Ü65- und Senioren-Knigge 2100 - Horst Hanisch - E-Book

Ü65- und Senioren-Knigge 2100 E-Book

Horst Hanisch

0,0

Beschreibung

"Willkommen im Club" grüßt die eintreffende Freundin und gratuliert dem Geburtstagskind, das zu seinem 65sten Geburtstag einlädt. "In welchen Club denn?" "Nun, im Club der Ü65-Jährigen", lächelt die etwas ältere Freundin verschmitzt. "Ja, tatsächlich begehe ich heute meinen 65sten. Aber ich bin doch nicht alt!" entrüstet sich die Gastgeberin. "Natürlich nicht. Bekanntlich ist jeder so alt wie er sich fühlt. Aber offiziell bist du ab heute eine Seniorin." Das muss erst einmal verdaut werden. Auch wenn die meisten 65-Jährigen (immerhin etwa 17,5 Millionen im Jahr 2018) sich weit entfernt sehen vom hilfsbedürftigen und wirklich alten Menschen, beginnt für viele ein neuer Lebensabschnitt. Sehr gut kann sich der Autor an Szenen aus seiner frühesten Jugend erinnern. Erwachsene pflegten ihn gerne zu fragen "Was willst du mal werden?" Seine Antwort darauf war "100 Jahre." Nach ersten, kurzen, verblüfften Sekunden, pflegten die Erwachsenen dann herzhaft zu lachen. Die Vorstellung, 100 Jahre alt zu werden, entsprach damals sowieso nicht der Durchschnittserwartungen der Bevölkerung. In vielen Gesprächen und Austauschen, in einer Menge Interviews, die teilweise hier wiedergegeben sind, wurde versucht, die Gefühle und die Gedanken älterer Menschen einzufangen, zu verstehen, und hier zu fixieren. Sozusagen als Gegenpol dazu wurden unglaublich viele Gespräche mit jungen Erwachsenen geführt, um deren heutige Sicht besser zu verstehen. Und vor allem, um die beiden altersmäßigen Pole thematisch zu verknüpfen. Es ist für die älter Werdenden nicht zu leugnen, dass sich die Welt um sie herum so unsagbar schnell wandelt, sodass trotz aller körperlichen Fitness manches dem Zugriff zu entfernen droht. Hier sollen als Beispiel die unglaublich veränderten Kommunikationswege der Jüngeren stehen, wie auch die krakenhaft um sich greifende Digitalisierung allerseits. Wer hier nicht mehr mithalten kann, riskiert zum 'alten Eisen' zu gehören. Die optimale Teilnahme am gesellschaftlichen Leben scheint immer wieder Hindernisse überwinden zu müssen. Im vorliegenden Buch sind die Schwerpunkte: - Die jungen Alten und die alten Jungen - Vorstellungen und Realität - 'Verbissen im Alter' versus 'Von der Reife profitieren'

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 194

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

VORWORT

Ü65 –

ENDLICH ÜBER

65!

Alt und fit

HINLEITUNG ZUM THEMA

100 J

AHRE

... und kein bisschen weise?

KAPITEL 1 – BIN ICH ALT?

DIE JUNGEN ALTEN UND DIE ALTEN JUNGEN

D

ER UNSCHULDIGE

R

EIZ DER

J

UGEND

Jung waren wir alle mal

Zukunft

Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft

A

B WANN IST EIN

M

ENSCH ALT

?

„Ich bin doch nicht alt!“ – Willkommen im Club

Alt, sehr alt, greisenhaft?

Generationsbezeichnungen in der Ahnentafel

Alterspyramide

W

ERTSCHÄTZUNG

Akzeptanz des Alters

Positive Atmosphäre aufbauen

Positives Denken

Sachverhalte aus verschiedenen Perspektiven betrachten – Paradigmenwechsel

Herausforderungen statt Probleme

Nicht nur über Krankheiten sprechen

K

ARRIERE

, J

OB UND

E

HRENAMT

Im Job – Ältere Mitarbeiter sind sexy

Höhepunkt der Karriere

„Ich bin alt, aber nicht dumm!“

Ehrenamt

A

DRETT

,

ANSPRECHEND UND ANZIEHEND

Attraktives Auftreten – Das passende Outfit

Sexualität im Alter? Mutti hat ‘nen Neuen

D

IE

Z

EIT NUTZEN

Zeitempfinden

Reisen

Urlaub ohne Einschränkung

Führerschein abgeben

„H

E

A

LTER

!“

Diskriminierung im Alter

Ärger entgehen

KAPITEL 2 – JUNG UND ALT

VORSTELLUNGEN UND REALITÄT

I

NTERVIEWS MIT JUNGEN UND ALTEN

M

ENSCHEN

Die Jugend von heute – früher war alles anders

Was denken die Jungen?

Interviews Berufseinsteiger

G

ENERATIONEN

-T

AUSCH

Was denken die Alten?

Was sollten ältere Menschen tun?

M

IT ANDEREN REDEN

,

REDEN

,

REDEN

Empathie

Tipps zur Kommunikation

Was die Sprache beschreibt und verrät – Psyche und Körper

Die Jungen kommunizieren anders

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft

„D

ARF ICH HELFEN

?“

Hilfe anbieten; Rat aber nur, wenn gewünscht

Gegenseitige Unterstützung im Alter

KAPITEL 3 – VERBISSENHEIT ODER REIFE

‚VERBISSEN IM ALTER‘ VERSUS ‚VON DER REIFE PROFITIEREN‘

F

RUST ODER

L

UST

F

RUST

Angst im Alter

Einsamkeit – Einzelleben

Aktionen gegen Einsamkeit

L

UST

„Don’t worry, be happy“

Wie werde ich glücklich? – Der Flow Effekt

D

AS

L

EBEN MEISTERN

Utopie und Ziel

Acht kognitive Fallen

Vertrauen

Partnerschaften – Soziale und sexuelle Gesellschaft

M

ENTALER

U

MGANG MIT TECHNISCHEM

F

ORTSCHRITT

„Früher ging‘s auch ohne.“

Toleranz

Anglizismen

Digitales

VORBEREITET FÜR DAS ENDE DER REISE?

D

ER

W

INTER DES

A

LTERS

Vorsorge

Erbschaften, Schenkungen

I

M

A

LTERSRUHESITZ

: E

INSCHRÄNKUNG IM

R

AUM UND IN DER

B

EWEGUNG

Der letzte Umzug

Rechtzeitig entscheiden

Mehrgenerationenhaus

Im Altersruhesitz – Medizinische Hilfsmittel

Bespuckt und beleidigt?

Abschied von diesem Leben

STICHWORTVERZEICHNIS

U

MGANG MIT

M

ENSCHEN

Adolph Freiherr Knigge

Vorwort

Ü65 – endlich über 65!

Noch zwei Tage und das Morgen hat vor 24 Stunden begonnen.Heinz Erhardt, dt.-balt. Komiker (1909 - 1979)

Alt und fit

„Willkommen im Club“ grüßt die eintreffende Freundin und gratuliert dem Geburtstagskind, das zu seinem 65sten Geburtstag einlädt. „In welchen Club denn?“ „Nun, im Club der Ü65-Jährigen“, lächelt die etwas ältere Freundin verschmitzt. „Ja, tatsächlich begehe ich heute meinen 65sten. Aber ich bin doch nicht alt!“ entrüstet sich die Gastgeberin. „Natürlich nicht. Bekanntlich ist jeder so alt wie er sich fühlt. Aber offiziell bist du ab heute eine Seniorin.“ Das muss erst einmal verdaut werden.

Auch wenn die meisten 65-Jährigen (immerhin etwa 17,5 Millionen im Jahr 2018) sich weit entfernt sehen vom hilfsbedürftigen und wirklich alten Menschen, beginnt für viele ein neuer Lebensabschnitt. Im vorliegenden Ratgeber werden die Ü65 und Senioren angesprochen – auch wenn die Zielgruppe gegebenenfalls deckungsgleich ist.

Es ist für die älter Werdenden nicht zu leugnen, dass sich die Welt um sie herum so unsagbar schnell wandelt, sodass trotz aller körperlichen Fitness manches dem Zugriff zu entfernen droht. Hier sollen als Beispiel die unglaublich veränderten Kommunikationswege der Jüngeren stehen, wie auch die krakenhaft um sich greifende Digitalisierung allerseits.

Wer hier nicht mehr mithalten kann, riskiert zum ‚alten Eisen‘ zu gehören. Die optimale Teilnahme am gesellschaftlichen Leben scheint immer wieder Hindernisse überwinden zu müssen.

Im vorliegenden Buch sind die Schwerpunkte

Die jungen Alten und die alten Jungen

Vorstellungen und Realität

‚Verbissen im Alter‘ versus ‚Von der Reife profitieren‘ gesetzt.

Hinleitung zum Thema

100 Jahre ...

Bald bin ich zu alt. Nero starb mit 31!Sir Peter Ustinov, brit. Schauspieler, auf den kritischen Hinweis hin, er sei mit 29 Jahren zu jung für die Rolle des Nero (1921 - 2004)

... und kein bisschen weise?

Sehr gut kann ich mich an Szenen aus meiner frühesten Jugend erinnern. Erwachsene pflegten mich gerne zu fragen „Was willst du mal werden?“ Meine Antwort darauf war „100 Jahre.“ Nach ersten, kurzen, verblüfften Sekunden, pflegten die Erwachsenen dann herzhaft zu lachen. Die Vorstellung, 100 Jahre alt zu werden, entsprach damals sowieso nicht den Durchschnittserwartungen der Bevölkerung.

Im Alter von 13 Jahren war ich der felsenfesten Überzeugung: „Sobald ich 18 Jahre alt sein werde, dann bin ich erwachsen. Dann weiß ich alles.“ Heute, da ich die Hälfte zwischen 13 und 100 Jahren überschritten habe, weiß ich, dass ich mit 18 noch lange nicht erwachsen war.

Habe ich heute mit 18-, 19-jährigen Studierenden in meinen Lehraufträgen zu tun, darf ich manchmal innerlich schmunzeln, wie blauäugig mancher noch ins Leben schaut.

Treffe ich in beruflichen Belangen auf junge Leute, so Mitte, Ende 20, wundere ich mich manchmal, welche (berufliche) Belastung auf ihnen ruht.

Diese Menschen entscheiden oft über viel Geld, über viele Beschäftigte, über Strategien, Rückgang oder Fortschritte eines Unternehmens. Unglaublich. Unglaublich? Nein, die Mehrheit aller Deutschen gehört zu den älteren Menschen. Die Älteren waren aber auch mal jung. Erinnern Sie sich an ihre Verantwortung von damals? Hatten Sie nicht auch mal Pläne und Ziele, die teilweise Kopfschütteln auslösten?

Mitte 30 sind die meisten privat und beruflich gesettelt. In diesem Zusammenhang bedeutet das, dass sie sich häuslich eingerichtet haben. Viele kümmern sich um eigene Kinder, nach wenigen Jahren stehen schon die ersten Enkelkinder ins Haus.

Und dann? Dann wurden Oma und Opa geboren. Die Zeit der Rente steht bevor. Vor 100 Jahren waren die Menschen mit 65 schon alt. Und heute? Fühlt sich ein 65-Jähriger alt?

Und ehe der gerade in Pension gegangene sich versieht, steht der achtzigste Geburtstag ins Haus. 80! Wer hätte das gedacht? „Ich werde so alt wie eine Kuh, und lerne immer noch dazu.“ Ob eine Kuh 80 Jahre alt wird? Wichtig an diesem Satz ist eher, dass hier das berüchtigte lebenslange Lernen angesprochen wird.

Vor einigen Monaten schwärmte eine Mittachtzigerin, dass sie sich schon noch mal in einen jungen 70-Jährigen vergucken könnte. Tja, die jungen ‚knackigen‘ Alten.

Also, nur nicht die Hoffnung verlieren. Mit jedem Lebensjahr käme ein neues Wehwehchen dazu, verriet mir mal eine ältere Dame. Wie Recht sie hatte. Was aber nicht als Entschuldigung gelten darf, sich gehen zu lassen.

In einem meiner Gedächtnis-Trainings-Kurse für Seniorinnen und Senioren hatte ich das Glück, eine deutlich über 90-Jährige als Teilnehmerin mit in der Runde haben zu dürfen. Die Dame nahm in unregelmäßigen Abständen teil. Sie zeigte sich dabei immer recht aktiv.

Die Mitbewohner tuschelten und schüttelten den Kopf, als sie – näher den 100 als den 90, sich einen Neuwagen zulegte. Und diesen auch fuhr! Einen Monat vor ihrem 100sten Geburtstag gab sie auf. Hatte sie die Freude am Leben verloren? Kurz zuvor wurde ihr – aus Sicherheitsgründen – die Fahrerlaubnis entzogen.

Sicher bis ins höchste Alter. Wer wünscht sich das nicht? Wer das Glück hat, einigermaßen geistig und körperlich gesund, alt werden zu dürfen, hat demnach eine unglaubliche Menge an Wissen und Erfahrungen sammeln können.

Wissen lässt sich weitergeben. Erfahrung auch? Interessiert sich ein junger Mensch für das Wissen und die Erfahrungen des älteren Menschen? Interessieren sich ältere Menschen untereinander für das gegenseitige Wissen und profitieren von den vielen gesammelten Erkenntnissen eines einflussreichen Lebens? Leben wir wirklich intensiv miteinander? Findet – zumindest hin und wieder – ein tief greifender, kommunikativer Austausch statt? Werden die Chancen genutzt?

Und Sie? Wie stehen Sie dazu, liebe Leserinnen, liebe Leser? Bei allen Problemen, bei allen kleinen und großen Katastrophen, die Sie durchleben mussten, sehen Sie auch das Positive in Ihrem Dasein? Schaffen Sie es, sich über Kleinigkeiten zu freuen? Geben Sie Ihre Unterstützung, Ihre Ratschläge, an andere weiter? Ja, klar, nicht jeder freut sich über so genannte gut gemeinte Ratschläge. Haben Sie die geistige Kraft, sich und Ihrem sozialen Umfeld so viele lustige und angenehme Augenblicke wie möglich zu bereiten?

Das vorliegende Buch ist für Ältere und für älter werdende Menschen geschrieben. Auch Jugendliche werden älter. Auch diese ‚Zielgruppe‘ bekommt hier vielleicht den einen oder anderen Anstoß, sich älteren Menschen gegenüber anders zu verhalten.

Da es mir zwangsläufig nicht möglich ist, so zu denken, wie Menschen denken, die älter sind als ich, habe ich in vielen Gesprächen und Austauschen, in einer Menge Interviews, die teilweise hier wiedergegeben sind, versucht, die Gefühle und die Gedanken älterer Menschen einzufangen, zu verstehen, und hier zu fixieren.

Sozusagen als Gegenpol dazu führe und führte ich unglaublich viele Gespräche mit jungen Erwachsenen, um deren heutige Sicht besser zu verstehen. Und vor allem, um die beiden altersmäßigen Pole thematisch zu verknüpfen.

Sie, liebe Leserin, lieber Leser, tauchen Sie ein in die folgenden Kapitel. Auch wenn nicht alle Ausführungen hundertprozentig Ihren Vorstellungen entsprechen können, mögen Sie doch Hinweise finden, die in Ihnen hier oder dort einen Augenblick des Nachdenkens auslösen.

Und vielleicht tragen auch Sie in Zukunft noch mehr dazu bei, ein gesundes und wohlwollendes Miteinander zu erreichen.

Ich danke Ihnen, dass Sie sich die Zeit nehmen, dieses Buch zu lesen. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen auf den folgenden Seiten. Konstruktive Anregungen sind gerne willkommen.

Horst Hanisch

Kapitel 1 – Bin ich alt?

Die jungen Alten und die alten Jungen

Der unschuldige Reiz der Jugend

Wie man, auf einem Schiffe befindlich, sein Vorwärtskommen nur am Zurückweichen und demnach Kleinerwerden der Gegenstände auf dem Ufer bemerkt, so wird man sein Alt- und Älterwerden daran inne, dass Leute von immer höheren Jahren einem jung vorkommen.Arthur Schopenhauer, dt. Philosoph (1788 - 1860)

Jung waren wir alle mal

Hier hält ein 5-jähriges Kind die Hand gegen die eines Erwachsenen. Sehr schön ist zu sehen, dass der 5-Jährige noch eine deutliche biologische Entwicklung vor sich hat. Wie mag ein junges Kind über seine Zukunft denken?

Lauschen wir hier den Worten des 6-jährigen Tim aus Deutschlands Süden.

Interview Tim

Tim, 6 Jahre

Hanisch:Tim, wie alt bist du jetzt?

Tim:Sechs Jahre.

Hanisch:Fühlst du dich jung?

Tim:Na ja, das kann ich nicht sagen – mehr jung.

Hanisch:Sind deine Eltern alt oder jung?

Tim:Alt, na ja mittelalt.

Hanisch:Was willst du in Zukunft tun?

Tim:Wenn ich groß bin, will ich Erfinder werden. Zum Beispiel eine Putzmaschine aus Holz. Oder einen Schrank, in den ich reingehe, Geld reinstecke und ohne Autofahrt und inklusive Eintrittskarte bin ich in einem Park [Spielpark – Anm. d. Autors].

Hanisch:Hast du eine Lieblingsoma oder einen Lieblingsopa?

Tim:Eigentlich nicht. Ich habe zwei Omas und kann mich nicht entscheiden.

Hanisch:Was magst du bei deiner Oma beziehungsweise deinem Opa?

Tim:Ja, die eine Oma; die hat schöne Johannisbeeren. Und die andere Oma, weil der Opa fast immer Computer mit mir spielt.

Hanisch:Willst du mal so sein wie dein Opa?

Tim:Kann ich nicht entscheiden.

Hanisch:Tim, du sagst, du bist jetzt sechs Jahre alt. Würdest du gerne nochmals jünger sein als jetzt?

Tim:Na ja, manchmal schon.

Hanisch:Weshalb?

Tim:Weil man da viel Spaß hat, aber manchmal möchte ich auch älter sein als heute.

Hanisch:Was findest du schlimm bei alten Leuten?

Tim:Wenn sie dauernd schimpfen oder keine Zeit haben, weil sie anderes zu tun haben.

Hanisch:Danke, Tim.

Zukunft

Wie schön, die Gedanken eines 6-Jährigen zu lesen. Wie unbedarft einerseits, wie überraschend konkret andererseits. Drücken wir Tim die Daumen, dass seine Wünsche in Erfüllung gehen.

Wie neidisch drängt sich der Gedanke auf, dass ein Mensch eine lange Zukunft vor sich hat. Je älter wir werden, desto größer wird die Vergangenheit, dummerweise zu Lasten der Zukunft. Der älter werdende Mensch erkennt, dass die eigene Zukunft endlich ist. Das stimmt ihn manchmal traurig, lässt sich aber nun mal nicht stoppen. Hierzu einige Gedanken.

Die Sanduhr des Lebens

Genauso wenig wie die Frage nach der Zeit zu beantworten ist, ist eine vernünftige Antwort auf die Frage „Wie lange dauert die Gegenwart?“ möglich. Versuchen Sie es einmal. Keine Angst, denn keine Antwort ist falsch, bzw. alle (oder die meisten) sind richtig. Die Frage lautet nicht, was Gegenwart ist, sondern wie lange sie andauert.

Lassen Sie den Vergleich einer Sanduhr zu. Oben in der Sanduhrhälfte sind alle Sandkörnchen, die nach und nach in die untere Hälfte der Uhr rieseln. Jedes Sandkorn symbolisiert einen Augenblick des Lebens. Immer dann, wenn das Sandkorn durch die schmalste Stelle der Sanduhr rutscht, ist der Augenblick, in dem Sie den Augenblick leben.

Dieses Sandkorn lässt sich als IST bezeichnen. Demnach müssten alle unten im Glas liegenden Körner als WAR bezeichnet werden. Eine Menge Sandkörner sind ja noch im oberen Teil der Sanduhr.

Das sind alles Augenblicke, die Sie noch leben werden. Obwohl diese Körner zählbar sind, können Sie nicht wissen, wie viele es tatsächlich sind. Konzentrieren wir uns auf die IST-Körner. Es ist immer nur ein einziges, das sich als IST-Korn bezeichnen lässt.

Ein Korn nach dem anderen wird im Abstand eines Augenblicks zu einem IST-Korn. Dann fällt es nach unten und verwandelt sich in ein WAR-Korn.

Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft

Stellen Sie sich folgendes Bild vor: Betrachten Sie die IST-Körner. Jedes Mal, wenn ein Korn durch die engste Stelle rutscht, bezeichnen Sie es als IST-Korn.

In diesem Augenblick ‚leben’ Sie. Und nun stellen Sie sich vor, was Sie in diesem Augenblick gedacht haben. Haben Sie sich mit der Vergangenheit, mit der Gegenwart oder mit der Zukunft beschäftigt? Alle Sandkörner in der Sanduhr unten sind gedachte oder besser noch, gelebte Augenblicke. Sie wurden WAR-Körner. Jedes dort liegende Sandkorn ist ein ehemaliges IST-Korn. Und nun meine Frage: in dem Moment, in dem ein Korn ein IST-Korn war – haben Sie sich dann gedanklich in der Gegenwart oder in der Vergangenheit befunden? Schwierig zu beantworten. Alle unten liegenden WAR-Körner waren einmal IST-Körner. Haben Sie diese IST-Körner als Vergangenheit, als Gegenwart oder als Zukunft erlebt?

Vergangenheit

Ich spreche oder denke über historische Geschehnisse nach. Woher komme ich, meine Familie? Wie hat sich mein Lebenslauf entwickelt? Wie weit haben mich meine Eltern, mein soziales Umfeld, meine Ausbilder beeinflusst, um so zu sein, wie ich bin? „Früher war alles besser“. „Hätte ich damals …“

Gegenwart

Ich bin mir meines momentanen Seins voll bewusst. Ich weiß, was ich jetzt gerade tue, dass ich den Moment genieße und über alle Sinne das wahrnehme, was auf meinen Körper einfließt. Ich denke wenig daran, was morgen passieren könnte, sondern genieße bewusst den Augenblick. Was meinte der brit. Schriftsteller und Schauspieler Sir Peter Ustinov, (1921 – 2004) hierzu? „Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zurücksehnen.“

Zukunft

Ich plane gerne und überlege, wie meine Zukunft, privater wie beruflicher Art aussehen wird. Ich investiere viel in Lebensversicherungen und versuche, meine Zukunft finanziell abzusichern. Ich überlege, wie ich mit dem Erreichten meine Zukunft optimieren kann.

Gedanken an die Gegenwart

Liebe Leserin, lieber Leser, bitte teilen Sie das Feld der WAR-Körner in die drei Bereiche Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ein.

Ordnen Sie den eingeteilten drei Bereichen je eine Prozentzahl zu. Alle drei Prozentzahlen addiert müssen 100 ergeben.

WAR-Körner

Vergangenheit

%

Gegenwart

%

Zukunft

%

Die Vergangenheit beeinflusst die Gegenwart, diese die Zukunft. Sind alle Bereiche der WAR-Körner prozentual gleich groß genannt, ergibt sich das Bild:

Oder sieht es doch ganz anders aus? Die Gegenwart spielt weniger eine Rolle. Sie selbst wurden stark durch die Vergangenheit geprägt und konzentrieren sich auf Ihre Zukunft.

Oder gar so? Die Vergangenheit spielt nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist das, was morgen geschieht. (Geld-)Anlagen, Versicherungen, Renten usw. „Wenn ich mal in Rente bin, dann …“ Der Gedanke an die Zukunft dominiert. Aber – wann beginnt die Zukunft? Ja, ja, nach der Gegenwart, schon klar. Konnten Sie oben beantworten, wie lange die Gegenwart andauert? Können Sie demnach beantworten, wann die Zukunft beginnt? Leben Sie tatsächlich überwiegend für Morgen?

Könnten Sie dann noch behaupten „Ich lebe“ oder müssten Sie sagen „Ich werde leben?“.

Wie gefällt Ihnen die folgende Darstellung?

Klar, die Vergangenheit ist wichtig und demnach da, sonst könnten Sie nicht sein, wie Sie sind.

Die Zukunft ist natürlich auch wichtig. Gerade in unsrer Gesellschaft ist es nahezu unmöglich, ohne Blick auf die Zukunft zu leben. Aber leben Sie heute? Leben Sie heute! Jetzt ist der Augenblick. Jetzt heißt es, die ‚Zeit‘ zu genießen.

Dazu die österr. Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach, die von 1830 – 1916 lebte: „Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die vorüber, in der man kann.“

Schauen Sie, wie unaufhörlich der Sand weiterrieselt. Das ist Ihr Leben, vergessen Sie das nicht. Noch etwas Philosophie zu diesem Thema. Nach dem deutschen Philosophen und Mathematiker Edmund Husserl (1859 – 1938) bezeichnet „das Gegenwartsbewusstsein das aktuelle Jetzt einer Empfindung. Es ist ein Ort aller Deutlichmachung bzw. Vergegenwärtigung vergangener und zukünftiger Erlebnisse.“

Nach Husserl ist die Gegenwart nicht etwa ein klitzekleiner Moment, also nicht punktuell anzusehen, sondern ist eher eine Ausdehnung. In dieser Ausdehnung ist

das eben Gewesene noch gegenwärtig (Retention) und

das gleich Geschehende (geschehen Werdende) wird erwartet (Protention)

Es entsteht somit eine Retentionskette, die Vergangenes auffinden lässt.

Orientierung an Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft

Der britische Atomphysiker Stephen Hawking (1942 – 2018) wird mit folgender Überlegung zitiert: „Wir können sehen wie eine Tasse vom Tisch fällt und in Scherben geht, aber wir werden niemals sehen, wie sich eine Tasse zusammenfügt und auf den Tisch zurückspringt. Diese Zunahme der Unordnung oder Entropie unterscheidet die Vergangenheit von der Zukunft und verleiht der Zeit auf diese Weise eine Richtung.“

Also schon mal klar, dass zuerst die Vergangenheit auftritt, später die Zukunft, und dazwischen die Gegenwart klemmt. Obwohl mancher Science-Fiction-Schreiber gerne mal die Vergangenheit in die Gegenwart zurück (oder vor?) bringen will, scheint uns klar zu sein, dass das Vergangene vergangen ist. Allerdings bleibt vergangen Erlebtes in unseren Gedanken, in unserem Gedächtnis hängen. Das Erfahrene und das Erlebte steuern die Zukunft.

Ab wann ist ein Mensch alt?

Ans Altsein gewöhnt man sich rasch, viel langsamer ans Nicht-mehr-jung-Sein.Hans Krailsheimer, dt. Aphoristiker (1888 - 1958)

„Ich bin doch nicht alt!“ – Willkommen im Club

Erinnern wir uns an das Geburtstagskind vom Anfang des Buches. Die 65-Jährige reagiert empört, als sie im Club der über 65-Jährigen, „der Ü65“, begrüßt wird. Sie fühlt sich nicht alt. Im Gegenteil: Sie sieht sich mitten im Leben, bezeichnet sich als relativ fit und ist mental noch ‚voll bei der Sache‘. Alles gut. Sollen wir deshalb sagen, sie ist jung? Das scheint ein Dilemma zu sein. Oder?

Generation Erfahrung

Wie wird eine Gruppe Menschen genannt, die ein ‚gewisses‘ Alter überschritten haben? Als die Weiß-Kopf-Generation? Menschen im Herbst ihres Lebens? Generation Erfahrung, Aktive Alte, Silver Surfer, Silver Agers, Best Agers, Generation Gold?

Dem Autor dieses Buches gefällt die Bezeichnung ‚Generation Erfahrung‘ sehr gut, da hier in der Bezeichnung keine direkte negative Wertung erkennbar ist, latent eher durch das Wort Erfahrung ein positives Gefühl erzeugt wird. Und zweifellos haben ältere Menschen mehr Erfahrung als jüngere. Aber ab wann gilt ein Mensch als alt? Manch 50-Jähriger steht morgens auf, schaut in den Spiegel und erkennt „Ich bin alt“. Manch 60-Jähriger sieht morgens sein Spiegelbild und meint „Na, so alt sehe ich doch gar nicht aus“.

Klar, das Gefühl alt zu sein, ist subjektiv. Trotz allem versucht die Gesellschaft, Alter in Jahren zu messen.

Dazu hat der Autor im Jahre 2013 mehrere Umfragen durchgeführt. Insgesamt waren es etwa 250 verwertbare Ergebnisse. Unabhängig davon wird in den später abgedruckten Interviews genau diese Frage nochmal gestellt. Hier das Ergebnis der Umfragen.

Die Frage lautete: Ab wann gilt jemand als alt?

Männer antworteten wie folgt:

Lesebeispiel: Einige mehr als 44 Prozent der 40 bis 49-jährigen Männer meinten, dass ein Mensch ab 75 Jahre alt ist. Bei den jüngeren Befragten sah es ganz anders aus. Die 18 bis 19-Jährigen und die 20 bis 29-Jährigen meinten mit über 43 und über 46 Prozent, dass der Mensch im Alter von 65 Jahren als alt gilt. Bei den befragten 20 bis 29-jährigen Frauen lag der Schwerpunkt bei 70 Jahren. Frauen antworteten wie folgt:

In beiden Gruppen antwortete mehr als die Hälfte (Männer 58 Prozent, Frauen 55 Prozent): „kann ich nicht sagen“.

Hier werden die Ergebnisse insgesamt dargestellt, unabhängig des befragten Alters.

Alt, sehr alt, greisenhaft?

Wie lange ist ein Mensch jung? Ab wann ist ein Mensch alt? Schwierig, eine Grenze zu ziehen. „Man ist so jung, wie man sich fühlt.“ Einverstanden, aber nicht hilfreich beim Versuch der Klassifizierung.

„Für Erwin Binner ist heute ein ganz besonderer Tag: Er hat Geburtstag. Aber es ist nicht irgendein Geburtstag, sondern sein 107. Damit ist er der älteste Mann in Hessen. Nur noch zwei Frauen sind in Hessen älter – und feiern in diesem Jahr ihren 109. Geburtstag.“ (hr-online.de, 16. Januar 2006)

Die Lebenserwartung im Mittelalter lag bei 40 bis 50 Jahren. Bei den Römern durchschnittlich bei etwa 35 Jahren.

In Deutschland liegt die Lebenserwartung bei den im Jahre 2017 geborenen Kindern bei etwa 78,4 Jahren (Jungen) und bei etwa 83,2 Jahren (Mädchen). Im Vergleich 1871: 35,5 Jahre (Jungen), 38,5 Jahre (Mädchen); 1932: 58 Jahre (Jungen), 62 Jahre (Mädchen). (Quelle: Statistisches Bundesamt).

Verglichen dazu werden heute die Japaner durchschnittlich 81 Jahre und die Menschen in Malawi nur 36 Jahre alt. Werfen wir hier einmal unseren Blick auf Geburten in Indien. Dort werden im Jahr etwa 28 Millionen Babys geboren. 300.000 Kinder sterben am Tag ihrer Geburt! Das Durchschnittsalter in Indien beträgt 65 Jahre (Stand 2013).

Der bisher älteste Mensch, war die Französin Jeanne Calment (1875 – 1997), die im Alter von 122 Jahren und 164 Tagen starb. Nun ist es lange kein Geheimnis mehr: Menschen werden älter und älter.

2013 in Deutschland 26 % sind über 60 Jahre

2030 in Deutschland 36 % sind über 60 Jahre

Oft wird über den steigenden Bedarf an Pflegeeinrichtungen gesprochen. Oder über die Bewältigung des Renten-Dilemmas.

Nicht jeder ältere Mensch wird automatisch geistig oder körperlich hinfällig.

Viele entwickeln in höherem Alter ungeahnte Energien. Manche blühen richtig auf, nachdem sie das mitunter stressige Berufsleben hinter sich gelassen haben. Im Jahre 2015 waren weltweit 901 Millionen Menschen über 60 Jahre alt. Im Jahr 2030 wird es mehr Menschen über 60 geben als Kinder unter 10 Jahren.

Die fitten Alten

So schreibt das Handelsblatt: „Heute 50-Jährige handeln und wirken wie frühere 40-Jährige. Heute 70-Jährige haben eine durchschnittliche Fitness wie ein 60-Jähriger in der 50er Jahren.“ (Quelle: Handelsblatt April 2013, Matthias Horx).

Und der Spiegel (28/2013) berichtet unter folgendem Titel: „Goldmedaille – die fitten Alten“, dass

20 % der alten Deutschen mehrmals wöchentlich Sport betreiben,

über 4 Millionen über 60-Jährige in Sportvereinen aktiv sind,