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Schloss Prösels lebt! Leonhard von Völs, sein Schloss und seine Zeit. Geschichte und Geschichten in Sachtexten und literarischen Bildern. Das Buch ist einerseits ein Schlossführer, der detailliert in Anlage, Räume und Ausstattung einführt. Andererseits wird Hintergrundinformation aus Sicht eines Geschichtelehrers geboten. Einen Schwerpunkt bildet die Thematik "Heraldik", einen weiteren das Thema der auf Schloss Prösels stattgefundenen Hexenprozesse von 1506 und 1510. Das Münzsystem der damaligen Zeit zusammen mit den Abgaben der Bauern bilden einen weiteren Schwerpunkt.
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Seitenzahl: 143
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Willkommen im Schloss!
Schloss meiner Kindheit
Historische Anfänge
Die Velser
Die neue Zeit
Leonhards Steckbrief. Ein Versuch
Leonhard von Völs. Biographische Daten
Die Burganlage; ein Rundgang
Abgaben an das Schloss
Das Tiroler Münzsystem 1486
Die Hexenprozesse 1506 und 1510…
Die „Hexenpest“ im Velser Gericht
Mein lieber Freund
Im Verließ
Grundzüge der Heraldik (Wappenkunde). Ein Exkurs
Die Herren von Völs und ihre Wappen
Beschwerdebrief der Völser Bauern
Leonhards des Älteren Tod
Leonhard der Jüngere
Spätere Baugeschichte
Das Kuratorium
Bibliographie
Anmerkungen zum verwendeten Bildmaterial
Wenn ich auf meine Terrasse trete und auf Schlern, Hammerwand und Tschafon blicke, wandern meine Augen unwillkürlich weiter, um schlussendlich beim Schloss zu verweilen, „meinem Schloss“, das im späten Schein des Abendlichts zu geheimnisvollem Leben erwacht und Geschichte zu erzählen weiß, Geschichten, hört und spürt man nur achtsam genug hin.
So sind im Lauf der Jahre Texte entstanden, die auch nicht vor dem düstersten Kapitel des Schlosses, dem der Völser Hexenprozesse, die dort um 1506 und 1510 abgehalten wurden, Halt machen wollten.
Historische Quellen und Fachliteratur bilden das Rückgrat dieses Bändchens, in dem es um das wechselvolle Schicksal des Schlosses, seiner Bewohner und der in der Grundherrschaft der Freiherren von Völs-Colonna lebenden Menschen geht. Der zeitliche Fokus dieser Arbeit liegt auf dem Ende des 15./Anfang des 16. Jahrhunderts, einer Epoche globalen Umbruchs im Schnittpunkt zwischen Mittelalter und anbrechender Neuzeit, in der Schloss Prösels unter Leonhard dem Älteren eine in seiner Bedeutung weit über die lokalen Gerichtsgrenzen hinaus reichende Blütezeit erfuhr.
Ich möchte Sie, lieber Leser, liebe Leserin, an die Menschen der Völser Vergangenheit heran führen und Sie vertraut machen mit den Bedingungen, in die sie hineingeboren wurden und die den Radius ihres Handelns und Denkens ausmachten. Die Personen, die in grau unterlegten literarischen Texten agieren, sind geschichtlich belegt und lebten in der Zeit Leonhards des Älteren von Völs. Ihre Charaktermerkmale hingegen sind typisiert und in den historischen Umständen verortet.
In seiner zweiten Auflage präsentiert sich das Bändchen nun bei im Wesentlichen beibehaltenen Inhalten mit einigen Aktualisierungen und thematischen Anpassungen, die auch durch die jüngsten archäologischen Grabungen erforderlich geworden sind.
Ich habe vielen Menschen zu danken, die mir bei der Erstellung dieser Broschüre hilfreich zur Seite gestanden sind: Den zahlreichen Autoren wissenschaftlicher Publikationen, die mein geistiges Räderwerk im Hintergrund speisten und immer noch am Laufen halten; Michl Rabensteiner, dem Kustos auf Prösels, der mir so oft bereitwillig Zutritt zu den Räumen des Schlosses ermöglichte. Die Gespräche mit ihm waren jedes Mal aufs Neue aufschlussreich. Michl ist nun mit Ende November 2016 in Rente gegangen. Seinem Nachfolger, Herrn Georg Grote, der mit seiner Frau und den beiden Töchtern aus einem akademischen Umfeld in Dublin, Irland nach Völs gezogen ist und nun das Schloss bewohnt, wünschen wir bei seinen Vorhaben und innovativen Schwerpunktsetzungen alles Gute.
Und da sind noch andere Menschen, die ich nicht alle namentlich aufzählen kann. Sie mögen mir das nachsehen. Allen sei herzlich gedankt, auch denen, die mit freundlichem Echo auf die erste Auflage antworteten.
Elmar Perkmann
D er Weg ist breiter geworden, fast möchte man sagen: feudaler; doch wohl weniger von den vielen Besuchern, die ihn auf ihrem steten Fluss zum und vom Eingang verbreitert hätten, – sozusagen erodiert, sondern wohl deshalb, weil das Kuratorium und „der Michl“, der rührige Kustos, viel Zeit für Pflege und Verschönerung der Schlossanlage verwenden und keine Mühe scheuen, diese und das Verweilen im Schloss für die Besucher so angenehm – und spannend! – wie möglich zu gestalten. Dafür sorgen auch die fachlich und führungspädagogisch versierten „Guides“, die sich auf Ihr Interesse – und auf Ihre Fragen – freuen.
Und nun stehe ich am Tor, das eine schmiedeeiserne Metallplatte ziert, hinter der man ein kompliziertes Schloss vermutet, eins mit einem bizarren Mechanismus aus einer anderen Zeit. Die niedere Pforte, an der man sich trotz Bückens, trotz der eingeschränkten Ausmaße des kindlichen Körpers den Kopf stieß, wie immer man es auch anstellen mochte, gebannt, mit angehaltenem Atem der Enthüllungen harrend, die sich jenseits der trutzigen Barriere eröffnen würden ...
Märchen der Kindheit, und wir standen vor dem mächtigen Gemäuer des Torturms und blickten mit leichtem Schaudern empor zu den abweisenden Pechnasen, lauschten dabei den Worten des Vaters, der zu erzählen begann, während wir auf den Schlossherrn warteten.
Wie lebendig es in mir wird, das Schloss meiner Kindheit, wenn mein Sohn mit offenem Mund die Turnierszenen über der Loggia bestaunt; und ich sehe mit Schmunzeln und nicht ohne Wehmut, wie sich seine kleine Faust um den Stock ballt, den er mit nach drinnen in die Vergangenheit genommen hat.
Zugangsseite mit dem ausladenden Palas
Erstmals schriftlich erwähnt wird nach gegenwärtiger Quellenlage eine mittelalterliche Wehrburg (CASTRUM PRESIL) in einer Urkunde aus dem Jahre 1279. Die in einer älteren Urkunde von 1244 als Burg IN CASTRO MONTIS SANCTI VALENTINI erwähnte Anlage dürfte jedoch mit ihr identisch sein.
Der Einsturz einer Mauer im Jahr 2011 hat den eingeebneten Torso eines Turms aus romanischer Zeit (1100) freigelegt. In diesen Wochen und Monaten (Stand: 2013) wird in diesem Bereich, der quasi endoskopische Einblicke in eine Wehranlage aus archaischer Zeit gewährt, gegraben. Gerade bei meinem heutigen Besuch (März 2013) hat eine Archäologin eine Münze gefunden, die aus dieser frühen Zeitperiode stammen dürfte. Wir warten gespannt auf die neuen Forschungsergebnisse. Zurzeit müssen wir uns noch mit einigen Lücken abfinden und mit Hypothesen zufrieden geben.
Eine erste Erwähnung findet das Geschlecht der Herren von Völs, die sich nach der Ortschaft benannten, in Schenkungsurkunden (Höfe auf dem Berg „Velles“) eines Wernher und seines Bruders Pankratius sowie eines Nachkommen, Heinrich, zwischen 1125 und 1190.
Die Herren von Völs, die einmal diese damals noch schlichte Burg in Prösels erwerben und bewohnen werden, dienten zunächst den Bischöfen von Brixen als Ministerialen und verwalteten nach 1027 auch die kaiserliche Schenkung des Völser Territoriums. In diesem Zusammenhang zogen die Völser Ministerialen wohl aufgrund strategischer Überlegungen von Völs (heute Turmwirt, wo ihr ursprünglicher Sitz gewesen sein dürfte; ein „TURRI DE VELLES“ scheint 1244, ein „CASTRUM DE VELS 1248 auf; weitere Erwähnungen gibt es für 1310, 1317, 1318, 1350, 1351, 1354, 1374, 1400. Eine Präsenz der Edlen von Vels belegt u.a. eine Urkunde, die besagt, dass ein Rendel bzw. Randolt von Fels 1351 seinen Anteil am dortigen Turm verkaufte) nach Prösels, von wo aus sie den südlichen Zugang zum „Hochplateau“ wohl effektiver kontrollieren zu können glaubten. 1304 scheinen mehrere Angehörige der Familie im „CASTRO DE BRESLE“ auf. Heißt das, dass einige Mitglieder der Dynastie weiterhin in Völs, andere in Prösels wohnten? Vielleicht bedeutet die gleichzeitige Anwesenheit mehrerer Adelsgeschlechter (abgesehen von den Völsern waren die Altspaur bis 1400 gleichzeitig mit den Pranger und denen von Gufidaun über drei Generationen lang in Besitz des Gerichtes „Vells“), dass die ominöse Burg Völs unter mehreren Besitzern aufgeteilt war und demnach wohl mehr als einen bloßen Turm umfasste. Darauf weisen auch einige Quellen hin, (1248: Burg in Völs, 1310: Schloss Völs, 1310: Castrum in Vellis, 1317: Schloss und Gericht Völs, 1318: Veste und Gericht Völs, 1350: Schloss Völs, 1374: Feste Fels).
Burgartiger Aufbau von Völs
Der im Hotel zum Turm verbaute alte Völser Wehrturm
Kinderspielplatz in Völs am Peterbühl „beim Galgen“
Im Volksmund trägt, trug? ein Platz unterhalb des Peterbühls die Bezeichnung „Galgen“. Dort trafen wir uns als Kinder am Nachmittag nach der Schule, ohne um die schaurige Bedeutung dieses Namens zu wissen. Auch unsere Eltern benutzten diesen ja wirklich nicht eben positiv besetzten Begriff in rein topographischem Sinn und schienen sich nichts weiter dabei zu denken. Das mag ein Hinweis auf eine über die Jahrhunderte tradierte und im Volksgeist verankerte Erinnerung an ein Gericht sein, das hier bestanden hat und seinen Verwaltungssitz im Turm, der im jetzigen Romantikhotel „Turm“ verbaut ist, womöglich zusammen mit einer kleinen Burg, gehabt haben könnte. Dass Völs Sitz eines Adelsgeschlechtes gewesen ist, darauf lässt schon die wehrtechnische Verbauung des Ortskerns schließen, der bis heute eine geschlossene, burgartige Anlage aufweist, die durch drei, vielleicht sogar vier Tore abgesichert war. Zwei davon sind noch erhalten. Der Durchgang „an der Porten“, dem Prösler-Tor, das 1302 als PORTA NOVA Erwähnung findet, lässt noch doppelte Türangeln erkennen. Es gab also gleich zwei Tore, die „in der Porten“ nach Süden und nach Norden verschlossen werden konnten – eine äußerst martialische Einkapselung, die ein einzelner freistehender Turm nicht nötig gehabt hätte. Als Kinder benutzten wir ganz selbstverständlich die alte Bezeichnung, wenn wir „bei der Port oi“ gingen.
Prösler Tor nach Süden im Haus an der Porten
Durchgang beim „Waschtl-Haus“
Die Herren von Völs bewohnten nun die beiden Türme und den schmalen Palas, der ursprünglich den Edlen von Pranger, einem der Völser Adelsgeschlechter neben den Edlen von Schenkenberg, den Herren von Tiers-Velseck, den Frass und den später in Erscheinung tretenden Khuepachern – zumindest zeitweilig – gehört haben dürfte. 1389 erscheint der Pranger’sche Anteil an dieser Feste jedenfalls als von ihnen endgültig abgelöst und fest in den Händen derer von Völs.
Den Blick nach Norden und Westen garantierte der aus dem 12. Jahrhundert stammende so genannte „Pulverturm“, der entweder als Zwischenstation vor Bezug der Burg Prösels Verwendung fand, oder aber gleichzeitig mit den Türmen auf dem Valentinshügelchen bewohnt wurde. In diesem Fall wären die Herren von Völs bis etwa 1400 auf gleich drei Wohnsitze verteilt gewesen.
Eine andere Quelle will den Stammsitz des Geschlechtes derer von Völs auf dem Zalterbühel ober dem Mioler-Hof in der Nähe des Gasthauses „Faust“ im Prösler Ried wissen (Mairhofer Th. im Urkundenbuch des Neustifter Chorherrenstiftes, zitiert von Anselm Sparber). Diesen Hinweisen wurde meines Wissens nicht weiter nachgegangen, da es sich bei der erwähnten Lage um einen in strategischer Hinsicht äußerst unattraktiven Platz handelt und die Urkunde von 1302, auf die Bezug genommen wird, verschollen ist. Andererseits: Von irgendwo müssen sie ja gekommen sein, die späteren Freiherrn von Völs. Warum nicht von einer Behausung auf einem Hügel über Miol?
Hans Velser, Großvater des Leonhard
Siegel des Kaspar Velser, Leonhards Vater
Eigentlich waren ja die Bi- schöfe von Trient und Brixen die kaiserlichen Lehensträger des Landes an der Etsch und im Gebirge, der späteren Grafschaft Tirol. Im Kampf der Tiroler Grafen, die die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten verschieben wollten, mit dem Brixner Bischof stellte sich Reimbert von Vels, Brixner Stiftsministeriale und insofern Vasall des Bischofs, auf die gegnerische Seite und wird fortan als Lehensmann der Tiroler Grafen geführt. Graf Albert belehnte ihn zum Dank für seine „Treue“ mit einem Bozner Markrecht, drei Höfen und einer ansehnlichen Geldsumme. Ab jetzt bestand eine starke Bindung der Völser an die Tiroler Landesfürsten. Und wir haben schon einmal Bekanntschaft gemacht mit einem ihrer frühen querköpfigen Vertreter.
„turn gelegen zu Vells Vells“ – Kaufurkunde des Bischofs Ulrich von Brixen
Pulverturm, Sicht von Prösels
Den damaligen unruhigen Zeiten (Konflikt zwischen Welfen und Staufern, Kreuzzüge, Wirren in Italien, Spannungen zwischen Kaiser und Papst) scheint der eben genannte Pulverturm, der „Turm ober der Feste“, oberhalb des Schlosses, sein Entstehen zu verdanken, der den Herren von Völs nun, wie bereits angemerkt, neben den beiden Türmen auf dem Valentinshügel mit der uralten Kapelle, dem Sitz des späteren Schlosses, eine Zeitlang als wohl wenig komfortabler Wohnsitz gedient haben mag. Die beiden ungeschlachten Türme auf dem Valentinshügel sind seit dem gegen 1518 abgeschlossenen Umbau in den Burgkomplex integriert, der eine davon nur mehr in seinem unteren Abschnitt, der Turm selbst ist 1835 eingestürzt und wurde eingeebnet – davon mehr im Kapitel über die einzelnen Abschnitte des Burgkomplexes. Jedenfalls, wenn Sie auf der Plattform vor der Kapelle stehen und den herrlichen Rundblick genießen, stehen Sie auf dem ältesten Teil des Schlosses.
Zu einem Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen kam es erst dreißig Jahre später, 1256, durch den von Meinhard I. von Görz-Tirol vermittelten Landfrieden zwischen den aufrührerischen Ministerialen und Bischof Bruno von Brixen. Die Völser wurden für ihren Parteiwechsel u.a. durch die Übergabe der bisher von ihnen als Vögte beanspruchten Frauenpfarre zu Völs an das Kloster Neustift abgestraft.
Die Bischöfe büßten im Verlauf des 13. Jahrhunderts ihren Einfluss fast vollständig ein. Ihr machtpolitisches Erbe traten durch die Heirat von Adelheid, einer der beiden Töchter des letzten Tiroler Grafen mit Meinhard von Görz, die nunmehrigen Grafen von Görz-Tirol an, an die die Herrschaft überging, nachdem 1253 die Tiroler Linie mit Albert III. im männlichen Stamm erloschen war.
Margarete von Tirol genannt Maultasch übergab dann am 26. Jänner 1363 (Sie sehen, das ist für uns Tiroler ein wichtiges Datum) die Grafschaft Tirol mit Billigung ihrer Räte an Rudolf IV. von Habsburg. Tirol war nun österreichisch geworden und blieb es bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Dann wurde unsere Heimat, das südliche Tirol, im Zuge der Friedensverhandlungen von St. Germain en Laye an Italien angegliedert.
Folgen wir den Spuren der frühen Völser Herren müssen wir bedauernd feststellen, dass aufgrund von Namensgleichheiten und wegen der dürftigen Quellenlage eine korrekte genealogische Abfolge der Herren von Völs in ihrer frühen Phase schwer rekonstruierbar ist (siehe Bruno Mahlknecht im Völser Dorfbuch). Belegt ist am äußersten Ende des „Geschlechterfadens“ das Wirken eines Wernher von Völs, geboren ca. 1100, der auf seinem Gutshof PRAEDIUM PRAESUL(IS) in der Nähe der nachmaligen Burg Prösels (wohl der heutige Baumannhof) die Güter des Brixner Domkapitels verwaltete. Sein Verwaltungsgebiet erstreckte sich über die heutigen Völser Fraktionen von Aicha und St. Kathrein bis nach Tiers, Steinegg und Welschnofen. Nach Wernhers Tod scheint es eine Besitzteilung innerhalb der Familie gegeben zu haben: Reginhard und sein Sohn Reimbrecht erhielten den bischöflichen Gutshof in Prösels mit den umliegenden Gütern. Damals entstanden auf dem Hochplateau mehrere Wehrburgen, unter anderen Völseck und Schenkenberg:
Schenkenberg und Prösels. Zeichnung von Johanna v. Isser, 1837
Die Burg Schenkenberg, aus einem unteren und aus einem oberen Haus bestehend, erbaut von Wernher von Völs in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts, wurde in den ihrem weitum angesehenen Erbauer folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten nach und nach abgewirtschaftet. Nachdem das Geschlecht der Schenkenberger auch in der weiblichen Linie erloschen war, fielen der „Turm und das Gericht Schenkenberg“ 1501 an die Herren von Prösels, will heißen, an unseren Leonhard.
Die Herren von Schenkenberg übten den Ehrendienst der Mundschenken am fürstbischöflichen Hof in Brixen aus; von daher erhielt die Burg ihren Namen. Von der ehemaligen Burg ist nichts mehr erhalten; nur der Hof „Schenk“, der wohl an der Stelle des ehemaligen „unteren Hauses“ steht, rührt an vergangene Zeiten. Die Hofstelle können Sie mit etwas Mühe ein paar hundert Meter nördlich des Schlosses, also Richtung und unterhalb von Ums, in einer kleinen Senke an unspektakulärer Stelle ausmachen. Trotzdem verfügte Schenkenberg über einen erstaunlichen feudalen Machtbereich, so übte es die niedere Gerichtsbarkeit im Gebiet aus und bezog Einkünfte aus Höfen in Ums, Aicha, Prösels, Ober- und Untervöls und St. Konstantin. Drei Höfe waren zu Robot, mehrere Güter bis nach Fassa zu Zinsleistungen verpflichtet.
Es folgen genealogische und besitzrechtliche Zersplitterungen und Verästelungen mit Verkauf und Rückkauf von Anteilen der Besitzungen sowie stetiger Erb- und Besitzteilung.
Das Geschlecht der Herren von Prösels drohte einige Male nachgerade zu erlöschen; da kam dann um 1430 doch noch unerwartet ein Stammhalterchen mit dem lustigen Namen Kaspar (Velser) zur Welt, der, erst einmal erwachsen geworden, Dorothea von Weineck, eine entfernte Anverwandte aus der Linie der Völsecker, ehelichte. Aus dieser Ehe entsprossen drei Söhne und drei Töchter.
Und einer der drei Söhne ist „unser“ Leonhard, den man später zur Unterscheidung von seinem Neffen „den Älteren“ nennen wird. Als enger Freund des Kaisers und Landeshauptmann an der Etsch und im Gebirge war er ein bedeutender Mann und das Aushängeschild der gesamten Völser Adelsdynastie. Dieser Herr, der Schloss Prösels zu der Prunkfeste im Renaissancestil umbauen und erweitern ließ, wie wir sie heute bewundern können, wird uns im Folgenden ausgiebig beschäftigen.
Schenkhof an der Stelle der ehemaligen Burg Schenkenberg
Pulverturm von der Oberen Wehr aus gesehen
Die Herren von Völs-Colonna,
ihre zugigen Wohntürme
und der Ausbau ihres Schlosses
unter Leonhard dem Älteren,
dem Landeshauptmann an der Etsch und im Gebirge
Federzeichnung von Paul Pfann aus Nürnberg vom 28.5.1881
Sehr geehrte Herren, verehrte Damen, wenn Sie nach links schauen, fällt Ihr Auge zwangsläufig auf jenen stattlichen Hof dort, ja dort. Es ist dies einer der Gutshöfe der Brixner Fürstbischöfe. Der Reiter, der da gerade des Wegs kommt, ist Herr Wernher, der für seinen Bischof und das Domkapitel hier die Geschäfte besorgt. Machen Sie ruhig ein Foto von ihm! Er liebt es, konterfeit zu werden. Er ist nämlich nicht ohne Ambitionen, und seine Familie wird im Lauf der nächsten Jahrhunderte einiges Furore machen. Übrigens, der Junge, der seinem Vater entgegenläuft – hoppla! nun ist er über seinen Rock gestolpert, der Kleine! – ist Reginhard, der Älteste. Er wird einmal diesen Gutshof zugesprochen bekommen, des Weiteren alle bischöflichen Güter in Prösels, Aicha und St. Kathrein. Aber, so weit sind wir noch nicht.