Sarmaten: Unbekannte Väter Europas - Reinhard Schmoeckel - E-Book

Sarmaten: Unbekannte Väter Europas E-Book

Reinhard Schmoeckel

2,1

Beschreibung

Die Sarmaten, ein den alten Persern verwandtes Reiterhirtenvolk von der mittleren und unteren Donau, wanderten in kleinen Gruppen in der Völkerwanderungszeit nach den Hunnen nach Mittel- , Nord- und Osteuropa ein. Anders als diese waren die Sarmaten keine Plünderer und Eroberer, darum hat man sie vergessen. Ihre adligen Anführer wurden zur Führungsschicht mehrerer deutscher Stämme, aber auch osteuropäischer Völker im Frühmittelalter. Über die Frühgeschichte dieses zu Unrecht vergessenen Volkes, seine Kultur und Lebensgewohnheiten und die Gründe für das scheinbar spurlose "Verschwinden aus der Geschichte" informiert dieser Band 1 einer neuen Buchreihe. Die weiteren Bände beschreiben, wie die adligen Anführer schnell mit germanischen Vorbewohnern zu Westfalen, (Nieder-)Sachsen, Thüringern und Schwaben zusammenwuchsen, und wie Sarmaten zu den Merowingerkönigen in Gallien (Frankreich) wurden. Die "akademische" Geschichtsforschung weiß nichts davon, weil es keine alten Schriftquellen dazu gibt. Aber Indizien aus zahlreichen anderen Wissenschaften bringen überzeugende Beweise für die Richtigkeit der hier zusammengetragenen Forschungen.

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Seitenzahl: 149

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

Vorwort

I. Die Vorväter

1. Die indoeuropäische Herkunft

2. Wandlungen zwischen Karpaten und Altai

3. Reale und „sagenhafte“ Völkernamen

4. Aus Viehhirten werden Reiter

II. Die Sarmaten: Gesellschaft, Religion, Lebensweise

1. Die Herren der Steppe im Blick der kultivierten Nachbarn und der modernen Wissenschaft

2. Licht ins Dunkel bringen zwei versteckte Volkssplitter

3. Die Religion aus Innerasien

4. Die sarmatische Kultur

5. Die Menschen und ihre Lebensweise

III: Aus der bewegten Geschichte des Volkes

1. Sagenhafte und reale Amazonen

2. Die Sarmaten bis zum frühen römischen Reich

3. Kämpfe gegen Rom, Kämpfer für Rom

4. 80 Jahre Hunnennot

5. Die Hunnen verschwinden, aber friedlich wird es nicht

6. Ein Volk löst sich auf und wird zu Anführern neuer Völker

7. Sarmaten – Völkergründer in Osteuropa

IV. Neue Einblicke in alte Zeiten

1. Ein aufschlussreicher Vergleich: Römer, Germanen und Sarmaten als Herrscher

2. Die deutschen Kaisergeschlechter – hatten sie sarmatische Urahnen?

Vorwort

Eine neue Idee für das Verständnis der lange zurückliegenden Geschichte unseres Heimatlandes Deutschland hat es schwer, sich durchzusetzen: Sarmaten sollen „die Väter Europas“ sein? Wer sind denn nur diese völlig unbekannten Sarmaten und was haben sie mit Deutschland zu tun? Wir Deutschen sind doch Germanen - davon ist man seit eh und je überzeugt.

Aus welchen Völkern ist unser heutiges deutsches Volk im Lauf seiner langen Entwicklung entstanden? Diese Frage können wohl nur „Laien“ stellen; sie ist auch selten ein Thema akademischer historischer Forschung. So ist auch die Frage, ob und wie weit Germanen, Kelten, Slawen, „Welsche“ und manche andere „Völker“ einst zur Entstehung des heutigen deutschen Volkes beitrugen, nur gelegentlich gestellt worden, und wenn, dann oft in einer höchst einseitigen Weise.

Wozu auch: es steht doch seit mindestens 2000 Jahren fest, dass „die Deutschen“ ursprünglich Germanen sind! Doch ist durchaus fraglich, ob die antiken Berichte wirklich nur Germanen meinten, wenn sie wie Caesar und Tacitus von den Einwohnern der „barbarischen Länder“ jenseits von Rhein und Donau erzählten oder später von den Zügen und Eroberungen der Goten, Vandalen, Burgunder, Franken oder Langobarden, die damals die alte Welt des römischern Imperiums umgestalteten.

Sicher ist aber, dass alle deutschen Historiker schon seit der frühen Neuzeit überzeugt waren, es habe sich bei allen diesen Völkern um Germanen gehandelt. Und die mussten die Vorfahren der Deutschen sein. Nicht umsonst nannte man zu Anfang des 19. Jahrhunderts alle einstigen germanischen Völker in Mitteleuropa „die alten Teutschen“.

Die Germanen-Begeisterung während der Zeit des Hitler-Reiches trug dazu bei, diese Überzeugung zu festigen; sie hat sie aber keineswegs erst erzeugt.

Heute ist man da vorsichtiger. Ja, im Gegenteil nehmen im 21. Jahrhundert akademische Historiker den „Völkernamen“ Germanen am liebsten nicht mehr in den Mund.

Aber Sarmaten stattdessen? Das wäre eine ganz falsche Antwort. Denn diese Sarmaten, um die es in diesem Band geht, waren keineswegs die einzigen, die ihre Gene in die Menschen einbrachten, die heute das deutsche Volk bilden.

Die oben schon genannten Kelten, Slawen, Balten, „Welschen“ und andere trugen ebenso dazu bei, und natürlich nicht zuletzt die Germanen. Von denen haben wir heutigen Deutschen auf jeden Fall weitgehend die Sprache geerbt.

In neuester Zeit – das müssen wir uns klar machen! - haben auch Türken, Polen, Italiener, Syrer und zahlreiche andere Immigranten ihre Gene in „uns Deutschen“ hinterlassen – aber das ist eine Frage für die Zeit geschichte, nicht für die Geschichte vor anderthalb Jahrtausenden, um die es in diesem Buch und in den Bänden der gesamten Buchreihe geht.

Wer waren nun also die Sarmaten, die vor etwa 1500 Jahren so wichtig für unser Land, ja für große Teile unseres Kontinents Europa wurden, wie der Autor behauptet? Das soll in diesem Buch, aber auch in den folgenden Bänden dieser Buchreihe, näher erläutert werden.

Im Jahr 1999 hat eine populärwissenschaftliche Zeitschrift aus der Schweiz1 erstmals geschrieben, die „Franken“ unter König Chlodwig seien Sarmaten gewesen, allerdings noch ohne die vielen inzwischen vom Autor zusammen getragenen Argumente.

Ein in Frankreich lebender ukrainischer Autor hat vor wenigen Jahren nach langer Forschungspause wieder einen umfassenden Überblick über das historische Auftreten der Sarmaten erstellt, jedoch ohne auf die Rolle dieses Volkes im Frühmittelalter ein-zugehen, genau die Zeit, in der dieses Volk verschwand und dabei gleichzeitig zu Gründervätern vieler neuer Völker wurde2. Vor allem gerade dieser Periode sind jedoch das vorliegende Buch und die anderen Bände dieser Buchreihe gewidmet.

Historiker von europäischen Universitäten werden von diesen Forschungen keine Kenntnis nehmen. Denn sie wurden ja von einem „Außenseiter“ angestellt, der es noch dazu gewagt hat, nicht nur alte Schriftquellen heranzuziehen, sondern Indizien aus der Archäologie, der Sprachwissenschaft, der Ethnologie, der Volkskunde, der Religionswissenschaft und anderen Forschungsbereichen. Diese Forschungen muss man als „ordentlicher Historiker“ doch den Kollegen der jeweils anderen Wissenschaft überlassen!

Doch wie in einem Gerichtsprozess tragen erst die „Beweise“ aus all diesen verschiedenen Forschungsbereichen zur Erkenntnis der Wahrheit bei.

Dieser erste Band der Buchreihe beschreibt die Herkunft, das Wesen und die historische Entwicklung des Volkes der Sarmaten allgemein. Die folgenden Bände gehen dann ausführlicher darauf ein, wie adlige Anführer der Sarmaten im Frühmittelalter die späteren Volksstämme der Westfalen, Sachsen, Thüringer und Schwaben formten.

Reinhard Schmoeckel

1 Museion 2000, Ausgabe 1/1999, S. 6 – 20, Autor Urs Guggenbühl

2 Jaroslaw Lebedynsky, Les Sarmates – Amazones et lanciers cuirassés entre Oural et Danube VIIe siècle avant J. C. –et VI. e siècle apres J.C.,, Edition Errance, Saint-Germain-du-Puy (Frankreich), 2002, ISBN 2-87772-235-X

I.

Die Vorväter

1. Die indoeuropäischen Wurzeln

Das Volk, mit dem sich dieses Buch beschäftigt, ist nur zu verstehen, wenn man seinen Ursprung kennt, den aus dem „arischen“ Ast der indoeuropäischen Sprachenfamilie.

Dieser Ursprung reicht mindestens 10 000 Jahre zurück, und er verliert sich irgendwo in den unendlichen Weiten der Steppen Innerasiens nördlich des Pamir, des Hindukusch, des Himalaya und der anderen Hochgebirge dort.

Die „Familie“ der indoeuropäischen Sprachen ist vielleicht nicht die älteste auf dem großen Doppelkontinent Europa-Asien (Eurasien), aber sie ist die zuerst entdeckte. Bereits seit dem Ende des 18. Jahrhunderts hatten Sprachforscher aus verschiedenen Ländern herausgefunden, dass fast alle Sprachen in Europa und viele in Asien, vor allem Indien, miteinander verwandt sind und dass sie sich einst aus einer noch relativ einheitlichen Bevölkerung heraus in verschiedene Äste und Zweige entwickelt hat. Denn jede Sprache verändert sich zwangsläufig im Laufe der Zeit und wird den Ursprüngen fremder, aber eben nicht ganz fremd.

Der Ort der Entstehung des „Urkerns“ dieser Sprachfamilie war lange umstritten. Doch scheint es heute fast sicher, dass er eben in diesem Steppengebiet zwischen Schwarzem Meer und dem südlichen Innerasien lag.

Vor mehr als 40 Jahren hat sich der Autor dieses Buches schon einmal intensiv mit dem Auftauchen der ersten Völker mit indoeuropäischen Sprachen aus dem Dunkel der Vorgeschichte im westlichen Asien und Europa beschäftigt 3. Er hat darin diesen Teil der Vorgeschichte der Europäer – wenigstens fast aller heutigen Europäer – in einer auch für Laien verständlichen Form beschrieben. Die neuere Literatur grundsätzlicher Art zur Entstehung der indoeuropäischen Sprachen und ihrer Weiterentwicklung4 aus dem „offiziellen“ Bereich der Linguistik hat allerdings von diesem Buch keine Kenntnis genommen, weil es ja nicht von einem Professor der Sprachwissenschaft stammt.

Sicher ist inzwischen, dass alle frühen Völker dieser Sprachfamilie zum europiden Rassenkreis gehörten, der sich in mehreren zehntausend Jahren der Isolation von den modernen Menschen (homo sapiens) anderer Rassenkreise (mongolide, negride) abgespalten hat (zwischen 60 000 und 10 000 v. Chr.?). Dabei erwarben alle diese „Europiden“ ihre typischen Kennzeichen (helle Haut, Haar und Augen), die sich vielfach bis heute als Erbgut erhalten haben, also auch die Menschengruppen, die später indoeuropäische Sprachen benutzen5.

Ab dem 5. Jahrtausend vor der Zeitenwende zogen Menschengruppen mit frühen Formen solcher Sprachen in verschiedenen Ausbreitungswellen nach Westen. Die Forscherin Marija Gimbutas hat sie „Kurgan-Kulturen“ genannt6. „Kurgan“ heißen heute noch im Russischen die großen Grabhügel, unter denen die Menschen damals dort ihre verstorbenen Anführer beisetzten.

Die kleinen Gruppen aus dieser „Kurgan-Kultur“ überlagerten in Europa mit der Zeit die dort längst lebenden Menschengruppen anderer sprachlicher und kultureller Ausrichtung, und sie brachten sie dazu, ihre eigene Sprache zu benutzen. Aus diesen Mischungen entstanden später die aus der Geschichte bekannten Völker der Hethiter, der Griechen, der Kelten, der Römer, der Germanen und andere.

Mittelasien muss damals, nach dem Ende der Eiszeit, weitaus fruchtbarer gewesen sein als später und im Vergleich zu vielen anderen Weltgegenden jener Epoche eine größere Bevölkerungszahl ernährt haben. Von dort aus brachen zu Beginn des 2. Jahrtausends vor Chr. (?) Gruppen mit indoeuropäischer Sprache über die Pässe der Gebirge Hindukusch und Pamir nach Süden auf und begannen den indischen Subkontinent zu besiedeln, die späteren „arischen Inder“.

Die in Mittelasien zurückgebliebenen Menschengruppen werden von der Archäologie nach ihren Grabformen „Katakombengrab-Kultur“ und später „Holzkammergrab-Kultur“ genannt, von der Sprachwissenschaft nach ihrer Sprache „irano-arisch“. Die letztere Bezeichnung soll den Unterschied zum „Indo-Arischen“ der späteren Inder betonen, doch dürften beide Sprachfamilien sich immer ähnlicher gewesen sein, je weiter man in der Zeit zurückgeht. Diese noch gemeinsame Sprachform heißt wissenschaftlich „arisch“. Das Wort stammte aus der einst gemeinsamen Sprache dieser „östlichen Indoeuropäer“ und bedeutete wohl „die Reinen“ oder aber „die Fremden“7. Es hat nichts mit Menschenrassen zu tun, sondern ist ein rein sprachwissenschaftlicher Be griff.

Die zeitweilige Einteilung der Deutschen in „Arier“ und „Nicht-Arier“ während der Herrschaft Hitlers war nicht nur ein entsetzlicher Verstoß gegen alle Menschenrechte, sondern auch eine wissenschaftlich völlig unsinnige Theorie.

Zu der „irano-arischen“ Sprachgruppe zählt man die Idiome der antiken Meder und Perser, das Avestische (eine mittelasiatische „Kirchensprache“ der Zoroastrier aus der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr.), aber auch die praktisch kaum bekannten Sprachen der Völker der Kimmerier, der Skythen und der Sarmaten in den Jahrhunderten vor und nach der Zeitwende. Heute benutzen ca. 150 Millionen Menschen Sprachen aus dieser Gruppe, vor allem im Iran, in Kurdistan, Afghanistan und Pakistan.

Es ist bedauerlich, dass sich an der Erforschung der Frühzeit dieser indoeuropäischen Sprachfamilie fast ausschließlich Linguisten beteiligen, ganz wenige Archäologen und mit L. Cavalli-Sforza inzwischen auch Humangenetiker, aber keine Historiker oder Literaturhistoriker.8 Dabei würden gerade solche Fachleute, wenn sie auf Frühzeiten der Völker wie Inder, Griechen, Perser, Kelten, Römer, Germanen, Balten oder Slawen spezialisiert sind, unschwer feststellen können, wie eng diese Völker nicht nur sprachlich verwandt waren, sondern auch, wie ähnliche Prägungen sie etwa in ihren kulturellen Verhältnissen aufwiesen, je weiter zurück, desto auffallender.

Diese fachübergreifende Sichtweise wird in diesem Buch ein überraschend plastisches Bild des zu Unrecht so vergessenen Volkes der Sarmaten zeichnen können.

Ebenfalls in den Weiten Innerasiens, aber tausende von Kilometern von der „Wiege“ der Menschen mit indoeuropäischen Sprachen entfernt, entstand damals in langer Isolation noch eine zweite Menschengruppe mit einer erheblich anderen „Ur-Sprache“. Das waren die Ahnen der späteren Hunnen, Awaren, Türken und Mongolen, aber auch der Finnen und der Ungarn. Ihre „Sprachfamilie“ heißt heute bei den Fachgelehrten „Ural-Altaisch“ nach den Gebirgen, in deren Nähe die „Wiege“ dieser Menschen einst stand. Auch hier haben sich die Einzelsprachen im Laufe der Zeit stark auseinander entwickelt. Aber eine frühe Gemeinsamkeit ist noch durchaus zu erkennen.

Wie bei den Indoeuropäern sollte es mehrere tausend Jahre dauern, bis sich einzelne Völker daraus lösten und nach Westen ins „gelobte Land“ Europa aufbrachen, fast immer auf dem Pferderücken. Als erobernde und plündernde Reitervölker haben Hunnen, Awaren, Ungarn (Magyaren), Türken und Mongolen – jeweils im Abstand von zwei oder drei Jahrhunderten nacheinander – Angst und Schrecken in Europa verbreitet. Ihre kulturelle Prägung muss in der langen Isolation in Innerasien völlig anders verlaufen zu sein, als bei den frühen Indoeuropäern.

Wer in einem solchen Volk aus „ural-altaischer“ Sprachwurzel den Weg auf den Königsthron gefunden hatte, der wollte nicht nur das eigene Volk beherrschen, sondern alle Nachbarvölker. Und das eigene Volk, genauer die Krieger auf ihren schnellen Pferden, halfen mit ständigen Kriegszügen, diesen „Weltherrschaftsanspruch“ der Könige durchzusetzen. Ihre Mittel dazu waren Eroberung, Plünderung, Mord. Daher hat man diese Völker bis heute nicht vergessen.

Die Sarmaten aus indoeuropäischer Wurzel, die es anders machten, hat man dagegen nie beachtet und daher vergessen.

2. Wandlungen zwischen Karpaten und Altai

Südlich der unermesslichen Wälder Nordasiens bot das offene Steppenland Platz für das Sesshaftwerden der dortigen Menschen, für Ackerbau und Kleinviehzucht. Dies sind die Merkmale des Wandels menschlicher Kulturen von der Altsteinzeit (Paläolithikum) und von den Jägern und Sammlern zur Jungsteinzeit (Neolithikum).

Die Menschengruppen mit irano-arischen Sprachen, die hier seit langer Zeit lebten, haben diese Entwicklung bereits recht früh mitgemacht. Selbst wenn es nicht inzwischen längst auch archäologische Nachweise hierfür gäbe, könnten Fachleute für die frühe indoeuropäische Sprache das aus den Indizien der „linguistischen Paläontologie“ erschließen.

Man hat mit dieser Methode Worte und Wortgruppen in den verschiedenen indoeuropäischen Sprachen gesucht, die sich in Wortlaut und Bedeutung so ähnlich waren, dass ihre ersten Nutzer sicherlich noch eng benachbart lebten oder zu einem Volk gehörten9. So hat man bereits für die frühesten Menschen, die „ur-indoeuropäisch“10 sprachen, gefolgert, dass sie ansässige Bauern und Kleintierzüchter gewesen sein mussten, die feste Häuser aus Holz und Dörfer kannten, einfache Getreidesorten, wenn auch noch nicht den Pflug, und dass sie Rinder und Schafe züchteten und das gezähmte Pferd kannten.

Die Region der heutigen Ukraine und der Kasachensteppe lag weit entfernt von den frühen Stadtkulturen im Zweistromland, am Nil und am Indus, dennoch dürfte sie nicht völlig isoliert davon gewesen sein. So drang das Wissen um die Verarbeitung von Metallen – zuerst Kupfer, später Bronze und noch später Eisen – aus Kleinasien und dem Kaukasus, den vermutlich frühesten Zentren dieser neuen Technologie, auch bis ins Innere Asiens.

Die Menschen der „Katakombengrab-“, der „Holzkammergrab-“ und der „Andronowo-Kultur“ – so klassifizieren russische Archäologen die Menschengruppen des südlichen Innerasiens im zweiten und ersten vor christlichen Jahrtausend – machten auch die Entwicklung von der Jungsteinzeit zur Bronzezeit mit, sicher nicht als erste in Eurasien, aber keineswegs als die letzten.

Vor wenigen Jahren erst wurde am Südostrand des Uralgebirges eine Stadt entdeckt, die dort im 2. Jahrtausend für einige hundert Jahre geblüht haben muss, mit einem Königspalast (?), Handwerkersiedlungen und anderen Zeichen fortgeschrittener Kultur, die nur von Menschen mit „irano-arischer“ Sprache besiedelt gewesen sein kann. Dann verschwand sie wieder spurlos aus Gründen, die man bis jetzt nicht kennt11.

Gerade den Menschen in der südrussischen oder kasachischen Steppe sind in dieser Epoche zwei Erfindungen zu verdanken, die für die Weltgeschichte wegweisend werden sollten. Dort wurde erstmals auf der Erde und schon sehr früh das einheimische Wildpferd gezähmt und den Menschen nutzbar gemacht. Ob es zunächst nur als Fleischlieferant diente, ist nicht ganz klar. Und wahrscheinlich hier wurde das Rad und bald wohl auch das Prinzip des mit Rädern versehenen Wagens erfunden.

Nach einiger Zeit jedenfalls wurden Pferde als Zugtiere für Wagen verwendet. Vor allem die sogenannten Streitwagen waren leichte Gestelle mit zwei Rädern auf einer Achse, gezogen meist von zwei Pferden. Ein sehr frühes Modell davon wurde östlich des Uralgebirges ausgegraben. Wenn mehrere oder viele solcher Wagen, je mit einem Lenker und einem Speerwerfer oder Pfeilschützen besetzt, auf feindliche Krieger zu Fuß zurasten, war fast immer der Sieg dem Volk mit der modernen Technologie sicher.

Sehr bald verbreitete sich die Kenntnis dieser „Panzerwaffe der Bronzezeit“ bis in die Hochkulturen in Mesopotamien oder Ägypten. Kaum ein Krieg zwischen Städten oder Völkern während der Bronzezeit in Europa oder Asien war dann noch ohne den Einsatz dieser „ritterlichen“ Waffe denkbar. Doch merkwürdigerweise wurden diese Pferde damals noch nicht geritten, jedenfalls nicht in der Regel.

3. Reale und „sagenhafte“ Völkernamen

Namen von Völkern sind für die Zeit, die zuletzt kurz behandelt wurde – im Wesentlichen das 2. Jahrtausend vor Chr. – nicht zu erwarten. Die Menschengruppen jener frühen Zeit haben sich zwar sicher selbst Namen gegeben, doch Völker im Sinne der Geschichtswissenschaft waren sie noch nicht.

Dazu bedarf es schon einer größeren Menschenzahl, einer einheitlichen Herrschaft und des Eindrucks der Nachbarn, dass „diese Menschen“ sich erheblich vom eigenen Volk unterschieden und auch so als „Andere“ genannt werden müssten. Denn fast immer stellen sich Völkernamen als ursprüngliche Bezeichnungen durch Nachbarn heraus. Außerdem gab es im weiten Umkreis der jungsteinzeitlichen und bronzezeitlichen Kulturen des ukrainisch-südrussisch-kasachischen Steppengürtels zu dieser Zeit keine Kultur mit einer ausgebildeten Schrift und Literatur, in der sie hätten erwähnt werden können.

Höchst seltsam ist jedoch, dass in uralten mündlichen Überlieferungen („Sagen“?) von Menschengruppen, die in diesem Buch oder in weiteren Bänden der Reihe als Sarmaten identifiziert werden, alte Völker- und Personennamen aus dem ersten oder gar zweiten vor christlichen Jahrtausend auftauchen, die bei genauer Betrachtung durchaus reale Hintergründe gehabt haben können. Bisher hat die Fachwissenschaft diese Namen für so unglaubwürdig gehalten, dass sie es versäumt hat, näher darüber nachzudenken.

Eine Gruppe solcher Namen hängt mit dem Stichwort „Troja“ zusammen. Für die „Franken“ und ihre merowingischen Könige ist wohl eine Geschichte erfunden worden, wonach die Vorfahren dieser Leute einst aus der von Griechen eroberten Stadt Troja geflüchtet seien.

Nach den langjährigen Forschungen des Autors zur Königsdynastie der Merowinger dürfte heute feststehen, dass auch sie sarmatischer Abstammung war. Der Band 6 dieser Reihe Die Ahnen der Merowinger und ihr „fränkischer“ König Chlodwig beschreibt die zahlreichen Indizien, die zu dieser Überzeugung führen.

Bemerkenswert ist jedoch, dass die Indizien, die für die sarmatische Abstammung dieser merowingischen Könige sprechen, wenigstens teilweise auch für die Herrschaften zutreffen, die andere sarmatische Adlige in einzelnen Gebieten des heutigen Deutschland errichtet haben.

Das gilt vor allem für die Vorfahren des „sächsischen“ Herzogs Widukind, dem ein eigenes Buch in dieser Reihe gewidmet ist: „Widukinds Geheimnis - War der Sachsenherzog gar kein Germane?“. Dort ist genauer erklärt, was wohl die sarmatischen Vorfahren Widukinds mit dem Königsnamen „Alexander“ verband.

Die so genannte „fränkischen Wandersage“ – sie spielt für die Vorgeschichte der Merowinger-Dynastie eine wichtige Rolle und wird in dem erwähnten Buch näher erläutert – nennt noch andere Völkernamen, die wiederum auch in Erinnerungen innerhalb der Widukind-Familie auftauchen.

In der Ilias des Homer stehen einige Verse, die wahrscheinlich in diesem Zusammenhang von Interesse sind. Da legt nämlich der Dichter dem trojanischen König Priamos eine Erzählung in den Mund: Einst, in seiner Jugend, habe er als Verbündeter der „pferdetummelnden Phryger gegen das Heer amazonischer Männinnen“ gekämpft12



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