The Cocka Hola Company - Matias Faldbakken - E-Book
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The Cocka Hola Company E-Book

Matias Faldbakken

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Beschreibung

Wo Houllebecq aufhört, fängt Matias Faldbakken erst an. Selten hat ein Buch über die Abgründe der Konsensgesellschaft sowohl in Skandinavien als auch in den deutschen Feuilletons derart für Aufsehen gesorgt. Ein gut gelaunter, herrlich unterhaltender Angriff auf die großen Lebenslügen von Selbstverwirklichung und individuellem Glück.

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Seitenzahl: 480

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Die Originalausgabe THE COCKA HOLA COMPANY erschien 2001 bei J. W. Coppelens Forlag s. a.
Copyright © 2001 by J. W. Cappelens Forlag s. a. Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2004 by Blumenbar Verlag, München Copyright © dieser Ausgabe 2005 by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH Neumarkter Str. 28, 81673 München Umschlagillustration: Chrish Klose

Zum Buch

Eine Pornoproduktionsfirma als letzte Möglichkeit für ein entspanntes und unangepasstes Leben – das ist die Ausgangssituation in The Cocka Hola Company. Die Helden des Romans sind sexbesessen oder impotent, süchtig oder abstinent. Aber sie haben ein gemeinsames Ziel: sich der herrschenden Konsenskultur zu entziehen. Es ist eine ziemlich verrückte Truppe, die es mittels der Pornoproduktionsfirma Desirevolution geschafft hat, sich an der schmuddeligen Kehrseite des aufgeklärten Bewusstseins einzunisten. PapaHans, der väterlich die Fäden zieht; Simpel, sein Compagnon, impotent und mit einer unglücklichen Liebe zum Intellekt; Casco und Tiptop, die »stimmungsneutralen« Pornodarsteller; Ritmeester, der gestrenge Pornoideologe; Eisenmann und Speedo  – alle vereinen sie der Zorn auf die herrschende »Normalitätsparanoia« und der Wille zu einem Leben in Freiheit. Während sich Ritmeester in seiner Kleinstwohnung der Isolation verschreibt, hat sich Speedo einem Zwangsalkoholisierungsprogramm unterworfen und führt Simpel seine misanthropischen Aktionen gegen alles durch, was ihm missfällt – und das ist fast alles von der guten Nachbarschaft über den öffentlichen Verkehr bis zum Tourismus.

Eine bitterböse und gleichwohl herrlich unterhaltsame Satire auf die Abgründe der Konsensgesellschaft.

»Das ist schon sehr komisch. Wie überhaupt dieser Roman bei aller Misanthropie und Schlechtgelauntheit vor burlesker Komik fast aus den Nähten platzt.« junge Welt

Zum Autor

Matias Faldbakken, 1973 geboren, Sohn des berühmten Schriftstellers Knut Faldbakken, lebt in Oslo als bildender Künstler. Veröffentlichte unter dem Pseudonym Abo Rasul in Norwegen die heftig umstrittenen, später dann gefeierten Romane The Cocka Hola Company sowie Macht und Rebel. Matias Faldbakken zählt zu den bedeutendsten skandinavischen Gegenwartsautoren.

Inhaltsverzeichnis

Zum BuchZum AutorFigurenIM STUDIO VON DESIRE VOLUTION - (Zwei Wochen vor dem Infomeeting)DONNERSTAG, 10. DEZEMBER - (Ein Tag vor dem Infomeeting)FREITAG, 11. DEZEMBER - (Der Tag des Infomeetings. Aus Eisenmanns Perspektive)MITTWOCH, 9. DEZEMBER - (Zwei Tage vor dem Infomeeting)DONNERSTAG, 10. DEZEMBER, 19.30 H VORM FILMPALAST - (Ein Tag vor dem Infomeeting)CATHRINE FÆRØYS ABSCHIEDSBRIEFDONNERSTAG, 10. DEZEMBER, 19.30 H - (Wieder vorm Filmpalast)FREITAG, 11. DEZEMBER, 12.00 H - (Tag des Infomeetings)AM SELBEN TAG, 12.45 H - (Aus Eisenmanns Perspektive)BEI CASCO KURZ VOR DEM INFOMEETINGBEI SIMPEL, ETWAS FRÜHER AM SELBEN TAGRÜCKBLENDE: AM SELBEN MORGEN BEI SIMPEL, MOTHA UND LONYLWIEDER BEI SIMPELFAZILSPEEDODAS INFOMEETINGEUFORIUM - (Später am Abend; aus Cascos Perspektive)GÖRAN PERSSON UND XANAXWIEDER BEI SIMPEL, MOTHA UND LONYLSAMSTAG, 12. DEZEMBER, 16.30 H IN DER B-SCHULEBEI SPEEDO, 17.00 HMONTAG, 14. DEZEMBER, 10.15 HFasciNATIONDIENSTAG, 15. DEZEMBER - (Zu Hause bei Casco)BRIEF VON RITMEESTER AN PAPAHANS, DIENSTAG, 15. DEZEMBERBEI CASCOGÖRAN PERSSONS KONTOAUSZUG VOM 15. DEZEMBERMITTWOCH, 16. DEZEMBER - (Bei Simpel, Motha und Lonyl, um 15.50 Uhr, eine Stunde und zehn Minuten vor der Adventsfeier)DIE ADVENTSFEIERDONNERSTAG, 17. DEZEMBER, 11.00 HBEI SIMPELFREITAG, 18. DEZEMBER, 8.30 UHRAM SELBEN TAG, 14.00 HSAMSTAG, 19. DEZEMBERSONNTAG, 20. DEZEMBER, 07.00 H - (Aus Eisenmanns Perspektive)MONTAG, 21. DEZEMBERWAS IN DER LETZTEN WOCHE PASSIERT - (Bis zum Showauftritt)MONTAG, 28. DEZEMBER: DIE FERNSEHSHOWCopyright

Figuren

PAPAHANS 61, väterlicher Kopf des DESIREVOLUTION-Konzerns, Pornoproduzent, graue Eminenz und Geldverwalter

SONJA Pornoproduzentengattin und Jüngerin der Hochkultur

CASCO 31, beider wohlgeratener Sohn, hauptberuflich Pornodarsteller

TIPTOP 31, Cascos Kollege und fast sein Doppelgänger; beide kommen sich unverhofft nahe

SIMPEL 40, mit PapaHans Gründer des Konzerns, heckt allerlei anarchische Projekte aus

MOTHA Simpels Frau aus Sansibar, Porno-Darstellerin und durch nichts aus der Ruhe zu bringende Mutter

LONYL 7, verhaltensgestörter, vernachlässigter Sohn von Simpel und Motha, carpaccioabhängiger Filzschreiber-Tagger

RITMEESTER Pornoideologe, DESIREVOLUTION-Theoretiker, in selbst gewählter sozialer Isolation lebend

EISENMANN Requisiteur und Mädchen für alles: einer, der rennen kann, wenn er muss

SPEEDO Ex-Abstinenzler, jetzt freiwillig zum Zwangsalkoholiker verpflichtet, Sohn von

GÖRAN PERSSON gut 70, Waschmittelproduzent, hofft verzweifelt, seinen Sohn in die Normalität zurückzuholen

DR. BERLITZ Schulpsychologe, Erzfeind Lonyls wie auch jeglicher Form von Graffitis

MONICA B. LEXOW seine Frau, Textildesignerin, Faszinationsjunkie, Zielscheibe eines Simpel-Projekts

ROBERT JEGLEIM Fernsehredakteur, eröffnet Simpel die Macht der Medien

PERNILLE die kleine Unbekannte, bringt einen dicken Stein ins Rollen

IM STUDIO VON DESIREVOLUTION

(Zwei Wochen vor dem Infomeeting)

Tiptop improvisiert munter drauflos:

– Yeah, baaaaby, c’mon Horatia, suck that dick, suck it, c’mon, give head babe, give us some head now, oooh, that’s it babe, yeah, that’s it …

Tiptop und Casco knien im Visier von drei DV-Kameras jeder an einem Ende von Horatia. Tiptop vorn, Casco hinten. Casco und Tiptop haben sich auf dem Dreh noch nie in die Augen gesehen, trotz ihrer langen Zusammenarbeit. Aber jetzt ist es gleich so weit. Horatia bewegt sich konzentriert auf allen Vieren wie ein Schaukelpferd vor und zurück; wenn Casco aus ihr rausgleitet, gleitet Tiptop rein und umgekehrt. Die beiden (Casco und Tiptop) sehen aus wie die Enden einer Gardinenstange, auf der Horatia hin- und hergeschoben wird. Tiptops Blick wandert von Horatias Nacken zu ihrem Hinterteil. Der helle Streifen vom Solarium sieht aus, als hätte sie einen milchweißen Tanga an. Tiptop sieht diesen Streifen gern. Ihre Schinken erbeben jedes Mal, wenn sie gegen Cascos Beine klatschen. Tiptop hebt den Blick und sieht Casco ins Gesicht. Casco starrt Tiptop schon an. Sein Blick ist fast streng. Es ist verflucht heiß unter den ARRI-Lampen. Tiptop schaut an sich hinunter. Sein Bauch glänzt schweißnass, er glänzt wie aus Bronze gegossen. Horatias Lippenstift ist fast an seiner Schwanzwurzel. Er blickt wieder auf. Cascos Augen stehen da wie Fixsterne, blank, flackernd. Normalerweise würde Tiptop den Blick abwenden, aber jetzt passiert irgendwas. Er erwidert Cascos starren Blick. Cascos Augenbrauen hängen voller Schweißtropfen, sein Mund ist halb geöffnet. Er atmet schwer. Tiptop lässt den Blick an Casco niedergleiten und sieht, wie sein Oberkörper sich jedes Mal strafft, wenn Horatia zustößt. Cascos Gesicht ist unverändert. Er schnauft mit offenem Mund. Tiptop sieht, wie breit und hammerhart der Schaft von Cascos Schwanz ist. Horatia schwingt vor und knallt wieder zurück. Cascos Schwanz bewegt sich wie eine glänzende Schiene in sie hinein und aus ihr heraus. Tiptop blinzelt und schluckt. Er spürt genau: Gleich passiert etwas Verrücktes.

– Cool bleiben, denkt Tiptop, du bist ein Profi, was ist das, verflucht nochmal, was geht hier vor? Was geht hier vor, verfluchte Scheiße? Cool bleiben, Tiptop, nicht ablenken lassen, cool bleiben, du ARBEITEST.

Sein Hirn wummert, es ist heiß, er spürt Gänsehaut auf den Beinen und im Nacken, seine Zähne kribbeln. Tiptop wird schwarz vor Augen, er verliert die Kontrolle.

– 69! kommandiert er und zieht sich mit einem Schmatzer aus Horatias Mund zurück.

Er wirft sich vor ihr auf den Rücken und kriecht Kopf voran zwischen Horatias Armen und unter ihrem verschwitzten Bauch hindurch bis zwischen ihre Beine. Casco zieht seinen Kolben ebenfalls heraus, voller Respekt vor Tiptops Gefühl für den Rhythmus eines Takes, voller Verständnis für die breit gefächerten Stellungsmöglichkeiten und voller Gefühl für die Gefühle nackter Männer auf der heimischen Auslegeware vorm Videogerät. Doch bevor er, Casco, sich von den Knien erheben kann, um sich in Horatias Drittloch einzufädeln, Horatias Hintertür (damit Kamera 1 bessere Sicht hat und Tiptops Mundarbeit besser ausgeleuchtet wird, aber auch um der Variation willen), da gelingt es Tiptop, auf dem Rücken liegend und mit einem Schwertschlucker gleich zurückgelehntem Kopf, sich Cascos gesamte Stange, die in einem Winkel von ca. 90 Grad zwischen Horatias Beinen wippt, in die Kehle zu rammen. Er stützt sich auf der Matratze ab, und schon ist Cascos Keule ganz und gar in seinem Gesicht verschwunden. Die reinste Meisterleistung: Einzig die pechschwarze Zoolou aus THROATIES und einige wenige andere Schauspielerinnen verfügen über eine Atemtechnik, die so was erlaubt. Aus seiner liegenden Position, Cascos Skrotum über der Nasenwurzel, die Eier sozusagen als Brille, beobachtet Tiptop kopfüber den Herrn Produzenten (PapaHans) sowie den Herrn Regisseur (R-Peter), die mit übergeschlagenen Beinen und mehr oder weniger desinteressiert jeder auf seinem Stuhl sitzen. Eins-zwei-drei-vier, zählt Tiptop. Cascos Eichel stampft weit hinter seinem Zäpfchen auf und ab. Fünf-sechs-sieben; der Herr Regisseur stellt die Kaffeetasse hin, acht-neun-zehn, der Herr Produzent schaut von etwas auf, das so tut, als wäre es ein Drehbuch. Sie sperren die Augen beziehungsweise den Mund auf. Horatia hat ihre Mundarbeit wieder aufgenommen, ahnungslos, was zwischen ihren Beinen vorgeht. Sie gräbt ihre langen, künstlichen, rosa glänzenden Fingernägel in Tiptops rosinengleiche Sackhaut und kratzt ihm mit der anderen Hand das nomansland (den Bereich zwischen Skrotum und Anus). Sie senkt den Kopf über seinen Schwanz, hebt ihn langsam und lässt ihn erneut sinken. Tiptop zieht sich alles zusammen. Er mag so erfahren sein, wie er will; er kann sich unmöglich länger zurückhalten. Horatia spielt mit der Zunge an seiner Eichel. »Here we go, here it comes, here I coooome!«, denkt Tiptop. Er versucht, mit dem Ruf CAM 2 CUMSHOT! CAM 2 CUMSHOT! die Aufmerksamkeit von Kamera 2 auf sich zu ziehen, aber er kriegt nur KHANG KHU KHANGHAH! KANK KHU KHANGHAH! heraus (eher das Lallen eines zurückgebliebenen Koreaners, da er sich vor dem Ausruf nur ungefähr die Hälfte von Cascos Keule aus dem Hals hat ziehen können). Auch Casco, dessen Ständer seit gut einer halben Minute tief im Hals seines Kollegen steckt, ohne dass er es bemerkt hätte, kommt jetzt zu sich und blickt an sich hinab. Seine großen, lasziven Augen ruhen eine Sekunde oder zwei auf Tiptops Kinn, bis ihm aufgeht, was da läuft. Er stößt einen Ruf aus: »FUCK!«, Horatia hebt den Kopf und dreht sich um, neugierig, welche Zwiesprache da zwischen ihren Beinen geführt wird. Und in derselben Sekunde schießt Tiptop seine 20 000 000 potentiellen Nachkommen scharf an ihrem Gesicht vorbei, das doch nach § 10a) der DESIREVOLUTION-Regeln das eigentliche Ziel gewesen wäre, hinaus in den leeren, von den ARRI-Lampen hell erleuchteten Raum.

DONNERSTAG, 10. DEZEMBER

(Ein Tag vor dem Infomeeting)

Tiptop steht im Al Mafar’s und kratzt sich ungefähr auf der Höhe des türkischen Gebäcks im Schritt, während er bei Fazil einen darmbakterienglasierten Börek bestellt. »Hi, Tiptop«, hört er hinter sich und spürt in der Erinnerung umgehend Cascos Penis in seiner Kehle. Daher bringt er erst ein ersticktes Räuspern heraus, bevor er antworten kann: »Hi, Casco.«

Casco ist auf die Straße gegangen, um seine Mutter anzurufen, aber unterwegs hat ihn Fazils fehlerhaft buchstabiertes Börek-Schild abgelenkt. Er fühlt sich irgendwie verpflichtet, eins der Münztelefone an der Ecke zu verwenden, seitdem Simpel – der definitive Wortführer des DESIREVOLUTION-Konzerns – bei ihrer letzten Begegnung zu ihm gesagt hat:

– Verdammte Scheiße, bald gibt es verflucht nochmal kein einziges Münztelefon mehr, aber ich weigere mich, eine Scheißtelefonkarte zu kaufen, solange ich nicht in der Ecke liege und vor lauter beschissener Telefoniernot aus dem Arsch blute.

Simpel hat nicht bemerkt, dass etliche Kombi-Automaten sowohl Karten als auch Münzen annehmen. Er kann es nicht ab, dass es ständig Veränderungen gibt und dass zugleich ewig alles derselbe uralte langweilige Scheißdreck bleibt. Veränderungen sind Scheiße, und Wiederholung ist genauso Scheiße, verflucht nochmal.

Casco und Tiptop, beides glückliche Männer, geben sich vor der Börektheke die Hand. Sie schauen einander nicht in die Augen, aber sie lächeln. Sie haben sich seit dem THE COCKA HOLA COMPANY-Dreh weder gesehen noch gesprochen. Casco sieht gut aus. Nicht hübsch auf die dämliche Tour, er ist richtig hübsch. Große, schläfrige Augen und schwere Lider. Er ist einer von den Typen, die derart gut aussehen, dass man nicht weiß, tragen sie das Haar nach vorn gekämmt oder nach hinten.

Tiptop erzählt, dass er gerade aus dem Kino kommt. Er hat einen Film mit dem Titel KENDALL, YOU’RE BEING VIDEOTAPED gesehen. Casco weiß, dass das gelogen ist – keine schwerwiegende Lüge, aber dennoch eine Lüge –, denn Simpel hat ihn, Casco, in diesen Film eingeladen, in die erste Vorstellung des Tages, und die ist nachher um 19.30 Uhr. Jetzt ist es erst 18.45 Uhr, Tiptops Pech. Casco kann sich durchaus vorstellen, dass Tiptop den Film beispielsweise gestern Abend gesehen hat, er bezweifelt gar nicht, dass Tiptop ihn gesehen hat, nein, nur heute kann er ihn noch nicht gesehen haben. Casco weiß, dass Tiptop sowohl höflich als auch ein bisschen nervös ist und entschuldigt ihn – vor sich, Casco – damit, dass sein Gewissen (mehr eine Art soziale Neurose als ein Gewissen) ihn dazu bewogen hat, ein kleines Stückchen Wahrheit zu opfern, damit der Smalltalk in Gang kommt; es ist ja nun nicht ganz von der Hand zu weisen, dass Tiptop seit ihrer letzten Begegnung noch einige offene Fragen zu beantworten hat. Da ist eine Notlüge zwecks Smalltalkförderung nicht so schlimm. Und worüber ließe sich besser Smalltalk führen als über Filme? »Verdammt, es ist inzwischen leichter, über Filme zu reden als übers Wetter«, denkt Casco. Tiptop gibt dem Affen richtig Zucker. Er tut so, als wäre seine Begeisterung über den Film noch ganz jung und frisch und als wäre es ihm ein dringendes Bedürfnis, darüber zu reden. Casco hat irgendwo das Plakat zum Film gesehen. Der Titel ist mit verschiedenen Buchstaben geschrieben, als wären sie aus Zeitungen ausgerissen wie in einem Erpresserbrief. Tiptop erzählt drauflos, Casco erhebt keine Einwände, obwohl er den Film in einer Dreiviertelstunde selber sehen will. Er denkt, am besten, er sorgt dafür, dass Tiptop nicht noch nervöser wird, als er ohnehin schon ist.

Laut Tiptop geht es in dem Film um Folgendes: John Kendall, die Hauptfigur, arbeitet irgendwas Technisches in einem komischen Gebäude mit irgendeinem Logo auf dem Dach. In den ersten zehn Minuten des Films wird ausführlich vorgeführt (so, wie er »ausführlich« sagt, zeigt Tiptop, dass er eigentlich »überdeutlich« meint), was für ein konventionelles und ziemlich langweiliges Leben Kendall führt. Zur Arbeit fahren, nach Hause fahren, Frau ohne Pep, ein paar kleine Mädchen, die »Daddy!« rufen, wenn er nach Hause kommt, Haus, Supermarkt, Parkplatz, Verkehrsstau. Nichts Besonderes. Aber eines Tages bekommt er einen anonymen Brief, in dem steht: KENDALL, YOU’RE BEING VIDEOTAPED. Konventions-Kendall begreift nicht, was das soll. Per Voice-over hört man seine Gedanken: »Hmm, wer um alles in der Welt sollte schon daran interessiert sein, mich aufzunehmen? Ich mach doch nichts, was eine Überwachung rechtfertigen würde?« Nach einiger Zeit kann er sogar das kleinste Alltagsritual nur noch so vollführen, dass er sich die jeweilige Situation auch auf der Titelseite der verfluchten New York Times vorstellen kann. Und so bleibt es. Tiptop erzählt, er hätte die ganze Zeit auf eine Auflösung oder Entwicklung gewartet. Aber beides, Auflösung wie Entwicklung, ist ausgeblieben. Es wird keine Erklärung für den Brief geliefert. Kendall verrennt sich ganz von selber in eine Normalitätsparanoia, die sein Leben zu einer viel schlimmeren Hölle macht als zuvor.

Wie sich herausstellte, ist das so ein Film, den der Zuschauer selbsttätig weiterdichten muss, anders gesagt, einer von billigster Machart. Ein Film, der Einfühlung verlangt. Aber wer zum Teufel geht denn ins Kino, um selber loszufantasieren? Tiptop erzählt, dass die ersten Leute nach einer halben Stunde gingen und er am Ende allein im Kino saß. »Die Scheißgeduld von den Leuten ist so was von verflucht kurz geworden«, sagt er mit Worten, die gegen den Wind nach Simpel riechen. Casco betrachtet die weißen Zähne seines Pornokollegen, er ist es langsam scheißleid, ihn Simpel nach dem Munde reden zu hören. Und er denkt über seine eigene Fähigkeit nach, sich in einen Einfühlungsfilm einzufühlen. Aber egal wie, er wird ihn sehen, hauptsächlich, weil er nie ein Angebot von Simpel ausschlägt, ob es nun um einen Kinobesuch geht oder um sonst was.

Gestern (Mittwoch, 9. Dez.) hat unten am Empfang von DESIREVOLUTION auf einem roten Zettel eine Nachricht von Simpel für ihn gelegen. Folgendes hatte Frl. Oppenheim mit Filzer auf den Zettel buchstabiert:

ANRUF VON SIMPEL: CASCO, SIMPEL ANRUFEN.

Frl. Oppenheim hat strengste Anweisung von PapaHans (dem Geschäftsführer und Produzenten von DESIREVOLUTION), die Schauspieler nicht das Empfangstelefon benutzen zu lassen. (»Unser Unternehmen ist ein Low-Budget-Kosmos«, hatte PapaHans gesagt, »wir müssen sorgsam mit dem Geld umgehen, wenn unterm Strich ein Plus bleiben soll.«) Also hat Casco die Produktionsstätte verlassen und ist ein paar Blocks weiter zum erstbesten Münztelefon gegangen. Simpel überraschte ihn, indem er genau ein halbes Klingelzeichen brauchte, bis er abnahm.

– Simpel.

– Casco.

– Lange her, Casco. Scheiße, gut, dass du anrufst, Casco (wenn Simpel von dem Zwischenfall bei der THE COCKA HOLA COMPANY-Aufnahme wüsste, würde er das jetzt erwähnen. Simpel scheut sich nie, die unangenehmsten Dinge auf den Tisch zu legen), saaaaaugut, dass du anrufst, wir beide gehen nämlich morgen ins Kino, du und ich, ich hab einen Film entdeckt, in dem es um MICH geht …

– Aha.

– … und um DICH, Casco. Der Film geht um mich, und er geht um dich, er geht um unsere ganze Bande, Casco. KENDALL, YOU’RE BEING VIDEOTAPED. So heißt er. Hast du so was schon mal gehört? KENDALL, YOU’RE BEING VIDEOTAPED. Da krieg ich Gänsehaut von, Casco, das trifft doch voll ins Scheißschwarze, Mann. Morgen, halb acht. Im FILMPALAST.

– In Ordnung. Ich hab Zeit.

– In Ordnung. Ich hab Zeit. (Simpel äfft ihn nach). Das musst du auch, verdammt nochmal, Casco, das hier ist was, das man nicht verpasst, nur weil man irgendeine Scheißverabredung hat. Klar? Geschnallt?

– Wenn ich etwas Wichtiges vorgehabt hätte, hätten wir aber vielleicht an einem anderen Tag gehen können …?

– Da sei dir bloß nicht so scheißsicher, Casco, hör auf zu winseln, verflucht nochmal, ich rede von einem guten Film, du weißt genauso gut wie ich, wie das mit guten Filmen ist, die kommen beim großen Publikum nicht an, ja, das hier ist ein Film, der Teilnahme verlangt, und du weißt genauso gut wie ich, wie scheißträge die Leute sind, wenn es um Teilnahme geht, die Leute wollen alles intravenös reingedrückt kriegen, Casco, die haben keine Lust mehr, was zu kauen, smack me up, ja, und du weißt genauso gut wie ich, dass der Film heute schon wieder aus dem Programm genommen werden könnte, wenn ich nicht zwei Karten für die Vorstellung morgen um halb acht bestellt hätte, eine für mich, Casco, und eine für dich. Ich kann mir nicht helfen, Casco, ich mach mir echt Sorgen wegen deiner beschissenen Einstellung, ich mach dir hier ein echt qualitätsvolles Angebot und dein ganzer scheißverfickter Dank ist, dass du rumzögerst.

– Schon in Ordnung, ich hab ja gesagt, dass ich Zeit hab, kein Problem.

– Ich hab ja auch gar kein Scheißproblem, Casco, das Problem PIEP ist, dass die Leute PIEP sich für allen möglichen PIEP Scheiß engagieren, und das PIEP bedeutet doch dass PIEP …

Simpel ist jederzeit über sein BOSCH-Handy zu erreichen, aber das ist natürlich enorm teuer. Simpel aus der Zelle anzurufen, ist fast genauso ärgerlich, wie die Scheißauskunft aus der Zelle anzurufen. Eigentlich scheißt Casco darauf, was es kostet, aber es ist physisch unmöglich, schnell genug Münzen nachzuwerfen.

(Zurück im Al Mafar’s).

Casco kann sich unmöglich vorstellen, dass Tiptop auf einmal zum Homo geworden sein soll, wie er ihn so sieht mit seinen weißen Zähnen vor Fazils Börek-Theke. Und es ist genauso unmöglich, dass Tiptop nicht mehr weiß, dass Cascos Eichel sich vor knapp zwei Wochen tief hinter seinem Zäpfchen befunden hat. Fazil seinerseits denkt nichts Besonderes, als er Tiptop den Börek mit Spinat und Feta über den Tresen reicht.

– Ich nehm auch einen, Fazil … und gib mir bitte Kleingeld raus, ich muss meine Mutter aus der Zelle anrufen, sagt Casco.

– Bitte, bitte, sagt Fazil, – … wie gett ihr und PapaHans so? Alles wie sein soll?

– Ja, denke schon, sie wollen über Weihnachten wieder so ’ne Rundreise machen. Ich bin irgendwann die Tage mal zum Essen bei ihnen … Meine Mutter will mir auf Teufel komm raus ihre Reisepläne erzählen … wann und wohin und so …

– Mal wieder eine Kulturtour? Tiptop versucht tapfer, ironisch zu sein.

– Kültürtür?, sagt Fazil und lacht laut über sich selber. Casco lacht nicht. Tiptop erstickt ein Gähnen und Casco wartet zwei Sekunden, ob Tiptop noch so eine dumme Bemerkung à la Simpel bringt, aber als nichts kommt, redet er weiter.

– Ja, wieder mal eine Kulturtour nach Mitteleuropa. Stimmt. Keine Scheißahnung, wohin. Aber das kriege ich bald zu hören. Wie immer in Museen und so Zeug.

Was Casco nicht sagt: Das mit den Museen ist nur die halbe Wahrheit. Eigentlich sucht nur Sonja, Mutter des Pornodarstellers Casco und Gattin des Pornoproduzenten PapaHans, die Museen auf. Während Sonja im Museum vor den alten Schinken sitzt, schleift PapaHans seine mittelalten Knochen durch Pariser und Berliner und Wiener Pornoklubs, um Kontakte zu knüpfen oder auch nur zur Inspiration, wie er sagt. Auf ihren ersten Reisen, zwei, drei Jahre nach Cascos Geburt, also fast sieben Jahre, nachdem der kleine tot geborene Klaus im Reichshospital in den Müll gewandert war, legte PapaHans noch etwas an den Tag, das man mit aufrichtigem kulturellen Interesse verwechseln konnte – ja, er hatte Sonjas Kulturinteresse sogar ursprünglich geweckt –, doch nach mehreren und jedes Mal langweiligeren Pilgerreisen in dieselben Museen und zu immer denselben ewigen bescheuerten Kunstwerken schwand sein Interesse, und im selben Maße wuchs sein Zweifel an dem ganzen Kulturkrempel, was nicht zuletzt Simpels Tiraden geschuldet war, die sie jedes Mal nach ihrer Heimkehr über sich ergehen lassen mussten. Das klang dann beispielsweise so:

– Warum zum Teufel fahrt ihr bloß immer wieder runter in das verfickte Scheißeuropa? Hä? Warum? Why? Ist mir total schleierhaft. Um Kultur zu erleben? Atmosphäre zu tanken? Kontakte zu knüpfen? Häh? Erspart mir das! Hört ihr? Bleibt mir bloß mit solchen Scheißausreden vom Hals. Ihr fahrt da runter, weil ihr diese Scheißstädte so scheißhübsch findet, darum. Aber das könnt ihr vergessen. Ihr müsst müsst müsst so langsam mal schnallen, dass Städte mit dem ganzen historischen Schrott und Denkmälern und Prachtbauten und Lebendigkeit und diesen kulturell-urbanen Menschen, dass die total zum Kotzen sind, hört ihr? Zum Kotzen! Ihr dürft diese scheißeuropäische Vielfalt nicht so toll finden, wie ihr erzählt. Schlagt euch die fucking europäischen Großstädte aus dem Kopf. Hört ihr? Schluss damit! Und fangt bloß nicht an, stattdessen für kleine Städte zu schwärmen! Scheiße! Lasst das bleiben! Tut mir das nicht an!

Etcetera. PapaHans soll bei DESIREVOLUTION zwar sozusagen den Leitwolf spielen, und Simpel hat sich vor ihm gewaltig auf den Rücken geworfen die paar Male, wo PapaHans sich zu einem Infomeeting oder so bequemt hat, aber es lässt sich einfach nicht leugnen, dass PapaHans aufmerksam zuhört, wenn Simpel wieder mal irgendeine Hypothese vom Stapel lässt.

Simpel ist so einer, der keinen Schimmer hat, ob die Leute auf seine Tiraden hören oder nicht. Darum weiß er nicht, dass PapaHans sich seine Kritik zu Herzen genommen und vor etlichen Jahren aufgehört hat, hinter Sonja her ins Kunsthistorische Museum zu schleichen, um sich das Bildnis eines Jünglings vor weißem Vorhang anzuschauen. Vor diesem Gemälde steht Sonja immer und sinnt darüber nach, auf welche Abwege ihr Familienleben geraten ist (stehen muss sie, weil die Museumsleitung aus irgendeinem Grund beschlossen hat, Lorenzo Lottos Bild zu irgendwelchem anderem italienischen Mist draußen in einen Flur an eine Trennwand zu verbannen, während der bescheuerte Tizian zum Beispiel, ja, der hängt an einem Ehrenplatz mitten im Palast, mit Bänken davor usw.) Sonja steht also da und betrachtet das Bildnis eines Jünglings vor weißem Vorhang, während PapaHans irgendwo auf der anderen Seite der Stadt bei irgendeinem Meeting sitzt, zum Beispiel mit seinem österreichischen Kollegen Jürgen »Hartherz« Grausmann und mit ihm Vierfarbdrucke aus aller Welt evaluiert, auf denen Weibsbildern Penisse in bis zu fünf von sieben möglichen Körperöffnungen zugleich gesteckt werden; offen gesagt, hat er auch schon Abbildungen von Frauen mit Penissen in sieben von sieben möglichen Körperöffnungen zugleich gesehen, aber das ganze Gewurschtel mit Nasenlöchern und Ohren und so ist eher uninteressant – unter fachlichen Gesichtspunkten –, und sie haken so was als witziges Kuriosum ab. Danach gehen Sonja und PapaHans ins Restaurant. Wenn Simpel wüsste, dass sich Sonja und PapaHans auf ihren Reisen jedes Mal mit erlesenen Kostproben der Weltcuisine den Bauch voll schlagen, dann hätte er noch sehr viel mehr Stoff, um sich auszukotzen, und PapaHans hätte viel mehr Stoff zum Nachdenken, doch bislang hat sich Simpel nur über die Übelkeit erregende Widerwärtigkeit von guter alter europäischer Stadtplanung, Architektur, Atmosphäre/Stimmung, Lebensart, Allgemeinbildung, Kunst und anderer Hochkultur ausgelassen. Die Tischkultur hat er bei all dem vergessen, wer weiß warum.

Der Pornodarsteller Casco Foster stammt also aus einem eher bürgerlichen Zuhause, das ursprünglich repräsentative Interessen verfolgte. Das hat angehalten, bis PapaHans Simpel über den Weg gelaufen ist. Sonja gibt sich nach wie vor alle erdenkliche Mühe, diese Interessen zu pflegen, es beirrt sie nicht, dass bei PapaHans die Begeisterung fürs Geschäftliche überwiegt, schon in Ordnung, findet sie, aber nach wie vor ist das Bildnis eines Jünglings vor weißem Vorhang in ihren Augen ein wertvolles Stück Kulturerleben, und das liegt offen gesagt daran, dass ihr lauwarmes Kulturinteresse auf einem Kunstverständnis beruht, mit dem man sich den Hintern abwischen könnte. Sie hat nicht genug auf Simpel gehört, könnte man wohl sagen, und das spricht nicht gerade für sie.

FREITAG, 11. DEZEMBER

(Der Tag des Infomeetings. Aus Eisenmanns Perspektive)

Ich renne. Supertrainiert bin ich zwar nicht, aber ich renne, so schnell ich kann. Weder habe ich Übergewicht noch bin ich physisch deformiert. Obwohl ich rund 50 Zigaretten pro Tag rauche, ist meine Kondition hervorragend. Ich verfluche Simpel, während ich renne, und ich renne, so schnell ich kann. Die Isnesgate runter, sie ist lang und breit. Auf beiden Straßenseiten stehen dreigeschossige Häuser in allerlei Farben. Ich bin fast im Stadtzentrum. Die Isnesgate verläuft gerade. Ich folge den Straßenbahnschienen. Vor kurzem haben sie auf dieser Strecke die Straße aufgerissen, und weil ich jeden einzelnen verfluchten Morgen hier vorbeikomme, habe ich Tag für Tag verfolgen können, wie die Schienen verlegt wurden. Hier renne ich, und ich weiß, worauf. Welche Lagen von was für Material verlegt wurden und in welcher Reihenfolge. Ich weiß, wie tief man ausschachten muss, wie viele Betonschichten gegossen werden müssen, wie der Beton gegen Sickerwasser und Frost geschützt wird, mit welcher Verlegetechnik die Schienen in genau dem richtigen Abstand zueinander platziert werden, exakt in Waage, mit welcher Schweißtechnik sie verbunden werden. Wenn ich den Blick auf eine Stelle weit vor mir richte (um zu vergessen, wie fertig ich bin), dann wirkt es, als ob ich langsam rennen würde. Aber wenn ich auf meine Füße blicke, auf den Boden direkt vor mir, sieht es so aus, als würde ich sehr schnell rennen. Meine Beine schnellen vor und zurück. Fast, als würden sie den Boden gar nicht berühren. Der Asphalt wird nach hinten gezogen. Als hätte er Streifen in Laufrichtung. Jedes Mal, wenn die Beine auf den Straßenbelag treffen, nickt mein Kopf leicht. Ich stelle mir vor, mein Kopf wäre eine distorted camera beim Film. Das Bild, das meine Augen geben, ist distorted. Wenn ich geradeaus blicke, wackelt die Stadt im Rhythmus meiner Schritte. Mein Atem geht staccato. Meine Schritte laufen noch viel schneller als der Atem. Es ist kühl, ich kann mir vorstellen, dass die Atemluft hinter mir und zu beiden Seiten meines Kopfes weiß in der Luft steht. Ich versuche, den schlimmsten Eis- und Matschstellen auszuweichen. Von meinem Herzen höre ich nichts, aber ich bin sicher, dass es rast. Dass es rast, liegt verflucht nochmal nicht an mir selber. Aus zwei Gründen rast es so. Der eine: Allmählich bin ich scheißfertig. Der andere: Ich habe derart Angst, dass ich mir fast in die Hose scheiße. Ich habe mehr Angst, als dass ich fertig bin, darum renne ich weiter. Zum Teufel mit Simpel, dem beschissenen Arschloch! Wenn es nach mir ginge, wäre ich längst stehen geblieben. Es ist nicht meine Entscheidung, dass ich derart die Straße langrenne. Mein Körper rennt. Und mein Körper hat Angst. Er will mich retten. Wenn ich stehen bleibe, geht es mir nämlich noch viel schlechter. Mein Körper gibt vor, was Sache ist, ich folge ihm. Ich habe einen komischen Geschmack im Mund. Das Gefühl breitet sich aus, vom Kinn hin zu der Gegend hinter den Backenzähnen im Unterkiefer, unter der Zunge. Mein Speichel wird dünn, ich schlucke. Das wird Blutgeschmack genannt. Weiß der Teufel, woher der Begriff kommt, es schmeckt gar nicht nach Blut. Ich bin schon über die Überanstrengung hinaus. Ich will nicht weiterrennen, ich renne nicht, weil ich das will, ich hab keine Amphis eingeworfen, ich kann eigentlich gar nicht derart rennen; ich hab nur zwei Pfannkuchen im Magen, aber mein Körper schuftet wie eine Maschine. Ich blicke nach unten und sehe meine Beine rennen, aber ich spüre sie nicht. Keine Ahnung, wo die Milchsäure bleibt. Es läuft. Es läuft vorbei an der ATAMA-BAR, in der Speedo damals an einem Donnerstag vor vier oder fünf Jahren auf mich gewartet hat, als ich mich verspätet hatte, um ein paar Stunden. Er war nervös wie nur was und sein Aschenbecher war voll mit Pall-Mall-Kippen. Ich arbeitete seit vier Monaten für DESIREVOLUTION, und Ritmeester, unser Porno-Ideologe, hatte mich zu dem Treffen mit Speedo geschickt, der sich unserem Konzern anschließen wollte. Keiner wusste, was für ein Projekt er verfolgte. Er kam mir mit allerlei Entschuldigungen zuvor, obwohl ich selber schon eine parat hatte. Sie hätte mehr oder weniger gelautet: »Tut mir Leid, Speedo, aber ich bin oben bei Ritmeester hängen geblieben, du hast ja keine Ahnung, wie schwer man bei dem wegkommt, wenn er mal mit seinen Hirngespinsten anfängt …«, aber Speedo zog in diesem Entschuldigungsduell schneller (so ist er und so ist er immer gewesen, ich hatte nur vergessen, wie schnell er seine Entschuldigungen zur Hand hatte; ich hatte mich verflucht nochmal vorbereitet, um ihm diesmal zuvorzukommen, aber nix), ich bekam gar nicht ganz mit, was er erzählte, bis er mit bleichem Gesicht und zu meiner großen Überraschung und Freude den Zwangsalkoholikervertrag aus der Tasche zog. Er reichte ihn mir rüber, und aus seinem Ärmel wehte mich süßsaurer Stressgeruch an. Es läuft weiter.

MITTWOCH, 9. DEZEMBER

(Zwei Tage vor dem Infomeeting)

Das BOSCH düdelt einen type-british-Klingelton, und Simpel schaut den Apparat aus rot unterlaufenen Augen an, sein jüngst erstandenes Handy DUAL-COM 738, ein wenig verärgert angesichts der Tatsache, dass die neueste Technologie, wenn man sich endlich aufrafft und sie sich leistet, schon nach ein paar Tagen traktormäßig altmodisch aussieht. Die reine sophisticated-technics-Aura, die das BOSCH umwehte, hat genau zwei Tage angehalten, nachdem Simpel es stolz samt der in Plastik eingeschlagenen Kleinteile (Gürtelklip etc.) aus der Styroporform gehoben hatte. Jetzt wirkt nur noch die Gebrauchsanweiung neu und unbenutzt, und Simpel kann keinen Zusammenhang mehr zwischen diesem Heftchen und seinem Telefon erkennen. Kaum dass ihm die Abbildung auf der Titelseite noch was sagt. Auf den ersten elf Seiten wird erklärt, wie man das Ding zusammenbaut und den Akku lädt, und dass man auf »Annehmen« drücken soll, wenn es klingelt. Weiterzulesen hat Simpel nicht über sich gebracht, also hat er seitdem nicht wieder reingeschaut, denn es ist ihm ganz unvorstellbar, die Gebrauchsanleitung eines Geräts zu lesen (schlimmer noch, sie weiterzulesen), das schon länger in Gebrauch ist. Obgleich also sein BOSCH DUAL- COM 738 tadellos funktioniert, empfindet Simpel es als quälend, dass eine in seinen Augen so veraltete Apparatur so einen fancy Namen hat. Was zum Geier soll bloß diese bescheuerte Nummer bedeuten, fragt er sich. Ihm ist klar, dass die Zeit schon längst über dieses Telefondingens hinweggegangen ist und der Name DUAL-COM 738 eher veraltet und schwachsinnig klingt als irgendwie fresh – der Verkäufer im Telefonladen hat sich fast geweigert, Simpel das Modell zu verkaufen, weil es so alt und out ist, aber der Preis – in Zahlen: 0,00 Kronen – war Simpel so sympathisch, dass er es sich nicht hat ausreden lassen. Wie auch immer, Simpels Handy, das er tagaus, tagein hektisch aus seiner Jackentasche fischt, ist nicht mehr im engeren Sinne taufrisch. Das DUAL-COM 738 liegt morgens in Kaffeelachen und Brotkrümeln und abends auf versiffter Auslegeware und angesengten TV-Tischchen herum. Das Mobiltelefon als solches erinnert Simpel an ein Paar neu gekaufter Socken: Neu sind die auch nur beim ersten Mal. Er nimmt ab:

– Simpel.

– Casco.

– Was ist denn schon wieder, Scheiße nochmal?

– Tut mir Leid. Ich hab vergessen, wo dieser Film läuft.

– Im FILMPALAST, Casco, im FILMPALAST, du weißt doch, gleich neben der Passage … diesem Galeriedings … komm schon, Casco, so viele Kinos gibt es in dieser Stadt nicht … denk nach, Casco, DENK NACH! An der Ecke ist ein HiFi-Shop, und … fuck, Casco … und ein paar Paki-Läden mit Schildern davor, wo HEIBE WURTSCHEN draufsteht statt HEISSE WÜRSTCHEN … Cascoooooo … WACH AUF, CASCO-OOOO!

– Jajaja, ich weiß schon …

– Halb acht (klick).

DONNERSTAG, 10. DEZEMBER, 19.30 H VORM FILMPALAST

(Ein Tag vor dem Infomeeting)

Simpel blickt Casco an. Er hält ihm eine Einladung hin und sagt, er soll das mal lesen. Casco liest.

ADVENTSFEIER!

Liebe Kinder und Eltern der Klasse 2a,

wie ihr alle wisst, haben wir unsere Adventsfeier letztes Jahr im Filmsaal unserer Schule begangen. Wir haben gedacht, dieses Jahr machen wir mal was anderes und treffen uns am Mittwoch, dem 16. Dezember, um 17.00 Uhr bei Pauline zu Hause, ein Stückchen die Straße hinunter, und zwar in der President Harbitzgate 16. Möglicherweise müssen wir ein bisschen zusammenrücken, damit Platz genug ist, falls alle kommen, was wir natürlich hoffen, aber genug Raum für Spiele, Gespräche und Weihnachtslieder wird sicherlich sein – und vielleicht gibt es ja auch noch eine kleine Überraschung für die Kinder …? Also, um 17.00 Uhr geht’s los; es gibt einen Imbiss, Limo, Kaffee und Kuchen.

Herzlich willkommen!

Freundliche Grüße,Guri FossKlassenelternsprecherin

Damit wir wissen, auf wie viele Teilnehmer wir uns einstellen dürfen, bitten wir um Anmeldung bis Mittwoch, den 9. Dezember. Ein Unkostenbeitrag von 20,00 Kronen /Person wird am Eingang erhoben.

Wir kommen!

Name des Kindes……LONYL ………Anzahl Kinder …………I …………Anzahl Erwachsene ……I …………

– Könntest du bitte mitkommen, ja, Casco, fragt Simpel. Motha weigert sich. Sie sagt, nach dem, was letztes Jahr im Filmsaal passiert ist, würde sich kein Mensch mehr da hintrauen. Stimmt schon, Lonyl war ein bisschen schwieriger als üblich, und ich schaffe es nicht, schaffe es nicht, schaffe es verdammt nicht, noch mal allein mit ihm hinzugehen. Tut mir Leid, dass ich dich in so was reinziehe, aber das macht dir doch nichts aus, oder? Ich hab mit allen Mitteln versucht, Motha zu überreden, aber sie weigert sich. Gegen Afrika kann ich nicht an.

– Kein Problem, Simpel, ich hab am 16. noch nichts vor, sagt Casco.

– Du bist manchmal so was von scheiß in Ordnung, ich kann dir’s gar nicht sagen, Casco.

(Simpel legt sich die Einladung aufs Bein, bückt sich und versucht, aus der 1 in der Rubrik Anzahl Erwachsene eine 2 zu machen. Er sticht mit dem Kugelschreiber hindurch, piekst sich ins Bein und sagt AU! und SCHEISSE!)

Als Erster bemerkte es vor ca. drei Jahren Lonyls Kindergartenonkel Nazreen. Erst hörte Lonyl auf, mit den anderen Kindern zu spielen. Dann hörte er überhaupt auf zu spielen. Dann hörte er auf, allein in seiner Ecke zu sitzen, sondern lag allein in seiner Ecke. Dann hörte er auf, Menschen anzuschauen; er sah konsequent weg, wenn jemand sich ihm näherte. Dann hörte er auf zu weinen, wenn Nazreen ihn hochhob und zum Mittagstisch trug, dann stellte er die Nahrungsaufnahme ein. Er aß kein Brot mehr, keine Butter, weder Wurst noch Käse noch Marmelade. Keine Eier, kein Obst, kein Gemüse, keinen Fisch, kein Fleisch und kein Hähnchen, weder gekocht noch gebraten. Lonyl aß weder Schokolade noch Kartoffelchips, weder Bonbons noch Eis, weder Marzipan noch Kekse. Und als Nazreen auf jede erdenkliche Weise versucht hatte, ihn zu bewegen, dass er irgendwas aß, egal was, da hörte er auch noch auf zu trinken. Er trank einfach nichts mehr. Kein Wasser, keinen Saft, keine Milch, keine Cola, nichts konnte ihn locken, weder Strohhalm noch Eiswürfel. Er verweigerte sowohl Schnabeltasse als auch Nuckelfläschchen. Nazreen versuchte ihn dazu zu bewegen, dass er bei Sultans hochschwangerer Mutter trank, aber Lonyl drehte den Kopf weg. Nazreen ließ Lonyl von anderen Kindergartenonkeln und -tanten aus der Gruppe der Dreijährigen festhalten und versuchte, ihm zwangsweise etwas Flüssigkeit einzuflößen. Lonyl spie und spuckte, schließlich erbrach er sich. Da warf Nazreen die Flinte ins Korn. Er hatte ein bisschen Angst, Lonyl könnte zu Hause bei Vater und Mutter petzen, denn beide Eltern (Simpel und Motha) sind schrecklich jähzornige Leute. Es dauerte nicht lange, und Lonyl brach zusammen. Er kam ins Krankenhaus und wurde intravenös ernährt. Und dort blieb er eine geraume Weile, weil er sich weigerte zu versprechen, jemals wieder zu essen und zu trinken. Ärzte, Pflegepersonal, Pädagogen, Therapeuten, Betreuer, Pädiater, Kindergartenkinder, Großmütter, Onkel und Tanten, Nachbarn, Eltern und Nazreen konnten bitten und betteln und drohen, soviel sie wollten; Lonyl wurde das Essen ins Blut geträufelt, mehr ließ er nicht zu. Und so lag er da, bis er irgendwann und Gott weiß warum beschloss, wieder zu essen. Eines von hunderttausend Angeboten nahm er an. Niemand wusste genau, was das war oder wer ihn hatte überreden können. Irgendwer fragte Lonyl, der stinksauer im Krankenhausbett lag, ob er nicht wieder essen wollte, und Lonyl sagte ja, gut. So. Doch die Freude währte nur kurz, denn kaum war er entlassen, kaum war er wieder zu Hause und ging wieder in den Kindergarten, da hörte er auf zu reden. Das Ja im Krankenhaus war der einzige Akt der Kommunikation, den man gut drei Jahre lang von ihm erlebte. Lonyl war drei, als er aufhörte zu reden, und fing erst mit sechs wieder an. Er malte nicht und spielte nicht mit Legosteinen, er hatte weder für Tiere Interesse noch für Maschinen oder Zeichentrickfilme. Er nahm Nahrung zu sich und ließ sich herumtragen. Das war’s. Wenn er nicht von einem Ort zum anderen getragen oder gefahren wurde, bewegte er sich nicht vom Fleck, wo auch immer man ihn abstellte, blieb er sitzen und glotzte. Simpel hatte ihn im Verdacht, dass er ein tückisches Spiel mit allen spielte, aber da irrte er sich. Er unterzog Lonyl kleinen Tests, ging kurz aus dem Haus, um nach zehn Minuten zurückzukommen, dann nach einer halben Stunde, dann nach einer, dann erst nach zwei Stunden. Lonyl lag reglos da. Simpel kam und ging in den verschiedensten Abständen, damit Lonyl keinen Rhythmus erkennen konnte, aber der Junge saß oder lag da, unverrückbar wie ein Stein. (Simpel hatte keine Möglichkeit, Lonyl von außen zu beobachten, denn sie wohnen in einer Katakombe von Wohnblockwohnung.) Irgendwann blieben Simpel und Motha einen ganzen Abend, ja die ganze Nacht aus dem Haus, ohne Babysitter. Lonyl passte selber auf sich auf. Wenn sie seitdem länger als fünf Stunden am Stück wegwollen, stellen sie Lonyl einfach einen Teller mit Carpaccio und ein Glas Wasser hin; Carpaccio – degeneriertes Schwuchtelfutter, findet Simpel – ist das Einzige, was Lonyl isst. Herausgefunden haben sie das im SLOBODKIN, wo Simpel, Motha, PapaHans und Tiptop fein zum Essen aus waren, am Tag von Lonyls Entlassung aus dem Krankenhaus, am Tag nach der Realisierung von TRAM SLAM (Simpels letztem Projekt). Am Nachbartisch saßen eine hübsche Dame mit Ausschnitt und ein Mann, der offensichtlich sein rechtes Bein dafür hergegeben hätte, um trendy zu wirken. Nachdem er sie über sämtliche Gerichte auf der Speisekarte belehrt hatte, bestellte sie auf seine Empfehlung hin Carpaccio. Als es kam, rutschte Lonyl, der relativ bleich und hinfällig dasaß, von seinem Stuhl und stapfte zu der Dame hin. Zu ihrer Freude, zu des Mannes Abscheu und Simpels Verwunderung legte Lonyl die Hand flach auf ihren Carpaccioteller und blieb stocksteif so stehen. Simpel und Motha blickten einander an, die Dame schlug die Hände zusammen und gluckste, dass ihre Brüste nur so wabbelten – das fiel PapaHans auf –, und Herr Trendy fluchte laut, deutete mit dem Finger auf Lonyl und schaute Simpel an. Simpel & Co. bestellten Carpaccio für das Kind, und seitdem isst es nichts anderes mehr. Wasser ist sein einziges Getränk. Na, egal; erst haben sie den Babysitter gespart, dann auch noch den Kindergarten, denn es kommt ja im Prinzip auf das Gleiche heraus, ob er im Kindergarten dasitzt und glotzt oder zu Hause; sowohl Simpels als auch Mothas Alltag hat das erheblich entlastet, sie können ihren jeweiligen Beschäftigungen in aller Ruhe nachgehen. Vor allem Simpel erlebte während Lonyls apathischer Periode (falls die Diagnose Apathie denn zutreffen sollte) einen erheblichen Aufschwung, was die Anzahl der realisierten Projekte angeht. Einer der Gründe, aus denen Simpel und Motha Lonyl aus dem Kindergarten nahmen, war Nazreen. Er war bis über beide Ohren überzeugter Veganer und litt schon Gewissensqualen, wenn er die anderen Kinder mit ihren Pausenbroten voller Salami, kaltem Braten, Leberpastete und Cervelatwurst an den Tisch brachte. Aber tagaus, tagein für den kleinen Lonyl Rindsfiletscheibchen hübsch auf einem Teller anzurichten, das widersprach seinen Prinzipien dann doch zu sehr. Er beklagte sich empört darüber bei Simpel, lächelte mit makellosen Zähnen und strich sich das schwarze, kurz geschnittene, pomadisierte Haar nach vorn (er sah aus wie ein in Öl getunkter Kormoran). »Prinzipien sind ja okay«, hatte Simpel entgegnet, »und gute Prinzipien respektiere ich auch, nicht alles, was die Idioten sich heutzutage ausdenken, aber gute Prinzipen doch, nur sag mir eins, Nazreen, findest du es nicht auch egal, ob Lonyl zu Hause herumsitzt und glotzt oder hier im Kindergarten herumsitzt und glotzt?« Er sah Nazreen so unbarmherzig hart in die Augen, dass der zu jeder Frage genickt hätte. Und ab diesem Tag ward Lonyl im Kindergarten nicht mehr gesehen. Simpel pflegt jeden Tag ein bisschen mit Lonyl zu plaudern; zum Beispiel sagt er, er solle ruhig Bescheid geben, falls er auf irgendwas Lust hätte. Aber Lonyl hat auf nichts Lust. Und er gab keinen Mucks mehr von sich, bis er sechs war und in die Schule kam.

CATHRINE FÆRØYS ABSCHIEDSBRIEF

In zwei Tagen – also am Samstag, dem 12. Dezember – wird ein heroingeschwängerter Tiptop auf Simpels Sofa sitzen, Cathrine Færøys Abschiedsbrief in der Hand. Er hat ihn eben aus Lonyls Schultasche gefischt, wo er eigentlich nie hätte landen sollen. Cathrine Færøy ist, nein, war bis vor kurzem Lonyls Lehrerin.

(Ohne Anrede). Donnerstag, 26. November

Ich muss die B-Schule verlassen, und ich muss Euch verlassen. Meine Entscheidung steht fest. Jeder Versuch, mich davon abzubringen, kommt zu spät. Dieser Brief ist das Letzte, was ihr für lange Zeit von mir hören werdet.

Ich habe alles getan, was ich nur konnte, um beliebt zu sein. Ich habe immer den Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Ich habe immer das getan, was nach meiner Auffassung für meine Mitmenschen und ihr Miteinander das Beste ist. Ich habe mir nicht vorstellen können, wie ich meine Energie besser oder richtiger hätte einsetzen können. Gute Bildung ist eine der wichtigsten Säulen, auf denen unser Gemeinwesen ruht. Und ich habe viel investiert, um zu begreifen, was gute Bildung ausmacht. Ich habe getan, was ich für richtig gehalten habe. Ich habe mich selbstlos und stets so verhalten, dass ich niemanden verurteilt habe. Aber jetzt ist es so weit, dass ich mich selber verurteilen muss. Ich gehe weg und bitte euch, nicht nach mir zu suchen. Lasst mich in Frieden. Außerdem möchte ich mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen, die ich der B-Schule verursache, indem ich auf diese Weise verschwinde.

Lebt wohl.Cathrine Færøy

Cathrine Færøy, 36 Jahre alt, ist eine menschenfreundliche und sehr engagierte Lehrerin gewesen. Dennoch lässt es sich nicht länger verhehlen, dass sie, die Klassenlehrerin der 2a auf der B-Schule, auf Lonyl einen Hass entwickelt hat, wie sie ihn noch nie einem anderen Menschen gegenüber empfunden hat.

Im Laufe des letzten halben Jahres hat sie immer längere Stunden im Büro des schuleigenen Kinderpsychiaters  – Dr. Berlitz – verbracht und die Möglichkeiten diskutiert, mit dem Problemkind Lonyl fertig zu werden. Bei diesen Gesprächen ist sie wiederholt mit Heulkrämpfen zusammengebrochen.

Freitag vor genau zwei Wochen ist Frau Færøy nicht zum Unterricht erschienen, und seither hat kein Mensch sie gesehen. Sie wird polizeilich gesucht, die Hauptstadtzeitungen haben über die Aktion berichtet, obgleich so eine scheißlangweilige Vermisstennummer nicht gerade die News sind, um die man bei der Zeitung betet. Die Polizei hat fünf Mann auf die Sache angesetzt, aber den fünf Mann fehlt jede Grundlage für ihre Ermittlungen, denn sie kennen ja den Abschiedsbrief nicht. Als Letzte haben zwei Kollegen Frau Færøy gesehen. Um die Kommunikation im Lehrerzimmer steht es nicht zum Besten, so dass diese beiden Kollegen Donnerstag Nachmittag vor zwei Wochen nicht weiter beachteten, dass sie ihre Tasche packte und ging. Das tat sie ja jeden Tag, sagten die Kollegen, auf stets dieselbe Art und Weise. Und zum Abschied sagte sie »Macht’s gut«, wie üblich, ohne besondere Betonung, kein »Lebt wohl« oder Ähnliches. Und niemand, auch kein Schulkind, konnte sich erinnern, sie beim Verlassen der Schule gesehen zu haben, aber dass man als Grundschullehrer übersehen wird, gehört ja eigentlich zum Beruf.

Frau Færøy hat in der Zeitung von ihrem eigenen Verschwinden gelesen, ist aber fest entschlossen, sich nicht zu melden, bevor nicht, wie sie sich selber geschworen hat, »das Unkraut mit der Wurzel ausgerissen ist.«

DONNERSTAG, 10. DEZEMBER, 19.30 H

(Wieder vorm Filmpalast)

– Was soll denn an diesem Weihnachtsfest so wahnsinnig schwierig sein?, fragt Casco.

– Was soll denn an diesem Weihnachtsfest so wahnsinnig schwierig sein …, äfft Simpel ihn nach. Jetzt trauen die sich nicht mal mehr, das wieder im Filmsaal zu machen, die sind so was von scheißparanoid, diese Schulleute. Wenn man das schon liest! Wir haben gedacht, dieses Jahr machen wir mal was anderes. Mal was anderes? So kann man das auch sagen! Hauptsache, die Fassade bleibt gewahrt! Die Säcke! Dass man sich derart ahnungslos stellen kann, dass das geht, ich fasse es nicht … verstehst du, Casco …?

– Keine Ahnung, was da passiert sein soll.

– Man müsste die verfickte Schule zu einer Tapetenfabrik umfunktionieren, das müsste man, ja, und die Lehrer zu Tapetenmachern umtaufen. Und statt diesem heuchlerischen Motto überm Schultor WISSEN IST EINE SANFTE LAST müsste man da hinmeißeln: DURCH TAPETEN SCHAUST DU NICHT. Verfluchte Heuchler das!

– Was ist denn passiert, Simpel?

– Es fällt mir nicht leicht, Casco, glaub’s mir oder nicht, aber ich war der Grund dafür, dass die Tapeten sich letztes Jahr bei der Adventsfeier von der Wand gerollt haben. Ja ja, grins du nur, du Fotzengesicht … für mich ist das überhaupt nicht komisch.

– Aber genau das ist dein Job, Simpel …

– Vergiss es, es ist ganz was anderes, wenn nicht ich, sondern Lonyl so was anstellt, er ist mein Nachkomme, ja. Ich versuche, bei den Leuten ein Bewusstsein dafür herzustellen, was ich mache, was wir machen, das weißt du. Aber hier geht es um Lonyl, und Lonyl lebt alles Böse und Wütende aus, das in mir steckt, verstehst du? So eine Art I’VE CREATED A MONSTER-Story, Casco. Man muss doch wissen, dass man Widerstand leistet, damit es sich lohnt, man muss operieren wie ein Arschloch, keins sein.

– Und diese Weihachtsfeier …?

– Oh Gott, das war so was von grauenhaft, Casco. Bei der Adventsfeier letztes Jahr hatten sie ein Hufeisen aus Tischen und Stühlen aufgebaut, für beide ersten Klassen, 25 Kinder in jeder plus zirka doppelt so viele Eltern, also rund 120-130 Menschen in einem Saal, der nur knapp zweimal so groß ist wie ein Klassenzimmer. Wie die Ölsardinen! Und vorn eine große Leinwand. Sie wollten ein Video vorführen, über den Beamer an der Decke, irgendwas von Disney, das Dschungelbuch, glaube ich, und Lonyl … nein, erst war noch was anderes, wir haben Kuchen, Würstchen und Waffeln gegessen und für die Erwachsenen gab’s Glühwein, und als alle saßen, stand Fräulein Færøy auf, um uns willkommen zu heißen. Sie klatschte in die Hände, und dann, mit perfektem Timing, genau in dem kleinen Moment nach dem letzten Klatschen, als alle den Schnabel hielten und genau bevor Fräulein Færøy den Schnabel aufmachte, da hat Lonyl so was von einem Wahnsinnsfurz ziehen lassen, he-he, und zwar nicht nur so einen Kleinejungenpups, nein, er hat wahnsinnig laut gefurzt, Casco. Ich kann bis heute nicht begreifen, wie ein so kleiner Körper und ein so kleines Arschloch ein so lautes Geräusch hervorbringen können, weißt du, das war … es ist schwierig zu erklären, aber das war eher ein Heuler als ein Pups, was da aus seinem sechsjährigen Arsch kam, kannst du dir, HE-HE-HE, so ein Geräusch vorstellen, HÖ-HÖ-HÖ, Casco …

– Nein, he-he …

– HE-HE, ich auch nicht, he-he, ich kann dir verflucht nicht erklären, wie sich das angehört hat, ich glaub’s ja selber kaum, he-he, ein himmlischer Furz he he he, aber egal, so was sind wir ja gewohnt, aber Lonyls Trompetenstoß war nur das Vorspiel. Nur die Ouvertüre, was Kleines als Appetitanreger. Alle lachten sich schief, ich saß da und starrte betreten in meinen Glühwein, aber Lonyls Fanfare war erst der Anfang. Lonyl ist ja vieles nicht, aber eins ist er auf jeden Fall, nämlich diebisch. Lonyl ist ein echter Dieb geworden, diebisch wie eine Elster, ohne jede Angst, ertappt zu werden, egal, was man ihm androht. Du weißt doch, dieser kleine Rucksack, mit dem er immer rumläuft? Da steckt er alles Mögliche rein, abgesehen von seinen Schulbüchern, in denen es nur um Gutes und Anständiges geht, bei Lonyl bin ich ja gezwungen, meinen Prinzipien untreu zu werden, Casco, da muss ich mich sogar überwinden und gute Bücher kaufen, na, egal; neben den Schulsachen hat Lonyl in dem Rucksack also immer alles mögliche Diebesgut. Und na ja, letztes Jahr ist er vor der Adventsfeier an meinem Videoregal gewesen, Casco, und …

– Neein …

– Doch, doch …

– Neeein …

– Doch, alles Tatsache, Casco, Klein-Lonyl, der Teufel, ist an meinem Videoregal gewesen und hat sich einen Porno geschnappt, und …

– Neein … das kann doch nicht …?

– Und ob, einen von unseren, seit einem geschlagenen Scheißjahr ist mir das so was von peinlich, Casco, ich hab das noch niemandem erzählt, außer Motha, verstehst du, Casco, diese Leute schaffen es, dass ICH mich verhalte wie einer von diesen verdammten Tapezierern! Ich hab das Maul gehalten, hab nicht mal dir was davon erzählt, Casco!

– Wahnsinn! Nicht zu glauben! Und dann …?

– Na ja, die Kinder rannten rum und futterten, wie das immer so geht, und während Fräulein Færøy mit ein paar Vätern den Weihnachtsbaum beiseite rückte, weil der mitten im Hufeisen stand und die Linse vom Beamer verdeckte, da hat Lonyl, das verfluchte kleine Monsterchen, das ich zustande gebracht habe, das Dschungelbuch, das dieses Fräulein Færøy ein paar Stunden zuvor in den Videoplayer gesteckt hatte, damit auch ja alles einwandfrei läuft, da hat Lonyl schnell den Disney gegen LIPSTICK ON MY DICK ausgetauscht … ja wirklich, die Kassette war halb abgespielt, wie das bei diesen Filmen immer so ist, und lief dann mitten in einer Szene an …

– Neeein … Waaaaahnsinn … Und dann …?

– Und jetzt halt dich fest, Casco. Na, du kannst es dir ja vorstellen. Aber … he-he … besonders lustig war dann, dass wir alle 130 schön was zu sehen gekriegt haben, weil Fräulein Færøy natürlich gleich in Panik geriet, du weißt ja, wie schwierig es ist, auf Anhieb den Stopp-Knopf an einem Gerät zu finden, mit dem du nicht vertraut bist, und Frauen sind das ja nie, und wenn dann noch Panik dazukommt, na egal; es hat jedenfalls so ein paar Sekunden gedauert, bis die Leinwand wieder sauber war, und solange konnten wir also … he-he … dein Gesicht mitten beim Orgasmus bewundern, Casco, und dazu, he-he, konnten wir dein geisteskrankes Gestöhne hören, und dann YEAHH!! Hö-hö, kannst du dir das vorstellen, das auf der Adventsfeier von der Scheiß-B-Schule? Die Adventsfeier und deine Visage auf 2x3-Metern, wandgroß, und dann dein Schwanz in Close-up, der Sheebas Gesicht mit Hausmachersahne vollspritzt. He-he … Mann, Scheiße, Casco, das war nicht zum Aushalten, es war nicht zum Aus-zum-Halten, Casco. Ich glaube, so laut wie da hab ich nie LONYL!!! geschrien, meine Stimme kippte über, die Lebkuchenkrümel sprühten aus meinem Maul quer durch den beschissenen Filmvorführsaal, ich bin aufgesprungen, dass der Tisch umkrachte, die Thermoskannen mit Kaffee und Tee gleich mit, die Väter starrten auf die Leinwand, den Stiefmüttern entrangen sich eigenartige Röchellaute des Entsetzens, sie hielten ihren Kindern die Augen zu, die saßen mit offenem Mund da, solange sie was sahen. Ich mit Tunnelblick auf Lonyls kleine runde Visage los. Der saß einfach da! Das sagt doch eigentlich alles darüber, wie der kleine Scheißer drauf ist. Saß in aller Ruhe da und schaute zu, wie ich mir einen Weg zu ihm bahnte, ein wütendes Nashorn, durch Sterne und Girlanden und Weihnachtsmänner. Das Lametta stob wie eine Wolke um mich herum, Casco, und Lonyl saß einfach da, die Hände im Schoß … der kennt einfach keine Schuldgefühle, Casco, der hat keine einzige Norm oder andere zwischenmenschliche Konvention begriffen. Mit sechs Jahren könnte man ja so die eine oder andere Norm begriffen haben, oder, Casco, mindestens eine winzigkleine? Was? Lonyl nicht, fuck. Und diese Schulsituationen rufen in mir den allerletzten Rest Disziplin wach, die Grundschule ist die letzte Chance, Casco. Ich fühle Schuld und Scham, wenn ich dort bin, völlig ohne jeden Grund, ich werde das verdammt nochmal nicht los. Ich werd’s nicht los. Und seit dieser Katastrophe letztes Jahr ist es auch nicht unbedingt besser geworden. Ich packte Lonyl, hob ihn hoch und über den Tisch. Und da fing er dann an zu quieken wie ein Ferkel, aber nicht etwa, weil er Angst hatte, ich reiße ihm den Arm aus, er schrie FUCK YOU!, und zwar so, als ob er wüsste, was das ist und wie das geht. Und er meinte nicht mich. Er wand sich, er baumelte an einem Arm, und auf dem Weg zur Tür schrie er das der ganzen frohen Festgesellschaft zu, stell dir das mal vor, Casco! FUCK YOU! FUCK YOU AAAAAALL! Eine schrille Kinderstimme, die so was kreischt, dass es lauter nicht geht. Ich schnell zur Tür raus und den Flur runter, zum Haupteingang, Lonyl schrie weiter, ich hab mich nur noch kurz umgedreht und gesehen, wie uns ein paar Erstklässler und eine Handvoll blasse Erziehungsberechtigte aus der Tür nachschauten, mit Stielaugen vor ihren hässlichen Fratzen. Sie sahen uns nach, wie wir in der Kälte verschwanden, und blieben in ihrer Hölle aus Kinderweihnachtsbildern und niedrigen Kleiderhaken und Linoleum zurück.

– Und da soll ich mit hin? Du hast sie wohl nicht mehr alle, Simpel, soll ich das jetzt wieder gutmachen, oder wie? Warum nimmst du nicht Tiptop oder Speedo mit? Ich packe das nicht. Wie stellst du dir das vor, Simpel? Wie kommst du auf die Schnapsidee, ausgerechnet mich da mit hinzunehmen? Wirklich, du hast sie nicht mehr alle …

– Cool, Casco. Versprochen ist versprochen.

– Von wegen versprochen, ich hab doch keine Ahnung gehabt, dass die mich zur Belohnung auf die Folterbank spannen, ich fasse es nicht, dass du überhaupt denkst, ich würde mitkommen. Ich komme nicht mit, Schluss.

– Caaaasco, dich erkennt kein Mensch wieder. Erstens ist es Jahre her, dass wir LIPSTICK gedreht haben, zweitens warst du damals frisch gebräunt, du hast ausgesehen wie ein Scheißlatino, jetzt bist du blass wie eine Wasserleiche, und drittens, Casco, habe ich mit PapaHans gesprochen, und er hat mir euer kleines Produktionsgeheimnis verraten, nämlich dass du dir für den Weihnachtsfilm einen Bart zulegen musst, du sollst einen Familienvater spielen, nicht wahr, wie heißt der Film nochmal, JINGLE BALLS?

– Der Scheißkerl!, zischt Casco mit flackerndem Blick und korrigiert: – Der Film heißt I’M CREAMING FOR A WHITE CHRISTMAS, aber vergiss es!

– Da siehste mal wieder, Casco, ich bin halt immer informiert, und darum weiß ich, dass kein Mensch auf Gottes weiter Erde dich mit dem Star aus LIPSTICK verwechseln wird. Die Adventsfeier ist überhaupt kein Problem. Außerdem ist Fräulein Færøy verschwunden, hast du das nicht in der Zeitung gelesen? Du kommst mit zu der verfickten Adventsfeier, und fertig!

Simpel lächelt, so wie immer, wenn er seinen Willen gekriegt hat, er lächelt, schon bevor Casco nachgegeben hat. Dann tippt er auf seine Armbanduhr und sie gehen in den FILMPALAST.

Trotz ansonsten starken Publikumsandrangs im Kino findet nur eine erbärmlich kleine Zahl von Zuschauern den Weg in Kino 9, wo KENDALL läuft. Auch ist dieses Kino nicht eben groß, nur 12–15 Reihen. Simpel erläutert Casco, was Casco längst weiß, dass er nämlich immer den Kopf in die Zelle des Kartenverkäufers steckt oder wenigstens das Gesicht so fest an die Scheibe zwischen sich und dem Verkäufer drückt, dass er den Sitzplan auf dem Bildschirm sehen kann. Dann pflegt er die Hand durch den Geldschlitz zu stecken und auf den Platz zu deuten, den er haben will; selbstverständlich mitten im Saal, nicht auf der Seite, und was die Höhe im Raum angeht, ebenfalls mitten vor der Leinwand. Also in Luftlinie gesehen zentral vor der Leinwand, sonst hat es keinen Zweck, ins Kino zu gehen, findet er. Er regt sich gründlich über die Größe von Kino 9 auf, kein Rang, wie soll man da in die richtige Höhe kommen. Aber er will es ausnahmsweise gut sein lassen, sagt er, schließlich ist KENDALL, mit seinen Worten, »ein Bengalischer Tiger von einem Film, also sozusagen von der Ausrottung durch Komödien und beschissene Correctness bedroht, aber an und für sich lebensgefährlich.«

Als sie wieder rauskommen, nachdem also Casco und Simpel Zeugen der Massenflucht des spärlichen Publikums geworden sind, was Simpel in eine sowohl sentimentale als auch rachsüchtige Stimmung versetzt hat, sagt er: »Du magst als Tiger noch so gefährlich sein; das hilft dir nichts, wenn deine Opfer dir mit der Waffe der Langeweile begegnen.«

Der Ausgang des Kinos führt in eine Nebenstraße, eine Seitengasse, Simpel und Casco wissen nicht so recht, wo sie gelandet sind, nachdem sie aus einem Kinofilm kommen, dauert es immer einen Moment, bevor sie wieder Orientierung haben. Es ist hundekalt, Simpel, der den ganzen Film über die Jacke anbehalten hat,