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Gut gelaunt öffnet Alexander von Ravenhorst die Tür zu seinem Sommerhaus am Meer, in dem er sich nach einer stressigen Zeit erholen will. Doch der Brief auf dem Wohnzimmertisch fällt ihm gleich ins Auge. Seltsam, denkt er, wer kann denn hier gewesen sein? Rasch öffnet er den Umschlag und liest die wenigen Zeilen, die ihm das Blut in den Adern gefrieren lassen.
Sebastian, ich sehe nur noch diesen letzten Ausweg. Und du allein bist schuld daran, Cora.
Voller unguter Ahnungen stürmt Alex auf die Steilklippe hinter seinem Haus zu - und da sieht er sie: Die zierliche, blond gelockte Frau steht gefährlich nah am Abgrund, den Kopf gesenkt und zum Äußersten bereit. Cora, die Freundin seines Bruders Sebastian!
Die nächsten Stunden sollen für die beiden jungen Menschen schicksalhaft werden. Sie spüren, dass sie von nun an zusammengehören. Doch Alexander ist nicht frei ...
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Seitenzahl: 116
Cover
Bittersüße Liebesträume
Vorschau
Impressum
Bittersüße Liebesträume
Wird Cora jemals das Herz des heimlich Geliebten gewinnen?
Diana Laurent
Gut gelaunt öffnet Alexander von Ravenhorst die Tür zu seinem Sommerhaus am Meer, in dem er sich nach einer aufreibenden Zeit erholen will. Doch im Inneren fällt sein Blick auf einen Brief, der auf dem Wohnzimmertisch liegt. Seltsam, wie kommt der hierher? Rasch öffnet er den Umschlag und liest die wenigen Zeilen, die ihm das Blut in den Adern gefrieren lassen.
Sebastian, ich sehe nur noch diesen letzten Ausweg. Und du allein bist schuld daran. Cora.
Von einer schrecklichen Vorahnung erfüllt, stürmt Alexander auf die Steilklippe hinter seinem Haus zu – und da sieht er sie: Die zierliche, brünett gelockte Frau steht gefährlich nah am Abgrund, den Kopf gesenkt und zum Äußersten bereit. Es ist Cora, die Freundin seines Bruders Sebastian!
Die nächsten Stunden sollen für die beiden jungen Menschen schicksalhaft werden. Sie spüren, dass sie von nun an zusammengehören. Doch Alexander ist nicht frei ...
»Morgen, Schmidsen! Sieht so aus, als könnten wir schon in den nächsten Tagen an die Aussaat denken.« Alexander von Ravenhorst, Besitzer von Gut Ravenhorst im Holsteinischen, nickte seinem Verwalter knapp zu.
Der zog seine Mütze vom Kopf und klopfte dem temperamentvollen Rappen seines Brotherren sachte den Hals.
»Wenn das Wetter hält, bestimmt«, erwiderte er. »Wird auch langsam Zeit nach den vielen Regenwochen.«
Der elegante Reiter konnte seinem Angestellten nur zustimmen. Der Frühling ließ sich in diesem Jahr Zeit, und das kühle Schauerwetter hatte den dunklen Moorboden rund um das Gutshaus zu sehr aufgeweicht. Bislang war es noch nicht möglich gewesen, die Saat für die große Ernte im Sommer zu legen.
Während Alexander auf seinem Rappen den Gutshof zu einem Ritt durch die klare Morgenluft verließ, waren seine Gedanken, wie so oft, bei den Belangen des landwirtschaftlichen Betriebs, dem er nun seit einigen Monaten allein vorstand. Der hochgewachsene junge Mann mit dem dunklen, welligen Haar und den nachdenklichen grauen Augen war fest verwurzelt auf der Scholle seiner Heimat.
Er liebte den Gutshof, das Leben in der melancholischen Weite des norddeutschen Flachlandes, den würzigen Geruch der feuchten Erde. Die frühen Ausritte, zu einer Zeit, wenn der Morgen gerade erst anbrach und die Natur noch frisch und unberührt schien, waren ihm das Liebste.
Stille lag über dem Land, in den Mulden stand noch der Nebel, die Feuchtigkeit der Nacht ließ Tautropfen funkeln. Im Osten sprach ein zarter Widerschein aus pastellenem Rosa und Lila vom kommenden Tag.
Zu dieser Stunde konnte Alexander seine Gedanken ordnen, da spürte er, wie Ruhe und Zufriedenheit sein Herz erfüllten. Und die Sorgen, die Probleme, die ihn bedrückten, waren weit fort.
Die Familie Ravenhorst lebte und wirtschaftete seit einigen Generationen auf dem Gut. Mittlerweile war der landwirtschaftliche Betrieb straff organisiert und auf den neuesten Stand gebracht, um rentabel zu sein. Alexander und sein kürzlich verstorbener Großvater Oswald von Ravenhorst hatten bei der Modernisierung Hand in Hand gearbeitet.
Der junge Gutsherr vermisste nicht nur die gute Fachkenntnis des alten Herren – sein Tod hatte den jungen Mann sehr tief getroffen. Das lag an den besonderen Lebensumständen, unter denen Alexander und sein Bruder Sebastian groß geworden waren.
Vor zwanzig Jahren hatte ein schwerer Unfall den beiden damals zehn und fünfzehn Jahre alten Jungen die Eltern genommen. Oswald und seine Frau Friederike, die damals ebenfalls auf Ravenhorst gelebt hatten, hatten es als ihre selbstverständliche Pflicht angesehen, sich um ihre Enkel zu kümmern und die Eltern zu verteten.
Schon früh hatte Alexander, der Ältere, Interesse für die Gutsführung bekundet. Er hatte sich stets gut mit seinem Großvater verstanden und mit inniger Liebe an seiner Großmutter gehangen.
Ganz anders sein jüngerer Bruder. Sebastian war das Sorgenkind seiner Großeltern gewesen. Er hatte sich ungebärdig und wild gegeben, hatte niemanden an sich herankommen lassen. Nur mit Mühe hatte er die Schule geschafft und mehr schlecht als recht sein Abitur bestanden. Danach hatte ihn nichts mehr auf Ravenhorst gehalten. Er war davongeflattert, ein unstetes Blatt im Wind, ohne Sinn und Ziel.
Obwohl Alexander auch heute noch ein gewisses Verständnis für seinen kleinen Bruder aufbrachte, denn er wusste, wie sehr diesen der Verlust der Eltern getroffen und aus der Bahn geworfen hatte, dachte er doch nicht gern an die Zeit zurück, als Sebastian noch auf dem Gut gewesen war. Die selbstverständliche Art, mit der er nahm, ohne zu geben, nur sich selbst und seine eigenen Bedürfnisse kannte, lief dem Verständnis seines pflichtbewussten Bruders vollkommen zuwider.
In gewisser Weise war Alexander erleichtert gewesen, dass sein Bruder nicht zur Beerdigung des Großvaters angereist war. Auf Bitten der Großmutter hatte er in allen internationalen Tageszeitungen Anzeigen aufgegeben, denn Sebastian direkt zu erreichen, war unmöglich. Niemand wusste, wo er sich gerade aufhielt.
Trotzdem hatte der Bruder nichts von sich hören lassen. Alexander wusste, dass die Großmutter darunter litt. Sie machte sich beständig Sorgen um Sebastian, hätte ihn gern in ihrer Nähe gehabt. Doch der junge Gutsherr konnte sich ausmalen, dass Friederikes Sorgen sich dann wohl verdoppelt hätten.
Der einsame Reiter hatte seinen morgendlichen Ritt beinahe hinter sich gebracht und war auf dem Rückweg zum Gut, als er auf der nahen Landstraße einen flachen Sportwagen ausmachte, der sich mit überhöhter Geschwindigkeit Ravenhorst näherte.
Alexanders markante Miene verdüsterte sich, denn er wusste sehr genau, wer da kam: Es war Claudia, seine Frau. Seit einem Jahr waren sie nun verheiratet, und dem ersten Zauber der Liebe war Ernüchterung gewichen. Zumindest bei Claudia schien das der Fall zu sein.
Der Gutsherr liebte seine schöne, eigenwillige Frau nach wie vor. Aber er spürte auch, dass ihre Gefühle für ihn sich abgekühlt hatten. Ob es daran lag, dass sie sich auf dem Gut langweilte, oder ob ihre sehr unterschiedlichen Interessen die Schuld trugen, vermochte Alexander nicht zu sagen.
Claudia hasste das Landleben. Mehr als einmal hatte sie ihm in den vergangenen Monaten vorgeworfen, das Leben fließe »zwischen Steckrüben und Bauerntölpeln« an ihr vorbei. Sie verstand seine Verbundenheit mit dem Land seiner Vorfahren nicht, nannte diesen Wesenszug antiquiert und lächerlich.
Um des lieben Friedens willen hatte er ihr vorgeschlagen, ihre alten Freundschaften zu pflegen und dafür auch ohne ihn in die Stadt zu fahren. Sie nutzte dieses unvorsichtig ausgesprochene Angebot nun nach Kräften aus – allerdings mit dem Ergebnis, dass sie einander noch fremder geworden waren. Es tat dem jungen Mann weh, zu sehen, wie Claudia sich jeden Tag, der verging, ein wenig mehr von ihm entfernte, ohne dass er etwas dagegen tun konnte.
Alexander traf zum gleichen Zeitpunkt im Wirtschaftshof des Gutes ein wie seine Frau. Während er absaß und seinen Rappen einem Burschen überließ, eilte Claudia zum Haus, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Sie war überaus elegant gekleidet, und er erinnerte sich, dass sie am Vorabend von einer Party gesprochen hatte. Dass sie erst jetzt nach Hause kam, wollte ihm ganz und gar nicht gefallen.
»Claudia, warte bitte auf mich!«, rief er ihr nach, woraufhin sie widerwillig stehen blieb und sich mit einem Blick nach ihm umschaute, der Bände sprach. In ihren rehbraunen Augen schien es Eis zu regnen.
»Ich bin sehr müde und würde mich gern hinlegen«, sagte sie kalt. »Du entschuldigst mich?«
Er betrachtete sie einen Moment lang stumm, ihre elegante, schlanke Erscheinung, das blonde Haar, das schön geschnittene Gesicht mit dem vollen Mund und den leicht schräg stehenden Augen. Oh ja, Alexander wusste nur zu gut, weshalb er sich dem Zauber seiner Frau noch immer nicht entziehen konnte. Auch wenn es besser gewesen wäre – nicht nur für ihn –, etwas mehr kritische Distanz zu wahren.
»Ich würde gern wissen, weshalb du jetzt erst nach Hause kommst«, sagte er, darum bemüht, seiner Stimme einen kühlen, sachlichen Klang zu geben.
»Die Party hat eben ein wenig länger gedauert«, kam es schnippisch von ihr zurück. »Ist das ein Problem für dich?« Ihr Blick wurde herausfordernd.
»Claudia, als ich dir angeboten habe, auch mal allein nach Hamburg zu deinen alten Freunden zu fahren, dachte ich dabei nicht an eine Dauereinrichtung. Merkst du gar nicht, was für ein Licht dein Verhalten auf unsere Ehe wirft?«
Sie hob die Schultern.
»Mein Gott, bist du spießig!« Damit ließ sie ihn einfach stehen und entschwand über die Freitreppe in den ersten Stock.
Der Gutsherr blickte ihr zornig hinterher. Es war viel weniger das Gerede der Leute, das ihn an Claudias Verhalten störte, als vielmehr die wachsende Gewissheit, dass es ein Fehler gewesen war, sie überhaupt zu heiraten.
Ein einziges Mal nur war er seinem Herzen gefolgt und hatte das Gefühl über den Verstand gestellt. Das Ergebnis war verheerend ...
♥♥♥
Friederike von Ravenhorst kränkelte ein wenig seit dem Tod ihres Mannes. Mal war es ein Schnupfen, dann starke Rückenschmerzen, die sie zwangen, ihre Zeit im Bett zu verbringen. Die Ehe der alten Gutsleute war sehr glücklich gewesen, es fiel der sonst so quirligen und unverwüstlich scheinenden älteren Dame schwer, mit dem schmerzhaften Verlust fertigzuwerden.
Alexander kümmerte sich liebevoll um seine Großmutter. Nachdem er allein ein karges Frühstück zu sich genommen hatte, suchte er Friederike in deren Räumen im Ostflügel des Gutshauses auf.
Zurzeit litt sie unter einem nervösen Magen, weshalb der Doktor ihr Bettruhe und eine strenge Diät verordnet hatte. Ihre hellen Augen leuchteten erfreut auf, als ihr Enkel den Raum betrat.
»Alex, wie schön, dich zu sehen!«
Sie reichte ihm die Hände, auf die er einen Kuss drückte.
»Wie geht es dir, Großmama? Du siehst blendend aus.«
»Alter Schmeichler!« Sie lachte, was ihr Gesicht ganz jung und sehr sympathisch machte. »Es geht schon wieder. Ich denke, zum Abendessen werde ich aufstehen und euch Gesellschaft leisten.«
Über das Gesicht des jungen Gutsherren schien sich ein Schatten zu legen, doch er gab sich Mühe, sich nichts von seinem Kummer anmerken zu lassen. Vor Friederike konnte er jedoch nichts verheimlichen, das musste er wieder einmal erkennen.
Sie betrachtete ihren Enkel eingehend.
»Deine Frau wird zum Abendessen wohl wieder einmal nicht zu Hause sein, nicht wahr?«
»Ich weiß es nicht. Doch es ist durchaus möglich.« Er lächelte schmal und wechselte das Thema. »In den nächsten Tagen können wir endlich mit der Aussaat beginnen. Der Boden trocknet nach dem vielen Regen nur langsam.«
Die alte Gutsfrau setzte eine verdrießliche Miene auf.
»Das mag ich gar nicht an dir leiden. Wenn du einfach so tust, als sei alles in Ordnung.« Er wollte etwas einwenden, doch sie fuhr unbeirrt fort: »Du bist unglücklich, mein Junge. Und das nicht erst seit gestern. Mir kannst du nichts vormachen.« Ihre hellen Augen blitzten verärgert auf. »Wenn es nach mir gegangen wäre, dann hättest du diese Person nicht geheiratet!«
»Großmama, das haben wir doch schon zur Genüge besprochen«, erwiderte Alexander unwillig.
»Haben wir nicht!«, beharrte sie. »Du bist stur wie ein Maulesel. Wieso kannst du nicht zugeben, dass du einen Fehler gemacht hast? Und diesen endlich revidieren?«
Er betrachtete die alte Dame ungläubig.
»Was willst du damit sagen? Soll ich mich etwa scheiden lassen? Ist es das? Du weißt sehr gut, dass eine Scheidung für mich nicht infrage kommt. Ich liebe Claudia.«
»Ach, Junge, das genügt eben manchmal nicht. Komm her und hör mir einmal gut zu. Ich möchte dir etwas erzählen.«
Er folgte ihrer Bitte, nahm wieder auf der Bettkante Platz und lauschte aufmerksam ihren Worten.
»Dein seliger Großvater und ich, wir waren glücklich miteinander, das kann ich reinen Gewissens behaupten. Doch das heißt noch lange nicht, dass wir nicht auch unsere Krisen und Stürme hatten.«
»Du und Großvater? Das mag ich kaum glauben. Ihr wart doch immer ein Herz und eine Seele«, wunderte Alexander sich.
»Natürlich war es unser oberstes Gebot, vor euch Jungs nicht zu streiten. Ihr hattet schon genug mitgemacht. Wir wollten euch das einfach ersparen. Doch es gab eine Zeit, in der unsere Ehe wirklich in Gefahr war. Dein Großvater interessierte sich auffällig für eine sehr junge und sehr hübsche Erntehelferin. Wir haben deshalb furchtbar gestritten, denn ich konnte sehr eifersüchtig sein.«
»Willst du damit etwa sagen, dass Großvater dich betrogen hat?«
»So weit kam es, Gott sei Dank, nicht. Ich machte ihm die Hölle heiß, so lange, bis er sich vor eine Entscheidung gestellt sah: Entweder er blieb mir true, oder aber er verlor mich.« Sie lächelte. »Er hat sich für Ersteres entschieden und damit unsere Ehe gerettet. Versteht du, was ich dir damit sagen will, Junge? Der Zustand zwischen dir und deiner Frau, der kann auf Dauer nur in einer Katastrophe enden.«
»Trotzdem kann man es nicht mit dem vergleichen, was du mir erzählt hast. Claudia braucht einfach etwas Abwechslung, sie mag nicht die ganze Woche auf dem Gut sein.«
»Du weißt so gut wie ich, dass das nicht alles ist«, widersprach sie ihm sanft, aber bestimmt. »Alex, mein lieber Junge, schau den Tatsachen ins Gesicht. Es kann so nicht weitergehen. Du musst deine Frau ebenfalls vor die Wahl stellen.«
»Das kann ich nicht. Und ich will es auch gar nicht«, erwiderte er ablehnend.
Friederike schwieg. Sie ahnte, was in ihrem Enkel vorging. Er hatte Angst, seine Frau zu verlieren. Und wer Claudia kannte, der wunderte sich nicht über diese Reaktion. Sie war schön und charmant, aber sie kannte nur sich selbst. Wenn es ihr in den Sinn kam, würde sie ihren Mann ohne Skrupel verlassen. Und die alte Dame ahnte, dass ihr Enkel dies einfach nicht würde ertragen können. Noch nicht.
Alexander dachte den ganzen Tag über das Gespräch mit seiner Großmutter nach. Er wusste nur zu gut, dass sie recht gehabt hatte. Mit allem. Seine Ehe bestand nur noch auf dem Papier, seine Frau ging längst eigene Wege. Dass ihre oft tagelangen Aufenthalte in Hamburg so harmloser Natur waren, wie sie stets behauptete, glaubte er schon lange nicht mehr.
Und doch ... Es fiel dem jungen Gutsherren unendlich schwer, sich von Claudia zu lösen. Er liebte sie. Und Liebe duldet nun einmal sehr viel.
Wie Friederike vermutet hatte, erschien die junge Gutsfrau nicht zum Abendessen.
»Sie ist in der Stadt verabredet«, erklärte Alexander seiner Großmutter entschuldigend.
Die alte Dame hatte nun endgültig genug. Ohne sich von ihrem Enkel aufhalten zu lassen, machte sie sich auf den Weg in Claudias Schlafzimmer.