Professor Zamorra 1088 - Manfred H. Rückert - E-Book

Professor Zamorra 1088 E-Book

Manfred H. Rückert

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Auf dem Silbermond versteppen immer mehr Gebiete innerhalb von Stunden und die Sauroiden rufen Gevatter Tod zu Hilfe. Der Philosoph von Exodus wiederum bringt Nicole Duval mit - ist doch die Gefährtin von Professor Zamorra eine der wenigen Menschen, die von den Kriegern des Lichts anerkannt werden.

Das Volk der Caltaren hat mit dem Schlund eine ähnliche Entwicklung durchgemacht wie die Sauroiden jetzt auf dem Silbermond - und was liegt da näher, als sie um Hilfe zu bitten? Aber ob die Caltaren wirklich helfen können, steht buchstäblich in den Sternen. Und werden sich die stolzen Krieger des Lichts helfen lassen? Schließlich befindet sich der Silbermond an der Grenze zur Unendlichkeit ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 140

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Grenze zur Unendlichkeit

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Klimczak / Shume-Art / Rainer Kalwitz

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-2497-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Grenze zur Unendlichkeit

von Manfred H. Rückert & Oliver Müller

Die Ruhe trog.

Die gelbe Traumsonne schien über den Bergen.

Kein Windhauch regte sich. Die Luft war drückend heiß und trocken. Flimmernd stieg sie über den erhitzten Steinen auf und verlor sich im Blau des fast wolkenlosen Himmels, der sich über dem Silbermond erstreckte. In der Ferne erhob sich gegen den Horizont eine flache Hügelkette: das Stille Gebirge.

Nur wenige Pflanzen wuchsen auf dem steinigen Boden, und noch weniger Tiere hätten zwischen den flachen Felsen Nahrung gefunden.

Von einem Augenblick zum nächsten fehlte ein Gipfel. Gleich darauf ein zweiter. Alles war in vollkommener Lautlosigkeit vor sich gegangen.

Nichts bewegte sich. Und doch trog die Ruhe …

Silbermond

Unterhalb des Stillen Gebirges, einer der unwirtlichsten und abgelegensten Regionen des Silbermonds, befand sich eine Ansiedlung der Sauroiden. Nur alle Jubeljahre einmal verirrte sich jemand in diese Gegend. Seit über 850.000 der Echsenwesen zum Planeten Exodus ausgewandert waren, patrouillierten nur noch wenige Gleiter des Sicherheitsdienstes über diesem Gebiet.

Einer dieser Gleiter, eine fliegende Scheibe mit Kuppelverglasung, die für höchstens sechs Personen gedacht war, schwebte über der Ansiedlung in Richtung Gebirge. Der Bordcomputer scannte die Umgebung ab, er speicherte alles und funkte die gesammelten Daten sofort an das Hauptquartier des Sicherheitsdienstes weiter. Der Gleiter war nur mit zwei Sauroiden besetzt – auch die polizeiähnliche Organisation litt unter dem Mangel an Mitgliedern. Deswegen wurden in letzter Zeit mehr Drohnen als Gleiter zur Überwachung eingesetzt.

Die Ansiedlung unter ihnen eine Stadt zu nennen, wie es die Silbermond-Druiden als Ureinwohner getan hatten und die Sauroiden ebenfalls taten, war eher irreführend. Die Häuser, nur noch ein paar Hundert von ehemals Tausenden waren bewohnt, standen nicht dicht gedrängt, sondern in einem Abstand zueinander, den Professor Zamorra vor Jahren als »gemütlich« bezeichnet hatte; nicht zu weit voneinander entfernt, aber auch nicht so nahe, dass sich die Bewohner gegenseitig auf die Nerven gehen konnten. Die Wege dazwischen ließen sich nur andeutungsweise als Straßen definieren; es waren eher breite, ausgetretene Pfade. Kein Wunder, gab es hier doch keine Bodenfahrzeuge. Silbermond-Druiden waren immer zu Fuß gegangen oder hatten größere Entfernungen mit dem zeitlosen Sprung zurückgelegt, ihrer eigenen Art der räumlichen Versetzung über große Entfernungen.

Die Sauroiden hatten sich dieser Lebensweise angepasst, obgleich sie den Silbermond praktisch für sich allein hatten. Aber was für die Druiden gut war, war für das Echsenvolk nicht schlecht. Also hatten sie ihre »Wohn-Eier« genannten Behausungen auch entsprechend verstreut angelegt. Die Älteren unter ihnen erinnerten sich, dass das teilweise auch schon in der längst untergegangenen Echsenwelt so gewesen war. Hier trafen sich verwandte Seelen; genauer gesagt, Lebenseinstellungen.

Mit jedem Tag lebten hier weniger Sauroiden. Nicht dass allzu viele wegstarben, aber täglich begaben sich Hunderte von ihnen auf die Reise nach Exodus, wohin viele ihrer Artgenossen umgezogen waren. Viele Wohn-Eier wurden abgebaut und für den Transport in die neue Heimat mitgenommen. Die Abstände zwischen den einzelnen Gebäuden wurden stetig größer.

»Was ist da vorne los?«, fragte Norr Tekk in der für sein Volk typischen knarrenden, abgehackt wirkenden Sprechweise und zeigte mit der rechten Hand in Richtung Gebirge. »Da fehlt doch etwas.«

Mikk Lorrk übergab die Steuerung des Flug- und Schwebegeräts an den Autopiloten. Er schaute in die angegebene Richtung. Er schmatzte laut. Seine mit spitzen Krokodilzähnen bewehrten Kiefer schlugen mehrmals hart aufeinander.

»Was soll schon …«, begann er und hielt inne. Dann blickte er seinen Kollegen an. Seine Augen weiteten sich. »Beim Tempel der Kälte!«, hauchte er. Seine Nickhäute zuckten hin und her, eine Entsprechung zum menschlichen Blinzeln. Daran konnte man erkennen, dass er innerlich stark erregt war.

»Und jetzt fehlt noch mehr!«, stieß Norr Tekk aus.

Es wirkte, als hätte eine riesige unsichtbare Hand einen ganzen Berg weggenommen, ohne dass sie etwas davon bemerkt hatten. Einfach so. Die beiden Insassen des Gleiters hielten kurz die Luft an.

»Beim großen Ei! Wir müssen unbedingt der Zentrale Bescheid geben!«, forderte Norr Tekk. Die Sicherheitskräfte trugen graue Kleidung, die an Jogginganzüge erinnerte. Die Gesichter von Lorrk und Tekk nahmen im Augenblick fast die gleiche ungesunde Farbe an.

»Das machst du. Wir warnen anschließend die Insassen der Wohn-Eier«, befahl Mikk Lorrk. Ein Tastendruck gab dem Autopiloten einen neuen Befehl. Der Gleiter schwebte etwas tiefer.

Die aus unzählig erscheinenden Wohn-Eiern verschiedener Größen bestehenden Ansiedlungen der Sauroiden zogen genauso unter ihnen hinweg wie die zahllosen Organhäuser der Silbermond-Druiden. Die meisten der einst lebenden Häuser waren mittlerweile wieder abgestorben und daraufhin versteinert.

Nur wenige ihrer Artgenossen mit der dunkelgrün und dunkelbraun gesprenkelten Schuppenhaut waren zu dieser frühen Morgenstunde schon unterwegs. Die meisten von ihnen kamen erst gegen Mittag nach draußen. Sie liefen in ihrem typischen, eigenartigen Schaukelgang, der Menschen an aufrecht gehende Krokodile erinnerte; so es sie auf der Erde denn wirklich geben sollte.

Der Gleiter sank tiefer. Mikk Lorrk aktivierte die in die Außenhülle integrierten Lautsprecher. Er beugte sich etwas nach vorne und bemühte sich dabei so ruhig wie möglich zu bleiben. Er atmete kurz ein, es half ihm nichts, wenn er seine innere Unruhe zeigte.

Norr Tekk hatte der Zentrale in Kurzform berichtet, dass zwei Berge verschwunden waren. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, aber durch die Übermittlung der gescannten Daten konnte sich der Leiter der Polizeistation ein genaues Bild des Geschehens machen. Die erste Befürchtung, dass ihn seine Untergebenen gefoppt haben könnten, wurde somit gegenstandslos. Scanner logen nicht. Er befahl Tekk, die Bewohner aufzufordern, in ihren Wohn-Eiern zu bleiben. Lorrk und Tekk sollten mit dem Gleiter näher heran fliegen, die betroffenen Stellen aus der Nähe filmen und durch Messungen weitere Ergebnisse durchgeben. Ein Wissenschaftlertrupp würde gerade von der Hauptstadt losgeschickt, um sich des Phänomens anzunehmen.

»Wissenschaftler!«, stieß Mikk Lorrk aus, nachdem sein Kollege das Gespräch mit der Zentrale beendet hatte, und zeigte überdeutlich, was er von ihnen hielt. »Faulige Dotter sind das!«

Das war die Sauroide Entsprechung eines Lügners und Betrügers. Auch bei den Reptilwesen waren solche Leute nicht sonderlich beliebt.

Lorrk übernahm wieder das Steuer, während Tekk die Anwohner per Lautsprecher informierte. Zusätzlich wurden sie über die in jedem Wohn-Ei befindlichen Computer akustisch aufgefordert, sich bis zu den nächsten Nachrichten in ihren Behausungen aufzuhalten.

Lorrk ließ die Ansiedlung hinter sich und flog dem Mysterium entgegen. Hüfthohes Gras zog sich bis zum Fuß der Berge dahin, unterbrochen von bunten Blumenfeldern. Alles wirkte so harmlos wie immer.

»Unter uns sind einige ganz Mutige unterwegs«, meldete Norr Tekk und ließ einen Bildausschnitt auf dem Monitor heranzoomen. Drei Sauroiden saßen auf einer Anhöhe und hatten sich zu einem magischen Verbund zusammengeschlossen. Auf diese Weise sollten ihre Kräfte gebündelt und vervielfacht werden.

»Das ist doch verrückt! Die wollen tatsächlich durch Meditation herausfinden, was das ist«, sagte Mikk Lorrk erstaunt und öffnete weit die Nickhäute.

»Es handelt sich um Priester der Kälte«, erkannte sein Kollege an der zweifarbigen Gewandung der Drei. »In diesem Zustand hören sie uns nicht. Außerdem würden sie unseren Befehlen sowieso nicht Folge leisten.«

Das stimmte, denn Priester und Sicherheitskräfte waren gegeneinander wie Feuer und Wasser.

»Dort hinten!«, rief Mikk Lorrk. Er brauchte die Richtung nicht anzeigen. Norr Tekk sah auch so, was er meinte. Dort wo sich eben noch Gras befunden hatte, gab es nur noch eine bis an den Horizont reichende Wüste. Einfach so, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Die völlige Lautlosigkeit, mit der das geschehen war, erschreckte die Sauroiden.

»Wir müssen die Priester retten!«, forderte Lorrk. »Egal, ob sie sich helfen lassen wollen oder nicht.«

Tekk klapperte mehrmals mit den Kiefern gegeneinander. Er stand auf und starrte auf das Geschehen vor sich. Seine Krallenhände huschten über die Konsolen. Immer und immer wieder. Es gab ein unangenehmes, durchdringendes Geräusch.

»Zu spät!«, hauchte er. Seine Nickhäute öffneten und schlossen sich rasend schnell. Er setzte sich wieder und hielt das Instrumentenpult umklammert. »Viel zu spät!«

Mikk Lorrk erkannte, was sein Kollege meinte. Die drei Priester waren verschwunden! Nichts wies darauf hin, dass sie sich noch vor wenigen Sekunden hier befunden hatten. Nur einige wie überdimensionale Finger aussehende Schneisen zogen sich hin, wo vorher Gras stand.

»Wir müssen uns retten!«, hörte er die Forderung Norr Tekks. »Wir können den Befehl der Zentrale nicht ausführen.«

Mikk Lorrk bremste ab und zog den Gleiter in eine enge Kurve. Er beschleunigte am Ausgangspunkt und gab dem Autopiloten den Befehl, die Hauptstadt anzufliegen. Den Anruf eines zweiten Patrouillengleiters, der sich nur wenige Kilometer entfernt befand, nahm er dabei nicht wahr. Zusammen mit einem dumpfen Druck breitete sich ein unbeschreibliches Angstgefühl in ihm aus.

»Mikk! Hier ist Zarr Tshatekk! Wir sind gleich bei euch«, klang es aus dem Lautsprecher, aber keiner der beiden hörte es bewusst. Sie waren viel zu sehr von der unglaublichen Zerstörungsgewalt beeindruckt.

Das Summen des Antriebs wurde lauter. Lorrk drehte sich um und wollte sich vergewissern, ob ihnen jemand folgte. Er wollte den Feind sehen, der den Silbermond angriff. Er war überzeugt davon, dass man einen Gegner sinnvoll bekämpfen konnte, wenn man ihn kannte.

Ein grauer Finger legte sich über sie.

Gleich darauf gab es den Gleiter nicht mehr. Der Angriff erfolgte in einer solchen Schnelligkeit, dass Mikk Lorrk und Norr Tekk es nicht bemerkten.

Selbst wenn sie doppelt so schnell geflogen wären, hätten sie sich nicht retten können.

***

»Beim Tempel der Kälte!«, raunte Zarr Tshatekk, als er durch die gläserne Kuppel seines Gleiters sah, in welch unglaublicher Schnelligkeit der Gleiter der Kollegen verschwand. Die Schuppen auf seinen Krallenhänden standen ab, und als deutliches Zeichen seiner Angst und Aufregung verfärbten sie sich kurz ins Blauschwarze. »Das darf nicht wahr sein! Abdrehen, Shkorr! Sofort abdrehen!«

Der Gleiterpilot fragte nicht nach, weshalb sein Kollege ihm diesen Befehl gab. Er hatte selbst gesehen, dass das Gefährt von Mikk Lorrk und Norr Tekk mitten im Flug verschwand. Shkorr flog eine große Schleife nach links und hielt dann Kurs Richtung Hauptstadt.

Tshatekk sprach aufgeregt mit der Zentrale. Dort schlugen die Aufnahmen ein wie eine Bombe. Polizeichef Rrakk Korron persönlich befahl ihnen zurückzukommen. Die weiteren Aufnahmen würde er durch Drohnen erhalten. Damit hoffte er, die Verluste seiner Untergebenen in Grenzen halten zu können.

Der Rückflug verlief weitgehend schweigend. Beide Sauroiden versuchten das Geschehen zu verarbeiten. Das Verschwinden der Gipfel und ihrer Kollegen erinnerte sie an die Endphase auf der Echsenwelt, bevor sie dank Julian Peters zum Silbermond hatten fliehen können. Außer einigen wenigen menschlichen Wesen existierten auf diesem Planeten noch knapp 200.000 Sauroiden. Vor 65 Millionen Jahren war die Echsenwelt durch ein Experiment der DYNASTIE DER EWIGEN von der Erde abgespalten worden. Die hochintelligenten, magisch begabten Reptile hatten sich vor einigen Jahren auf den Silbermond gerettet, als ihre Welt durch einen ansteigenden Entropiewert zu zerfallen begann.

Sie retteten sich auf jene Welt, die einst Heimat eines magisch begabten Völkchens gewesen war, das sich »Druiden vom Silbermond« nannte. Ein Planet, der »Wunderwelten« umkreiste, die schließlich von den MÄCHTIGEN angegriffen worden waren. Um zu verhindern, dass die MÄCHTIGEN Gewalt über den Silbermond und das ganze System der Wunderwelten bekamen, hatten die auf dem Silbermond lebenden Druiden ihre eigene Existenz geopfert und ihre Welt in jene entartete Sonne stürzen lassen, die von den MÄCHTIGEN bereits zum Negativen hin verändert worden war.

Doch Merlin Ambrosius, der Zauberer von Avalon, hatte ein Zeitparadox geschaffen und den Silbermond vor der Zerstörung bewahrt. Er hatte ihn aus der Vergangenheit in die Gegenwart geholt, was zu einer kosmischen Katastrophe geführt hätte, hätte Julian Peters ihn nicht in einen seiner Träume eingeschlossen. Als zusätzliche Sicherung befand sich der Silbermond, der nun um die Erde kreiste, um fünfzehn Minuten in die Zukunft versetzt. [1]

Aber offenbar reichte diese Sicherung jetzt nicht mehr aus.

Irgendeine fremde Macht hatte den Silbermond in Julians Traumwelt gefunden und griff ihn nun an.

Haben wir die Vernichtung damals mit hierher gebracht?, durchfuhr es Zarr Tshatekk. Hatte es so lange gedauert, den Silbermond mit der Zerstörung zu infizieren? Er wollte es nicht glauben. Tshatekk wünschte sich jetzt, dass er mit dem Rest seines Geleges, seiner Familie, nach Exodus übergesiedelt wäre.

Nie kam ihm der Rückweg länger vor als heute, und das, obwohl sie schneller flogen als jemals zuvor. Shkorr holte das Äußerste an Leistung aus dem Motor heraus.

In der Ferne sahen sie die zumeist drei- bis vierstöckigen Organhäuser der Silbermond-Druiden, und die immer weniger werdenden Wohn-Eier der Sauroiden. Sie fügten sich harmonisch zusammen und wirkten, als wären sie immer schon nebeneinander gebaut worden. Dabei lagen Jahrtausende zwischen dem Anfertigen der beiden grundverschiedenen Bauwerke.

Keine fünf Minuten später hatte Shkorr den Gleiter gelandet und sie befanden sich in der Zentrale. Polizeichef Rrakk Korron erwartete sie. Während ihres Rückflugs sah er sich die Aufnahmen vom Verwüsten der Grasfläche, sowie dem Verschwinden der drei Priester der Kälte und des anderen Gleiters an.

Er fand nichts, was ihm einen Hinweis auf den oder die Verursacher der Zerstörung gegeben hätte. Die Angriffe erfolgten aus dem Nichts heraus. Selbst bei noch so langsamer Zeitlupe konnte nicht erkannt werden, auf welche Weise die Attacke erfolgt war – und ob es überhaupt eine Attacke gewesen war.

»Die Lage ist sehr ernst«, erklärte Korron überflüssigerweise. Er war ein älterer Sauroide, so wie die meisten Bewohner des Silbermonds. Wie jene, die sich zu alt fühlten, um auf Exodus noch einmal neu zu beginnen. »Deswegen habe ich Tempelherr Tszahn Thorr Bescheid gegeben und um Rat ersucht.«

Die Priester der Kälte hatten angeblich früher schon nach Wegen in andere Dimensionen und Welten gesucht und sie auch gefunden. Aber Tshatekk entsann sich, dass Zamorra und ein paar andere Menschen, die gegen die Meegh-Schatten gekämpft hatten, der Priesterschaft sehr skeptisch gegenüberstanden – genauer gesagt, sehr ablehnend. Sie hielten sie für Anhänger einer negativen magischen Richtung. Auch Rrakk Korron war ein erklärter Gegner der Priesterschaft. Deswegen war es umso erstaunlicher, dass er den Kontakt zu ihnen gesucht hatte.

»Ich fürchte die Priester, selbst wenn sie Geschenke bringen«, sagte Shkorr und verzog das Gesicht, um seine Abneigung zur Geltung zu bringen.

»Sie sind trotz allem unsere Artgenossen«, wies ihn der Polizeichef zurecht. »Diese Bedrohung geht uns alle etwas an. Falls sie uns helfen können, dann wollen wir gerne mit ihnen zusammenarbeiten.«

Auch Zarr Tshatekk hielt nichts davon, die alte Feindschaft weiterzuführen. Er war, wie viele andere, der Ansicht, man müsse neue Wege gehen, in jeder nur denkbaren Hinsicht. Aber das war nicht die Ansicht der wenigen verbliebenen, die im Tempel die Macht ausübten. Das waren die alten Betonköpfe, die nicht mehr fähig waren, nach so langer Zeit noch umzudenken und die Inhalte ihrer Lehren mit den Veränderungen der modernen Zeit zu vergleichen und eventuell anzupassen. Die alten Priester, die den Kälte-Kult lenkten, wollten nicht über ihre Positionen nachdenken. Sie wollten nicht wissen, was das Volk dachte, sie wollten nicht einsehen, dass immer mehr Sauroiden ihnen den Rücken kehrten und nach Exodus überwechselten, weil die Botschaften und Lehren, sowie die Richtung, die der Kälte-Kult vorgab, veraltet waren, nicht mehr in die Gegenwart passten.

Die herrschenden Greise lebten immer noch in der Vergangenheit. Sie waren aus gutem Grund nicht in die neue Heimat mitgegangen wie die jungen Priester. Lieber herrschten sie hier im Kleinen, als dass sie auf der anderen Welt in der Masse untergingen.

Aber ihre Autorität war innerhalb der verbliebenen kleinen Priesterschaft ungebrochen. Wer sich gegen sie stellte, wurde abgestraft. Moderne Ideen würden erst Einzug halten, wenn jene, die sie jetzt forderten, selbst steinalt und senil waren und endlich an die Spitze der Priesterschaft gelangten, weil ihre Vorgänger einfach nicht abtreten wollten und sich bis ans Lebensende an ihre Machtpositionen krallten. Greise, die der Jugend vorschreiben wollten, was richtig oder falsch war, obgleich die Situation sich längst grundlegend geändert hatte und nicht mehr umkehrbar war.

»Was sagte der Tempelherr?«, wollte Zarr Tshatekk wissen. »Wie ich ihn kenne, hat er sich noch nicht gemeldet.«

»Ich habe noch keine Antwort erhalten«, bestätigte der Polizeichef Tshatekks Vermutung. »Aus dem Grund begleitet ihr mich zum Tempel der Kälte.«

***

Die Aufregung im Tempel der Kälte war enorm. Viele Hundert Sauroiden hatten sich in den letzten Minuten vor dem Heiligtum der Priesterschaft eingefunden. Es herrschte Ratlosigkeit, niemand wusste genau, was zur Zerstörung zweier Berge und zum Tod dreier Priester sowie zweier Sicherheitsleute geführt hatte.

Tempelherr Tszahn Thorr, der Nachfolger des unvergessenen Tzakk Rakko, hatte keinen leichten Stand bei seinen Leuten, zumindest nicht bei den ultrareligiösen. Die Sekte der Priester der Kälte verband Religion mit Wissenschaft, ging aber teilweise skrupellos bei der Durchsetzung ihrer Ziele vor.

Tszahn Thorr stand Rrakk Korron und seiner Schutztruppe zwar nicht ganz so ablehnend gegenüber wie sein Vorgänger Tzakk Rakko dem ehemaligen Sicherheitsbeauftragten Korr Takkon, aber eine gewisse Rivalität bestand dennoch. Im Gegensatz zu Rakko ließ Thorr sich wieder »Oberpriester« nennen.