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"Das versteckte Anschubsen." Wer handelt schon gerne unter Zwang oder unter der Anweisung "Sie müssen ...". Kein Wunder, wenn sich schnell Demotivation, Frust oder eine 'innere' Kündigung einstellt. In den 90er Jahren kam einer auf die Idee, im Amsterdamer Flughafen Schiphol das Bild einer Fliege in ein Urinal zu kleben. Das Ziel war, Verschmutzung durch Spritzer zu reduzieren. Und - es klappte. Angeblich sank die Verschmutzung durch Spritzer um 80 Prozent. Offensichtlich hat sich hier im Manne der Jäger-Instinkt gezeigt. Unüberlegt versuchte er, die Fliege 'abzuschießen'. Mit Erfolg. Und der Erfolg zeigte sich auch im geringeren Reinigungsaufwand. Das Ziel war erreicht und keiner wusste so genau, wie das kam. Es war kein Verbot eingesetzt, kein "Sie müssen ...", keine Drohung. Der Erfolg war messbar - und zwar ohne sichtbaren Zwang erreicht. Diese Vorgehensweise wird als 'anschubsen' oder im englischen Begriff als 'nudging' bezeichnet. Wäre es nicht toll, ließe sich durch ein Anschubsen relativ leicht ein gewünschtes Ziel erreichen? Möglicherweise sogar mit einem gewissen 'Lustempfinden', da der Angeschubste mit gewisser Freude das macht, was Sie wollen? Dem Staat wird unterstellt, libertären Paternalismus zu praktizieren, um das 'entscheidungsschwache' Volk in seinem Wohlbefinden zu unterstützen. Lernen Sie, wie Nudging umzusetzen ist und überlegen Sie, ob Sie diese Technik gesellschaftlich wie beruflich einsetzen wollen. Geben Sie sich einen Schubs! Im vorliegenden Ratgeber "Rhetorik - Geschicktes Nudging" wird schwerpunktmäßig auf folgende Themen eingegangen: Gefärbte Entscheidungsfindung; Nudging im zwischenmenschlichen Bereich; Der sichtbare und der unsichtbare Weg.
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Seitenzahl: 75
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EINLEITUNG
„Das versteckte Anschubsen“
TEIL 1 – GEFÄRBTE ENTSCHEIDUNGSFINDUNG
G
EFÄRBTE
E
NTSCHEIDUNGSFINDUNG
Die Fliege im Urinal
Archaisches Verhalten
Abgrenzung Nudging, Manipulation, Beeinflussung
Einflussnahme 1: Beeinflussung
Einflussnahme 2: Manipulation
Einflussnahme 3: Nudging
Nudge – der Schubser und das Lustempfinden
Die Entstehung des Begriffes Nudging
Bewusstes Nudging – Der Geschubste und sein Lustempfinden
Instinktives Nudging – Die Elefantenkuh und ihr Neugeborenes
Grenze zwischen Manipulation und Nudging
Tommy und sein Freund
Der Flughafen und der Raucherbereich
Fühlen Sie sich angeschubst?
TEIL 2 – NUDGING IM ZWISCHENMENSCHLICHEN BEREICH
N
UDGING IM GESELLSCHAFTLICHEN UND BERUFLICHEN
M
ITEINANDER
Entscheidungshilfe anbieten
Nudging in der zwischenmenschlichen Kommunikation
Nicht lenken, sondern nudgen
Entscheidungshilfen statt Verbote
Aus der Vorschrift wird eine Hilfe
Exklusivität verändert das Verhalten
Schonung der Natur
Nudging im Betrieb
Trickreiches Nudging in der Rhetorik
Darf’s ein bisschen mehr sein?
Immer diese Entscheidungen – Kaffee oder Cappuccino?
Alternative als Entscheidungshilfe
Durchführungswille
Gästereklamationen reduzieren
Der Haken und das Frühstücksei
Default – Eine Vorgabe geben – Standard setzen
Wo ist der Haken?
Wer empfindet Lust, ein Organ zu spenden?
T
RÄGHEIT UND
B
EQUEMLICHKEIT
„Weshalb soll ich es mir schwermachen?“
Die Gesellschafft schubst überall
Die Gruppe übt Zwang auf den Einzelnen aus
Keine Verbote im Nudging
Haken gesetzt?
TEIL 3 – DER SICHTBARE UND DER UNSICHTBARE WEG
H
INTERLIST ODER
S
CHAFFEN EINES
W
OHLBEFINDENS
?
Unsichtbar führen
Der sichtbare und der unsichtbare Weg
Sichtbare Hinweise
Unsichtbare Hinweise
L
IBERTÄRER
P
ATERNALISMUS
Der Vater sorgt für uns
Der Staat greift dem Bürger unterstützend unter die Arme
Die Regierung und die Fettleibigkeit
Nudging 1 gegen die Fettleibigkeit – die Grüne Ampel
Nudging 2 gegen die Fettleibigkeit – Die nichtansprechende Verpackung
Nudging 3 gegen die Fettleibigkeit – Der Kassenbereich
Nudging 4 gegen die Fettleibigkeit – Treppe oder Rolltreppe
Nudging 5 gegen die Fettleibigkeit – Idole und Stars
Vorsorge, Schutz und Sicherheit
AUSLEITUNG
„Fühlen Sie sich wohl?“
STICHWORTVERZEICHNIS
KNIGGE ALS SYNONYM
U
MGANG MIT
M
ENSCHEN
Wer handelt schon gerne unter Zwang oder unter der Anweisung „Sie müssen …“. Kein Wunder, wenn sich schnell Demotivation, Frust oder eine ‚innere‘ Kündigung einstellt.
In den 90er Jahren kam einer auf die Idee, im Amsterdamer Flughafen Schiphol das Bild einer Fliege in ein Urinal zu kleben.
Das Ziel war, Verschmutzung durch Spritzer zu reduzieren. Und – es klappte. Angeblich sank die Verschmutzung auf dem Boden um 80 Prozent.
Offensichtlich hat sich hier im Manne der Jäger-Instinkt gezeigt. Ohne Überlegung versuchte er, die Fliege ‚abzuschießen‘. Mit Erfolg. Und der Erfolg zeigte sich auch im geringeren Reinigungsaufwand. Das Ziel war erreicht und keiner wusste so genau, wie das kam.
Es gab kein Verbot, kein „Sie müssen …“, keine Drohung. Der Erfolg war messbar – und zwar ohne sichtbaren Zwang erreicht.
Diese Vorgehensweise wird als ‚anschubsen‘ oder mit dem englischen Begriff als ‚nudging‘ bezeichnet.
Wäre es nicht toll, ließe sich nicht durch ein Anschubsen relativ leicht ein gewünschtes Ziel erreichen?
Möglicherweise sogar mit einem gewissen ‚Lustempfinden‘ versehen, da der Angeschubste mit gewisser Freude das macht, was Sie wollen?
Dem Staat wird unterstellt, libertären Paternalismus zu praktizieren, um das ‚entscheidungsschwache‘ Volk in seinem Wohlbefinden zu unterstützen. Ist das gut so?
Lernen Sie, wie Nudging umzusetzen ist und überlegen Sie, ob Sie diese Methode im gesellschaftlichen wie im beruflichen Leben einsetzen wollen. Geben Sie sich einen Schubs!
Praxisnah, zeitgemäß und kompakt. Das sind drei interne Vorgaben für unsere Rhetorik-Ratgeber. In unserer Reihe der kleinen Rhetorik-Handbücher wird jeweils ein wesentlicher Teil aus dem umfangreichen Bereich der Rhetorik kompakt vorgestellt.
Die Themenbereiche sind beispielsweise den Büchern ‚Das große Buch der Rhetorik 2100‘ oder ‚Trickreiche Rhetorik 2100‘ vom selben Autor entnommen.
Die Zahl 2100 steht dabei für das 21. Jahrhundert, was die Aktualität der Themen unterstreicht. Diese entsprechen den heutigen Anforderungen im beruflichen Umgang miteinander.
Im vorliegenden Ratgeber „Rhetorik – Geschicktes Nudging“ wird schwerpunktmäßig auf folgende Themen eingegangen:
Gefärbte Entscheidungsfindung
Nudging im zwischenmenschlichen Bereich
Der sichtbare und der unsichtbare Weg
Viel Erfolg bei der Vertiefung bestehenden Wissens und erfolgreichen Einsatz im Berufsleben.
Betrachten wir noch einmal die Idee, im Amsterdamer Flughafen Schiphol das Bild einer Fliege in ein Urinal zu kleben.
Das gesetzte Ziel war, Verschmutzung der WC-Anlagen durch ‚fehlgeleitete‘ Spritzer deutlich zu reduzieren.
Jagd-Instinkt
Wir wissen, dass es funktioniert. Weshalb ist das so? Hat sich hier wirklich der Jagd-Instinkt des Mannes gezeigt, wie angenommen wird? Und was ist mit den Frauen?
Liegt es in der Natur des Menschen, das Herausragende, das Einzelne, das Hervorstechende ‚abzuschießen‘?
Den Baum abschießen
Ist das mit ein Grund, weshalb auf Alleen immer wieder Autos von der Straße abkommen und direkt und mit voller Wucht gegen einen Baum prallen? Zwischen den Bäumen gibt es doch viel mehr Platz, das fehlgeleitete Fahrzeug stranden zu lassen.
Ist der unglückliche Fahrer auf den Baum regelrecht fixiert? Hat die Natur es eingerichtet, regelrecht auf ein Ziel ‚zuzurasen‘? Will der Fahrer den Baum ‚abschießen‘?
Nun, wir wissen es nicht. Wir wissen nur, dass es in der Regel ungewollt klappt.
Und bei der Fliege im Pissoir trifft der Mensch nachgewiesenermaßen sowieso.
Die rosa Brille
In diesem Teil des Handbuchs werden wir auf die ‚gefärbte‘ Entscheidungsfindung eingehen. Gefärbt ist entliehen aus dem Bild der ‚rosafarbenen‘ Brille. Etwas mit anderen Augen zu betrachten – und dann auch in anderer Richtung zu handeln.
Es wird etwas anders wahrgenommen, als es die objektive Wahrheit behaupten würde.
Selbst oder fremd entscheiden?
Das Handeln muss entschieden werden. Das Individuum ist davon überzeugt, selbst und frei zu beeinflussen, wie und wann entschieden wird. „Ich weiß, was ich mache und ich weiß, welche Entscheidungen ich treffe.“
Nein, bedauerlicherweise ist das nicht so, was ja bereits die kleine, unschuldige Fliege im Urinal zeigt.
Der Einzelne denkt, er wolle die Fliege abschießen. Tatsächlich sorgt jemand anderes dafür, dass er genau das tue.
Also entscheidet jemand oder etwas anderes für das Individuum? Tatsächlich liegt anscheinend keine eigene Entscheidung mehr vor. Werde ich wirklich so oft fremd-bestimmt?
Handelt es sich aufgrund der Fremdbestimmtheit um Manipulation?
Das werden wir überlegen.
Außerdem: In wieweit grenzt sich Manipulation vom Nudging und von der Beeinflussung ab? Und was bedeutet Nudging überhaupt?
Im letztgenannten Fall wird von ‚Anschubsen‘ gesprochen.
Es werden Beispiele gezeigt, wo und wie Nudging bereits eingesetzt wird, ohne dass der Einzelne dieses als solches wahrnimmt.
Lustempfinden
Schließlich kommt noch der Gedanke des Lustempfindens dazu.
Also bereitet Nudging vielleicht sogar ein lustvolles Handeln? Dem wäre wohl noch weniger etwas entgegenzusetzen, oder?
Liebe Leserin, lieber Leser, fühlen Sie sich angeschubst, die folgenden Kapitel zu lesen und gewünschte Vorteile daraus zu ziehen.
Hätte das mit der Fliege mal ein Wohnungsvermieter gewusst, hätte er nicht vor Gericht eine peinliche Klage verloren.
Das Gericht hatte das archaische Verhalten des männlichen Mieters geschützt.
Im Stehen urinieren
Dieser bevorzugte es, in seinem Badezimmer im Stehen zu urinieren. Spritzer gelangten dabei regelmäßig auf den empfindlichen Marmorboden unter der WC-Schüssel.
Durch das jahrelange Bespritzen mit Urin war ein nicht reparabler Schaden am Marmorboden entstanden.
Beim Auszug des Mieters wollte der Vermieter einen 4-stelligen Betrag von der Kaution einbehalten, um den Boden auszutauschen.
Der Mieter klagte dagegen und bekam Recht.
Dumm für den Vermieter: Laut Gericht hätte er den Mieter zu Beginn des Mietverhältnisses auf den empfindlichen Marmorboden hinweisen müssen.
Oder – er hätte eine Fliege im Becken anbringen sollen.
Fußballtor
Alternativ, aber mit demselben Ziel zur Vermeidung von Spritzern, finden sich in einigen Urinalen Fußballtore mit aufgehängtem Fußball wieder.
Viele Männer sind begeistert vom Fußball.
Lustigerweise versucht die Mehrzahl der Männer den Ball zu treffen, um diesen durch den gezielten Strahl ins Tor zu befördern. Getroffen? Tor! Wunderbar!
Der Strahl wird gelenkt, kein Spritzer geht daneben. Die Kacheln an der Wand und am Boden bleiben sauber. Ziel erreicht.
Es gelingt, ohne ein unschönes Verbot auszusprechen oder ein Verbot zu formulieren.
Der Wandbecken- oder Toilettenbenutzer handelt ‚lustvoll‘, so wie gewünscht.
Treffen zwei Menschen aufeinander, um miteinander zu kommunizieren, versuchen sie sich bewusst und unbewusst gegenseitig von ihren eigenen Ideen zu überzeugen – stets und dauernd!
Dagegen wird grundsätzlich kaum einer etwas einzuwenden haben, gehört doch zum zwischenmenschlichen Miteinander, sich auszutauschen, zu befragen und zu informieren.
Einer will sich mitteilen – der andere auch. So ergibt sich die Kommunikation.
Allerdings: sobald einer einen tollen Vorschlag oder eine klasse Idee hat, will er sein Gegenüber überzeugen zuzustimmen.
Daraus folgt: Einer will den anderen mit seinen Argumenten übertreffen. Jeder will (rhetorisch) gewinnen.
Aber wie ist das nun mit der Abgrenzung?
Sie werden in diesem Handbuch sehen, wie unglaublich sensibel die Abgrenzung zwischen Manipulation und Nudging erscheint.