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Angeführt vom Moraner Thosro Ghinu kämpfen sich auf Bankor die Besatzungsmitglieder der Promet durch das Pflanzendickicht des Planeten. Dabei stoßen sie auf ein Raumschiffwrack mit einem schrecklichen Geheimnis. Währenddessen machen sich Arn und Junici Borul mit einem neuen Raumschiff auf die Suche nach der Promet. Und der HTO-Raumschiffkonstrukteur Sok Tal begibt sich auf eine private Reise, um im All nach Artefakten aus der moranischen Geschichte zu forschen.
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Seitenzahl: 166
Veröffentlichungsjahr: 2025
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In dieser Reihe bisher erschienen:
5001 Christian Montillon Aufbruch
5002 Oliver Müller Sprung ins Ungewisse
5003 Vanessa Busse Dunkle Energie
5004 Vanessa Busse Angriff aus dem Nichts
5005 Oliver Müller Gefangene der Doppelsonne
5006 Achim Mehnert Das Vermächtnis der Moraner
5007 Rainer Schorm Jedermanns Feind
5008 H. W. Stein & Oliver Müller Die Sklavenwelt
5009 Achim Mehnert Todesdrohung Schwarzer Raumer
5010 Vanessa Busse Entscheidung Risiko
5011 Ben B. Black Zegastos Kinder
5012 Michael Edelbrock Fremde Seelen
5013 Achim Mehnert Böser Zwilling
5014 Achim Mehnert Sternentod
5015 Achim Mehnert Das Ende der Promet
5016 Achim Mehnert Tötet Harry T. Orell!
5017 Achim Mehnert Das galaktische Archiv
5018 H. W. Stein Der Tod und das Leben
5019 Achim Mehnert Die Delegation
5020 Achim Mehnert Das Attentat
5021 Achim Mehnert Flucht aus der Terrorstadt
5022 Achim Mehnert Die Tragödie von Gij
5023 Gerd Lange Das fremde Ich
5024 Andreas Zwengel Geheimwaffe Psychomat
5025 Andreas Zwengel Im Bann der roten Sonne
5026 Andreas Zwengel Das Schiff der S-herer
5027 Gerd Lange Das Eindenker-Tribunal
5028 Andreas Zwengel Der Bote des Todes
5029 Gerd Lange & Andreas Zwengel Alarm im Solsystem
5030 Andreas Zwengel Negor in Not
5031 Andreas Zwengel Im Reich des Orff
5032 Andreas Zwengel Orffs Sonnenreigen
5033 Andreas Zwengel Der falsche Orff
5034 Andreas Zwengel Entscheidung auf Baranad
5035 Gerd Lange Im Licht der drei Monde
5036 Andreas Zwengel Planet der Bestien
5037 Andreas Zwengel Mysteriöse Vergangenheiten
5038 Andreas Zwengel Wächter des Schwarzen Imperiums
5039 Andreas Zwengel Der Raub der Moranerin
5040 Andreas Zwengel Transition ins Gestern
5041 Andreas Zwengel Überfall auf Wasp
5042 Gerd Lange Auf der Suche nach Moran
5043 Gerd Lange Ximenas Martyrium
5044 Manfred H. Rückert Das Geheimnis von Jiron
5045 Andreas Zwengel Die Körperlosen
5046Manfred H. Rückert Gefahr für Sperrkreis 1
5047 Andreas Zwengel Das Erbe der Agaren
5048 Andreas Zwengel Das Bangor-Desaster
5049 Gerd Lange Überfall auf Riedle
5050 Manfred H. Rückert Die Hölle von Bangor
RAUMSCHIFF PROMET – ZU DEN STERNEN
BUCH 50
Die Hölle von Bankor
Manfred H. Rückert
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© 2025 Blitz Verlag
Ein Unternehmen der SilberScore Beteiligungs GmbH
Mühlsteig 10 • A-6633 Biberwier
Redaktion: Gerd Lange
Exposé: Gerd Lange
Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati, Mario Heyer
Logo: Mark Freier
Alle Rechte vorbehalten
eBook Satz: Gero Reimer
www.BLITZ-Verlag.de
ISBN 978-3-68984-364-9
5048 vom 09.03.2025
Prolog
Als am 25. August 2055 der Planet Moran im 5.700 Lichtjahre von der Erde entfernten Kyl-System von Schwarzen Raumern zerstört wird, überleben nur wenige tausend Moraner die Katastrophe. Mehr als vierzig Jahre später wollen sie mit dem Raumschiff Tira die für eine Umsiedelung ideale Sauerstoffwelt Schedo wiederfinden, auf der nach uralten Berichten nur Halbwilde leben sollen. Doch Schedo ist die Erde im Jahr 2089.
Über dem Erdmond entkommt der Moraner Arn Borul als Einziger lebend der explodierenden Tira. Von Peet Orell, dem Sohn des Besitzers der HTO-Raumschiffwerft, gerettet und von Ärzten operativ auf das Seh- und Hörvermögen der Menschen umgestellt, werden Arn und Peet Freunde. Der Moraner entwirft das erste terranische Transitionstriebwerk für Peets Raumschiff Promet, mit dem eine kleine Crew zu ihren Reisen VON STERN ZU STERN ins All startet.
Auf der Suche nach Arns Heimatwelt entdeckt die Promet-Mannschaft hinter Pluto einen vor 1.350 Jahren teilzerstörten Kugelraumer und richtet ihn als Basis I für das Schiff ein. Wenig später stoßen sie im Alpha-Centauri-System auf den Planeten Riddle mit einer unbewohnten Stadt und einer intakten Defensiv-Zentrale, die sich als Basis II anbietet. Der Exodus terranischer Siedler nach Riddle beginnt.
Nach einer Reihe dramatischer Abenteuer, bei denen man die Planeten der Chirr und der Siebenbeiner entdeckt, können die letzten überlebenden Moraner durch Einsatz eines alten moranischen Raumschiffs zum Planeten Suuk in Sicherheit gebracht werden. Doch die wieder aktiven Schwarzen Raumer der Zyklops, die bereits vor 1.350 Jahren unzählige Planeten entvölkerten und vernichteten, sind noch immer die größte Gefahr in der Galaxis. Die erste Promet wird nach einem Kontakt mit einem Carrierschiff der Zyklops zerstört und Ende 2090 durch die größere und auf den neuesten Stand der Technik gebrachte Promet II abgelöst.
Auf der Erde formiert sich eine radikale Gruppierung unter dem Namen Terra den Terranern. Sie agiert gegen interstellare Raumfahrt, Einbürgerungen von Moranern und Kontakten zu Außerirdischen, und schreckt nicht vor Attentaten und Mord zurück.
Die Promet II trifft mit ihrer 22-köpfigen Crew auf Relikte vieler von den Zyklops vernichteter Sternenvölker: Ratiner, S-herer, Bruciden, K’inga und auf den Orff, ein geheimnisvolles Wesen, das ein riesiges Sternenreich beherrscht. Die Nekroniden benötigen sogar nach einer Katastrophe auf ihrem Heimatplaneten terranische Hilfe. Auf dem Planeten Okan wird die seit langem verlassene größte Stadt der Galaxis entdeckt. Die Terror-Organisation Terra den Terranern wird zerschlagen, aber ihre Aktivisten können nach dem Anschlag auf die Silvesterfeier 2092/2093 von Riddle mit unbekanntem Ziel entkommen.
Peet Orell und seine Crew erwecken auf dem Planeten Ankoria die Sieben-Sonnen-Ewigen, die dort als Wächter des Schwarzen Imperiums einst den Palast ihres letzten Herrschers schützten. Dabei kann der Ewige Naugor nicht verhindern, dass von Ankoria aus eine riesige Armada von Schwarzen Raumern mit Heerscharen von Zyklops ins All startet, um ihr vor 1.350 Jahren begonnenes Vernichtungswerk fortzusetzen.
Ein weiteres Sternenvolk, die Galakter, hatte schon vor langer Zeit ein weitläufiges Transmittersystem erschaffen, mit dem einige Promet-Mitglieder nicht nur zu anderen Planeten, sondern sogar durch die Zeit reisen. Ein misslungener Testflug mit dem Nekronidenraumer Nek-X verschlägt Peet, Arn Borul und andere in die Vergangenheit von Riddle. In die Zeitperiode, als die Urbevölkerung der Andorer den Planeten, den sie Andor nannten, evakuieren musste, weil ein Angriff der Zyklops mit den Schwarzen Raumern bevorstand. Nur mit viel Glück kann die Nek-X aus der Vergangenheit in ihre Zeit zurückkehren. Aber diese gewonnenen Erkenntnisse helfen der Promet-Crew, als sie kurz danach einen bewaffneten Konflikt der auf Neu-Andor lebenden Nachkommen der damals geflohenen Andorer mit den insektenartigen Wasps befrieden kann.
Im September 2094 werden zunächst von der Promet II und später von der Moran Raumfahrer durch den Agaren Xarr entführt, dessen Raumschiff Agor III von einem von Ankoria stammenden Zyklops-Raumer verfolgt wird. Sie können Xarr und den Agaren-Raumer sicher zu deren Sprungstation Angar bringen, die eine Passage in die Andromeda-Galaxie ist. Währenddessen taucht der Schwarze Raumer der Zyklops über Kanada auf und vernichtet durch ein Feuerinferno große Teile der HTO-Werft samt Hangaranlagen und Raumschiffen.
Viele Monate später, nach dem Wiederaufbau der Werft, besucht die Promet II den Planeten Merak II. Dort und auf Terra erscheinen erneut Schwarze Raumer, diesmal jedoch mit Naugor und weiteren Ewigen der Sieben-Sonnen an Bord. Die Ewigen bringen alle Beteiligten der früheren Agaren-Rettungsaktion erneut nach Angar, denn die Terraner sollen zukünftig als Erben der Agaren die Sprungstation nach Andromeda verwalten. Zu diesem Großen Plan kommt es nicht, weil sich bei ihrer Ankunft die Station, alle dortigen Agaren-Raumer und auch der Ewige Naugor auf unbekannte Weise plötzlich auflösen. Damit die Terraner am ehemaligen Standort der Sprungstation autark Wache halten zu können, bauen die restlichen Sonnen-Ewigen für die Terraner auf der HTO-Werft zwei Blaue Hantelraumer.
Der misslungene Testlauf eines Anticomp-Gerätes nahe dem Baugelände löst unerwartet das Verschwinden des Ewigen Zwei-Sonnen mitsamt seinem Hantelraumer aus. Er kann gerade noch einen Hilferuf mit Hinweis auf einen unbekannten Planeten in der Plejadenregion absetzen. Die Promet II startet dorthin, um auf Bankor Zwei-Sonnens Schiff zu suchen, stürzt aber bei der Landung über dem Planeten ab. Die Crew kann sich zwar aus dem Wrack retten, hat jedoch keine Möglichkeit, der Erde die genauen Koordinaten von Bankor mitzuteilen. Mögliche Hilfe von Terra verzögert sich zusätzlich, weil eine Raumschiffarmada der Andorer vergeblich versucht, Riddle mit einer Invasion in ihre Gewalt zu bringen.
Die Gestrandeten der Promet II ahnen nicht, dass Zwei-Sonnen währenddessen von seinem havarierten Hantelraumer aus einen anderen Wächter namens Kondar Tenn mobilisieren kann, um die gestrandete Promet-Crew zu retten. Doch das erweist sich als nicht so einfach.
Auch wenn die Aussicht auf Rettung für ihn und seine Crew gering ist, hofft Peet Orell, dass es irgendwann auf Terra eine Promet III geben wird. Auf ihrem Weg ZU DEN STERNEN …
* * *
Nordkontinent des Planeten Bankor,
10.02.2096, 03:38 Uhr Multiarmbandzeit
Seit den frühen Abendstunden fiel Regen und verwandelte die Landschaft in einen schmutzigen graubraunen Morast. Es war Nacht auf dieser Seite von Bankor, dem zweiten von drei Planeten der Sonne Pleione im Sternhaufen der Plejaden. Durch das Fehlen von künstlichem Licht in dieser Wildnis war der Nachthimmel besser erkennbar. Dunstschleier trübten die Atmosphäre und verdichteten sich hoch oben am Himmel zu dunkelgrauen Wolkenfetzen. Ab und zu rissen die Wolken an abwechselnden Stellen für wenige Sekunden auf, und auf dem Hintergrund des Alls glitzerten Sterne. Sie wirkten wie eine Handvoll achtlos hingeworfene Edelsteinsplitter auf einer schwarzblauen Samtdecke. Gleich darauf herrschte wieder tiefe Dunkelheit und die Wolken verdichteten sich erneut. Schließlich schloss sich die Wolkendecke völlig und der alte, schlanke Mann konnte die Hand nicht mehr vor den Augen sehen.
Der hochgewachsene Moraner lief langsam durch den in den letzten Stunden schwächer gewordenen Niederschlag auf eine Erhebung zu, immer am Rand des Urwalds entlang, um vor den Wassermassen geschützt zu sein, die ohne Pause herabprasselten. Auf der anderen Seite floss ein Bach und sorgte für einen dünnen baumfreien Streifen inmitten des endlos erscheinenden Waldes. Das schlechte Wetter schien dem Mann nichts auszumachen, er trug einen leichten Raumanzug, in dem er unglaublich mager wirkte. Eine im Brustteil des Anzugs angebrachte Lampe leuchtete ihm den Weg. Eine zweite Lichtquelle war an seinem Schutzhelm angebracht. Sie war notwendig, um bei den bestehenden Verhältnissen nicht auszurutschen. Er stand mehrmals mit beiden Stiefeln in zähflüssigem Wasser, das sich in den Mulden und Spalten des Bodens sammelte und vom Wind gepeitscht in Richtung Horizont wirbelte.
Der Pfad war schlammig, immer wieder musste der Mann großen Pfützen ausweichen. Vorsichtig ging er weiter. Bei jedem Schritt gab der Morast schmatzende Laute von sich. Sturmwind heulte auf, dunkel rauschte der Regen. Unter einer Baumgruppe am Bach blieb er stehen und schaute sich prüfend um. Die Ebene vor sich konnte er kaum ausmachen, dazu war die Dunkelheit zu tief. Das provisorische Feuer bei den beiden Zelten auf der anderen Seite, wo er gerade hergekommen war, konnte er von hier aus kaum noch erkennen. Er blickte nach oben und verzog das Gesicht. Erneut beobachtete er den Nachthimmel und versuchte, an den Sternkonstellationen zu erkennen, wo er sich befand. Aber es gab kein einziges Sternbild, das er erkannte. Das war keineswegs eine spektakuläre Entdeckung. Man brauchte sich nur wenige Dutzend Lichtjahre von der Erde zu entfernen, und schon verschoben sich die bekannten Sternbilder bis zur Unkenntlichkeit.
Das dichte Blätterdach hielt den größten Teil des Sturzregens ab. Ohne diesen natürlichen Schutz konnten ihn Wind und Niederschlag umwerfen. Die Finsternis war im Augenblick allumfassend, dennoch sollte er bei Sonnenaufgang bestimmt einen guten Überblick über die Umgebung erhalten, denn vor ihm breitete sich eine kleine Lichtung aus.
„Ein guter Platz“, flüsterte er, schaute sich noch einmal prüfend um und setzte sich direkt auf einen vom letzten Sturm gefällten Baumstamm, denn der verschlammte Boden lud nicht zum Sitzen ein. Er atmete tief ein und deaktivierte die Anzugbeleuchtung. Dann legte er den Kopf leicht schräg nach rechts und deckte mit der linken Hand den Verband für seine Stirnverletzung ab. Die hatte er sich vor zwei Tagen bei der Explosion im Anticomp-Testgewölbe auf dem Gelände der HTO auf Terra zugezogen. Die Führung der HTO-Corporation hatte dort ein geheimes Experiment durchgeführt, das außer Kontrolle geraten war und dem Raumschiff des Ewigen Zwei-Sonnen schweren Schaden zugefügt hatte. Er, Thosro Ghinu, der dem Anticomp-Apparat am nächsten gewesen war, hatte eine große Schnittwunde an der Stirn erlitten und eine weitere am Unterarm, mit dem er versucht hatte, seine Augen zu schützen.1
Er genoss die dicken Regentropfen, die sein Gesicht trafen und über den Nacken hinabliefen. Kurz dachte er an seine Begleiter in den beiden Zelten und daran, dass er sich ziemlich unvorsichtig verhielt. In Wirklichkeit war es weit mehr als das, seine Weggefährten würden es selbstmörderisch nennen oder gar idiotisch und ihm zurecht Vorhaltungen machen, wenn sie davon erfuhren. Trotz seiner großen Erfahrung begab er sich fast ungeschützt auf einem unbekannten Planeten in Lebensgefahr. Er wollte es fast selbst nicht glauben, dass er zu einer solchen Dummheit fähig war. Doch Thosro Ghinu, der alte moranische Wissenschaftler, konnte nicht anders. Eine ungewohnt große innere Unruhe erfüllte ihn, seit die Zelte standen und die Wachen eingeteilt waren. Er konnte weder schlafen noch sich ruhig verhalten. Er musste ganz einfach agieren, sonst hätte es ihn innerlich zerrissen. Der Absturz von Peet Orells Raumschiff Promet II auf Bankor und die Hoffnung, von hier zu entkommen, drängte ihn zu einer Maßnahme, die er nur allein und unter höchster Konzentration durchführen konnte. Die Gesellschaft seiner Begleiter behinderte ihn dabei nur und sorgte dafür, dass er den erwünschten Kontakt nicht bekommen konnte. Er wusste selbst nicht, ob sein Unternehmen gelang, aber er musste es einfach versuchen. Ob er die Kraft oder auch die Gelegenheit für eine Konzentration dieser Stärke bekommen würde, war ungewiss. Also nahm er sich vor, die Chance zu ergreifen, damit er sich später keine Vorwürfe machen musste.
Selbstverständlich war er nicht so naiv, dass er sich allein auf seine Instinkte verlassen konnte. Bei dem, was er vorhatte, war er schutzlos allem ausgeliefert, was im Urwald umher schlich. Zwar war es unwahrscheinlich, dass er bei diesem Wetter angegriffen wurde, doch er rechnete auch dieses Szenario in seine Pläne mit ein. Thosro vertraute der Technik, die er am Körper trug. Als Warninstrument vor umherstreifenden Tieren fungierte sein Multiarmband, das er am linken Handgelenk trug. Dieses diente in erster Linie als Kommunikationsgerät, enthielt daneben zusätzlich zahlreiche Sensoren und Anzeigen. Das Armband besaß zudem eine Taschenlampe und einen Chronometer, wobei er sicher war, dass er Letzteres in der Nacht nicht benötigte.
Der Moraner versuchte, sich durch bekannte Schaltworte zu entspannen und Traumfragmente der Kosmischen Essenz in sich aufzunehmen und zu verarbeiten. Er hoffte, dass es ihm gelang, sich in einen Traum des Mysteriums einzufühlen, sodass er eine Antwort erhielt oder zumindest ein Gefühl dafür, wie es weitergehen konnte. Bei der Kosmischen Essenz handelte es sich seines Wissens um ein übergeordnetes universelles Gedächtnis von bisher unbekannter Herkunft. Mit diesem Medium war es selbst über Raum und Zeit hinweg möglich, zwischen Individuen durch Traumphasen Wissen und Erinnerungen zu übermitteln. So konnten diese Informationen von einem Individuum zum anderen wandern, sogar auf einem anderen Planeten oder Sonnensystem, und damit zum Teil der eigenen Erinnerung werden. Soweit Ghinu es wusste, waren zu einem aktiv beeinflussbaren Traumkontakt mit der Kosmischen Essenz nur wenige Wesen im Universum fähig. Und das auch nur unter besonders günstigen Voraussetzungen. Ob diese Bedingungen heute präsent waren, musste sich in den nächsten Minuten erweisen. Ghinus letzter Kontakt war nicht von ihm selbst ausgelöst worden, sondern durch ein Wesen zustande gekommen, das sich selbst Tyzar, der Zeitlose nannte, weil dieser von Ghinu eine Art Leumundszeugnis bezüglich der Promet-Besatzung benötigt hatte.2
Dabei hatte Ghinu schon bei früheren Gelegenheiten erfahren, dass er zu den wenigen Auserwählten gehörte, denen es in dieser Galaxie gestattet war, Kontakte zur Kosmischen Essenz zu pflegen. Doch noch nie hatte er jemandem davon erzählt. Nun benötigte Thosro die Hilfe jenes geheimnisvollen Tyzar, um den richtigen Weg zu finden, damit er sich und die gestrandeten Freunde aus ihrer katastrophalen Lage retten konnte. Immer wieder kehrten seine Gedanken zum Absturz der PrometII zurück. Zu dem unglaublichen Glück, dass dabei niemand verletzt wurde. Diese Gedanken verhinderten jedoch, dass er sich auf die erforderliche Konzentration einlassen konnte.
Thosro versuchte, durch bewusste Verlangsamung seiner Atmung Einfluss auf das Versinken in die Traummeditation zu finden. Er hatte schon seit fast sechs Jahren aktiv keinen Kontakt mehr zur Kosmischen Essenz gesucht. Eine Verbindung, die er letztmalig im April 2090 aufgenommen hatte, um dem mit der Tira verschollenen Arn Borul die Koordinaten des Planeten Suuk zu übermitteln.3
Natürlich war es ihm nach der Rettung des moranischen Volkes nicht verborgen geblieben, dass Arn stets vermutet hatte, dass er, sein alter Meister Thosro Ghinu, hinter dem Koordinaten-Traum gesteckt hatte. Aber sie hatten bis jetzt nie darüber gesprochen. Arn, weil er sich seines Verdachts nicht sicher war und Thosro, weil er nicht alle seine Geheimnisse aufdecken wollte.
Vielleicht war das ein Fehler gewesen, denn von allen Freunden steht mir nur Arn so nahe, dachte der Moraner und sog tief Luft ein. Das Gasgemisch der Bankor-Atmosphäre war in der Zusammensetzung bis auf einige Stellen hinter dem Komma identisch mit dem von Terra, Moran oder Suuk. Die Gerüche und Geräusche auf Bankor unterschieden sich jedoch von allem, was Thosro in seinem langen Leben kennengelernt hatte. Er empfand es trotz des Unwetters als Glück im Unglück, dass er auf einen geschlossenen Raumanzug verzichten konnte. Nach den langen Jahren der Abgeschiedenheit in den unterirdischen Bereichen der Low-Forschungsanlage im Paily-Massiv auf Moran schätzte er Wind und Regenfälle umso mehr. Heute noch kamen sie ihm wie Wunder vor, die er ausgiebig genießen und nie wieder missen wollte. Thosro hob die Hände in die Höhe und drückte sie fest gegen die Ohren, dabei summte er eine alte moranische Melodie. Endlich ging sein Atem langsamer und die Gedanken flossen träge dahin, bis sie fast zum Erliegen kamen. Eine unnatürliche Ruhe erfüllte den alten Mann, die er sehr genoss.
Vor seinen inneren Augen stellte er sich die Situation vor der Katastrophe vor. In solchen Augenblicken der völligen Konzentration konnte er sogar die Lage vergessen, in der er sich befand. Ghinu wandte seine Aufmerksamkeit auf das Bild der Planetenoberfläche, das er kurz vor dem Absturz erhalten hatte. Thosro hatte den Eindruck, dass die Pflanzen, die auf dem Nordkontinent wuchsen, ihre Farbe allmählich veränderten. Das konnte aber auch auf den unterschiedlichen Lichteinfall zurückzuführen sein. Wolkenschatten kamen selbstverständlich in Betracht, denn der Himmel über diesem Gebiet wechselte ständig sein Aussehen.
Von einem Augenblick zum nächsten änderte sich etwas an seinem Zustand des absolut von allem gelöst Seins. Er hätte es anderen gegenüber nicht genau benennen können, er fühlte es eher. Impulse strömten aus der Finsternis, drangen zu ihm vor und umhüllten ihn. Erfüllten ihn. Kein Gedanke wurde hörbar, aber ein Fluidum der Gewissheit, ein schwer bestimmbares mentales Raunen durchzog das Bewusstsein des Moraners. Seine Bitte war gehört worden und wurde gerade beantwortet. Er wusste, dass man Gedanken anderer so wenig hörte, wie man den Inhalt von Bildern roch oder Entfernungen schmecken konnte. Sie entstanden im Bewusstsein des Empfängers wie ein Murmeln. Gedanken waren wie ein Brunnen, dessen austretendes Wasser über die Dinge floss und ihre Umrisslinie tastend nachbildete.
In Thosros bewusster Denkfähigkeit entstand eine flüsternd-säuselnde Stimme und ein Gedankenbild, das ihm in seiner Meditation den genauen Weg auf diesem Planeten zu einem Raumschiff wies, das ebenso wie die Promet abgestürzt war, dies allerdings schon viele Jahre zuvor. Die Hülle des schwer beschädigten Wracks sah alt aus, es schien natürlich in erster Linie vom Absturz sowie von unzähligen Regenschauern und Sandstürmen zermürbt zu sein. Es befand sich auf jeden Fall nicht im Urwald, die nächsten Bäume standen weit entfernt. Der Hintergrund des Bildes erschien unscharf und verwaschen, so als ob nur der Vordergrund wichtig war.
Was bedeutet das?, fragte er die hauchende Gedankenstimme, die zweifellos zu Tyzar gehörte. Doch er bekam keine Antwort. Stattdessen erhielt er einen Blick von der Schleuse aus in das Innere des abgestürzten Raumschiffs, wobei ihm viele Funktionen bekannt vorkamen. Er verglich es mit einem Zoom, der ihm durch die Art seiner Reise die Szene vor Ort erklären wollte. Immer wieder pendelte die imaginäre Optik hin und her, damit er einen vollständigen Überblick erhaschen konnte. An einer Stelle hielt das Bild in der Bewegung inne und zeigte ihm deutlich mehrere Kälteschlafkammern. Thosro war gespannt, welche Intelligenzen sich in Kryostase befanden. Die Zoom-Einstellung ging unendlich langsam weiter, als sollte so seine Spannung gesteigert werden. Anscheinend sollte ihm dadurch alles besser erklärt werden. Der Blick auf ein Wesen in einer der Überlebenskammern ließ ihn während der Konzentration zusammenzucken. Das ist ein Siebenbeiner, dachte er. Der fliegende Adler. Letzteres bezog sich auf die mehr als 16 Lichtjahre von Sol entfernten Sonne Altaïr, die zusammen mit Wega und Deneb das Sommerdreieck bildete. Dort lebte dieses Volk, dessen Mitglieder auf den ersten Blick nicht wie intelligente Wesen aussahen.
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