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Traumzeitpfade gibt es nicht nur in Australien, sondern auch hier bei uns in Deutschland. Oft sind es sogar uralte Wanderwege. Der Autor hat einige dieser Wege verfolgt und beschrieben, zum einen sachlich, informativ, zu anderen in schamanisch-poetischer Weise (Invokationen, Kraftlieder). Schamanische Poesie ist Beschwörungspoesie, die einen tiefen und engen Kontakt zu allen Phänomenen der ursprünglichen Natur, zur Wild-Natur herstellen will. Ein allgemeiner, philosophischer Teil erklärt die Bedeutung des spirituellen Wanderns. Nach Auffassung des Autors kann man sich auf diesen Wegen selbst finden, d.h., dass man neue Seiten, neue Aspekte seines Wesens finden und in kreativen Ritualen zum Ausdruck bringen kann. Ergänzt wird das Buch durch eine Reihe von magischen Fotos.
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Seitenzahl: 95
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auf dem magischen Weg der Traumzeit
Einleitung
Ein Modell des magischen Weges
Archetypen des Wanderers
Wandern und schamanische Reisen
Magische Wege und Naturreligion
Die Geheimnisse der Naturtempel
Worauf es ankommt – in Kürze
Das Tao – der mystische Weg
Magische Wege im Harz und anderswo
Magische Wege am Meer
Magische Wege in der näheren Umgebung
Die Geister des Meeres
Ordnungssysteme
Geheime Orte
Was ist eigentlich ein schamanischer Berg?
Indianische Natur
Wege und Rituale
Magische Wege und Einsamkeit
Was ist eigentlich das Echte?
Die nähere Umgebung
Magische Wege sind keine Spazierwege und keine Wege für die Mehrzahl der Menschen, sondern es sind Wanderwege ins Innere der Natur, ins Herz der Natur. Wenn man sie richtig geht, dann geht man in die Tiefe, in die Tiefe der Natur und in die Tiefe der Seele gleichermaßen.
Sie sind magisch, weil sie uns mit dem archaischen, archetypischen Unterbewusstsein verbinden. Mit dem Bewusstsein der Erde und des Kosmos.
Magische Wege sind Pilgerwege in die Anderswelt.
Es sind Traumpfade des fühlenden Herzens und des suchenden Waldläufers, der uraltes Wissen und zeitlose Weisheit sucht, wofür es keine Wörter gibt, sondern nur Bilder, Metaphern, Zeichen, Symbole.
Es ist nicht wichtig, ob hier auch andere Menschen langgehen oder nicht, wichtig ist, was du siehst, was du fühlst, erkennst, spürst und ahnst. Auch die Länge des Weges oder die Höhendifferenz ist nicht wichtig. Wichtig sind allein deine spirituellen Erfahrungen und Erkenntnisse, für die du offen sein musst.
Seelenfindung heißt ganz einfach, das wahre Wesen der eigenen Seele zu finden. Orte aufzusuchen, an denen die Seele aufblühen kann, an denen sie sich entfalten und als eine Art von Schmetterling über die Wiese ins Licht fliegen kann.
Man könnte vielleicht auch von Selbst-Findung sprechen, allerdings scheint mir dieser Begriff zu sehr das Konzept eines fertigen Selbst zu implizieren. Aus meiner Sicht sind weder das Selbst noch die Seele fix und fertig, sondern sie befinden sich in einem Entwicklungsprozess, sofern man lebendig ist und diesen auch zulässt.
„A.H. Maslow spricht von „Selbstaktualisierung“. Der Mensch wird als Potential geboren. Er hat sich in Wirklichkeit noch nicht aktualisiert, sondern er ist nur potentiell da. Der Mensch wird als Möglichkeit, nicht als Aktualität geboren. Er kann etwas werden. Er kann die Verwirklichung seines Potential erreichen – oder auch nicht.“ (Osho, S.248)
„Selbstverwirklichung bedeutet also, daß der Mensch das geworden ist, zu dem er bestimmt war. Er wurde als Same geboren, und nun ist er aufgeblüht. Er hat die Fülle seines Wachstums erreicht, ist ans innere Ziele gelangt. Im gleichen Augenblick, da du fühlst, daß sich dein gesamtes Potential verwirklicht hat, erlebst du den Gipfel des Lebens, der Liebe, der Existenz.“ (Osho S.249)
Ich halte es für richtig, davon auszugehen, dass es eine innere Bestimmung gibt, dass man also ein Ziel in sich trägt, dass es zu verwirklichen gilt (Entelechie). Jeder Mensch hat somit einen Samen in sich, den er zur vollen Entfaltung bringen kann und sollte. Der Gipfel ist dann die vollkommene Entfaltung. Das „Gipfelerlebnis“ (so nennt es Maslow) ist dann die Vollendung des eigenen Seins, das höchste Glück der eigenen Existenz.
Den Begriff der Seelen-Findung sehe ich offener. Es ist vorher nicht klar, nicht in jeder Hinsicht vorherbestimmt, was sich entwickeln kann. Somit gibt es eine Offenheit für das tatsächlich Neue, das Ungewöhnliche.
Geht man einen magischen Weg, dann kann man auf diesem Teile seiner Seele finden, neue Teile, neue Seiten. Neue Blumen, neue Steine, neue Bäume und neue Wolken. Die Welt kann und sollte jeden Tag neu sein. Sie ist es sogar, wenn man dafür offen ist. Die sogenannte Schöpfung ist nicht abgeschlossen, wie uns die Bibel suggerieren will, sondern sie ist ein nicht abgeschlossener Evolutionsprozess. Das gilt für den Mikrokosmos, das gilt für den Makrokosmos, das gilt für die Menschheit, das gilt für das einzelne Individuum.
Wenn man offenen Geistes über eine Sommerwiese geht, dann kann einem vieles begegnen. Vielleicht entdeckt man die Seele der Flockenblume in sich oder die Seele eines kleinen Tagpfauenauges. Man nimmt gewissermaßen neue Teile der Seele in sich auf. Man findet neue Seelenanteile und alte, verbrauchte Teile mag man in den Wind schicken. Das ist ein innerer Wachstumsprozess. Er ist immer neu, er ist immer anders. Das ist ja gerade das Schöne und Lebendige, dass er immer neu und anders ist.
Wenn man wie ich spirituelle Bereiche und Grenzbereiche des Bewusstseins erforscht, bekommt man von manchen Menschen den Vorwurf zu hören, man wäre ja noch auf der Suche und noch nicht bei der Wahrheit angekommen. Was immer als diese Wahrheit bezeichnet werden mag, sie ist insofern falsch, als sie einen Prozess und Fluss des Lebens abblocken und beenden will. Wer meint, er hätte die Wahrheit gefunden, hat sie mit Sicherheit nicht gefunden, dabei ist es egal auf welche Ideologie, Philosophie, Religion oder Wissenschaft er sich berufen mag. Die Wahrheit ist kein Ding, kein festgelegtes System, keine fixe Struktur, kein starres Modell, kein Gesetz, kein Katalog von Geboten und Verboten, kein unveränderliches Paradigma etc.
Wir leben in einem lebendigen Universum. Ein lebendiges Universum schafft immer wieder etwas Neues. Ein lebendiges Universum ist ein lebender Organismus, der sich unterschiedlich entwickeln kann, der offen für ganz Neues und auch Ungewöhnliches ist. Das Unberechenbare und Unkontrollierbare, das Flexible und Fließende gehört nicht nur zur Welt, es ist die Welt. Sie ist die permanente Metamorphose.
Die Welt ist nicht nur das, was ist, sondern vor allem auch das, was sich bewegt. Weil sich alles bewegt, ist am Ende nichts tot. Für uns Menschen allerdings schon, wenn unsere Zeit abgelaufen ist. Aber das Leben fließt weiter. Der Fluss fließt weiter. Die Wolken ziehen weiter über den Himmel der Erde und die Ströme der Meere fließen weiter um die Erde herum. Es geht und wird immer weiter gehen, ob wir da sind oder nicht, ob die Menschheit da ist oder nicht. Leben und Bewusstsein waren schon sehr lange vor dem Menschen da. Sie werden lange nach ihm da sein und sich weiter auf ihre Weise entwickeln und entfalten.
Das väterliche Gotteskonzept eines allmächtigen Herrn ist schon lange überholt. Schon im neuen Testament ist vom Geist als einem unberechenbaren Wind und universeller Liebe (agape) die Rede, was schon deutlich lebendiger und flexibler ist als die alten law-and-order-Konzepte. Es hat aber noch nicht die globale Multidimensionalität und Flexibilität der heutigen Zeit. Hochkomplexe und multidimensionale Konzepte fallen den meisten Menschen sehr schwer. Sie bleiben lieber bei alten, einfachen Modellen stehen, die sie dann gerne als die sogenannte Wahrheit verkaufen.
Eine Seele, die mit der permanenten Metamorphose der Welt in Einklang schwingt oder dieses anstrebt, sucht die entsprechenden Erfahrungen, z.B. auf magischen Wegen ins pulsierende Herz der Natur.
Für ein archetypisches Modell des magischen Weges nehme ich einen Weg, der sich in der Nähe meines Wohnortes befindet. Damit will ich zum Ausdruck bringen, dass wir nach einem magischen Weg nicht unbedingt in einer ganz besonderen, touristisch attraktiven Gegend suchen müssen. Der magische Weg kann auch vor der Haustür beginnen.
Wir können den Weg überall beginnen. Wir können ihn, wie gesagt, auch vor der eigenen Haustür beginnen. Viele Wege beginnen wir vermutlich auf einem Parkplatz. Das ist in der heutigen Zeit nun einmal so. Den Parkplatz kann man, wenn man aufmerksam ist, bereits als einen besonderen Punkt des Weges begreifen. Am Ausgangspunkt planen wir unseren Weg. Wir überlegen, wie lange wir gehen wollen, was unser Ziel ist etc. Ein Plan ist nur ein Plan, den wir erfüllen können, aber nicht müssen.
Es gibt viele Formen des Weges. Breite Forstfahrwege, ganz schmale Pfadspuren durchs Gras oder durch den Wald. Jede Form können wir deuten. Schauen wir auf den Boden, können wir den Asphalt betrachten – oder den Schotter. Die Wurzeln der Bäume – oder das Gras. Die Steine – oder den Sand. Alles kann man betrachten, alles kann einen Sinn für uns haben.
Am Rande des Weges können sich viele Blumen befinden. Uns mag das gelbe Labkraut auffallen, die hellblaue Wegwarte, die weiße Schafgarbe, die violette Flockenblume, die violette Distel, die zinnoberrote Mohnblüte, die rosafarbene Malve, das gelbe Kreuzkraut und vieles mehr. Vielleicht fällt uns an einem Tag besonders eine Blume ins Auge, z.B. die Malve. An einem Tag mag sie uns besonders ansprechen, an einem anderen Tag weniger. Jede Blume hat ihre Zeit. Im Hochsommer findet man keine Blüten des blauen Wiesensalbeis.
Wir müssen keine großen Tiere erwarten. In meiner Heimatgegend grasen keine Büffel, auch wenn sie hier im Urstromtal durchaus grasen könnten. Aber es gibt hier keinen Landwirt, der Büffel züchtet. Es muss auch nicht unbedingt ein Rehbock, ein Fuchs oder ein Dachs sein. Es können auch drei tanzende Schmetterlinge sein, drei Kohlweißlinge. Es kann auch ein kleiner Käfer sein, der aufgeregt über den Weg läuft oder eine huschende Maus, die wir eher als dunklen Schatten wahrnehmen. Ein kreisender Bussard oder eine singende Lerche hoch im Himmel sind immer ein Erlebnis.
Wir mögen beim Laufen auf den Boden schauen, weil der Weg vielleicht zu feucht ist und wir aufpassen müssen, dass wir nicht in eine Pfütze latschen. Bleiben wir dann stehen und schauen in den Himmel, dann mögen wir an den Großen Geist denken und sehen einen Wolkenengel am Himmel schweben. Am Himmel gibt es oft magische Zeichen zu entdecken!
Irgendeine Bedrohung mag es immer geben. Der Weg an sich mag gefährlich sein, indem er durch einen Wald führt, in dem es viele Wildschweine gibt. Es mögen auch Menschen sein, die uns bedrohen oder von denen wir uns bedroht fühlen. Man muss immer aufpassen. Erscheint am Horizont eine gigantische Gewitterwolke, dann stellt sich gleich die Frage, ob wir rechtzeitig einen Schutzort erreichen können.
Auf vielen Wegen erreichen wir einen magischen Baum oder passieren einen. Dieser Baum kann unser Zielpunkt sein oder der Wendepunkt unseres Weges. Wir können mit dem Baum kommunizieren, einen Gebetsfaden in einen der Zweige hängen oder uns einfach unter ihm ausruhen.
Vielleicht sollten wir nicht die große Botschaft erwarten, die einzige Botschaft. Es können nämlich viele sein. Viele kleine Botschaften, die zusammen ein Bild ergeben. Wir müssen sie auch nicht in ein Wort oder in einen Satz packen können.
Der Blick in die Ferne wird immer bleiben. Er gehört zum Weg. Immer gibt es einen Blick auf einen fernen Berg, einen fernen Wald, auf den Horizont, auf die Zukunft. Wir wandern in unserem Leben nur ein Stückchen über die Erde und schauen in die Ferne. Dann kommt die Nacht und wir sind wieder fort.
Je länger man wandert, desto mehr kann man in eine Trance geraten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich oft nach circa einer Stunde in einer Trance bin. Dann bin ich ganz der walking Indian. Dann bin ich in einer anderen Dimension und habe mein altes Ich mehr oder weniger vergessen. Mein Rücken mag schmerzen, aber mein altes Ich ist fortgeweht.
Steuern wir einen Berggipfel an, dann ist dieser unser Zielpunkt. Vielleicht haben wir uns ja vorgenommen, ihn auf jeden Fall zu erreichen. Wir können aber auch einfach in die Gegend hinaus wandern und haben unseren Zielpunkt erreicht, wenn wir einfach das Gefühl haben. Das mag bei einem Baum sein, einem besonderen Stein, einem Wegkreuz etc.