Spark my Delight - Sommernächte in Venedig - Lilly Autumn - E-Book

Spark my Delight - Sommernächte in Venedig E-Book

Lilly Autumn

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Beschreibung

»Wenn ich dich so ansehe, würde ich lieber ganze Balladen für dich schreiben, statt nur zu kochen.« »Ist es schlimm, dass ich dein Essen den Balladen vorziehe?« Obwohl Luca sich seinen Traum vom eigenen Restaurant erfüllt hat, ist ihm eines abhandengekommen: seine Passion für das Kochen. Als die bezaubernde Elisabeth eine Bleibe braucht, macht er ihr den Vorschlag, kostenlos in einem der Gästezimmer zu leben und dafür im Lokal zu helfen. Sein Angebot ist nicht ganz uneigennützig, denn er will Elisabeth mit seinem Essen erobern und so seine Leidenschaft zurückgewinnen. Bald entwickeln sich tiefe Gefühle zwischen den beiden. Allerdings verbirgt Elisabeth ein Geheimnis vor Luca – und dieses könnte dafür sorgen, dass er alles verliert … Jetzt den spicy Liebesroman in Italien lesen und das Dolce Vita genießen. „Spark my Delight“ enthält spicey (erotische) Szenen und ist deswegen für Leser ab 16 Jahren empfohlen.

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Spark my Delight

SOMMERNÄCHTE IN VENEDIG

BUCH ZWEI

LILLY AUTUMN

Copyright © 2024 by Lilly Autumn

c/o WirFinden.Es

Naß und Hellie GbR

Kirchgasse 19

65817 Eppstein

www.lillyautumn.at

[email protected]

Umschlaggestaltung: Madeleine Hirdt

Lektorat&Korrektorat: Julie Roth

Satz: Bettina Pfeiffer

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form sind vorbehalten. Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Für all jene, die ihre Leidenschaft suchen.

Ihr findet sie an den unerwartetsten Orten.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Epilog

So geht es in Band 3 weiter …

Gleich weiterlesen!

Was haben Elisabeth und Eduard wirklich besprochen?

Danksagung

Über den Autor

Bücher von Lilly Autumn

KapitelEins

Diese verfluchten Töpfe!«, schimpft mein Bruder Tiz.

Lautstark knallen die Kochutensilien aus Kupfer gegeneinander. Ein Schmunzeln stiehlt sich auf mein Gesicht, weil ich mir vorstelle, wie Tiz sich die Stirn reibt, die er sich – mal wieder – an den von der Decke hängenden Töpfen und Pfannen angeschlagen hat. Hinschauen kann ich nicht, denn ich bin gerade damit beschäftigt, einen großen Topf zu retten, dessen Inhalt trotz meiner Bemühungen zu Kohle verbrannt ist.

»Luca, wann räumst du den Mist um?«, fragt Tiz mich in seinem herrischen Tonfall.

»Die Dinger hängen dort seit mehr Jahren, als wir zusammen alt sind«, erwidere ich und schrubbe den Boden fester. »Nur weil du den Kopf nie einziehen willst, muss ich Blancas Ordnung nicht durcheinanderbringen.«

Immer noch sehe ich nicht auf, obwohl Tiz sich neben mich stellt und beobachtet, wie ich verzweifelt mit der Stahlwolle in dem Topf herumreibe. Aus dem Augenwinkel erkenne ich, dass er die Arme vor der Brust verschränkt. Ob er jetzt mitleidig oder zornig schaut, weiß ich allerdings nicht. Es ist auch egal. Ich habe ihn nicht gebeten, hier zu sein.

»Blanca hat angerufen«, sagt er unvermittelt. »Sie meinte, du brauchst Hilfe.«

Gleichmütig zucke ich mit den Schultern. »Du wirst dir deinen teuren Anzug versauen, wenn du mir hilfst, diesen Topf zu retten.«

Jetzt sehe ich auf und halte ihm das Ding mit dem verbrannten Inhalt hin. Einen Teil der Soße habe ich schon rausgekratzt, aber der Rest klammert sich hartnäckig an das uralte Geschirr, das vermutlich vor dem Ersten Weltkrieg schon in dieser Küche gehangen hat.

Blancas Laden ist ziemlich in die Jahre gekommen – und das ist diplomatisch ausgedrückt. Sie führt ihr kleines Restaurant, seit sie eine junge Frau war. Wie alt Blanca wirklich ist, weiß ich nicht, aber ich schätze sie auf über achtzig. Und sie hat damals bereits die gesamte Einrichtung im Restaurant und der Küche von ihren Eltern übernommen, die wiederum alles von deren Eltern übernommen hatten. Mit der Schätzung vom Ersten Weltkrieg liege ich vermutlich gar nicht so verkehrt.

»Ich bezweifle, dass sie den Topf gemeint hat.« Tiz atmet geräuschvoll aus und zieht dabei die Schultern hoch. »Eher etwas anderes.«

Ich mustere meinen Bruder, der sich vor fast einem Jahr seinen größten Wunsch erfüllt hat. Durch seinen Sieg bei einem großen Pokerturnier hat er genug Geld aufgebracht, um das Hotel, das einst unserer Familie gehört hat, zurückzuerobern. Ganz nebenbei hat er so die Liebe seines Lebens – Carly – kennengelernt. Sie ist zwar die Tochter des größten Konkurrenten unseres verstorbenen Vaters, aber Tiz liebt sie und Carly liebt ihn. Was unsere Väter nicht geschafft haben, gelingt den beiden spielend: Die zwei größten Hotels in Venedig sind nun freundschaftlich verbunden, helfen einander aus, statt miteinander zu konkurrieren. Niemals hätte ich das bei Tiz’ Dickschädel für möglich gehalten. Doch für Carly springt er über seinen Schatten.

Es ist immer noch ungewohnt, ihn wieder in vornehmen Anzügen herumlaufen zu sehen. Bis zu seinem Sieg im Turnier hat er sich als Gondoliere durchgeschlagen. Als Geschäftsführer eines Luxushotels trägt man aber weder blaue Stoffhosen noch dunkelblau und weiß gestreifte Shirts.

»Willst du mir als Kellner zur Hand gehen?«, frage ich aufmüpfig. »Meiner ist nämlich schon wieder abgehauen, weil er in anderen Läden mehr Trinkgeld bekommt.«

»Klar, weil die mehr als zehn Tische haben und nicht ständig Gerichte aufs Haus gehen lassen müssen, weil diese verbrennen.«

Ich pfeffere die Stahlwolle in den Topf, richte mich auf und funkle meinen Bruder an. »Das liegt an dem verdammten Herd und …«

Beschwichtigend hebt Tiz die Hände. »Dass es nicht an dir liegt, weiß ich. Immerhin hast du in meiner alten Wohnung unglaublich gute Speisen gekocht und ich hatte nur eine uralte portable Herdplatte.«

»Fein«, stammle ich, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass Tiz einfach klein beigibt. Muss an Carlys Einfluss liegen; sie scheint ihn in einigen Dingen positiv zu verändern.

Mit einer fahrigen Handbewegung kratzt Tiz sich am Nacken. »Hör zu, ich habe keine Lust auf eine Diskussion, also rücke ich einfach mit der Sprache heraus.«

»Natürlich, das machst du immer.« Ich verdrehe die Augen. »Also los, sag mir, was du zu sagen hast.«

Obwohl er meine Erlaubnis hat, zögert Tiz. In meinem Magen verknotet sich alles. Wenn sogar mein Bruder erst überlegen muss, wie er mir etwas beibringt, kann es nur etwas Schreckliches sein.

»Du hinkst weit hinter deinem Plan her«, sagt Tiz und atmet tief ein. »Der Sommer steht vor der Tür und du wolltest bis dahin die Zimmer im zweiten Stock zu Gästezimmern umgebaut haben. Außerdem wolltest du die Küche erneuern, die elektrischen Leitungen und jene für Wasser tauschen lassen, die Geräte in der Küche wolltest du ebenfalls durch neue ersetzen. Aber …«

»Ja, ich habe nichts davon hingekriegt«, helfe ich ihm aus. »Ich weiß. Das Geld reicht hinten und vorne nicht. Meine Reserven sind für die Fassadenrenovierung draufgegangen, die bitter nötig war, damit die Gäste erkennen, dass sich hier ein Restaurant befindet. Ich bin froh, wenn ich die Rechnungen bezahlen kann und etwas übrig bleibt, um Blancas Physiotherapie zu bezahlen.«

»Luca …«

Mein Bruder sieht mich mit herabhängenden Mundwinkeln an. Sofort hebe ich eine Hand. »Sag es nicht«, bringe ich mit viel zu brüchiger Stimme heraus. »Ich habe damals zugestimmt, meinen Job aufzugeben, um Blanca zu helfen. Mir ist klar, dass sie dieses Haus nicht verlieren will. Ja, ich war anfangs dafür, es zu verkaufen, aber das möchte ich jetzt nicht mehr. Es … ist etwas Besonderes und es würde mir das Herz brechen, es zu verlieren. Ich … ich weiß nur nicht, wie ich es erhalten soll.«

Da meine Augen brennen, wende ich mich wieder dem Topf zu. Tiz soll nicht sehen, wie sehr mich das mitnimmt. Fast genauso lange, wie er das Hotel zurückhat, kämpfe ich in Blancas Familienhaus darum, das Restaurant zu retten. Das Gebäude gehört Blanca zwar, die Betriebskosten sind aber verdammt hoch. Mit dem Restaurant verdiene ich längst nicht genug, um die laufenden Kosten zu decken. Und da Blanca vor einem Jahr einen schweren Unfall hatte und seitdem nicht mehr selbst in der Küche stehen kann, habe ich meinen Job als Koch in einem Strandrestaurant aufgegeben und hier angefangen.

In den Sommermonaten ist es bereits hart, Kunden anzulocken – und ihnen auch Essen servieren zu können. Dabei müssten wir jetzt genug verdienen, um im Winter über die Runden zu kommen, wenn sich kaum ein Tourist zu uns verirrt. Die wenigen Stammgäste, die wir haben, können uns nicht über Wasser halten. Deswegen musste ich als Erstes die Fassade erneuern, was teurer war, als ich angenommen hatte. Ich habe all das gründlich unterschätzt. Weil ich Koch bin und kein verdammter Buchhalter. Von Wirtschaft habe ich keine Ahnung. Wäre es nur das Restaurant, das ich erhalten muss, würde ich über die Runden kommen. Aber das zweistöckige Gebäude, das auch dringend saniert werden muss, verschlingt so viel Geld …

Ich zucke zusammen, als Tiz meine Schulter berührt. »Nimm mein Geld endlich an, Luca.«

Heftig schüttle ich den Kopf. »Du brauchst es selbst.«

»Das Hotel läuft jetzt rund und ich habe die Kosten im Griff. Ich möchte dir helfen«, redet Tiz ruhig weiter. »Das Geld steht dir ohnehin zu. Ich kann weder Filli noch dir euer ganzes Erbe sofort auszahlen, aber ich kann es dir Stück für Stück geben.«

Meine Augen brennen heftiger. Ich schlucke schwer, weil meine Kehle sich staubtrocken anfühlt. »Das kann ich nicht annehmen, Tiz.«

»Wieso nicht?« Er drückt meine Schulter. »Blanca ist auch für mich wie eine Nonna. Es bedeutet ihr viel, genau wie dir.«

»Wir beide wissen, dass du dich in dieses Geschäft einmischen wirst, wenn ich dein Geld nehme«, brumme ich. »Du willst helfen, aber damit komme ich nicht klar. Ich muss meine eigenen Entscheidungen treffen können.«

»Das wirst du. Ich schwöre, ich halte mich aus allem heraus.« Er lacht leise. »Okay, nicht ganz. Ich werde euch Gäste schicken, so oft ich kann, und Francesco und Filli werden das Gleiche tun. Aber dazu muss die Küche saniert werden. Das schaffst du vor der Hochsaison nicht mehr ohne eine finanzielle Spritze.«

Ich weiß, dass er recht hat. Eigentlich sollte ich ihm dankbar sein. Tiz hatte am Anfang genug damit zu kämpfen, das Hotel am Laufen zu halten. Sein finanzielles Polster war nicht riesig und die laufenden Kosten verdammt hoch. Aber im Gegensatz zu mir ist Tiz ein richtiger Manager und kennt sich nicht nur mit den Abläufen des Hotels aus, sondern auch mit den Finanzen. Er kann Leute überzeugen, sie umgarnen. Ich war dazu nie geeignet.

Deswegen hat es mich auch nicht so getroffen, als wir das Hotel verloren haben. Für mich war es nie eine Option, in den Familienbetrieb einzusteigen. Aber ich wollte ein eigenes Restaurant, seit ich die Ausbildung zum Koch absolviert hatte. Das ist mir zwar gelungen, aber wenn kein Wunder geschieht, werde ich es verlieren. Zusammen mit Blancas Heim, in dem ihre Familie seit fünf Generationen lebt und in das ich ebenfalls eingezogen bin.

»Tiz …«

»Denk einfach darüber nach«, sagt er unerwartet sanft und drückt meine Schulter noch einmal. »Ich will dir nur helfen. Dafür ist Familie schließlich da.«

Zitternd lege ich meine Hand auf seine. »Danke. Ich nehme das Angebot an.«

»Gut, dann hole ich …«

»Unter einer Bedingung«, sage ich hastig und sehe Tiz an. »Carly setzt einen Vertrag auf. Ich zahle das Geld zurück.«

Mein Bruder schiebt die Augenbrauen zusammen. »Luca, sei nicht stur.«

»Selber, du Esel.« Auch ich schiebe meine Augenbrauen zusammen.

Tiz und ich würden nie als Brüder durchgehen. Er hat olivefarbene Haut, glatte schwarze Haare, ein kantiges Gesicht und dunkelblaue Augen. Ich hingegen bin blass, habe gelocktes mittelbraunes Haar, trage einen Vollbart und meine Augen sind so hell wie der Himmel über Venedig. Auch unser Charakter ist vollkommen unterschiedlich. Stur sind wir allerdings beide.

»Ein zinsloses Darlehen also«, knurrt Tiz zu meiner Überraschung ziemlich schnell. »Fein, wenn es das ist, was du willst. Welche Summe brauchst du denn?«

»Wenn ich die Küche machen lassen will …«

»Nein, Luca. Nicht nur die Küche. Denk etwas größer.« Mein Bruder atmet geräuschvoll aus. »Das Haus muss dringend komplett saniert werden. Wenn du immer noch Gästezimmer machen willst, brauchst du auch ein sinnvolles Buchungssystem.«

»Was ist an dem dicken Kalender falsch, den Blanca auch für Reservierungen nutzt? Au.«

Tiz hat mir eine Kopfnuss verpasst und sieht mich finster an. »Altmodisch zu sein ist charmant, aber nicht geschäftsfördernd. Behalt den Kalender für das Restaurant, aber für die Zimmer musst du online auffindbar sein. Über Francesco und seine Gondolieri kannst du Restaurantgäste bekommen, Übernachtungsgäste musst du aber anders finden.«

»Du mischst dich bereits ein«, blaffe ich ihn an.

»Ich gebe dir Tipps. Meinetwegen sanier das Haus und mach keine Gästezimmer, wenn du davon die Finger lassen willst. Aber falls du das doch anbieten möchtest, brauchst du eine Website und ein sinnvolles Onlinebuchungssystem. Sonst wird es schwierig für dich, Gäste zu gewinnen.«

Ich schlucke schwer. »Mit so etwas kenne ich mich überhaupt nicht aus«, gebe ich flüsternd zu.

»Aber ich. Und ich helfe dir, wenn du möchtest.« Tiz schmunzelt und kneift mir in die Wange. »Immerhin bist du mein kleiner Bruder und hast mir ordentlich in den Arsch getreten, als ich es gebraucht habe.«

»Lass meine Backe los oder ich trete dir nicht nur sprichwörtlich in den Arsch«, knurre ich.

Lachend gibt Tiz meine Wange frei und tätschelt meine Schulter. »So, wir gehen jetzt gemeinsam durch das Haus, du zeigst mir, was zu tun ist, und ich überschlage, welche Summe du brauchen wirst, um alles umzusetzen.«

»Ich … danke«, murmle ich. »Wirklich, Tiz, das ist … danke.«

»Du musst mir nicht danken. Wie gesagt, wir sind Brüder und wir müssen zusammenhalten. Auch für Blanca. Die versohlt uns beiden den Arsch, wenn wir das vermasseln.«

Ich muss ebenfalls schmunzeln. In Blanca steckt trotz ihres Alters und der Einschränkung, die sie seit ihrem Unfall vor einem Jahr hat, verdammt viel Feuer. Sie könnte uns beiden noch immer die Ohren langziehen.

»Sollen wir in der Küche anfangen?«, will Tiz wissen, zückt sein Handy und öffnet eine App. »Da musst du mir sagen, wie viel alles kostet. Das ist vermutlich der einzige Raum, in dem ich mich weniger auskenne als du.«

»Dein Ego ist immer noch erschreckend groß«, sage ich kopfschüttelnd und überschlage, wie viel Geld ich brauchen werde. Als ich die Summe nenne, zuckt Tiz nicht mal mit der Wimper.

Er bleibt auch erstaunlich ruhig, während wir den Gastraum begutachten und er sich Notizen macht. Auf den knarrenden Stufen in den ersten Stock brummt er etwas, das ich nicht verstehe, tippt dann jedoch auf seinem Handy herum. Auch im oberen Stockwerk, in dem Blanca und ich leben, brummt er nur, schaut sich um, klopft Wände ab und notiert sich weitere Dinge. Die Treppe zum zweiten Stockwerk knarrt noch lauter als die zum ersten. Diesmal schweigt Tiz, während seine Finger über das Display gleiten. Die Baustelle, die in einem der drei Zimmer hier oben auf uns wartet, betrachtet er mit hochgezogener Augenbraue, wirft mir einen undeutbaren Blick zu und atmet geräuschvoll aus.

Auf dem Weg zurück in die Küche wirkt mein Bruder unerwartet ernst.

»Wie schlimm ist es?«, frage ich, als wir unten angekommen sind.

»Ich frage mich gerade, wie du gedacht hast, das alleine mit dem Restaurant stemmen zu können«, meint er und weicht meinem Blick aus. »Luca, das Haus ist uralt und seit Jahrzehnten nicht mehr richtig saniert worden. Ich weiß, du bist geschickt mit den Händen, aber die Baustelle da oben hat mich echt schockiert. Du hättest dich selbst grillen können beim Versuch, eine Steckdose zu versetzen.«

»Sag einfach, wie viel Geld ich deiner Meinung nach brauche, um alles von Fachkräften machen zu lassen, damit ich mich nicht selbst zum Tagesgericht verbrutzle.« Ich verschränke die Arme vor der Brust. »Nur zu, ich kann es verkraften.«

»Lass es mich so ausdrücken: Das Haus ist weniger wert als das, was du reinstecken musst«, murmelt Tiz. »Ich weiß, ich habe dich damals gebeten, es nicht zu verkaufen, aber vielleicht …«

»Nein«, unterbreche ich ihn. »Blanca würde mir das nie verzeihen. Ich würde mir das nie verzeihen.«

Tiz sieht mich mit seinen dunkelblauen Augen an und ich halte seinem Blick stand. Als ich den Laden übernommen habe, hat Blanca mir das Haus überschrieben. Dafür habe ich lebenslanges Wohnrecht erhalten. Sie und ihr Ehemann haben nie Kinder bekommen, meine Brüder und ich waren für sie aber immer wie Enkel. Ich habe ihr damals versprochen, das Haus nicht zu verkaufen. Und dieses Versprechen werde ich halten, egal was es mich kostet.

Nach einer gefühlten Ewigkeit senkt Tiz den Blick und hebt dafür sein Handy hoch. Als ich die vielen Nullen sehe, klappt mein Mund auf.

»So viel? Aber das … das …«, stammle ich.

»Und das nur, weil du die Außenfassade schon selbst renoviert hast und ich sie vorläufig so lassen würde«, murmelt mein Bruder. »Mit der Dreiviertelmillion wirst du gerade mal innen das meiste richten können. Es ist zwar ein Puffer drinnen, aber aus Erfahrung wirst du den brauchen.«

Ich taumle und krache gegen die Töpfe, an denen Tiz sich vorhin den Kopf gestoßen hat. Ein dumpfer Schmerz dröhnt durch meine Schläfen, dämpft aber das Gefühl von Verzweiflung nicht, das in mir aufsteigt.

»Siebenhundert…fünfzigtausend«, krächze ich und sehe meinen Bruder an. »Du hast keinen Fehler gemacht?«

Er schüttelt sacht den Kopf. »Wenn überhaupt, habe ich die Summe zu niedrig angesetzt. Es wäre aber kein Problem, sie aufzustocken, wenn …«

Ich hebe eine Hand und er verstummt. »Tu es«, ringe ich mir ab. »Setz den Vertrag auf, mit Rückzahlungsplänen und allem, was nötig ist. Ich suche inzwischen Handwerker, und …«

»Darum kann ich mich kümmern«, unterbricht er mich. »Ich habe verlässliche Leute, die sofort bereit stünden.«

»Danke, dann … nehme ich das an. Wann können sie anfangen?«

Ich habe die Worte kaum ausgesprochen, da poltern Schritte über den alten Holzboden des Gastraumes und drei Männer in Blaumann erscheinen hinter Tiz.

»Wie wäre es mit jetzt?« Er schenkt mir ein unsicheres Lächeln, das seine Augen nicht erreicht. »Sie räumen mal die Küche aus und wir suchen währenddessen Ersatzgeräte. Was sagst du?«

Dass ich dir das Geld niemals werde zurückzahlen können, denke ich und schlucke die Bitterkeit hinunter.

Mir war klar, dass ich mit diesem Laden nie reich werden würde. Ich wollte ihn dennoch retten, weil er Blanca – und mittlerweile auch mir – viel bedeutet. Jetzt bin ich mir nicht sicher, ob es klug ist. Vermutlich werde ich für den Rest meines Lebens in der Schuld meines Bruders stehen. Aber da muss ich durch.

Also ringe ich mir ein Lächeln ab, das so verkrampft ist, dass es mir Schmerzen bereitet.

»Klar. Lass uns gleich losfahren«, sage ich, so heiter ich kann. »Je eher ich einen neuen Herd habe, desto schneller kann ich wieder kochen.«

KapitelZwei

Als Blanca sich bekreuzigt, bete auch ich in Gedanken zu allen Heiligen, die mir einfallen. Tiz’ Leute haben in vier Tagen das Unmögliche möglich gemacht und die Küche sowie den Gastraum komplett saniert, während Blanca einen Kurzurlaub auf Tiz‘ Kosten in der Toskana gemacht hat. Die Geräte und Einrichtung, die jetzt in der kleinen Küche stehen, sind nicht ganz neu. Tiz und ich haben bewusst Second Hand Dinge ausgewählt. Zum einen, weil sie günstiger sind, zum anderen, weil sie sofort verfügbar waren. Der alte Gasherd aus der Zwischenkriegszeit ist einem neueren Modell gewichen, die Arbeitsflächen aus altem Holz haben wir durch Edelstahl ersetzt. Auch Töpfe und Pfannen sind neu, die elektronischen Geräte ebenso. Sogar einen kleinen Steinofen konnten wir einbauen – was mir sehr wichtig war, da ich damit traditionelle Gerichte besser zubereiten kann. Sonst habe ich versucht, mich einzuschränken, weil der Platz in diesem Raum begrenzt ist.

Zwar bin ich stolz darauf, was wir geleistet haben, aber vor Blancas Urteil hatte ich in den letzten Tagen Angst. Es war bitter nötig, all diese Veränderungen zu machen. Wir haben die Wände aufgestemmt und sowohl in der Küche als auch im Gastraum alle Leitungen erneuert. Dementsprechend haben wir neu gestrichen und in der Küche einen neuen Boden verlegt. Es sieht anders aus. Ich hoffe, Blanca kommt damit zurecht.

»Wir haben …«, will ich ihr alles erklären.

Doch sie hebt die Hand und ich verstumme. Auch Tiz macht keine Anstalten, etwas zu erklären. Klar, er will nicht in die Schusslinie geraten. Ich rechne es ihm hoch an, dass er überhaupt neben mir steht und mir so Beistand leistet.

Aus dem zweiten Stockwerk dringen laute Geräusche. Die Handwerker kümmern sich bereits um das Zimmer, das ich zu sanieren begonnen habe. Falls Blanca aber mit diesen Veränderungen nicht klar kommt, muss ich die Männer nach Hause schicken.

Streng genommen gehört das Haus jetzt mir, weil Blanca es mir überschrieben hat, aber ich will sie nicht verärgern.

»Blanca«, versuche ich es noch mal.

Sie seufzt schwer. »Zeig mir den Gastraum«, fordert sie.

»Natürlich.«

Ich gehe rückwärts aus der Küche und mache Platz für Blanca. Sie stützt sich auf ihren Gehstock, den sie wegen ihrer angeknacksten Hüfte verwenden muss, wirft Tiz und mir einen unergründlichen Blick zu und verlässt den Raum.

Mit einer Kopfbewegung bedeutet sie uns, voraus in den Gastraum zu gehen. Also setze ich mich in Bewegung und Tiz folgt mir. Kaum haben wir den Raum betreten, schiebt Blanca sich an uns vorbei, um ihn genau zu inspizieren.

Auch hier hat sich einiges verändert. Die alten wackligen Möbel aus dunklem Holz haben wir durch neuere in einer ähnlichen Farbe ersetzt. Das Geschirr habe ich ausgetauscht, weil die meisten Teller Sprünge hatten und nicht zusammengepasst haben. Damit Blanca sich vorstellen kann, wie der Gastraum aussehen wird, habe ich die Tische mit den etwas moderneren Tellern mit höherem Rand und blauen Mustern eingedeckt. Einige Bilder haben wir nicht wieder an ihren Platz gehängt, die werden wir für den Treppenaufgang nutzen. Die meisten sind aber an die in einem hellen Pfirsichton frisch gestrichenen Wänden zurückgekehrt. Es sieht anders aus und doch sehr ähnlich.

Wieder bekreuzigt Blanca sich und ich ahne, dass ich gleich meinen Kopf verliere. Dennoch räuspere ich mich, klopfe Tiz auf die Schulter und richte mich zu voller Größe auf. Wenn Blanca mich einen Kopf kürzer macht, dann will ich dem Ende zumindest mutig entgegenschauen.

»Was sagst du dazu?«, frage ich und bin froh, dass meine Stimme weniger zittert als meine Hände. »Wir haben allem einen neuen Schliff gegeben, aber uns auf die Traditionen konzentriert. Sogar die alten Lampen haben wir mit ähnlichen neuen ersetzt.« Ich deute auf die Wandleuchten, die immer noch wie antike Öllampen aussehen, jetzt aber vollkommen neu sind und dank der verbesserten Leitungen nur mehr flackern, weil wir sie so eingestellt haben. »Ich weiß, es ist ungewohnt, aber …«

»Ungewohnt, ja«, murmelt Blanca.

Langsam dreht sie sich um. Ich schlucke schwer, als ich die Tränen in ihren Augen sehe. Scheiße.

»Blanca, ich … wir …«, stammle ich und schaue zu Tiz, der genauso den Atem anhält wie ich.

»Ihr habt das unglaublich gut gemacht«, sagt sie und ich öffne meinen Mund wie ein Fisch auf dem Trockenen.

»Gut?«, frage ich atemlos.

Sie nickt und endlich erscheint ein Lächeln auf ihren Lippen. »Es ist ungewohnt und doch vertraut. Ich danke euch, dass ihr diesen Raum mit so viel Bedacht ins 21. Jahrhundert geführt habt.« Zitternd wischt sie sich die Tränen von den faltigen Wangen. »Gut gemacht, aber ich habe von meinen Jungs auch nichts anderes erwartet.«

Ein schweres Gewicht fällt von meinen Schultern und ein erleichtertes Lachen entschlüpft meiner Kehle. Ich greife nach Tiz, der genauso lacht wie ich. Es gefällt Blanca. Ich bin so froh darüber.

»Wann wirst du den Laden wieder öffnen?«, fragt Blanca unvermittelt.

»Das Restaurant?«, hake ich nach und warte, bis sie nickt. »Wir können es heute schon aufmachen. Ich habe nur keinen Kellner gefunden, aber das kriege ich schon hin.«

»Luca.« Tiz’ Stimme ist nur ein Knurren. »Du musst nicht alles allein stemmen.«

»Blanca hat den Laden immer wieder vollkommen allein geführt«, sage ich und sehe Tiz finster an. »Da werde ich es ein paar Tage schaffen. Inzwischen drucke ich Flyer und gebe Annoncen auf, dass wir jemanden suchen.«

Mit gerecktem Kinn halte ich dem durchdringenden Blick meines Bruders stand. Wir sind in etwa gleich groß, sehen einander in die Augen und ich hoffe, er erkennt in meinen, dass ich nicht noch mehr Hilfe annehmen kann.

Tatsächlich senkt Tiz nach wenigen Atemzügen den Kopf. »Fein. Carly möchte heute hier essen. Nimmst du eine Reservierung für uns beide an?«, fragt er mit erstaunlich weicher Stimme.

»Sicher. Tisch für zwei am Wasser«, sage ich versöhnlich, weil ich weiß, dass dies sein Friedensangebot ist. »Ich hoffe nur, es stört euch nicht, dass eventuell Lärm von oben zu hören ist.«

»Schon in Ordnung.« Tiz wirft einen Blick auf seine Uhr. »Ich muss jetzt los. Wenn du etwas brauchst, ruf mich an. Sobald ich kann, melde ich mich zurück.«

»Danke noch mal.« Ich räuspere mich. »Wirklich, ich weiß das zu schätzen, was du für mich getan hast.«

Ein warmes Lächeln umspielt die Lippen meines Bruders. »Für dich immer, Kleiner.«

Als er grinsend die Hand auf meinen Kopf legt, reagiere ich zu langsam.

»Mann, lass das«, fauche ich, da er meine Haare vollkommen verstrubbelt. »Die sind ohnehin schon eine Katastrophe.«

»Lass sie dir abscheren, du kleines Schaf.« Zwinkernd wuschelt Tiz mir noch einmal durch die mittelbraunen Locken. »Ist im Sommer sowieso angenehmer.«

»Sagt der Kerl, der lieber tausend Tode stirbt, als seine Haare einmal kürzer zu tragen«, brumme ich und wische seine Hand weg. »Außerdem schaut eine Glatze zum Bart doof aus.«

»Woher weißt du das, wenn du es nie probiert hast?« Er grinst breiter und weicht einem Schlag gegen seinen Arm aus.

»Geh jetzt mal zu deinem Termin«, sage ich streng. »Ich habe den Tisch für euch ab acht reserviert.«

»Perfekt, wir sehen uns dann.« Tiz sieht lächelnd zu Blanca. »Freut mich, dass dir unsere Änderungen gefallen.«

»Danke noch mal für die Hilfe, mein Junge«, sagt sie ergriffen.

»Für meine Familie immer.« Tiz nickt uns zu und macht sich dann auf den Weg zum Ausgang.

Ich schaue ihm nicht nach, betrachte nur Blanca, die mit immer noch glänzenden Augen den Raum mustert. »Bist du wirklich glücklich?«, frage ich leise.

Ihr Blick trifft auf meinen und sie lächelt so warm, wie sie es früher getan hat, wenn mir endlich eines ihrer Gerichte gelungen ist. Ohne Blanca hätte ich vermutlich nie mein Talent für das Kochen entdeckt. Bis vor einem Jahr war es auch meine große Leidenschaft. Doch seit ich versuche, das Restaurant zu retten, fehlt mir die Passion, die mich früher geleitet hat.

»Ja, Luca.« Blanca schleppt sich zu mir und legt ihre zitternde Hand an meine Wange. »Ich bin wirklich glücklich.«

* * *

Schweiß läuft mir in Strömen über den Rücken. Mit einem Tuch tupfe ich mein Gesicht ab und hole die Pizza aus dem Ofen. Ich habe unterschätzt, wie heiß das Ding wird. In der Küche hat es gefühlte zweihundert Grad. Ja, ich übertreibe, aber es ist wirklich verflucht heiß.

Dafür laufen die Pizzen, die ich als Special auf die Karte gesetzt habe, richtig gut. Jeder Tisch bestellt sich eine und lobt mich, sobald ich die Küche verlasse, um abzuräumen, zu kassieren oder neue Gerichte an die Tische zu bringen. Ehrlich, ich hatte immer schon Respekt vor Blanca, aber nun, da das Lokal verhältnismäßig voll ist und ich alles allein schaffen muss, wächst er ins Unermessliche. Keine Ahnung, wie sie das so lange ohne Hilfe hinbekommen hat. Ich bete, dass sich auf meine Stellenanzeige bald jemand meldet und diesmal länger als zwei Tage bleibt.

Noch einmal tupfe ich mir das Gesicht ab, schneide die Pizza auf, ringe mir ein Lächeln ab und eile in den Speiseraum. Gut die Hälfte der Tische ist noch besetzt. Einige bediene ich heute schon zum zweiten Mal. Das Geschäft läuft besser, seit ich die Fassade renoviert und das Schild erneuert habe, damit die Leute wissen, dass wir ein Restaurant sind. Das freut mich, setzt mich aber gleichzeitig unter Druck. Noch ist die Küche für mich ungewohnt, ich muss mich erst an die neuen Geräte und die veränderte Aufteilung gewöhnen. Ein Kellner wäre da wirklich hilfreich.

»Siehst erschöpft aus«, meint Tiz, als ich die Pizza in die Mitte des Tisches stelle, an dem er mit Carly sitzt.

»Charmant wie immer«, sage ich und wende mich Carly zu.

Mit ihren großen dunkelbraunen Locken, den smaragdgrünen Augen und ihrem bezaubernden Lächeln ist sie eine Augenweide. Dass sie heute ein cremefarbenes Kleid trägt, das ihren Körper wie flüssige Seide umspielt, ist das i-Tüpfelchen.

»Du siehst übrigens bezaubernd aus«, sage ich zu ihr.

Sie lächelt, aber es ist nicht das gleiche Lächeln, das sie Tiz schenkt. Und das ist vollkommen in Ordnung. Niemals würde ich meinem Bruder die Freundin ausspannen. Die beiden sind glücklich und sie haben das mehr als verdient.

»Danke. Aber Tiz hat recht, du wirkst ein wenig erschöpft«, erwidert sie und mustert mich. »Viel zu tun, hm?«

»Ja. Und deswegen muss ich euch jetzt wieder allein lassen, sonst verbrennen mir die Langusten für euren Hauptgang.« Ich neige meinen Kopf. »Genießt die Pizza.«

Langsam wende ich mich ab, werfe noch einen letzten Blick auf das Wasser direkt vor dem kleinen Balkon, auf dem der Spezialtisch steht, den ich im Gegensatz zu Blanca nicht immer frei halte. Dann atme ich durch und eile in die Küche zurück. Auf dem Weg dorthin nehme ich Getränkebestellungen auf. So schnell ich kann, überprüfe ich die Gerichte, die vor sich hin köcheln, schenke Getränke ein und kehre in den Gastraum zurück.

Ein Tisch möchte zahlen, also mache ich die Rechnung fertig. Da ich sie mit der Hand schreiben muss, dauert es ein wenig. Vielleicht sollte ich mir doch ein Abrechnungssystem leisten, wie Tiz es mir vorgeschlagen hat. Wenn es etwas ruhiger ist, sollte ich mit ihm darüber reden.

Ich kassiere, renne in die Küche und mache mich an die nächsten Bestellungen. Es sind viele neue Kunden, die heute hier erscheinen. Offensichtlich hat Tiz seinen alten Vorgesetzten Francesco, der die Gondolieri einteilt, gebeten, extra viel Werbung zu machen. Das ist lieb, aber damit steigt auch die Belastung. Ich brauche wirklich Hilfe. Und eine kleinere Karte. Eigentlich wollte ich heute schon eine neue Karte präsentieren, aber dazu hat mir die Zeit gefehlt. Das sollte ich aber definitiv angehen. Nur zwei Vorspeisen, drei Hauptgänge und zwei Desserts sollten verfügbar sein. Dafür möchte ich die Gerichte alle zwei Wochen wechseln und an die saisonale Verfügbarkeit von Zutaten anpassen. Hoffentlich finde ich dafür bald die Zeit.

Ich bringe Tiz die Rechnung und ein Dessert zum Mitnehmen. Für einen Plausch habe ich keine Zeit und mein Bruder versucht auch nicht, mit mir zu reden, weil er wohl sieht, wie gestresst ich bin.

Schnell kehre ich in die Küche zurück, hole das Essen für einen Tisch, winke meinem Bruder zu, der seine Freundin hinausführt, und schaue, was ich als nächstes erledigen muss.

»Entschuldigen Sie«, sagt eine zarte Frauenstimme, als ich gerade Geschirr abräume.

Ich richte mich auf und erstarre. Vor mir steht eine Frau mit langen, lockigen blonden Haaren. Ihre hellblauen Augen sind so schön wie das klare Meer an einem Sommertag. In dem türkisfarbenen Kleid, das an ihren Schultern durch schmale Träger gehalten wird und ihren schlanken Körper umspielt wie die Gischt den Strand, sieht sie aus wie eine Wassernixe.

»Ähm, scusa, Signore?«, wispert sie und lächelt verlegen. Ihre Wangen färben sich dunkler.

Ich klappe den Mund zu, der die ganze Zeit offen gestanden hat, und räuspere mich. »Signora, was kann ich für Sie tun?«

Hastig stelle ich das schmutzige Geschirr zurück auf den Tisch und wische mir die Hände an einem Tuch ab. Obwohl ich müde bin, lächle ich gewinnend.

Die Frau räuspert sich. »Ich weiß, es ist spät, aber hätten Sie noch einen Tisch für mich?«

Ihr Italienisch ist gut, den harten Akzent höre ich dennoch deutlich. Vermutlich ist ihre Muttersprache Deutsch, zumindest sprechen viele Touristen aus Österreich und Deutschland so.

»Aber natürlich, Signora. Tisch für eine Person oder zwei?«, frage ich und schaue auf die Uhr. Es ist bereits nach elf, eigentlich schließe ich die Küche jetzt. Na ja, für diese Meeresgöttin mache ich eine kleine Ausnahme.

»Ich bin allein«, antwortet sie.

Keine Ahnung wieso, aber irgendwie freut mich das.

»Bitte hier entlang, Signora.« Ich deute eine Verbeugung an. Da Tiz und Carly gerade gegangen sind, habe ich ihren Tisch zur Verfügung, den ich sehr gerne für diese Signora abräume.

Mit einem Lächeln, das meine Knie weich werden lässt, setzt sie sich auf den Stuhl und bedenkt mich mit einem Strahlen, als ich ihn ihr zurechtschiebe.

»Ich bringen Ihnen gleich die Karte, Cara Mia«, sage ich und genieße das Kribbeln, das ihr Kichern in mir auslöst.

Zwinkernd wende ich mich ab und atme durch. Mamma Mia, was für eine bezaubernde Frau. Ich hoffe, sie bleibt eine Weile im Restaurant und ich habe die Möglichkeit, mich zu ihr zu setzen. Es ist lange her, dass ich mich für eine Frau interessiert habe, aber diese Signora … löst etwas in mir aus. Wie lange ist es her, dass ich auf einem Date war? Zu lange.

Falls die schöne Fremde ein wenig Zeit hat, hoffe ich, ich kann sie erobern. Es wäre langsam an der Zeit, dass ich etwas Ablenkung bekomme. Und mit einer Schönheit wie ihr kann ich mir das gut vorstellen.

KapitelDrei

Nachdem der letzte Gast gegangen ist, schnappe ich mir das Dessert, das ich für die Meeresgöttin vorbereitet habe, und bringe es mitsamt einer Karaffe Rotwein, in dem ich Orangenscheiben versenkt habe, hinaus auf den Balkon. Auf dem Weg dimme ich das Licht im Gastraum, damit es lauschiger wird.

Es ist schon weit nach Mitternacht und das Rauschen des Wassers, das direkt vor dem kleinen Balkon vorbeifließt, ist beinahe das einzige Geräusch, das zu hören ist. Nur hier und da erklingt Gelächter in weiter Ferne. Venedig hat sich zur Ruhe gelegt.

»Darf ich Ihnen Dessert anbieten, Signora?«, frage ich und schenke der Dame ein verführerisches Lächeln.

»Ich habe noch gar keines bestellt«, antwortet sie. Ihre großen meerblauen Augen sind auf mich gerichtet. Sie hebt ihr Kinn und ein sehnsüchtiger Ausdruck huscht über ihr bezauberndes Gesicht, als sie das Tiramisu in meiner Hand bemerkt. »Aber ich denke, ich hätte mich für das Tiramisu entschieden.«

Immer noch lächelnd stelle ich den Teller vor ihr ab. »Darf ich Ihnen Gesellschaft leisten, Cara Mia?«

Sie kichert. »Cara Mia? Das sagen Sie bestimmt zu jeder Frau, die allein in Ihr Lokal kommt.«

»Nur zu ganz besonderen.« Ich warte, bis sie mir mit einem Nicken zu verstehen gibt, dass ich mich auf den freien Stuhl setzen darf. Kaum habe ich Platz genommen, schenke ich ihr Wein ein, drehe das unbenutzte Glas auf dem Tisch um und fülle es ebenfalls. Sofort beschlägt das Glas, weil der Wein gekühlt ist.

»Waren Sie mit dem Essen bisher zufrieden?«, frage ich.

»Ja, sehr. Mir ist dieses Lokal empfohlen worden, weil der Koch außergewöhnlich sein soll«, antwortet sie und schiebt sich eine Gabel Tiramisu in den Mund. Mit geschlossenen Augen gibt sie einen verzückten Laut von sich, der mir Gänsehaut beschert. »O Gott, wenn das auch von ihm ist, dann sollte man ihm einen Preis verleihen.«

»Freut mich, dass es Ihnen schmeckt. Es ist nach dem Rezept meiner Mutter gemacht«, erkläre ich.

Ihre Augen weiten sich. »Aber Sie sind doch der Kellner!«, stößt sie aus.

»Kellner und Koch in einer Person.« Ich deute eine Verneigung an. »Darf ich Ihre Worte als Kompliment auffassen?«

»Auf jeden Fall.« Sie lächelt und ihre Augen funkeln im Licht der Kerze. »Das Essen war mehr als köstlich. Am liebsten würde ich die ganze Karte heute noch durchprobieren.«

Schmunzelnd hebe ich mein Weinglas an. »Heute ist es schon etwas spät, aber wenn Sie morgen wiederkommen wollen, kann ich Ihren Wunsch erfüllen.«

Kaum habe ich die Worte ausgesprochen, klingelt die Glocke von San Marco einmal. Die Signora wirft einen Blick auf ihre zarte goldene Armbanduhr und keucht.

»Liebe Güte«, sagt sie und es klingt so, als wäre es wirklich Deutsch. »So spät ist es bereits? Ich habe Sie viel zu lange aufgehalten, bitte entschuldigen Sie«, fährt sie auf Italienisch fort, schaufelt das Tiramisu in ihren Mund.

»Sie müssen sich nicht entschuldigen«, sage ich und berühre ihre Hand, als sie in ihrer Tasche zu kramen beginnt, damit sie nicht ihren Geldbeutel zückt und flüchtet. »Die letzten anderen Gäste sind auch erst vor Kurzem gegangen. In einem Restaurant macht man nie pünktlich Schluss.«

»Ja, aber Sie wollen sicher nach Hause. Wenn Sie gekocht und bedient haben, müssen Sie doch müde sein. Und ich halte Sie auf.«

»Cara Mia«, sage ich sanft und genieße das leise Seufzen, das ich ihr damit entlocke, ehe ich meine Hand zurückziehe. »Sie halten mich nicht auf. Ich hätte den Wein nicht gebracht, wenn ich es eilig hätte zu schließen.« Auffordernd hebe ich mein Glas. »Stoßen Sie mit mir an. Der Tag war lang und in vielerlei Hinsicht nervenaufreibend. Ich möchte diesen Moment mit Ihnen genießen.«

»Mit mir?« Sie hebt eine Augenbraue. »Ich bin ganz sicher keine besonders angenehme Gesellschaft.«

»Wieso sagen Sie das?« Ich schiebe ihr das Glas näher.

Endlich ergreift sie es, stößt mit mir an und nippt an dem Wein. »Ich liebe Italien«, flüstert sie in ihrer Sprache, aber ich verstehe die Worte dennoch.

In der Schule hatte ich fünf Jahre Deutschunterricht. Ich habe diese Sprache nie besonders schön oder melodisch gefunden und es hat mir nie Spaß gemacht, sie zu lernen. Jetzt bin ich froh, dass ich zumindest ein wenig davon beherrsche.

»Italien ist schön«, sage ich auf Deutsch und hoffe, es klingt nicht so falsch, wie es sich anfühlt. »Und am schönsten ist Venedig.«

Sie lächelt und wieder strahlen ihre Augen dabei. »Das stimmt, ich mag Venedig sehr. Es ist so … besonders«, antwortet sie auf Italienisch. Vermutlich hat sie Mitleid mit mir wegen meiner katastrophalen Aussprache.

»Ist es Ihre erste Reise in die Lagunenstadt?«, frage ich, weil sie schweigend ihr Weinglas betrachtet.

»Nein, ich war schon oft hier.« Seufzend schließt sie die Augen. »Kommt mir vor, als wäre das in einem anderen Leben gewesen.«

Als sie die Lider öffnet, schimmern ihre Augen nicht wegen des Kerzenlichts, sondern weil Tränen sich darin sammeln. Ehe ich etwas sagen kann, wischt die Signora sich mit dem Handrücken über die Wangen und räuspert sich.

»Sind Sie traurig, Cara Mia?«, frage ich sanft.

»Nur ein wenig verloren.«

Ich habe erwartet, dass sie sich abwenden würde. Aber trotz der Tränen in ihren Augen sieht sie mich direkt an.

»Verloren?« Ich lege den Kopf schief. »Wollen Sie darüber reden?«

»Ich will Sie wirklich nicht aufhalten«, sagt sie und trinkt den Wein aus.

Erneut lege ich meine Hand auf ihre, als sie nach dem Portemonnaie in ihrer Tasche greifen will. »Das tun Sie nicht. Bitte, ich habe wirklich Zeit«, sage ich ernst.

Kurz zögert sie. »Schön. Ich habe meinen Job – den ich eigentlich sehr gerne gemacht habe – hingeschmissen, weil ich mit meinem Leben unglücklich war. Und weil ich wohl einen Nervenzusammenbruch hatte. Behauptet zumindest der Arzt, den ich wegen meiner Brustschmerzen aufgesucht habe. Er meinte, ich hätte ständig Panikattacken und sollte dringend etwas ändern. Also habe ich meinen Job vor drei Monaten gekündigt und entschieden zu reisen. Aber bisher geht es mir nicht wirklich besser. Im Gegenteil, ich fühle mich einsam, verloren und nutzlos. Seit ich mein Studium abgeschlossen habe, arbeite ich. Pausen habe ich mir nie gegönnt, weswegen ich ein halbes Jahr Urlaubsguthaben bei meiner Firma hatte. Streng genommen bin ich also noch angestellt, brauche aber gerade meinen Urlaub auf. Den ich nicht genießen kann, weil ich keine Ahnung habe, wie man abschaltet. Außerdem habe ich vor, länger in Venedig zu bleiben, aber das Hotel, in dem ich wohne, hat ab morgen keine Zimmer mehr frei. Ersatz habe ich noch nicht gefunden, weil es mich gerade überfordert. Und jetzt sitze ich in einem Restaurant und kaue dem Besitzer ein Ohr ab.« Sie lacht verbittert. »Irgendwo in meinem Leben habe ich etwas falsch gemacht.«

Blinzelnd betrachte ich sie, nehme den Anblick ihrer von Tränen benetzten Wimpern wahr, das tiefe Blau ihrer Augen, die leicht geröteten Wangen. Wie flüssiges Gold fallen ihre langen Haare über ihre Schultern und werden vom Wind sanft bewegt.

Neben dem Wunsch, sie zu berühren, weil ich sie unglaublich anziehend finde, regt sich ein anderes Gefühl. Genau wie sie bin ich mir bis vor Kurzem verloren vorgekommen. Vielleicht sogar noch immer.

»Es tut mir leid, dass Sie so viel durchmachen«, sage ich und schenke ihr mehr Wein ein. »Aber Sie müssen sich deswegen nicht schämen.«

Ein trauriges Lachen entschlüpft ihr. »Nicht?«

»Nein. Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen, ich war einmal in einer ganz ähnlichen Situation wie Sie.« Ich trinke einen Schluck Wein und erwidere ihren fragenden Blick. »Um es kurz zu machen: Meiner Familie gehört seit Generationen ein Hotel, aber ich habe mich nie dazu berufen gefühlt, in das Geschäft einzusteigen. Lange wusste ich nicht, was ich mit meinem Leben anfangen soll.«

Sie betrachtet mich mit halb geöffneten Lippen. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht ist weich und zärtlich, voller Hingebung.

Ich räuspere mich. »Irgendwann bin ich in dieses Restaurant gekommen. Eine gute Freundin der Familie war damals die Besitzerin. Sie hat wie ich heute gekocht und gleichzeitig bedient, aber sich dennoch die Zeit genommen, mir etwas beizubringen«, fahre ich fort. »Und obwohl ich das nie für möglich gehalten habe … war ich gut darin zu kochen.«

Ein trauriges Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht. Das Kochen war meine wahre Berufung, meine Leidenschaft. Ich habe es geliebt, Gerichte zu erfinden und sie für die Menschen zuzubereiten, die mir etwas bedeuten. Nach meinem Lehrabschluss wollte ich unbedingt ein eigenes Restaurant. Jetzt hat sich mein Traum erfüllt, aber das Feuer der Leidenschaft ist in den letzten Monaten zu einer unscheinbaren Flamme hinuntergebrannt. Es erfüllt mich längst nicht mehr so, zu kochen, wie früher. Das muss meine Meeresgöttin aber nicht wissen.

»Das Schicksal hat mich an diesen Ort geführt«, sage ich verschwörerisch. »Vielleicht auch Sie?«

Jetzt muss ich aufpassen, wie ich meine Karten ausspiele. Die Wahrheit ist: Ich bin an dieser Frau interessiert. Sie ist schön und von einer Sinnlichkeit umgeben, die ich lange nicht mehr gesehen habe. Heute ist nicht der Tag, sie zu erobern. Allerdings hoffe ich, dass ich die Chance bekommen werde, sie für mich zu gewinnen.

Blinzelnd betrachtet sie mich. »Wie meinen Sie das?«

»Als Sie das Tiramisu gegessen haben, war da ein Leuchten in ihren Augen«, erkläre ich. »Sie haben glücklich gewirkt. Zufrieden. Kein bisschen verloren.«

»Und jetzt wollen Sie mir sagen, dass meine wahre Berufung Restaurantkritikerin ist?« Sie hebt eine Augenbraue und schmunzelt. »Verlockende Vorstellung.«

»Nicht ganz. Aber bevor ich Ihnen ein Angebot mache, Cara Mia«, ich lehne mich weiter über den Tisch und versinke in dem unendlichen Blau ihrer Augen, »verraten Sie mir Ihren Namen?«

Mir entgeht nicht, dass ihr Blick einen Herzschlag zu meinen Lippen wandert, ehe er erneut auf meinen trifft. »Elisabeth«, flüstert sie so leise, dass ich es kaum höre.

»Bezaubernd«, sage ich und kann mich gerade noch so davon abhalten, meine Hand zu heben, um sie wirklich zu berühren. »Elisabeth … haben Sie schon einmal überlegt, in einem Restaurant zu arbeiten?«

»Bitte? Als was denn?«

»Ich suche schon lange jemanden, der mir im Service hilft. Noch kann ich alles allein stemmen, aber bald werden einige Zimmer in diesem Haus vermietet in einer Art Bed&Breakfast-Arrangement. Spätestens dann brauche ich Hilfe. Ich kann Ihnen anbieten, während Ihrer Anstellung eines der Zimmer kostenfrei zu bewohnen. Sie bekommen drei Mahlzeiten am Tag, jeden Montag und Dienstag haben Sie frei, über weitere Tage können wir reden. Das Restaurant ist nur abends geöffnet, also haben Sie Zeit, sich Venedig und die umliegenden Städte anzusehen. Wenn Sie möchten, kann ich an den freien Tagen Ihr Fremdenführer sein. So hätten Sie eine Bleibe und eine Aufgabe. Was meinen sie?«

Mit gerunzelter Stirn sieht sie mich an. »Ich habe keinerlei Erfahrung in dieser Branche.«

»Macht nichts, ich bringe Ihnen alles bei.«

Immer noch schaut sie skeptisch. »Wieso machen Sie das, ähm … Verraten Sie mir Ihren Namen?«

Breit grinsend nicke ich. »Natürlich, Cara Mia. Ich bin Luca Contarini.«

»Contarini«, murmelt sie und tippt sich an das Kinn. »Der Name sagt mir was.«

Ich gehe nicht darauf ein, umfasse ihre Hände mit meinen und drücke sie leicht. »Um Ihre Frage zu beantworten: Ich mache das, weil ich das Gefühl, verloren zu sein, kenne. Hier hätten Sie wie gesagt eine Aufgabe, wären also beschäftigt und würden sich nicht mehr nutzlos fühlen. Und ich hätte jemanden, der mir hilft und mit dem ich nach Dienstschluss ein wenig abschalten kann, wenn wir Wein trinken und über den Tag reden. Oder wenn Sie meine neueste Kreation testen, bevor wir sie auf die Karte nehmen. Klingt das gut?«

Jetzt legt sie den Kopf schief. »Zu gut. Wo ist der Haken?«

»Kein Haken. Außer dass ich nichts zusätzlich zu der Unterkunft und dem Essen bezahlen kann. Aber die Trinkgelder sind großzügig und sie gehören Ihnen.«

»Hm.« Elisabeth entzieht mir ihre Hände und dreht dafür das Weinglas auf dem Tisch herum. »Ich weiß nicht, Luca.«

»Überlegen Sie es sich«, sage ich, so ruhig ich kann. »Das Angebot steht. Schlafen Sie eine Nacht darüber und kommen Sie morgen wieder her. Dann teilen Sie mir Ihre Antwort mit.«

Ich will sie nicht drängen, weil ich weiß, dass ich sie dann vertreibe. Aber es stimmt, sie könnte mir helfen. Und wenn sich zwischen uns eine lockere Affäre entwickelt, hätte ich nichts dagegen. Vermutlich wird sie bald ohnehin genug von diesem Leben haben. Ich weiß nicht, was sie früher gemacht hat, aber wenn ihre Urlaubszeit aufgebraucht ist, wird sie sicher dorthin zurückkehren. Bis dahin habe ich Zeit, sie für mich zu gewinnen.

»Okay, ich … denke darüber nach.« Sie zieht ihre Geldbörse aus der Tasche.

»Nein, Cara Mia«, sage ich schnell und schüttle zur Bekräftigung den Kopf. »Das heutige Essen geht auf mich.«

»Aber ich kann nicht …«

»Doch.« Ich schenke ihr ein Lächeln. »Allein zu sehen, wie sehr Sie mein Tiramisu genießen, wiegt die Kosten für das Essen mehr als auf.«

Ich stehe auf, halte ihr meine Hand hin und warte geduldig, bis sie diese ergreift. Anmutig erhebt Elisabeth sich und lässt sich von mir durch das Lokal führen. An der Tür angekommen, beißt sie sich auf die Unterlippe und betrachtet mich.

Ich bleibe dabei, in dem Kleid und mit den langen blonden Haaren sieht sie aus wie eine Göttin, die aus dem Meer gestiegen ist, um mich zu verführen. Was würde ich geben, um sie zu küssen, an mich zu ziehen und mit ihr in mein Zimmer zu gehen.

Aber ich möchte sie nicht bedrängen. Also neige ich galant den Kopf.

»Soll ich Sie in Ihre Unterkunft bringen? Es ist bereits spät«, sage ich.

»Nein, schon in Ordnung. Mein Hotel ist eine Straße weiter.«

»Ah, das Mare Celeste.« Ich nicke. »Etwas alt, aber nett.«

»Genau so hätte ich es auch beschrieben.« Sie lächelt, aber es wirkt verkrampft. »Danke für das Angebot. Ich … teile Ihnen morgen meine Antwort mit.«

»Machen Sie das.« Ich öffne die Tür. »Soll ich Sie sicher nicht zum Hotel bringen?«

»Nein. Ich habe schon genug Ihrer Zeit gestohlen. Danke, Luca. Für das Essen und das Gespräch.«

»Jederzeit, Cara Mia.

---ENDE DER LESEPROBE---