Professor Zamorra 1125 - Manfred H. Rückert - E-Book

Professor Zamorra 1125 E-Book

Manfred H. Rückert

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Beschreibung

Der Schriftsteller Brik Simon, ein alter Bekannter von Zamorra, fährt mit seinem Freund, dem Physiker Artimus van Zandt, die Ostküste der USA hinauf. Simon möchte ein Buch über Parapsychologie recherchieren. Und bekommt - wie könnte es anderes sein - bestes Material frei Haus geliefert. In der Nähe von Washington treffen die beiden auf eine Kleinstadt, in der unheimliche Dinge vor sich gehen. Wie gut, dass Zamorra sich gerade in Washington aufhält ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Engel der Geisterstadt

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Frank Fiedler / Rainer Kalwitz

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5104-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Engel der Geisterstadt

Von Manfred H. Rückert

Die Luft begann von einem Augenblick auf den nächsten zu flimmern. Ein Wabern legte sich über den kleinen Ort. Die Temperaturen stiegen innerhalb von Sekundenbruchteilen. Es war unmöglich geworden, Atem zu holen.

Peter Hooker versuchte verzweifelt, eine Handyverbindung zum nächsten Notarzt herzustellen. Er röchelte, die Todesangst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er blickte aus weit aufgerissenen Augen auf die Straße vor der Tankstelle.

Zwei seiner Kunden krümmten sich zusammen. Ihre Umrisse verschwammen mit dem Hintergrund, schließlich wurden sie durchsichtig. Die Einwohner verblassten mitten in der Bewegung. Die blühende kleine Ortschaft an der Ostküste der USA verwandelte sich innerhalb von Sekunden in eine Geisterstadt.

Hooker ließ das Handy fallen. Dann wurde es endgültig dunkel um ihn …

»Jedes Mal, wenn ich in den Spiegel schaue, werden diese ganzen Falten in meinem Gesicht klarer.

Die Vergangenheit ist gegangen.

Es geht vorbei, wie Nebel in der Dämmerung.

Ist das nicht der Weg?

Jeder hat seine Schulden im Leben zu zahlen.«

Aerosmith, »Dream on« (1976)

Präambel

Linwood, North Carolina

»… und, hey, schau doch mal dort drüben!« Brik Simon beugte sich im Beifahrersitz des Toyota FJ Cruiser leicht nach vorne und zeigte mit der linken Hand auf den nächsten Ort, keine 200 Meter vor ihnen. Er war nicht sonderlich groß, zählte noch nicht einmal 20 Häuser. Dazwischen eine Hauptstraße und eine Querstraße, die wiederum zu anderen Orten führte. Linwood, neben der Interstate Highway 95 gelegen, als Dorf zu bezeichnen, grenzte fast schon an Größenwahn.

»Wovon sprichst du?«, brummte Artimus van Zant. Der Fahrer des Geländewagens kniff die Augen zusammen, dann schüttelte er den Kopf. Das Einzige, was er bemerkte, war, dass die Luft über der Straße einige Sekunden lang heftig flimmerte. »Ich sehe nichts Außergewöhnliches.«

»Du solltest endlich die Sonnenbrille absetzen, Alter«, forderte Simon. »Dann siehst du wieder richtig.«

»Das kann auch nur ein Engländer verlangen!«, brummte van Zant und grinste. »Ihr seid durch den ausgiebigen Regen verwirrt. Kein Wunder, dass du einen Brummschädel hast.«

»Schau doch mal genauer hin!«, forderte Brik Simon, ohne auf die Stichelei seines Begleiters einzugehen. Er litt tatsächlich unter Kopfschmerzen. »In diesem Ort wohnt kein Mensch.«

»Ja und? Das siehst du auf einen Blick?« Der Südstaatler schob seinen Zopf am Hinterkopf leicht zur Seite und kratzte sich mit einer Hand im Genick. Mit der anderen hielt er das Lenkrad des Toyota. »Ich sehe nur, dass die Luft flirrt.«

»Jetzt immer noch?«, wollte Simon wissen.

»Du hast recht«, gab van Zant verblüfft zu. Er verringerte die Geschwindigkeit des Wagens auf Fußgängertempo, kurz bevor sie das Ortsschild passierten. »Es hat mit einem Schlag nachgelassen.«

Brik Simon sog die Luft zwischen den Zähnen ein. Er betrachtete die wenigen Häuser rechts und links neben der Fahrbahn. Keins der Gebäude stand direkt neben dem Nachbarhaus, überall bestand ein bestimmter Mindestabstand. Sein Blick blieb an der Tankstelle vor ihnen hängen. Sie war der Blickfang, das Zentrum des Ortes, gewissermaßen Werkstatt, Supermarkt, Gaststätte und Bäckerei an einer Stelle. Der Anlaufpunkt überhaupt für die Bewohner von Linwood und die wenigen Durchreisenden.

Dennoch – nicht ein Mensch war zu sehen.

»Du hast recht«, staunte Artimus. »Alles ausgeflogen.«

»Dann sollten wir uns das einmal näher anschauen«, schlug Brik vor.

***

Heißer Wind strich über den kleinen Ort hinweg. Ein abgemagerter Golden Retriever schlich durch die verlassene Durchgangsstraße von Linwood. Ab und zu hielt er inne und hob witternd den Kopf, als müsse er sich immer wieder von der unglaublichen Tatsache überzeugen, dass sich mit einem Mal keine Menschen mehr in der Nähe befanden. Der Hund winselte nach seinen Besitzern und nach seinen Artgenossen. Er hatte den Anstieg der Temperaturen und die Atemlosigkeit am Rande mitbekommen und war vollkommen durcheinander.

Der Wind wurde heftiger. Er wirbelte Staub auf und hüllte den Retriever in graubraune Wolken. Er schien sich darin aufzulösen. Alles sah ein bisschen unwirklich aus, und nur ein scharfer Beobachter hätte mit Sicherheit behaupten können, überhaupt einen Golden Retriever gesehen zu haben …

Brik Simon war ein scharfer Beobachter. Er musste es schon durch seinen Beruf als Autor für parapsychologische Phänomene sein. Was Simon schrieb, war einwandfrei recherchiert und zugleich so spannend geschrieben wie ein Krimi. Damit hatte er in kürzester Zeit eine nicht unerhebliche Fangemeinde um sich geschart. Seine populärwissenschaftlichen Bücher über Parapsychologie, deren Wurzeln und all dem Missbrauch, der damit weltweit getrieben wurde, waren Renner. Er konnte nie genug schreiben – sein Literaturagent hätte leicht die doppelte Menge an Manuskripten verkaufen können. Doch Brik hatte seinen ganz eigenen Rhythmus beim Schreiben, der sicher irgendwo auch bedingt war durch seine persönliche Lebenssituation.

»Halt mal an«, forderte er seinen Fahrer auf.

Artimus verringerte die Geschwindigkeit und hielt den Toyota an. Den Motor ließ er dennoch laufen. Sie beobachteten den Hund und schauten sich kurz an.

»Sein Winseln ist fast unerträglich«, brummte van Zant.

»Ich steige aus«, sagte Simon, er löste den Sicherheitsgurt und öffnete die Tür. »Er befindet sich schließlich auf meiner Seite.«

Der Hund krümmte sich zusammen, er zog seine Rute zwischen die Beine und lief langsam rückwärts. Jede seiner Bewegungen wurde von einem herzerweichenden Jaulen begleitet. Als er sah, das Brik aus dem Geländewagen steigen wollte, zog er die Lefzen hoch und knurrte den Engländer an. Das war ein ganz und gar untypisches Verhalten für einen Hund seiner Rasse, »Ganz ruhig«, sagte Brik langsam und in einem beschwörenden Tonfall. Er hielt die Hände mit den Innenflächen gegen den Golden Retriever gerichtet. »Wir tun dir nichts.«

Der Hund bellte lauter und zeigte sein Gebiss. Geifer tropfte herunter. Die Augen waren blutunterlaufen.

»Steig wieder ein, sonst tut er dir etwas an«, befürchtete van Zant.

Der Golden Retriever knurrte erneut und bellte die Männer an. Dann drehte er sich um und lief in Richtung der Querstraße. Er erhöhte sein Tempo. Ein Flimmern um ihn herum entstand, und schließlich löste er sich mitten in der Bewegung auf. Sein Winseln erstarb augenblicklich. Das Wabern verflüchtigte sich. Ein leichter Wind kam auf und brachte für kurze Zeit einen eigenartigen Geruch mit sich.

»What the heck!«, stieß Simon nach wenigen Sekunden aus. Er ließ sich zurück auf den Sitz fallen und blickte van Zant aus großen Augen an. »Hast du das gesehen, alter Mann?«

»Verdammter Mist!«, fluchte der Südstaatler. »Hoffentlich geht es uns nicht so. Es grenzt ja schon an Lebensgefahr, für dich den Chauffeur zu spielen. Ich hätte mir etwas Ungefährlicheres für meine wenigen Urlaubstage vornehmen sollen.«

»Du wolltest mir bei den Recherchen helfen«, gab Simon zu bedenken und schlug die Tür zu. Er zeigte in Richtung der Tankstelle. »Schauen wir dort einmal nach?«

Als Antwort trat van Zant leicht auf das Gaspedal und fuhr langsam los. Keine 30 Meter weiter befand sich die Tankstelle auf der anderen Straßenseite, direkt an der einzigen Kreuzung Linwoods gelegen.

Ein Pick-Up-Truck und eine Limousine standen an der Tankstelle. Von ihren Fahrern war weit und breit nichts zu sehen. Im Verkaufsraum befand sich ebenfalls niemand.

Van Zant parkte den Toyota in der Nähe des Eingangs.

»Wir befinden uns aber jetzt nicht auf einem Trip?«, erkundigte sich der hochgewachsene Südstaatler, als er seine 195 Zentimeter Gardemaß aus dem Geländewagen herausschälte. Er streckte sich und betrachtete die Umgebung. Die Fahrertür ließ er dabei offen. Der Schlüssel steckte, der Motor lief. Da er nicht wissen konnte, was vor ihnen lag, ging van Zant kein Risiko ein.

»Weshalb fragst du nach?«, stellte der 20 Zentimeter kleinere Brik Simon eine Gegenfrage. Dann nickte er kurz. »Ach so, deswegen.« Er deutete in das Wageninnere, wo aus dem Radio das Lied » Ramblin’ Man » von der Allman Brothers Band zu hören war. Artimus war ein großer Fan des Southern Rocks. Unter dieser Vorliebe musste sein Beifahrer mittlerweile über Hunderte von Kilometern leiden. Bands wie Molly Hatchet und Lynyrd Skynyrd hatten den Physiker geprägt – aber das war kein Wunder, wenn man auch noch den Nachnamen van Zant trug, der sich wie ein roter Faden durch die Musikgeschichte der Südstaaten zog.

Simon verzog das Gesicht, er fühlte sich nicht wohl. Auf dem Weg hierher waren sie durch mehrere Dörfer gefahren, und sein stechender Kopfschmerz hatte sich dabei nur gesteigert. Ein deutliches Zeichen!

Die Alarmglocken schlugen in Briks Bewusstsein an. Er war schwach mit einer paranormalen Begabung gesegnet, doch dieser »Segen« hatte sich für Simon immer als schlimmer Fluch dargestellt. Er war weit davon entfernt, über irgendwelche Kräfte zu verfügen, mit denen er das Böse, die dunklen Mächte, bekämpfen konnte. Nein, er sah sie nur … musste die entsetzlichen Taten der Höllenmächte ertragen, ohne auch nur im Geringsten etwas gegen sie ausrichten zu können.

Er war unsicher, ob dieser Sinn auch in diesem Fall anschlug.

Katastrophen, Unfälle, schlimme Unglücke, die seine Mitmenschen mit Zufällen oder dem unausweichlichen Schicksal zu erklären versuchten, konnte Simon als das erkennen, was sie schlussendlich waren. Mehr als einmal war er Zeuge von Ereignissen geworden, die seinen Verstand an die Grenze des Erträglichen geführt hatten. Doch selbst dann hatte er seine Blicke nicht abwenden können.

Und nun stand er neben Artimus van Zants Wagen und starrte auf die breit ausgebaute Durchfahrtsstraße, auf der sich außer ihnen niemand befand.

Was geht hier vor?, fragte er sich in Gedanken. Wo sind die Menschen hin? Und wo die Tiere?

Er bemerkte van Zants Blicke und schüttelte den Kopf, gerade so, als könnte er damit die Schmerzen und die dunklen Gedanken vertreiben.

»Geht schon«, murmelte er.

Artimus musterte ihn kurz und nickte. Brik musste wissen, was er sich zutrauen konnte. Die beiden Männer kannten sich seit fast 15 Jahren und hatten seitdem schon einiges zusammen erlebt. Vieles davon hatte mit übernatürlichen Phänomenen zu tun.

Die Eingangstür glitt automatisch auf. Van Zant betrat den gut bestückten Verkaufsraum. Alles war sauber eingeräumt. Neben dem Tresen und den Regalen standen drei Tische und einige Stühle für die Kunden, die einen Kaffee trinken oder eine Kleinigkeit essen wollten.

Auf einem der Tische stand eine bis knapp unter den Rand gefüllte Tasse Kaffee, aus der sich ein dünner Dampffaden nach oben kräuselte. Sie konnte erst wenige Minuten hier stehen. Daneben lag eine Schachtel Filterzigaretten, darauf befand sich ein Feuerzeug.

Es wirkte, als hätte jemand den Raum nur kurz verlassen, etwa um auf die Toilette zu gehen. Ein richtiger Raucher ließ seine Genussutensilien nicht im Stich.

»Hier drinnen befindet sich wirklich niemand«, stellte van Zant fest. Er ging zur Verkaufstheke und schaute sich um. Auf dem Boden sah er ein Handy liegen. Er bückte sich und hob das Mobiltelefon auf. Er schaltete es ein und betrachtete die Funktionen auf dem Display. Einer plötzlichen Eingebung folgend besah er sich die letzten Anrufe.

Bei den Ausgängen wurde er schnell fündig. Er verglich die Uhrzeit mit der seines eigenen TI-Alpha und stellte fest, dass sie nur wenige Sekunden differierten.

»Verdammt, es ist weniger als zehn Minuten her, seit damit angerufen wurde«, murmelte Brik Simon. »Sind die hier etwa auf dieselbe Art verschwunden wie der Hund?«

»Das würde bedeuten, dass auch wir bedroht sind«, folgerte van Zant. »Und diese Vorstellung gefällt mir überhaupt nicht.«

Er hielt ihre Situation nicht für außergewöhnlich. Im Lauf seiner Karriere bei den Tendyke Industries hatte er schon einiges erlebt, mit Höllenwesen war er ebenso zusammengetroffen wie mit Außerirdischen. Und er hatte jede dieser mehr als gefährlichen Begegnungen überlebt, wenn auch manchmal nur äußerst knapp.

»Was schlägst du vor?«, erkundigte sich Simon. Er fuhr mit den Fingern durch das kurzgeschnittene braune Haar, in dem mittlerweile einige weiße Strähnen zu sehen waren.

»Wahrscheinlich dasselbe wie du. Wir sollten dem Prof Bescheid geben«, antwortete der Physiker. »Das dürfte eher in sein Ressort fallen.«

Brik Simon sah zu Artimus hoch. Dessen Gesicht schien von jedem Bartwuchs befreit zu sein, und van Zant hatte viel Gesicht, denn es reichte weit hinauf bis zum Scheitelpunkt seines Kopfes. Erst dort schienen sich seine Haare zum Wachstum entschließen zu können, denn sie fielen, gefasst in einen kunstvoll geflochtenen Zopf, hinab bis kurz über seine Hüften. Van Zants Augen waren dunkelbraun und schienen ständig alles und jeden zu beobachten. Artimus war Elektroniker und Doktor der Physik, er fungierte als Leiter einer Spezialabteilung der Tendyke Industries. Van Zants Bereich wurde » ZbV » genannt, Zur besonderen Verwendung .

Mit diesem Talent kam er jedoch hier nicht weiter. Sie durchsuchten die Tankstelle und klingelten an allen Haustüren des kleinen Ortes. Obwohl sie es erwartet hatten, wurden sie enttäuscht. Weder öffnete ihnen jemand, noch hörten sie Geräusche, die auf Leben hinwiesen.

In einem Ort wie Linwood waren die Türen selten fest verschlossen. Die Einwohner kannten sich untereinander zumeist lebenslang und vertrauten sich mehr oder weniger. Artimus und Brik öffneten die Türen und sahen sich kurz um.

»Ich komme mir vor wie ein Einbrecher«, sagte Brik Simon, als sie das dritte Haus betraten. Er senkte die Stimme, so als wollte er niemand auf sich aufmerksam machen. Er blickte sich um und bemerkte: »Oder noch schlimmer, wie ein Schnüffler oder Stalker. Schließlich sind wir ungebetene Gäste, vergiss das nicht.«

»Ich habe ein ganz mieses Gefühl«, bekannte der Physiker. Seine Nerven waren angespannt, dass sie niemand fanden, berührte ihn stark. »Wir sollten von hier verschwinden.«

Sie verließen das Haus wieder. Obwohl sie niemand darin gefunden hatten, kam es ihnen vor wie ein riesiger Sarg. Auf der Straße atmeten die Männer auf.

Aus den Augenwinkeln sah Brik auf einmal eine Bewegung – die erste, seit er und Artimus den Hund auf der Straße hatten verschwinden sehen. Er stieß den Physiker in die Seite und fuhr herum.

In der Ferne sahen sie wie ein Auto langsam und in Schlangenlinien fahrend auf die Querstraße zurollte! Der Fahrer schien demzufolge nicht ganz im Vollbesitz seiner Kräfte zu sein. Der hellrote Chevrolet zog eine Staubfahne hinter sich her.

»Ein Einwohner von Linwood?« Brik wusste nicht, ob er darüber erfreut sein sollte. Wie konnte man jemand beibringen, dass alle Bewohner des Ortes verschwunden waren?

Der Fahrer des roten Chevy fuhr nur wenige Meter entfernt an ihnen vorbei, ohne die Geschwindigkeit zu senken, über die einzige Kreuzung Linwoods und verließ das Village gleich wieder.

»Der alte Knabe hinter dem Lenkrad sieht aus, als wäre er stockbesoffen«, diagnostizierte der Schriftsteller. »Der hat doch überhaupt nichts mitbekommen.«

»Kümmern wir uns nicht um ihn«, schlug van Zant vor. »Wir müssen die Polizei informieren, dass hier etwas passiert ist.«

»Ich …« Simon fuhr zusammen. Seine Augen wurden groß. »Artimus! Der Wagen!«

Der Südstaatler drehte sich um und sah, wie sich der Chevrolet mitsamt Chauffeur mitten in der Fahrt auflöste. Dieser Vorgang wurde von einem Flimmern begleitet, wie zuvor bei dem Golden Retriever.

Die beiden Männer sahen sich erschrocken an.

»Wir müssen dem Prof Bescheid geben«, wiederholte van Zant seine Worte von vorhin. »In diesen Dingen hat er weit mehr Erfahrung als wir beide.«

Der Prof war ein französischer Parapsychologe, mit dem sowohl Brik als auch Artimus schon einiges erlebt hatten.

Er griff in die Brusttasche seines Hemdes und holte das TI-Alpha heraus, den kleinen Alleskönner aus den Werkstätten der Tendyke-Tochterfirma Satronics, den Doc van Zant selbst mit kleinen Feinheiten und Gemeinheiten bestückt hatte. Vor allem darauf, dass die TI-Alphas mit jedem beliebigen Funknetz zurechtkamen, egal, in welchem Land der Benutzer sich aufhielt, konnte der Südstaatler zu Recht stolz sein.

»Hoffentlich ist er zu Hause«, murmelte Artimus. Die Bemerkung war berechtigt.

Denn Professor Zamorra hielt sich nur äußerst selten auf seinem Schloss Château Montagne im Loire-Tal auf …

Kapitel 1 Zurück aus der Ewigkeit

In tiefsten Tiefen

Sie hätte nicht zu sagen vermocht, was schrecklicher war in dieser unendlich lang zählenden Zeit der Strafe: Das ewige Feuer in ihren Gedanken, die beispiellose Stille oder die unglaublichen Schmerzen. Sie lebte und war doch so gut wie tot. Ihr Zeitgefühl existierte nicht mehr, sodass sie nicht wusste, wie lange sie sich bereits in der Verbannung befand. Es war auch nicht wichtig, denn an ihrem Zustand würde sich bis in eine unvorstellbar ferne Zukunft nichts ändern.

Verdammt in alle Ewigkeit, dachte sie resigniert. Sie hatte längst schon alle Hoffnung verloren.