Schokolade am Meer - Süße Wünsche - Marie Schönbeck - E-Book
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Schokolade am Meer - Süße Wünsche E-Book

Marie Schönbeck

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Beschreibung

Ein Neuanfang auf der süßesten Insel der Welt

Für Hannah wird ein Albtraum wahr: Vor dem Traualtar muss sie erfahren, dass ihr Verlobter bereits verheiratet ist. Wenig später erhält sie auch noch die Nachricht, dass ihre Tante Bente verstorben ist. Um vor ihrem Liebeskummer zu flüchten, reist Hannah an den Ort, an dem ihre geliebte Tante gelebt hat: zur berühmten nordfriesischen »Schokoladeninsel« Möwesand. Dort, in Bentes wunderschönem Reetdachhaus, findet Hannah Zuflucht. Als sie Thies Lorentz begegnet, einem der drei unverschämt attraktiven Lorentz-Brüder, die die zahlreichen Schokoladenmanufakturen auf der Insel führen, verfällt sie seinem warmherzigen Charme sofort. Sie beschließt, in Bentes Haus zu ziehen, doch davon zeigen sich die Lorentz-Brüder wenig begeistert. Hat Thies etwa nur mit ihr geflirtet, um an Bentes Erbe zu kommen?

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Seitenzahl: 474

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Das Buch

Hannah ist überrascht: Ihre Tante Bente, das schwarze Schaf in der Familie, hat sie in ihrem Testament bedacht. Sie erbt ein kleines Geschäft auf der berühmten nordfriesischen »Schokoladeninsel«, eines der wenigen Ladenlokale, die nicht den ansässigen Chocolatiers Lorentz gehören. Ein Neuanfang kommt Hannah gerade recht: Neugierig und vom Liebeskummer gebeutelt, reist sie nach Möwesand. Dort warten nicht nur die besten Schokoladenkreationen Norddeutschlands auf sie, sondern auch die drei attraktiven Lorentz-Brüder. Schnell verliebt Hannah sich in Sonnenschein Thies Lorentz, doch der Schmerz, von ihrem Verlobten Sven betrogen worden zu sein, sitzt tief. Als ein lang gehütetes Geheimnis ans Licht kommt, wird Hannahs Leben erneut auf den Kopf gestellt. Zum Glück gibt es auf der Insel jede Menge Seelenschmeichler in Form von Schokolade – und vielleicht auch in Form von Thies. Doch kann sie ihren Gefühlen wirklich trauen?

Die Autorin

Marie Schönbeck hat sich in das Nordfriesische Wattenmeer verliebt. Für sie sind die Küsten und Inseln Sehnsuchtsorte. Oft fährt sie mit ihrem Mann und ihren Hunden an die Nordsee, um lange Spaziergänge am Strand zu machen und die wildromantische Natur zu genießen. Während sie eines Tages in einem Strandcafé saß, Tee trank und friesisches Mandelgebäck mit Schokoladenguss aß, kam ihr die Idee zur Romanreihe um die fiktive »Schokoladeninsel« Möwesand.

MARIE SCHÖNBECK

Schokolade am Meer

SÜSSE WÜNSCHE

ROMAN

WILHELMHEYNEVERLAGMÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Originalausgabe 03/2023

Copyright © 2023 dieser Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Friederike Arnold

Umschlaggestaltung: zero-media.net, München, unter Verwendung von imageBROKER.com / SPOT; Mauritius images / Pitopia / Cora Müller; Alamy Stock Foto / Liubov Kazarinova; FinepicR®, München

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN: 978-3-641-26692-9V001

www.heyne.de

Kapitel 1

Glückselig lächelnd kam Hannahs Mutter ins Schlafzimmer der Suite im Romantik Hotel Zur Lindenallee. Mathilda Hansens Wangen waren rosig, und ihre Augen leuchteten, wodurch die Fältchen auf dem Gesicht der 65-Jährigen wie weich gezeichnet aussahen.

»Hach«, sagte sie freudestrahlend, »heute ist einer der glücklichsten Tage meines Lebens.«

Hannah wandte ihr das Gesicht zu, was ihrer Hairstylistin Charlotte Rothmann, die gerade ihre hellblonden Locken zu einer Hochsteckfrisur hochband, einen kleinen Aufschrei entlockte. Sie verdrehte die Augen. »Deiner, Mama?«

»Ja, ja, ich weiß, Liebes.« Ihre Mutter, die von allen bloß Tilla genannt wurde, ging vor dem gepolsterten Stuhl, auf dem Hannah in einem geblümten Sommerkleid saß, in die Hocke und nahm ihre Hände. »Es ist in erster Linie einer der glücklichsten Tage deines Lebens. Aber Hanka und du, ihr seid nun mal meine Nesthäkchen, und Hanka kam schon vor drei Jahren unter die Haube.«

»Ich bin kein Kind mehr, sondern 28 Jahre alt.« Hannah schüttelte den Kopf, worauf ihre Friseurin seufzte.

»Bitte, bleib still sitzen, ja? Deine Frisur soll doch ein kleines Kunstwerk werden.« Mit besorgter Miene sah Charlotte auf ihre Armbanduhr und stieß erschrocken aus: »Himmel, schon so spät?«

»Entschuldigung.« Hannahs Puls beschleunigte sich. In nicht einmal zwei Stunden würde sie vor den Traualtar treten und mit einem einfachen Ja, ich will ihr Leben für immer verändern. Ab diesem Moment würde sie mit Sven verschmelzen. Sie würden zwei Hälften eines wundervollen Ganzen sein, eine Familie gründen und zusammen alt und grau werden. Hannah dachte an ihren Bräutigam, und ihre Stimme klang weich, als sie versprach: »Ab sofort werde ich mich nicht mehr rühren.«

Zärtlich streichelte ihre Mutter über Hannahs Wange. »In zwei Stunden wirst du Frau Sven Jessen sein.«

»Frau Hannah Jessen«, korrigierte Hannah sie. Sie mochte es nicht, wenn Ehefrauen sich über ihren Ehemann definierten. Eine solche Denkweise gehörte in ein vergangenes Jahrhundert. Trotzdem rötete sich ihr Gesicht vor Vorfreude. Hannah erlebte gerade die wundervollste Zeit ihres Lebens, denn Sven war der attraktivste und bezauberndste Mann, den sie kannte. Stets schwirrte er um sie herum und war darum bemüht, ihr alle Wünsche von den Augen abzulesen. Er war zu gut, um wahr zu sein.

Ihre Mutter schniefte. »Nie wieder Hannah Hansen.«

»Ach, Mama. Ich werde immer deine Tochter bleiben.« Stürmisch umarmte Hannah ihre Mutter und drückte sie fest an ihr heftig pochendes Herz. Dann wurde ihr klar, dass sie erneut vergessen hatte, still zu halten, richtete sich wieder auf und nahm sich vor, dass sie Charlotte ein üppiges Trinkgeld geben würde, obwohl eine Hochzeitsfrisur ohnehin außerordentlich kostspielig war. »Oh, nein! Jetzt habe ich mich doch bewegt. Es tut mir leid.«

Nachsichtig lächelte die Friseurin. »Man heiratet ja nur ein Mal im Leben. Darum bist du natürlich aufgeregt. Außerdem möchtest du bestimmt lieber mit deinen Schwestern und Freundinnen in der Suite feiern als vor dem großen Spiegel im Schlafzimmer still sitzen zu müssen.«

»Ich werde wieder rübergehen und aufpassen, dass die Brautjungfern deine anstehende Hochzeit nicht zu feuchtfröhlich begießen, immerhin sind schon alle umgezogen, und die Limousinen müssen jeden Moment eintreffen, um uns zur Kapelle zu bringen.« Tilla Hansen richtete sich auf, strich ihr fliederfarbenes Kleid glatt und ging in ihren perlenbesetzten Schuhen hinüber.

Als sie die Zwischentür öffnete, drang Going to the chapel von The Dixie Cups zu Hannah herüber. Seit sie die Suite bezogen hatten, lief das Lied in Dauerschleife. Alle sangen lauthals und schief mit, und zwischendurch war immer wieder schallendes Gelächter zu hören.

Hannah fühlte sich so geliebt wie nie zuvor, nicht nur von Sven, sondern von ihrer ganzen Familie und ihren Freunden. Sie alle freuten sich für sie und hatten für sie vor vier Wochen den bestimmt wunderbarsten Junggesellinnenabschied in ganz Norddeutschland veranstaltet, im Stil einer amerikanischen bridal shower, in gemütlicher, privater Runde mit viel Sekt, Kuchen und Spielen.

Ihre Mutter, ihre Schwestern, Cousinen, Tanten und Freundinnen waren von überallher angereist. Sie und Hannahs Kolleginnen aus der Konditorei Sahnehäubchen hatten sich nachmittags in der Wohnung ihrer Busenfreundin und Trauzeugin Anke Kowalski getroffen, wo sie Hannah mit kleinen Geschenken und Zuneigung überschütteten.

Jede erzählte beim Überreichen ihres Präsents eine Geschichte, was Hannah sehr berührt hatte. Gemeinsame Kindheitserlebnisse und peinliche Anekdoten aus der Jugend, über die sie heutzutage lachen konnten, wobei sich Hannah an ein paar erst in diesem Augenblick wieder erinnerte. Vor Rührung war ihr ganz warm ums Herz geworden, und sie hatte einige Freudentränen vergossen.

»Wie kann das Leben nur so schön sein?« Auch jetzt schimmerten Hannahs Augen vor Glück feucht.

Charlotte lachte. »Genieße den Moment. Er wird nie wiederkommen, denn man heiratet nur einmal im Leben, zumindest sollte es so sein.«

Als die Hairstylistin fertig war, reichte sie Hannah einen Handspiegel, und Hannah betrachtete sich von allen Seiten. Verlegen nahm sie wahr, dass ihre Hand zitterte.

Die Frisur war noch schöner, als sie es sich vorgestellt hatte. Charlotte hatte ihre Haare am Hinterkopf so geschickt zusammengesteckt, dass man weder Klammern noch Nadeln sah. Einige blonde Strähnen fielen locker herab, so wie Hannah es sich gewünscht hatte. Hier und da waren künstliche rosafarbene Kirschblüten eingearbeitet, die denen auf Hannahs Hochzeitskleid sehr ähnelten.

»Ein Traum.« Dankbar nahm Hannah Charlotte in den Arm. Vor drei Jahren war sie von Kiel nach Hamburg gezogen, um eine Stelle in der Konditorei anzutreten. Und seitdem ging Hannah zu Charlotte und war eine treue Kundin, denn die Friseurin schnitt ihren Lockenkopf immer so, dass die schulterlangen Haare Volumen hatten und dabei nicht wie ein gerupftes Vogelnest aussahen. »Du bist die Beste.«

»Und du bist so hübsch«, sagte Charlotte lächelnd, »dass es deinem Bräutigam den Atem verschlagen wird, wenn er dich vor dem Altar so sieht.«

»Danke.« Hannahs Wangen brannten. Eigentlich war sie nicht eitel, aber insgeheim hoffte sie, Sven mit ihrem Äußeren zu beeindrucken. Sie wollte schön für ihn sein. Sie wollte, dass er seine Entscheidung, sie zu heiraten, nicht bereute, denn sie befürchtete, dass er die schicksalhafte Frage recht impulsiv ausgesprochen hatte. Hatte er lange genug darüber nachgedacht, bevor er um ihre Hand angehalten hatte? Oder hatten an dem Abend die gute Laune, der Alkohol, der reichlich geflossen war, und die Partystimmung in der Bar ihn übermütig werden lassen?

Hannah wollte Charlotte einen Umschlag mit Geld überreichen.

Doch ihre Friseurin weigerte sich, ihn anzunehmen. »Dein Vater hat mich schon bezahlt.«

»Oh!«, machte Hannah überrascht. Danke, Paps, aber du hast schon viel zu viele der Rechnungen beglichen. »Dann nimm wenigstens Trinkgeld.«

»Hat er mir auch gegeben«, antwortete Charlotte fröhlich, während sie ihre Utensilien zusammenpackte. »Ich wünsche dir eine Hochzeit, die du dein ganzes Leben lang nicht vergessen wirst.«

»Das ist lieb von dir.« Hannah konnte es kaum glauben, dass sich so viele für sie freuten. »Danke«, sagte sie glücklich.

An der Durchgangstür blieb die Hairstylistin noch einmal stehen und drehte sich zu ihr um. »Wohin geht eigentlich deine Hochzeitsreise?«

»Das steht leider noch nicht fest. Sven weiß nicht, wann er Urlaub bekommen kann.« Trotzdem sparte Hannah bereits seit drei Monaten fleißig jeden Cent, den sie erübrigen konnte, denn in ihren Flitterwochen wollte sie eine Traumreise machen. Sie nahm Urlaubskataloge mit, wann immer sie an einem Reisebüro vorbeikam, und suchte fast täglich online nach den aufregendsten Reisezielen für Honeymooner.

»Wie schade! Aber Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude. Nochmals, alles Gute und Liebe.« Charlotte Rothmann ging und schloss die Tür hinter sich.

Nervös blieb Hannah allein zurück. Da sie sich nicht gerne stark schminkte, hatte sie keinen Make-up Artist bestellt, sondern trug im Badezimmer bloß schwarze Wimperntusche, zartes Rouge und hellrosa Lipgloss auf. Bebend vor Aufgeregtheit legte sie eine Kette mit einem Silberherz-Anhänger, die Sven ihr zur Verlobung geschenkt hatte, um ihren Hals und entschied sich für Diamantohrstecker.

Als sie ihr Brautkleid anzog, hätte sie am liebsten losgeweint, aber die Freudentränen wollte sie sich für das Ja-Wort aufsparen, damit sie nicht schon verheult an der Kapelle eintraf.

Ihr Kleid war ganz schlicht, und genau das fand Hannah so bezaubernd. Durch seinen eleganten Schnitt und den weich fallenden Gazestoff sah es feminin aus, wobei die großen weißen Jacquardblüten ihm gleichzeitig einen mädchenhaften Charme verliehen. Es war hinten bodenlang und vorne kürzer, sodass sie laut der Verkäuferin des Brautmodengeschäfts Traum in Weiß in der Sternschanze, in dem Hannah gefühlt alle Roben anprobiert hatte, problemlos die Nacht durchtanzen konnte.

Sie liebte ihr Hochzeitskleid! Und sie hoffte sehr, dass Sven ebenso begeistert sein würde. Das war ihr wichtig, denn sie hatte etwas wiedergutzumachen: ihr Zögern bei seinem Heiratsantrag.

Erneut musste sie an den Abend denken, an dem er ihr die Frage aller Fragen gestellt hatte.

Gemeinsam mit Freunden waren sie vor drei Monaten erst im Fangfrisch – einem neuen Fischrestaurant an der Außenalster, das nur fangfrischen Fisch und frische gesunde Bio-Zutaten zum Kochen verwendete – essen gewesen. Als es bereits dunkel wurde, hatten sie in die Karaoke-Bar Sing dich frei auf der Reeperbahn gewechselt. Sie hatten zwei oder drei Flaschen Wein getrunken, sich die Seele aus dem Leib gesungen und so viel gelacht, dass Hannah davon ganz heiser geworden war.

Es musste schon nach Mitternacht gewesen sein, als sie auf der Bühne gestanden und mehr schlecht als recht Nordisch by Nature von Fettes Brot zum Besten gegeben hatte, wobei zu dem Zeitpunkt nicht viel mehr als nur noch ein Krächzen aus ihrem Mund gedrungen war.

Plötzlich war Sven zu ihr auf das Podest gestiegen, was sie aus dem Konzept gebracht hatte, sodass sie den Faden verlor. Den schnellen Zeilen auf dem Monitor hatte Hannah nicht mehr folgen können, weil sie immer wieder irritiert zu ihrem Freund gesehen hatte.

Er sang das Lied mit ihr zu Ende, und da seine Stimme genauso mitgenommen war wie ihre, klang er wie Rod Stuart. Obwohl sie sich fürchterlich angehört hatten, bekamen sie einen frenetischen Applaus.

Sie hatten sich verbeugt. Doch als Hannah die Bühne verlassen wollte, hielt Sven sie zurück. Er kniete sich hin, hielt ihre Hand fest und schaute mit einem Hundeblick zu ihr auf. Die Gäste der Bar rasteten förmlich aus. Sie ahnten, was er im Begriff war zu tun.

Im ersten Moment war Hannah entsetzt gewesen. Nicht hier, nicht vor all diesen fremden Menschen, hatte sie gedacht. Ein Heiratsantrag war doch ein intimer Moment und verdiente einen intimen Rahmen.

Sie versuchte, ihre Hand wegzuziehen, damit Sven verstand, dass sie die Aufmerksamkeit der Barbesucher nicht wollte, aber Sven hatte ihre Hand wie in einem Schraubstock festgehalten.

Er hatte ihr hochrotes Gesicht und ihr Blinzeln ignoriert, ihr das Mikrofon abgenommen und mit vom Feiern rauer Stimme gefragt: »Willst du mich heiraten, Hannah Hansen?«

Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, und Hannah wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Die vielen Leute machten sie nervös und brachten sie durcheinander. Durch ihr Grölen und ihre vielen Zurufe konnte sie kaum klar denken. Sie liebte Sven, aber sie hatte mit ihm noch nie übers Heiraten gesprochen.

Die Frage hatte sie überrumpelt. Warum hatte er sie bloß in aller Öffentlichkeit stellen müssen? Ein »Können wir vielleicht erst in Ruhe und in nüchternem Zustand darüber reden?« oder »Wir sind doch erst neun Monate zusammen. Wäre es nicht besser, noch ein Jahr zu warten?« würden als Ablehnung und nicht als Aufschub ausgelegt werden. Sven wäre verletzt, würde sich gedemütigt und zurückgewiesen fühlen und sie womöglich verlassen. Der Erwartungsdruck von Sven und den Gästen in der Bar war einfach zu groß gewesen, und Hannah hatte sich gezwungen gefühlt, Ja zu sagen. Ihr brach der Schweiß aus.

»Willst du Frau Jessen werden?«, rief Sven laut ins Mikro, sodass es trotz der kreischenden Zuschauer auch die beiden Barkeeper am anderen Ende des Raums gehört haben mussten.

Verlegen lächelte Hannah, was die Menge als Zustimmung wertete und ausflippte. Doch Sven kniete weiterhin vor ihr und schaute mit großen Augen zu ihr auf. Offenbar wollte er es aus ihrem Mund hören. Seinem Hundeblick hatte Hannah noch nie widerstehen können. Der erste Schreck hatte sich langsam gelegt, und sie war am Ende schwach geworden.

Was, wenn Sven Jessen der Richtige für sie war? Würde sie es auf ewig bereuen, wenn sie ihn an diesem Abend abweisen würde? Kein Partner zuvor hatte ihr regelmäßig Blumen geschenkt. Sven kochte öfters Thailändisch für sie, weil er die thailändische Küche besonders mochte und ihr nahebringen wollte. Er veranstaltete romantische Picknicks im beschaulichen Eppendorf am Alstersee. Er spazierte mit ihr durchs malerische Treppenviertel des ehemaligen Fischerdorfs Blankenese, was wohl die meisten anderen Männer langweilig gefunden hätten. Außerdem lud er sie zu Lesungen und Aufführungen aufs Theaterschiff am Nikolaifleet ein.

Hannah und er träumten von einem gemeinsamen Leben Seite an Seite. Die Ehe würde diesen Traum wahr werden lassen. Was lag also näher, als Ja zu sagen? Und das tat sie dann auch.

Sven war aufgesprungen und hatte sie so leidenschaftlich geküsst, dass Hannah für einen Moment vergaß, dass sie auf einer Bühne standen und von zahlreichen Barbesuchern beobachtet wurden. Ihr Puls raste wie verrückt. Sie grinste übers ganze Gesicht und konnte kaum glauben, dass sie bald eine verheiratete Frau sein würde.

Obwohl sie sich weiterhin gewünscht hatte, dass Sven einen Augenblick der Zweisamkeit für seinen Antrag ausgewählt hätte, war sie in dieser Nacht vor drei Monaten trotzdem die glücklichste Frau in der Hansestadt gewesen und hatte ihm diesen kleinen Fehltritt verziehen.

Anstatt eines Verlobungsrings hatte er ihr die Kette mit dem silbernen Herz geschenkt, die sie nun, am Tag ihrer Hochzeit, so innig küsste wie später vor dem Altar Sven, nachdem sie einander ewige Treue geschworen hatten.

Plötzlich kam Anke ins Badezimmer. Zur Vorbereitung auf ihre Aufgabe als Trauzeugin hatte sie sich einen Organizer gekauft und weißblonde Strähnchen in ihren hellbraunen Bob färben lassen. »Bist du aufgeregt?«

»Selbstverständlich nicht«, sagte Hannah ironisch und hielt ihre zitternde Hand hoch.

»Schade, denn ich hätte das perfekte Gegenmittel.« Anke schwenkte ein Glas Sekt.

Als Hannah danach griff, schwappte etwas von der prickelnden Flüssigkeit aufs Waschbecken. »Gib schon her!«

Sie kicherten wie Mädchen. Seit der Grundschulzeit in Kiel waren sie miteinander befreundet. Im Gymnasium hatten sie die Liebesbriefe, die Jungen ihnen geschrieben hatten, ausschließlich der anderen gezeigt und niemandem sonst. Außerdem hatten sie sich gegenseitig bei Liebeskummer getröstet und heimlich hinter dem Schulgebäude geraucht. Anke hatte mit Hannah die ganze Nacht hindurch im Krankenhaus auf die Entwarnung der Ärzte gewartet, als Hannahs Mutter wegen eines entzündeten Blinddarms notoperiert werden musste. Hannah wiederum hatte mit Anke geweint, als deren Eltern sich scheiden ließen, weil ihr Vater sich in eine andere Frau verliebt hatte und zu ihr nach Düsseldorf gezogen war. Nun würde dieses einzigartige Ereignis – Hannahs Hochzeit mit Anke als Trauzeugin – sie noch weiter zusammenschweißen.

Lachend umarmte Anke sie von hinten und sah Hannah im Spiegel an. »Erinnerst du dich daran, wie wir uns mit zwölf vorgestellt haben, wie es später einmal sein würde, vor den Traualter zu treten?«

»Mit zwölf?« Hannah streichelte die Arme ihrer Freundin. Sie war so froh, dass sie in ihr eine verwandte Seele gefunden hatte. »War es wirklich so früh?«

»Schon damals konnten wir es kaum erwarten zu heiraten.« Anke lachte und ließ sie los. Sie lehnte sich gegen das Waschbecken und lächelte sie an. »Mit allem Drum und Dran: weißem Prinzessinnenkleid, langem Schleier, weißen Tauben, einer Hochzeitskutsche, einem Brautstrauß so groß wie ein Wagenrad und einem Traumprinzen.«

»Hat ja fast geklappt. Mein Kleid ist schlicht, ich habe keinen Schleier und keine Tauben, die Kutsche ist eine gemietete Limousine, und mein Brautstrauß ist klein wie das Rad bei einem Dreirad«, meinte Hannah ironisch und grinste. »Aber den Traummann habe ich immerhin gefunden.«

»Wie wahr! Ich wünschte, Michael würde mich so verwöhnen wie Sven dich.« Seufzend zupfte Anke an ihrem Bob herum. »Du weißt doch, wie man Mütter nennt, die nichts anderes tun als um ihre Kinder herumzuschwirren, oder?«

»Helikoptermütter.« Hannah runzelte die Stirn. Was hatte das mit ihr zu tun?

Anke nickte und schmunzelte. »Und Sven ist ein Helikopterliebhaber. Sein Leben scheint sich nur darum zu drehen, dich glücklich zu machen.«

»Das liegt daran, dass er so viel unterwegs ist.« Am Anfang hatte es Hannah fast das Herz zerrissen, wenn er sie wieder einmal verlassen musste, weil er beruflich unterwegs war. Inzwischen hatte sie sich damit abgefunden, aber daran gewöhnen würde sie sich vermutlich nie. »An den wenigen Tagen, wenn er mit mir zusammen ist, schenkt er mir seine ganze Aufmerksamkeit.«

Aufmunternd drückte Anke Hannahs Arm. »Gut, dass ihr bald zusammenzieht. Habt ihr schon nach einer gemeinsamen Wohnung Ausschau gehalten?«

»Sven wollte sich erst auf die Hochzeit konzentrieren, er hat doch so wenig Freizeit.«

»Er wird sich bald einen neuen Job suchen, da bin ich mir sicher, Hannah. Bestimmt studiert er längst die Stellenanzeigen in Hamburg und Umgebung.«

»Damit will er noch warten. Er verdient als Vertriebsmitarbeiter im Außendienst einfach zu gut.«

»Dann wird sich nach der Hochzeit erst einmal nichts an eurer Situation ändern, und ihr werdet weiterhin zwei Haushalte führen?« Anke schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Das passt so gar nicht zu dem Sven, den ich kenne und der dich zum Zentrum seines Lebens gemacht hat. Er weiß doch sicherlich, wie sehr dich die Trennungsphasen belasten.«

»Nun ja, er will erst einmal bei mir einziehen.« Eigentlich wäre Hannah lieber gewesen, wenn sie diesen Schritt vor der Hochzeit vollzogen hätten. Bisher fühlte es sich mit Sven wie Urlaub an. Gut gelaunt ließen sie sich einfach treiben, wenn er bei ihr in Hamburg war. Sie unternahmen nur Dinge, die ihnen Freude bereiteten. Sie gingen essen, tanzen und in Karaokebars. Händchenhaltend machten sie romantische Spaziergänge durch den Altonaer Volkspark und den Bergedorfer Schlossgarten. Sie fuhren mit dem Tretboot über den Außenmühlenteich im Harburger Süden und paddelten über die Dove-Elbe zum Eichbaumsee. Die Alltagsprüfung stand ihnen jedoch erst noch bevor, das bereitete Hannah etwas Kopfschmerzen.

»Na, siehst du! Gute Dinge brauchen Zeit. Du meine Güte, klinge ich etwa altklug?« In einer theatralischen Geste legte Anke die Hände an ihre Wangen und formte mit ihrem Mund ein O. Dann lachte sie herzlich und wurde schlagartig ernst. »Schade, dass Svens Eltern verstorben sind und er keine Geschwister hat. Den Kontakt zu Verwandten hat er auch verloren. Wie traurig muss das alles für ihn sein. In der Kapelle werden die Sitzreihen hinter ihm leer bleiben. Das nimmt ihn bestimmt sehr mit.«

»Ich habe dir doch erzählt, dass Sven meinen Bruder gefragt hat, ob er sein Trauzeuge sein möchte, und Holger hat zugesagt.« Als ihre Freundin nickte, fuhr Hannah fort: »Holger hat nicht bloß dafür gesorgt, dass mein Vater, meine Onkel, Cousins und Neffen mit Sven den Junggesellenabschied feiern, sondern auch, dass sie in der Kapelle hinter ihm sitzen.«

»Wie lieb von ihnen«, stieß Anke freudig aus. »Deine Familie ist die coolste, die ich kenne, meine natürlich auch. Aber warum hat Sven nicht einmal einen Trauzeugen, sodass Holger einspringen muss? Niemand ist doch ganz allein auf der Welt. Findest du das nicht seltsam?«

»Seltsam? Nein.« Hannah schüttelte den Kopf über ihre Freundin, die wohl glaubte, alle wären so kontaktfreudig wie sie. »Mein Gott, wenn ich mir vorstelle, wie einsam er gewesen sein muss, bevor er mich kennengelernt hat. Er hat schließlich nicht wie wir Freunde aus der Schulzeit.« Warmherzig lächelte Hannah Anke an und trug dann Parfüm auf ihren Hals und die Handgelenke auf. »Und als Vertriebsdienstmitarbeiter ist er nun mal ständig unterwegs. Ihm bleibt keine Zeit, um sich mit Arbeitskollegen anzufreunden. Deshalb hat er in Emden auch nie Anschluss gefunden.«

»Wie bitter.« Anke drehte sich um und grinste Hannah kess im Spiegel an. »Aber jetzt heiratet er ja nicht nur dich, sondern die ganze Familie Hansen.«

Hannah lachte und strich über die künstlichen Kirschblüten, die den Ausschnitt ihres Kleids säumten. »Meine Eltern kümmern sich um ihn, als wäre er ihr sechstes Kind.«

Plötzlich stürmte Hannahs Mutter ins Badezimmer und winkte hektisch. »Komm, Anke! Die Limousinen sind da.«

Innig küsste sie Hannah auf die Wange. »Du bist die hübscheste Braut, die ich jemals gesehen habe. Aber erzähle das nicht deinen Schwestern. In 15 Minuten kommst du nach, wie vereinbart. In Ordnung, Schatz? Ich werde dafür sorgen, dass bis dahin alle in der Kapelle sind, vor allem Sven.«

»Atme tief durch, Mama. Du klingst, als würdest du jeden Augenblick hyperventilieren«, sagte Hannah betont ruhig, obwohl ihr eigenes Herz wie verrückt trommelte. Sie fragte sich, warum ihre Mutter so nervös war, wo doch bereits Holger, Hilke und Hanka geheiratet hatten. Nur Heike pochte mit ihren 34 Jahren immer noch darauf, dass man auch ohne Trauschein glücklich sein konnte. »Alles wird genauso werden, wie du es geplant hast. Nichts wird schiefgehen.«

Ihre Mutter seufzte. »Noch kann alles schiefgehen.«

Dieser Satz versetzte Hannah unvermutet einen Stich, aber sie ließ es sich nicht anmerken. Ihre Mutter war eine Perfektionistin und manchmal ziemlich unentspannt, weil sie alles unter Kontrolle haben wollte.

»Ach, Hannah, ich kämpfe nur wie eine Löwenmutter darum, dass deine Hochzeit genauso wird, wie du es dir erträumt hast, schließlich liebe ich dich.« Während erste Freudentränen Tillas Wangen hinabliefen, wandte sie sich um und verließ schluchzend vor Rührung das Badezimmer.

Anke drückte ihre Freundin ein letztes Mal an sich und flüsterte verschwörerisch: »Egal, was passieren wird, ich werde immer für dich da sein.«

Hannahs Beunruhigung verwandelte sich in Angst. »Was willst du damit andeuten?«

»Du kennst doch den Film Die Braut, die sich nicht traut mit Julia Roberts und Richard Gere.« Anke zwinkerte, dann knuffte sie ihre Freundin freundschaftlich. »Guck doch nicht so entsetzt! Ich mache nur Spaß und wollte dich auflockern. Alles wird perfekt sein.«

Die Brautjungfern riefen ungeduldig nach Anke, worauf diese aus dem Zimmer eilte.

Hannah blieb allein in der Hotelsuite zurück und lief unruhig auf und ab. Mit jeder Minute wurde sie nervöser. Sie musste mehrfach zur Toilette, trug noch etwas Lipgloss auf, obwohl es gar nicht notwendig war, und sah ständig auf ihr Smartphone.

Aber wer sollte ihr schon schreiben? Alle, die ihr nahestanden, waren unterwegs zu der kleinen malerischen Kapelle inmitten von Getreidefeldern, die Sven und sie bei einem Ausflug in die Lüneburger Heide entdeckt hatten.

Das Gebäude aus groben hellen Steinen und mit dem Kreuz auf dem kleinen Glockenturm ähnelte der Kapelle, in der Hannahs älteste Schwester geheiratet hatte. Hilke war Übersetzerin für Italienisch und hatte während ihres Studiums ein halbes Jahr in der Toskana verbracht, um ihre Sprachkenntnisse zu vertiefen.

Hannah hatte sich in die Kapelle in der Lüneburger Heide verliebt. Sven und sie hatten sich zusammen mit der Hochzeitsgesellschaft in einem Landhotel in der Nähe eingemietet.

Leider betrug die Fahrt zum Ort der Trauung etwas mehr als eine halbe Stunde, die sich für Hannah wie eine Ewigkeit anfühlte, als sie schließlich in der Limousine saß. Der Fahrer hatte es mit dem Aftershave etwas zu gut gemeint, sodass der ganze Wagen nach Moschus und Ambra roch. Aus den Lautsprechern drangen Songs wie Can you feel the love tonight von Elton John und She’s the one von Robbie Williams, die ein Lächeln auf Hannahs Gesicht zauberten.

Die Häuser der kleinen Gemeinde, zu der das Romantik Hotel Zur Lindenallee gehörte, zogen an ihr vorbei, dann erblickte sie nur noch Wiesen und Felder, so weit das Auge reichte. Hannah wurde übel vor Aufregung, sie konnte nicht aufhören zu grinsen und dachte verträumt, dass die Sonne heute nur für Sven und sie schien. Es war ein wunderschöner Tag Ende Juni. Kein einziges Wölkchen war am strahlend blauen Himmel zu sehen. Eine sanfte Brise bewegte die Blätter der Pappeln, die die Straße zur Kapelle säumten.

Anke hat recht, heute ist alles perfekt, dachte Hannah glückselig.

Sie hätte am liebsten das Fenster heruntergefahren, damit sie den Fahrtwind auf dem Gesicht spüren konnte. Doch das hätte womöglich ihre kunstvolle Frisur ruiniert, daher ließ sie es bleiben.

Ihr Puls raste, als die Limousine vor dem Mäuerchen parkte, das die in einem kleinen Park liegende Kapelle umgab.

Hannahs Vater Stefan öffnete das gusseiserne Törchen, trat an den Wagen und öffnete die hintere Autotür. Hannah nahm seinen Arm, den er ihr galant hinhielt, und stieg aus. Seitdem er ein Angelgeschäft in Borgwedel führte, hatte er sich einen Bart wachsen lassen, aber für diesen Anlass hatte er ihn wieder abrasiert. Der warme Juniwind bauschte den Gazestoff ihres Kleids und streichelte ihre nackten Schultern.

»Wow!« Mit strahlendem Gesicht musterte ihr Vater sie von der modernen Hochsteckfrisur über das elegante Brautkleid bis zu den weißen Stöckelschuhen, die sie extra für den Anlass gekauft hatte und deren Absätze eigentlich viel zu hoch für sie waren. »Du bist mein Augenstern, Kleines.«

»Warst du auch so aufgeregt, als du Mama geheiratet hast?« Sie hielt sich an ihm fest, während sie langsam in Richtung Eingang gingen.

»Ich habe drei Tage vorher nichts essen können und am Tag der Hochzeit vor Nervosität die Ringe zu Hause liegen lassen. Ich habe es erst vor der Kirche gemerkt. Mein Trauzeuge ist sofort mit seinem Motorrad losgerast und hat sie geholt. Er hat es gerade noch rechtzeitig zur Trauung geschafft. Ich war völlig fertig! Aber erzähle es deiner Mutter nicht. Sie weiß nichts davon und glaubt bis heute, dass ich damals völlig entspannt war.« Er lachte, und in seinem Lachen schwang die Liebe mit, die er für seine Frau bis heute empfand.

Hannah betrat mit ihrem Vater die Kapelle. Sie war unglaublich froh, dass sie sich an ihm festhalten konnte, sonst wäre sie womöglich vor Aufregung über ihre eigenen Füße gestolpert. Ihre Knie wurden weich, und ihre Wangen brannten, als sie zwischen den Sitzreihen hindurchschritt und alle Blicke auf sich zog.

Einige Verwandte und Freunde reckten den Daumen in die Luft, manche applaudierten lautlos, andere blickten sie voller Staunen an. Wie schön war es doch, diesen neuen Lebensabschnitt mit einer großen Familie und vielen Freunden feiern zu dürfen! Hannah war selig.

Sven stand vor den zwei Treppenstufen, die zum Altar emporführten. Als er sich zu ihr umdrehte, pochte Hannahs Herz so euphorisch, dass es aus ihrem Körper zu springen drohte. Seine Augen leuchteten genauso wie die ihres Vaters es getan hatten, als er sie das erste Mal als Braut gesehen hatte.

Er trug einen schicken, dunklen Anzug mit einem zartrosa Einstecktuch, passend zu den Kirschblüten auf Hannahs Hochzeitskleid und in ihren Haaren. Hannahs Mutter oder ihre Freundin Anke, die mit Hannah in dem Brautmodengeschäft gewesen waren, musste ihm dazu geraten haben.

Die Fliege passte nicht zu ihm, ebenso wenig, dass er seine rabenschwarzen Haare mit reichlich Gel zurückgekämmt hatte. Dadurch sah er ein bisschen aus wie ein Casanova aus den Zwanzigerjahren. Sie würde ihm das aber erst sagen, wenn sie beide in zehn Jahren ihre Rosenhochzeit feiern und zu dem Anlass ihre Hochzeitsfotos wieder einmal anschauen würden. Dann würden sie zusammen über Hannahs Eindruck lachen.

Als ihr Vater ihre Hand an Sven reichte, hätte Hannah beinahe geweint, doch sie schaffte es, ihre Tränen wegzublinzeln. Wenn sie jetzt anfing zu heulen, würde sie womöglich nicht wieder aufhören können. Und wie sollte sie dann das »Ja, ich will« aussprechen, wenn der Pfarrer sie fragen würde: »Wollen Sie, Hannah Hansen, den anwesenden Sven Jessen zum Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet …?«

Gerade als sie sich zum Altar umdrehen wollte, damit die Zeremonie anfangen konnte, der Pastor stand schon mit den Messdienern in der Tür zur Sakristei – brach die Hölle los.

Wie eine Furie stürmte plötzlich eine Frau in die Kapelle und fauchte los. Deshalb verstand Hannah sie auch erst nicht. Zudem hatte die Fremde mit den Mandelaugen einen starken Akzent. Ihr langer, dunkler Pferdeschwanz schwang wie eine Peitsche hin und her.

Die unbekannte exotische Schönheit beschimpfte Hannah, so viel wurde deutlich. Schließlich gab sie Sven eine Ohrfeige, die sich gewaschen hatte. Auf seiner Wange blieb ein roter Handabdruck zurück.

Er rieb sich über das Gesicht, als ob das helfen würde, den Schmerz zu lindern. Überrascht starrte er die Frau an, dann fuhr er sie an: »Was machst du hier, Malee? Wie hast du uns gefunden? Woher wusstest du …?«

Beherzt ging Hannah dazwischen, denn die Asiatin wollte nachsetzen und auf Sven einprügeln, obwohl sie klein und zierlich war. Was ging hier vor? Wer war diese Person? Und warum war sie so furchtbar wütend auf Sven?

»Mein Mann«, keifte Malee und schlug Hannahs Hände weg. »Meiner!«

Stefan und Holger eilten herbei und hielten die Fremde fest. Ein Raunen ging durch die Reihen. Die Hochzeitsgäste tuschelten, und einige riefen aufgebracht dazwischen.

Hannah bemerkte die Polizisten, die hinter Malee die Kapelle betreten hatten, erst, als die beiden Männer bereits vor ihr standen. Sie war total verwirrt. Was war bloß los? Sie kannte die Frau nicht, Sven offenbar schon.

»Sind Sie Sven Jessen?«, fragten die Uniformierten Sven unisono über den Aufruhr hinweg.

Svens Miene verfinsterte sich. Er ballte die Hände zu Fäusten und wirkte, als wollte er die Gesetzeshüter jeden Moment schlagen, was Hannah entsetzte, denn so aggressiv kannte sie ihn gar nicht. Grimmig nickte er.

Recht rüde drehte einer der Polizisten, ein grobschlächtiger Kerl mit großen Pranken, Sven herum und drückte ihn gegen das gusseiserne Geländer, das den Altar umgab.

Sein Kollege, der schmächtig war und so jung aussah, als müsste er sich noch nicht rasieren, legte ihm Handschellen an. »Hiermit verhaften wir Sie wegen des Verdachts der Bigamie …«

Die Asiatin keifte dazwischen: »Er mein Mann. Ich Malee Jessen.«

Tilla Hansen schrie auf. Die anderen Gäste blickten sich bestürzt an. Anke sprang von der Kirchenbank auf, eilte zu Hannah und nahm sie in den Arm.

Hannah schüttelte den Kopf. Immer wieder. Sie musste sich verhört haben. Die Anschuldigung konnte nicht wahr sein. Aber Malee trat sehr selbstsicher und energisch auf. Sie musste der Polizei stichhaltige Beweise gegen Sven geliefert haben, sonst hätten sie ihn nicht verhaftet.

Hannahs Blutdruck sackte ab. Sie musste sich an Holger und Anke festhalten, um nicht zusammenzubrechen. Ihr Sichtfeld verschwamm: die romantische Kapelle, die große Gästeschar und auch der Pfarrer, der besorgt fragte, ob er einen Arzt rufen solle, weil sie weiß wie eine Wand sei.

Tränen rannen über Hannahs Gesicht, Tränen, die sie bisher so tapfer zurückgehalten hatte, um sie erst dann vor überschwänglichem Glück zu vergießen, wenn der Priester die Worte: »Hiermit erkläre ich Sie zu Mann und Frau«, ausgesprochen hätte.

In Handschellen wurde Sven abgeführt. Er wehrte sich nicht einmal, als hätte er resigniert, weil man ihn überführt hatte. Zeternd folgte Malee den Uniformierten hinaus.

Plötzlich ergab alles Sinn. Hannah ahnte, woher Svens Vorliebe für thailändisches Essen kam, warum er ständig auf der Durchreise war und es hinauszögerte, sich ein gemeinsames Leben mit ihr aufzubauen. Höchstwahrscheinlich wollte er seine Ehefrau nicht für sie aufgeben. Aber Malee war ihm offenbar trotz aller Vorsicht auf die Schliche gekommen.

Hannah fühlte sich zutiefst verletzt und bloßgestellt. Er hatte ihr die ganze Zeit etwas vorgespielt und behauptet, er müsse wegen seines Vertriebsjobs verreisen, und war vermutlich in Wahrheit zu Malee gefahren.

Zudem hatten alle Verwandten, Freunde und Arbeitskollegen mit angesehen, wie man ihr einen Dolch ins Herz gestoßen hatte. Allen dämmerte, dass Sven sie die ganze Zeit betrogen hatte. Oder besser gesagt, seine Ehefrau mit ihr betrogen hatte. Alle waren Zeuge ihrer Blamage geworden.

Da sie schwankte, setzten Holger und Anke sie in die erste Bank. Für Hannah war der Albtraum einer jeden Frau wahr geworden. Der Schmerz riss sie fast entzwei. Sie war schockiert und am Boden zerstört. Ihr Traumprinz hatte sich soeben als die größte Enttäuschung ihres Lebens entpuppt.

Sie riss sich Svens Verlobungskette vom Hals, und der Herz-Anhänger fiel vor den Treppenstufen auf den Steinboden.

Etwas zerbrach in Hannahs Brust.

Kapitel 2

Forsch kam Thies in den Speiseraum, in dem er und sein Bruder Joos alle Mahlzeiten einnahmen. Er legte die Flyer, die er in Flensburg hatte drucken lassen und die gestern mit der Post gekommen waren, auf den Tisch. Sie bewarben das Halloweenfest, das am 31. Oktober ganztägig auf der Insel stattfinden würde.

»Ich hatte gerade eine Idee. Dass wir nicht schon eher darauf gekommen sind! Aber besser spät als nie«, sprudelte es aus ihm heraus. »Noch dieses Jahr sollten wir auf Möwesand den Internationalen Tag der Schokolade feiern. Was meinst du dazu, Joos? Schaffen wir das so kurzfristig?«

»Erst mal guten Morgen.« Sein ältester Bruder schaute von seinem Teller auf und gähnte. Seine Augen waren klein wie Murmeln.

Thies ahnte, dass Joos wieder einmal schlecht geschlafen hatte, aber er sprach ihn nicht darauf an. Er hatte schon vor Jahren aufgegeben, ihm seine Hilfe anzubieten, denn Joos hatte die letzten Male hitzig reagiert und lehnte ohnehin jede Hilfe ab. »Danke, den wünsche ich dir auch. Bei dem tollen Sonnenschein kann der Morgen nur gut werden. Hast du schon mal rausgeschaut? Für friesische Verhältnisse weht wenig Wind. Der Sommer zeigt sich schon Ende Juni von seiner schönsten Seite. Wie schön wird es dann erst im Juli und August werden?«

Schwanzwedelnd kam Zorro auf ihn zu und begrüßte ihn. Der Rüde war imposant, und einige Besucher fürchteten sich vor ihm, dabei war er ein Lamm, verkleidet als schwarzer Schäferhund. Thies streichelte ihn ausgiebig und musste wieder einmal daran denken, warum Joos den Hund aus dem Tierheim adoptiert hatte. Zorro sollte eine abschreckende Wirkung haben und die Menschen auf Distanz halten, weil sein Bruder kaum jemand vertraute.

Müde lächelte Joos. »Wie kann man bloß so früh schon so gut gelaunt sein?«

»Was spricht dagegen?«, fragte Thies und nahm an dem runden Tisch Platz.

Im Gegensatz zu ihm und Finn, die nach ihrer Mutter kamen und sandblond waren, hatte Joos die nussbraunen Haare seines Vaters geerbt. »Die viele Arbeit, die auf uns wartet, die frühe Uhrzeit …«

»Es ist schon sieben. In drei Stunden wird die erste Fähre mit den Tagestouristen anlegen. Bis dahin müssen die Manufakturen geputzt, aufgehübscht und mit frischer Ware bestückt sein. Wenn ich kein Auge darauf habe und unsere Angestellten nicht antreibe, wird das auch nichts. Sieht man doch an dir.« Thies zwinkerte ihm zu und gab einige Löffel Müsli in seine Keramikschale. »Normalerweise brauchst du eine Stunde, um wach zu werden. Mit meiner Hilfe schaffst du das jedoch in zehn Minuten.«

»Ja.« Joos gab ein Knurren von sich. »Weil du nervst.«

»Damit kann ich leben. Was ist nun mit dem Tag der Schokolade?«, fragte Thies, während er Milch auf sein Müsli goss und alles energisch vermengte.

»Was soll damit sein?«

»Feiern wir ihn am 13. September auf der Schokoladeninsel? Was wäre naheliegender?«

»Finn wird dagegen stimmen, das kannst du dir doch denken. Ihm sind die Touristenströme jetzt schon zu viel.« Lustlos biss Joos von seinem Käsetoast ab.

Thies gab etwas Obstsalat in seine Schüssel. Sein Magen knurrte. Sobald er sich morgens aus dem Bett geschwungen hatte, lief sein Körper auf Hochtouren und verlangte nach Nahrung. »Ich werde unseren Youngster schon überreden, zu meinem Vorschlag Ja zu sagen.«

»Viel Spaß.« Die Ironie in Joos’ Stimme war nicht zu überhören.

Die Haushälterin kam mit einer Isolierkanne in den Frühstücksraum. Sie hatte ihre aschgrauen Haare streng zu einem Dutt zusammengesteckt, wie sie es schon getan hatte, als sie noch für Thies’ Eltern Hauke und Karin gearbeitet hatte. Damals wie heute trug Ebba Alwart eine schwarze Schürze über ihrem Kleid und feste dunkle Schnürschuhe. Ihre Lachfältchen hatten sich mit den Jahren von ihren Augenwinkeln über ihr ganzes Gesicht ausgebreitet.

Die 62-Jährige war der mütterliche Typ mit runden Hüften und roten Apfelbäckchen. Sie sprach die Brüder stets mit ihren Vornamen an, weil sie sie schon seit Kindesbeinen kannte, siezte sie inzwischen jedoch. Thies hatte sie unzählige Male gebeten, ihn wie alle anderen auf der Nordseeinsel Möwesand zu duzen, aber sie weigerte sich beharrlich. Sie fand das unangebracht, da sie für die Familie Lorentz arbeitete. Aber eines Tages würde er sie umstimmen.

»Guten Morgen, Thies«, sagte sie lächelnd. »Sind Sie etwa schon fertig?«

»Er kann sein Müsli auf keinen Fall gekaut haben, so schnell, wie er es aufgegessen hat«, frotzelte Joos und kraulte Zorro hinter den Ohren. Der Rüde hatte den Kopf auf die Beine seines Herrchens gelegt. Mit großen, treuen Augen sah er zu ihm auf, damit er ihm ein Stück Käse gab, aber Joos blieb hart. »Er muss es löffelweise heruntergeschluckt haben.«

Mit der Kanne in der Hand stellte Ebba Alwart sich vor Thies hin. »Wollen Sie denn keinen Kaffee?«

»Bloß nicht.« Joos grinste. »Er ist ja schon ohne Koffein wie ein Wirbelwind. Mit Kaffee würde er die Schokoladeninsel in Schutt und Asche legen, natürlich mit den besten Absichten.«

»Darf ich vielleicht auch mal etwas sagen?« Thies erhob sich und gab Ebba, die einen Kopf kleiner war als er, einen flüchtigen Kuss auf den Haaransatz. »Danke für das tolle Frühstück. Es war köstlich. Ohne Sie würden mein Bruder und ich verhungern.«

Die Wangen der Haushälterin röteten sich. »Sie sollten heiraten. Ich werde mich nicht ewig um Sie kümmern können. Die Frauen laufen Ihnen beiden doch scharenweise hinterher. Da muss doch eine dabei sein, die Ihr Herz erobert.«

»Leider nicht. Die meisten Frauen bleiben nur einen Tag auf der Insel, und viele, die mich anflirten, haben in Wahrheit bloß mein Geld im Sinn.« Thies sagte das leichthin, aber in Wahrheit bedrückte es ihn.

Im August wurde er 33 und war immer noch nicht in einer festen Partnerschaft. Dabei sehnte er sich so danach, eine Frau zu finden, die wirklich ihn begehrte und nicht den Sprössling der Lorentz-Schokoladendynastie. Er wollte mit seinem kleinen Sohn auf dem grünen Strand herumtollen, als wäre er selbst wieder ein Kind, und von seiner Tochter geschminkt werden. Alle würden über ihn lachen, weil er sich aufführte wie ein Narr, aber er wäre der glücklichste Mensch auf Erden. Bedauerlicherweise lag die Erfüllung dieses Traums in weiter Ferne.

»Es ist nicht leicht, wenn man attraktiv und wohlhabend ist«, neckte Ebba Alwart ihn und schmunzelte.

Thies konnte nachvollziehen, dass Außenstehende seine Worte als Jammern auf hohem Niveau werteten. Wenn man wie er meistens fröhlich war, glaubte eben niemand, dass man sich tief im Inneren einsam fühlte. »Irgendwann wird mir schon noch die passende Frau begegnen.«

»Da bin ich mir sicher.« Die Haushälterin hielt die Kanne hoch. »Wollen Sie nicht doch einen Kaffee, bevor Sie nach Nordwinden spazieren?«

»Keine Zeit.« Thies wuschelte Zorro zum Abschied durchs Fell, nahm die Handzettel und ging zur Zimmertür, die in den Vorraum führte. »Ich will noch bei Finn vorbeischauen und ihm einen neuen geschäftlichen Vorschlag unterbreiten.«

»Er wird begeistert sein, so früh geweckt zu werden«, rief Joos ihm hinterher und hielt seine Tasse hoch, damit die gute Seele des Hauses ihm nachschenken konnte. »Danke, Frau Alwart.«

Vor der Empfangshalle blieb Thies stehen und drehte sich um. Mit einem Augenzwinkern fragte er: »Was hältst du eigentlich von Weihnachtsmännern mit unseren Gesichtern? Man könnte sie auf die Alufolie, in die sie eingewickelt werden, drucken lassen.«

»Gott bewahre, nein.« Joos sprang auf und stieß dabei gegen den Tisch. Kaffee schwappte aus seiner Tasse auf den Unterteller.

»Das wäre doch ein cooler Marketinggag«, sagte Thies und wusste selbst nicht, ob er das ernst meinte oder nicht. »Weil einige Zeitschriften uns die drei Schokoladenmänner nennen.«

»Ich sagte, nein! Mir geht unser Bekanntheitsgrad jetzt schon gegen den Strich. Ich will Schokolade verkaufen und nicht mich. Wir bekommen immer mehr Presseanfragen. Alle wollen über uns und nicht über die Insel berichten«, donnerte Joos’ Stimme durch den Raum. Dann schnaufte er, atmete tief durch und setzte sich wieder. Er schob seinen Teller mit dem angebissenen Toast zur Seite. »Das gefällt mir nicht.«

»Sie sind begehrt, weil Sie reiche Junggesellen sind«, warf Ebba ein. »Heiraten Sie, und das Interesse der Medien wird schlagartig aufhören.«

Grinsend verließ sie das Zimmer.

»Schon gut, war nur ein Witz, ehrlich.« Es tat Thies leid, dass er seinen Bruder aufgeregt hatte, und das auch noch, bevor dieser richtig wach war.

Mit den Flyern in der Hand eilte er aus dem Haus. Als er die Sonne auf dem Gesicht spürte, blieb er stehen und streckte sich. Was für ein wunderbarer Tag! Lächelnd durchquerte er den Park, der das Haus umgab, und dachte schuldbewusst an Joos.

Er bereute es, dass er unabsichtlich Joos’ Dämonen heraufbeschworen hatte. Mit neun Jahren war Joos von Lösegelderpressern entführt worden. Damals war Thies sechs Jahre alt gewesen und hatte die drei Tage, an denen sich sein älterer Bruder in den Händen der Kidnapper befunden hatte, weder schlafen noch essen können. Finn war damals erst ein Jahr alt gewesen.

Die Entführer hatten gedroht, Joos umzubringen, sollten seine Eltern sich weigern, zu zahlen, oder die Polizei einschalten. Letzteres hatten sie trotzdem getan. Die Kidnapper waren geschnappt und Joos befreit worden. Er war unversehrt geblieben, aber die Zeit der Gefangenschaft und die Todesangst hatten ihn für immer verändert. Er hatte keine sichtbaren Verletzungen davongetragen, aber seine Seele hatte Schaden genommen.

Er lebte zurückgezogen, konzentrierte sich aufs Geschäft und hatte einen Beschützerinstinkt für seine beiden jüngeren Brüder entwickelt. Thies seinerseits hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Dunkelheit aus Joos’ Kopf zu vertreiben, wann immer sie erneut Besitz von ihm ergriff.

Er ging durch das gusseiserne Tor, das stets geschlossen blieb.

Viele Geschäfte auf der Hauptstraße in Nordwinden hatten leer gestanden, weil die Eigentümer verstorben, pleitegegangen oder weggezogen waren. Nach und nach hatten die Brüder sie erworben und kleine Manufakturen für exquisite Naschereien aus hochwertigen Biorohstoffen und Fair-Trade-Produkten errichtet, woraufhin Joos darauf beharrt hatte, eine Mauer um das Lorentz-Haus hochziehen zu lassen. Er bestand auf seine Privatsphäre und wollte vermeiden, dass die Touristen ihr Heim als eine Art lebendiges Museum betrachteten.

Die Leute waren neugierig. Lebten die Sprösslinge der Lorentz-Dynastie im Luxus, oder waren sie geizig? Würde man die drei Brüder vielleicht persönlich antreffen und sie über ihr Privatleben ausfragen und gemeinsame Fotos mit ihnen machen können? Konnte man gar einen Blick in ihre Schlafzimmer werfen?

Joos hat recht, dachte Thies, als er nach Osten auf die einzige Erhöhung der Insel zuging. Nicht sie waren die Attraktion, sondern der wildromantische Charme der Schokoladeninsel und die Köstlichkeiten, die mit hochwertigen und erlesenen Zutaten handgefertigt und meistens morgens frisch zubereitet wurden.

Thies bestieg den einzigen »Berg« von Möwesand. So bezeichneten die Einheimischen augenzwinkernd die Anhöhe, die in Wahrheit bloß ein Hügel war. Zielstrebig steuerte er den Leuchtturm an, in dem Finn wohnte.

Aber für ihn war es nicht so leicht, Distanz zu wahren, denn er war die Schnittstelle zu den Angestellten in den Manufakturen und den Bewohnern Nordwindens, die nicht für Joos und Finn und ihn arbeiteten. Er kümmerte sich um die Touristen und war ständig überall präsent. Darum konnte er sich nicht wie seine Brüder abschotten, und er wollte es auch gar nicht. Ihm gefiel es, mittendrin zu sein, dort, wo das Leben pulsierte.

Außerdem war er stolz darauf, was er, Joos und Finn erreicht hatten.

Ihr Vater hatte die Schokoladenfabrik in Flensburg aufgebaut. Besonders die hochwertigen und exquisiten Vollmilchschokoladen, die dort hergestellt wurden, hoben sich von Konkurrenzprodukten ab, weil sie ausschließlich mit Milch von Kühen, die auf norddeutschen Salzwiesen weideten, hergestellt wurden. Das machte einen kleinen, aber feinen und entscheidenden Unterschied aus und gab den Vollmilchschokoladen eine ganz eigene und unverwechselbare Geschmacksnote.

Zudem war die Fabrik in Deutschland einst Vorreiter für ungewöhnliche Kreationen gewesen wie Schokolade mit Chili, Ingwer, japanischem Bergpfeffer, Matcha Tee, Orangenzesten, Basilikum, Kürbisstücken, essbaren Blüten oder kleinen mit Glühwein gefüllten Kammern.

Die Schokoladeninsel allerdings war allein die Idee von Thies und seinen Brüdern gewesen. Sie hatten sie zum Erfolg geführt, auch weil sie die Bewohner Nordwindens mit ins Boot geholt und für Arbeitsplätze auf der Insel gesorgt hatten. Noch waren er, Joos und Finn nicht da, wo sie nach Thies’ Meinung sein könnten, vorausgesetzt, sie teilten dieselben Visionen. Inzwischen führten sie ihr Schokoladenimperium unter der Firmierung Gebrüder Lorentz.

Voller Tatendrang schritt Thies durch das Wäldchen mit den windschiefen Kiefern, das den Leuchtturm vom übrigen Eiland abschirmte. Sein jüngerer Bruder Finn hatte ein Schild mit der Aufschrift Privatgelände, Betreten verboten am Rand der Küstenstraße aufgestellt, aber viele Besucher missachteten es. Joos hatte ihm vorgeschlagen, den »Berg« mit dem Leuchtturm einzäunen zu lassen, aber Finn war dafür viel zu freiheitsliebend.

»Ich will nicht hinter einem Zaun leben wie ein Tier im Zoo«, hatte er gesagt und geschnaubt.

Thies konnte ihn verstehen. Fest hämmerte er an die Tür des Leuchtturms. Er wartete geduldig und lauschte, ob sich etwas in dem rot-weiß gestreiften Turm tat, aber er hörte nicht das leiseste Geräusch.

Erneut schlug er gegen die Tür. »Mach auf, Finn! Ich weiß, du willst nicht mitarbeiten, aber du bist nun einmal Teilhaber und musst jede Entscheidung mittreffen. Darum muss ich dich dringend sprechen.«

Mit einem Lächeln auf den Lippen stellte sich Thies vor, wie Finn im Bett liegend die Augen verdrehte, verschlafen murmelte: »Mein Bruder hat bestimmt wieder eine seiner Ideen«, und sich die Bettdecke über den Kopf zog.

Als ihre Mutter Karin vor zwei Jahren plötzlich aus dem Leben gerissen worden war, hatte Finn sich aus dem Familiengeschäft zurückgezogen, war schweigsam geworden und lebte seither gleichgültig in den Tag hinein. Nichts schien ihm wirklich Freude zu bereiten.

Ihre Mutter war eine leidenschaftliche Taucherin gewesen. Bei einem Tauchgang auf den Malediven war sie von dem Giftstachel eines Rochens gestochen worden. Zu allem Unglück hatte er ihre Lunge getroffen. Man hatte noch versucht, sie zu retten, doch sie war kollabiert und ihren inneren Verletzungen erlegen.

Ihr Tod hatte die Familie Lorentz bis ins Mark erschüttert. Ihr Vater war keine neue Beziehung eingegangen, bevor er vor einem halben Jahr an einem Herzinfarkt verstarb, weil er nicht schnell genug von Möwesand nach Flensburg ins Krankenhaus geflogen werden konnte. Auf einer Nordseeinsel zu leben, hatte auch Nachteile.

Seitdem flüchtete sich Joos in die Arbeit, und Thies versteckte seinen Kummer über den Verlust ihrer Eltern hinter einem Lächeln. Überhaupt lebte er nach dem Motto: Schau nach vorne, dann fallen die Schatten hinter dich, was mal besser und mal schlechter funktionierte.

Joos und ich sind stark und haben Wege gefunden, um mit unserer Trauer umzugehen, nur um Finn mache ich mir Sorgen, dachte Thies, während er darauf wartete, ob sich doch noch etwas im Leuchtturm regen würde.

Sein jüngerer Bruder wirkte wie ein Boot, dessen Anker und Segel von einem Orkan abgerissen worden waren und das nun hilflos übers Meer trieb. Vielleicht würde es irgendwo ans Ufer stoßen, Finn in einem fremden Hafen an Land gehen und dort glücklich werden. Aber Thies hoffte von ganzem Herzen, dass sein jüngerer Bruder eines Tages den Weg zurück zu ihnen finden und sich wieder im Familiengeschäft engagieren würde.

»Dann komme ich eben später noch einmal zurück. So leicht gebe ich nicht auf«, rief er hoch zu dem Fenster, hinter dem Finn schlief.

Thies spazierte an der Küste entlang in Richtung Nordwinden, dem einzigen Örtchen auf der nordfriesischen Insel. Tief inhalierte er die würzige Meeresluft. Noch war sie angenehm frisch, aber die Sonne hatte bereits Kraft. Er seufzte zufrieden, weil er an diesem Fleckchen Erde leben durfte, und ließ seinen Blick über die Nordsee schweifen.

Am Horizont erspähte er ein Schiff, das klein wie ein Spielzeug wirkte. Eine junge Möwe ließ sich von der seichten Brise zur Insel treiben. Das Wasser glitzerte. Auf einmal machte er jemand im Meer aus. Wer schwamm so früh denn schon? Er schirmte seine Augen ab und blinzelte.

»Finn«, rief er erstaunt aus.

Thies hatte ihm offenbar unrecht getan. Sein Bruder lag gar nicht mehr im Bett, sondern drehte schon seine Runden. Vielleicht gab es doch noch Hoffnung für ihn. Möglicherweise würde er irgendwann den Tod ihrer Eltern verarbeiten und die Energie, die er einst besessen hatte, zurückgewinnen.

Thies winkte ihm, aber Finn bemerkte ihn nicht.

Er schob die düsteren Gedanken beiseite. Der Tag war einfach zu schön, um Trübsal zu blasen. Vergnügt schlenderte er nach Nordwinden, das gerade erwachte.

Inzwischen war es acht Uhr. Er und seine Mitarbeiter hatten noch zwei Stunden, um alles für die Touristen vorzubereiten. Er liebte diese Zeit vor dem Ansturm. Überhaupt war er ein Morgenmensch.

Alles war noch ruhig. Die Küstenstraße, die um die gesamte Wattenmeerinsel und durch den Ort führte, war leer. In Kürze würde sie voller Menschen sein, die die kleinen Geschäfte erkundeten und die Schönheit der Natur bestaunten.

Überall würde es nach Schokolade und weiteren Naschereien duften, und den Besuchern lief das Wasser im Mund zusammen. Auch wenn es Kalorienbomben waren, griffen sie beherzt zu, denn diesen Köstlichkeiten konnte man nicht widerstehen. Eine Zeitschrift hatte die Schokoladeninsel als das wahr gewordene Schlaraffenland bezeichnet.

»Als würde man Willy Wonkas Schokoladenfabrik besuchen«, zitierte Thies aus dem Artikel und schmunzelte.

Er grüßte die Angestellten fröhlich, um sie mit seiner guten Laune anzustecken, und reichte Susanne einige Flyer. Wie alle Geschäftsführer hatte auch sie ein kleines Team unter sich. Gemeinsam bereiteten sie für die Gäste frische Waffeln, Crêpes, Pancakes und Förtchen zu.

Auf der Insel duzten sich alle, was Thies nur unterstützen konnte. Er glaubte ohnehin, dass Siezen kein Zeichen von Respekt, sondern von Distanz war. Bei einer guten Zusammenarbeit kam es nicht darauf an, wie man sich ansprach, sondern wie man miteinander umging.

Gegenüber buk Ole, der einzige dänische Mitarbeiter, gerade die ersten Torten, Cupcakes, Kekse und Madeleines.

Der appetitliche Kuchenduft lockte Thies an, der einen Stapel Handzettel gegen einen Cake-Pop, dessen Glasur aus Vollmilchschokolade noch feucht war, eintauschte.

Außer bei Brigitte von nebenan, die süßes und salziges Lakritz und selbst gemachte Gelees und Marmeladen anbot, hatten die Läden noch geschlossen. Also legte Thies die Faltblätter, die die Halloweenfeierlichkeiten bewarben, einfach auf die Fensterbank. Dann steuerte er das gegenüberliegende Geschäft an.

Aus der Küche im hinteren Teil des Gebäudes drangen die Geräusche von Küchenmaschinen. Frank stellte schon fleißig neue Eiscreme her. Thies wollte ihn nicht stören und reichte seinem Assistenten Philipp, der die Kühltheke im Verkaufsraum bestückte, den Nachschub an Flugschriften.

Im Bonbon-Geschäft neben ihnen beobachtete er hingerissen, wie Maria aprikosenfarbene Zuckermasse immer wieder lang zog, bis diese die gewünschte Konsistenz hatte. Sie umwickelte sie mit einem Strang weißer Masse und rollte beides so lange, bis sich die Schichten vermischt hatten. Schließlich schnitt sie mundgerechte Stücke ab, die ein wunderschönes Muster und Farbspiel aufwiesen.

Thies war stets aufs Neue fasziniert. Genüsslich steckte er sich ein rot-braunes Drops in den Mund. Seine Flyer tat er in einen kleinen Aufsteller auf der Theke neben die bunten, marmorierten Lutscher und verabschiedete sich.

Während sich der Geschmack von Kirsche und Cola auf seiner Zunge ausbreitete und Assoziationen an Cherry Cola weckten, ging er mit schnellen Schritten zu Guido hinüber, der Schaumtiere, Schaumküsse mit den verschiedensten Glasuren und Toppings wie Nüsse, Zuckerstreusel und –perlen und zudem gute alte Zuckerwatte herstellte.

Thies liebte die Schaumküsse mit irischem Sahnelikör, die mit Nussschokolade glasiert und Krokant bestreut wurden, widerstand aber heute.

Nachdem er einige Reklamezettel bei Guido gelassen hatte, brachte er Claudia nebenan welche. Sie tauchte gerade Bananen und Erdbeeren in flüssige Nussschokolade ein und legte sie auf ein Blech, damit die Glasur erkalten und hart werden konnte. Fertige Bananenchips, abgepackt in kompostierbaren Papiertaschen, standen bereits neben der Kasse.

Thies plauschte gerne mit Claudia, riss sich aber irgendwann doch los, eilte zu Christian gegenüber und legte ihm einige Informationsblätter hin.

Christian kandierte in der Küche Früchte. Gerade erhitzte er Wasser und Zucker. Als die Flüssigkeit Fäden zog, gab er weiße und blaue Weintrauben in ein Sieb und hängte es in den Topf.

Das ganze Gebäude war erfüllt mit dem süßen Duft des Früchtebrotes, das er bereits frisch gebacken hatte. Thies musste sich auf die Finger hauen, um nicht die Hand nach den warmen karamellisierten Mandeln auszustrecken, die auf Backpapier lagen, um auszukühlen.

Bei jedem Rundgang empfand er aufs Neue eine angenehme Aufgeregtheit. Die morgendliche Begrüßung seiner Mitarbeiter gehörte zwar zu seiner Routine, um festzustellen, ob es in den Manufakturen womöglich Probleme gab, und um sich die Sorgen der Angestellten anzuhören und sie zu motivieren, dennoch war er nach all den Jahren immer noch mit Freude bei der Sache.

Mit einem Lächeln auf den Lippen besuchte er zuletzt die beiden Geschäfte, die er und seine Brüder damals als Erste aufgekauft hatten. Wie alle Läden hatten sie sie liebevoll renoviert und in Kobaltblau und Weiß eingerichtet, um eine heimelige friesische Atmosphäre zu erschaffen. Sie benutzten Geschirr und Porzellandosen mit Zwiebelmuster. Zwischen den Regalen mit Naschwerk hingen alte Schwarz-Weiß-Fotos, die einen Blick in die Vergangenheit der Insel boten. Heute führten Monika und Simon mit einem kleinen Team die Läden.

Vor der Halloween-Veranstaltung Ende Oktober würden sie auf Möwesand allerdings erst noch Anfang August ein Sommerfest ausrichten, unter anderem gab es ein Picknick am Strand mit großem Barbecue und ein nostalgisches Karussell.

Im Dezember bauten sie jedes Jahr einen kleinen Weihnachtsmarkt auf der Küstenstraße auf, auf dem die Touristen aus Holz geschnitzte Krippen und Kinderspielzeug, handbemalte Weihnachtskugeln, Strohsterne, Tonkrüge, Naturseifen, Lichtobjekte, Honigkerzen und viele weitere handgefertigte Dekoartikel kaufen konnten.

Im April nächsten Jahres würde das Frühlingsfest folgen. Auf der Schokoladeninsel war immer etwas los.

Vielleicht ist eine weitere Veranstaltung doch zu viel, grübelte Thies mit Hinblick auf den Internationalen Tag der Schokolade, während er mit seinen Flyern in der Hand zu Simon ging.

In seinem Shop vertrieb Simon äußerst erfolgreich Pralinen, darunter jährlich eine andere Sorte, die exklusiv für die Schokoladeninsel ausgedacht, von ihm hergestellt wurde und es sonst nirgendwo anders zu kaufen gab. Dieses Jahr war es ein exquisiter Trüffel mit feinstem Lübecker Marzipan, weißem Nougat und einem Hauch Krokant. Abgerundet wurde er mit einer Glasur aus Zartbitterschokolade mit einem Kakaoanteil von 70 Prozent. Hingucker war der Goldstaub auf dem dunklen Überzug.

Die restlichen Flyer reichte Thies Monika.

In dem Laden, der ganz oben auf der Beliebtheitsliste der Gäste stand, präsentierte Monika alle Schokoladensorten, für die die Gebrüder Lorentz bekannt waren, allen voran Schokoladen mit Meersalz und karamellisierten Pekannüssen. Thies hatte die Idee gehabt, den Walt Disney Animation Studios einen Deal anzubieten, und Joos hatte den Vertrag mit der Walt Disney Company ausgehandelt, sodass sie seit Kurzem die Charaktere aus den aktuellen Animationsfilmen als Schokoladenfiguren anbieten durften. Die Hasenpolizistin Judy Hopps, das Faultier Flash, Königin Elsa, Prinzessin Anna und besonders Olaf waren am beliebtesten bei den Kindern.

Zudem gab es von Monika und ihren Mitarbeitern selbst gemachte Nuss-Nougatcreme, Schokoriegel, Schokolinsen und einen kleinen Schokoladenbrunnen, in den die Touristen kostenlos Waffelkekse tauchen und dann probieren durften.

Endlich war Thies alle Flyer losgeworden. Er stellte sich in Nordwinden auf die Hauptstraße, ließ sich von der Sonne wärmen und beobachtete zufrieden, wie die letzten Fensterläden der Manufakturen geöffnet und auf die Tafeln am Eingang mit Kreide die neusten Angebote geschrieben wurden.

Inzwischen war es Viertel nach neun. In einer halben Stunde würde sich Thies zum Hafen aufmachen. Dort wollte er auf die erste Fähre des Tages, die um zehn Uhr am Landungssteg ankam, warten und die Touristen abholen. Es gab zwar Wegweiser zur Verkaufsstraße und andere Angestellte, die als Ansprechpartner für die Besucher am Anleger bereitstanden, aber er ließ es sich nicht nehmen, den ersten Schwung Gäste eigenhändig nach Nordwinden zu bringen.

»Du hast Hummeln im Hintern«, hatte Joos schon als Jugendlicher zu ihm gesagt. »Kannst du eigentlich auch mal still sitzen?«

Es fiel Thies schwer, nichts zu tun, denn er war so voller Tatendrang und Energie, dass er gar nicht wusste, wohin damit. Außerdem widerstrebte es ihm, alles zu delegieren. Er wollte sich nicht in einem Elfenbeinturm verschanzen, sondern da sein, wo das Leben tobte.

Büroarbeit langweilte ihn, die überließ er gerne Joos. Er war lieber der Mann vor Ort, etwas, das Joos widerstrebte, denn seit der Entführung mied er Menschenmengen, und erfreulicherweise – denn das bedeutete klingelnde Kassen – war es tagsüber auf der Insel immer voll. Nur montags und dienstags war Ruhetag.