Raumschiff Promet - Von Stern zu Stern 44: Das Geheimnis von Jiron - Manfred H. Rückert - E-Book

Raumschiff Promet - Von Stern zu Stern 44: Das Geheimnis von Jiron E-Book

Manfred H. Rückert

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Beschreibung

Shalyn Shan, als Praktikantin auf der Promet II, entdeckt einen planetenähnlichen Mond, der zum Ziel eines Außeneinsatzes wird. Niemand ahnt, dass die Plattform im Wüstensand der Ausgangspunkt für ein Abenteuer wird, das die junge Moranerin in tödliche Bedrängnis bringt und seinen Ursprung erneut in tiefer Vergangenheit hat.

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IN DIESER REIHE BISHER ERSCHIENEN

5001 Christian Montillon Aufbruch

5002 Oliver Müller Sprung ins Ungewisse

5003 Vanessa Busse Dunkle Energie

5004 Vanessa Busse Angriff aus dem Nichts

5005 Oliver Müller Gefangene der Doppelsonne

5006 Achim Mehnert Das Vermächtnis der Moraner

5007 Rainer Schorm Jedermanns Feind

5008 H. W. Stein & Oliver Müller Die Sklavenwelt

5009 Achim Mehnert Todesdrohung Schwarzer Raumer

5010 Vanessa Busse Entscheidung Risiko

5011 Ben B. Black Zegastos Kinder

5012 Michael Edelbrock Fremde Seelen

5013 Achim Mehnert Böser Zwilling

5014 Achim Mehnert Sternentod

5015 Achim Mehnert Das Ende der Promet

5016 Achim Mehnert Tötet Harry T. Orell!

5017 Achim Mehnert Das galaktische Archiv

5018 H. W. Stein Der Tod und das Leben

5019 Achim Mehnert Die Delegation

5020 Achim Mehnert Das Attentat

5021 Achim Mehnert Flucht aus der Terrorstadt

5022 Achim Mehnert Die Tragödie von Gij

5023 Gerd Lange Das fremde Ich

5024 Andreas Zwengel Geheimwaffe Psychomat

5025 Andreas Zwengel Im Bann der roten Sonne

5026 Andreas Zwengel Das Schiff der S-herer

5027 Gerd Lange Das Eindenker-Tribunal

5028 Andreas Zwengel Der Bote des Todes

5029 Gerd Lange & Andreas Zwengel Alarm im Solsystem

5030 Andreas Zwengel Negor in Not

5031 Andreas Zwengel Im Reich des Orff

5032 Andreas Zwengel Orffs Sonnenreigen

5033 Andreas Zwengel Der falsche Orff

5034 Andreas Zwengel Entscheidung auf Baranad

5035 Gerd Lange Im Licht der drei Monde

5036 Andreas Zwengel Planet der Bestien

5037 Andreas Zwengel Mysteriöse Vergangenheiten

5038 Andreas Zwengel Wächter des Schwarzen Imperiums

5039 Andreas Zwengel Der Raub der Moranerin

5040 Andreas Zwengel Transition ins Gestern

5041 Andreas Zwengel Überfall auf Wasp

5042 Gerd Lange Auf der Suche nach Moran

5043 Gerd Lange Ximenas Martyrium

5044 Manfred H. Rückert Das Geheimnis von Jiron

DAS GEHEIMNIS VON JIRON

RAUMSCHIFF PROMET - VON STERN ZU STERN

BUCH 44

MANFRED H. RÜCKERT

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

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Copyright © 2023 BLITZ-Verlag  

Hurster Straße 2a,  51570 Windeck

Redaktion: Gerd Lange

Titelbild: Mario Heyer

Logo: Mario Heyer

Satz: Torsten Kohlwey

Alle Rechte vorbehalten.

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-7579-5683-7

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INHALT

Das Geheimnis von Jiron

Anmerkungen

Über den Autor

DAS GEHEIMNIS VON JIRON

629 Lichtjahre von der Erde entfernt, weit in der Vergangenheit

Angst und Stolz erfüllten Golan gleichermaßen, als er mit seinen Begleitern am Kuppelsaal ankam, dem heiligsten Ort seines Volkes. Dieser stand geschützt inmitten eines von Bergen umschlossenen Hochtals. Er konnte es nicht fassen: Er war ein Auserwählter. Er wusste nicht, was die obersten Warzenträger ausgerechnet von ihm wollten, hatte er sich doch bisher nie durch besondere Taten oder Talente ausgezeichnet. Er war schließlich ein Aufblüher, ein kräftiger junger Jiro der zweiten Lebensphase dieser Wärmezeit, gerade erst am Beginn der Reife, was seine grünbraune Hautfarbe bewies. Was also wollten die Uralten gerade von ihm?

Gleichzeitig mit der Nachricht, dass er auserwählt worden war, hatte man ihn in den Kuppelsaal gerufen, dort, wo sonst nur die zwölf obersten Warzenträger Zutritt hatten. So etwas war seines Wissens noch nie mit einem Auserkorenen passiert. Und genau darum erfüllte ihn große Angst wie noch nie zuvor. Da er keine außergewöhnlichen Taten vollbracht hatte, konnte es sich nur um einen Tadel oder gar eine Strafe handeln, die ihm bevorstand. Er stieß ein leises Brummen mit den inneren Schallblasen aus, was seine Nervosität offen aufzeigte.

Einer seiner Begleiter, beide waren selbstverständlich Verbandeler der dritten Lebensphase, schaute ihn missbilligend an. „Du solltest dich als Auserwählter etwas benehmen“, forderte er von Golan in hartem Tonfall. Das war ein wenig viel verlangt, denn erst am Morgen, vor wenigen Zeitintervallen, hatten sie ihm verkündet, dass er auserwählt war. Und jetzt stand Kha-Ul noch nicht einmal direkt über Jiron. Er hatte kaum Zeit gefunden, die Botschaft geistig zu verdauen. Überhaupt kam er sich eher wie ein Getriebener vor als ein Auserkorener.

Golan wiegte den Kopf leicht hin und her, ansonsten enthielt er sich eines Kommentars. Er tat, als hätte er die Rüge nicht gehört. Stattdessen prägte er sich den Anblick des kleinen Ortes so aufmerksam ein, als sollte er ihn nie wieder sehen.

Die grauen, aus Seeschlamm gebauten Häuser mit ihren schilf- und strohbedeckten Dächern, von denen jedes eine andere Form besaß, wirkten wie Fremdkörper gegenüber dem kuppelförmigen Gehäuse aus schimmerndem Metall, vor dem zwei der Alten standen. Die Warzenträger deuteten den Verbandelern durch Kopfbewegungen an, vor dem Kuppelsaal stehen zu bleiben. Der Ablauf der Ereignisse sah vor, dass nur ein Auserwählter und die Warzenträger sich in diesem heiligen Ort aufhalten durften.

Golan atmete tief ein, er zitterte leicht und fühlte sich, als ob seine letzte Stunde bevorstand. Er schaute kurz nach oben. Fen stand blaubraun leuchtend in voller Größe am klaren Himmel und spiegelte das weißgelbe Licht des Helligkeitspenders Kha-Ul wider. Eigentlich sollte er das als gutes Zeichen werten. Dennoch krampfte sich alles in ihm zusammen.

Einer der Warzenträger winkte ihm zu. Die kurze, herrische Geste ließ keinen Widerspruch zu, noch nicht einmal ein Zögern. Der Alte drehte sich um und achtete nicht weiter darauf, ob ihm der Auserwählte folgte. Er nahm es einfach als gegeben an. Mit langsamen Hüpfern setzte sich Golan in Bewegung, seine extremen X-Beine zitterten dabei. Der Jiro glaubte, eine fremde Welt zu erkunden, als er das heilige Haus zum ersten Mal betrat. Das Innere war heller, als er es sich vorgestellt hatte. Das Augenband auf der Brust wagte er während der ersten Atemzüge nicht zu öffnen.

Der Kuppelsaal erschien ihm eher hässlich, ein leuchtendes halbes Riesenei, das so hoch über die Nebengebäude hinausragte, dass diese kaum noch auffielen. Und drinnen sah es seiner Meinung nach nicht viel ansprechender aus. Schlichte Holzbänke, die in zwei Reihen vom Eingang bis zur Empore reichten, schmucklose Wände und grauer Boden. Trotzdem herrschte in der Halle eine feierliche und erhabene Stimmung. Man führte ihn vor den Sprechersockel und ringsherum auf dem blanken und kühlen Boden nahmen die Warzenträger Platz. Um die Nervosität zu bekämpfen, zählte er sie und stellte erschrocken fest, dass sie vollzählig waren. Es musste also gleich beginnen. Es wurde ihm bewusst, Augenblicke von großer Bedeutung miterleben zu dürfen. Dazu kam noch die persönliche Ausstrahlung der zwölf Warzenträger, die alle als außergewöhnliche Persönlichkeiten unter den Jiros galten.

Sie allein waren es, die mit ihrer Klugheit, Besonnenheit und Lebenserfahrung den Weg bestimmten, den das Volk der Jiros bis zur nächsten Eisnacht zu gehen hatte. Jeder der Warzenträger wusste das. Zum Ende ihrer letzten Phase wurde es bald für die Alten Zeit, sich in den Ewigen Sumpf der Ahnen zu legen. Im kommenden Frühjahr erwachten sie nicht mehr im Schlamm, weil sie dann den ewigen Schlaf schliefen oder als neu Entlaichte in ein weiteres Leben übergingen. Dieser ewige Kreislauf war der Glaube der amphibienartigen Jiros.

Trotz seiner Jugend war Golan ein großer, kräftig aussehender Jiro, zudem mit einem offenen Gesicht. Er war ein typischer Vertreter seines Volkes. In diesen Augenblicken wünschte er sich, das unauffälligste Mitglied des Ortes zu sein. Er wollte überall sein, bloß nicht hier im Heiligtum.

Die beiden Alten ließen ihn stehen und traten zur Seite. Golan kam sich so einsam vor wie noch nie in seinem Leben. Seine runden Augen füllten sich vor Aufregung mit Tränenflüssigkeit, er konnte nichts dagegen unternehmen und klappte die Nickhäute als Schutz davor.

In diesem Augenblick erst kam einer der höchsten Warzenträger gemessenen Schrittes auf ihn zu. In Situationen wie dieser hüpften Jiros nicht, sondern bewegten sich durch langsames Laufen vorwärts.

„Du bist Golan!“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Die Stimme des Alten hörte sich wie ein Werkzeug mit rauer Oberfläche für die Bearbeitung von Holzstücken an. Er musterte sein Gegenüber. Von der Schnauze über den ovalförmigen, gedrungenen Körper und den kurzen Armen mit den überaus feinen Fingern bis zu den langen, kräftigen x-förmigen Hinterbeinen. Seinem fast schon sezierenden Blick war nicht zu entnehmen, was er dachte.

Die Kehle des jungen Mannes war trocken und wie zugeschnürt. Die Augen traten weit hervor. „Der bin ich“, brachte er mühsam krächzend hervor. Nun zitterte er nicht nur an den Beinen.

„Ich bin Dor, der oberste Warzenträger. Nimm auf einem der Sitze Platz und höre zu, was wir dir zu berichten haben.“

Das Auftreten des alten Mannes war von einer solchen Bestimmtheit, dass Golan sich setzte, ohne lange nachzudenken. Obwohl der oberste Warzenträger ein derart über ihm stehendes Wesen war, fühlte der Aufblüher sich zu ihm hingezogen. Dor, obwohl nur unwesentlich größer als Golan, verbreitete eine Atmosphäre des Vertrauens.

„Es wird etwas sehr Ungewöhnliches geschehen“, sagte der Alte und musterte ihn, als wollte er in das Innerste seiner Seele schauen.

Golan erschauerte.

„Dir wird es, von welcher Seite du es auch betrachtest, alles abverlangen. Wir wissen, welche Last wir dir damit aufbürden, aber nur du kannst es schaffen.“

Golan wusste nicht, was er zu diesen ominösen Worten sagen sollte. Er schaute Dor aus großen Augen an, seine ovalen Pupillen waren dabei senkrecht gestellt. Vor Aufregung vergaß er beinahe zu atmen.

„Es handelt sich um eine ebenso ehrenvolle wie wichtige Aufgabe, die du auf Fen erfüllen sollst“, sagte der Jiro neben Dor mit einschmeichelnder Stimme.

„Auf Fen?“ Golans Faltenwangen bliesen sich auf und fielen wieder in sich zusammen. Er wiederholte, wobei er Pausen einlegte. „Auf … Fen …?“ Fen war der Begleiter von Kha-Ul am Himmel, der zu allen möglichen Zeiten gesehen werden konnte, sowohl bei Tag als auch bei Nacht.

„Auf Fen!“, bestätigte der Jiro, dessen Name Golan nicht geläufig war, mit Nachdruck.

„Ich weiß nicht …“ Die Faltenwangen blähten sich schlagartig auf und spannten sich. Grellrot war mit einem Mal ihre Farbe, ein Zeichen seiner maßlosen Überraschung. „Wie soll ich dorthin …?“

„Du reist mit dem Sternenduft“, erklärte Dor. Es hörte sich eher an wie ein Befehl. Und das war es schlussendlich auch.

„Den Sternenduft?“, wiederholte Golan verständnislos, es klang wie ein dumpfes Echo.

Sie warteten einige Atemzüge lang, bis er sich an den Gedanken gewöhnt hatte, auf die andere Welt überzuwechseln. Sein vertrautes Leben zerbrach innerhalb weniger Herzschläge, von nun an würde nichts mehr sein, wie er es gewohnt war.

Dor drehte sich zum Sprechersockel und bückte sich. Als er sich aufrichtete und zu Golan umdrehte, hielt er etwas in den Händen mit den gut ausgebildeten Schwimmhäuten zwischen den Fingern. Nicht nur etwas, erkannte Golan nach genauem Betrachten, sondern gleich zwei Dinge, die er nicht kannte.

„Das hier ist eine heilige Feuerbohne“, erklärte Dor und legte sie in Golans rechte Hand. Und wirklich, sie besaß von der Form her große Ähnlichkeit mit dem Gemüse. Dor ließ die Worte auf das Bewusstsein des jungen Jiro einwirken, ehe er weitersprach. „Und das ist ein Tastkasten.“ Er übergab auch diesen an den aufgewühlten Aufblüher.

„Was soll ich damit anfangen?“ Golan war ratlos.

„Verstecke die Feuerbohne in der linken Flughautvertiefung und das Kästchen in der rechten“, empfahl ihm der zweite Warzenträger. Er erklärte ihm, was er mit den beiden Gaben anfangen musste, wenn er auf Fen war und warnte ihn davor, den Tastkasten vorher zu aktivieren. Vor allen Dingen musste sich die Feuerbohne bei der Aktivierung zwanzig große Sprünge von ihm entfernt befinden.

Dor schärfte ihm ein: „Ihr versammelt euch auf der Hochebene weit vor dem Ort. Ihr werdet insgesamt zweihundert Jiros sein und ein Fellträger, der euch alle anführt. Ihr müsst seinen Befehlen unbedingt Folge leisten. Ungehorsam wird bestraft.“

„Ein Fellträger?“ Wen meinte der Alte damit? Und weshalb sagte er ihm das so leise, dass es die anderen nicht mitbekamen? Nun war Golan noch mehr verwirrt als zuvor. Was sollte das Gerede von weiteren hundertneunundneunzig seiner Artgenossen? War er denn nicht der einzige Auserwählte? Die Gedanken kreisten in ihm. Dabei konnte es zu seinem Zustand kaum noch eine Steigerung geben, höchstens den Wahnsinn.

Der oberste Warzenträger nahm darauf keine Rücksicht. „Ihr müsst das tun!“, befahl er, nun wieder laut. „Zum Wohle der Gemeinschaft aller Jiros.“

* * *

Kurz darauf

Die Verbandeler führten Golan auf ein freies Feld weit vor dem Ort mit dem Kuppelsaal. Dort wartete eine unübersehbare Menge an Jiros. Alle wirkten verängstigt und verunsichert. Ein Unbekannter trat zu ihnen. Er gehörte nicht zum Volk der Jiros, sondern zu den unbekannten Fellmännern, von denen Dor erzählt hatte.

„Ich bin euer Anführer“, sagte der fremde Sklave mit gutturaler Stimme, ein eigenartiger kleiner Mann mit graubrauner Haut, der mit dem zerrissenen Fell eines unbekannten Tieres bekleidet war. Der Sklave wirkte auf die Jiros in allem absolut fremdartig, mit seiner verhungert wirkenden Statur, dem wolligem Kraushaar und einer plattgedrückten Nase. Er sah so total anders aus als die Versammelten. Sein Körper schien einerseits geschwächt zu sein. Andererseits drückte seine Haltung eine eigenartige Würde aus. Er machte eine umfassende Geste, die alle Begleiter Golans einschloss. „Ich allein kenne den Weg zu eurem Zielpunkt. Jedes Mal, wenn ich dieses Zeichen mache, folgt ihr mir. Das ist der Wille der Warzenträger.“

Seine Sternensprache war schlicht ausgedrückt schrecklich und es wurde nicht dadurch besser, dass er nervös und abgehackt sprach. Alles an ihm kam Golan fremd und abstoßend vor. Dass ausgerechnet er ihr Anführer sein sollte, konnte er nicht verstehen. Kritik an den Entscheidungen der Warzenträger gab es nicht offen, sie waren über alle Zweifel erhaben. Dennoch war er sicher, dass die meisten seiner Begleiter in diesem Fall so dachten wie er. Bei den Versammelten handelte es sich ausnahmslos um Aufblüher, männliche und weibliche Jiros, die sich in der jugendlichen zweiten Lebensphase befanden. Die obersten zwölf Warzenträger hatten sie ohne ihr Beisein ausgewählt und ohne, dass sie widersprechen konnten. Aber weshalb hatten sie mit ihm alleine gesprochen? War er etwa der einzige Jiro mit einer Feuerbohne? Er hatte so viele Fragen, doch niemand war da, der sie beantworten konnte. Dazu hatte ihm Dor eingeschärft, kein Wort zu den anderen über die zwei fremden Gegenstände und seine Aufgabe zu erzählen.

Golan spannte seine Beine an, dass sich die Muskeln deutlich abzeichneten. Er war immer noch über alle Maßen aufgeregt und diese innere Unruhe konnte er nur durch Bewegung ausgleichen. Jiros besaßen lange Hinterbeine, die sie im Extremfall zu weiten Sprüngen befähigten. Die Schnauze war stark zugespitzt, der breite Mund darunter schmallippig und rachenförmig. Die Haut war glatt und feucht. Entlang des Rückens zogen sich zwei Drüsenleisten, die hinter den Augen begannen und bis in die Hüftregion reichten. Zwischen den Zehen der Hinterfüße befanden sich gut ausgebildete Schwimmhäute. Hier auf der Hochebene würden sie derlei nicht benötigen.

Der fremde Sklave ging voran und als er eine bestimmte Strecke entfernt war, gab er den Versammelten das Zeichen zum Aufbruch. Die ersten Jiros folgten ihm mit langsamen Sprüngen, sie bildeten eine unglaublich lange Reihe. Golan schloss sich ihnen im hinteren Drittel an.

Eine Zeiteinheit weiter befand sich ein Fluss, dessen klares Wasser langsam dahinströmte. Ein mit Steinplatten ausgelegter Weg zum Ufer wurde an beiden Seiten von goldfarbigen, niedrigen Sträuchern umsäumt, auf deren Blüten sich die Shifos im Wind wiegten und dazu leise sangen.

Die schneeweißen heiligen Vögel beachteten die Prozession kaum, als sie dicht an ihnen vorbei durch die Furt sprangen. Sie schreckten auch nicht auf, als das Wasser spritzte und die Jiros in den Fluten verschwanden und auf der anderen Uferseite wieder auftauchten. Vorwärts durch unbekanntes Gebiet, wo noch niemand aus dieser riesigen Gruppe je vorher war.

Träge bewegte Golan seine Beine und sprang mit kurzen Hüpfern über das karge Land hinweg, das hier so flach war wie ein Brett und keinen Vergleich mit den Schluchten des Hochgebirges zuließ. Die Jiros vor und hinter ihm zogen westwärts, eine Gruppe von düster aussehenden Personen, die die Köpfe gesenkt hielten, als folgten sie einer Fährte im Sand. Doch eine solche Spur gab es nicht.

Woher auch?, durchfuhr es den jungen Mann. Nur der Fellträger wusste den Weg zu dem ominösen Sternenduft und zurück zum Kuppelsaal. Weder Golan noch seine Begleiter kannten sich hier aus. Keiner von ihnen hatte sich jemals bis hierher gewagt. Sie waren schon mindestens den halben Tag unterwegs, mit nur wenig Wasser sowie kaum Vorräten. Sie befanden sich am Ende ihrer Kräfte. Dass sie sich mittlerweile am Rand der relativ nahe dem Kuppelsaal gelegenen Wüste befanden, machte ihr Unterfangen nicht einfacher.

„Nicht mehr lange, dann befinden wir uns beim Sternenduft“, erläuterte der Fellträger mit seiner nur schlecht verständlichen Sprechweise der Sternensprache. Seine Stimme klang krächzend, wie bei einem liebeskranken Shifo. „Haltet so lange durch!“

Du hast gut reden!, dachte Golan erbost. Du bist nicht so stark auf Wasser, Schlamm und Schilf angewiesen wie wir. Jiros wohnten in aus Schlamm und Schilf gefertigten Hütten und den dazu gehörenden Laichgebieten in verschiedenen Stämmen zusammen, die nur lose Kontakt untereinander hielten. Während die Laichgebiete den Stämmen gehörten, waren die Häuser vergänglich, da sie die kalten Zwischenjahreszeiten wegen ihrer Leichtbauweise nicht überstanden und zu Beginn der warmen Jahreszeiten immer wieder neu aufgebaut werden mussten. Der Gang in die Wüste hinein war ohne Wasservorräte lebensgefährlich für die Gruppe der Auserwählten.

Kurz bevor Kha-Ul sich zur Nachtruhe begab, kamen sie zu einem großen, eigenartig kreisrunden Stein auf einem hohen Sockel, der im Wüstenboden fest verankert war. Er war in weitem Umkreis von dichten goldgelben Büschen umwuchert. Nie zuvor hatte einer der Jiros auch nur etwas Ähnliches gesehen.

„Hier ist der Sternenduft!“, klang die Stimme des Fellträgers bis zum letzten der Gemeinschaft. Er streckte eine Hand aus, obwohl der riesige glatte Stein für alle sichtbar war.

Hier ist der Sternenduft, hallten seine Worte in Golan nach. Der Sternenduft. So nannten die kleinen Fellträger, die regelmäßig jeweils zu Beginn der letzten acht Wärmezeiten erschienen, ihren Zielpunkt. Der eigenartige runde Stein stand weit entfernt von ihrer Siedlung und verbreitete einen beklemmenden Geruch. Er schien die Versammelten auf unerklärliche Weise zu locken. Gleichzeitig wurden sie mit einem Mal unglaublich müde. Golan vermutete, dass dies an dem ungewohnt langen Weg lag. Oder besaß der Stein eine unbekannte Duftkomponente?

Die vielen Farben im Stein drehten sich und liefen davon wie Wasser im trockenen Sand. Eine einzige Farbe allein blieb übrig. Weiß. Weiß waren auch die heiligen Vögel, die Shifos. Weshalb er in diesem Augenblick an sie denken musste, vermochte Golan nicht zu sagen.

Das weiße Leuchten des Steines wurde greller und greller, bis der Jiro sich gezwungen sah, seine Augen zu schließen. Das Augenband auf der Brust, das er sonst fast nur unter Wasser benutzte, wagte er nicht zu öffnen. Es durchzuckte ihn, als habe ihn ein Feuerpfeil getroffen, denn er sah mit geschlossenen Augen den Stein im weißen Licht.

Was bedeutete das? War gleich sein Leben zu Ende? Wie sollte er so zu Fen kommen?

„Hoch mit den ersten zehn Auserwählten über die Rampe auf den Stein!“, befahl der Fellträger mit lauter Stimme. Es schien ihm zu langsam zu gehen. „Wird es bald? Schneller!“

Er selbst schien immun gegen den Duft zu sein, er wirkte hellwach. Er leitete sie mit knappen Befehlen an, die selbst bei seiner eigentümlichen Akzentuierung der alten Sternensprache verständlich waren. Der Sternenduft benebelte ihre Sinne, sobald sie sich auf dem sonderbaren Stein befanden. Viele sanken zu Boden, es wirkte, als würden sie schlafen. Und dann waren sie von einem Augenblick zum nächsten nicht mehr hier. Und die nächsten Zehn traten auf den weißen Stein.

„Sie sind jetzt auf Fen“, erläuterte der Sklave. „Weiter! Die nächsten Zehn!“

Gruppe um Gruppe folgte den Angaben des Fellträgers. Der Duft machte die Auserwählten so schläfrig, dass sie in tiefen Dämmerzustand verfielen.