30%, 40% oder 50% nach oben zu entwickeln.

Warum schreibe ich das? Natürlich, um Sie neugierig zu machen und so sicherzustellen, dass Sie das Buch wirklich lesen. Zu viele Bücher werden gekauft und nicht gelesen. Schade. Aber – und das verspreche ich Ihnen – ich werde diese soeben in den Raum gestellten Behauptungen belegen und bisweilen sogar rechnerisch beweisen. Lassen Sie sich überraschen.

Ich bin vor Jahren auf die enorme Bedeutung des Preises als Wirtschafts- und Erfolgsfaktor aufmerksam geworden, als ich im Zuge der Vorbereitung auf einen Workshop für ein großes Unternehmen eines der Beispiele durchgerechnet habe, die Sie in diesem Buch finden. Das Beispiel war nicht neu für mich. Doch plötzlich habe ich erstmals seine wahre Bedeutung erkannt. Ich war wie vom Blitz getroffen. Wie eine so einfache, kleine Rechnung eine so gewaltige Wahrheit enthüllen kann! Warum hatte ich das nicht schon früher erkannt? Vielleicht ergeht es Ihnen ebenso, wenn Sie dieses Buch lesen.

Seither hat mich das Thema »Preis« in all seiner Vielfalt gepackt und ich erkunde es in seinen vielschichtigen Facetten. Einige davon, aber längst nicht alle, finden Sie in diesem Buch.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und vor allem sehr viel Erfolg beim Umsetzen Ihrer Ideen dazu.

Ihr

PS: Besonders freue ich mich, wenn Sie mir von Ihren Erfahrungen und Beispielen, von Ihren Erfolgen, aber auch Misserfolgen mit Preisen, Rabatten, Aktionen, Wertsteigerungen, Deckungsbeiträgen und Gewinnen – oder einfach gesagt von Ihrem Geschäft – berichten. Ich brauche schließlich Material für mein nächstes Buch und meine regelmäßigen Blogbeiträge unter www.romankmenta.com/blog.

PPS: Ich habe mir beim Schreiben die Freiheit genommen mal männliche und mal weibliche Formen zu verwenden. Ehrlicherweise ohne Struktur, ganz auf meine männliche Intuition vertrauend und hoffe damit allen Ansprüchen – vor allem dem der guten Lesbarkeit – gerecht geworden zu sein.

PPPS: Anmerkung zur 2., überarbeiteten Auflage

Bei dem Buch, das Sie in den Händen halten, handelt es sich um die 2. Auflage. Ich habe dafür einige der Beispiele aus der Praxis überarbeitet und manche durch andere, neuere, besser passende ersetzt. Alles in allem musste ich allerdings nicht sehr viel ändern, obwohl in den 7 Jahren seit der ersten Auflage sehr viel geschehen ist. Coronakrise, enormes Geldmengenwachstum, hohe Inflationsraten mit stark steigenden Preisen, Kriege und sehr vieles – allzu oft Negatives – mehr, das starke Auswirkungen auf die Wirtschaft im allgemeinen und Preise im Besondern hat und hatte. Und obwohl das so ist, musste ich mit ein wenig Erstaunen aber letztlich doch ohne große Überraschung feststellen, dass die grundlegenden Dinge unverändert geblieben sind. Warum hätten sich diese auch so rasch ändern sollen? Haben sie doch mit der Natur der Menschen zu tun und diese ändert sich – wenn überhaupt – nur sehr, sehr langsam.

Die Website zum Buch

Sie werden in diesem Buch viele Beispiele, Verweise und Empfehlungen für weiterführende Literatur, Blogbeiträge und gratis Downloads von E-Books und Tools finden. Um den Lesefluss nicht zu stören und es Ihnen zu ersparen, lange URLs mühsam händisch eingeben zu müssen, habe ich all das auf einer Website zusammengefasst: www.romankmenta.com/preisbuch/

Sie können diese auch über diesen

QR Code aufrufen:

Viele der im Buch angeführten Beispiele finden Sie auf dieser Seite verlinkt. Dort gibt es auch allerlei Hilfreiches und Weiterführendes zu den im Buch behandelten Themen. Ich werde Sie – bei passender Gelegenheit – auch immer wieder darauf hinweisen. Es zahlt sich also in jedem Fall aus, gleich jetzt, bevor Sie mit dem Lesen beginnen, die Seite zu besuchen und sie in Ihrem Browser abzuspeichern, damit Sie diese während des Lesens immer im Zugriff haben, wenn darauf verwiesen wird.

Kapitel 1

DIE INSELN DES WERTVOLLEN IM MEER DES BILLIGEN

Das Rot des Billigen

Zu Beginn entführe ich Sie in Ihre Lieblingsstadt. Und dort in eine der umsatzstärksten Shoppingmeilen. Sie finden alle Einzelhändler, die man typischerweise auf Einkaufsstraßen erwartet. H&M ist da, Zara, der Levis Jeansstore, Boss, die Schuhkette Humanic, Esprit, Mango und hunderte weitere Geschäftchen und Geschäfte quer durch alle Branchen. Der übliche Mix. Viele nationale Filialisten und internationale Ketten. Wenige Überraschungen. Wenn Sie eine Einkaufsstraße kennen, kennen Sie mehr oder weniger alle.

Je nach Jahreszeit leuchten die Schaufenster in unterschiedlichen Farben. Wenn Ausverkauf ist, mehrheitlich in Rot, oft in Kombination mit Gelb. Denn Rot ist die Farbe des Billigen, preispsychologisch betrachtet. Früher fanden Sie das Rot zweimal pro Jahr, zum Sommerschlussverkauf und zum Winterschlussverkauf. Heute gewinnen Sie leicht den Eindruck, dass das billige Rot fast das ganze Jahr über dominiert … und das nicht nur in Ihrer Lieblingsstadt.

Unser Gehirn orientiert sich am Besonderen

Doch es gibt sie, die Ausnahmen. Einige wenige, immerhin. Geschäfte, die nicht permanent im billigen Rot erstrahlen. Unternehmer, die sich etwas überlegt haben, anstatt einfach dasselbe zu machen, was alle machen. Etwas Besonderes, etwas anderes, etwas Anders[statt]artiges. Und dadurch für alle, die vorbeigehen, eine starke Anziehungskraft entwickelt. Denn so reagiert unser Gehirn. Es ist ständig auf der Suche nach dem Besonderen, den Ausnahmen. Orientierungsreaktion nennen die Psychologen dieses Phänomen.

Bei der Vielzahl von Umgebungsreizen, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind, muss das menschliche Gehirn auf Effizienz in der Verarbeitung dieser achten. Es kann sich nicht jedem Reiz ausführlich widmen. Und so werden alle Reize, die dem Gehirn im Ersteindruck bekannt vorkommen, gleich in die Schachtel mit der Aufschrift »Bekannt« getan. Diesen braucht es sich nicht weiter zu widmen, es sei denn sie weisen auf eine Gefahr hin. Denn das menschliche Gehirn ist vor allem auf eines ausgerichtet: auf Lebenserhaltung. Nur gibt es meiner Erfahrung nach wenig Lebensbedrohliches auf einer Einkaufsstraße. Daher fallen alle, vor allem die optischen Reize, die von den bekannten Geschäften ausgehen, tendenziell durch unseren Aufmerksamkeitsfilter. Die Orientierungsreaktion setzt nicht ein. Das Gehirn muss sich nicht orientieren, nicht mit dem Reiz beschäftigen. Es kennt sich aus und kann seine Rechenkapazität für Wichtigeres nutzen.

Die Inseln des Wertvollen

Aber an einigen wenigen dieser Geschäfte bleibt unser Gehirn hängen. Nicht, weil sie gefährlich wären (außer vielleicht für unsere Brieftasche), sondern weil sie anders sind. Eines davon ist das Geschäftslokal der Gebrüder Stich [www.romankmenta.com/preisbuch].

Gebrüder Stitch verkaufen Jeans. »Wie ein paar Dutzend weiterer Läden auf der dieser Straße auch«, werden Sie vielleicht denken …, und das zu Recht. Gebrüder Stitch ist kein Luxuslabel, kein HighEnd-Einkaufstempel. Man gibt sich hier im Gegenteil sehr leger und kumpelhaft. Und doch bezahlen bei den Gebrüdern Stitch die Kunden 260 Euro für die Hose, aber sie können gut und gerne auch 700 Euro für ihre Jeans ausgeben. Rabatte oder Preisaktionen sind Fremdworte. Interessanterweise kommen potenzielle Kunden im Geschäft kaum auf die Idee, nach einem besseren Preis, einem Rabatt zu fragen. Angesichts der zur Schau gestellten Liebe zum Detail, so liegen z.B. im Wartebereich originale Bravo-Zeitschriften aus den 1970er Jahren für die Kunden zum Zeitvertreib aus, der Bedeutung der Qualität und der demonstrativen Kreativität im Produkt und den Prozessen, kämen sie sich beinahe schäbig vor, nach so etwas Banalem wie einem Preisnachlass zu fragen. Es würde das Erlebnis stören, wenn nicht sogar zerstören. Und das will niemand. Auch der Kunde nicht, denn der bezahlt schließlich dafür, und das nicht zu knapp.

Die Kunden warten sechs bis acht Wochen auf ihre Hose. Warum in aller Welt tun sie das, wenn sie tolle Levis-Markenjeans um 89,95 Euro nur drei Häuser weiter erstehen können … oder gar um 49,95 Euro in Aktion? Und, unter uns gesagt, für die meisten Figuren findet sich bei Levis durchaus etwas gut Passendes.

Was macht die Gebrüder Stitch so besonders? Das Unternehmen hat ein Grundgesetz der Branche infrage gestellt, nämlich das, dass Jeans bereits fertig sind, wenn der Kunde das Geschäft betritt. Dieses Grundgesetz gilt nicht bei den Gebrüdern Stitch. Dort werden Maßjeans fabriziert. Zertifiziert organisch. Und nicht nur das. Das allein wäre zu wenig. Diese Unternehmer haben sich wirklich etwas überlegt. Es gibt ein durchgängiges Konzept und eine Menge spannender, ungewöhnlicher und provokanter Ideen. Und das alles perfekt umgesetzt. Durchgezogen auf allen Kanälen … Website, Facebook, YouTube-Kanal, Blog, E-Mails, Geschäftslokal, Mitarbeiter. Mit beinahe pedantischer Detailverliebtheit spricht alles, was Sie von den Gebrüdern Stitch zu sehen, lesen oder hören bekommen, dieselbe Sprache.

Genau das macht die Gebrüder Stitch zu etwas Besonderem, etwas, woran die gelangweilten Gehirne potenzieller Kunden hängenbleiben. Etwas, das die Orientierungsreaktion auslöst. »Was ist das? Was tun die? Ist das interessant für mich?«, fragt sich das Kundengehirn, und schon ist Aufmerksamkeit vorhanden. Die erste und entscheidende Stufe im Verkauf. Und dieses Auslösen der Orientierungsreaktion macht Gebrüder Stitch zu einer Insel des Wertvollen in einem Meer des Billigen.

Ein wenig wie das kleine gallische Dorf in den Asterix- Comics trotzt das Geschäft der Gebrüder Stitch dem anwogenden Meer des Billigen. Doch Sie halten die zweite, überarbeitete Auflage dieses Buches in Ihren Händen. Etliche Jahre sind inzwischen vergangen. Jahre, in denen sehr Vieles geschehen ist. Auch mit der Idee und dem Geschäft der Gebrüder Stitch. Und was ich Ihnen jetzt zu berichten habe, wird Sie möglicherweise enttäuschen oder ein wenig traurig Stimmen. Gebrüder Stitch – die Jeans Maßmanufaktur – gibt es nicht mehr. Wie so vieles andere, ist das Unternehmen Corona (nach eigener Aussage) zum Opfer gefallen. Asterix und Obelix sind von den Römern besiegt worden. Schade, denn vielleicht hatten Sie sich ja bereits vorgenommen Ihr nächstes Paar Jeans dort fertigen zu lassen.

Doch für die Zwecke dieses Buches ist auch dieses Beispiel hilfreich. Erstens bedeutet das nicht, dass die grundlegende Idee – Bestehendes zu hinterfragen – keine gute wäre. Das ist sie nach wie vor. Zweitens führt es auch vor Augen, dass anders sein alleine auch nicht unbedingt erfolgreich macht. Und drittens gibt es doch noch ein Happy End. Die Unternehmer haben sich auf ihre wahren Stärken (neben der Schneiderei) besonnen und flugs eine Beratungsagentur – ants in your pants – auf den Trümmern des Jeansladens errichtet, die für Kunden jene Dinge, die Gebrüder Stitch zu etwas Besonderem gemacht hat, anbietet.

Die Zeit des Billigen

Immer, wenn ich Zeitungen oder Zeitschriften durchblättere, Schaufenster betrachte, Post öffne oder Werbe- E-Mails lösche, gelange ich zum Eindruck, dass wir in einer Zeit des Billigen leben. Überall Preiswerbung, Sonderangebote, Rabattaktionen und Berichte von Preiskämpfen quer durch die Branchen im Wirtschaftsteil der Zeitungen. Ist das mehr geworden? Ich denke ja. Wachstum ist ein menschliches Grundbedürfnis. So auch in Unternehmen, in der Wirtschaft allgemein. Ziel ist stets, dass es mehr wird. Wachstum um jeden Preis könnte man sagen. Ohne Rücksicht auf die sprichwörtlichen Verluste, wie ich etwas später genauer erläutern werde.

Doch auch in diesem Punkt ist seit der ersten Auflage des Buches sehr viel geschehen. Die kaum spürbaren Preissteigerungen von 1-2 % pro Jahre haben sich binnen einem Jahr in dramatische 8-10 % verwandelt. Manche Unternehmen sahen sich gezwungen die Preise zu verdoppeln. Andere sahen sich nicht gezwungen, haben es aber dennoch gemacht, weil sie der Verlockung nicht widerstehen konnten.

Das Interessante daran ist, dass sich dadurch aber am grundlegenden Spiel wenig, bis nichts geändert hat. Wenn Sie heute durch die Zeitungen blättern, finden Sie immer noch jede Menge Preisaktionen. So gesehen ist alles beim Alten geblieben, nur eben ein oder zwei preisliche Ebenen höher.

Im nächsten Jahr planen wir eine Umsatzreduktion von 7% …

Haben Sie schon einmal von einer Führungskraft bzw. einem Unternehmer gehört »Für nächstes Jahr planen wir eine Umsatzreduktion von 7% und ich erwarte mir von Ihnen allen, dass Sie Ihr Bestes tun, damit wir gemeinsam dieses Ziel erreichen!«? Wenn ja, melden Sie sich bitte bei mir! Darüber wüsste ich gerne mehr. Und verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin selbst gelernter Betriebswirt und mit der Wachstumsdoktrin großgeworden (die man durchaus kritisch und grundlegend hinterfragen kann … aber nicht in diesem Buch). Unser gesamtes Wirtschaftssystem ist auf Wachstum ausgerichtet und würde ohne Wachstum relativ rasch kollabieren.

Der Punkt, auf den ich hinauswill, ist, dass von vielen Unternehmen – bei aller Wachstumswut – auf die falschen Parameter geschaut wird. Man stellt Umsätze in den Vordergrund und forciert dieses Umsatzwachstum durch Preisaktionen. Wenn am Monatsende der Umsatz über Plan liegt, knallen die Korken. Es wird gefeiert, obwohl es, wenn man Gewinne und Deckungsbeiträge betrachtet, schon lange nichts mehr zu feiern gäbe. Doch wer weiß am Monatsende, wie viel Deckungsbeitrag er erwirtschaftet hat, geschweige denn am Tagesende? Viele Unternehmen wachsen sich sprichwörtlich zu Tode. Und so läuft man blindlings auf den Abgrund zu. Aber zumindest in Partylaune. Eine Zeit lang. Ein wenig so, wie während des Sex zu sterben.

Was wäre, wenn …

In meiner Beratungs- und Vortragstätigkeit für Unternehmen haben sich Fragen á la »Was wäre wenn …?« oftmals als sehr produktiv erwiesen. Diese hypothetischen Fragen reißen uns bisweilen aus unserem gewohnten Denkrahmen und erlauben uns, das Undenkbare zu denken. Wenngleich ich feststelle, dass es viele Menschen gibt, die es sich nicht erlauben, denen allein der Gedanke daran, das Undenkbare zu denken, physische Schmerzen verursacht.

Aber ich nehme einmal an, Sie gehören nicht dazu und schaffen das. Lassen Sie uns ein kleines »Was wäre wenn …?«-Experiment in Bezug auf Preise und Rabatte machen. Was wäre, wenn in einer Branche auf einen Schlag alle Anbieter weniger Rabatt geben würden? Sagen wir einmal, alle Autohändler geben um 1% weniger Rabatt als bisher. Was meinen Sie? Würden weniger Autos verkauft werden? Ich denke nicht. Kein einziges. 10%? Ja. 10% würden sich auf die Stückzahlen auswirken. Da bin ich sicher. Aber nicht 1%. Das hat mit der Preiselastizität zu tun (die uns im weiteren Verlauf noch beschäftigen wird).

Und gleichzeitig weiß ich, dass 1% mehr Deckungsbeitrag für so manchen Autohändler den Unterschied zwischen wirtschaftlichem Fortbestehen oder Untergang bedeutet. Eine im Grunde groteske Situation. Oder?

Unternehmen im Gefangenendilemma

Erklärt kann dieses Verhalten mit dem Konzept des Gefangenendilemmas werden. Dabei haben zwei Gefangene beim Verhör die Wahl, sich gegenseitig zu verraten oder aber dichtzuhalten. Am besten würden sie aussteigen, wenn beide dichthielten. Doch wehe, einer tut das nicht. Dann ist der andere der Verlierer. Wie also entscheiden? Kann man dem anderen vertrauen? Wird dieser vernünftig entscheiden? Analog verhielte sich das optimale wirtschaftliche Ergebnis für alle Anbieter in einem Markt, wenn sie gemeinsam die Preise hochhalten würden. So hoch, dass die Kunden mehr ausgeben, aber nicht weniger kaufen würden.

Das ist natürlich seitens des Kartellrechts strengstens verboten. Und da es diese Abstimmung nicht geben darf, machen alle das Zweitbeste laut des Gedankenspiels des Gefangenendilemmas. Jeder schaut, dass er schneller bzw. in unserem Fall billiger ist als die anderen, um so die Nase vorne zu haben. Dadurch entstehen Preiskämpfe, bisweilen sogar blutige Gemetzel, bei denen am Ende alle verlieren. Selbst die Kunden, die die Zeche entweder in Form schlechterer Qualität bezahlen, oder am Ende nur mehr einem Anbieter gegenüberstehen, der den Markt dominiert.

Die Welt prügelt sich mit Rabatten … und manche verzichten darauf

Es gibt bzw. gab Unternehmen wie die Gebrüder Stitch, die sich aus Preiskämpfen weitgehend heraushalten und einen ganz anderen, eigenen Weg beschreiten. Einen Weg, der sie nicht einmal in die Nähe von Preiskämpfen und Rabattaktionen führt. Einen Weg, der definiert wird durch kreative Ideen, durch Qualitätsbewusstsein, durch haltlose Kundenorientierung und dadurch, die Gesetzmäßigkeiten einer Branche infrage zu stellen. Bisweilen sogar die Grundgesetze. Manchmal gelingt es so, alteingesessene Branchen wachzurütteln oder bis in die Grundfesten zu erschüttern. Ab und an entstehen sogar neue Geschäftsbereiche daraus. Und manchmal bleibt es bei einem einzelnen Unternehmen, das unbeirrt und tapfer seinen Weg beschreitet.

Um diese Unternehmer und Unternehmen, die Inseln des Wertvollen im Meer des Billigen, kleine und größere, geht es in diesem Buch!

Mein langer Weg zu diesem Buch …

Was bringt mich zu diesem Buch? Dazu will ich kurz ausholen. Während meines Wirtschaftsstudiums hat mich alles fasziniert, was mit Verkauf, Marketing und Werbung zusammenhing. Mich haben die psychologischen Hintergründe gefesselt und ich habe Bücher und Studienergebnisse verschlungen, in denen es darum ging, wie Kunden ticken, warum wir uns oft so seltsam verhalten und noch seltsamere Entscheidungen treffen. Gerade wenn es um das liebe Geld geht, ums Einnehmen und noch vielmehr ums Ausgeben, gibt es allerlei psychologische Absonderlichkeiten (zu denen ich später noch kommen werde).

Ursprünglich wollte ich Werbung machen und bin doch im Verkauf gelandet. Das war das Beste, was mir passieren konnte. Nirgendwo kann man die psychologische Wirkung von Kommunikation so unmittelbar erleben wie in einem Gespräch, in dem man dem Kunden Auge in Auge gegenübersitzt. Und genau da bin ich mehr als ein Jahrzehnt geblieben. Zuerst bei unterschiedlichen Unternehmen in Österreich. Später habe ich für Samsonite von Köln aus den deutschsprachigen Raum und wechselnde Ostländer geleitet. Schon damals, um die Jahrtausendwende, war deutlich zu spüren, dass der Druck auf Umsätze, Stückzahlen und Marktanteile Jahr für Jahr stieg. Wir haben immer mehr Koffer containerweise an Großabnehmer wie Karstadt oder Kaufhof sowie Einzelhändlerverbände verkauft. Zu knapper werdenden Margen. Und mit jedem Geschäft, das wir erfolgreich abgeschlossen hatten, stieg der Druck (spätestens im Folgejahr) zur selben Zeit ein noch größeres abzuschließen. Ansonsten hätte es ein Riesenloch im Monatsumsatz gegeben und das war nicht akzeptabel.

Aus Verkaufsdruck entsteht Preisdruck

Der Druck trieb uns zu immer größeren Volumina, höheren Konditionen und knapperen Kalkulationen. Wir waren Getriebene unserer eigenen Umsatzfixiertheit. Bisweilen fand ich das bedenklich. Aber ich hatte keine Zeit, lange darüber nachzudenken, schließlich mussten wir Umsätze heranschaffen. Und in Summe hatte es mich nicht allzu sehr gestört, denn wir waren auf vielen Gebieten über lange Jahre hinweg sehr erfolgreich. Ich konnte etwas bewirken und es hatte mir riesigen Spaß gemacht, mit all den Menschen bei Samsonite immer wieder Neues auf die Beine zu stellen.

Schließlich stellte sich eine gewisse Sehnsucht nach der Heimat ein und ich bin nach Österreich zurückgekehrt. Als Marketingleiter bei einem großen Automobilhersteller habe ich mich – erstmals in meiner Berufslaufbahn in einer reinen Marketingfunktion – damit beschäftigt, die damals heftig angestaubte Marke den Österreichern nahezubringen. Was ich damals natürlich noch nicht wusste, war, dass diese Firma zur Endstation meiner Laufbahn als angestellte Führungskraft werden sollte. Die Ernüchterung stellte sich, trotz großer Budgets und mehr als einem Dutzend Mitarbeiter in der Marketingabteilung, rasch ein.

Erstens, so musste ich mir bald eingestehen, vermisste ich den direkten Kundenkontakt im Verkauf, den ich erstmals nicht mehr hatte. Zweitens stellte ich fest, dass mein Einfluss im Marketing in einem kleinen Markt wie Österreich sehr bescheiden war. Zunehmend ging es nur darum, in der Zentrale ausgearbeitete Kampagnen in Österreich umzusetzen. Eine wenig spannende und unkreative Tätigkeit.

Und drittens wurde bei diesem Hersteller damals die Marktanteilsorientierung dermaßen auf die Spitze getrieben, dass man dieses Vorgehen – auch aus meiner heutigen Sicht als Unternehmer – nur mehr als lächerliche Farce bezeichnen konnte. Wir mussten etwas für die Marke tun. Diese war seit den goldenen Zeiten des Unternehmens, in den 1960/70er Jahren am Boden. Das hatte mit allem Möglichen zu tun. Schlechte Produkte, schwache Kommunikation, falsche Entscheidungen an der Konzernspitze, aber nicht – und davon bin ich heute noch überzeugt – mit zu hohen Preisen. Also bemühte ich mich an der Wurzel des Übels anzusetzen (in meinem jugendlichen Überschwang dachte ich damals, ich könnte von Österreich aus etwas bewirken). Es ging darum, einen großen Teil der Budgets in Aktivitäten zu stecken, die die Marke stärken.

Diese Pläne hielten stets bis zum nächsten Monats- oder Quartalsende. Spätestens dann wurde nämlich der Druck, die Marktanteilsziele zu erreichen, so enorm groß, dass alles Geld und alle Energie in kurzfristige Aktionen gesteckt wurde, um die Statistik zu »behübschen«.

So trickst sich die Autobranche selbst aus

Welche Taktiken nutzt die Autobranche, um die Ergebnisse besser aussehen zu lassen? Im Grunde ist das ganz einfach: Die Zulassung von Neufahrzeugen wird stückgenau erfasst. Das heißt – anders als in vielen anderen Branchen – gibt es exakte Verkaufsstatistiken, die laufend publiziert werden. Pro Marke, pro Modell, pro Bauart. Und an jedem Monatsende gibt es daher viele Möglichkeiten, irgendwo Erster zu sein. Wenn ein Hersteller gegen Ende des Monats merkt, dass er in einer Kategorie, in der er gerne Erster sein möchte, Zweiter oder Dritter ist, werden gezielte Anstrengungen unternommen, um auf den ersten Platz vorzurücken. Man will Erster sein, koste es wirklich, was es wolle.

Die Zulassungsstatistiken sagen aber nichts darüber aus, von wem das Fahrzeug zugelassen wurde. Vom Endverbraucher oder nur vom Händler ist für die Statistik egal. In ein paar Tagen bis zum Monatsende schnell hundert Stück an Endverbraucher zu verkaufen, ist mühsam und unsicher.

Daher fördern die Hersteller massiv die Zulassungen durch die Händler, indem sie kurzfristige Käufe und Zulassungen durch die Händler mit Geld stützen. Mit sehr viel Geld bisweilen. Geld, das ich damals sehr viel lieber eingesetzt hätte, um nachhaltig etwas für die Marke und den Verkauf zu tun.

Um keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen: Diese Vorgehensweise ist absolut legal und nicht einmal unmoralisch soweit es meine Moralvorstellungen betrifft. Sie ist nur, betriebswirtschaftlich betrachtet, aus meiner Sicht längerfristig nicht gewinnorientiert. Für die ohnehin margenknappen Autohändler ist das (zumindest auf den ersten Blick) eine Möglichkeit, die Deckungsbeiträge zu verbessern (bzw. überhaupt welche zu erwirtschaften). Und so kaufen sie ein paar Fahrzeuge und lassen diese auch gleich zu. Daraus entstehen die sogenannten Tageszulassungen. So kann der Hersteller sicher sein, die nötigen Stückzahlen für den ersten Platz in der Zulassungsstatistik vorweisen zu können. Die Autowelt ist in Ordnung und die Konzernleitung ist zufrieden.

Ein Sieg ohne Gewinne(r)

Dieser so erreichte Platz auf dem Marktanteilspodest ist natürlich ein Sieg, der sehr teuer erkauft wurde und immer noch wird (diese Praktik ist nach wie vor sehr gängig). Zumal das Wort »Sieg« in diesem Zusammenhang durch- aus kritisch hinterfragt werden muss, denn: Es wurde nur aufgrund dieses Kunstgriffes unmittelbar kein einziges Auto mehr verkauft. An einen wirklichen Kunden, einen Konsumenten oder ein Unternehmen meine ich.

Gleichzeitig führt diese extrem kurzfristige Betrachtungsweise zu einem Rattenschwanz von Problemen. Erstens kosten diese Maßnahmen unmittelbar sehr viel Geld. Wir haben damals in Summe deutlich mehr für derlei statistische Tricksereien ausgegeben als für echte, nachhaltige Marketingmaßnahmen. Zweitens haben die Händler volle Läger, was zu starkem Verkaufsdruck und damit verbundenen höheren Rabatten führt. Das wiederum reduziert die ohnehin knappen Margen in den Handelsbetrieben. Drittens ist ein Neufahrzeug durch die Zulassung mit einem Schlag 20 bis 30% weniger wert.

Es wird so jede Menge zusätzliche Gebrauchtfahrzeuge geschaffen, was den Wiederverkaufswert der Fahrzeuge reduziert. Auch zum Leidwesen aller Besitzer eines Fahrzeugs dieser Marke bzw. dieses Typs. Und last, but not least kriegen die Fabriken das Signal »Es geht ja« und produzieren weiter drauflos in Mengen, die teilweise von der echten Nachfrage im Markt weit entfernt sind. Und natürlich hinterlassen solche Vorgehensweisen auch beim Hersteller tiefe Wunden. Nicht umsonst hat diese Firma lange Jahre um das wirtschaftliche Überleben gekämpft. Ein wahrlicher Pyrrhussieg also. Ein Sieg – mittelfristig betrachtet – ohne Gewinner und ohne Gewinn.

Fairerweise muss ich dazusagen, dass mein Arbeitgeber weder der einzige Hersteller war noch ist, der die Zulassungszahlen in dieser Art schöner aussehen lässt. Das machen (fast) alle. Manche betrieben das sogar wesentlich exzessiver als wir damals. So mancher Hersteller hat sich nicht einmal Mühe gemacht, die Fahrzeuge dafür nach Österreich zu bringen. Es wurden (unbestätigten Gerüchten zufolge) bisweilen nur die Fahrzeugpapiere nach Österreich geschafft, um die Autos an- und gleich wieder abzumelden. Was für eine Meisterleistung modernen Marketings und Verkaufs.