Unterwegs in Deutschland - Vera Hewener - E-Book

Unterwegs in Deutschland E-Book

Vera Hewener

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Beschreibung

Quer durch Deutschland reisen, in die Metropole der Landeshaupt-stadt Berlin, einen neuen Blick werfen auf Städte, Dörfer und Land-schaften, von der Spree an die Nordsee, vom Rhein-Main-Gebiet an die Mosel bis zur unteren Saar. Die Reisegedichte, Geschichten und Notizen aus dem Werk von Vera Hewener reichen von 1983 bis in die Gegenwart. Lesende erwartet bei den Streifzügen eine geballte Bildsprache (SZ Ostern 1998). Vera Hewener, Dipl.- Sozialarbeiterin, Jahrgang 1955, mehrfach ausgezeichnet, u.a. Superpremio Cultura Lombarda (I) 2001, 1. Preis Deutsche Sprache und Trophäe Novalis (F) 2004, Grand Prix Européen de Poésie (F) 2005, Goethe Trophäe 2007, zuletzt Wilhelm Busch Preis (F) 2017.

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Quer durch Deutschland reisen, in die Metropole der Landeshauptstadt Berlin, einen neuen Blick werfen auf Städte, Dörfer und Landschaften, von der Spree an die Nordsee, vom Rhein-Main-Gebiet an die Mosel bis zur unteren Saar. Die Reisegedichte, Geschichten und Notizen aus dem Werk von Vera Hewener reichen von 1983 bis in die Gegenwart. Lesende erwartet bei den Streifzügen durch Deutschland "beeindruckende, leichtfüßige und dennoch hintergründige Gedichte" (Louie 9/2022).

Vera Hewener, Dipl.- Sozialarbeiterin, Jahrgang 1955, mehrfach ausgezeichnet, u.a. Superpremio Cultura Lombarda (I) 2001, 1. Preis Deutsche Sprache und Trophäe Novalis (F) 2004, Grand Prix Européen de Poésie (F) 2005, Goethe Trophäe 2007, zuletzt Wilhelm Busch Preis (F) 2017.

„Gedichte, die mit geballter Bildsprache arbeiten.“ SZ Ostern 1998. „Heweners Sprache ist Rhythmus und Malerei.“ SZ 07.05.02. „Die Sprache selbst ist überaus bildhaft mit einem sicheren Gespür für lyrisches Gestaltungsvermögen, leicht und dabei doch reich an einer Metaphorik, die nicht verklausuliert, sondern die es ermöglicht, hinter die Sprachbilder zu schauen. Sie lässt die Erkenntnis des Lesers zu, ohne zu beschweren oder zu bagatellisieren.“ www.input-aktuell.de abger. 17.08.10. „Jedes Wort schillert und ruft ein Bild hervor." SZ, 07.11.11. "Tiefsinnig und doch abwechslungsreich sind diese Texte vom Nordseestrand." SZ, 01.04.06. "In Heweners Gedichten überlagern sich die Zeiten und Epochen. Die Vergangenheit ist in ihren Zeilen ebenso nah wie die Gegenwart. Die Gedichte sind im wahren Sinne des Wortes farbenfroh. Vera Hewener versteht das Handwerk des Dichtens." SZ 29.07.09. „Offensichtlich steckt auch ein Schalk in Hewener.“ SZ, 07.12.17. "Beeindruckende, leichtfüßige und dennoch hintergründige Gedichte, die da durch das Wasser rauschen oder auf der Gischt tanzen." Louie Nachrichtenblatt für Saarlouis Ausgabe 9/2022. „Eine neuartige Wirklichkeitsnähe entsteht durch eine überreiche Metaphorik... besonders bei den Streifzügen durch Städte und Ortschaften.“ Wochenspiegel Buchtipp 16.03.23.

INHALTSVERZEICHNIS

heimat du

An der Spree

Berliner Metamorphosen oder die Suche nach deutschen Standbildern

Prenzlauer Berg

Karl-Liebknecht-Straße

Berlin Alexanderplatz

Berlin Lustgarten

Im Intercity-Express

Berliner Notizen

Dresdner Stollen

Nordsee

Die Flut

Nordseesplitter

Scholle und Flunder

Wattwandern in Sankt Peter Böhl

Fischerleben

Im Norden

Sonnenuntergang am Meer

Buddelfische

Quallengang

Rhein-Main-Gebiet

Frankfurter Opernplatz am 27. August 1997

Hanauer Mittagsmärchen

Steinheimer Märchenflug

Verwunschen

Verblendung

Ziegelscherben

Wintergrimm

Klirr, Glöckchen klirr

Orakel

Verwinterung

Wintermystik

Herbstwanderung

Flug der Kraniche

Spätlese

An der Pegnitz

Nürnberger Lebkuchen

Mittelmosel

Kueser Plateau

Weihnachtsmarkt

Burg Landshut

Annakapelle

Winter in Bernkastel-Kues

Adventsmarkt

Vulkaneifel

Nordpfälzer Bergland

Blitzaufnahme

Naturpark Pfälzer Vogesen

Silberwald

Saarpfalz

Einfahrt

Obermosel

Renaissancegarten Schloss Berg

Römische Gärten der Villa Borg

Moselgestade

Moselpromenade

Schwanengesang

Ein Eisvogel saß im Gebüsch

Schengen

Waistrooss

Schattenspielzeit

Bostalsee

Laufzeit

Nachmittag

Im Röhricht

Untere Saar

Rosengarten

Rosenblüte

Rosenhymne

Sommerrosen

Im Farbgewirr

Lichtgarten

Die Welle

Fürsorglich

Nachkriegsmusik

März im Beruser Forst

Im Niedtal

Lichterfest

Zeitspiegel

Òm Ellbach

Am Ellbach

Dahämm

Daheim

In da Bòònt in Wellingen

In der Straße in Saarwellingen

Greesendach

Greesentag

Herbststurm

Werkverzeichnis

1984

heimat du

in deinen armen lass mich ausruhn

das heimliche flüstern deines kaminfeuers

wärmt wieder ich hänge meine kleider

an den haken bürgerlicher wegwerfnormen

nur schutzlose nacktheit ist mein gewand

denn du bist die nähe der erde

und mutter du der freundschaft

in deinen straßen knistern die

schweigenden laute unendlicher sehnsucht

sehnsucht nach frieden und vereinigung

denn du heimat bist überall

deine unausgesprochenen worte sind

weises streicheln ihr sanftmut

wird zertrampelt von den stiefeln der kreuzritter

dein aufgerissenes land trägt tiefe spalten

fahnen wehen über furchen und fußspuren

stacheldraht ist deine haut geruch der verwesung

zerschneidet dich faul oh heimat

land du der trennung und des todes

das heiße wachs trost schmerzt schwer die suche

nach dem winkel geborgenheit ist zweiwegig

AN DER SPREE

Berliner Metamorphosen oder die Suche nach deutschen Standbildern

02.10.1993

Samstag, zweiter Oktober neunzehnhundertdreiundneunzig. Ein Nachmittag vor dem dritten Vereinigungstag. Ich stehe mitten in Berlin. Zum ersten Mal! Um Menschen aufzuspüren, die über vierzig Jahre eingekesselt lebten, um Mensch zu hören, für die Westberlin wie eine Oase wirken musste, jene anderen Deutschen, für die die Nachkriegszeit anders begonnen hat.

„Ik war erst dreimale hier. Verloofe mich jedetmal am Kudamm. Es iss viel zu teua, wa? In de Nebenstraßen kannste war koofen, in de kleenen Jeschäfte oder in’n Kaufhäusern.“

Die Ostberlinerin wirkt zufrieden. Keine sehnsüchtigen Blicke auf die prunkvollen Auslagen. Haute Couture oder Schmuckstücke? Achthundert Mark der Rock von Joop, das Kostüm eintausendvierhundert. oder eine Rolex gefällig? Na ja, wer kann sich das bei uns schon leisten? Auch Westdeutsche müssen rechnen.

Vorm Europacenter steigt der Lärm merklich an. Eine bunt gemischte Menschenmenge verteilt sich auf die Ruhebänke, die Bäume einzäunen und um die Kaffeetische der Straßenlokale und Restaurants. Ich setze mich, die Füße noch nicht wund gelaufen, brennen tun sie aber. Um meine Ohren Serbokratisches. Jetzt erkenne ich sie, Hütchenspieler. Eine Horde junger, kräftiger Männer streunt zwischen den Bauminseln vor meinem Areal. Sie suchen Opfer. Aggressive Körpergebärden wecken meinen Adrenalinfluss. Ich bin nicht allein auf meinem Bankkreisel. Offensichtlich wollen sie nichts von mir und meinen ruhebedürftigen Sitznachbarn. Ein kleines weißes Briefchen wechselt den Besitzer. Der Junkie sieht abgemagert aus. Illegale Geschäfte blühen. Links, unweit vor meinem Ruhebaum, ein weiterer Junkie, bietet nagelneue Lederstiefel an. Diebesgut? Wo bin ich hier? Ich fasse um meine Handtasche. Was hat dies alles bitteschön mit meinen Vereinigungsgedanken zu tun?

Großstädte bergen ein hohes Potential an Kriminalität. Das weiß man doch! Weshalb sollte gerade Berlin da eine Ausnahme sein? Ich tröste mich, ertappe mich dennoch bei Sauberkeitswünschen, infantilen Vorstel-lungen von der sogenannten guten deutschen Zeit. Soll sie wieder anbrechen oder andere Zeiten ausbrechen? – Entscheiden kann ich mich nicht, nein, ich wünschte mir nur, ein gutes Gefühl haben zu können bei dem Gedanken, in der alten und neuen deutschen Hauptstadt zu sein. Meine Verdrängungsstrategien deutscher Ge-schichte funktionieren jedoch nicht. Aber wüsste ich nicht, das ist Berlin, nichts würde mich wundern. All jene Not gedrungene Existenzen fielen mir gar nicht auf. Diese offene Verelendung gehört ins Bild einer Großstadt. Das ist der Preis, den die Westdeutschen schon lange zahlen. Nur, dass dies keiner mehr wahrnimmt.

„Es jeht uns bessa“, sagt die Ostberlinerin, „sicha, einfach iss et ebend nich. Aber wir ham jetzt allet. Wenn meene Bekannten klagen, frag ik se, wollt a denn wieder zurück? Niemand will det, wa! – Aba det schreibt ja keena.“