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USA Today Bestseller! Ein amüsanter Romantik-Thriller!
Tina St. Claire war endlich mit ihrem Leben zufrieden, bis ihre ältere Schwester Riley plötzlich verschwindet. Tina hat den Verdacht, dass Rileys Vorgesetzter etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hat, doch ihre Entschlossenheit, Riley zu finden, bringt die Gefahr in ihr eigenes Zuhause und die überraschende Ankunft eines unheimlichen Fremden ist eher furchteinflößend als hilfreich. Doch dann überreicht er Oma Pearl und ihr ein Paket, das, wie er behauptet, von Riley stammt.
Prinz Viper d’Rojah, ein Krieger der sarafinischen Katzenwandler-Spezies, ist alles andere als glücklich, als er von seinem älteren Bruder Vox, dem sarafinischen König, auf eine ganz besondere Mission geschickt wird. Er hat schon ganz andere Aufträge im Schlaf erledigt und will schnellstmöglich wieder zurück, um die Verräter zu finden, die immer wieder versuchen, seine Familie und ihn zu töten!
Schon bald geraten die Ereignisse außer Kontrolle und Viper kann nicht mehr tun, als dafür zu sorgen, dass Tina und ihre bewaffnete Großmutter am Leben bleiben. Die Frage ist nur, wie er es schaffen soll, zu überleben, wenn die Frauen herausfinden, dass er vorhat, sie zu entführen?
Die weltberühmte Autorin S.E. Smith präsentiert ein neues aufregendes Buch voller Leidenschaft und Abenteuer. Durch ihren einzigartigen Humor, die lebhaften Landschaften und die beliebten Charaktere wird dieses Buch garantiert ein weiterer Fan-Favorit!
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Seitenzahl: 324
Ich danke meinem Mann Steve dafür, dass er an mich geglaubt hat und so stolz auf mich war, dass ich den Mut hatte, meinem Traum zu folgen. Ein besonderer Dank gilt außerdem meiner Schwester und besten Freundin Linda, die mich nicht nur zum Schreiben ermutigt, sondern auch das Manuskript gelesen hat; und auch meinen anderen Freundinnen, die an mich glauben: Maria, Jennifer, Jasmin, Rebecca, Julie, Jackie, Lisa, Sally, Elizabeth (Beth), Laurelle, und Narelle. Diese Mädels geben mir Kraft!
Und ein ganz besonderes Dankeschön an Paul Heitsch, David Brenin, Samantha Cook, Suzanne Elise Freeman, Laura Sophie, Vincent Fallow, Amandine Vincent, und PJ Ochlan – die wunderbaren Stimmen meiner Hörbücher!
—S.E. Smith
Vipers Kühne Gefährtin : Die Krieger von Sarafin Buch 2
Copyright © 2021 bei Susan E. Smith
Erstveröffentlichung des E-Books auf EnglischMai 2015
Erstveröffentlichung des E-Books auf DeutschJanuar 2021
Umschlaggestaltung von: Melody Simmons und Montana Publishing
ALLE RECHTE VORBEHALTEN: Kein Teil dieses Buches darf ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Autorin auf irgendeine Art und Weise vervielfältigt werden, dazu zählen auch vollständige oder teilweise elektronische oder fotografische Vervielfältigungen.
Alle Charaktere und Ereignisse in diesem Buch rein fiktiv. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen oder tatsächlichen Ereignissen oder Organisationen sind rein zufällig und von der Autorin nicht beabsichtigt.
Zusammenfassung: Viper findet schnell heraus, dass sich seine Mission in die wichtigste seines Lebens verwandelt, als seinem Kater und ihm klar wird, dass Tina ihre wahre Gefährtin ist. Nun muss er dafür sorgen, dass Tina und ihre bewaffnete Großmutter am Leben bleiben. Die Frage ist, wer rettet ihn, wenn die beiden Frauen herausfinden, dass er sie entführen will?
ISBN: 978-1-952021-76-3 (Taschenbuch)
ISBN: 978-1-952021-75-6 (eBook)
Science Fiction Romance – Aliens | Romantic Comedy | Action Adventure Romance
Veröffentlicht von Montana Publishing, LLC
und SE Smith von Florida Inc. www.sesmithfl.com
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Epilog
Weitere Bücher und Informationen
Über die Autorin
USA Today Bestseller! Ein amüsanter Romantik-Thriller!
Tina St. Claire war endlich mit ihrem Leben zufrieden, bis ihre ältere Schwester Riley plötzlich verschwindet. Tina hat den Verdacht, dass Rileys Vorgesetzter etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hat, doch ihre Entschlossenheit, Riley zu finden, bringt die Gefahr in ihr eigenes Zuhause und die überraschende Ankunft eines unheimlichen Fremden ist eher furchteinflößend als hilfreich. Doch dann überreicht er Oma Pearl und ihr ein Paket, das, wie er behauptet, von Riley stammt.
Prinz Viper d’Rojah, ein Krieger der sarafinischen Katzenwandler-Spezies, ist alles andere als glücklich, als er von seinem älteren Bruder Vox, dem sarafinischen König, auf eine ganz besondere Mission geschickt wird. Er hat schon ganz andere Aufträge im Schlaf erledigt und will schnellstmöglich wieder zurück, um die Verräter zu finden, die immer wieder versuchen, seine Familie und ihn zu töten!
Schon bald geraten die Ereignisse außer Kontrolle und Viper kann nicht mehr tun, als dafür zu sorgen, dass Tina und ihre bewaffnete Großmutter am Leben bleiben. Die Frage ist nur, wie er es schaffen soll, zu überleben, wenn die Frauen herausfinden, dass er vorhat, sie zu entführen?
Die weltberühmte Autorin S.E. Smith präsentiert ein neues aufregendes Buch voller Leidenschaft und Abenteuer. Durch ihren einzigartigen Humor, die lebhaften Landschaften und die beliebten Charaktere wird dieses Buch garantiert ein weiterer Fan-Favorit!
1. Benutze deinen Verstand – dafür hast du ihn.
2. Sicherheit ist wichtig, sonst könnte es tödlich enden.
3. Wenn du ausdrucksstarke Augen hast, solltest du sie bedecken, wenn du bluffen willst.
4. Wenn du jemandem einen Strick gibst, der lang genug ist, verfängt er sich bestimmt darin und erhängt sich.
5. Trage immer eine Rolle Münzen bei dir. So hast du Geld für die Waschmaschine und kannst gleichzeitig die bösen Jungs fertig machen.
6. Es gibt Regeln und es gibt Regeln. Du kannst dir aussuchen, an welche du dich halten willst.
7. Bau keinen Mist, außer du willst es richtig machen.
8. Fehler sind gut, lerne daraus und mach weiter.
9. Sei stets wachsam.
10. Frage dich selbst „Bin ich bereit dafür?“ Wenn die Antwort ja ist, dann los. Wenn die Antwort nein ist, dann lauf wie der Wind.
11. Wenn du jemanden schlagen willst, achte darauf, dass er gleich auf dem Boden liegen bleibt. Vielleicht bekommst du keine zweite Chance.
12. Vertraue nie einem Mann, vor allem keinem, der gut aussieht und von Anfang an mit Komplimenten um sich wirft. Das Gleiche gilt für eine Frau, sie will nur irgendwas.
13. Ein gutes Buch und neue Batterien können den Tag angenehmer machen.
14. Dein Wort ist deine Ehre, pass auf, was du versprichst.
15. Mit Humor lassen sich alle Probleme lösen; stell sie dir bildlich vor.
16. Die einzige Meinung, um die du dir Gedanken machen musst, ist deine eigene, denn du musst damit leben.
17. Sei die beste Version von dir selbst.
18. Dein Ziel ist es, jeden Tag zu einem guten Tag zu machen.
19. Worte können genauso stark sein wie eine Faust; sei vorsichtig, wie du sie benutzt.
20. Wenn das Leben deiner Familie/Freunde auf dem Spiel steht, ignoriere alle Regeln, bis auf Regel Nummer 1.
Eiserne und unzerstörbare Regel: Familie und Freunde stehen immer an erster Stelle. Sei loyal, aufrichtig und liebe sie, als ob es kein Morgen gäbe.
Seufzend wischte Pearl die Bierspritzer von dem Bild an der Wand. Ein trauriges Lächeln erschien auf ihren Lippen, als sie die Worte betrachtete, die darauf gedruckt waren. Sie war nicht perfekt, niemand war perfekt. Und genau das versuchte sie, ihrer Enkeltochter zu zeigen. Es war in Ordnung, nicht perfekt zu sein. Es ging darum, dass man sich bemühte, die bestmögliche Version seiner selbst zu sein.
Zuerst war die Liste nur ein Witz gewesen und gemeinsam mit den Mädchen hatte sie immer neue Regeln hinzugefügt. Im Laufe der Jahre hatte sie sich etwas verändert, vor allem die Reihenfolge, doch die eiserne Regel war stets gleich geblieben. Wenn Riley sich daran hielt, würde ihr nichts passieren, wo auch immer sie war.
Pearl rieb sich mit ihrer linken Hand über die Brust, die bei dem Gedanken an ihre Enkeltöchter zu schmerzen begann. Sie waren ihr Leben und sie würde alles tun, was sie konnte, um sie zu beschützen. Leider war ihr das nicht so gut gelungen, wie sie gehofft hatte. Riley wurde vermisst und Tina … Nun, Tina hatte ihr Herz so fest verschlossen, dass Pearl nicht wusste, was sie tun sollte. Sie wandte sich von der Liste über der Bar ab und betrachtete das Chaos auf der anderen Seite des langen Tresens. Es war eine wilde Nacht gewesen und sie war froh, dass Tina nicht dagewesen war.
„Also gut, Jungs“, rief Pearl, griff nach dem Besen und nickte dem Türsteher zu, der über ihnen stand. Sie ließ ihren Blick über die kleine Gruppe Männer schweifen, die fix und fertig und in einem blutigen Durcheinander auf dem Boden lagen. „Es ist Zeit aufzuräumen und zwar auf die The White Pearl-Art. Also holt eure Brieftaschen raus, wenn ihr wisst, was gut für euch ist. Ihr müsst ein paar Möbelstücke ersetzen.“
Righteous, New Mexico
„Du schaffst das, Mädchen“, murmelte Tina St. Claire sich selbst zu, während sie sich in dem Zimmer umblickte, um sicherzugehen, dass sie auch wirklich nichts vergessen hatte, bevor sie die Tür öffnete. „Bleib einfach cool, ruhig und gefasst. Pearl sagt immer, solange man nicht schwitzt, weiß niemand, dass man blufft oder die Hosen voll hat.“
Sie blieb in der Tür des alten, aber sauberen Motelzimmers das sie für letzte Nacht gemietet hatte, stehen und blickte auf den Parkplatz. Dann rückte sie ihre Sonnenbrille zurecht und trat in das Licht der frühen Morgensonne in Righteous, New Mexico hinaus. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, warf sie sich ihren Rucksack, in dem sich zwei Outfits zum Wechseln, Kosmetikartikel und die Unterlagen mit ihren Nachforschungen befanden, über die rechte Schulter, bevor sie den Riemen der Kuriertasche, die sie als Handtasche verwendete, über ihren Kopf zog und sie vor ihrem Körper festzurrte.
Sie hob die Krempe ihres Huts, um einen kurzen Blick in den wolkenlosen blauen Himmel zu werfen. Als sie nach oben blickte, überkam sie ein leichter Anflug von Trauer. Die Farbe erinnerte sie an ihre Schwester. Rileys Augen. Sie schluckte die Trauer herunter und fuhr mit ihren Fingern über die Krempe des dunkelbraunen Hutes, bevor sie ihre Hand wieder sinken ließ.
Tina ignorierte die surrende trockene Hitze, die sie umgab. Es war heiß, aber nicht so heiß, wie sie erwartet hatte; es war nur etwas staubiger als sie es gewohnt war. Ein Schauder der Ungewissheit drohte, sie zu ersticken, als sie den Bürgersteig betrat und sich auf den Weg zu der kleinen Kautionsagentur an einer Straßenecke, drei Blocks von dem Motel entfernt, machte. Zum Glück war sie nicht weit von der Greyhound Busstation entfernt, die nur zwei Blocks weiter war. Sie würde herausfinden, ob die Informationen, die sie gefunden hatte, wirklich stimmten, und dann wieder verschwinden. Der Bus ging in weniger als zwei Stunden. Das sollte genug Zeit sein, um herauszufinden, ob sie mit ihrem Verdacht richtig lag. Sie glaubte nämlich, dass Rileys ehemaliger Vorgesetzter nicht nur ein verlogener Idiot war, sondern auch ein Krimineller.
Ein Gefühl von Schuld stieg in ihr auf, als sie daran dachte, was sie hinter dem Rücken ihrer Großmutter getan hatte. Sie wusste, dass Pearl sich ebenso große Sorgen um Riley machte wie sie selbst, sie hatte nur eine andere Art, das zu zeigen. Tief in ihrem Inneren wusste Tina, dass es besser gewesen wäre, ihrer Großmutter zu erzählen, wohin sie ging. Das Problem war, dass Pearl dazu neigte, immer gleich zu schießen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, wenn sie ihre Waffe bei sich hatte, und erst hinterher Fragen zu stellen.
Während Pearl versucht hatte, die Polizei in San Diego dazu zu bekommen, ihren Hintern zu bewegen und etwas zu unternehmen, hatte Tina auf eigene Faust Nachforschungen angestellt. Als sie einige höchst fragwürdigen Buchhaltungsgepflogenheiten, auch bekannt als Geldwäsche, auf den Konten von Rileys früherem Chef gefunden hatte, war bei Tina der Verdacht aufgekommen, dass ihre Schwester vielleicht auf etwas gestoßen war, als sie den Job dort angenommen hatte.
Die meisten Leute unterschätzten ihre Schwester und hielten sie für eine dumme Blondine. Und Riley war gut darin, die Leute in diesem Irrglauben zu lassen. Wenn es eine Sache gab, die die St. Claire Frauen gelernt hatten, dann war es, sich einen Scheißdreck darum zu kümmern, was andere Leute von ihnen dachten.
Als sie noch kleiner gewesen waren, hatten ein paar Mädchen an der High School Riley und sie als „Zigeuner-Abschaum“ bezeichnet. Tina hatte das amüsant gefunden, da sie noch nie in einem Wohnwagen gelebt hatten. Auch wenn ihre Mutter sie verlassen hatte und sie bei ihrer Großmutter aufgewachsen waren, hatte Pearl immer darauf geachtet, dass sie ein schönes, sauberes Zuhause und eine gute Ausbildung hatten. Und auch wenn manche Orte nicht die besten oder sichersten Unterkünfte gewesen waren, waren sie immer tadellos gewesen.
Riley hingegen war in einige Auseinandersetzungen verwickelt gewesen, bis die Schule damit gedroht hatte, sie Pearl wegzunehmen, wenn sie nicht aufhörte. Pearl hatte ihnen gezeigt, wie man seinen Verstand und seinen Mund benutzte, um mit Mobbing umzugehen. Riley war darin immer besser gewesen als sie, vor allem, da Tina einen skurrilen Sinn für Humor hatte und es genoss, anderen dabei zuzusehen, wie sie ins Fettnäpfchen traten.
Außerdem, dachte sie, während sie langsam den Gehsteig entlang ging, habe ich nicht diesen Hang zur Gewalt, so wie Riley und Pearl.
Dann konzentrierte sich Tina wieder auf Douglas Knockletter und das, was sie herausgefunden hatte, als sie sich seine Steuerunterlagen angesehen hatte. Sie hatte schon vor langer Zeit festgestellt, dass die Finanzunterlagen eines Menschen fast so viel aussagten wie seine Seele. Man konnte so einiges über jemanden erfahren, wenn man sich ansah, wofür er sein Geld ausgab.
Als sie sich Knockletters Einnahmen näher angesehen hatte, war ihr schnell klar gewesen, dass er sich seinen Lebensstil mit dem aufgeführten Einkommen auf keinen Fall leisten konnte. Das war ihr sofort aufgefallen. Bei dieser Erkenntnis war ihr der Gedanke gekommen, dass all die höflichen, besorgten Unterhaltungen, die sie mit dem Kautionsvermittler über Rileys Verschwinden geführt hatte, vielleicht genauso falsch waren wie er.
Als sie sich umblickte, sah sie einen Mann in einer dunklen Uniform, wie sie die Strafvollzieher trugen, an der Wand vor einem kleinen Café lehnen. Er musterte sie mit einem intensiven Blick, bei dem sie erneut erschauderte. Diesmal fühlte es sich wie eine Warnung an. Dankbar, dass ihr Gesicht unter dem Hut und der Sonnenbrille verborgen war, tat sie so, als würde sie einfach einen Morgenspaziergang machen.
Sie runzelte die Stirn und wollte sich besorgt auf die Unterlippe beißen, eine nervige Angewohnheit, die sie in ihrem ersten High School Jahr entwickelt hatte. Irgendetwas Merkwürdiges ging hier vor und sie kam zu dem Schluss, dass es mehr an den Bewohnern der Stadt als an dem Ort selbst lag. Der Typ, der sie in dem Motel eingecheckt hatte, war okay gewesen, aber das Gefühl, dass sie heute Morgen beobachtet wurde, ließ ihr inneres Warnsystem auf Hochtouren arbeiten.
Sie ließ ihren Blick über die Hauptstraße schweifen. In Righteous, New Mexico, gab es nicht viel zu sehen. Im Stadtzentrum war eine Kreuzung, an der sich zwei Highways trafen. Die Stadt war nicht weit von den Grenzen zu Arizona, Utah und Colorado entfernt. Sie hätte es verstanden, wenn Riley zurück nach Denver gegangen wäre, anstatt in dieses kleine Loch mitten in der Wüste zu ziehen. Man, hier gab es ja nicht einmal ein richtiges Kaufhaus! Tina würde nie verstehen, wie es ihre Schwester Riley jemals an einen solchen Ort verschlangen konnte.
Sie strich sich ihr Haar aus dem Gesicht. Zumindest musste sie sich in dieser trockenen Hitze keine Sorgen machen, dass sich Angstschweiß auf ihrer Stirn sammeln würde. Sie zog sich den dunkelbraunen Hut aus Kunstleder noch tiefer in die Stirn, damit der Großteil ihres Gesichts vor der Sonne geschützt war.
Ein weiterer Unterschied zwischen Riley und mir, dachte sie mit einem uneleganten Schnauben und war froh, dass sie eine großzügige Menge Sonnencreme auf ihr Gesicht aufgetragen hatte.
Sie war ein heller Hauttyp und musste immer aufpassen, damit sie keinen Sonnenbrand bekam. Leider wurde sie nicht braun … kein bisschen. Stattdessen hatte sie an einem qualvollen Sommertag am Gemeinschaftspool herausgefunden, dass sie in der Sonne die Farbe eines hässlichen roten Hummers annahm. Sie war drei Tage nicht in die Schule gegangen und hatte Todesqualen ausgestanden.
Nein, sie war anscheinend der Winter zu Rileys Sommer, was ihren Teint und ihre Persönlichkeit anging. Riley kam mit ihrem ansteckenden Lachen und ihrem frechen Mundwerk ganz nach ihrer Mutter und Pearl, während Tina wohl nach ihrem Vater, einem zurückhaltenden Nerd, kommen musste. Er hatte keine Ahnung gehabt, wie er mit ihrer Existenz umgehen sollte, als sie ihn vor nicht einmal einem Jahr aufgesucht hatte. Sie hatte blasse Haut, langes dunkelbraunes Haar, das sich nicht einmal leicht locken ließ, und langweilige dunkelbraune Augen. Kombiniert mit einer Kleidergröße zweiundvierzig war sie … das komplette Gegenteil von ihrer großen Schwester, die hell wie der Sommer strahlte: Blond und hübsch mit einer umwerfenden Persönlichkeit.
Tina hielt dem Blick der dunklen Augen, die sie anstarrten, kurz stand, bevor sie ihren Kopf wegdrehte und den Blickkontakt abbrach. Jap, ihre Intuition sagte ihr, dass es nicht in ihrem besten Interesse wäre, mit der Lokalpolizei hier zu sprechen. Es war das Beste, wenn sie die ganze Sache der Polizeibehörde in San Diego meldete. Zumindest, wenn sich ihr Verdacht bestätigte. Sie rang sich ein aufgesetztes Lächeln ab und stieß die Tür zu der Kautionsagentur auf, wobei ein leiser Glockenton ertönte.
„Hallo“, rief sie. „Ist hier jemand?“
Tina hörte, wie ein Stuhl verrückt wurde, bevor dumpfe Schritte auf dem Boden zu hören waren. Ihr Blick fiel auf die Uhr an der Wand. Sie zeigte Viertel nach neun an. Abwesend starrte sie auf ihr Handy hinab. Es zeigte fast zehn Minuten früher an.
„Ja hallo, hübsche Frau“, sagte der Mann, der in der Tür stand, die den Eingangsbereich, in dem zwei Plastikstühle und ein ramponierter Schreibtisch standen, von dem Hinterzimmer trennte, aus dem er gekommen war. „Bitte sagen Sie mir, dass ich Sie in Handschellen legen muss.“
Bei seinem anzüglichen Kommentar und dem lüsternen, abschätzenden Blick, mit dem er sie ansah, trat ein Ausdruck von Abscheu in Tinas Augen. Selbst wenn dieser Besuch zu nichts führen sollte, war Tina eine Sache klar … ihre Schwester hätte diesen Mistkerl getötet, oder ihn zumindest verstümmelt, wenn er sie so angesehen hätte. Instinktiv senkte Tina ihren Blick, um die Hand des Mannes zu mustern, die beiläufig einen der oberen Knöpfe an seinem Hemd öffnete.
Ich frage mich, ob ich mir das nur einbilde oder hat er wirklich mehrere krumme Finger an dieser Hand?, dachte sie mit einem leicht hoffnungsvollen Blick, der jedoch von ihrer Sonnenbrille verborgen wurde.
„Nein, glücklicherweise muss ich nicht in Handschellen gelegt werden“, erwiderte sie steif, bevor sie sich bemühte, ihre Stimme etwas sanfter klingen zu lassen und etwas, von dem sie hoffte, dass es ein sexy Lächeln war, auf ihre Lippen zu zaubern. „Aber ich brauche Hilfe.“
Fast hätte Tina auf dem Absatz kehrt gemacht und wäre davon gelaufen, als der Mann sich von dem Türrahmen abstieß und ihr bedeutete, hereinzukommen. Stattdessen biss sie sich auf ihre Unterlippe und trat einen Schritt vor. Sie warf Douglas Knockletter erneut ein schwaches Lächeln zu, als sie an ihm vorbeiging.
Ja, ich hätte Pearl wirklich sagen sollen, wo ich hinfahre, dann hätte sie mit ihrer verdammten Knarre kommen können, wenn das hier nicht gut läuft, dachte sie mit einem flauen Gefühl im Magen.
„Es ist mir ein Vergnügen, Ihnen zu helfen“, erwiderte Douglas mit einem breiten Grinsen. „Und ich werde dafür sorgen, dass dieses Vergnügen auf Gegenseitigkeit beruht.“
* * *
Tina betrat das Hinterzimmer, lehnte jedoch den Stuhl ab, den ihr Knockletter anbot. Der Mann war der Vorgesetzte ihrer Schwester Riley gewesen. Sie erkannte die Stimme von Douglas Knockletter sofort. Er zischte nervig, wenn er den Buchstaben „S“ sagte. Es erinnerte sie die Schlange Ka aus dem Dschungelbuch. Als Kind hatte sie sich immer vor dieser Schlange gefürchtet.
„Das bezweifle ich“, platzte sie unverblümt heraus, als sie sich zu dem Schreibtisch umdrehte, vor dem er stehen geblieben war. „Ich bin wegen meiner Schwester hier, Riley St. Claire. Ich würde Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.“
Sein lüsterner Gesichtsausdruck erstarrte fast augenblicklich zu Stein und sie bemerkte erneut einen warnenden Schauder, diesmal noch intensiver als zuvor. Der Mann gehörte definitiv der gleichen Klasse an wie die Kobra. Nun, dann würde sie wohl einfach schlau wie Baghira sein müssen und die Schlange erledigen, denn mittlerweile hatte sie keinen Zweifel mehr daran, dass ihre Schwester für seine krummen Finger verantwortlich war.
„Wer sind Sie?“, fragte Knockletter zögernd und ging wieder um den ramponierten Schreibtisch herum.
„Tina St. Claire“, erwiderte Tina lässig. „Wir haben schon ein paar Mal miteinander telefoniert.“
Knockletter starrte sie erschüttert an. Und wieder einmal war sie froh, dass sie ihre Sonnenbrille nicht abgenommen hatte. Pearls Regel Nummer drei: Wenn du ausdrucksstarke Augen hast, solltest du sie bedecken, wenn du bluffen willst. Als sie sich daran erinnerte, dass sie hier war, um Antworten zu bekommen, spürte sie einen Anflug von Entschlossenheit.
Der kleine Wurm hatte mit ihr flirten wollen, bis ihm klar geworden war, wer sie war, und was sie wollte. Auch wenn sie wahrscheinlich mehr Informationen aus ihm herausbekommen hätte, wenn sie einfach auf den unangenehmen Flirt eingestiegen wäre, war Tina einfach nicht so. Verdammt, die St. Claire Frauen befolgten nicht die normalen Regeln. Sie befolgten die Regeln von Pearl. Pearls Regel Nummer fünf: Trage immer eine Rolle Münzen bei dir. So hast du Geld für die Wachmaschine und kannst gleichzeitig die bösen Jungs fertig machen. Das war einer der Gründe, warum sie immer den Bus nahm. Abgesehen davon, dass sie sich auf diese Weise nicht mit den Sicherheitskontrollen am Flughafen herumschlagen musste, vor allem, da die meist nicht damit einverstanden waren, was sie in ihrem Handgepäck mitnahm.
Tina richtete sich zu ihrer vollen Größe von einem Meter achtzig auf und blickte Dudley Dummkopf, Rileys Kosename für ihren Chef, an. Argwohn und Tücke waren nun an die Stelle des interessierten Glanzes getreten, der noch vor wenigen Minuten in seinen Augen geschimmert hatte. Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust und ließ ihre Finger in die kleine Seitentasche ihrer Kuriertasche gleiten. Eine Rolle Münzen war eine mächtige Waffe, wenn man sie richtig benutzte. Außerdem hatte sie so immer Münzen, um ihre Wäsche im Waschsalon zu waschen, wenn sie unterwegs war.
„Ich habe doch gesagt, dass ich verdammt nochmal nicht weiß, wo sie ist“, erwiderte Knockletter barsch. „Glauben Sie mir, ich wüsste es auch gerne.“
Tinas Blick fiel auf die zwei gekrümmten Finger an seiner rechten Hand, als er sie hob. Sie konnte sich ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen. Leider sah Knockletter es. Die zusammengekniffenen Augen und der wütende Gesichtsausdruck ließen den schmierigen, unattraktiven Mann noch unheimlicher aussehen.
„Das glaube ich Ihnen“, erwiderte Tina leise. „Ich würde gerne wissen, warum sie Ihnen die Finger gebrochen hat. Das hätte sie bestimmt nicht getan, wenn Sie nicht irgendetwas versucht hätten.“
Knockletters Mund verzog sich zu einer Grimasse, als er sich in den Stuhl hinter seinem Schreibtisch setzte. Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme über seiner Brust, während er seine Füße auf der Kante des glanzlosen Holzschreibtischs ablegte und die Knöchel überkreuzte.
„Für die Schlampe liegt ein Haftbefehl vor“, sagte Knockletter kalt. „Sie hat mir zwei Finger gebrochen und mich mit ihrem Knie fast entmannt.“
„Ich weiß nichts von einem Haftbefehl“, erwiderte Tina mit ruhiger Stimme. „Davon hat der zuständige Kommissar nichts gesagt.“
Knockletter beugte sich grinsend nach vorne und kratzte sich am Schritt. „Ich hätte vielleicht lieber sagen sollen, dass bald ein Haftbefehl vorliegen wird, außer …“ Er verstummte, während er seinen Blick an ihrem Körper erst hinauf und dann wieder hinabgleiten ließ.
Wenn ich nach Hause komme, brauche wirklich ein heißes Schaumbad, um mir seinen ekelhaften Blick abzuwaschen, dachte Tina bei sich, als sie erneut ein Anflug von Abscheu überkam.
„Außer …“, fragte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
Knockletter ließ seine Füße auf den Boden seines Büros fallen und stand überraschend schnell auf. Tina stolperte ein paar Schritte rückwärts und umklammerte mit der linken Hand automatisch die Münzrolle. Sie taumelte noch weitere Schritte nach hinten, als er um den Schreibtisch herumging. Diesmal blieb er jedoch nicht stehen.
„Außer die kleine hübsche Schwester des Teufels persönlich gibt mir einen Grund, es nicht zu tun“, flüsterte Knockletter und blieb stehen, als er sie an die Wand des Büros gedrängt hatte. „Einen sehr, sehr guten Grund“, hauchte er, während er sich nach vorne beugte, um an ihrem Haar zu riechen.
„Für wen waschen Sie Geld?“, platzte Tina nervös hervor. „Wo ist Javier Cuello?“
Tina entwich ein Keuchen, als sich Knockletters dünne krumme Finger plötzlich um ihren Hals legten. Blankes Entsetzen packte sie, als sie den wilden Blick in seinen Augen und das teuflische Zucken seiner Lippen sah, bei dem seine Zähne zum Vorschein kamen. Jeglicher Anschein von Höflichkeit war verschwunden.
„Für wen arbeiten Sie?“, fragte er. „Wer weiß sonst noch davon?“
„Für … für niemanden“, würgte Tina hervor. „Ich … ich will einfach nur … meine Schwester finden.“
„Ich doch auch, du Schlampe“, erwiderte Knockletter und hob seine andere Hand, um sie ebenfalls um ihren Hals zu legen. „Und wenn ich sie finde, werde ich dafür sorgen, dass ihr euch in der Hölle begegnet.“
Als ihr klar wurde, dass sie alle Antworten gefunden hatte, nach denen sie gesucht hatte, reagierte Tina, ohne nachzudenken. Sie zuckte zusammen, als ihr Knie auf das weiche Gewebe von Knockletters Unterleib traf. Die Bewegung hatte den gewünschten Effekt. Er ließ ihren Hals los, um sich in seinen Schritt zu greifen, während er mit einem verblüfften, schmerzerfüllten Gesichtsausdruck rückwärts taumelte.
Ohne länger abzuwarten holte Tina mit ihrem linken Arm aus und verpasste ihm mit der Münzrolle in der Hand einen Kinnhaken. Sie beobachtete, wie sein Kopf wie in Zeitlupe zur Seite und nach hinten fiel. Blut spritzte aus seinem Mund und ein kleiner perlweißer Zahn fiel heraus. Schockiert sah sie zu, wie er sich im Halbkreis drehte, bevor er bewusstlos auf dem Boden zusammenbrach.
Angst und Heiterkeit machten sich in ihr breit. Sie hatte den Mistkerl k.o. geschlagen. Riley war am Leben… Nun, zumindest hatte ihr Chef sie nicht umgebracht … noch nicht. Rasch eilte Tina zum Schreibtisch und riss die Schubladen auf. Links in der kleinen Schublade lagen eine Schusswaffe und Handschellen. Ihr Blick fiel auf Knockletter, der regungslos am Boden lag. Sie schnappte sich die Handschellen und eilte wieder zu ihm. An seinem rechten Arm zog sie ihn näher an den altmodischen Heizkörper. Dann bückte sie sich und ließ rasch eine Handschelle um sein Handgelenk einrasten und das andere Ende an dem Metallpfosten. Da der Metallpfosten an der Wand und am Boden festgeschraubt war, war sie sicher, dass er sich nicht befreien konnte.
Sie atmete erleichtert auf, da er zumindest für eine Weile außer Gefecht gesetzt war, und kehrte zum Schreibtisch zurück. Sie riss die schmale Schublade an der Vorderseite auf. Darin befanden sich mehrere Manila-Ordner. Sie klappte einen davon auf und betrachtete die erste Seite. In dem Ordner befanden sich lauter Rubriken mit Tabellen, die sorgfältig mit Zahlen ausgefüllt waren. Sie wollte ihn gerade wieder zurücklegen, als sie die letzten Ziffern eines Scheinkontos wiedererkannte, das sie entdeckt hatte.
Sie beschloss, dass sie mehr Zeit brauchte, um sich die Zahlen anzusehen, nahm die Seiten aus dem Ordner und ersetzte sie durch ein paar leere Seiten Papier, die sie neben dem Drucker fand. Hoffentlich würde er nicht gleich in den Ordner sehen, wenn er aufwachte. Tina schloss die Schublade wieder und schob die Unterlagen in ihre Kuriertasche, bevor sie sich umdrehte und den Weg, den sie gekommen war, wieder zurückeilen wollte Sie blieb abrupt stehen und ging langsam rückwärts, als sie das Auto des Sheriffs vor dem Gebäude parken sah.
An ihrer Unterlippe knabbernd kroch sie in die Ecke neben der zerbrochenen Frontscheibe. Zum Glück konnte man dank der Jalousien, des Firmennamens und der dreckigen Fenster kaum nach drinnen sehen.
„Sheriff Knockletter“, rief eine Stimme, als der Mann aus seinem Einsatzwagen stieg und nach seinem Hut griff. „Sheriff Knockletter.“
Tina sah zu, wie der Sheriff, den Riley, wie sie sich vage erinnerte, als Daddy Dumm bezeichnet hatte, sich umdrehte, um dem alten Mann zu antworten, der auf ihn zugestürmt kam. Sie zwang sich, still stehen zu bleiben, als er ungeduldig in Richtung der Tür sah, durch die sie gerade hatte gehen wollen. Diesmal konnte nicht einmal die trockene Hitze verhindern, dass sich Schweiß auf ihrer Stirn sammelte.
„Was ist denn los, Burt?“, fragte der Sheriff ungeduldig.
„Ich muss einen Unfall melden“, rief der Mann verärgert. „Der verdammte Kerl hat nicht aufgepasst, wo er hinfährt, und hat mich angefahren, als ich rückwärts aus dem Parkplatz fahren wollte.“
Tina stieß einen erleichterten Seufzer aus, als der Sheriff eine Antwort grunzte und sich wieder zu seinem Auto umdrehte. Sie lehnte sich gegen die Wand und holte zitternd Luft, bevor sie sich zwang, ruhigen Schrittes wieder zur Eingangstür des Gebäudes zu gehen. Flink drehte sie mit ihren Fingern am Türgriff, der sich prompt öffnete, und trat hinaus. Dann schloss sie die Tür hinter sich und warf einen Blick auf ihr Handy. Sie hatte noch fünfzehn Minuten, um es zur Greyhound Busstation zu schaffen.
Sie blickte in beide Richtungen und ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus, als sie sah, dass der Sheriff noch eine Weile beschäftigt sein würde, da der Mann schrie und aus dem kleinen blauen Civic Rauch ausstieg. Tina überquerte die Straße und eilte den Bürgersteig entlang. Bald würde sie hier weg sein und auf dem Weg zu vertrautem Terrain, namens The White Pearl.
Lächelnd überquerte sie die Straße zur Greyhound Busstation. Dann blickt sie ungeduldig die Straße hinunter, da sie wollte, dass der Bus endlich wie eine Fata Morgana aus den Hitzewellen auftauchte, die die Straße aussehen ließen, als wäre sie mit Wasser bedeckt. Die Minuten zogen sich qualvoll in die Länge, bis sie in der Ferne endlich einen glänzenden Bus erblickte.
Bei dem Gefühl, beobachtet zu werden, sträubten sich ihre Nackenhaare. Sie zog die Kuriertasche, die sie sich über die Brust geschnallte hatte, fester an sich und verlagerte den Rucksack auf ihre linke Schulter, während sie vorsichtig ihre linke Hand in die Tasche gleiten ließ. Ein vertrautes Gefühl von Ruhe breitete sich in ihr aus, als sie anstatt einer Münzrolle diesmal einen Schlagring aus Metall ertastete.
Sie stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus und sie hätte sich fast an dem Holzpfahl festgehalten, der das abgesunkene Metalldach stützte, das zumindest ein bisschen Schutz vor der starken Sonne bot. Ihre Augen suchten die verfallenen Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite der traurigen, verlassenen Bushaltestelle ab.
Tina erstarrte, als ein Mann aus den Schatten zwischen zwei Gebäuden trat. Ihre Augen verengten sich, als sich ihre Blicke trafen. Blut klebte an seinem Kinn, doch es waren die Wut und der Hass in seinen Augen, bei deren Anblick Tina trotzig ihr Kinn hob. Ihre Lippen kräuselten sich verächtlich, als sie den Blick des dürren kleinen Mistkerls erwiderte. Sie hätte nachsehen sollen, ob er in seinen Taschen einen Schlüssel für die Handschellen hatte, doch sie hatte ihn nicht anfassen wollen.
Tina hob ihre andere Hand und zeigte Douglas Knockletter genau in dem Moment den Stinkefinger, als der Bus einfuhr und ihr die Sicht auf ihn versperrte. Staub wirbelte durch die Luft, als der Bus langsam zum Stehen kam. Sobald die Tür aufging, stieg Tina die wenigen Stufen hinauf und schenkte dem Fahrer ein düsteres Lächeln, als sie ihm ihre Fahrkarte gab. Sie bedankte sich murmelnd, ging zu dem Sitz direkt hinter ihm und rutschte neben das Fenster.
Sie streifte ihren Rucksack ab und ließ ihn auf den Sitz neben sich fallen, bevor sie sich umdrehte, um Knockletter, der den Bus anstarrte, durch die getönte Scheibe zu mustern. Vielleicht hatte der Mistkerl nicht gelogen und er wusste wirklich nicht, was mit Riley passiert war. Aber irgendetwas musste passiert sein, sonst wäre ihre Schwester nicht in die Wüste gefahren, und Tina war fest entschlossen, herauszufinden, was vorgefallen war. Sie ließ Knockletter nicht aus den Augen, bis der Bus losfuhr und eine Wolke aus Staub und heißer Luft zurückließ.
Erst als der Bus die Staatsgrenze passiert hatte, zog sie den Rucksack zu sich heran und ließ den Plastikverschluss aufschnappen. Sie holte die Unterlagen heraus, die sie mitgebracht hatte, und starrte sie mehrere Sekunden lang an, ohne wirklich etwas zu sehen, da Tränen ihre Sicht verschleierten.
„Ich werde dich nicht verlieren, Riley. Ich werde dich nicht verlieren, nicht so wie wir Mom verloren haben“, flüsterte Tina. Sie öffnete den Ordner, der alle Informationen enthielt, die sie bisher hatte. Sie blickte auf das lächelnde Gesicht ihrer großen Schwester hinab. Wilde blonde Locken umrahmten Rileys Gesicht, ihr ansteckendes Lächeln zog an Tinas Lippen und in ihren strahlend blauen Augen glänzten Intelligenz und ein Hauch von Trotz, sodass jeder, der auch nur etwas Verstand hatte, wusste, dass sie mit Vorsicht zu genießen war. „Ich werde dich finden, Riley. Wenn dieser Mistkerl oder seine Freunde dir irgendetwas angetan haben, werde ich sie zur Strecke bringen und sie erschießen. Versprochen. Niemand legt sich mit uns St. Claire Frauen an und kommt damit davon … niemand!“
Tina wischte sich eine Träne weg und begann, die Informationen durchzugehen, die sie herausgefunden hatte, kurz bevor sie San Diego verlassen hatte. Der Kommissar, der ihnen in San Diego geholfen hatte, hatte ihr erzählt, dass Rileys kaputtes Auto nicht weit von der Landkreisgrenze entfernt gefunden worden war. Der Wagen war abgeschlossen gewesen, von ihrer Handtasche und ihrem Koffer keine Spur und es gab auch keinerlei Hinweise auf einen Kampf.
Wie es schien, hatte Riley angefangen, zu Fuß zur nächsten Stadt zu laufen. Ein anonymer Anrufer hatte angegeben, dass er Riley mitgenommen hatte. Er hatte jedoch gesagt, dass sie ein paar Kilometer vor der nächsten Stadt aus seinem Pick-up gestiegen war. Die Geschichte des Mannes war überprüft worden und der Kommissar hatte gesagt, dass er nichts weiter tun konnte, solange es keine neuen Informationen gab. Der Fall würde offen bleiben und Riley galt als vermisst.
„Zur Hölle mit vermisst“, murrte Tina, als sie die Seite umdrehte und auf das Bild von Douglas Knockletter hinabstarrte. „Du hast irgendetwas zu verbergen. Du weißt, was passiert ist, zumindest einen Teil davon. Da bin ich mir sicher.“
Sie hatte ihre Beziehungen spielen lassen und vor etwa über einem Monat eine interne Prüfung der Firma des Mistkerls vornehmen lassen. Toni Di Stefano, ihre beste Freundin und Buchhalterkollegin, war als forensische Wirtschaftsprüferin bei der Steuerbehörde tätig. Wenn man Toni sah, würde man niemals auf die Idee kommen, dass sie ein wandelnder Taschenrechner auf Steroiden mit den Genen eines Bluthunds war, und dass ein Hauch von Berglöwe durch ihre Adern floss.
Toni sah eher aus wie ein knallhartes Mitglied einer Straßengang, die einen fertig machen würde, noch bevor man überhaupt wusste, wie einem geschah. Tatsächlich war sie jedoch die Tochter einer mächtigen und sehr wohlhabenden italienischen Familie. Sie hätten sich nie kennengelernt, hätte es während Tinas letztem High School Jahr nicht einen Vorfall gegeben. Tina hatte Toni angerufen und um einen großen Gefallen gebeten, nämlich Knockletters Steuerrückzahlungen der letzten sieben Jahre.
„Warum?“, hatte Toni geradeheraus gefragt. „Soll ich sie für dich durchgehen? Glaubst du, er hat etwas mit Rileys Verschwinden zu tun? Ich kann eine Prüfung anordnen, wenn du willst.“
„Nein“, hatte Tina zögerlich geantwortet. „Ich will nicht riskieren, dass er merkt, dass jemand Nachforschungen über ihn anstellt. Und ich will dich nicht in noch mehr Schwierigkeiten bringen, als ich es sowieso schon tue, wenn jemand herausfindet, dass du dir Zugriff auf die Daten verschafft hast.“
„Verdammt“, kicherte Toni. „Niemand interessiert sich einen Scheißdreck dafür, was ich tue, solange ich meine Arbeit erledige. Denn das bedeutet weniger Arbeit für die anderen. Außerdem haben sie zu viel Angst vor meinem Nachnamen, als irgendetwas zu unternehmen. Ich werde dir die Dateien schicken. Das ist das Mindeste was ich für Riley, Pearl und dich tun kann.“
„Danke, Toni. Das bedeutet mir wirklich viel“, hatte Tina mit sanfter Stimme erwidert. „Du weißt, dass du mir das Leben gerettet hast, oder?“
Tonis leiser Seufzer war über das Handy deutlich zu hören. „Genauso, wie du mein Leben gerettet hast, sorellina minore. Wenn du bei der Suche nach Riley Hilfe brauchst, musst du es nur sagen. Ich habe noch ein paar Kontakte.“
Tina erschauderte bei dem Gedanken an Tonis düsteres Angebot. Ihre Freundin hatte Kontakte, die immer an Bedingungen geknüpft waren. In diesem Fall würde sie sich wieder gegenüber ihrer Familie öffnen. Einer Familie, der sie im Alter von siebzehn Jahren den Rücken zugekehrt hatte, ohne jemals wieder zurückzublicken, egal wie groß der Druck auch war. Die Familienbande italienischer Familien waren generell stark. Tonis Familienbande waren jedoch mit dicken Ketten und festem Schuhwerk ausgestattet und trugen die blutige Unterschrift vom Teufel höchstpersönlich.
„Nur die Steuerinformationen“, versicherte Tina ihr. „Die Leute verstehen anscheinend nicht, dass ihr finanzieller Fußabdruck mehr über sie aussagt als alles andere.“
„Ja, ist das nicht irre?“, erwiderte Toni mit einem hämischen Kichern. „Mein Vater musste diese Lektion auf die harte Tour lernen.“
Tina überkam ein Anflug von Mitleid. Tonis Vater war wegen Steuerhinterziehung zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden. Wenn es nach Toni ging, sollte er den Rest seines Lebens hinter dicken Gefängnismauern verbringen, für all die anderen Dinge, die er getan hatte. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass ihre Freundin recht hatte. Die Di Stefano Familie kontrollierte beinahe drei Viertel von Little Italy in Los Angeles. Momentan kümmerten sich Tonis Mutter und ihre Brüder unter der Leitung ihres Vaters darum.
„Wann kommt er raus?“, fragte Tina zögerlich.
„In vier Monaten“, antwortete Toni mit einem trockenen Schnauben. „Sie lassen ihn wegen guter Führung frei. Und weil er den Betrag, von dem sie glauben, dass er ihn der Regierung schuldet, bezahlt hat. Wenn ich die Prüfung durchgeführt hätte, würde er diese Gefängniszelle nie wieder verlassen. Er hat Glück, dass ich zur Familie gehöre und einen Überlebenswillen habe.“
„Was wirst du tun? Will er dich immer noch mit Rosso verheiraten? Glaubst du, dass er dich suchen wird, wenn er rauskommt?“, fragte Tina bestürzt.
Ihr Schweigen sagte mehr als Worte. Toni konnte sich nirgends verstecken. Antonio Di Stefano wusste, dass seine jüngste Tochter ihn ausgeliefert hatte. Was er nicht verstand, war, dass sie es getan hatte, um ihm das Leben zu retten.
Rosso wollte Kontrolle. Und dafür wollte er in die Familie einheiraten. Anschließend hätte er Tonis Vater und ihre beiden jüngeren Brüder aus dem Weg geräumt. Doch einige Wochen, bevor ihr Vater das Abkommen besiegeln wollte, hatte Toni von dem teuflischen Plan erfahren. Antonio Di Stefano hatte ihr jedoch nicht geglaubt. Er war davon überzeugt gewesen, dass sie sich nur vor der Heirat drücken wollte. Verdammt, mit siebzehn hätte Tina das Gleiche getan! In der verzweifelten Absicht, ihre Familie zu retten, hatte Toni dem Bezirksstaatsanwalt von Los Angeles und der Steuerbehörde die Unterlagen über die illegalen Geschäfte ihres Vaters sowie die jahrelange Steuerhinterziehung zukommen lassen.
So schlimm ihr Vater auch war und so viele grausame und verletzende Dinge er auch getan hatte, Toni liebte ihn trotzdem auf ihre ganz eigene Art und Weise. Und sie würde alles tun, um ihn und ihre Familie zu retten. Ihre Hoffnung, dass ihre beiden jüngeren Brüder nicht in die Fußstapfen ihres Vaters treten würden, hatte sich als vergeblich erwiesen. Ihre Mutter führte die Familie mit einer ebenso harten Hand wie ihr Vater. Als Toni klar geworden war, dass ihre Mutter vorhatte, die vereinbarte Heirat durchzuführen, war sie eines Nachts geflohen.
Müde und verzweifelt war sie in der White Pearl aufgetaucht, auf der Suche nach dem Mädchen, das sie nur wenige Monate zuvor gerettet hatte. Pearl hatte Toni sofort hereingebeten und zwischen Tina und Toni hatte sich eine tiefe Freundschaft entwickelt. Irgendwann hatten sie schließlich festgestellt, dass sie beide eine Vorliebe für Zahlen hatten und sich zusammen am städtischen College eingeschrieben, um Wirtschaftsprüfung zu studieren.
„Ruf mich an, wenn du irgendetwas brauchst, Tina“, sagte Toni stattdessen. „Du weißt, dass ich immer für dich und für deine Familie da bin.“
„Ich weiß“, erwiderte Tina mit einem Seufzer. „Danke. Ich sag dir Bescheid, wenn ich etwas herausfinde.“
„Gut. In ein paar Wochen habe ich übrigens eine Prüfung in San Diego. Sag Pearl, sie soll schon mal den Whiskey bereitstellen. Ich werde sie unter den Tisch trinken“, kicherte Toni. „Ich hab dich lieb, sorellina minore. Bis bald.“
„Ich hab dich auch lieb, Toni“, antwortete Tina, bevor sie auflegte.
* * *
Nun saß sie im Bus und starrte ausdruckslos aus dem schmutzigen Fenster. Bei ihrer forensischen Prüfung war ihr etwas aufgefallen, von dem sie Toni erzählen wollte, doch jetzt plagten sie plötzlich Zweifel. Das Letzte, was sie wollte, war, ihre Freundin in Gefahr zu bringen.