Rauhnacht in Schweinhütt - Eine Gruselgeschichte aus dem Bayerischen Wald - Daniel Perl - E-Book

Rauhnacht in Schweinhütt - Eine Gruselgeschichte aus dem Bayerischen Wald E-Book

Daniel Perl

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Beschreibung

Nach neunundzwanzig Jahren treffen sich fünf Männer, die in ihrer Kindheit gut befreundet waren, während der Rauhnächte in ihrem Heimatdorf Schweinhütt im Bayerischen Wald an ihrem ehemaligen Lieblingsort im Dorf wieder. Anfangs wirkt dieses Wiedersehen wie eine Reise zurück in die Kindheit, doch je mehr sie sich an ihre Kindheit in diesem Dorf erinnern, desto mehr wird ihnen klar, dass dieses Treffen kein Zufall ist. Irgendwer oder Irgendetwas hat sie zurück in dieses Dorf gelockt und die ehemaligen Freunde müssen feststellen, dass es aus dem Dorf kein Entkommen gibt. Schon bald lauern ihnen grässliche Gestalten auf, die sie bis jetzt nur für Mythen und Legenden aus dem Bayerischen Wald hielten und trachten ihnen nach dem Leben. Für die fünf Männer beginnt damit ein Kampf auf Leben und Tod, bei dem Gott ihnen hoffentlich beisteht.

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Rauhnacht in Schweinhütt

Daniel Perl

Text und Gestaltung: Copyright by Daniel Perl

Verlag:

Daniel Perl

c/o Gustav Perl

Wannisweg 4

94209 Regen

Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Inhaltsverzeichnis

Das Treffen...........................................................................S. 1 Die Erinnerung......................................................................S. 8 Die Zeit nach dem Dorf......................................................S. 32 Das Familientreffen............................................................S. 45 Der Grund...........................................................................S. 68

Die erste Begegnung...........................................................S. 98 Dunkle Erinnerungen........................................................S. 110 Das Geständnis.................................................................S. 168 Der Unfall.........................................................................S. 179 Die Mythologie des Bayerwaldes......................................S. 200 Die Geschichte von Schweinhütt......................................S. 221 Ein hoffnungsloser Kampf?..............................................S. 237 Es bleibt alles beim Alten.................................................S. 276

Das Treffen

>> Hm, für Kinder ist es hier sicher toll zu spielen. << denkt sich Daniel während er den großen Felsenabhang vor sich betrachtet. Er ist wahrlich etwas besonderes, denn er befindet sich inmitten des Waldes mit einer Höhe von über vier Metern und einer Breite von dreieinhalb Metern. Rechts und links führt ein steiler Waldweg um ihn herum und ungefähr zwei Meter von ihm entfernt befinden sich mehrere Bäume. Das Auffälligste neben seiner Größe ist vor allem der Aufbau des Felsenabhangs, denn er bildet eine Art Mauer inmitten des Waldes mit zwei kleinen Felsen in seiner Mitte, von denen sich einer rechts und einer links befindet. Der Felsenabhang eignet sich perfekt als Versteck für kleine Räuber oder Ritter oder was auch immer Kinder gerne spielen, jedoch stellt sich für Daniel die Frage, was er an diesem Felsenabhang macht, denn mit seinen neununddreißig Jahren ist er für Räuberspiele schon etwas zu alt.

Er hört Schritte hinter sich und Äste, die unter der Last der Schuhe der herankommenden Person zerbrechen. Es sind langsame Schritte, so wie die Schritte einer Person, die etwas sucht oder beobachtet während sie langsam durch den Wald spaziert. Daniel dreht sich um und betrachtet den herankommenden Mann. Er ist sich nicht ganz sicher, aber er vermutet stark, dass er den Mann kennt, oder zumindest einmal kannte. Auch der herannahende Mann betrachtet Daniel genau und wird dabei noch etwas langsamer. Für Daniel ist klar zu erkennen, dass der Mann auch ihn noch kennt, oder zumindest eine ungefähre Ahnung hat, wer er ist.

>> Der Schlunzmeier Fritze! Genau, so hieß er doch! << erinnert sich Daniel jetzt allmählich, als er den Mann weiter betrachtet. Er schaut noch genauso aus wie vor neunundzwanzig Jahren, zwar ein bisschen älter, aber ansonsten nicht irgendwie reifer oder erwachsener. Er hatte auch noch die gleiche Frisur wie vor neunundzwanzig Jahren. Es war faszinierend, er war wahrscheinlich der einzige Mensch auf der Welt, der seit seiner Geburt die gleiche Frisur trägt.  Fast hätte er ihn auch mit Fritze angesprochen, dann jedoch kommt ihm der Gedanke, dass er einen erwachsenen Mann doch nicht mit Fritze ansprechen kann, denn die Zeiten, in denen er ein Fritze war, die sind schon lange vorbei und man kennt sich auch nicht mehr so gut, um sich bei einem anderen als dem offiziellen Namen anzusprechen.

>> Servus, du bist doch der Schlunzmeier Fritz oder? << begrüßt Daniel den Mann, der sowohl erfeut als auch verwundert ist, dass Daniel ihn noch kennt.

>> Ja, freut mich, dass du mich noch kennst. Du bist doch der Perlbauer Daniel, wenn ich mich richtig erinnere. << antwortet Fritz. Daniel nickt und grinst leicht, dann geben sich die beiden die Hand und betrachten sich weiter gegenseitig. Dies ist für beide faszinierend, denn jeder erkennt die Gesichtszüge des anderen und die damit verbundenen Erinnerungen, jedoch stammen sie für jeden der beiden Männer aus einer anderen Zeit, fast schon aus einem anderen, vorherigem Leben.

Jetzt hören beide Männer Schritte von jemandem, der sich ihnen nähert. Die Schritte sind schnell und hektisch, jedoch sind sie plötzlich nicht mehr zu hören. Daniel und Frit gehen zur anderen Seite des Felsenabhanges und sehen dort einen weiteren Mann. Als dieser sie sieht, grinst er über das ganze Gesicht.

>> Der Perlbauer und der Schlunzmeier, also ich hätte ja hier wirklich mit jedem gerechnet, aber nicht mit euch. << wundert sich der Mann amüsiert.

Auch Daniel und Fritz erkennen den Mann sofort, es ist Josef Schreiner, auch ein guter Bekannter aus früheren Tagen. Er gibt Daniel und Fritz die Hand und schaut ihnen dabei mit einem analysierenden Blick ins Gesicht. Genau wie Daniel und Fritz muss auch er feststellen, dass ihn ihre Gesichter irgendwie an ein früheres und schon längst vergessenes Leben erinnern.

Noch bevor sie in Erinnerungen schwelgen können, bemerken sie, dass sich noch jemand dem Felsenabhang nähert. Seine Schritte sind langsam und voller Widerwillen wie die Schritte eines Kindes, dass von den Eltern gezwungen wird, zum Arzt oder zu einem ungeliebten Verwandten zu gehen. Auch diese Person kommt den drei Männern sehr bekannt vor.

>> Jürgen? Jürgen Vogler? << fragt Josef Schreiner mit einer Mischung aus Unsicherheit und Freude in seiner Stimme. Jürgen betrachtet die drei Männer, betrachtet den Felsenabhang und den ganzen Wald, dann atmet er tief durch. >> Hallo zusammen. Ja, ich bin der Jürgen. Wenn ich mich nicht täusche bist du der Perlbauer, du der Schlunzmeier und du der Schreiner? << stellt Jürgen fest. Die drei Männer nicken.

>> Schaut mich doch nicht so an, oder habt ihr noch nie einen Mann im besten Alter gesehen? << witzelt Jürgen, während auch er die drei Männer genau betrachtet, denn er weiß nicht genau, was er davon halten soll, dass er sie hier zufällig mitten im Wald trifft.

>> Servus zusammen. << ruft jemand ganz oben vom Felsenabhang hinunter und setzt sich auf den Rand des Felsens. Die anderen Männer schauen nach oben, müssen allerdings überlegen, wer da ganz entspannt am Felsenabhang sitzt.

>> Ja, ihr seid auch nicht schöner geworden! << beschwert sich der Mann mit der Halbglatze, als er in die Gesichter der vier Männer schaut und daraus ablesen kann, dass keiner von ihnen ihn erkennt.

>> Ja also wenn du jetzt mehr Haare am Kopf hättest, würde ich fast sagen, dass du der Untermeier Florian bist! << stellt Josef fest, der Florian weiter betrachtet und ihn sich mit kurzen schwarzen Haaren vorstellt, mit denen er ihn in Erinnerung hat.

>> Zumindest einer, der nicht an Alzheimer leidet und seine Jugendfreunde noch kennt. << spottet Florian, danach richtet er sich wieder auf und gesellt sich zu den anderen vier Männern. Nun stehen alle fünf Männer vor dem großen Felsenabhang und betrachten ihn wortlos.

>> Schon ein komischer Zufall, dass wir uns alle hier im Wald vor diesem großen Felsenabhang treffen. << spricht Daniel ohne einen der anderen Männer anzuschauen in einem Ton, der vermuten lässt, dass er es nicht für einen Zufall hält, dass sie sich alle zur gleichen Zeit am gleichen Ort treffen.

Vor allem nach neunundzwanzig Jahren. Die anderen vier Männer schweigen und betrachten weiter den Felsenabhang, haben aber alle die gleiche Vermutung wie Daniel. Josef nimmt einen Tannenzapfen und wirft ihn Jürgen an die Brust. Dieser beschwert sich, was denn dieser kindische Blödsinn soll.

>> Das war für damals, als du mir einen direkt ins Gesicht geworfen hast! << lässt ihn Josef mit einem Augenzwinkern wissen.

Jürgen erinnert sich. Er war öfters an diesem Felsenabhang als Kind und manchmal, ja da gab es auch eine Tannenzapfenschlacht. Daniel und Florian waren auch dabei und sogar Fritz war manchmal dabei, wenn es denn seine Mutter erlaubte, denn so eine Tannenzapfenschlacht war ihrer Meinung nach sehr gefährlich.

Daniel, Fritz und Florian grinsen leicht, als sie den Felsenabhang betrachten, denn auch sie erinnern sich an die Tannenzapfenschlachten, bei denen es gefühlt um Leben und Tod ging.

>> Ja dann, lasst uns die größte Tannenzapfenschlacht im gesamten Bayerischen Wald veranstalten, wahrscheinlich sind wir deswegen alle hier! << ruft Jürgen in einem etwas ironischen Ton, denn er hasst es, wenn er etwas nicht unter Kontrolle hat und es dem Zufall überlassen muss, so wie dieses seltsame Treffen, bei dem sie sich alle ganz sicher nicht zufällig treffen.

>> Also ich glaube deswegen sind wir nicht hier, aber vielleicht sollten wir einen Spaziergang durch das Dorf machen, um uns noch an mehr Sachen zu erinnern! << schlägt Josef vor, der dabei nach unten ins Dorf blickt.

Ein Spaziergang? Eigentlich eine ziemlich langweilige Angelegenheit, aber vielleicht genau das Richtige, um so manche Erinnerung zu wecken und um sich wieder kennen zu lernen, denn obwohl die Männer sich irgendwie vertraut sind, sind sie sich trotzdem fremd nach den vielen Jahren, in denen sie sich nicht gesehen haben. Also beschließen die fünf Männer, dass sie eine große Runde durch das ganze Dorf drehen und ein paar Orte aufsuchen wollen, die ihnen schöne und unbeschwerte Kindheitserinnerungen schenkten.

Nicht weit vom Wald entfernt erreichen sie den Dorfplatz. Dort ist die Haltestelle für den Schulbus, mit dem alle Grundschüler in die Grundschule fahren, denn diese liegt zehn Kilometer entfernt in der nächsten Stadt. Die fünf Männer stellen sich in die Mitte des Dorfplatzes, schließen die Augen und versuchen sich an ihre Grundschulzeit zu erinnern.

Die Erinnerung  

Wie an einen alten Film, der vor seinem geistigen Auge abgespielt wird, erinnert sich Florian an den alten gelben Schulbus, der von einem sehr wütenden Busfahrer gefahren wurde. Jeden Tag schrie er eines der Kinder an, oft schon wegen Kleinigkeiten, aber meistens weil ein Kind seine Füße auf dem Sitz hatte oder wie vom wilden Affen gebissen durch den Bus lief. Florian sitzt mit seinen Freunden Jürgen und Fritz in den beiden vorletzten Reihen. In der letzten Reihe des Buses sitzen die richtig coolen Jungs, die bei genauerer Betrachtung zwar komplette Versager sind, aber in den Augen eines Grundschülers sind sie die coolen Jungs. Dies hängt auch damit zusammen, dass sie drei Jahre älter waren als die anderen Viertklässler, da sie ab der zweiten Klasse jede Klasse wiederholen mussten.

Florian hat ein Problem, dass ihn jeden Morgen vor der Schule einholt, nämlich dass er seine Hausaufgaben nicht gemacht hatte. Bisher gab es für dieses Problem immer eine Lösung in Form eines Mitschülers, der ihn die Hausaufgaben von sich abschreiben ließ. Unglücklicherweise ist besagter Schüler an diesem Tag krank und Florian weiß genau, dass seine Lehrerin ihn erwischen wird, denn sie erwischt jeden. Dann heißt es wohl wieder, dass man für jede vergessene Hausaufgabe die Schulhausordnung abschreiben darf, die aus mehreren Seiten besteht.

Auf der anderen Seite in der vorletzten Reihe sitzen Jürgen und Fritz. Wie so oft streiten die beiden und es kommt sogar zu einer Rauferei in deren Verlauf Jürgen die Mütze von Fritz beschädigt. Daraufhin reicht es Fritz endgültig und er will sich auf den leeren Platz neben Florian setzen. Florian erklärt sich damit einverstanden aber nur unter der Bedingung, dass Fritz ihn die Hausaufgaben abschreiben lässt. Fritz sieht überhaupt nicht ein, dass er ihn seine Hausaufgaben abschreiben lassen soll, schließlich hat er sich sehr viel Mühe gegeben und er will die Faulheit von Florian nicht noch unterstützen. Also bleibt Fritz neben Jürgen sitzen und die Rauferei geht weiter bis der Schulbus die Schule erreicht. Eine Reihe weiter vorne sitzen Daniel und Josef, die sich angeregt unterhalten.

>> Ja glaub es mir doch, die entführen dich in ihr Ufo, dann machen sie mit dir Experimente und stecken dir eine Sonde in den Arsch! Es gibt dafür etliche Zeugen, das ist keine Spinnerei sondern die Wahrheit! << versucht Daniel Josef eindringlich zu erklären.

Dieser antwortet, dass er das alles nicht nachvollziehen kann und es für ihn keinen Sinn macht, dass Außerirdische, die so moderne Technologie besitzen, dass sie damit zu anderen Planeten fliegen können, Menschen entführen und ihnen dann Sonden in den Arsch stecken.

Daniel konnte ihm auch keine Erklärung dafür liefern, war aber der festen Überzeugung, dass Außerirdische sowas mit Menschen machen und sie dafür extra entführen.

>> Ja und wie ist das bei dir? Haben sie dir auch schon eine Sonde in den Arsch gesteckt? << will Josef jetzt wissen, der zwar immer noch skeptisch aber auch neugierig geworden ist. >> Nein, bisher noch nicht. Aber ich hatte schon ein paar Begegnungen mit ihnen. << teilt Daniel ihm mit, jedoch kann er ihm keine dieser Begegnungen schildern, da der Schulbus gerade die Schule erreicht und alle Schüler aussteigen.

Der nun folgende Schultag verläuft wie immer. Die einzige Besonderheit ist, dass Florians Lehrerin ihn erwischt, dass er keine Hausaufgaben gemacht hat und verdonnert ihn zum Schreiben von zwei Schulhausordnungen.

Jürgen erinnert sich noch genau daran und genau wie bei Florian spielt sich jetzt vor seinem geistigen Auge der restliche Tag ab wie ein Film. Nach der Schule ruft Jürgen seine Freunde Fritz, Florian und den sechsten Jungen an, an dessen Namen er sich beim besten Willen nicht erinnern kann, um sich mit ihnen am Fussballplatz zu treffen.

Fritz und der andere Junge sagen natürlich sofort zu, denn der Fussballplatz ist nicht nur ein Fussballplatz, sondern auch eine Art Jugendtreffpunkt, an dem Sammelkarten getauscht werden, Videospiele ausgeliehen werden und man sich gegenseitig Tips gibt, wie man den jeweiligen Endgegner aus den gerade angesagtesten Videospielen besiegt. Der Fussballplatz ist sogar eine Art Seelsorgezentrum in dem die Kinder über ihre Probleme sprechen, über die sie lieber mit Gleichaltrigen als mit ihren Eltern sprechen.

Nur leider kann Florian heute weder Sammelkarten tauschen noch tiefgründige Gespräche führen mit seinen Freunden, denn heute muss er seine Hausaufgaben gewissenhaft erledigen und dazu noch zweimal die Schulhausordnung abschreiben. Dafür wird er vermutlich den ganzen Nachmittag brauchen. Hinzu kommt, dass er, falls er es nicht schafft die Schulhausordnung zweimal abzuschreiben, diese bis zum nächsten Tag viermal abschreiben muss. Sollte er sie nicht viermal abschreiben, so verdoppelt sich die Anzahl an abzuschreibenden Schulhausordnungen nochmal und danach nochmal bis man sich in einem nie endenden Teufelskreis aus vergessenen Hausaufgaben und abzuschreibenden Schulhausordnungen befindet.

>> Komm einfach vorbei, ich kümmere mich um die Schulhausordnungen. Du musst nur zwei Tüten Chips besorgen, einmal mit Salzgeschmack und einmal mit Paprikageschmack. << erklärt Jürgen seinem Freund Florian, der zwar den Zusammenhang zwischen Schulhausordnungen und Chips nicht versteht, aber da er seinen Nachmittag lieber auf dem Fussballplatz verbringt anstatt Schulhausordnungen abzuschreiben, befolgt er Jürgens Anweisungen.

Nach dem Telefonat mit Jürgen sucht er im Keller seiner Eltern nach Kartoffelchips und findet tatsächlich die von Jürgen geforderten Sorten Paprikageschmack und Salzgeschmack. Mit diesen zwei Tüten macht er sich direkt auf den Weg zum Fussballplatz und freut sich sehr, dass er seinen Nachmittag nicht mit dem Abschreiben von Schulhausordnungen verschwenden muss.

Auch Daniel erinnert sich an diesen Tag. Vor allem an das Gespräch mit Jürgen, der ihn direkt nach seinem Telefonat mit Florian anruft.

>> Ja hier bei Perlbauer! << spricht Daniel in einem wichtigtuerischen Ton ins Telefon, nachdem er den Hörer abgehoben hat.

>> Servus Dani. Was machst du denn gerade? << will Jürgen von ihm wissen, der aber schon eine ungefähre Ahnung hat, was er gerade macht.

>> Ich schaue mir eine Talkshow über Entführungen durch Außerirdische an. Diesmal ist eine Frau zu Gast, die von einem Außerirdischen geschwängert wurde  und mit diesem Außerirdischen jetzt ein Kind hat. Dieses Kind wurde ihr bei ihrer letzten Entführung sogar gezeigt. Das muss ich mir weiter anschauen, höchstinteressant ist das alles! << schwärmt Daniel von dieser Sendung, die ihn seit frühester Kindheit fasziniert.

>> Jaja, dieses Kind heißt Daniel Perlbauer und hat einen gewaltigen Dachschaden, mehr muss und will ich auch nicht wissen. Du hast doch bestimmt noch ein paar abgeschriebene Schulhausordnungen in deinem Zimmer herumliegen, oder haben die Außerirdischen diese auch entführt? << will Jürgen von Daniel wissen und macht sich dabei ein bisschen über die Faszination von Daniel für Außerirdische lustig.

Es knistert im Hintergrund während Daniel nach abgeschriebenen Schulhausordnungen sucht. Auf Nachfrage von Jürgen, was da im Hintergrund so raschelt und knistert, erklärt Daniel ihm, dass er gerade Kartoffelchips isst. Das macht er jedes Mal, wenn er sich eine Sendung über Außerirdische anschaut. Eigentlich ernährt er sich hauptsächlich von Kartoffelchips, er behauptet sogar, dass Chips und Wasser die Grundnahrungsmittel sind, ohne die der Mensch nicht überleben kann.

Obwohl die Vermutung nahe liegt, dass Daniel aufgrund seines exzessiven Konsums von Kartoffelchips übergewichtig ist, so ist sie doch völlig falsch, denn Daniel ist eher so dünn wie ein Strich in der Landschaft und wäre vielleicht sogar ein sehr sportliches Kind, wenn er denn nicht so faul wäre.

>> Also ich habe noch vier Schulhausordnungen auf Lager. Wie viele brauchst du denn? << fragt Daniel während er weiter Kartoffelchips in sich hineinstopft.

>> Zwei reichen. Bring sie bitte zum Fussballplatz, ich brauche sie sofort. Und bring Josef mit, damit wir genug Leute sind. Wenn du Lust hast, kannst du natürlich auch bleiben. << schlägt Jürgen Daniel vor.

>> Alles klar, ich werde es mir überlegen. Ich bin in einer Viertelstunde am Fussballplatz, bring du bitte die übliche Bezahlung mit. << weist Daniel seinen Freund an, der genau weiß, was damit gemeint ist.

>> Alles klar, zwei Tüten wie immer, einmal Salzgeschmack und einmal Paprikageschmack. << bestätigt Jürgen seine Bestellung. Anschließend legt er auf, geht in den Flur um seine Schuhe anzuziehen und macht sich danach direkt auf den Weg zum Fussballplatz.

Dort wird er von seinen Freunden Fritz, Florian und dem sechsten Jungen, dessen Name er vergessen hat, bereits erwartet. Florian will die Schulhausordnungen sofort haben, damit er sich sicher sein kann, dass er in der Schule keine Probleme bekommt. Jürgen versichert ihm, dass sein Geschäftspartner, wie er Daniel oft nannte, bald eintreffen wird mit den Schulhausordnungen.

>> Warum sollte ich denn zwei Tüten Kartoffelchips mitbringen? << wundert sich Florian und fragt sich, ob es denn heute ein besonderes Ereignis geben wird, zu dem man Kartoffelchips braucht.

>> Na als Bezahlung. Mein Geschäftspartner schreibt jeden Tag während er fern sieht die Schulhausordnung ab und verkauft diese an Schüler wie dich, die lieber einen freien Nachmittag verbringen anstatt sie selbst abzuschreiben. Für diese Tätigkeit lässt er sich in Kartoffelchips bezahlen, die er über alles liebt. << klärt Jürgen seinen Freund Florian auf. Dieser findet die Idee gar nicht so dumm, denn abgeschriebene Schulhausordnungen sind heiß begehrt bei ihm in der Schule.

Die einzige Frage, die sich Florian jetzt noch stellt, ist, wo denn seine beiden Schulhausordnungen bleiben. Jürgen versichert ihm, dass Daniel absolut zuverlässig ist und er sicher bald auftauchen wird. Wenig später ist es dann auch so weit. Florian ist sichtlich erleichtert, als er Daniel mit mehreren vollgeschriebenen Zetteln in der Hand sieht. Bei ihm ist noch ein Junge, der ebenfalls in ihrem Alter ist. Jürgen begrüßt die beiden Jungen, nimmt die Schulhausordnungen im Tausch gegen die zwei Chipstüten entgegen und bedankt sich mit den Worten, dass es ihm wie immer eine Freude war mit ihm Geschäfte zu machen.

Jürgen stellt Daniel und Josef seinen Freunden vor und Florian bedankt sich auch nochmal bei Daniel für die schnelle Lieferung der Schulhausordnungen. Anschließend spielen sie eine Runde Fussball und unterhalten sich währenddessen über den vergangenen Schultag.

Irgendwann wird ihnen Fussball spielen zu langweilig und die sechs Jungs überlegen sich, was sie sonst noch machen könnten. Josef erinnert sich, dass neben dem Fussballplatz ein Wald war, den sie erkundet haben. Für Josef ist die Erinnerung so real, dass er das Gefühl hat, noch einmal zehn Jahre alt zu sein und den ganzen Tag wirklich noch einmal zu erleben. Die sechs Jungs gehen also in den Wald in der Hoffnung, dort irgendetwas interessantes zu finden. Bereits nach wenigen Metern finden sie tatsächlich etwas mehr als interessantes, etwas absolut aufregendes sogar. Auf den Ästen der Bäume hängen Blätter aus einem Magazin. Bei diesem Magazin handelt es sich jedoch nicht um irgendein Kinderheft oder eine langweilige Klatschzeitschrift, sondern es handelt sich um ein Erotikmagazin mit nackten Frauen. Mit absolut nackten Frauen! Jeder der Jungs hat sich schon öfter die Seiten in Katalogen, auf denen Frauen in Unterwäsche abgebildet waren, angeschaut und dabei die schönen Frauen und vor allem gewisse Körperteile von ihnen bewundert.

Die Frauen in den Katalogen von Otto oder Quelle aber tragen immer Unterwäsche während die Frauen in diesen Magazinen absolut nichts tragen und man alles, also wirklich alles sehen kann.

Voller Neugierde und Aufregung holen die sechs Jungs die einzelnen Seiten der Magazine von den Bäumen und starren die abgebildeten Frauen mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen an. Sowas haben sie noch nie gesehen und keiner der Jungs kann oder will seinen Blick von den nackten Frauen abwenden. Als ihr Verstand langsam zurückkehrt, stellen sich die Jungen die Frage, wer wohl diese Magazine an die Äste der Bäume gehängt hat. Für die Jungs ist klar, dass sie die Magazine behalten wollen, jedoch wissen sie auch, dass sie sie nicht einfach so mit nach Hause nehmen können. Sie brauchen ein Versteck für die Magazine, die für die Jungs eine Art Schatz darstellen und wie man weiß, müssen Schätze gut versteckt werden. Der Wald scheint für jeden der sechs Jungs das ideale Versteck zu sein und so gehen sie noch tiefer in den Wald, bis sie an einen Felsenabhang kommen.

Dieser Abhang ist in jeglicher Hinsicht perfekt. Er ist tief im Wald, sodass man ihn nicht sofort findet, dazu hat er ein großes Loch in der Mitte am Boden, in dem man die Magazine wunderbar verstecken kann und aufgrund seiner Größe eignet er sich ideal als neuer Treffpunkt der Jungs. Aber es kommt noch besser. Direkt neben dem Felsenabhang liegen ein paar alte Bretter. Mit diesen können die Jungs zwei Bänke bauen, indem sie die Bretter mit einem Ende in Spalten des Felsens befestigen und an den beiden anderen Enden dicke Baumstämme unterlegen, die sie ebenfalls in der Nähe des Felsenabhangs finden.

Als der neue Treffpunkt fertiggestellt ist, treten alle Jungs ein paar Schritte zurück und betrachten ihr Werk und lassen es auf sie wirken. Alle sind sich einig, dass dieser Ort der ideale Treffpunkt ist und durch die Bänke strahlt er sogar eine gewisse Gemütlichkeit aus.

Dann kehren die Jungs zum Wesentlichen, nämlichen den Frauen in den Magazinen, zurück. Sie setzen sich auf die Bänke und begutachten jede Frau akribisch um herauszufinden, wer von ihnen die Attraktivste ist. Nachdem sie das gesamte Magazin durchgearbeitet haben, hat jeder der Jungs eine ganz klare Meinung, welche Frau die Attraktivste ist. Während Florian, Jürgen und Fritz der Meinung sind, dass die Blondine mit den strahlend blauen Augen un den perfekten Maßen die schönste Frau ist, bevorzugt Josef die schwarzhaarige Frau mit den leicht asiatischen Gesichtszügen.

Daniel hat wiederum einen ganz anderen Favoriten. Ihn hat die braunhaarige Schönheit mit den grünen Augen und dem äußerst üppigen Busen sofort verzaubert. Josef kann sich noch genau daran erinnern, dass er nicht der einzige war, der die schwarzhaarige Asiatin am attraktivsten fand. Da war noch ein sechster Junge, der sich auch sofort in die schwarzhaarige Frau verliebte. Aber wie hieß dieser Junge nur? Sein Name fällt Josef beim besten Willen nicht ein.

>> Sein Name war Sebastian. << murmelt Fritz leise vor sich hin. Auch er erinnert sich jetzt an diesen Tag. Vor allem erinnert er sich daran, warum jeder der fünf Männer sich noch so gut an den Tag erinnern kann, obwohl jeder die Ereignisse bis zum heutigen Tag verdrängte.

>> Sein Name war Sebastian! << stellt Fritz mit fester und lauter Stimme klar. Jeder der Männer blickt ihn entsetzt an, denn nachdem sie seinen Namen hörten, können auch sie sich an seinen Namen erinnern. Vor allem können sie sich daran erinnern, dass dem Jungen mit dem Namen Sebastian an diesem Tag etwas Schreckliches zugestoßen ist. Die fünf Männer setzen ihren Spaziergang durch das Dorf fort und versuchen zu rekonstruieren, was sich nach dem Beurteilen der nackten Frauen ereignete. Sie können sich noch an eine lange Diskussion über die Frauen erinnern, denn Jürgen, Fritz und Florian konnten nicht glauben, dass die anderen drei Jungs ihre Favoritin nicht am attraktivsten fanden, obwohl es doch offensichtlich war.

Daniel und Josef blieben bei ihrer Entscheidung, nur Sebastian war sich irgendwann nicht mehr sicher. An mehr können sich die Männer nicht erinnern.

Ohne es zu bemerken haben sie wieder den Wald erreicht, in dem sie sich getroffen haben. Sie überlegen, ob das jetzt ein weiterer Zufall ist oder ob jemand oder etwas sie unbewust wieder zu diesem Wald geführt hat.

>> Leute, das gibt es doch! Irgendetwas stimmt doch hier ganz und gar nicht! << ruft Fritz und zeigt auf die Bäume, die sich nur wenige Meter vor ihnen befinden.

Die anderen Männer sehen es jetzt auch und wissen genau, was Fritz ihnen sagen will. Etwas zaghaft betreten sie wieder den Wald und betrachten die Äste der Bäume, auf die Fritz zeigte.

>> Das gibt es doch nicht. Wo kommen die denn her? << wundert sich Josef, der sich beim besten Willen nicht erklären kann, wie das, was er gerade sieht, möglich sein kann.

Jeder der anderen Männer denkt das Gleiche wie er, aber keiner von ihnen kann ihm eine Antwort auf seine Frage geben. >> Das gibt es doch nicht, das ist doch dasselbe Nacktmagazin mit denselben Frauen? << stellt Josef völlig erstaunt fest, wobei seine Feststellung auch eine Frage an die anderen Männer ist, ob es sich tatsächlich um das Magazin mit denselben Frauen handelt, dessen Seiten vor neunundzwanzig Jahren auf den Ästen der Bäume hingen. Die Seiten hängen nach der Reihe auf den Ästen der Bäume, die einen direkten Weg zu dem Felsenabhang bilden.

Jeder der Männer nimmt eine Seite vom Baum und betrachtet sie genau. Nach näherer Betrachtung sind sie sich absolut sicher, dass es sich um das gleiche Magazin handelt mit den gleichen Frauen, das sie als Kinder am gleichen Ort fanden.

>> Was ist hier nur los? Wo kommen die Seiten dieses Magazins wieder her? Niemand außer uns weiß davon, dass diese Seiten damals auf den Bäumen hingen und wir sie uns angesehen haben. << überlegt Florian, dem die Sache immer unheimlicher wird.

>> Vielleicht war es Sebastian und will sich mit uns einen Spaß erlauben? << wendet Fritz ein, glaubt aber irgendwie selbst nicht an seine Vermutung. Auch die anderen Männer können sich nicht vorstellen, dass Sebastian dieses uralte Erotikmagazin so lange aufgehoben hat und ihnen damit jetzt einen Streich spielen will. Vor allem sehen die Seiten, die dieses Mal an den Ästen hingen, ziemlich neu aus und können unmöglich knapp dreißig Jahre alt sein.

Außerdem ist von Sebastian weit und breit keine Spur zu sehen. Andererseits würde ihn wahrscheinlich keiner von ihnen erkennen, wenn er ihm begegnen würde. Fritz holt ein Foto aus seiner Jackentasche und betrachtet es genau. Auf diesem Foto sind sechs Jungen zu sehen, die vor einem großen Felsenabhang sitzen.

>> Habt ihr noch euer Foto? << will er von den anderen Männern wissen. Jeder der Männer greift in seine Jackentasche und holt das gleiche Foto heraus, das Fritz in seiner Hand hält.

>> Warum seid ihr eigentlich hierher gekommen? << fragt Josef in die Runde, wobei er die Antwort eigentlich kennt, denn er hält es ohne jeglichen Zweifel für keinen Zufall, dass sie sich alle zur gleichen Zeit an diesem Felsenabhang treffen.

>> Lasst mich raten, ihr habt an die guten alten Zeiten in eurer Kindheit gedacht und euch dabei dieses Bild angesehen. Danach hattet ihr dieses unerklärliche Verlangen in das Dorf zu fahren, in dem ihr aufgewachsen seid. Und als ihr hier wart, habt ihr wieder dieses Bild betrachtet, den großen Felsenabhang im Hintergrund gesehen und habt euch gedacht, ihr macht einen kleinen Spaziergang zu diesem Ort. Also ich glaube ja wirklich nicht an höhere Mächte oder Ähnliches, aber irgendetwas hat hier seine Finger im Spiel, da bin ich mir sicher! << klärt Josef die anderen Männer auf, während er in ihre erstaunten Gesichter schaut.

Genau so wie Josef es beschrieb war es nämlich auch bei ihnen. Sie schwelgten in alten Erinnerungen, fanden das Foto und erinnerten sich an die Zeit als sie zehn Jahre alt waren. Dann kam plötzlich dieser Gedanke, oder besser gesagt schon fast das Verlangen danach, ihrem alten Heimatdorf einen Besuch abzustatten und als sie schließlich hier waren, war ihr erster Gedanke, dass sie einen Waldspaziergang machen wollen zu dem Felsenabhang, der auf dem Bild hinter ihnen zu sehen ist. Die fünf Männer können sich sogar noch daran erinnern, als sie mit dem Fotoapparat von Florian das Bild machten, besser gesagt sechs Bilder machten, damit jeder der Freunde ein Bild hat.

Aber was passierte mit Sebastian? Warum war er nicht zum Treffen am Felsenabhang erschienen? Diese Frage beschäftigt alle fünf Männer gleichermaßen. Sie betrachten wieder den Felsenabhang und als ihr Blick auf die kleinen Steine zwischen dem großen mittleren Felsen und dem Boden fällt, durchfährt es sie wie ein Blitz der genau die Gehirnregionen aktiviert, in denen die Erinnerung gespeichert ist, die ihnen bis jetzt noch fehlte. Nun kann sich plötzlich jeder genau daran erinnern, was geschah, nachdem sie diskutierten, welche Frau die Schönste in dem Magazin ist und wieder läuft es vor ihrem geistigen Auge wie ein Film aus längst vergangenen Tagen ab.

Da Sebastian sich nicht sicher ist, ob ihm die schwarzhaarige Frau mit den asiatischen Gesichtszügen oder die Blondine mit den idealen Maßen besser gefällt, will er sich die beiden Frauen noch einmal anschauen. Er geht zu dem Loch zwischen dem mittleren Felsen und dem Boden, in dem die Jungs das Magazin versteckt haben. Er legt zwei kleine Steine, die das Loch verschließen, zur Seite und fasst in das Loch, um das Magazin zu holen. Was dann geschieht, haben die fünf Männer nicht ohne Grund verdrängt.

Sebastian greift in das Loch auf der Suche nach dem Magazin und steckt dabei seinen Arm immer tiefer in das Loch, bis dieser bis zum Ellbogen darin verschwindet.

>> Wo ist es denn nur, wir haben es doch gar nicht so weit unter den Felsen geschoben? << wundert er sich noch während er mit der Hand überall nach dem Magazin greift, bis er plötzlich einen lauten Hilfeschrei von sich lässt, der die anderen fünf Kinder aufschreckt. Irgendetwas packt ihn am Arm und will ihn in das Loch ziehen. Er schreit unter Tränen, dass ihn etwas gepackt hat und in das Loch ziehen will.

>> Hilfe, helft mir doch, bitte bitte helft mir doch bitte! << schreit er voller Verzweiflung und mit einem Kloß im Hals, der ihm fast die Stimme raubt, denn er kann sich einfach nicht befreien. Mit aller Kraft versucht er seinen Arm aus dem Loch zu ziehen und stemmt sich voller Panik mit den Füßen gegen den Felsen.

>> Bitte helft mir, es tut so weh, es tut so schrecklich weh. Scheisse ihr müsst mir doch helfen, ihr seid doch meine Freunde, bitte helft mir, es zieht mich wieder hinein! Bitte helft mir doch, ich will nicht sterben! Bitte helft mir ich will nicht sterben! << hört man Sebastian immer wieder panisch unter Tränen schreien, während er mit aller Kraft dagegen ankämpft in das Loch gezogen zu werden.

Als er den Arm schon zur Hälfte aus dem Loch gezogen hat, reißt ihn irgendetwas nach vorne und schlägt dabei seinen Kopf mit voller Wucht gegen die Felswand, sodass Sebastian das Bewustsein verliert. Seine Freunde laufen zu ihm und wollen ihn aus dem Loch ziehen, doch noch bevor sie ihn erreichen wird er komplett unter den Felsen in das Loch gezogen und verschwindet lautlos und spurlos.

Alle fünf Jungen starren in völliger Schockstarre das Loch an. Einerseits wollen sie in das Loch greifen und versuchen Sebastian dort wieder herausziehen, andererseits aber hat jeder der Jungen viel zu viel Angst in das Loch zu greifen. Sie gehen sogar mehrere Schritte zurück aus Angst, dass sie ebenfalls in das Loch gezogen werden.

Dann beginnen sie einfach zu rennen. So schnell sie können laufen sie aus dem Wald hinaus auf die Straße, die durch das Dorf führt. Sie laufen und laufen bis sie völlig außer Atem sind.

>> Scheisse was war denn das? Ist das gerade wirklich passiert? Was machen wir jetzt nur, Scheisse was machen wir jetzt nur? << ruft Fritz unter Tränen und blickt die anderen dabei an in der Hoffnung, dass einer von ihnen einen Vorschlag hat, was sie jetzt machen sollen. Josef schlägt vor, dass sie die Polizei rufen oder zumindest einen Erwachsenen, der die Polizei ruft. Das Elternhaus von Fritz liegt nur wenige Meter von der Straße entfernt. Die Jungs laufen zu dem Haus und Fritz klingelt so lange, bis ihm der Finger weh tut. Doch es öffnet niemand die Tür. Da die Jungs keine Zeit verlieren wollen, laufen sie zum Haus in dem Josef wohnt. Auch hier drücken sie den Knopf für die Klingel so schnell, dass diese mit dem Klingeln gar nicht mehr hinterher kommt. Glücklicherweise ist Josefs Vater zu Hause. Die Jungs erzählen ihm, dass Sebastian etwas Schreckliches zugestoßen ist und er sofort den Krankenwagen und die Polizei rufen muss.

Ohne lange zu überlegen ruft Josefs Vater wie von den Kindern verlangt die Polizei und den Krankenwagen und erklärt ihnen, dass sie zu dem Waldeingang neben der Hauptstraße kommen sollen.

Es dauert nur wenige Minuten bis die Polizei und der Krankenwagen eintreffen. Die Kinder führen sie zu dem Felsenabhang und erzählen ihnen, was sich dort gerade abspielte. Sowohl die Polizei als auch die Sanitäter bezweifeln stark, dass Sebastian tatsächlich in das Loch unter dem großen Felsen gezogen wurde. Der Hauptgrund hierfür ist, dass es unter dem Felsen kein Loch gibt. Zwischen dem Boden und dem großen Felsen liegen ein paar kleinere Steine, die Sebastian aber zur Seite legte um das Magazin nochmal zu holen. >> Es ist, es ist hinter den Steinen, wir haben dort etwas versteckt. Bitte, sie müssen uns glauben, Sebastian wurde in dieses Loch gezogen, wir haben es alle selbst gesehen! << schreit Fritz die Polizisten und die Sanitäter an, die den Kindern zwar glauben, dass sich hier gerade etwas Schreckliches ereignet hat, aber nicht das, was sie glauben gesehen zu haben.

Einer der Polizisten geht zu dem großen Felsen, betrachtet die kleinen Steine genau und versucht sie zur Seite zu legen. Normalerweise wäre dies kein Problem, denn ein erwachsener Mann könnte viel größere Steine ohne große Anstrengung zur Seite legen, diese jedoch lassen sich nicht bewegen. Egal wie sehr der Polizist versucht die Steine zu bewegen, sie rühren sich keinen Millimeter.

>> Hier wurde euer Freund in das Loch gezogen? Das kann nicht sein, die Steine sind fest mit dem Felsen und dem Boden verbunden. Also Jungs, was ist hier wirklich passiert? << will der Polizist jetzt wissen, dem man seine Wut und Verärgerung über die Lügen der Kinder deutlich ansehen kann. Fritz bricht weinend zusammen.

>> Bitte, bitte, sie müssen uns glauben, irgendetwas hat ihn in das Loch gezogen. Als wir weggelaufen sind war da noch ein Loch und die Steine lagen einfach auf der Seite neben dem Loch. Bitte, sie müssen uns glauben, bitte bitte bitte! << fleht er den Polizisten an. Dieser ist immer noch davon überzeugt, dass die Kinder ihn anlügen und beschließt, sich mit jedem der Jungs alleine zu unterhalten. >> Irgendeiner der fünf Jungs wird schon auspacken! << denkt er sich während er sich weiter umsieht. Gerade als der Josef verhören will, sieht sein Kollege den Blutfleck auf dem großen Felsen. Die beiden Polizisten untersuchen den Blutfleck und stellen fest, dass das Blut noch sehr frisch ist. Der Polizist geht langsam und bedrohlich auf die fünf Jungen zu und baut sich vor ihnen auf.

>> Also, ihr sagt mir jetzt sofort, woher dieses Blut stammt und kommt mir jetzt ja nicht wieder mit dieser blödsinnigen Geschichte, dass euer Freund in ein Loch gezogen wurde, dass es nicht gibt! Ihr erzählt mir jetzt sofort die Wahrheit, sonst nehmen wir euch mit auf die Polizeistation und ihr bleibt erst einmal im Gefängnis bis wir wissen was hier passiert ist! Ist er von dem Felsen runtergefallen? Oder habt ihr ihn geschubst und er ist runtergefallen? So war es doch, ihr habt gespielt und einer hat ihn aus Versehen hinuntergeschubst, habe ich Recht? Wo habt ihr ihn versteckt? Wenn er verletzt ist braucht er sofort einen Arzt und wenn er stirbt, seid ihr Mörder, ist euch das klar? Sagt jetzt endlich die Wahrheit, sonst werdet ihr euer ganzes Leben lang nicht mehr froh, das garantiere ich euch! << warnt der Polizist die Kinder, der ihnen mit allen Mitteln Angst einjagen will um die vermeintliche Wahrheit zu erfahren.

>> Es war genau so, wie wir es ihnen erzählt haben. Sebastian schlug mit dem Kopf auf den Felsen auf, als er in das Loch gezogen wurde! Das ist die Wahrheit! << schreit Florian mit Tränen in den Augen den Polizisten an.

Dieser wird noch wütender und will Florian gerade an seiner Jacke packen, als einer der Sanitäter seine Hand auf die Schulter des Polizisten legt und versucht ihn zu beruhigen. >> Die Jungs stehen unter Schock, sogar wenn sie wollten könnten sie ihnen in ihrem momentanen Zustand die Wahrheit nicht sagen. Wir kümmern uns um die Jungs und sie sollten Verstärkung suchen, um den Wald zu durchsuchen. << schlägt der Sanitäter vor. Zähneknirschend wendet sich der Polizist von den Kindern ab, kehrt zurück zu seinem Dienstwagen und ruft Verstärkung.

Danach bricht die Erinnerung der Männer ab. Das einzige, woran sie sich noch erinnern können ist, dass Sebastian weder von der Polizei noch von den Dorfbewohnern, die damals nach ihm suchten, gefunden wurde und bis heute spurlos verschwunden ist. Die fünf Männer starren wieder den Felsenabhang an.

>> Bitte, bitte helft mir. Es tut so weh! Ihr seid doch meine Freunde, ihr müsst mir doch helfen! << hören sie jetzt ganz deutlich die Hilfeschreie von Sebastian, die ihnen durch Mark und Bein gehen.