Professor Zamorra 1297 - Ian Rolf Hill - E-Book

Professor Zamorra 1297 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

"Lass uns den verdammten Wald niederbrennen!"
Mit diesen Worten rannte Gerd Trost bei Dumitru Olaru offene Türen ein.
"Ist der Schandfleck erst von der Erde getilgt, kann dort etwas Neues entstehen. Etwas Gutes, vor dem sich weder Touristen noch Einheimische fürchten müssen."
Dumitru wedelte ungeduldig mit der Hand. "Lass gut sein, Gerd. Du hattest mich schon beim Wort 'Niederbrennen'. Das hätte schon längst jemand tun müssen. Hoia-Baciu hat genug Menschenleben gefordert. Wann soll es losgehen?"
"Jetzt! Ich habe bereits alles Nötige besorgt ..."


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Seitenzahl: 127

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Blutgericht der Leichenfresser

Leserseite

Vorschau

Impressum

Blutgericht der Leichenfresser

von Ian Rolf Hill

»Lass uns den verdammten Wald niederbrennen!«

Mit diesen Worten rannte Gerd Trost bei Dumitru Olaru offene Türen ein.

»Ist der Schandfleck erst von der Erde getilgt, kann dort etwas Neues entstehen. Etwas Gutes, vor dem sich weder Touristen noch Einheimische fürchten müssen.«

Dumitru wedelte ungeduldig mit der Hand. »Lass gut sein, Gerd. Du hattest mich schon beim Wort ›Niederbrennen‹. Das hätte schon längst jemand tun müssen. Hoia-Baciu hat genug Menschenleben gefordert. Wann soll es endlich losgehen?«

»Jetzt! Ich habe bereits alles Nötige besorgt!«

Dumitru Olaru verschluckte sich beinahe an seinem Bier. Bevor er seinem Gegenüber den Gerstensaft ins Gesicht spuckte, hielt er sich die Hand vor den Mund. Er schaffte es sogar, den Humpen abzusetzen, ehe er einen mittelschweren Hustenanfall erlitt.

Misstrauisch und furchtsam, so als könne jemand ihr Gespräch belauschen, schaute er sich in der Kaschemme um. Es war ein Gasthof, nach dem sich jeder Tourist, der sich hierher nach Siebenbürgen, dem sagenumwobenen Transsylvanien, verirrte, alle zehn Finger leckte. Er lag in der Altstadt von Cluj-Napoca, dem ehemaligen Klausenburg, in einem zweistöckigen Fachwerkbau, der in einen Hang hineingebaut war. Die abschüssige Straße, die am Goldenen Hirsch vorbeiführte, war schon so manchem Zecher zum Verhängnis geworden.

»Jetzt?«, echote Dumitru.

»Ja, jetzt! Was spricht dagegen? Du hast doch selbst gesagt, dass es schon längst jemand hätte tun sollen.«

»Ja, schon. Aber ...«

»Was aber? War das nur so dahingesagt? Große Schnauze, nichts dahinter, oder was?«

Dumitru lief rot an. Er hatte noch nicht genug Alkohol intus, um die Beherrschung zu verlieren. Vielleicht hätte er seinem Gegenüber trotzdem ein paar Takte erzählt, hätte der nicht versprochen, seinen Deckel zu bezahlen.

»Wie willst du es machen?«

»Wirst du schon sehen. Kommst du jetzt mit oder kneifst du?«

Dumitru Olaru leerte den Humpen in einem Zug. »Noch ein Bier, dann ...«

»Nichts da! Besoffen kann ich dich nicht gebrauchen. Ich dachte, du wolltest dazugehören? Oder bist du doch bloß eines dieser ahnungslosen Schafe, die ihre Augen vor der Wahrheit verschließen? So lange, bis es zu spät ist.«

Gerd Trost bewegte kreisend den Kopf, um unauffällig auf die übrigen Gäste zu deuten. Der Deutsche war ein charismatischer Mann mit grau melierten Haaren. Fünfundvierzig Jahre alt, alleinstehend. Seine Frau hatte ihn bereits vor acht Jahren verlassen. Zwei Jahre nach der Geburt ihrer Tochter Samantha.

Natalie war auch eines jener Schafe, mit denen Gerd alle Menschen betitelte, die nicht an das Übernatürliche glaubten. An die Existenz von Dämonen, Untote und Magie. Umso wichtiger war es, dass es Leute wie ihn gab. Einen Hirten, der über die Herde wachte. Einen Beschützer, der selbstlos tat, wovor andere zurückschreckten.

Dumitru hatte Gerd im Internet kennengelernt und ihm vom Hoia-Baciu erzählt, dem geheimnisvollen Wald in der Nähe von Cluj-Napoca, der nicht umsonst als das Bermuda-Dreieck Europas galt. Die Zahl der Menschen, die dort bereits verschwunden waren, war Legion.

Zuletzt hatte es einen Schäfer erwischt, der auf der Suche nach einem verlorenen Lamm den Wald betreten hatte und seitdem nicht wieder aufgetaucht war. Nur das Lamm war angeblich aus dem nebligen Unterholz getrottet, als wäre nichts geschehen.

Dumitru starrte in den leeren Bierhumpen, an dessen Innenseiten die Reste des Gerstensaftes in dicken Schlieren nach unten rannten und sich am Boden sammelten.

»Vielleicht können wir den Wald von einem Priester segnen lassen.«

»Nein, verdammt!«

Gerd schlug mit der Faust auf den Tisch. So laut, dass nicht nur Dumitru, sondern auch die Gäste am Nebentisch erschrocken zusammenzuckten.

Der Deutsche warf den Männern einen finsteren Blick zu. Rasch wandten sie sich ab und vertieften sich in ihr Gespräch. Verstohlen musterten sie Gerd und Dumitru aus den Augenwinkeln.

»Keine Pfaffen! Kein Hokuspokus!«, schnarrte Trost und stand auf. Er holte sein Portemonnaie hervor, zählte zwei Scheine ab, warf sie auf den Tisch und stellte Dumitrus leeren Humpen darauf. »Ganz oder gar nicht.«

Dumitru starrte auf den Krug, dann lenkte er den Blick hinauf zu Gerds Gesicht. Langsam nickte er. »Also schön, ich komme mit!«

Wie fatal diese Entscheidung war, sollte Dumitru keine zwei Stunden später am eigenen Leib erfahren. Doch da war es für ihn längst zu spät.

»Warum ist bisher eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen, den Wald anzuzünden?«, wollte Gerd wissen, während er den Amarok über die E81 nach Westen steuerte. Dorthin, wo sich der Hoia-Baciu auf einer Fläche von knapp dreihundert Hektar ausbreitete.

Dumitru zuckte mit den Achseln und tastete nach dem Flachmann in der Innentasche der Lederjacke, traute sich aber nicht, ihn hervorzuholen. »Keine Ahnung. Wahrscheinlich glauben die Leute selbst nicht daran. Ich meine, dass es in dem Wald spukt. Und die, die es tun, haben Angst.«

»Wovor?« Gerd warf seinem Beifahrer einen raschen Blick zu. »Vor der Rache der Geister?«

Dumitru nickte stumm. Trost lachte gehässig.

»Abergläubisch, feige oder ignorant. Deshalb haben die Dämonen auch leichtes Spiel. Aber nicht mit uns, mein Freund. Nicht mit uns, das schwöre ich dir.«

Der junge Rumäne nagte an der Unterlippe. »Wo sind denn die anderen?«

»Welche anderen?«, fragte Gerd, ohne den Blick von der Straße abzuwenden. Trotz der fortgeschrittenen Abendstunde herrschte auf der Umgehungsstraße reger Verkehr.

»Na, die anderen aus der Gruppe.«

Gerd schnaubte verächtlich. »Die meisten reißen bloß das Maul auf. Sobald es ernst wird, kneifen sie. Und die, die es ernst meinen, sind mit anderen Dingen beschäftigt. Glaub ja nicht, dass der Hoia-Baciu die einzige Baustelle ist.« Trost grinste Dumitru an. »Aber wie viele Leute braucht man wohl, um einen Wald in Brand zu stecken?«

Dumitru schwieg. Er war so in Gedanken versunken, dass er fast die Ausfahrt verpasste. »Hier musst du abbiegen!«, rief er im letzten Moment.

Gerd riss das Lenkrad herum. Die Reifen des Amarok wimmerten über den Asphalt. Ein entgegenkommendes Fahrzeug, dem er die Vorfahrt nahm, hupte.

Trost verpasste dem jungen Rumänen einen Schlag auf den Hinterkopf. »Reiß dich gefälligst zusammen!«

Olaru nickte fahrig. Sie folgten der Stradă Fabricilor nach Süden, bogen hinter der Bahntrasse rechts ab und erreichten zehn Minuten später die Stradă Cabanei, die mitten in den Wald hineinführte.

Schon beim Anblick des düsteren Forstes, der bei Nacht wie eine schwarze Mauer vor ihnen aufragte, bekam Dumitru Herzrasen. Ein eisiger Ring legte sich um seine Brust, schnürte ihm die Luft ab.

Da Mond und Sterne hinter einer dicken Wolkendecke lagen, wirkte der Wald düsterer, als er ohnehin schon war. Im Sommer war es sogar noch schlimmer. Waren die Kronen erst belaubt, fiel selbst bei Tage kaum ein Lichtstrahl auf den Boden. Jetzt, im Winter, waren die Äste zwar kahl, doch dadurch wirkten die Bäume nur gespenstischer.

Jemand, der nicht über den Hoia-Baciu Bescheid wusste, sah wahrscheinlich bloß eine Ansammlung von Buchen, Eichen, Erlen und Birken. Dumitru Olaru hingegen spürte das Böse, das zwischen den Bäumen lauerte, verborgen hinter dichten Nebelschwaden, die aus dem feuchten Waldboden krochen, der bedeckt war von einer Schicht halb vermoderten Laubes.

»Wohin jetzt?«, fragte Gerd.

Dumitru hob den Kopf und deutete mit dem Kinn auf die Straße. »Noch ein Stück die Straße runter. Gleich müsste die Zufahrt zu einem Forstweg kommen.«

Der junge Rumäne sollte recht behalten. Im Scheinwerferlicht tauchte ein Schlagbaum auf, der mit einem Schloss gesichert war.

Trost stoppte, stieg aus und öffnete die Hintertür. Dort lag die Flex, die er vorsorglich mitgebracht hatte. Funken sprühten, als sich das Blatt kreischend durch den Bügel fraß. Kurz darauf war der Weg frei.

Gerd verstaute das Werkzeug im Fußraum hinter dem Fahrersitz. Dumitru war sitzen geblieben und nutzte die Gelegenheit, um heimlich einen Schluck aus dem Flachmann zu nehmen.

»Ich ... habe nachgedacht«, murmelte der Rumäne.

»Ach ja?«, meinte Gerd gelangweilt. »Worüber?«

»Vi-vielleicht sollten wir den Wald nicht nur an einer Stelle anzünden. Nicht nur von innen, meine ich. Sondern auch von außen.«

»Gute Idee«, stimmte Gerd zu. »Machen wir, sobald wir hier fertig sind.«

Dumitru seufzte. Seine Hoffnung, er bräuchte den Wald nicht zu betreten, zerplatzte wie eine Seifenblase. Gerd lächelte grimmig. Schon allein daran erkannte der Rumäne, dass ihn Trost durchschaut hatte.

Plötzlich bekam Dumitru Angst vor der eigenen Courage.

Der Amarok holperte über den dunklen Waldweg. Neben einem Ansitz stoppte Gerd den Pickup und stieg aus. Außer der Flex lagen auf dem Rücksitz zwei schwere Handscheinwerfer, von denen er Dumitru einen reichte.

Der zog fröstelnd die Schultern hoch. Die Angst sorgte dafür, dass er die winterliche Kälte noch intensiver spürte. Ein schwacher Wind fuhr durch die Äste, die aneinanderschabten und raschelten. Es hörte sich an wie das Wispern und Flüstern von Geistern.

Bewegte sich da nicht etwas in den Nebelschwaden?

»Was ist?«, blaffte Gerd ihn an. »Willst du da anwachsen?«

»N-nein«, keuchte Dumitru. »I-ich komme.«

»Hoffentlich«, knurrte Gerd und sprang über den Graben. Er stapfte durch das feuchte Laub.

»Ich glaube kaum, dass der Wald brennen wird«, wagte er einen letzten Widerspruch.

Sämtliche Großkotzigkeit, die er noch vor einer Stunde im Goldenen Hirsch an den Tag gelegt hatte, war verpufft.

»Er wird brennen!«, versicherte ihm Gerd. »Dafür habe ich gesorgt. Auf der Ladefläche stehen nicht nur ausreichend Benzinkanister, sondern auch Strohballen. Die brauchen wir bloß unter zwei drei Bäumen aufzuschichten, den Rest erledigt der Wind. Die Kronen sind trocken genug.«

Vor einer knorrigen Eiche, deren Stamm durch einen Blitzschlag gespalten und innen hohl war, blieb Trost stehen. »Hier fangen wir an. Los hol die Ballen!«

»U-und was ist mit dir?«

»Ich komm gleich nach. Muss mal pissen!«

Damit ließ Trost seinen Kumpan stehen und verschwand zwischen den Büschen. Der Strahl seines Halogenscheinwerfers tanzte wie ein geisterhaftes Irrlicht durch die Dunkelheit.

Dumitru wurde speiübel. Am liebsten hätte er sich übergeben.

Wie konnte Gerd nur so leichtsinnig sein?

Auf dem Absatz machte er kehrt, rannte zurück zum Amarok.

Er stolperte mehrmals, hielt sich aber auf den Beinen. Der Atem kondensierte vor seinen Lippen. Endlich erreichte er den Wagen. Mit zitternden Fingern holte er den Flachmann hervor, schraubte den Deckel auf und trank einen Schluck Sliwowitz. Nachdem die Taschenflasche leer war, öffnete Dumitru die Heckklappe und – erstarrte.

Die Ladefläche war leer!

Verständnislos schüttelte der junge Rumäne den Kopf.

Was ging hier vor sich? Wo waren die Strohballen und Benzinkanister, von denen Gerd gesprochen hatte?

Ein furchtbarer Verdacht befiel Dumitru.

Der Deutsche hatte ihn verarscht. Wahrscheinlich war er das Opfer irgendeiner bescheuerten Challenge geworden, und morgen würde das Video von dem rumänischen Deppen, der sich vor Angst fast in die Hosen geschissen hatte, viral gehen.

Und dabei hatte er gehofft, in Gerd tatsächlich einen Gleichgesinnten gefunden zu haben. Jemanden, der sein Dilemma verstand.

Dumitru hätte sich vor Wut am liebsten selbst in den Hintern gebissen. Wie der letzte Vollidiot war er auf Trost hereingefallen, hatte ihm im Chat sein gesamtes Leid geklagt. Wie seine Schwester während einer Mutprobe mit ihrer Clique Großstadtzicken nachts in den Hoia-Baciu gegangen und nie wieder zurückgekehrt war.

Tränen der Scham und der Wut brannten in seinen Augen. Der Ärger vertrieb die Angst. Zornig wirbelte Dumitru herum und stürmte dorthin, wo er Gerd zuletzt gesehen hatte.

Finsternis umgab ihn. Nicht der geringste Lichtstrahl erhellte die Dunkelheit.

»Trost, du mieser Wichser!«, brüllte Dumitru. »Komm raus, dann mach ich dich fertig!«

Aber Gerd kam nicht. Weder allein noch mit irgendeinem Helfer, der eine Kamera auf ihn richtete, um ihn zu filmen. Vermutlich sogar als Livestream.

Dumitru ließ den Strahl des Halogenscheinwerfers über das Unterholz gleiten. Wo war Trost pinkeln gegangen? Weiter links, oder?

Olaru schwenkte den Arm. Der Lichtstrahl machte die Bewegung mit, strich über immergrüne Büsche und reflektierte auf der zähen Flüssigkeit, die von den Blättern einer Stechpalme tropfte.

Blut!

Dumitru ächzte. Bis ihm klar wurde, dass dies wahrscheinlich Teil der Show war. Er kannte diese Videos zur Genüge. Hatte sich selbst oft genug über die Deppen schlapp gelacht, die sich an der Nase herumführen ließen. Bislang hatte er das jedoch für Schauspielerei gehalten. So dämlich konnte doch niemand sein. Jetzt war er der Depp. Und scheiße, war er dämlich.

Plötzlich stutzte Dumitru.

Er hatte etwas gerochen. Einen penetranten Gestank, den er eigentlich nur aus wärmeren Jahreszeiten her kannte. Wenn einer der Nachbarn sein vergammeltes Fleisch in die Mülltonne geworfen hatte und einem die Maden entgegenkrochen, sobald man den Deckel öffnete.

Mit einem Schlag kehrte die Angst zurück.

Dumitru hätte es niemals vor sich selbst zugegeben. Schon allein aus Furcht, zum Gespött des Internets und damit der ganzen Welt zu werden.

»Ich scheiß auf dich, Trost«, brüllte er daher in den Wald, fuhr herum und rannte zurück zum Amarok, der noch immer auf dem Waldweg stand.

Der Lichtstrahl des Halogenscheinwerfers tanzte im Rhythmus seiner Schritte auf und ab.

Dumitru Olaru war in Schweiß gebadet, als er den Pickup erreichte. Sein Herz hämmerte, sein Atem ging schwer und keuchend.

Der Rumäne riss die Tür auf, schaltete den Scheinwerfer aus und warf ihn auf den Beifahrersitz, ehe er sich hinter das Steuer hangelte und nach dem Zündschlüssel tastete.

Er griff ins Leere.

Gerd Trost, dieser gottverdammte Hurensohn, hatte die Schlüssel mitgenommen!

Dumitru umklammerte das Lenkrad und legte für Sekunden die Stirn auf den Ring. Dann brüllte er frustriert, wackelte am Steuer und trampelte mit den Beinen.

Unvermittelt hielt er inne und schnupperte.

Der Gestank war noch immer vorhanden. Und nicht nur das, er war sogar noch intensiver geworden. So als ob auf der Rückbank der verrottete Kadaver eines Wildschweins liegen würde.

Dumitru wagte nicht, sich umzudrehen. Sein Blick glitt zum Rückspiegel, in dem sich etwas bewegte. Etwas Großes, Glänzendes.

Das Letzte, was Dumitru Olaru in seinem zweiundzwanzigjährigen Leben hörte, war das Kreischen der Flex, deren Scheibe seine Halswirbel durchtrennte wie Butter.

»Es sind Leichenfresser, Erdmann! Ghouls, verstehst du? Der ganze verdammte Wald wimmelt vor denen! Bin ihnen selbst nur mit knapper Not entkommen. Hätten mich fast erwischt.«

Erdmann Günther hatte jedes Wort verstanden, er war schließlich nicht taub.

Und so war er dem Hilferuf seines alten Kumpels Gerd Trost nach Cluj-Napoca gefolgt. Er wäre gerne früher gekommen, doch zu der Zeit, als ihn die Nachricht seines Freundes erreichte, hatte er sich im Harz auf die Spur eines ghoulischen Hexenzirkels gesetzt und das Gesocks mit Mann und Maus eliminiert.

Davor hatte er in New Orleans geweilt, wo er ein ganzes Dorf von Zombies dem Erdboden gleichmacht hatte. Die Aktion war ein voller Erfolg gewesen, denn dabei hatte es nicht nur eine Enklave Untoter erwischt, sondern auch einen gefährlichen Voodoo-Dämon sowie eine Handvoll Ghouls1.

Jene leichenfressenden Dämonen, die offenbar auch im Geisterwald von Klausenburg ihr Unwesen trieben und mit denen Erdmann eine persönliche Rechnung zu begleichen hatte.

Deshalb hatte er auch alles stehen und liegen gelassen und war nach Hause gereist. Kaum dort angekommen, hatte er sich mit seinem klapprigen Fiat auf den Weg nach Rumänien gemacht. Zusammen mit Mister Silver, seinem treuen Gefährten, der zusammengerollt im Kofferraum lag und nur ab und zu den Kopf hob, um aus dem Fenster zu schauen.

Silver war ein Kampfhund. Ein Rottweiler, dem sein Vorbesitzer die Fangzähne gezogen hatte, weil er sich geweigert hatte zu kämpfen. Er wäre schon längst getötet worden, hätte Erdmann ihn nicht unter seine Fittiche genommen und ihm ein Upgrade verpasst, dem der Hund seinen Namen verdankte. Mister Silver besaß Fangzähne aus purem Silber!