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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2017
KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN
Band 420
Textanalyse und Interpretation zu
Alfred Andersch
SANSIBAR ODER DER LETZTE GRUND
Sabine Hasenbach
Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen
Zitierte Ausgaben: Andersch, Alfred: Sansibar oder der letzte Grund. Zürich: Diogenes Verlag, 2006.
Über die Autorin dieser Erläuterung: Sabine Hasenbach hat Mineralogie (mit den Nebenfächern Mathematik, Physik und Chemie) an den Universitäten Köln und Bonn sowie Literaturwissenschaft (mit den Nebenfächern Psychologie und Soziologie) an der FernUniversität in Hagen studiert, wo sie mit einer Arbeit über Katherine Mansfield zum Baccalaureus Artium graduiert worden ist. Sie wohnt in Düsseldorf und arbeitet an der dortigen Heinrich-Heine-Universität.
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2. Auflage 2014
ISBN 978-3-8044-6988-4
© 2013 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelbild: © Cinetext/Allstar
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INHALT
1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht
2. Alfred Andersch: Leben und Werk
2.1 Biografie
2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Der deutsche Vorkriegsfaschismus
Kommunistenverfolgung
Verfolgung jüdischer Menschen
Euthanasie
„Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens“
Diffamierung und Ausgrenzung von Künstlern der Moderne
Die deutsche Literaturszene in den 1950er Jahren
2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken
Sansibar im Kontext von Anderschs bisherigem Schaffen
3. Textanalyse und -Interpretation
3.1 Entstehung und Quellen
3.2 Inhaltsangabe
3.3 Aufbau
Die Textoberfläche
Das erzählte Geschehen
3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken
Gregor
Helander
Judith Levin
Der Junge
Heinrich Knudsen
Bertha Knudsen
Der Wirt des „Wappen von Wismar“
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen
3.6 Stil und Sprache
Die Sprache Alfred Anderschs
Sprachliche Mittel
Dynamik des Erzählens: Motive und ihre Wiederholungen
Intertextualität
Erzähltheorie und Erzählverhalten
story und plot in der Literaturwissenschaft
Sansibar oder der letzte Grund – Roman und Drama?
3.7 Interpretationsansätze
Leben in einem ideologisch-repressiven System
Zurückgewinnen der Selbstbestimmung
4. Rezeptionsgeschichte
Sansibar oder der letzte Grund in der Literaturwissenschaft
Sansibar oder der letzte Grund im 21. Jahrhundert
5. Materialien
Die innenpolitischen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland in den 1950er Jahren
Alfred Andersch und die Littérature engagée
Äußerungen Alfred Anderschs
6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen
Aufgabe 1 *
Aufgabe 2 *
Aufgabe 3 ***
Aufgabe 4 ***
Literatur
Zitierte Ausgabe
Biografie und Biografisches
Übergreifende Darstellungen – Literatur
Übergreifende Darstellungen – Geschichte
Zu Sansibar oder der letzte Grund
Hörspiel
Hörbuch
Verfilmungen
Oper
Damit sich jeder Leser in unserem Band rasch zurechtfindet und das für ihn Interessante gleich entdeckt, hier eine Übersicht.
Im 2. Kapitel beschreiben wir Alfred AnderschsLeben und stellen den zeitgeschichtlichen Hintergrund dar:
Alfred Andersch wurde am 4. Februar 1914 in München geboren und starb am 21. Februar1980 in Berzona/Schweiz. Er lebte in Hamburg und München, bevor er 1958 ins Tessin übersiedelte.
Die Romanhandlung ist vor dem Hintergrund des deutschenVorkriegsfaschismus zu verorten.
Sansibar oder der letzte Grund ist 1957 erschienen. Auf sich aufmerksam machte Andersch mit der 1954 publizierten Erzählung Die Kirschen der Freiheit.
Sansibar oder der letzte Grund ist literaturgeschichtlich der deutschen Nachkriegsliteratur zuzuordnen. Diese wiederum ist in den Kontext der literarischen Moderne einzuordnen.
Im 3. Kapitel bieten wir eine Textanalyse und -interpretation.
Sansibar oder der letzte Grund – Entstehung und Quellen:
Zu Sansibar oder der letzte Grund wurde Andersch angeregt durch den Kauf von Skulpturen Ernst Barlachs durch Hermann Reemstma sowie durch die Verfolgung seiner ersten Frau und deren Mutter durch die Nationalsozialisten.
1955: Andersch beginnt mit der Niederschrift des Romans Sansibar oder der letzte Grund.
1957: Publikation des Romans beim Walter-Verlag in Olten
Inhalt:
Der Roman umfasst 37 Kapitel.
Im Herbst 1937 treffen in der an der Ostsee gelegenen Stadt Rerik mehrere Menschen aufeinander. Zu ihnen gehört Judith Levin, die jüdischen Glaubens ist und deren gelähmte Mutter sich am Vortag aus Angst vor Verfolgung das Leben genommen hat. Judith Levin hofft, per Schiff nach Schweden gelangen zu können. Sie trifft auf den Kommunisten Gregor, der einen Parteiauftrag ausführen und sich mit dem Verbindungsmann Heinrich Knudsen treffen soll. Gregor hat sich der kommunistischen Ideologie entfremdet, allerdings will er diesen einen Auftrag noch ausführen und sich dann ins Ausland absetzen. Judith gefällt ihm und er entschließt sich, ihr zu helfen. In der Kirche Reriks wartet er auf Heinrich Knudsen, wobei er der SkulpturLesender Klosterschüler Ernst Barlachs ansichtig wird, die ihn beeindruckt. Heinrich Knudsen ist ebenfalls Kommunist. Er leidet unter der Inaktivität der KP, seiner psychisch kranken Frau Bertha wegen will er, der sich auch gerne absetzen würde, in Rerik bleiben. Mit Fluchtgedanken trägt sich auch Knudsens fünfzehnjähriger Schiffsjunge, der vom Leben in Rerik angeödet ist und ihm durch ein Leben à la Huckleberry Finn in Übersee entgehen will.
Knudsen wird von Reriks Pfarrer Helander gebeten, die Plastik Lesender Klosterschüler ins schwedische Skillinge zu bringen, um sie vor der Konfiszierung durch die Nationalsozialisten, die sie als „entartete Kunst“ diffamieren, zu bewahren. Unterstützung bekommt der Pfarrer unerwartet durch Gregor, der sich der Wirkung der Plastik nicht entziehen kann. Mit Knudsen, der zunächst seine Hilfe verweigerte, schließlich doch einwilligt, vereinbart Gregor einen Treffpunkt an der Küste, zu dem er außer der Plastik auch Levin mitbringt. Nach anfänglichem Widerstand bringt Knudsen mit Hilfe seines Schiffsjungen Judith Levin und die Plastik nach Schweden, was deren Rettung bedeutet. Gregor verzichtet auf die Mitfahrt. Der Schiffsjunge, der bei dieser Aktion eine Möglichkeit zur ersehnten Flucht findet, nimmt Abstand von seinem Vorhaben und kehrt mit Knudsen nach Rerik zurück.
Helander tötet einen der Beamten, die ihn wegen des Verschwindens der Statue verhaften wollen. Er wird daraufhin erschossen.
Chronologie und Schauplätze:
Die Handlung des Romans ereignet sich an einem Tag im Oktober 1937. Schauplatz ist die an der Ostsee gelegene Stadt Rerik. Der Roman umfasst eine erzählte Zeit von ungefähr 24 Stunden.
Personen:
Die Hauptpersonen sind
Gregor:
ein desillusionierter Kommunist,
auf der Suche nach einem neuen Lebensentwurf,
Helander:
der Pfarrer Reriks,
hadert mit Gott und der Amtskirche,
Judith Levin:
eine junge Frau jüdischen Glaubens,
auf der Flucht vor den Nationalsozialisten,
der Junge:
Schiffsjunge Heinrich Knudsens,
angeödet von seinem Leben in Rerik,
Heinrich Knudsen:
ein enttäuschter Kommunist,
verhärtet.
Weitere Personen sind Bertha Knudsen, der Wirt des „Wappen von Wismar“, Dr. Frerking, Fischer aus Rerik, Küster Paulsen, Mutter des Jungen, schwedische Seeleute, Haushälterin Helanders und Gestapo-Beamte.
Stil und Sprache Alfred Anderschs:
Andersch schreibt in einer klaren, nüchternen Sprache.
Er setzt eine individuell geprägte Figurensprache ein.
Er bedient sich der seemännischen Terminologie.
Er bedient sich der faschistisch überprägten Sprache.
Er erzählt überwiegend chronologisch.
Er arbeitet mit Motivwiederholungen.
Er setzt Intertextualität ein.
Er wechselt das Erzählverhalten.
Auf folgende Interpretationsansätze gehen wir näher ein:
Leben in einem ideologisch-repressiven System
Zurückgewinnen der Selbstbestimmung
Alfred Andersch beschreibt individuelle Wege zur Selbstbestimmung und Souveränität angesichts existenzieller Bedrohung.
Alfred Andersch 1914–1980 © akg images – Keystone
JAHR
ORT
EREIGNIS
ALTER
1914
München
Alfred Andersch wird am 4. Februar als zweites Kind des Offiziers Alfred Andersch und seiner Frau Hedwig geboren.
1924
München
Besuch des Wittelsbacher-Gymnasiums, das er 1928 wegen schlechter Leistungen verlassen muss.
10
1928
München
Beginn einer Buchhändlerlehre beim WEGA-Verlag. Lektüre sozialkritischer Literatur.
14
1929
München
Tod des Vaters.
15
1930
Eintritt in den kommunistischen Jugendverband KJV.
16
1931
München
Abschluss der Ausbildung, im Anschluss daran arbeitslos.
17
1932
Organisationsleiter des Kommunistischen Jugendverbandes Südbayern.
18
1933
München
Verhaftung und dreimonatige Internierung im KZ Dachau. Nach der Haftentlassung stellt Andersch seine politischen Aktivitäten ein. Anstellung bei J. F. Lehmann’s Verlagsbuchhandlung.
19
1934
Erste Italienreise. Begegnung mit Angelika Albert.
20
1935
Zweite Italienreise. Hochzeit mit Angelika Albert.
21
1937
Hamburg
Umzug nach Hamburg. Anstellung in der Werbeabteilung der Leonar-Werke.
23
1938
Hamburg
Geburt der Tochter Susanne.
24
1939
Beginn der Beziehung mit Gisela Groneuer.
25
1940
Geburt des Sohnes Michael. (Mutter ist Gisela Groneuer). Einsatz als Soldat in Frankreich.
26
1941
Hamburg
Entlassung aus der Armee. Tätigkeit als Büroangestellter bei Mouson & Co.
27
1943
Scheidung von Angelika Albert.
29
1944
Publikation der Erzählung Erste Ausfahrt in der „Kölnischen Zeitung.“ Einsatz als Soldat in Dänemark und Italien. Andersch desertiert zu den Amerikanern und wird in die USA verschifft.
30
1945
USA
Verlegung von Louisiana nach Rhode Island. Andersch verfasst Beiträge für die Lagerzeitschrift „Der Ruf – Blätter für deutsche Kriegsgefangene“. Rückkehr nach Deutschland. Geburt des Sohnes Martin.
31
1946
München
Anstellung als Redaktionsassistent Erich Kästners bei der „Neuen Zeitung“
32
1947
München
Gründung der Monatszeitschrift „Der Ruf“ mit Hans Werner Richter. Entlassung Anderschs durch die amerikanische Militärregierung wegen politischer Differenzen. Initiierung des ersten Treffens der Gruppe 47.[2]
33
1948
Frankfurt
Andersch wird Redakteur der Hörfunksendung Abendstudio. Erste Buchpublikation mit Deutsche Literatur in der Entscheidung. Ein Beitrag zur Analyse der literarischen Situation.
34
1950
Andersch heiratet Gisela Groneuer. Geburt der Tochter Annette.
36
1951
Frankfurt
Herausgeber der Buchreihe studio frankfurt.
37
1952
Publikation der Erzählung Die Kirschender Freiheit.
38
1955
Stuttgart
Herausgeber der Literaturzeitschrift „Texte und Zeichen“. Andersch wird Redaktionsleiter beim Süddeutschen Rundfunk und ruft die Hörfunk-Sendung Radio-Essay ins Leben.
41
1957
Veröffentlichung des RomansSansibar oder der letzte Grund.
43
1958
Schweiz
Übersiedlung nach Berzona/Schweiz. Auszeichnung mit dem Schleußner-Schuller-Preis des Hessischen Rundfunks und mit dem Förderpreis der Stadt Düsseldorf. Auszeichnung mit dem deutschen Kritikerpreis für Sansibar oder derletzte Grund.
44
1960
Publikation des Romans Die Rote.
46
1962
Reise nach Rom. Der Reisebericht Wanderungen imNorden erscheint.
48
1963
Die Anthologie Ein Liebhaber desHalbschattens erscheint.
49
1965
Die Hörspielsammlung Fahrerflucht erscheint. Publikation der Essaysammlung Die Blindheit des Kunstwerks.
51
1966
Publikation der Reiseberichte Aus einem römischen Winter.
52
1967
Publikation des Romans Efraim.
53
Dortmund
Andersch wird mit dem Nelly-Sachs-Preis ausgezeichnet.
1968
Lausanne
Auszeichnung mit dem Charles-Veillon-Preis.
54
1970
USA
Vortragsreise durch die USA.
56
1971
Publikation der Erzählungen Mein Verschwinden in Providence.
57
1972
Mexiko
Reise nach Mexiko.
58
1974
Veröffentlichung des Romans Winterspelt.
60
1975
Reisen nach Spanien, Portugal und in die UdSSR.
61
München
Auszeichnung mit dem Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
1976
Mit dem Gedicht Artikel 3 löst Andersch eine Debatte zum Radikalenerlass aus.
62
1977
Publikation der Gedichtanthologie Empört euch der Himmel ist blau. Schwere Nierenerkrankung.
63
1979
Publikation der Studienausgabe der Werke Anderschs.
65
Marbach
Übergabe seines Nachlasses an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach.
1980
Berzona
Alfred Andersch stirbt am 21. Februar an Nierenversagen. Posthume Veröffentlichung der Erzählung Der Vater eines Mörders. Eine Schulgeschichte.[3]
66
ZUSAMMENFASSUNG
Der Roman ist im Deutschland des Jahres 1937 verortet, die Handlung vollzieht sich also vor dem Hintergrund des deutschen Vorkriegsfaschismus. Auf folgende politische Realitäten wird im Roman rekurriert:
Kommunistenverfolgung,
Verfolgung jüdischer Menschen,
Euthanasie,
Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens,
Diffamierung und Ausgrenzung von Künstlern der Moderne.
Der deutsche Vorkriegsfaschismus
Am 30. 01. 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler berufen. Der Ausbreitung der nationalsozialistischen Ideologie war damit Tür und Tor geöffnet. Zwar gab es ein Rechtssystem, allerdings wurde es peu à peu der faschistischen Ideologie angepasst. Deutschland entwickelte sich zu einem rechtsfreien Raum.
Kommunistenverfolgung
Die deutschen Kommunisten waren in der 1919 gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands KPD versammelt. Die KPD gehörte zu den politischen Gegnern der Nationalsozialisten. Diese wiederum ließen die Anhänger der KPD nach der Machtergreifung 1933 verfolgen. Auslöser einer massiven Verhaftungswelle war der Brand des Reichstagsgebäudes in der Nacht vom 27. Februar 1933. Obwohl die Urheberschaft des Brandes nicht eindeutig geklärt werden konnte, beschuldigten Adolf Hitler und Hermann Göring, dem die Polizei unterstand, die Kommunisten und warnten vor einem bevorstehenden kommunistischen Umsturz. Noch in der Brandnacht ordnete Göring die Verhaftung der Abgeordneten und der führenden Funktionäre der KPD an sowie das Verbot ihrer Presse und die Schließung ihrer Parteibüros. Am Tag darauf erließ Hitler die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“,[4] die die massive Verfolgung der politischen Opposition legitimierte. Die sich dem Erlass anschließende Verfolgungs- und Verhaftungswelle richtete sich vor allem gegen die Kommunisten, deren Parteiapparat und Organisationsstrukturen schließlich zerschlagen wurden. Der der Verhaftung entkommene Teil der KPD-Führung ging in die Emigration, andere hielten sich noch einige Monate in Deutschland auf und versuchten eine illegale Organisation aufzubauen. Im März 1933 folgte das Ermächtigungsgesetz, auf dessen Grundlage die nationalsozialistische Regierung ohne Beteiligung des Reichstages und Reichsrates Gesetze erlassen konnte.
1937 wurde das Ermächtigungsgesetz um vier Jahre verlängert, was die Fortführung antidemokratischer Verhältnisse bedeutete.
Mit den Figuren des im Untergrund agierenden Gregor und des Fischers Heinrich Knudsen verweist Andersch auf die kommunistische Opposition und deren Verfolgung durch die Nationalsozialisten: „Man hörte von Verhaftungen in Rostock, in Wismar, in Brunshaupten, an der ganzen Küste.“ (S. 17).
Verfolgung jüdischer Menschen
Eines der Spezifika des deutschen Nationalsozialismus war seine Rassenpolitik. „Auslese und Ausmerze wurden zu Leitbegriffen der nationalsozialistischen Ideologie.“[5] Davon betroffen waren u. a. sogenannte Rassefremde. Zu den Rassefremden zählten gemäß der nationalsozialistischen Ideologie die jüdischen Menschen.
Die Maßnahmen gegen diese Bevölkerungsgruppe können in mehrere Phasen eingeteilt werden:
Maßnahmen auf der Grundlage von Notverordnungen und dem Ermächtigungsgesetz (1933–1935),
Nürnberger Gesetze (1935–1938),
Pogrome und erste Massendeportationen (1938–1941),
Organisierte Tötungen (1941–1945).
Die erste offizielle, sich gegen jüdische Menschen richtende Maßnahme war der eintägige Boykott ihrer Geschäfte am 1. April 1933.
Die zweite Phase wurde durch die Akklamation der „Nürnberger Gesetze“ im September 1935 eingeleitet. Diese Gesetze bildeten den Rahmen, innerhalb dessen die antisemitische Ideologie in politische Realität umgesetzt wurde. Sie umfassten das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ sowie das „Reichsbürgergesetz.“ Das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verbot generell Sex zwischen jüdischen und nichtjüdischen Partnern. Eheschließungen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Menschen waren ebenfalls untersagt. Das „Reichsbürgergesetz“ fraktionierte die deutschen Bürger in „Reichsbürger“ mit vollen Rechten und „Staatsangehörige“ mit eingeschränkten Rechten. Die jüdischen Menschen wurden den „Staatsangehörigen“ zugeordnet und so zu Bürgern zweiter Klasse mit eingeschränkten Rechten degradiert. Durch in den folgenden Jahren erlassene Verordnungen wurden sie mehr und mehr in die rechtliche und soziale Isolierung gedrängt. Einige versuchten der gefährlichen Situation durch Ausreise zu entkommen.
Die Figur der Judith Levin symbolisiert die jüdischen Bürger und deren massive Gefährdung im nationalsozialistischen Deutschland, so lässt der Erzähler die junge Frau folgendes sagen: „Früher dachte ich, ich sei eine Deutsche. … Seitdem hat man mich zu einer Jüdin gemacht.“ (S. 123)
Euthanasie